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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[20.08.2011 – M14 – Dené]

Pakhet mochte die Sache nicht. Sie mochte diesen Auftrag wirklich nicht. Noch weniger, nachdem Michael ihr die Informationen zugeschickt hatte. Auch wenn sie noch immer nicht sicher war, was genau stank – vom allgemeinen Problem, dass es um Menschenhandel und sexuell misshandelte Jugendliche ging.

Dené Bekker war seit fünf Monaten sechszehn, arbeitete seit vier Monaten als Prostituierte – unter falschem Namen – für die Big Boys. Pakhet kannte sie. Es war ein loser Zusammenschluss einiger örtlicher Pimps, die manchmal zusammenschmissen, um die Polizei davon zu überzeugen, in eine andere Richtung zu schauen. Immerhin war Prostitution illegal. Nicht, dass er irgendjemanden störte. Es war ein offenes Geheimnis, dass viele Prostituierte in der Long Street arbeiteten, dass einige der dortigen Bars und Hotels sogar speziell Zimmer vermieteten. Niemand tat etwas dagegen.

Entsprechend wunderte es sie kaum, dass sich niemand an Denés Alter gestört hatte. Sie war immerhin über sechzehn, durfte damit ganz offiziell Einverständnis zu sexuellen Handlungen geben. Davon abgesehen, hatte sie in der Vergangenheit schon zwölf, dreizehnjährige Mädchen und Jungen auf dem Strich gesehen.

Laut den Unterlagen gehörte Dené, die bei ihrer alleinerziehenden Mutter lebte, zu der Gruppe der unter der Armutsgrenze lebenden und effektiv obdachlosen Weißen in der Stadt. Sie hatte von ihnen gehört, hatte Klein Akker gesehen und kannte auch die Wohnprojekte in denen einige von ihnen lebten. Aus einem dieser Projekte schien Dené zu kommen.

Die Häuser waren effektiv Obdachlosenheime. Familien lebten dort, oft als ganze, in einem kleinen Zimmer. Oftmals hatten die Gebäude kein fließendes Wasser oder wenn nur kaltes. Auch Elektrizität gab es dort nicht immer. Die Wohnblöcke waren einmal als Übergangslösung für die Leute aus den Flats gedacht gewesen, der Bau jedoch überhastet und seither wurde sich wenig um die Erhaltung gekümmert. Die Lebensbedingungen waren schlecht.

Was Pakhet jedoch wunderte: Das Mädchen war auf die Eben Dönges High School gegangen. Keine gute Schule, aber immerhin eine Schule. Noch dazu eine, die etwas weiter in der Stadt lag.

Es war untypisch für junge Prostituierte, noch zur Schule zu gehen. Die meisten konnten es sich nicht leisten. Viele Kinder aus den Flats und aus obdachlosen Familien gingen nicht zur Schule. Wie auch?

Die Schule war geschlossen – es war Samstag, also blieb ihnen nur, sich in der Long Street umzusehen.

„Wir werden hier nichts finden“, murmelte Murphy, während sie in ihrem Wagen die Straße runterfuhren. „Nicht um diese Zeit.“

Sie schaute ihn an. „Ich weiß.“

Tagsüber war die Long Street Touristenturf. Die bunte Straße mit den altmodischen Häusern, den Restaurants, Discos und Clubs, war immer von vielen Touristen besucht. Die meisten ignorierten willentlich, was hier nachts vor sich ging. Es war immerhin auch Touristen bekannt, nicht schwer herauszufinden, wenn man es nicht wusste. Warnungen vor der Long Street bei Nacht standen in Touristen-Guides – ebenso wie Empfehlungen.

Letztes Jahr war es besser gewesen. Während der Fußball-WM hatte man mehr Polizisten eingesetzt, hatte das Gebiet stärker kontrolliert. Es gab dennoch Verbrechen und vor allem Prostitution, doch es war alles etwas Kontrollierter gewesen.

Nach der WM waren die Gelder jedoch schnell versiegt und alles war zum Alten zurückgekehrt. Die WM hatte dem Land mehr gekostet, als sie eingebracht hatte.

„Na, hast du irgendwelche Ideen?“, fragte sie und warf Murphy einen Seitenblick zu.

„Nicht wirklich.“ Er saß neben ihr, hatte die Arme verschränkt und musterte eine Gruppe junger Frauen, allesamt Touristen, die Selfies machten.

Pakhet sah zu ihm. Sein Gesicht war nachdenklich. „Warum ist dir das so wichtig?“

„Ich habe meine Gründe“, erwiderte er still. Er kaute auf seiner Lippe.

Pakhet schwieg. Sie hatte ihm das Video nicht gezeigt, auch wenn Michael es ihr geschickt hatte. Es war ekelhaft. Zwei Kerle vergewaltigten das Mädchen, machten sich über sie lustig. Es war widerlich. Das schlimmste war, dass es ein „Verkaufsvideo“ war. Wie aus einem schlechten Film.

