RUN von YukiKano (They never stop catching you) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Genau genommen lauerte der Tod hinter jeder Ecke. Und das hat er eigentlich schon immer getan. Wenn man es genau nimmt leben wir jeden Tag gefährlich, denn Unfälle geschehen, tödliche Krankheiten können jeden treffen und die Psychopathen dieser Welt werden nie alle eingesperrt werden können. Das heißt, wir könnten theoretisch jeden Tag sterben und waren vor nichts sicher. Den Tod kann man nämlich nicht davon überzeugen, noch eine Weile am Leben zu bleiben. Er nimmt dich mit, wann immer es ihm gerade in den Kram passt. Erbarmungslos reißt er Freunde und Familien auseinander, ist an all diesen Massakern Schuld. Und er wird uns niemals in Ruhe lassen. Er wird uns immer verfolgen. Lediglich seine Gestalt hatte er gewandelt. Denn jetzt ist er nicht mehr unsichtbar und schleicht ungesehen durch unsere Welt. Der Tod sind unsere Freunde, Familienmitglieder oder eben doch Fremde. Sie sterben und leben plötzlich wieder – zu mindestens wenn man das so nennen will. Genau genommen sind es nur wandelnde, willenlose Leichen, getrieben von einem nie verschwindenden Hunger. Sie alle sind der laufende Tod – und sie kommen uns holen! ɸ Es war der letzte reguläre Schultag der Drittklässler. Sugawara wurde beinahe etwas wehleidig als er das Schulgebäude betrat und sich auf den Weg zum Klassenzimmer machte. Er senkte den Kopf, weil die Erinnerungen, die auf ihn einströmten zu gewaltig waren. Nach den Ferien würde er eine Universität in der Präfektur Aichi besuchen, was verdammt weit weg von zuhause war. »Hey Suga – da bist du ja endlich!« Ein wenig erschrocken hob Sugawara den Blick und erfasste Daichi, Asahi und Shimizu, die etwas abseits von allen anderen standen. Sie bleiben hier, dachte Sugawara, sie gehen nicht weg. Daichi und Asahi würden auf eine Universität in Sendai gehen und Shimizu nach Osaki. Sie trennten dann nur knapp 50 Kilometer Luftlinie voneinander. Und Sugawara mehr als 1000 Kilometer. Ein weiterer Grund um traurig zu sein, denn Daichi und ihn würde diese Entfernung mit Sicherheit auseinanderreißen. Sugawara bemühte sich um ein Lächeln, als er an seine Freunde herantrat. »Guten Morgen«, sagte er leise, um umstehende Schüler nicht zu belästigen. Daichi grinste seinen Freund an. »Und bist du aufgeregt? Wir erfahren gleich unsere Prüfungsnoten und morgen werden die Abschlusszeugnisse verteilt. Dann haben wir es endlich geschafft!« Sugawara schluckte. Im Moment wünschte er sich, die High-School würde niemals enden. Die Zeit hier war so unbeschwert gewesen. So einfach. Doch das kommende würde schwer werden. »Ich bin nicht aufgeregt – nur ein wenig nervös«, antwortete er ehrlich. »Was ist, wenn ich nicht bestanden habe und dann ohne euch noch ein Jahr wiederholen muss? Ich weiß nicht ob ich das packe!« Daichi lachte und warf seinem Freund einen verliebten Blick zu. »Du hast für das alles mehr gelernt als jeder andere! Wenn du die Prüfungen nicht bestanden hast, dann wir erst recht nicht!« »Ja, vermutlich hast du recht«, antwortete Sugawara und wandte den Blick ab. Er schaute aus dem Fenster und seine Augen erfassten die Turnhalle. Heute nach dem Unterricht würden sie alle gemeinsam ein letztes Mal trainieren und sich voneinander verabschieden. In eine ungewisse Zukunft. Die Klingel ertönte und die Schüler stürmten ihre Klassenräume. Sugawara nahm es nicht wahr, erst als Daichi sanft an seinem Ärmel zog. »Kommst du Koshi? Der Unterricht beginnt und wir sollten an unserem letzten Tag nicht zu spät kommen!