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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Falls sich jemand über das ausbleiben von Updates über zwei Wochen wundert: Das Haus, in dem ich gelebt habe, hat vorletzte Woche gebrannt. Ich bin noch immer mitgenommen und hatte anderes im Kopf. Komplett anzeigen

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[30.08.2011 – D38 – Vorzüge]

Als Pakhet am nächsten Morgen erwachte war sie nur für einen Moment verwirrt, als sie sich in einem fremden Bett wiederfand. Anders als bei dem Missgeschick in ihrem Urlaub, hatte sie sich in der vergangenen Nacht bewusst dazu entschieden, zu Heidenstein zu kommen.

Sie hatte nur nicht beabsichtigt, die gesamte Nacht bei ihm zu verbringen.

Sie schloss die Augen, bemühte sich, sich wieder zu entspannen, noch etwas zu schlafen. Sie war noch immer müde, auch wenn sie in der vergangenen Nacht besser geschlafen hatte, als erwartet. Sie hatte beinahe die gesamte Nacht durchgeschlafen, war nur zwei Mal von Albträumen aufgewacht, an die sie sich nun nicht mehr erinnerte.

Sie hätte spätestens beim ersten Mal aufstehen sollen …

Irgendwie schaffte sie es, für eine Weile wieder in einen wohligen Halbschlaf zu verfallen. Es war warm im Bett, angenehm, auch wenn sie die eigene Nacktheit nicht ganz ausblenden konnte.

Wie lang lag sie so dort? Sie war sich nicht sicher. Irgendwann schaffte sie es jedoch nicht mehr Heidenstein ignorieren, der neben ihr lag.

Er hielt genug Abstand, hatte sie genug respektiert, sich nicht an sie zu kuscheln, hatte jedoch seine Hand an ihre Schulter gelegt, als wolle er sie irgendwie berühren.

Durch die Lamellen des Fensterrollos fiel gräuliches Licht. Sie konnte das Prasseln von Regen hören. Wieso regnete es eigentlich immer, wenn sie neben ihm aufwachte?

Sie seufzte leise und drehte sich zu ihm um, auch wenn es hieß, dass sie sich auf ihre linke Seite drehen musste.

Heidenstein sah sie an, sein Blick sanft. Er lächelte matt, unsicher. „Hey.“

Ach, verdammt, was sollte sie sagen? „Hast du gut geschlafen?“ erschien als eine seltsame Frage, da sie das Bett geteilt hatten. Sie wusste nicht, wo man mit so einer Situation umging. Sie hatte immer vermieden an den Seiten ihrer One Night Stands zu schlafen und selbst wenn hatte jeder gewusst, woran sie waren. Das letzte Mal, dass sie – abseits des Missgeschicks – außerhalb eines One-Night-Stands mit jemanden geschlafen hatte, war lange her. So blickte sie ihn unsicher an. „Hey.“

Pakhet verfluchte sich dafür, in der letzten Nacht ihrer eigenen Schwäche nachgegeben zu haben. Was sollte sie jetzt tun? Würde er es verstehen? Sie war nicht deutlich genug gewesen, oder?

Heidenstein hob seine Hand, legte sie auf ihren Arm, strich sanft über ihre Haut.

Sollte sie seine Hand wegschlagen?

Sie wusste nicht. Sie sollte etwas sagen. Was? Was nur?

Schließlich holte sie tief Luft und setzte sich auf, sich zu sehr ihrer Nacktheit bewusst. „Ich brauche einen Kaffee.“

Ein mattes Lächeln zeigte sich wieder auf seinem Gesicht. „Natürlich.“

Ihr Blick glitt über den Boden. Ihre Nachtbekleidung, Tanktop und Unterhose, lagen vor dem Bett, genau so wie das T-Shirt und die Boxershorts, die er getragen hatte, als sie vergangene Nacht herübergekommen war.

Wie hatte sie überhaupt so schlafen können? Wie konnte sie so überhaupt entspannt sein?

