RUN von YukiKano (They never stop catching you) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- »Scheint so, als müssten wir noch eine Weile länger hier in der Gegend bleiben«, sagte Sugawara. Er klang dabei nur nicht so bedrückt, wie er sollte. »Ja super – wir sollten anfangen Bilder in der Polizeiwache aufzuhängen! Man soll sich ja schließlich wohlfühlen, wenn man nach Hause kommt!«, brummte Kuroo ungehalten. Ihm passte es gar nicht, dass sie noch weitere Wochen in der Polizeiwache verharren wollten. Beim Laufen versuchte er seinen angeschwollenen Knöchel in Augenschein zu nehmen. Nur leider erkannte man in der Dunkelheit kaum etwas. Nicht mal der Waldboden war richtig zu sehen, folglich konnte man nur erahnen worauf man trat. Den Sprung aus dem 1. Stock des Schulgebäudes hatten sie beide unterschiedlich gut überstanden. Sugawara war mit ein paar kleinen Schnittverletzungen davongekommen an Händen und Knien davongekommen. Vermutlich würden auch die ein oder anderen Blutergüsse in den nächsten Tagen die weiße Haut der Schienbeine zieren. Kuroo hingegen war falsch aufgekommen und hatte sich den Knöchel – glücklicherweise nur – verstaucht. Deswegen musste er sich jetzt von Sugawara stützen lassen und humpelte unter anhaltenden Schmerzen durch den Wald. Ihnen war klar, wie angreifbar und verwundbar sie waren. Denn Kuroo schaffte es in seinem momentanen Zustand nicht mal einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens zu spannen. »Hast du nicht auch mal daran gedacht, wie es wäre länger dort zu bleiben? Es sich dort bequem zu machen, zu überlegen wie man sich dort langfristig einrichten kann?«, fragte Sugawara wehleidig. Kuroo zog eine Augenbraue hoch. »Wir würden das maximal zwei Monate aushalten und dann entweder verhungern oder verdursten. Hier in der Umgebung ist nichts. Wie sollen wir denn hier lange überleben? Wasserflaschen wachsen nicht an Bäumen und Lebensmittel auch nicht unbedingt!« Sugawara ließ die Schultern hängen. Irgendwie hatte Kuroo recht, aber er war es leid ständig von Ort zu Ort zu fahren, in der Hoffnung auf ein sicheres Plätzchen, nur um dann jedes Mal wieder enttäuscht zu werden. »Wir sollten über den Highway gehen um dein Bein zu entlasten!«, schlug Sugawara vor, um das vorherige Thema zu beseitigen. Er wollte sich jetzt nicht streiten. Das machte unaufmerksam und lockte Schlürfer an. »Spinnst du?«, fragte Kuroo schockiert und musste sich stark zusammenreißen, damit ihm die Gesichtszüge nicht entgleisten. »Landstraßen und Autobahnen sind Friedhöfe – todbringende Friedhöfe! Ist es jetzt etwa soweit? Möchtest du sterben?« Sugawara blinzelte verwirrt. »Möchtest du die ganze Strecke über den Waldboden humpeln? Denkst du, das ist gut für deinen Fuß? Das macht also nur noch schlimmer!« Kuroo verzog das Gesicht und sagte nichts. »Okay, wenn du dich querstellst, dann suchen wir uns eine Hütte und verbringen die Nacht dort! Ich werde so mit dir bestimmt nicht bis zur Polizeistation zurücklaufen! Da sind wir ja morgen Abend noch unterwegs!« Kuroo würde am liebsten laut und deutlich „nein“ sagen, verkniff es sich aber. Er sah selbst ein, dass er im Moment der letzte war, der irgendwelche Forderungen stellen konnte. »Häuser fallen nicht einfach vom Himmel! Hast du gestern auf dem Hinweg eins gesehen? Also ich nicht!