« Sugawara warf noch einen letzten Blick nach draußen, dieses Mal gen Himmel, ehe er seinem Freund in den Raum folgte. Sie setzten sich auf ihre Plätze, holten ein letztes Mal Block und Federmäppchen aus ihren Taschen und drapierten sie auf ihren Tischen. Die Lehrerin rief ein letztes Mal ihre Namen auf und kreuzte ihre Anwesenheit ab. Heute machte sie keinen Unterricht, sie schwärmte von ihrem Studium und der tollen Zeit, die sie auf der Universität hatte. Sie redete von den Leuten die sie dort kennengelernt hatte, dass sie viele Freundschaften dort geschlossen hatte. Alle hingen gebannt an ihren Lippen, außer Sugawara. Der sah aus dem Fenster und starrte den blauen wolkenlosen Himmel an, als wäre er sein schlimmster Feind. Einmal, dachte er, einmal geht die Sonne noch unter und dann bin ich kein Oberschüler mehr, sondern angehender Student. Dann würde sich alles verändern! Sugawara bekam das Klopfen an der Tür nicht mit, auch nicht wie sie alle alphabetisch sortiert drei verschiedenen Gruppen zu gewiesen wurden. Er hörte nicht, was die Soldaten zur Lehrerin sagten, sah nur ihren panischen Gesichtsausdruck. Im nächsten Moment wurde Gruppe 1 nach draußen auf den Flur geführt. Sugawara erhaschte einen letzten Blick auf Asahi, der ihn ebenso panisch ansah. Daichi drehte sich zu ihm um, bemühte sich um ein Lächeln und griff nach seinen Händen. »Es ist alles gut, wir werden in Sicherheit gebracht!« Sugawara wusste noch immer nicht worum es ging oder was passierte. Er ließ es einfach über sich ergehen. »Gruppe zwei«, sagte einer der Soldaten, »Gruppe zwei folgt mir zum Ausgang!« Sugawara sah ihn an. Der Soldat sah aus als würde er jeden Moment in den Krieg ziehen. Er hatte ein Maschinengewehr in der Hand und Handgranaten in seinem Gürtel. Sugawara sagte sich, dass er eingeschlafen war und, dass sein Traum ihm eine Möglichkeit vorgaukelte, der Universität zu entgehen. Sein Gehirn machte ihm vor, dass ein Krieg ausgebrochen war, damit er noch ein wenig mehr Zeit mit Daichi verbringen konnte. Daichi hielt noch immer seine Hand, sagte ihm immer wieder, dass alles gut werden würde. Sie gingen die Flure entlang, vorbei an den Klassenräumen der Erst- und Zweitklässler. Vor den geöffneten Türen hatten sich Soldaten positioniert, sodass Sugawara nichts erkennen konnte. Er hörte panisches Gemurmel und Geflüster. Doch es klang so weit weg, dass er es nur für eine Fata Morgana seines Traums hielt. Sugawara wandte den Kopf um. Direkt hinter ihm lief ein Soldat. Er hielt sein Gewehr im Anschlag und hatte den Blick stur geradeaus gerichtet. Doch Sugawara entging die Panik auf seinem Gesicht nicht. Sie näherten sich dem Ausgang und Sugawara wusste, dass sein Traum gleich vorbei sein würde. Die Klingel würde ihn wecken. Er schloss erwartungsvoll die Augen. Doch als er sie wieder öffnete saß er nicht im Klassenzimmer. Er stand auf dem Schulhof und blickte in einen grauen, wolkenverhangenen Himmel. Dann hörte er es zum ersten Mal; Ächzen und Stöhnen von allen Seiten. Und ihm wurde bewusst, dass er nicht träumte. Was er gerade erlebte, war die pure Realität. Herzlich Willkommen in der neuen Welt! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)