Sie streckte ihre Hand nach dem Tanktop an und zog es sich über, stand dann auf und schlüpfte in ihre Unterhose. „Ich werde mich richtig anziehen.“ Sie sprach nur, um irgendetwas zu sagen.

Auch er setzte sich auf. Die Narben von der Granate zeichneten sich weiß auf seinem Rücken ab. Genau so wie andere Narben an Armen und Brust. Er hatte sich doch ein paar kleinere und größere Verletzungen zugezogen, seit er mit der Söldnerei angefangen hatte. Dabei war es nicht so lang und sie konnte sich nicht daran erinnern.

Er seufzte, lächelte. „Ich sollte mich wohl auch anziehen.“

Sie nickte. „Solltest du.“ Damit trat sie zur Tür. Sie verfluchte sich, hielt jedoch nicht inne und ging ins Gästezimmer hinüber, um sich ein richtiges T-Shirt – schwarz, wie das meiste, das sie besaß – und eine Jogginghose anzuziehen- Dann zog sie die Prothese an, befestigte sie und bewegte kurz, vorsichtig die Finger. Endlich kam sie in die Küche, begann Wasser in die Kaffeemaschine zu füllen.

Dämmriges Licht fiel durch das Küchenfenster. Draußen war es wolkig. Es regnete, wie sie schon zuvor festgestellt hatte. Offenbar war die Trockenzeit langsam zu Ende.

Sie füllte das Kaffeepulver in einen Filter, steckte diesen in den Trichter und machte dann die Kaffeemaschine an.

„Na?“, erklang Heidensteins Stimme von der Küchentür.

Unsicher sah sie zu ihm. Was sollte sie ihm jetzt sagen? Er wollte sicher über die letzte Nacht reden. Dabei gab es eigentlich besseres zu besprechen.

Er kam zu ihr hinüber, holte zwei Tassen aus dem Schrank. „Willst du etwas essen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Erst einmal nicht.“ Sie hatte keinen Appetit.

Heidenstein nickte nur, setzte sich an den kleinen Küchentisch. Auch wenn Pakhet mit dem Rücken zu ihm stand, den Blick auf das kurze Stück Arbeitsplatte zwischen Kaffeemaschine und Waschbecken fixiert, war sie sich sicher, dass er zu ihr sah. Sie konnte seinen Blick förmlich in ihrem Nacken spüren. Er sagte jedoch nichts und es war ihr nur Recht.

Endlich war die Kaffeemaschine durchgelaufen. Vorsichtig nahm Pakhet die gläserne Kanne aus der Maschine. Einzelne Tropfen fielen zischend auf die Heizplatte darunter.

Pakhet teilte den Kaffee auf die beiden großen Tassen auf, stellte die Kanne dann zurück, füllte mit einer weiteren Tasse etwas Wasser nach, stellte sie noch einmal an.

Eine der Tassen stellte sie vor Heidenstein. Dann setzte sie sich mit der anderen ihm gegenüber.

Sie trank.

Er trank.

Ihre Blicke trafen sich, auch wenn er weiterhin zögerte.

Sollte sie etwas sagen? Wenn ja: Was?

Sie trank.

Schließlich räusperte er sich. „Letzte Nacht …“, begann er unsicher.

Pakhet zwang sich, seinen Blick zu erwidern. Ihre Tasse hatte sie fast komplett geleert. Hinter ihm prasselte Regen gegen das Fenster. „Doc.“ Sie sprach langsam, unsicher. Was sollte sie genau sagen? „Ich will nicht, dass du es falsch verstehst.“ Das war eine sehr ungenaue Art, sich auszudrücken.

Nun war er es, der ihrem Blick auswich. „Dann liege ich richtig in der Annahme, dass es 'nur Sex' war?“ Etwas Gekränktes lag in seiner Stimme.

Verdammt. Sie wollte ihn nicht verletzen. Gleichzeitig verfluchte sie sich dafür, dass es sie so scherte.