«, startete Kuroo den letzten Versuch, Sugawara zu überreden doch noch zur Polizeiwache zurück zu laufen. An dem Blick seines Gefährten sah er schon, dass er ihn soweit hatte. Doch im gleichen Moment schob Sugawara einen Ast zurück und vor ihnen erschien ein alleinstehendes Einfamilienhaus mit Garage und gläsernem Gewächshaus im Garten. Das Gebäude hatte seine besten Tage zwar eindeutig hinter sich und der ein oder andere Schlürfer hatte es auf seiner Reise durchstöbert. Aber alles in allem konnte man hier die Nacht auf jeden Fall ruhen. »Von wegen Häuser fallen nicht einfach so vom Himmel«, murmelte Sugawara vor sich hin und schleifte Kuroo zur Veranda. Vorsichtig setzte er ihn auf einem zerflickten Schaukelstuhl ab und reichte ihm eines seiner Messer. Mit Pfeil und Bogen konnte Kuroo im Sitzen nämlich nicht umgehen – das wusste Sugawara aus Erfahrung. »Ich durchsuch das Haus – Schrei wenn was ist!« »Ja, ja Mama ich warte hier und gehe nicht mit Fremden mit!« Sugawara verdrehte die Augen und betrat das Haus. Die Tür stand sperrangelweit offen. Alles war voller Staub und mit hereingewehten Blättern bedeckt. Die Möbel standen kreuz und quer und deuteten stark darauf hin, dass hier bereits andere auf der Durchreise genächtigt hatten. Die Stoffe stanken nach Verwesung und Tod, was Sugawara nicht im Geringsten wunderte. Selbst seine Kleidung nahm diesen Geruch an, wenn er sich zu lang im Freien aufhielt, aber meistens empfand man den beißenden Gestank gar nicht mehr als störend – beängstigend wie schnell man sich an so etwas gewöhnen konnte. Das Untergeschoss war leer, außer ein wenig Blut im Badezimmer gab es hier nichts zu sehen. Sugawara vermutete, dass hier jemand gestorben war und dann als Schlürfer das Weite gesucht hatte. Mit Vorsicht und gezücktem Messer stieg er die Treppe empor. Doch auch in den Zimmern oben gab es nur eingeschlagene Fensterscheiben und beißenden Geruch. Zufrieden grinsend ging Sugawara wieder nach unten, um Kuroo zu holen. Doch der Schaukelstuhl war bis auf Sugawaras Rucksack leer. Pfeil und Bogen lehnten an der Hauswand und weit und breit war nichts und niemand zu sehen. »Kuroo? Das ist nicht lustig – wo bist du?«, rief Sugawara leise und scannte aufmerksam jeden Quadratzentimeter Wald ab. Schlussendlich sah er ein, dass es keinen Sinn hatte. Vermutlich hatte Kuroo eine herumrennende Reisetasche oder eine überdimensionale wegrollende Konservendose gesehen und war trotz verstauchtem Knöchel nicht aufzuhalten gewesen. Es könnte ja lebensrettend für sie alle sein! Sugawara verdrehte die Augen. Er hätte ihn doch umbringen sollen, nachdem sie den Sprung aus dem Schulgebäude überlebt hatten! Er überlegte einen kurzen Augenblick, entschloss sich dann aber dazu Kuroo zu folgen. Während er dessen Pfeil und Bogen sicher im Haus verstaute, fragte er sich wann das endlich ein Ende haben würde. Mussten sie Kuroo etwa erst fesseln um ihn aufzuhalten? Als Sugawara wieder vor dem Haus stand, fragte er sich in welche Richtung Kuroo gegangen sein könnte. Der Wald war weitläufig und egal in welche Richtung man ging, man kam irgendwo an. Gängen sie zurück in Richtung Norden, würden sie wieder an der Schule ankommen. Richtung Westen war der Highway; in Richtung Süd-Osten sind Stadt und Polizeiwache. Kuroo könnte überall und nirgends sein, Sugawara würde sich die Füße wundlaufen um ihn zu finden. Als er heute Morgen aufgebrochen war, hatte er wenigstens eine Ahnung gehabt in welche Richtung er gehen musste, doch jetzt hatte er gar keinen Anhaltspunkt. Unzufrieden mit der Situation stampfte er mit voller Wucht auf den Boden auf und warf einen zweifelnden Blick in Richtung Himmel. Daichi, flehte er stumm, pass auf das ihm nichts passiert – bitte. Dann stiefelte er einfach los, darauf hoffend das sein toter Freund ihm den