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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[29.08.2011 – X17 – Entspannung]

Sie kochten, aßen, schwiegen. Sie schalteten den Fernseher an, starteten eine seiner DVDs. Ein Actionfilm. Ein hirnloser Actionfilm, der jedoch genug bunte Bilder bot, um das Gehirn einfach abzuschalten. Genau das, was Pakhet im Moment brauchte. Wahrscheinlich genau das, was sie beide für den Moment brauchten.

Als der Film endete war es nach neun, doch die Müdigkeit nagte bereits an Pakhets Bewusstsein. Die Schlafprobleme der letzten Tage rächten sich. Ihr war schwindelig. Vielleicht spielte auch ihre Ohnmacht von zuvor mit hinein. Verdammt, sie rätselte noch immer daran, was passiert war. Warum konnte sie sich nicht erinnern?

Eigentlich sollte sie ins Bett gehen. Eigentlich sollte sie versuchen zu schlafen, doch fürchtete sie sich vor den Alpträumen und der Dunkelheit in ihrem Zimmer.

„Ich glaube, ich werde noch ein Bad nehmen“, meinte sie und sah zu ihm. Denn auch wenn der Rest der Wohnung sehr improvisiert war, war das Badezimmer bestens eingerichtet. Wahrscheinlich war es einmal zu Therapiezwecken gebaut worden. „Wenn du nichts dagegen hast.“ Sie sah zu Heidenstein, der lächelte und ihr wieder auf die Schulter klopfte. „Mach nur. Du kannst etwas Entspannung gebrauchen.“

„Danke.“ Sie stand auf, nahm ihren Teller, brachte ihn in die Küche. Dann ging sie ins Gästezimmer. Sie hatte nicht einmal in Betracht gezogen, heute noch nach Hause zu fahren. Sie war die ganze Woche nur zwei Mal dort gewesen – um Ausrüstung zu holen. Es war beinahe schon traurig. Warum eigentlich?

Im Zimmer legte sie die Prothese wieder ab, nahm ein frisches Tanktop, eine saubere Unterhose und ging damit ins Bad.

Ein Blick in den Spiegel erschreckte sie. Sie war unglaublich blass und die Ringe unter ihren Augen waren gut sichtbar. Sie brauchte wirklich dringend Schlaf, Ruhe, doch das bedeutete, dass sie auch nachdenken musste. Sie war so dankbar dafür gewesen, die letzten Tage ihre Operation heute vorbereiten zu können. Denn es gab einige Dinge, die sie nicht in ihr Bewusstsein lassen wollte.

Sie ließ Wasser in die breite Badewanne einlaufen, die eindeutig so gebaut war, dass auch jemand mit Einschränkungen hinein konnte. Nicht dass sie davon betroffen war. Zwar fehlte ihr ein Arm, doch behinderte es sie kaum. Es war dennoch recht angenehm, eine so weite Badewanne zu haben. Schade, dass es kein Whirlpool gab. Doch wahrscheinlich wäre das albern.

Sie durchsuchte den weißen Schrank neben der Badewanne nach Seife, fand am Ende eine grünliche, nach Kräutern riechende Flüssigkeit, die wohl eine Art selbstgemachtes Badeöl war. Auch gut. Sie gab etwas davon ins noch immer einlaufende Wasser, ehe sie sich entkleidete.

Nackt ließ sie sich in die Badewanne gleiten, lehnte sich zurück und sah an die Decke. Selbst hier gab es Deckenplatten. Es erinnerte sie immer wieder daran, dass sie nicht in einer normalen Wohnung war. Dabei roch es hier oben nicht einmal nach Krankenhaus, nur nach Heidenstein. Nach Kräutern, irgendeiner Art von Lehm, Schweiß und ein kleines Bisschen nach Desinfektionsmittel.

Sie schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen. Sie war sich noch immer nicht sicher, was sie jetzt tun würde. Da waren wahrscheinlich noch andere Kinder in anderen Städten. Natürlich waren da andere Kinder in anderen Städten. Es gab auch andere Organisationen. Doch selbst diese Organisation, dieser Ring  … Wahrscheinlich waren da andere Kinder in anderen Städten, vielleicht auch andere Erwachsene. Sie hatte sich die Webseite nie genau angeschaut.

