RUN von YukiKano (They never stop catching you) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- »Verdammte Scheiße!« »Was ist los?« »Schau mal nach vorne!« »Ach du heilige Scheiße! Was zur Hölle ist das?« »Ja keine Ahnung, wenn ich das wüsste, wäre ich schon weitergefahren!« Sie schafften es noch genau zwei Meter, dann war mit dem Wohnmobil kein Durchkommen mehr und Kageyama musste den Motor notgedrungen ausmachen. Sofort kamen auch Yachi und Yamaguchi nach vorne. Aus ihren Mündern war etwas Ähnliches zu hören, wie Kageyama und Hinata bereits gesagt hatten. Es dauerte keine zwei Sekunden da hatten sich die vier draußen versammelt. Dem einzigen, dem das herzlichst egal war Kenma, der gelangweilt aus dem Fenster sah und sich fragte, was er mit seiner Zeit besseres anfangen konnte. Direkt hinter dem Wohnmobil hatte ein VW Bus angehalten, aus dem nun Matsukawa, Hanamaki, Yaku und Lev ausstiegen. »Was ist los? Warum fahren wir nicht weiter?«, fragte Matsukawa, während Hanamaki sich auf Zehenspitzen stellte um über die Schultern seines Freundes hinweg schauen zu können. »Wir müssen ein paar von den Fracks wegschieben, sonst kommen wir hier nicht durch und die Straßenseite können wir auch nicht wechseln, weil wir dafür entweder eine Lücke in der Leitplanke suchen müssen oder selbst eine schaffen müssen! Und das würde im Umkreis von fünf Kilometern mit Sicherheit jeden Schnapper anlocken, der hier herum streunert!« »Wie sieht es denn am Stau Ende aus? Es muss ja einen Grund dafür gegeben haben! Konntest du was erkennen?« Kageyama schüttelte den Kopf. Matsukawa seufzte. »Dann würde ich sagen sollen Yachi und Yamaguchi schauen gehen und wir fangen schon mal damit an die Fracks aus dem Weg zu räumen! Vielleicht finden wir ja was Brauchbares!« Kageyama nickte und damit war es beschlossene Sache. Yachi und Yamaguchi wurden mit einer Waffe und etwas zu trinken ausgestattet und machten sich dann auf den Weg zum Stau Ende. Der Rest krempelte die Ärmel hoch und begann die Fracks aus dem Weg zu schieben. Kenma setzten sie aufs Dach des Wohnmobils und ließen ihn Wache halten. Wie diese Gruppe aus Überlenden entstanden war, ließ sich nicht mehr genau rekonstruieren. Begonnen hatte in erster Linie alles mit Kageyama, Hinata, Yachi und Yamaguchi, die sich durch Zufall im selben Flüchtlingscamp befunden hatten. Als dieses von den Schnappern überrannt wurde, gelang es ihnen gerade noch so, die Flucht zu ergreifen. Dabei verlor Hinata seine Schwester und Kageyama seine Mutter, was beide sehr mitgenommen hatte. Doch als sie das überwunden hatten, konzentrierten sie sich vorrangig darauf ein fahrtüchtiges Auto zu finden, in dem sie alle ausreichend Platz hatten. Zwei Wochen waren sie gerade einmal unterwegs gewesen, da waren Matsukawa und Hanamaki zu ihnen gestoßen, nachdem sie von Oikawa und Iwaizumi getrennt wurden. Die beiden wussten nicht mal, ob wenigstens einer von ihnen überlebt hatte. So schlossen sich die beiden Gruppen zusammen und machten sich in ihrem gefundenen Wohnmobil auf den Weg nach Tokio, in der Hoffnung dort Hilfe zu finden. Und auf dem Weg dorthin trafen sie dann auf Kenma, Yaku und Lev. Die drei konnte der Gruppe allerdings nur noch mitteilen, dass Tokio nicht sicher war. Also drehte das vollbeladene Wohnmobil um und suchte in den umliegenden Städten nach einem sicheren Ort, an dem man sich langfristig niederlassen konnte. Denn das ständige Umherfahren, Wache halten und wenig schlafen machte auf Dauer mehr als nur müde. Und noch hatten sie die Hoffnung, dass es irgendwo einen Ort geben musste, an dem sie