Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [23.08.2011 – D32 – Zuhause] ---------------------------- Pakhet war verwirrt, als sie zum Krankenhaus zurückkam. Sie wusste nicht, was sie über diesen Jack denken sollte. Warum hatte er ein Date mit ihr gewollt? Hatte er sie testen wollen? Wenn ja, warum? Verdammt, der Typ verwirrte sie. Hatte er ernsthaftes Interesse an ihr? Wollte er ihr etwas beweisen? Sie war sich nicht sicher, doch egal was es war: Es konnte nichts gutes sein. Verdammt. Aber wenn er kein ernsthaftes Interesse hatte, warum hatte er ihr dann einen so lächerlichen Preis angeboten? Achttausend Rand, das waren weniger als fünfhundert Dollar. Für einen potentiell lebensgefährlichen Einsatz über mehrere Tage war der Preis nahezu lächerlich. Also: Wieso? Verdammt. Sie schlüpfte aus ihren flachen Stiefeln, als sie in die Wohnung über dem Krankenhaus kam. Wieso war sie überhaupt hierher gefahren? Es wäre näher gewesen, wäre sie zu ihrem Haus gefahren, das nicht allzu weit vom Ferryman entfernt gewesen war. Doch sie hatte nicht einmal drüber nachgedacht, war hierher gekommen. Verdammt. Sie ging ins Gästezimmer, wo sie einige Ersatzkleidung gelagert hatte, wo auch die weit grobschlächtigere Prothese an der Ladestation hing, und nahm ein einfaches Tanktop aus dem Kleiderschrank. Sie lagerte schon einen Teil ihrer Kleidung hier. Verdammt. Heidenstein war noch nicht hier oben. Das Licht war ausgewesen, als sie angekommen war. Vielleicht war er noch unten, vielleicht  … Ach, was wusste sie schon? Sie legte ihre Prothese ab, tauschte die Prothesen am Ladegerät aus und ging dann, mit der Abdeckung über dem Armstumpf und mit einem Tanktop, einer kurzen Sporthose und einer Unterhose ins Bad, um sich zu duschen. Sie wollte das Make-Up loswerden und sich zudem wieder sauber fühlen. Auch wenn es hieß, dass sie die Pflaster erneut wechseln musste. Es würde ihr zumindest etwas zu tun geben. Also duschte sie, wechselte danach die Pflaster, was durch den beschlagenen Spiegel nicht leichter wurde, zog sich dann die Kleidung an, in der sie auch schlafen würde. Sie kam aus dem Bad und lief beinahe in Heidenstein, der draußen offenbar gewartet hatte. Er lächelte sie an. „Hast du Hunger?“ Kein „Was machst du hier?“, kein „Wann bist du zurück gekommen?“. Er schien sich nicht einmal zu wundern, dass sie hier war. Verdammt. Sie hatte tatsächlich Hunger. Den ganzen Abend hatte sie zwar getrunken, aber nichts gegessen. „Ja, danke“, flüsterte sie und verfluchte sich selbst für diese Antwort. Was für einen Eindruck machte sie hier eigentlich? „Ich habe vorhin etwas mitgebracht. Indisch.“ „Danke“, wiederholte sie. Er trat zur Seite und keine fünf Minuten später saßen sie auf seinem Sofa und aßen. Wieder stellte sie fest, dass sie es kaum noch gewohnt war, ohne ihre Prothese etwas zu machen. Sie hatte sie nicht wieder angesteckt und stellte sich mit nur einem Arm ungeschickter als üblich beim Essen an. Doch Heidenstein sagte nichts dazu. Stattdessen fragte er: „Wie ist es gelaufen, mit diesem Jack?“ Sie zuckte mit den Schultern. Auch die Geste fühlte sich seltsam an, da das Gewicht an ihrer linken Schulter fehlte. „Er hilft uns.“ Sie schürzte die Lippen und streckte die Hand nach dem Zitronenwasser aus, das er in einer Karaffe vorbereitet hatte. Einfach nur Zitronensaft und Leitungswasser. „Aber?