Sollte sie wirklich weitermachen? Hatte sie überhaupt eine Wahl?

Das Bild der Schreienden Kinder erschien vor ihrem inneren Auge. Angekettet wie Hunde. Das Blut, die Überreste von Menschen in der Taschendimension. Sie wusste, dass sie nicht mit der Dimension erschaffen worden waren. Der Typ, der das eine Mädchen vergewaltigt hatte. Das Mädchen, dass sie nicht hatten retten können. Das Mädchen, das dank dem Biss der Schlange ausgeblutet war.

Wie hatte sie all das zulassen können? Wie hatte sie zulassen können, dass das geschah? Wieso hatte sie es nicht verhindern können?

Unwillkürlich spannte sie sich an, während das Gefühl der Machtlosigkeit durch sie strömte. Sie hätte etwas dagegen tun müssen, hätte es irgendwie aufhalten müssen, hätte diese verdammte Schlange vorher besiegen sollte. Wieso hatte sie die Hilfe der alten Schamanin gebraucht?

Doch da war noch etwas anderes. Eine Furcht die dicht unter der Oberfläche ihres Bewusstseins brodelte, selbst wenn sie versuchte nicht daran zu denken: Es gab ein Kopfgeld auf ihren Kopf. Man kannte zumindest ihren Namen, ihren Codenamen und wenn sie die Information aus der Arena hatten, wahrscheinlich auch ihre falsche Identität. Man würde sie verfolgen. Damit kam sie klar. Sie hatte seit Jahren in der – vielleicht übertriebenen – Angst vor einer Verfolgung durch die Army gelebt, hatte immer gewusst, dass sie durch einen Job ins Fadenkreuz von etwaigen einflussreichen Personen geraten würde. Doch jetzt, da es real war  … Wie sollte sie sich verhalten? Was sollte sie tun? Was würde aus Heidenstein und Murphy?

Vielleicht war das der Punkt, den Michael ihr mit der verdammten Geschichte hatte klar machen wollen. Solange sie hier war, bei Heidenstein, brachte sie ihn in Gefahr. Solange Murphy Zeit mit ihr verbrachte, war er in Gefahr.

Murphy, oh Murphy. Sie war sich noch immer nicht sicher, ob der Junge einfach nur ein mächtiger Magier war oder ob es mit seinen Fähigkeiten mehr auf sich hatte, wusste doch aber, dass manch einer für jemanden wie ihn viel Geld zahlen würde. Zum einen wäre der Junge ein guter Spion mit seiner Fähigkeit, die Gestalt frei zu verändern. Zum anderen wäre er für einige kranken Hirne auch ein wunderbares Sexspielzeug. Er konnte viele Gestalten, vielleicht jede Gestalt annehmen. Würde ihn jemand kontrollieren können – zum Beispiel, indem man ihn einen Dämon einpflanzte  …

Sie vertrieb den Gedanken.

Vielleicht war sie nur paranoid. Sie wusste, dass das, was sie Heidenstein gesagt hatte, stimmte. Meistens, wenn es Kopfgeld gab, passierte deswegen noch lange nichts. Oftmals verliefen sich solche vermeintlichen Racheaktionen nach einer Weile im Sand, ohne das jemand zu Schade kam. Doch wenn jemand wegen ihr Heidenstein oder Murphy verfolgen würde, wenn einer von beiden zu Schaden kam  …

Wieso sorgte sie sich so um sie?

Sie starrte an die weißen Deckenplatten, seufzte. Sie fand keine Entspannung. Sie wusste es. Und wahrscheinlich würde es wieder eine furchtbare Nacht werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Taroru
2020-03-23T14:37:44+00:00 23.03.2020 15:37
okay... also ich kann ihre angst durch aus verstehen. man merkt jedenfalls das ihre gedanken sich immer wieder im kreis drehen. und ich selbst mag auch auf jeden fall mehr wissen. ......

Antwort von:  Alaiya
23.03.2020 18:46
Hehe, das nächste Kapitel kommt morgen. Dafür gibt es heute was neues.
Antwort von:  Taroru
23.03.2020 19:00
dann freu ich mich auf morgen :-D
und das neue hab ich gerade entdeckt, ich schau da mal rein :-p


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