alle sicher sein würden. Jetzt waren sie hier auf dem Highway in Richtung Süden unterwegs. Und standen vor diesem riesigen Problem. Kageyama seufzte frustriert und legte die Hände auf die Motorhaube eines Kombis. Er warf einen Blick durch die Frontscheibe in den Innenraum des Wagens. Vier stark verweste Leichen befanden sich dort. Eine Familie – zwei Kinder. Überrascht von den Schnappern auf dem Weg in Richtung Sicherheit. Vor Wut drückte er so stark gegen die Karosserie, dass seine Fingerknöchel weiß hervor traten. Es machte ihn immer noch unglaublich wütend, wie nachlässig die Regierung mit dem Ausbruch der Seuche umgegangen war. Zuerst hatten sie es heruntergespielt und so getan als würde die Presse die ganze Situation überspitzt darstellen. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur vereinzelte Ausbrüche „der Krankheit“ in kleineren Städten. Sie sei heilbar, hatten sie gesagt. Es wäre keine Epidemie, hatten sie gesagt. Und nur zwei Wochen brach im ganzen Land, auf der ganzen Welt, dass Chaos aus. Überall wimmelte es von lebenden Leichen, die Menschen fraßen, als wären sie das einzige Gericht was existierte. Die Leute flohen aus ihren Häusern, Kinder wurden aus ihren Schulen evakuiert. Das Mobilfunknetz brach zusammen, der Strom fiel ständig aus. Medikamente wurden knapp und die medizinische Versorgung brach zusammen. Viele Leute starben nicht wegen der Seuche, sondern an Krankheiten die unbehandelt blieben. Die Flüchtlingscamps waren ständig überlaufen. Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Versuchte Zusammenführungen scheiterten an schlechten Kommunikationswegen und an den Schnappern die im Hunger die Konvois überfielen. Einen Monat hielt dieses instabile System aus, danach wurde Krieg ausgerufen und Japan hatte keine Regierung mehr. Es dauerte keine Woche da wurden auch die letzten Flüchtlingscamps überrannt und die wenigen Überlebenden waren von da an auf sich alleine gestellt. Gesetze gab es keine mehr und um das eigene Überleben zu sichern, tat man alles. Menschen machten nicht mal mehr vor anderen Menschen halt. Man war sicherer, wenn man alleine blieb. »Was ist los? Warum stehst du da wie versteinert?« Kageyama erschrak und zog die Hände von der Karosserie weg, als hätte er sich verbrannt. Nervös warf einen Blick über seine Schulter. Hinata stand nicht mal einen Meter von ihm entfernt und sah ihn mit großen Augen und schiefgelegtem Kopf an. Man sah es ihm zwar nicht an, aber er bemühte sich immens darum, nicht durch die Frontscheibe des Wagens zu starren. Hinata ist stark, dass wissen alle aus der Gruppe, aber es gibt Dinge die er nicht verkraftet. Als er das erste Schnapper Kind erschoss, wollte er fast eine ganze Woche lang keine Waffe mehr in die Hand nehmen. Er hätte sich lieber töten lassen, als nochmal jemanden zu erschießen – ganz egal ob Mensch, Tier oder Schnapper. Als Matsukawa mal mit einem geschossenen Kaninchen zurückkam, hätte Hinata sich beinahe übergeben und anschließend hartnäckig dagegen gewehrt auch nur ein Stück davon zu essen. »Ich … ich krieg das Auto nicht weg, es ist zu schwer! Ich schätze er hat den falschen Gang eingelegt!«, sagte Kageyama etwas nervös und versuchte seinem Freund die Sicht zu versperren. Er wollte verhindern, dass sein Freund wieder einen halben Nervenzusammenbruch erlitt. Hinata überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen, nahm die Hände seines Freundes und drückte sie. »Es ist okay – wirklich. Ich weiß, dass es nicht unsere Schuld ist und, dass wir nichts dafür können. Die Fehler haben andere gemacht«, sagte er sich und bemühte sich um ein Lächeln. Doch wie so oft in letzter Zeit missglückte ihm das kläglich. Kageyama lehnte seine Stirn gegen Hinatas. »Ich mach mir nur sorgen um dich! Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Ich will dich nicht verlieren, ich brauche dich um das alles hier zu überstehen!«, sagte er leise aber mit Nachdruck. Hinata lehnte sich ein Stück zurück. Er sah seinem Freund erst tief in die Augen und legte dann die Hände an seine Wangen. »Ich weiß und ich werde auf mich aufpassen.« »Versprochen?« »Versprochen!« Zur Besiegelung ihres Versprechens küssten sie sich. Und obwohl man meinen könnte in dieser Welt wäre es nicht mehr möglich, teilten hier gerade zwei Menschen einen Kuss aus wahrer Liebe. Denn nicht mal eine Apokalypse konnte die Liebe auslöschen. Und genau aus diesem Grund hörten um sie herum alle auf zu arbeiten und bedachten das Paar vor ihren Augen mit einem träumerischen Lächeln. Hanamaki trat an Matsukawa heran. »Ich werde dir jetzt nicht dasselbe Versprechen abringen, aber ich will von dir wenigstens hören, dass du mich liebst!« Sein Gegenüber begann verschmitzt zu grinsen. »Seit wann bist du denn so gefühlsdusselig?« »Seit die Welt ein verdammter Friedhof geworden ist und jetzt hör auf Blödsinn zu reden und schieb weiter! Ich will heute noch fertig werden!« »Willst du es jetzt immer noch hören?« »Nein, Idioten sind nicht fähig zu lieben!« Matsukawas Grinsen wurde noch breiter. Er griff nach den Hüften seines Freundes und zog ihn so dicht an sich heran, dass kein Blatt Papier mehr zwischen sie gepasst hätte. »Ich liebe dich«, flüsterte er die drei kleinen Worte, die für niemand anderes Ohren bestimmt waren. Dann küsste er seinen Freund auf die Stirn, bevor dieser eine blöde Antwort geben konnte. Gleichzeitig dazu, warf Yaku Lev nur einen warnenden Blick zu. »Wage es dich bloß eine Sekunde jetzt das Auto los zu lassen! Sieh zu das wir hier fertig werden, dann kannst du mir später um den Hals fallen!« »Gemeiner Zwerg!« »Ich geb dir gleich Zwerg!« Kenma beobachtete die drei Pärchen vom Dach des Wohnwagens aus und war sehr froh darüber von diesem ganzen Liebesquatsch verschont geblieben zu sein. Es erschien ihm in dieser Welt mehr als Klotz am Bein, als Bereicherung. Aber das musste ja jeder für sich selbst wissen. Er zu mindestens war sehr froh darüber diesbezüglich seine Ruhe zu haben. Am anderen Ende des Karosserie Friedhofs kamen Yamaguchi und Yachi vor einem ausgebrannten LKW, der quer über alle drei Fahrstreifen stand, zum Stehen. Hinter ihm standen drei ausgebrannte Autos, die vermutlich ebenfalls für den Stau verantwortlich waren. Yachi warf einen nervösen Blick über ihre Schulter. »Wir sind jetzt bestimmt an die fünfhundert Meter gelaufen! Wir wären in drei Tagen nicht fertig, wenn wir alle Autos wegschieben würden!« Yamaguchi nickte zustimmend. »Wir sollten zurückgehen und vorschlagen umzudrehen und einen anderen Weg zu suchen. Hier werden wir niemals durchkommen!« Doch gerade, als sie sich auf den Weg machen wollten, hörten sie plötzlich ein Ächzen und Stöhnen. Nervös drehte sich Yachi wieder zu dem Frack um und entdeckte, dass eines der Fahrzeuge ein Loch in die Leitplanke gerissen hatte, durch das nun dutzende von Schnappern strömten. Das Mädchen wollte aufschreien, doch ihr Freund reagierte blitzschnell und hielt ihr den Mund zu. Anschließend dirigierte er sie zum nächsten Auto und übte Druck auf ihre Schultern aus. »Los, unter das Auto! Schnell, schnell!