Ihr Blick wanderte zur Kaffeemaschine. Es war genug Pulver im Filter, dass auch die zweite Kanne noch mit dunklem Kaffee gefüllt war. „Doc“, begann sie erneut. Sie musste ihn ansehen, doch es kostete sie Überwindung. Sie war nicht gut in diesen Sachen. „Letzte Nacht …“ Sie seufzte. „Es war Ablenkung. Wir haben es beide gebraucht, oder?“

Heidenstein zögerte. „Ja“, gab er schließlich zu. „Wahrscheinlich.“ Dann seufzte er.

Kaffee tropfte in die Kanne.

Pakhet leerte ihre Tasse.

Sie sah zu Heidenstein. Er wich ihrem Blick aus. Sie wandte sich zur Kanne und spürte Heidensteins Blick.

Oh, verdammt.

Erneut erhob sie sich, ging zur Kaffeemaschine. „Doc.“ Was wollte sie sagen? Sie stellte die Tasse ab, drehte sich zu Heidenstein um, lehnte gegen die Arbeitsfläche. Sie musste ihn ansehen. „Du bist für mich ein Freund. Ein sehr guter Freund.“ Hatte sie das nicht schon einmal gesagt? „Du bist jemand, den ich sehr vertraue, jemand, der mir wichtig ist.“ War sie wirklich so ehrlich? „Aber ich … Ich will dich nicht verletzen. Aber ich, für mich …“ Ach, verdammt. „Letzte Nacht war schön. Es war, was ich gebraucht habe. Und … Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht andere Nächte geben wird, in denen ich so etwas brauche.“

Er starrte sie an. Er schien nicht sicher zu sein, was er denken sollte.

„Ich …“ Sie brach ab, ordnete ihre Gedanken, setzte dann erneut an. „Wir könnten Freunde mit Vorzügen sein?“ Damit drehte sie sich um. Sie wollte ihm Zeit zum Nachdenken geben, wollte ihn währenddessen nicht ansehen. Hatte sie das gerade wirklich gesagt?

Als die Kaffeemaschine zischend verkündete, durchgelaufen zu sein, füllte sie sich Kaffee nach, trank, obwohl die bittere Flüssigkeit noch brühend heiß war.

Schließlich räusperte sich Heidenstein. „Ich nehme an, dass …“ Ein weiteres Räuspern. „Ja. Können wir.“ Er seufzte.

Erleichtert atmete sie auf. Sie drehte sich zu ihm um, lächelte. „Gut.“ Sie nahm die Kanne mit, stellte sie auf den Tisch.

Heidenstein stand auf, ging zum Kühlschrank, holte sich Kondensmilch.

So saßen sie da. Schweigend. Trinkend.

„Hast du eigentlich noch einmal über mein Angebot nachgedacht?“, fragte er dann.

War es nicht seltsam, dass sie wusste, worüber er sprach? Warum brachte er es jetzt auf? Doch sie seufzte. Ja, sie hatte in der letzten Woche mehr als einmal darüber nachgedacht, wie albern es war, dass sie überhaupt noch ihr Haus bezahlte und doch die meiste Zeit hier war. „Ja.“

Er wartete, sah sie an.

„Bist du dir sicher, dass du nicht die falschen Vorstellungen bekommst?“ Sie musterte ihn lange. „Ich meine, wenn ich hier einziehe.“

Heidenstein winkte ab. „Ich habe dich absolut verstanden, Pakhet. Freunde mit Vorzügen. Mehr nicht.“ Sein Blick suchte ihren. „Ich verstehe. Ich will nicht mehr. Wirklich. Ich denke nur, dass gerade wenn du mit dieser ganzen Sache weitermachst … Du könntest jemand gebrauchen, der für dich da ist.“

Wieso hasste sie es so sehr, dass er Recht hatte? Sie starrte auf die halbleere Tasse vor sich. Ringe bildeten sich auf der Oberfläche, als sie ihr Gewicht leicht verlagerte. „Wenn ich mit der Sache weitermache und hier lebe, könnte dein Krankenhaus Ziel eines Angriffs werden. Willst du das wirklich riskieren?“

