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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Mal wieder ein Kapitel mit Illustration! :3 Komplett anzeigen

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[28.04.2011 – D04 – Straßenklinik]

„Ähm. Heidenstein hier“, meldete sich die mittlerweile halbwegs vertraute, müde Stimme des Docs am anderen Ende der Leitung.

„Ich bin's“, erwiderte sie rau, „Pakhet.“

„Ah, Pakhet.“ Er klang verwirrt. „Was kann ich für dich tun? Ich habe gerade zu tun.“

„Ich habe einen Notfall“, antwortete sie. „Und brauche deine Hilfe.“

„Notfall?“

„Medizinischer Notfall“, erklärte sie. „Orion.“

„Warum bringst du ihn nicht zur Zentrale?“

Sie holte tief Luft und schürzte die Lippen. „Ich habe guten Grund, es nicht zu tun.“

Stille. Er verstand. Dann räusperte er sich. „Okay. Von mir aus. Bring ihn her.“

„Wohin?“

Erneutes schweigen. Heidenstein räusperte sich nervös. „Ich habe eine kleine Straßenklinik im Norden der Cape Flats. Im Keller des Anderson Hospitals.“

„Danke“, antwortete sie leise und gab den Namen des Krankenhauses bereits in ihr Smartphone ein.

Sie fuhr – schnell, aber darauf bedacht, sich an das Geschwindigkeitslimit zu halten. Sie wollte nicht unbedingt riskieren, angehalten zu werden. Wenn jemand den Kofferraum öffnete und den halbtoten Orion vorfand, hätte sie ein Problem. Kein Problem, dass sich nicht beheben ließe, aber dennoch: Ein Problem.

Natürlich hatte Heidenstein recht. Sie könnte Orion auch zur Zentrale zurückbringen. Ihn da versorgen lassen. Doch hatte sie einige Gründe, es nicht zu tun. Vor allem wollte sie Orion nicht länger in ihrem Team haben – und sie wusste, dass sie sich selbst darum kümmern musste. Sonst würde es nur als Gegenwehr gegen die Teamidee als solche gesehen.

Daher fuhr sie keine fünfzehn Minuten später auf dem Parkplatz des Anderson Hospitals vor.
 

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Sie kannte das Krankenhaus nicht, was jedoch nicht viel heißen wollte. Sie besuchte selten normale Krankenhäuser. Noch seltener besuchte sie Krankenhäuser in der Nähe der Flats. Tatsächlich überraschte es sie, dass es hier draußen überhaupt eins gab. Die einzige Möglichkeit es zu erreichen, wenn man nicht durch die Flats fahren wollte, war über die M2. Das Gebäude lag am nordöstlichen Ende des Ghettos.

Es wirkte auf den ersten Blick heruntergekommen – kaum verwunderlich für die Gegend. Das fünfstöckige, längliche Gebäude wirkte leer, auch wenn sie nicht sagen konnte warum. Es mochte eventuell an dem beinahe gänzlich verlassenen Parkplatz liegen, auf dem nur vereinzelte Fahrzeuge standen – gesamt nicht mehr als fünfzehn. Ein hoher, gesicherter Zaun umgab den Parkplatz.

Es hatte definitiv Horrorfilmästhetik.

Heidenstein hatte ihr eine Nachricht geschickt: Sie solle zum Hintereingang fahren und die beiden Männer, die dort standen ansprechen. Dubios, aber gut. Was erwartete sie von einer Straßenklinik?

Sie kannte solche Einrichtungen aus anderen Städten: Ärztliche Notfallpraxen für diejenigen, die normale Ärzte nicht besuchen konnten. Vielleicht, weil sie Verbrecher waren oder sich illegal im Land aufhielten, oft aber auch, weil sie magischer Abstammung waren und ihre Krankheiten oder Verwundungen auf ihre magische Natur schließen ließen. Dankbarerweise gab es magische Ärzte, die sich auf magische Wunden spezialisiert hatten und die oftmals aus solchen Kliniken heraus agierten.