«, sagte er und ging selber in die Hocke. Er schickte Yachi unter das Auto neben sich. Yachi liefen stumm die Tränen übers Gesicht und Yamaguchi versuchte ihr mit einer Geste zu zeigen, dass sie still sein sollte. Er wollte nicht, dass Yachi sie mit einem Schluchzen verriet. Links und rechts schlürften Schnapper an ihnen vorbei. Yamaguchi schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Er hoffte unentdeckt zu bleiben. Aber noch viel mehr hoffte er, dass sich ihre Freunde rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Er versuchte sich abzulenken, zählte die Füße die an ihnen vorbei liefen. 23. 24. 25. Er kniff die Augen zu. Es brachte nichts die Schnapper zu zählen, es waren einfach zu viele. Also zählte er stattdessen die Sekunden, die es brauchte, bis das Ächzen und Stöhnen abebbte, leiser wurde. 183. 184. 185. Als er die Augen wieder öffnete waren weit und breit keine Füße mehr zu sehen, nur Yachi unter dem Auto gegenüber. Ihr liefen noch immer Tränen übers Gesicht. Yamaguchi formte mit dem Mund das Wort ,,Warte“, weil er nichts riskieren wollte. Sie mussten sichergehen, dass keine Schnapper mehr kommen würden, bevor sie sich unter den Autos hervor rollten. 300. 301. 302. Fünf Minuten. Keine Füße. Nur ein leises Ächzen in weiter Ferne. »Warte«, flüsterte Yamaguchi seiner Freundin zu. Er wollte zuerst nachsehen und sie dann holen. Doch Yachi verstand ihn nicht oder hörte ihm nicht zu, denn sie hatte sich bereits halb unter dem Auto hervor gerobbt. Und dann ging alles ganz schnell. Yamaguchi hörte ein Ächzen und sah zwei Paar Füße. Yachi schrie, stand auf und sprang über die Leitplanke. Yamaguchi hörte die Äste der Büsche knacken, sah wie sie den steilen Hang hinab rutschte und dann schließlich aus seinem Sichtfeld verschwand. Die Schnapper dicht hinter ihr. Er wollte ihr folgen, ihr nachrennen, sie beschützen. Doch er hatte zu große Angst, dass ein paar von der Herde umdrehen würden und auch ihn verfolgen würden. Deswegen blieb er unter dem Auto liegen und kniff die Augen wieder fest zusammen. Yachi ist stark, sagte er zu sich selbst, und schnell und schlau. Die Schnapper werden sie niemals bekommen. Doch seine Freundin hatte auch Panik und er wusste nicht mal, ob sie ihre Waffe noch hatte. Nur wie sollte sie sich ohne diese helfen? Yamaguchi hoffte, dass Gott ihm noch einen kleinen Gefallen tun würde! Im selben Moment sah Kenma in der Ferne die ersten Schnapper zwischen den Autos und Lastwagen hervorkommen. »Da kommt eine Herde!«, sagte er und legte sich flach auf das Dach des Wohnwagens. Die anderen warfen sich panische Blicke zu, ehe auch sie unter die Autos krochen die ihnen am nächsten standen. Wo sollten sie auch sonst hin? Kenma versuchte aus seiner Position noch etwas zu erkennen, war aber zu klein, um über den Rand des Daches hinweg schauen zu können. Panik machte sich in ihm breit, während er halbherzig versuchte sich selbst zur Ruhe zu zwingen. Wir wissen genug über diese Viecher, um vor ihnen sicher zu sein, redete er sich selbst ein. Und das war tatsächlich so. Denn sie alle wussten, dass Schnapper in erster Linie auf Bewegungen und Lärm reagierten. Der Geruch war für sie nur zweitrangig, spielte aber in diesem Moment überhaupt keine Rolle. In den herumstehenden Fracks befanden sich immerhin so viele Leichen, dass es bestimmt in einem Umkreis von dreihundert Metern einzig und allein nach Tod und Verwesung roch. Da würden die neun wirklich lebenden Menschen keinen Unterschied machen. Sie wussten auch, dass Schnapper unglaublich einfältige Wesen waren, die weder klettern, noch springen konnten. Wenn sich keiner von den anderen verraten würde, würden die Dinger vermutlich nicht mal