richtigen Weg weisen würde! Er ging zweihundert Schritte, von denen er jeden einzelnen mitzählte, in ein und dieselbe Richtung. Danach beschloss er die Bäume um sich herum so zu markieren, dass er den Weg zum Haus auf jeden Fall wiederfinden würde. Es brachte keinen von ihnen weiter, wenn er sich jetzt verlaufen würde. Also ritzte er mit seinem Messer in drei Bäume einen Pfeil, der in die Richtung zeigte, aus der er gekommen war. Erst als er fertig war mit seinem Werk lief er weiter. Dieses Mal zwei hundert Schritte nach links. Auch dann markierte er die Bäume. Zwei so, dass sie zu der Stelle zeigten, von der er gekommen war und zwei so, dass sie in die ungefähre Richtung des Hauses zeigten. Als nächstes wollte er zweithundert Schritte nach rechts gehen, doch bevor er den ersten Fuß vor den anderen setzen konnte, raschelte etwas neben ihm in einem der Gebüsche. Erschrocken machte er einen Satz zurück und zückte seine beiden Messer. Während seines Marsches war er nur einem einzigen Schlürfer begegnet, was ziemlich ungewöhnlich war. Gerade, weil sie nachts eigentlich am aktivsten sind. »Hey – wer ist da? Kuroo bist du’s?«, fragte Sugawara leise in die Stille hinein und ging einen kleinen Schritt auf die Büsche zu. Es raschelte wieder. Was auch immer dahinter auf ihn wartete, war weder ein Schlürfer, noch ein wildes Tier. Ein Schlürfer hätte sich bereits durch ein Geräusch verraten und wäre blindlinkslos losgestürmt und ein wildes Tier hätte das Weite gesucht. Es konnte also nur ein anderer Mensch sein. Entweder Kuroo, der sich einen Spaß erlauben wollte oder jemand völlig Fremdes. Ob Freund oder Feind würde Sugawara gleich herausfinden. Er steckte eines seiner Messer zurück in die Tasche an seinem Gürtel und griff nach dem erst besten Ast, den er am Waldboden zu fassen bekam. Dann machte er einen weiteren Schritt auf das Gebüsch zu. »Wer ist da? Ich warne dich Kuroo: Versuchst du mich zu verarschen, ramm ich dir mein Messer in den Kopf!« Im nächsten Moment teilten sich die Äste und die Person die dahinter lauerte stürmte auf Sugawara zu. Und dieser holte bereits aus! ɸ Oikawa hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, wie lange er die Sterne und den Mond angestarrt hatte. Er hatte versucht sich vorzustellen, dass Iwaizumi ihm einen Rat geben würde. Doch der Vollmond sagte nichts und verhöhnte ihn stattdessen mit seinem hellen Glanz. Irgendwann hatte Oikawa sich auf die Seite gedreht, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen. Und dann hatte er auf die leeren Straßen des kleinen Dorfes gesehen. Es kam ihm komisch vor, dass nirgendswo ein Schlürfer zu sehen war, nicht ein einzelner. Wie bei einem Tsunami, dachte er, erst geht das Wasser zurück und dann trifft es mit voller Wucht auf den Strand auf. Doch im nächsten Moment schallte er sich selbst einen Idioten. Denn Schlürfer gruppierten sich nicht absichtlich und erst nicht mit einem festen Ziel. Wenn sie eine Horde von ihnen zusammengeschlossen hatte, dann lösten sie sich meistens auch genauso schnell wieder auf. Zum Beispiel wenn sie eine Mahlzeit zu sich nahmen. Die, die davon nichts abbekamen schlürften weiter und die anderen erhoben sich irgendwann von ihrem essen und gingen vielleicht in eine ganze andere Richtungen. Akashi hatte ihm das erklärt. Akashi war überhaupt der einzige gewesen der sich Zeit genommen hatte, die Schlürfer zu studieren. Aber er hatte es getan und alles in einem Buch niedergeschrieben. Oikawa wusste, dass es Tage gab, an denen Akashi nur mit nach draußen ging, um die Schlürfer zu