“, fragte Heidenstein, der offenbar spürte, dass dennoch etwas nicht stimmte. Pakhet seufzte. „Sagen wir es mal so. Der gute Jack hat mich angeflirtet und ist mir ziemlich auf den Keks gegangen.“ Sie lächelte und wollte es wie einen Witz wirken lassen, auch wenn es ihr nicht so vorkam. Als Heidenstein nichts erwiderte fügte sie hinzu: „Und jetzt habe ich ihm für seine Hilfe achttausend Rand und ein Date versprochen.“ Sie wandte sich wieder ihrem Essen – einem Linseneintopf, den sie mit Naan aß – zu. Heidenstein hustete. Hatte er sich verschluckt? Was für ein Klischee. „Ein Date?“, fragte er, als er nach seinem Glas griff. „Ja“, antwortete sie. „Ansonsten hätte er Vierzigtausend verlangt.“ Heidenstein schwieg, räusperte sich, aß dann wieder ehe er vielleicht eine halbe Minute später fragte: „Ein Date mit dir ist ihm zweiunddreißigtausend wert?“ So hatte Pakhet noch gar nicht darüber nachgedacht. Sie war einfach davon ausgegangen, dass es nur ein doofer Spruch gewesen war. Dass Jack etwas beweisen wollte. „Offenbar.“ Heidenstein seufzte leise. „Du  …“, setzte er an, verfiel dann aber in Schweigen und schüttelte den Kopf. Er hatte offenbar nichts mehr dazu zu sagen. Schweigen senkte sich über sie, während sie weiter aßen. Der Eintopf war scharf, doch was erwartete man anderes von indischem Essen? Schließlich, nachdem sie einen weiteren Schluck ihres Wassers getrunken hatte, sah Pakhet auf. „Und du? Ich meine  …“ Sie unterbrach sich kurz. „Wo warst du vorhin?“ „Ich habe uns vielleicht auch noch etwas Hilfe besorgt“, antwortete er. „Ich habe mich mit einer Heilerin getroffen.“ Er blickte sie an. „Wenn wir wirklich keine polizeiliche Unterstützung holen, dann werde ich magische Hilfe brauchen, um die Jugendlichen zu versorgen. Also wenn wir es wirklich schaffen sollten, sie daraus zu holen.“ Pakhet nickte stumm. Sie wusste, dass ihre Chancen ohne Hilfe gering waren. Doch wen konnte sie um Hilfe bitten? „Und, was hat sie gesagt?“ „Sie hat gesagt, sie wäre bereit uns zumindest vorrübergehend zu helfen, wenn wir ihre Sicherheit vor etwaigen Dämonenangriffen garantieren“, antwortete er und lächelte. Pakhet nickte wieder nur. Sie schwieg und machte sich daran, weiter zu essen. Sie hasste den Gedanken daran, was passieren würde, wenn sie scheiterten. Dann würde sie nicht nur das Leben der Kinder, sondern auch Heidenstein, Murphy und all die anderen, die sie nun mit hinein zog, zum Tod oder schlimmeren verurteilen. Sie hasste diesen Gedanken. Genau deswegen hatte sie sich immer von so etwas fern gehalten. Genau deswegen hatte sie sich von anderen fern gehalten. Etwas warmes auf ihrer Schulter ließ sie zusammenzucken. Heidenstein hatte ihr seine Hand auf die Schulter gelegt. Er schenkte ihr ein wohl aufmunternd gemeintes Lächeln. „Wir schaffen das schon irgendwie“, meinte er. „Mach dir nicht so viele Sorgen.“ Sie schnaubte, sah ihn an. Obwohl er kein Make-Up trug, zeichneten sich Falten auf seiner Stirn ab. „Du wirkst nicht gerade unbesorgt“, erwiderte sie. Er lächelte. „Eben.“ Seine Stimme war sanft und ein wenig Amüsement klang aus ihr hervor. „Es reicht doch, wenn ich mir Sorgen mache.“ Sie seufzte, schüttelte den Kopf. Warum war sie überhaupt hier? „Verfickter Idiot“, murmelte sie leise. Sie stellte den mittlerweile leeren Teller auf den Tisch vor sich und lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Du bist ein verfickter Idiot, weißt du das?“ Heidenstein lächelte. „Das hast du mehrfach erwähnt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)