auf die Idee kommen, auch unter den Autos nachzusehen. Kenma hoffte, dass keiner von den anderen auf die Idee kommen würde, dass man diese Meute ja auch überwältigen könnte. Für Möchtegernhelden gab es in dieser Welt keinen Platz mehr! Hinata presste sich mit seinem ganzen Körpergewicht an Kageyama. Damit ihm nicht ausversehen ein Schluchzen entweichen konnte, presste er sich selbst die Hände auf den Mund, während Kageyama seine eigenen Arme um den kleinen Körper neben sich legte und beruhigend den Daumen über die Ellbogen kreisen ließ. Matsukawa und Hanamaki sahen sich einfach nur an, erzählten sich wortlos, was sie am anderen am meisten mochten. Und Yaku und Lev hielten sich einfach nur an den Händen, hoffend, dass ihnen so nichts geschehen würde. Yaku schloss die Augen, zählte Wortlos die Sekunden, in denen direkt neben ihm schlürfende Schritte zu hören waren. Jedes Mal wenn ein Schnapper gegen ihr Auto knallte, musste er sich stark zusammenreißen, nicht lauf aufzuschreien und begann von vorne zu zählen. Lev drückte seine Hand immer fester und hatte die andere bereits zu einer Faust geballt. Würde sich eines von den Dingern fallen lassen, um unter das Auto zu gelangen, wäre er bereit. Er würde es zwar aus dieser Position heraus nicht töten können, hatte aber die Gelegenheit sich durch einen Faustschlag etwas Zeit zu verschaffen! Hinata zählte die Minuten die vergingen, seit dem sie schon unter dem Auto lagen. Insgesamt beinahe zehn, bis das Ächzen und Stöhnen weit weg zu sein schien und auch keine Füße mehr zu sehen waren. Doch trotzdem kamen sie nicht unter den Wagen vorbei. Sie wollten ja immerhin nicht die Aufmerksamkeit der Herde erregen, die jederzeit wieder umdrehen konnte, wenn es ihnen im Süden zu langweilig war. Es dauerte geschlagene weitere fünf Minuten, bis Kenma ihnen vom Dach aus leise zu rief, dass die Schnapper verschwunden waren. Unter drei Autos war ein erleichtertes Seufzen zu hören, ehe die sechs jungen Männer darunter hervor krochen und sich gegenseitig in die Arme fielen. So eine Herde hatten die meisten von ihnen noch nie gesehen. Nur für Matsukawa und Hanamaki war das nichts Neues. »Deswegen reist man auch nicht mit so etwas klobigen wie einem Wohnmobil durch die Welt!«, meckerte Hanamaki. »Und Highways sollte man erst recht nicht langfahren, da kommt nämlich meistens genau so etwas bei raus!«, pflichtete Matsukawa bei. »Ja ihr blöden Klugscheißer, das haben wir jetzt auch verstanden«, brummte Kageyama ungehalten und hätte am liebsten die Augen verdreht. Aber das schwächte ja den Gruppenzusammenhalt, hatte Hinata gesagt. Und deswegen würde er sich jetzt auch zusammenreißen – einzig und alleine seinem Freund zu Liebe! Kenma warf noch einen letzten Blick auf die sich teilende Meute und kletterte anschließend das Wohnmobil hinunter. »Wir sollten Yamaguchi und Yachi einsammeln gehen und danach zusehen, dass wir von diesem Friedhof hinunter kommen. Ich will hier nicht sterben und ich glaube, ihr auch nicht!« Zustimmendes Nicken von allen Seiten. Sie entschieden, dass Kenma und Hinata gehen würden, um Yachi zu suchen. Doch als die beiden gerade aufbrechen wollten, tauchte Yamaguchi ganz gehetzt zwischen den PKW auf. Hinata bekam sofort Panik. »Wo ist Yachi? Geht es ihr gut? Wurde sie gebissen? Ist sie verletzt?« »Sie ist weggerannt, weil zwei Schnapper sie entdeckt haben! Sie ist über die Leitplanken gesprungen und im Wald verschwunden?« »Warum bist du nicht hinterher?