studieren. Er wollte keine Lebensmittel oder Getränke finden. Ihn interessierte nur, wie man Schlürfer am besten töten konnte, ohne sich selbst einer großen Gefahr auszusetzen oder noch mehr von ihnen anzulocken. Akashi war auch derjenige gewesen, der herausgefunden hatte, dass Schlürfer nicht schwimmen können, aber vermutlich auch nicht ertranken. Er ging einfach davon aus, dass sie am Grund eines Gewässers weiter ihr Unwesen trieben, bis sie irgendwann endgültig sterben würden. Das auch Schlürfer irgendwann tot umfielen, da war sich Akashi sicher. Es dauerte nur eben länger, als bei Menschen – wesentlich länger! Erst, als Akashi ihnen sein Buch gegeben hatte und sie dazu angestiftet hatte, seine Notizen nachzulesen, hatten die anderen sich darüber Gedanken gemacht wie ein Schlürfer tickte. Seit dem füllte Akashi sein Buch nicht mehr alleine und wir anderen achteten mehr auf die Schlürfer und gaben ihm weiter, was sie sahen. Ein frischer, langsamer Wind zog auf. Er war nicht unangenehm, aber doch recht kühl. Deswegen schnappte sich Oikawa seinen Baseballschläger und ging zurück zu den anderen. Er beschloss, sich mit Tsukishima auszusprechen. Denn er wollte keinen Streit. Sugawara hatte recht; das schwächte den Gruppenzusammenhalt. Doch als er zurück in ihr umfunktioniertes Büro kam, fehlte von Tsukishima jede Spur. Nervös warf Oikawa Akashi einen Blick zu, der nur mit den Schultern zuckte. »Er hat sich Bokutos Katana ausgeborgt und ist deinen Freund suchen gegangen; keine Sorge, dem passiert schon nichts!« Es gefiel Oikawa nicht, dass Akashi so ruhig blieb und nicht darauf bestanden hatte, Tsukishima zu begleiten. Aber vermutlich war er sowieso der Meinung alleine schneller und flexibler zu sein. Und wenn er Bokutos Katana mitgenommen hatte, konnte man ihn auf seiner Samurai-Tour eh nicht stoppen. Also redete sich Oikawa ein, dass es Tsukishima gut ging und das ihm schon nichts passieren würde, ehe er eine Dose Suppe aus ihren schrumpfenden Nahrungsvorräten nahm und den Gaskocher anschaltete. »Wir essen jetzt was! Bokuto brauch dringend irgendetwas warmes!«, sagte Oikawa um sich zu rechtfertigen. Es war ein schreckliches Gefühl, einen Grund dafür finden zu müssen, damit einen keiner schief ansah, sobald man etwas aß. Doch in der heutigen Welt, konnte man nicht mehr essen, wenn man Appetit verspürte. Erst, wenn der Hunger so groß war, dass man es kaum noch aushielt. Denn Lebensmittel wurden knapp und mussten streng rationiert werden. Umso mehr man sich zurücknahm, umso länger würde man am Leben bleiben! Akashi legte seinem Freund die Innenseite seiner Handgelenke auf die Schläfen und seufzte danach leise. Er war selbst mittlerweile so erhitzt, dass er nicht mehr wirklich unterscheiden konnte, ob Bokuto nun Fieber hat oder nicht. »Würdest du herkommen und fühlen, ob Bokutos Fieber gestiegen ist? Ich bin zu warm, um das richtig unterscheiden zu können.« Oikawa nickte. »Ja, warte nur einen kleinen Moment. Ich schaue eben ob die Suppe schon köchelt.« Er warf einen kurzen Blick in den Topf, machte den Deckel anschließend wieder drauf und ging zu Akashi und Bokuto hinüber. Vorsichtig legte er ihm ebenfalls die Innenseiten seiner Handgelenke auf die Stirn. Er fühlte ein-, zweimal an verschiedenen Stellen, ehe er aufsah und … lächelte. »Das Fieber ist gesunken! Gestern war es viel schlimmer! Er wird wieder gesund!