Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [28.04.2011 – T03 – Drohgebärden] --------------------------------- Die Zeit sickerte nur schwerfällig dahin. Im Behandlungsraum hing eine Uhr, deren Minutenzeiger jedes Mal ein lautes „Tock“ erklingen ließ. Wie konnte man so arbeiten? Pakhet hatte die Beine übereinandergeschlagen und wartete. Sie wartete, dass Orion wieder aufwachte. Heidenstein hatte ihm ein Gegenmittel gegeben, das gegen die Überdosis wirken sollte. Er hatte jedoch auch gesagt, dass es dauern konnte, bis der Magier aufwachte. Oh, wie sehr Magier sie doch immer wieder nervte. Sie waren selten genug, als dass diejenigen von ihnen, die ihren Weg in die Söldnerei gefunden hatten, einen Kopf zu groß für ihre Schultern besaßen. Nicht wenige von ihnen waren zudem auf die eine oder andere Art und Weise durchgeknallt. Kam wohl mit dem Feld. Deswegen bevorzugte sie es nicht mit ihnen zu arbeiten. Zu unverlässlich. Zu unvorhersehbar. Unvorhersehbare Objekte gefährdeten eine Mission. Sie nippte an ihrem Kaffee. Heidenstein war im Nachbarraum, um seinen nächsten Patienten zu behandeln. Zur Hölle, wie lange würde es dauern, bis der Magier aufwachte? Sie wollte nach Hause, wollte sich ausruhen. Das war zu viel. Aber aktuell war alles zu viel. Was hätte sie nicht für eine einfache Mission allein gegeben? Ein schmerzerfülltes Stöhnen breitete sich im Raum aus. Orions Hand zuckte, ließ die Handschellen klirren, mit denen sie ihn an die Liege gefesselt hatte. Sie hatte zudem seine Augen verbunden. Magier zauberten entweder auf Berührung oder auf Sicht. Solang er sich nicht auf sie konzentrieren konnte, sollte es ihm schwer fallen, einen Zauber auf sie zu legen Auch wenn er nicht kompetent war: Sie wollte nichts riskieren. Gegen einen Zauber half auch ihre Weste nicht viel. Langsam wurde Orion sich seiner Situation bewusst. Er spannte die Arme an, kämpfte gegen die Handschellen an. Sie hatte zwei Paar verwendet. Eins links, eins rechts. Jetzt strampelte er mit seinen Beinen. „Fuck“, murrte er. Das war wohl ihr Stichwort. Sie stellte den Kaffee auf dem Schreibtisch neben der Zimmertür, an dem sie gesessen hatte, stand auf. „Guten Morgen, Orion.“ Einen leicht zynischen Unterton konnte sie sich nicht verkneifen. Er hielt in seiner Bewegung inne, legte dann den Kopf auf die Seite, als wollte er sie erspähen. „Pakhet?“ Sie antwortete nicht. Er knurrte. „Fuck. Bitch. Fick dich, Bitch.“ „Ich sehe, deine Manieren sind immer noch nicht besser geworden“, erwiderte sie. „Was hast du gemacht? Verfluchte Hure, mach mich los!“ Sie kam nicht umher leicht zu grinsen. Ein sadistischer Teil ihrer Selbst genoss diese Situation. „Deine Flüche verbessern deine Situation nicht, mein Lieber.“ „Was willst du denn von mir?“ „Ah, ich sehe, du kommst direkt zum Punkt“, antwortete sie. Sie seufzte und griff nach ihrer Pistole, die noch immer in dem Holster an ihrem Gürtel hing. „Was ich will, ist relativ leicht.“ Wieder knurrte er, wartete aber auf ihre nächsten Worte. „Zum ersten will ich wissen, was heute Nachmittag passiert ist.“ Sie sprach langsam, beobachtete seine Körperhaltung dabei. Auch wenn sie ihn nicht für fähig hielt und die Benommenheit von der Betäubung es schwerer für ihn machen sollte, sich zu konzentrieren, war es nicht auszuschließen, dass er sich mit Magie befreite. „Warum hast du die Leute erschossen?“ „Das geht dich nicht an, verfickte Hure“, erwiderte er. Sie hob ihre Waffe, zog die Sicherung langsam zurück, auf die Art, dass auch er das Knacken deutlich würde hören können. „Mach mich los!“, versuchte er es noch einmal. Pakhet hatte nicht vor ihn zu erschießen, doch das musste er nicht wissen. Probehalber hob sie die Waffe, richtete sie in seine Richtung. Konnte er es wahrnehmen? Einige Sekunden verstrichen. Ein lautes Tock verkündigte, dass eine weitere Minute verstrichen war. „Okay, verdammt“, knurrte er schließlich. „Ich habe Schulden bei den Palazzolo. Wenn die mitbekommen, dass ich hier bin ...“ „Dann werden die dich umbringen lassen?“, schloss Pakhet. Ein wütendes Schnauben. „Aber ich nehme an, jetzt wissen sie es. Dank dir, Bitch.“ Er atmete einige Male tief durch, ehe er in Frustration aufschrie. „Fuck!“ Nun, diese Information kam ihr entgegen. Das sollte die folgende Aufforderung leichter machen. „Nun“, sagte sie nüchtern, „ich denke, dann können wir uns darauf einigen, dass es besser für uns beide ist, wenn du Kapstadt verlässt. Was denkst du?“ Ein weiteres Stöhnen. Er knurrte. Irgendwie erinnerte er mehr an einen Hund, als einen Magier. Doch was wusste sie schon. Vielleicht war er ja von einem Hundegeist besessen. „Fick dich, Bitch?“ Sie verdrehte die Augen, auch wenn er es nicht sehen konnte. Sie wusste bereits, dass sie das hier gewinnen würde. Er musste hier weg. Vorsichtig legte sie die Mündung der Waffe auf seine Stirn. „Orion. Du hast genau drei Möglichkeiten: Entweder du bleibst, gehst mir weiter auf den Senkel und wartest, bis ich genug habe und dich töte. Oder du bleibst, bis dich die Palazzolo finden oder dich irgendwer“ - wahrscheinlich sie selbst - „an sie verrät. Oder du nimmst deine Beine sprichwörtlich in die Hand und verduftest. Geh nach Joburg. Geh irgendwohin. Mir egal wohin. Versuch es da noch mal von vorne. Aber geh.“ Er bewegte den Kopf weg, als er die Kälte des Metalls spürte. Die Oberlippe wütend hochgezogen und den Kiefer angespannt, schwieg er für eine Weile. Tock. Eine weitere Minute. „Orion“, flötete sie. „Was sagst du?“ Er schnaubte wütend, fauchte. „Ganz wie du willst, Hure. Aber sei dir dessen bewusst ...“ „Dass ich mir einen Feind gemacht habe, den ich fürchten sollte?“, ergänzte sie und lachte. „Glaub mir. Du bist nicht der erste.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)