« Yamaguchi schüttelte weinerlich mit dem Kopf. »Ich hatte Angst und ich wollte bei euch sehen, ob alles in Ordnung ist. Wir haben immer gesagt, dass die Gruppe vor dem Leben eines einzelnen steht«, faselte Yamaguchi. Kenma hatte den Eindruck, dass er gar nicht richtig wusste, was er da eigentlich sagte. »Das heißt wir müssen los und sie suchen gehen!«, rief Hinata in die Runde. Matsukawa und Kageyama warfen sich gegenseitig einen fragenden Blick zu. Für Matsukawa war nach einem kurzen Moment klar, dass er und Hanamaki das kleine Mädchen suchen gehen würden. Denn die beiden, waren die einzigen die auch mit einer größeren Gruppe Schnappern problemlos zu recht kamen. Es war schon damals beim Volleyball so; die beiden konnten hervorragend zusammenarbeiten, ohne ein Wort miteinander zu wechseln. »Hanamaki und ich gehen los – ihr schaut in den Fracks nach Dingen die wir noch gebrauchen könnten und sobald wir Yachi haben, verschwinden wir von hier!«, bestimmte Matsukawa und verschwand gemeinsam mit Hanamaki über die Leitplanke, bevor jemand von den anderen etwas erwidern konnte. Kageyama drehte sich zu seinen Freunden um. »Na dann«, sagte er und klatschte einmal leise in die Hände, »Lasst uns anfangen!« Dieses Mal durfte Yaku auf dem Wohnmobil Wache halten und Kenma musste mit suchen. Doch mehr als ein paar Klamotten und ein paar Packungen zusammengeschmolzener Gummibärchen fanden sie nicht. »Ich frage mich, wo wir sonst auf Lebensmittel stoßen sollen, wenn nicht hier!«, fragte Hinata missmutig und drehte eine Packung Gummibärchen in seiner Hand hin und her. »Wir werden schon was finden, verlier bloß nicht die Hoffnung!«, antwortete Kageyama und bemühte sich um einen liebevollen Blick. Doch das stimmte Hinata am Ende nur noch pessimistischer. »Früher oder später werden wir sie alle aufgeben müssen, weil es nichts mehr geben wird, worauf es sich zu hoffen lohnt!« Er pfefferte die Gummibärchen zurück in den Kofferraum, machte auf der Ferse kehrt und ging zu einem Wagen, der ganz weit weg von den anderen stand. Kageyama wusste, dass sich sein Freund nur Sorgen um Yachi machte und deswegen solche komischen Dinge sagte. Beunruhigen tat ihn das aber trotzdem ziemlich. »Warum suchen wir eigentlich die Kleine? Sollte das nicht ihr Freund selbst tun?«, meckerte Hanamaki und riss einen Ast vom Baum, der ihm im Weg hin. »Sei nicht so gemein, wir gehören alle zu der Gruppe und wir müssen für einander da sein – und die anderen sind für die Schnapper-Jagd ja wohl kaum geeignet!«, antwortete Matsukawa besänftigend und versuchte die Hand seines Freundes einzufangen. Als er sie zu fassen bekam, drückte er einmal kurz zu und zog Hanamaki anschließend zurück und in seine Arme. »Ich hatte gerade verdammte Angst«, flüsterte der Größere, während er die Arme um den Rumpf des Kleineren schlang. »Weil du ein Riesen Baby bist! Die Schnapper waren nicht mal in unserer Nähe! Lev und Yaku müssen mehr geschwitzt haben als wir«, entgegnete Hanamaki, die Stimme voller Spott. Dabei grinste er seinen Freund verschmitzt an. Dieser streckte ihm einen kurzen Moment die Zunge raus, ehe er sich hinab beugte, um seinen Freund einen kurzen Kuss zu stehlen. »Ich liebe dich Maki – merk dir das! Du kannst noch so ekelig zu mir sein, ich lass dich nicht gehen«, flüsterte Matsukawa gegen die Lippen seines Freundes. »Hast du zum Frühstück Shakespeare gegessen? Ist ja ekelhaft«, antwortete Hanamaki grinsend, drückte seine Lippen aber auch noch einmal auf die seines Freundes. Niemand würde ihm dieses Geständnis jemals entlocken können, aber er brauchte Matsukawa, um diese ganze Katastrophe irgendwie zu überstehen und nicht verrückt zu werden. Sie teilten in den darauffolgenden Sekunden einen ihrer wenigen leidenschaftlichen Küsse. An diesen Momenten würden sie niemals einen anderen Menschen teilhaben lassen, denn dass waren die Zeitpunkte, die nur ihnen gehörten. Egal ob Apokalypse oder nicht: Zweisamkeit war ihnen heilig! Und außerdem fanden sie es unästhetisch, sich das Gesicht vor anderen abzulecken. Sie lösten sich voneinander und sahen sich tief in die Augen. »Beschützt du mich?