« Akashi seufzte leise erleichtert, ehe er seinem Freund Küsse auf das ganze verschwitzte Gesicht hauchte. Oikawa beobachtete die beiden verträumt. Zu seiner Überraschung stellte er sich vor, wie es wäre selbst dort zu liegen. Doch es war nicht Iwaizumi der sein Gesicht küsste, sondern Sugawara. Oikawa fragte sich, ob es mit ihm irgendwann genauso sein würde, wie mit Iwaizumi. Und er freute sich darauf das herausfinden zu können. Vorausgesetzt Tsukishima würde ihn finden und wieder zurückbringen. Sie löffelten die Blechtassen so hastig aus, als hätten sie schon vor Monaten die letzte warme Mahlzeit zu sich genommen. Dabei waren es dieses Mal nur zwei Tage gewesen. Bokuto schaffte es sogar, sich zu bedanken und zu lächeln, ehe er wieder in seinem Schlafsack zusammensackte. Oikawa sammelte die Tassen ein. Akashi warf einen nachdenklichen Blick aus dem Fenster. »Was ist los?«, fragte Oikawa. »Warum ziehst du so ein Gesicht? Deinem Freund geht es wieder besser und du solltest lächeln!« »Ich weiß. Es ist nur – ich« »Du – was?«, hakte Oikawa mitfühlend nach und ließ sich neben dem jüngeren an der Wand hinab sinken. »Nichts, ich hab nur nachgedacht.« »Und über was? Es muss ja was schlimmes sein, wenn du danach so ein Gesicht ziehst!« »Ich habe mich gefragt, wann das endlich aufhören wird!« »Was meinst du?« Oikawa legt den Kopf schief. Er hat das Gefühl im Moment gar nichts mehr zu verstehen. Wenn Bokuto sein Freund wäre, dann würde er sich im Moment über gar nichts anderes mehr Gedanken machen, außer darüber, dass sein Freund die Infektion lebend überstehen würde und bald wieder auf die Beine kam. Doch in Akashis Kopf schien noch viel mehr vorzugehen. »Ich frage mich, wann wir endlich einen Ort finden, an dem wir bleiben können, an dem wir nicht ständig von irgendjemandem vertrieben werden. Ein Ort, wo nicht ständig jemand draußen herumstöbern muss und sein Leben aufs Spiel setzt«, sagte Akashi und nahm Bokutos Hand in seine, um sie fest zu drücken. »Irgendwo muss es doch einen Ort geben, an dem wir sicher sind!« Oikawa wusste nicht was er dazu sagen sollte. Deswegen lächelte er nur und drückte Akashis Schulter. »Genau so einen Ort wird es geben und wir werden ihn finden – gemeinsam! Gib nur die Hoffnung nicht auf!« »Niemals!« ɸ Yaku döste etwas in seinem Stuhl vor sich hin, während Kenma auf dem Dach des Wohnmobils auf und abging. Das Gewehr vorsichtshalber bereits im Anschlag. »Die Schnapper werden sich schon bemerkbar machen – du solltest dich auch ein wenig ausruhen! Morgen scheuchen die uns sicherlich wieder über den ganzen Highway … oder quer durch den Wald!«, murmelte Yaku vor sich hin. »Die Schnapper vorhin hätten wir beinahe auch zu spät bemerkt – ich will etwas vorsichtiger sein!« Yaku gähnte und rieb sich die Augen. »Seit wann sorgst du dich denn um das Wohl der Gruppe?« »Ich kann und will ohne euch nicht in dieser Welt leben!« Im VW-Bus weckte gleichzeitig Matsukawa auf. Er warf einen kurzen Blick gen Himmel und drehte sich auf die andere Seite, als er feststellte das noch tiefste Nacht war. Doch auch Hanamaki lag wach und starrte seinen Freund mit wachsamen Augen an. Matsukawa gähnte leise. »Warum bist du wach?«, fragte er schläfrig und klang dabei ganz benommen. Er schlang einen Arm um den Körper seines Freundes, zog ihn näher an sich heran und wollte ihn eigentlich dazu bewegen die Augen wieder zu schließen. Doch da hatte er die Rechnung ohne Hanamaki gemacht. Denn dieser seufzte nur leise. »Ich kann nicht schlafen – ich mach mir Sorgen um Yachi!« Matsukawa war noch immer nicht ganz da, löste aber sorgsam seinen Arm von seinem Freund. Nun sah auch er seinen Freund aufmerksam an. »Du hast jetzt aber nicht vor mitten in der Nacht durch den Wald zu rennen oder? Dieser Gesichtsausdruck gefällt mir nicht!