Das Schlimmste: Ihnen lief die Zeit davon, wenn sie das Mädchen daraus holen wollten. Wenn sie einmal aus der Stadt war, würde es unmöglich sein, sie wider zu finden. Dabei wussten sie nicht mal, ob sie noch hier war. Sie war erst vor fünf Tagen verschwunden. Das Video war gestern online gegangen. Also war sie wahrscheinlich noch nicht verkauft.

Sie wusste nicht, ob das Mädchen damit mehr Glück oder Pech gegenüber anderen gehabt hatte.

Die meisten Menschenhändler verkauften die Mädchen, Frauen, Kinder nur, ließen sie prostituieren, ohne dass die Betroffenen je etwas von dem Geld sahen. Meistens machten sie sie von Drogen abhängig. Aber sie wusste sehr wohl, dass manche die Kinder auch online verkauften, in andere Länder, an Leute, die einen eigenen Harem wollten, die sich Mädchen als Dienerinnen hielten, manchmal an welche der eher zwielichtigen Porno-Geschäfte. Oder schlimmeres. Sie hatte von Fällen gehört, in denen Leute gekauft und als Opfer in irgendwelchen Ritualen hingerichtet wurden. Gerade Kinder, die selten teuer waren, manchmal für zweihundert Rand oder weniger verkauft wurden, endeten so.

Fuck. Sie hasste es darüber nachzudenken. Sie kam sich hilflos vor, wenn sie daran dachte. Was sollte sie auch dagegen tun? Sie konnte vielleicht einzelne retten, aber allgemein …

„Wir könnten in den Bars fragen“, meinte Murphy schließlich. „Vielleicht kennt sie jemand.“

Pakhet nickte.

„Ich meine, vielleicht wissen sie auch, wer sie hat“, murmelte Murphy. „Wenn sie mitgenommen wurde  … Ich meine, weißt du, was für Techniken die Leute einsetzen?“

Sie verstand, worauf er anspielte. „Loverboys“, nannten sie sich. Meistens junge, hübsche Gangmitglieder, nicht selten eigentlich aus besser gestellten Familien, die sich das Vertrauen ihrer Opfer vertrauten und sie nach und nach manipulierten, bis sie Drogenabhängig in der Gosse landeten. Sie nickte.

Murphy verzog den Mund.

„Ich bin überrascht, Kid“, meinte sie, als sie den Wagen abstellte.

„Wieso?“, fragte er.

Sie öffnete die Wagentür. „Mit deiner Silberzunge wärst du doch bestens für einen solchen Job geeignet.“

Murphy machte ein verächtliches Geräusch. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben. „So etwas würde ich nie machen.“ Bitterkeit lag in seiner Stimme. „So etwas ist einfach nur krank, weißt du?“

Sie nickte, seufzte. Wieder fühlte sie sich darin bestätigt, dass der Junge – nervig oder nicht – eigentlich ein gutes Herz hatte. Selbst wenn er es manchmal zu verstecken suchte.

Sie stieg aus, ging um den Wagen herum, um auf den Bürgersteig zu kommen, während auch Murphy ausstieg, sich umsah.

„Nun, wo schlägst du vor, dass wir anfangen?“, meinte sie.

Er blickte sich um, nickte dann in die Richtung einer Bar, die bereits geöffnet war. Castello.

Pakhet zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg zum Eingang.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und falls es sich jemand fragt: Ja. Ja, ich habe traurigerweise wirklich Informationen gefunden, wie viel Menschen auf dem Schwarzmarkt wert sind. <_____> Es ist so furchtbar. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Vampyrsoul
2019-09-20T13:30:30+00:00 20.09.2019 15:30
Ich werde den Verdacht nicht los, dass Murphy in irgendeiner Form direkter betroffen ist, als er es zugeben mag. In wie fern genau kann ich aber nicht sagen.
Erst war ich kurz überrascht, dass du die Info wirklich gefunden hast, aber im Grunde wundert es mich nicht. Manchmal findet man die kuriosesten Dinge *hat eine Auflistung der ~ Preise für Dienstleistungen von Strichern in D bei Recherchen für die Bachelorarbeit gefunden* Erst recht, wenn man direkt danach sucht.
Ich hab grad mal die ungefähre Umrechnung geschaut, keine Ahnung, ob sie sich seit 2011 groß geändert hat, aber das ist echt grausam >.<
Antwort von:  Alaiya
20.09.2019 16:15
Das Preis 2011 war 18 Rand = 1€. >.< Also ja, ist wirklich grausam. Ich habe bei der Suche nach Informationen zum Thema illegaler Waffenhandel (auch für Mosaik) bin ich über eine Seite gestoßen, die SchwarzmarktInformationen von Raids sammelt.
Von:  Taroru
2019-09-19T18:39:09+00:00 19.09.2019 20:39
oh man...... ich weiß gar nicht was ich sagen soll, ich glaube pakhet und murphy werden noch ein super team, sie scheinen so jedenfalls auf einer welle zu sein.
Antwort von:  Alaiya
19.09.2019 20:40
Das sind sie durchaus. Der Knirps. xD"
Antwort von:  Taroru
19.09.2019 20:42
ich finds gut, ich lese die beiden echt gerne so zusammen :-)


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