Er holte tief Luft, dachte offenbar darüber nach. „Ich denke, dass die meisten keine Krankenhäuser angreifen.“ Wahrscheinlich redete er sich das bloß ein. „Und dass du gerade, wenn dich jemand angreift, Unterstützung gebrauchen kannst.“

Pakhet schloss die Augen, zählte innerlich bis zehn, ohne sicher zu sein, warum überhaupt. „Du bist ein verfickter Idiot“, murmelte sie. Dann öffnete sie die Augen.

Er lächelte. „Ich weiß. Du hast es oft genug gesagt.“

„Weil es wahr ist“, erwiderte sie grummelnd und trank.

„Was macht mich denn zu einem Idioten?“, fragte er.

„Dass du treudoof bist, dass du offenbar an das gute in mir glaubst, dass du bereit bist alles für eine irrsinnige Aktion zu riskieren und für einen Freund?“ Sie klang zu aggressiv, doch Heidenstein lachte nur leise.

„Dann qualifizierst du dich aber auch als Idiot.“

Pakhet seufzte leise. „Das habe ich nie ausgeschlossen.“ Sie trank wieder, fixierte ihn über die Tasse hinweg. „Ich werde heute wohl an deinem Sicherheitskonzept weiterarbeiten.“

Heidenstein lachte wieder. Was auch immer daran so komisch war. Doch schien es kein humorvolles Lachen zu sein. „Wirst du nicht“, sagte er sanft. „Du wirst dich heute entspannen.“

„Sollte ich nicht die Arbeit machen, für die du mich bezahlst?“, erwiderte sie.

„Nicht, wenn ich es verbiete.“ Er sah sie an, lächelte sanft, zögerte, streckte seine Hand nach der ihren aus. „Entspann dich heute. Bitte. Lass uns gemeinsam etwas machen.“

Sie wollte widersprechen, doch er unterbrach sie, bevor sie den Mund öffnen könnte.

„Als Freunde.“ Er seufzte leise. „Mit Vorzügen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Sunae
2021-11-07T12:43:14+00:00 07.11.2021 13:43
„Dann qualifizierst du dich aber auch als Idiot.“
Pakhet seufzte leise. „Das habe ich nie ausgeschlossen"

Das was Pakhet gesagt hat, wäre wortwörtlich meine Konterreaktion.
Von:  Vampyrsoul
2020-04-07T21:35:00+00:00 07.04.2020 23:35
Ich meine, die Einigung kommt jetzt nicht wirklich überraschend, aber ... hm... ich bin nicht so ganz überzeugt, dass es wirklich funktioniert ^^'
Von:  Taroru
2020-04-07T19:36:21+00:00 07.04.2020 21:36
die beiden ey xD
freunde mit vorzügen? im ernst? XD
Antwort von:  Alaiya
07.04.2020 21:37
Ja, absolut. Selbst wenn beim Doc vielleicht nicht aus Überzeugung ...
Antwort von:  Taroru
07.04.2020 21:51
gut, davon ging ich bei ihm schon fast aus, ich denke er wünscht sich schon irgendwo mehr, aber respektiert ihre entscheidung
Antwort von:  Alaiya
07.04.2020 21:58
Er macht sich das nicht leicht. Aber was tut man nicht für die Liebe?
Antwort von:  Taroru
07.04.2020 22:00
leicht ist es ganz bestimmt nicht. aber es passt zu den beiden. einfach wäre es ja langweilig XD
Antwort von:  Alaiya
07.04.2020 22:06
Ja. Das zieht sich einiges hin. :) Die beiden sind kompliziert.
Antwort von:  Taroru
07.04.2020 22:09
als kompliziert würde ich das nicht unbedingt bezeichnen.
ihn schon eher als besonnen, und sie als vorsichtig? XD


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