« »Du erkennst mein Gesicht kaum Blödmann!« »Aber ich sehe genug, um zu wissen was du vor hast und ich sage dir gleich, dass das eine ganz dumme Idee ist!«, antwortete Matsukawa fürsorglich. Er würde seinen Freund zwar nicht alleine durch den Wald rennen lassen, aber bevor es so weit kommen würde, wollte er wenigstens alles probieren um ihn im Bett zu behalten. Denn eine Suche bei Nacht befand er für noch aussichtloser, als eine Suche bei Tag. Die Schnapper waren nachts aktiver und die Umgebung schlechter zu kontrollieren. Außerdem war Yachi sicherlich noch viel ängstlicher als heute Mittag und wenn sie Pech hatten noch weiter vom Weg abgekommen, als sowieso schon. Am Ende würden sie sich vielleicht selbst auch verlaufen. Und Matsukawa war sich sicher, dass nichts – aber auch absolut überhaupt nichts – die anderen dazu bewegen könnte, im Wald nach ihnen zu suchen. »Ich weiß, dass die Idee nicht klug ist«, antwortete Hanamaki hin und hergerissen. »Aber solange sie alleine im Wald herumirrt bekomme ich kein Auge zu! Du weißt wie unfair das ist; sie ist klein, ängstlich und kann nicht mal ihre Pistole halten, ohne direkt zu zittern wie Espenlaub. Wenn ihr Weg einen Schnapper kreuzt, dann wird sie sterben und das will ich verhindern!« Nun war es an Matsukawa zu seufzen. »Du bist mir zu gefühlsdusselig geworden, seit dem die ganze Scheiße hier passiert ist! Und deinen Verstand hast du auch irgendwo verloren!« Hanamaki setzte sich auf. »Das heißt wir gehen los und suchen sie? Jetzt gleich? Sofort?« Auch sein Freund setzte sich auf und rieb sich beide Hände übers Gesicht, um auch das letzte bisschen Müdigkeit daraus zu vertreiben. »Manchmal habe ich echt das Gefühl, du würdest an einer gespaltenen Persönlichkeit leiden … oder so ähnlich!« Hanamaki grinste süffisant und knuffte seinem Freund in die Seite. »Gib’s zu: Das gehört zu den Dingen du so sehr an mir liebst oder?« Statt einer Antwort zog Matsukawa ihn an sich und gab ihm einen harmlosen Kuss auf dem Mund, ehe er ihm sagte, er solle endlich seine Schuhe anziehen. Kenma und Yaku schwiegen. Kenma ging noch immer auf dem Wohnmobildach auf und ab und Yaku saß in seinem Stuhl, starrte den Sternenverhangenen Himmel an. »Ein paar von ihnen leben noch, dass weiß ich«, murmelte er leise vor sich hin. Doch es war immer noch lautgenug, dass auch Kenma seine Worte verstand. »Was meinst du damit?« »Es sind nicht genug hellleuchtende Sterne! Sie reichen nicht für all unsere Freunde und Bekannten!« Kenma verdrehte die Augen. Er hatte keine Lust mehr, sich über die anderen Gedanken zu machen. Selbst wenn sie noch am Leben waren, würden sie sich bestimmt niemals über den Weg laufen. Immerhin ist die Insel auf der sie sich befinden groß und wenn sie immer in die entgegengesetzte Richtung fahren, begegnen sie sich sowieso niemals. Yaku sollte also mit der Träumerei aufhören und im hier und jetzt ankommen. Genervt warf Kenma Yaku einen kurzen Blick zu, ehe er die Leiter hinab stieg. Yaku war sofort auf den Beinen. »Wo willst du hin?« »Kageyama und Hinata wecken – ich bin müde!« Yaku verdrehte die Augen, ehe er sich sein Gewehr angelte und seinem ehemaligen Teamkollegen folgte. Doch gerade als Kenma die Tür zum Wohnmobil öffnen wollte, stiegen Matsukawa und Hanamaki aus dem VW Bus aus. Die vier Jugendlichen sahen sich kurz an, ehe Hanamaki spöttisch das Gesicht verzog. »Was ist? Schon müde?« »Ja, war anstrengend heute – was ist mit euch? Schon wieder munter?