«, fragte Hanamaki. Im Moment war ihm total egal wie kitschig das ganze klang. Er wollte nur von seinem Freund hören, dass er auf ihn aufpassen würde. Matsukawa lachte leise. »Ja Monsterchen, ich pass auf dich auf und jetzt lass uns Yachi suchen gehen, bevor die Schnapper sie zuerst finden!«, antwortete Matsukawa leise. Hanamaki nickte und sie machten sich Hand in Hand auf den Weg. Doch auch als die Dämmerung einsetzte, hatten sie das kleine Mädchen nicht gefunden. Und weil es bei Dunkelheit im Wald zu gefährlich wurde, gingen sie zurück zu den anderen. Diese waren natürlich nicht sehr erfreut über die erfolglose Suche. »Habt ihr euch wenigstens gemerkt, wo ihr überall gesucht habt, damit wir morgen nicht an derselben Stelle nochmal suchen?«, fragte Hinata pikiert. Yamaguchi bekam gar kein Wort mehr heraus, weil er sich schreckliche Vorwürfe machte. Immerhin war es seine Schuld das Yachi jetzt alleine durch den Wald irrte. »Wir sind alles nördlich und westlich von hier abgelaufen! Sie kann also nur nach Osten gegangen sein!«, schlussfolgerte Matsukawa und säuberte seine Doppelschwerter. Schnapper gab es in diesem Waldstück reichlich. Die meisten von ihnen musste flüchtige dieses Karosseriefriedhofs sein. Zu mindestens waren sie so gekleidet. »Da ist ‘nee kleine Stadt! Wenn sie es so weit geschafft hat, findet sie vielleicht wenigstens einen sicheren Unterschlupf für die Nacht!«, fügte Hanamaki hinzu und zählte seine Wurfmesser. Drei hatte er wieder verloren und wenn das so weiter ging, müsste er sich bald eine andere Waffe zu legen. Die Gruppe schwieg, bis Lev herzhaft gähnte. »Das hat doch so alles keinen Sinn!«, sagte er. »Lasst uns schlafen gehen und morgen weitersuchen! Wir sind alle fertig und brauchen etwas Ruhe!« Der Rest der Gruppe überlegte einen kurzen Moment, ehe sie zustimmend nickten. Kenma und Yaku erklärten sich dazu bereit die erste Nachtwache zu übernehmen und der Rest versuchte es sich im Wohnmobil und dem dahinter geparkten VW-Bus gemütlich zu machen. Yaku organisierte aus einem der umher stehenden Fracks zwei Campingstühle, die die beiden auf das Dach des Wohnmobils wuchteten. Sie fläzten sich hinein und öffneten zwei Dosen Limo, die sie heute gefunden hatten. Gemeinsam schwiegen sie eine ganze Weile, bis Yaku sich irgendwann räusperte. »Denkst du die anderen sind noch irgendwo?«, fragte er ohne den Blick vom Sternen übersäten Himmel abzuwenden. Kenma zuckte mit den Schultern. »Wer weiß. Ein paar konnten sich bestimmt retten – ein paar andere werden zu schwach gewesen sein!« »Kuroo?« »Wird bestimmt bei einer blöden, unüberlegten draufgängerischen Idee drauf gegangen sein! Würde mich nicht wundern, wenn er uns irgendwann als Schnapper über den Weg läuft«, antwortete Kenma desinteressiert. Er wusste gut genug, dass man den ehemaligen Kapitän von Nekoma so wieso von nichts abhalten konnte, was er sich einmal in den Kopf gesetzt hatte. »Würdest du ihn töten können?« »Vermutlich schon! Ich schätze, wenn er sprechen könnte, würde er uns sogar darum anflehen!« »Denkst du?« »Klar, so ist Kuroo nun mal: Ein wenig verrückt, aber kein Monster!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)