Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [23.08.2011 – F05 – Drohung] ---------------------------- Zweieinhalb Stunden später war Pakhet in ihrem Wagen auf dem Weg in den Süden der Stadt, wo der Salty Ferryman lag. Es war bereits dunkel und wie immer war sie vorsichtig, während sie durch die Flats fuhr. Sie wusste, dass meistens nichts geschah, doch sie wollte vorbereitet sein, wenn sie doch einmal Pech hatte. Es wäre eine alberne Art zu sterben. Nach all den Einsätzen, nach all den Dingen die sie getan hatte, durch einen dummen Zufall in den Flats von einen einfachen Ganger erschossen. Das wäre doch eine Ironie des Schicksals, oder? Gerade, als die Gegend etwas besser, die Hütten zu einfachen Häusern wurden, klingelte ihr Handy. Michaels Name wurde auf dem Display angezeigt. Arschloch. Sie wollte es ignorieren, sah auf ihr Handy, das in der Freisprechvorrichtung hing, schoss ihm wütende Blicke zu. Dann hob sie dennoch ab. Verdammt. „Was ist, Michael?“, knurrte sie ihr Handy an. „Hallo, Jojo“, erwiderte er, wie immer mit fröhlicher Stimme. Sie war sich jedoch sicher einen bedrohlichen Unterton rauszuhören. Wusste er etwas? Hatte Smith etwas verraten? „Was ist?“, wiederholte sie kühl. „Ich wollte eigentlich nur fragen, wie es mit dem aktuellen Job läuft.“ Also war es, wie sie gedacht hatte. Er hatte gewusst, was sie finden würde. Das war ein Test. Ein Test ihrer Loyalität – oder, wie er es nennen würde, ihrer Professionalität. „Ich suche noch immer nach einer Spur“, erwiderte sie. Sie bemühte sich ihre Stimme kühl und distanziert zu halten. Ja, wahrscheinlich wusste er bereits, dass sie am „Casino“ gewesen waren, doch darum ging es im Moment nicht. „Ach so?“ Michaels Stimme klang amüsiert, aber eisig. „Ja. Es ist nicht so leicht eine einzelne Prostituierte zu finden.“ Sie sah zum Handy, dann wieder auf die Straße, während sie langsam in die Touristenviertel der Stadt kam. „Es gibt viele und wer auch immer sie hat, hat sie nicht von Leuten umgeben entführt.“ „So so“, erwiderte Michael. Er seufzte übertrieben. „Nun, wie dem auch sei, meine Liebe, ich habe eine Information, die dich interessieren könnte.“ Worauf wollte er hinaus? „Ja?“ „Die Information könnte wirklich, wirklich wichtig für dich sein“, fuhr Michael fort. Sie konnte ihn förmlich grinsen sehen. „Dann erzähl“, knurrte sie. „Die Information ist so wichtig, dass du mir sicher eine Gegenleistung dafür geben möchtest“, säuselte Michael. Sie schloss kurz die Augen, atmete tief durch. „Was zur Hölle, Michael.“ Wenn es für einen Job notwendig war, zahlte sie normalerweise nicht. „Seit wann soll ich dich zahlen?“ „Seit ich mir nicht mehr sicher sein kann, dass du für mich arbeitest, Joanne“, erwiderte er, nun mit einem genau so eisigen und eisernen Ton wie sie. „Fuck, Michael.“ Sie presste die Zähne zusammen. „Willst du die Information?“, fragte er. Was konnte es sein? Scheiße! „Wie viel?“ „Achthundert Dollar“, erwiderte er. „Und das ist ein Schnäppchen.“ „Willst du mich verarschen?“ Achthundert war ein Preis, den sie normal für essenzielle Informationen bezahlte, die für das Gelingen hochprofiliger Aufträge wichtig waren. „Glaub mir, es wird dir das Geld wert sein“, antwortete er. „Immerhin könnte das Leben vom guten Joachim Anderson daran hängen.“ Fuck. Sie hatte eine böse Vorahnung. Sie hasste es, ihm nachzugeben. Doch wenn sie richtig lag  … Sie musste es wissen. „In Ordnung. Ich überweise dir das Geld.“ „Ich vertraue darauf“, erwiderte er. „Joanne Snyder.“ Dann holte er tief Luft. „Jemand sucht nach dir und dem guten Dr. Anderson“, sagte er. „Man hat mir Geld angeboten für Informationen. Anonym. Ich habe sogar Gerüchte gehört, dass man jemanden auf dich ansetzen will. Das klingt beinahe so, als hättest du dich mit den falschen Leuten angelegt.“ „Wer?“, hauchte sie. „Wie gesagt. Die Nachfrage erfolgte anonym.“ „Verarsch mich nicht, Michael“, erwiderte sie leise. „Du weißt, wer es war.“ „Ach bitte, Joanne“, antwortete er leise. „Du weißt es genau so gut wie ich.“ Er holte noch einmal tief Luft und ein Geräusch verriet ihr, dass er etwas trank. Natürlich, wie das absolute Arschloch, das er war. „Du hast dich mit den falschen Leuten angelegt, meine liebe Joanne.“ Sie schwieg, sah auf die Straße, reagierte zu spät auf die rote Ampel. Sie fuhr auf der anderen Seite der Kreuzung einfach weiter. Wieder presste sie die Zähne zusammen. Sie hob die rechte Hand. „Vielleicht“, sagte sie leise und drückte dann auf die rote Schaltfläche auf dem Bildschirm ihres Handys. Das Rauschen der Leitung verklang. Michael rief nicht noch einmal an. Schweigend – mit wem sollte sie auch reden? – fuhr sie zum Ferryman. Sie war mehr als eine halbe Stunde zu früh. Das Ferryman war trotz des Namens eine relativ übliche Touristenbar. Exotisch aufgemacht, auch wenn die Karibikatmosphäre nicht ganz hierher passte. Ein großer Parkplatz war auf der Rückseite des geweißten Gebäudes. Pakhet holte tief Luft und lehnte den Kopf dann gegen das Lenkrad. „Fuck“, flüsterte sie. Dabei hatte die Information sie eigentlich nicht einmal überrascht. Natürlich hatte man jemanden auf sie angesetzt. Wahrscheinlich hatte Michael von Anfang an damit gerechnet. Er hatte sie genau deswegen hergeschickt. Damit sie einen Fehler machte. Er hatte es gewusst. Verdammt, er kannte sie zu gut. Sie konnte jetzt nicht länger darüber nachdenken. Für den Moment hatte sie andere Prioritäten. Jack. Wer auch immer er war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)