« Hanamaki setzte bereits dazu an, etwas sagen zu wollen, wurde von seinem Freund allerdings zurückgedrängt. »Wir gehen nochmal los und suchen Yachi - Vielleicht haben wir ja dieses Mal Glück und sie ist auf der Suche nach einem Unterschlupf in unserer Richtung gelaufen.« »Ihr solltet lieber warten bis morgen früh und dann mit uns gemeinsam gehen! Ihr wisst doch gar nicht mehr wo ihr heute schon gesucht habt … Und selbst wenn; Yachi könnte genau dort jetzt sein! Ihr schafft es niemals alleine das Waldstück zu durchqueren!«, antwortete Yaku, die Stimme voller Sorge. Er hatte es noch nie gemocht, wenn sich die Gruppe aufteilte. Am liebsten würde er die anderen an sich ketten, damit er sie ständig um sich herum hatte. Denn wenn sie sich trennten, waren sie angreifbarer. Doch Hanamaki und Matsukawa legten eine Entschlossenheit an den Tag, die sich von nichts und niemandem aufhalten ließ. »Wenn ihr morgen dazu stoßen wollt, dann fangt einfach an zu suchen – es kann nicht schaden wenn wir manche Orte zwei oder drei Mal absuchen!« Yaku und Kenma wollten dazu noch etwas sagen, aber in dem Moment schwangen sich Hanamaki und Matsukawa bereits über die Leitplanke und verschwanden in der Dunkelheit des Waldes. »Sie werden sie nie finden – dafür haben sie gar nicht den nötigen IQ!«, sagte Kenma spöttisch. Und mit diesen Worten öffnete er die Tür zum Wohnwagen und verschwand im inneren. ɸ »Und du denkst wirklich, dass Yachi den Fluss durchquert hat? Schau dir mal die Stromschnellen an – das hätte sie niemals geschafft!«, sagte Matsukawa skeptisch. »Aber stell dir mal vor ein Schnapper wäre hinter ihr her gewesen? Denkst du nicht, dass sie dann alles Erdenkliche versucht hätte?«, entgegnete Hanamaki herausfordernd. Sie beide warfen dem Fluss erneut nachdenkliche Blicke zu. Aber Matsukawa blieb bei seinem Entschluss. Der Fluss war viel zu breit und zu tief, als das Yachi hätte ohne Hilfe hindurchgehen können. Und sie hatte wohl kaum genug Kraft in Armen und Beinen um gegen die Strömung anzukommen. Schließlich gab auch Hanamaki nach und seufzte. »Okay, dann hat sie den Fluss halt eben nicht hier durchquert, aber wer sagt, dass die Strömung überall so stark ist? Es kann durchaus Stellen geben an denen der Fluss flach und ruhig ist!« Matsukawa stöhnte. »Okay Maki, so kommen wir nicht weiter! Wir können uns nicht darüber streiten, ob sie den Fluss hier oder dort durchquert hat! Wir müssen uns einig werden ob sie überhaupt hindurchgegangen ist und wenn ja, ob wir dann auf der anderen Uferseite suchen sollen oder nicht!« Sie schwiegen, denn sie wussten das Yachi überall und nirgends sein konnte. Es war nicht so, dass sie ruhig an einer Stelle auf Rettung warten würde. Sie bewegte sich um selbst den Rückweg zu finden. »Wir sollten zurückgehen und morgen mit den anderen gemeinsam suchen! Dann hinterlassen wir Hinweise für sie und wenn wir Glück haben findet sie von ganz alleine zurück!« Ganz überzeugt war Hanamaki von der Idee nicht, aber so würden sie nicht weiterkommen. Bevor er seinem Freund allerdings eine Antwort geben konnte, knackte es hinter ihnen im Gestrüpp. Es war ein antrainierter Reflex, dass die beiden sofort zu ihren Waffen griffen und sich umdrehten. »Wer ist da?«, fragte Hanamaki und holte bereits mit dem ersten Wurfmesser aus. Eine Antwort bekamen die beiden nicht, also wiederholte Matsukawa die Frage. »Komm raus oder wir schießen! Wir haben Gewehre und sind ziemlich treffsicher!« »Okay, okay!« Die Person trat mit erhobenen Händen hinter dem Gebüsch hervor und grinste schief. »Hi Jungs!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)