Offenbar war Heidenstein einer von ihnen.

Was zur Hölle machte er als Medic bei ihnen?

Sie fuhr um das Gebäude herum, bis sie die Tür mit den zwei davorstehenden Herren in Anzügen entdeckte. Sah ganz so aus, als wäre auch dieser Laden unter Mafiaführung.

Es konnte ihr egal sein.

Sie stieg aus, nickte den beiden zu und ging um den Wagen herum. Sie öffnete den Kofferraum, hievte Orion heraus, um ihn sich über die Schultern zu werfen.

Er atmete noch. Gut. Egal was für ein Arschloch war: Sie hatte ihn nicht töten wollen.

„Ich suche Doctor Heidenstein“, sagte sie, als sie die beiden Herren erreichte.

Die beiden nickten synchron. Golems?

Zumindest ließen sie sie passieren, als sie die Tür mit einem Stoß aufkatapultierte.

Sie fand sich vor dem Treppenhaus des Krankenhauses. Es gab einen Aufzug, doch bevorzugte sie die Treppe. Es war nur eine Etage.

Langsam wurde Orion auf ihren Schultern deutlich schwer.

Angespannt blickte sie sich um. Im Flur hinter der Feuerschutztür brannte Licht, also würde sie es dort versuchen. Sie stieß die Tür auf und eilte hindurch, um sich in einem üblichen Krankenhausflur mit grünlichem Linoleumboden wiederzufinden.

Niemand war hier.

„Heidenstein!“, rief sie.

„Hier“, antwortete er. Eine Tür schwang auf, auch wenn er sich nicht sehen ließ.

Sie lief zur Tür hinüber und schaute in den dahinterliegenden Raum.

Dort saß er, offenbar damit beschäftigt eine unschöne Kratzwunde am Arm eines kräftigen, bärtigen, dunkelhäutigen Mannes zu nähen. Ein Werwolf, seinen noch immer goldlichen Augen nach. Die Wunde sah ebenfalls nach Werwolfskrallen aus.

„Bring ihn in den nächsten Raum“, sagte Heidenstein ohne aufzusehen.

Pakhet nickte. Sie beschloss, dass er den Raum rechts von diesem meinte und ging zur entsprechenden Tür weiter. Es war eine Schiebetür, die sie mit Schwung öffnete.

Dahinter lag ein Behandlungsraum, wie man ihn in vielen Notaufnahmen im Land fand. In der Mitte eine Liege unter einer Operationsleiste. Zwei Hocker, zwei Stühle, ein Schreibtisch mit Rechner, mehrere Schränke und Regale.

Sie trat zur Liege hinüber und legte Orion ab. Er hatte noch immer Puls, wenngleich er trotz Ohnmacht zitterte und sich ein dünner Schaum vor seinem Mund gebildet hatte. Ab und an machte er leise Laute.

Was auch immer das Toxin mit ihm anstellte: Er hatte es nicht besser verdient.

Mit diesem Gedanken setzte sie sich auf einen der Hocker und verschränkte die Arme. Sie wartete. Eine Minute. Fünf Minuten. Zehn Minuten.

Irgendwann hörte sie Stimmen im Nachbarraum. Schritte. Jemand ging.

Dann wurde die Tür, die beide Behandlungsräume direkt miteinander verband geöffnet und Heidenstein kam hindurch. „Entschuldige, dass es etwas gedauert hat“, meinte er ruhig. Er musterte Orion. „Was ist passiert?“

„Kurzfassung: Er hat angefangen ein paar Leute ohne Grund abzuknallen und ich habe ihm einen Dart mit Betäubungstoxin gesetzt“, antwortete sie. „Dann hat er angefangen zu zittern. Dann zu sabbern. Sein Puls ist schwach und unregelmäßig. Überdosis, nehme ich an.“ Sie wusste, dass die letzten Aussagen unnötig waren, da Heidenstein ihn selbst untersuchte.

Auch er überprüfte den Puls, den Blutdruck, sah dem Magier in die Augen und horchte auf dessen Atem. „Überdosis“, bestätigte er schließlich. Er warf ihr einen missmutigen Blick zu. „Ich habe dir gesagt, du musst damit vorsichtig sein. Hat er in den letzten Tagen Blut verloren?“

„Er ist heute Mittag angeschossen worden und hat sich selbst geheilt“, erwiderte sie.

Heidenstein nickte. „Daran wird es liegen.“ Er ging zu einem Schrank hinüber, holte ein Fläschchen hervor, dann eine Spritze aus einem anderen. „Warum wolltest du ihn nicht zur Zentrale zurückbringen?“

„Weil er sich meinen Anweisungen widersetzt hat“, erwiderte sie. „Er hat sinnlos getötet. So etwas dulde ich nicht.“

„Sagt die eiskalte Söldnerin?“, meinte Heidenstein, während er Orion das Mittel verabreichte.

„Ich hasse sinnlose Gewalt.“ Sie musterte ihn kühl. „Als jemand, dessen bevorzugte Waffe eine Betäubungspistole ist, gehe ich davon aus, dass du das verstehst.“

„Sicher“, antwortete er und lächelte.

Zu ihrer Überraschung wirkte das Lächeln aufrichtig.

Nach einigen Sekunden seufzte er leise, fühlte erneut Orions Puls. „Und was hast du dann mit ihm vor?“

„Ich sehe ihn als Gefahr für die Gruppe und die Firma“, erwiderte sie. „Deswegen schicke ich ihn fort.“

Nun musterte Heidenstein sie. Er schwieg, überlegte, leckte sich schließlich über die Lippen, während er vorsichtig eine Frage formulierte: „Was ist mit Mr Smith? Mr Forrester?“

„Sie werden sich damit abfinden müssen, dass Orion die Stadt verlassen hat“, antwortete sie. „Es wäre nicht das erste Mal.“ Sie sah ihm direkt in die Augen. „Es sei denn, du willst sie darüber in Kenntnis setzen?“

Für einige Sekunden – sie konnte nicht sicher sagen, wie lange genau – trafen sich ihre Blicke. Zweifel schien aus seinen Augen zu sprechen, ehe er langsam den Kopf schüttelte. „Nein“, sagte er. „Ich stimme dir zu.“ Er lächelte matt. Eine ungewisse Reue lag in dem Lächeln. „Aber wie willst du ihn davon überzeugen?“

Sie zuckte mit den Schultern und betrachtete kühl zu dem ohnmächtigen Magier, der aufgehört hatte zu zittern. „Ich habe meine Methoden.“ Immerhin hatte sie einen Ruf.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel kommt am Samstag, den 5.1.

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Caliburn
2019-01-03T10:34:05+00:00 03.01.2019 11:34
Ich wundere mich gerade woher der Doc die Zeit nimmt für den Einsatz im Straßenkrankenhaus und in der Firma. Schläft er kaum oder wie stellt er das alles an?

Betäubungsmittel sind aber auch eine knifflige Sache. Größe, Gewicht, Geschlecht, Gesundheitszustand - alles spielt eine Rolle und vorgefertigte Darts können damit auch schnell nach hinten los gehen. Siehe Beispiel A - Orion. :P
Antwort von:  Alaiya
03.01.2019 11:37
> Schläft er kaum

Sie haben 100 Punkte :P

Und ja, genau das war Pakhets Fehler
Von:  Taroru
2019-01-02T21:12:05+00:00 02.01.2019 22:12
ich gehe mal ganz stark davon aus, das das orion nicht gefallen wird. und dem entsprechend darauf reagieren wird o.O
vielleicht die ersten schritte, zu einem lieblingsfeind?
war jedenfalls mein erster gedanke dazu.
heidenstein ist auch interessant, ich hoffe auch mehr hintergrund zu ihm zu bekommen.
Antwort von:  Alaiya
03.01.2019 10:48
Zu Heidenstein gibt es schon Bald mehr Hintergrund xD
Antwort von:  Taroru
03.01.2019 12:54
ich freu mich drauf :-D


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