Blutsold von Alaiya (Vampirjagd in New Orleans) ================================================================================ EPILOG: Süß, nicht sauer ------------------------ Es war vor allem Sorge, die Pakhet hatte kommen lassen. Nicht, dass sie diese Sorge zugegeben hätte. Doch hatte sie Skyla das letzte Mal gesehen, als man sie in den Krankenwagen gebracht hatte. Sie hatte keinen Grund gesehen, die Magierin im Krankenhaus zu besuchen. Wahrscheinlich hatte sie eh dafür gesorgt zu einem Heiler gebracht zu werden. Letzten Endes war es nur ein weiterer Job und Skyla jemand, den sie nicht wiedersehen würde. Sie hatte bisher niemanden wiedergesehen, den Michael von außerhalb der Firma angeheuert hatte. Trotzdem fühlte sie eine gewisse Verantwortung für Skylas Zustand. Sie selbst hätte vorher merken sollen, dass etwas nicht stimmte. Sie hätte sich vorher befreien sollen. Wäre Skyla nicht magisch, wäre sie gestorben. Jetzt saß Pakhet in einer Brasserie am Rand der French Quarters. Vor ihr eine breite Tasse schwarzen Kaffees. Ihr Flug zurück nach Südafrika würde am Abend gehen. Sie würde nach New York fliegen und von dort aus nach Joburg. Wahrscheinlich würde sie von Joburg aus mit einem Transportflieger nach Kapstadt zurück. Abwarten. So oder so würde sie in Joburg übernachten, sich nach all dem Scheiß hier vielleicht etwas amüsieren. Für sie war es verhältnismäßig glimpflich ausgegangen. Ein großer blauer Fleck zierte ihr Kinn, ihr Hals sah aus, als hätte eine Raubkatze versucht, sie ihr auszureißen, doch keine der Wunden war tief. Außerdem bedeckten einige große, blaue Flecken ihren Oberkörper. Ihre Weste hatte sowohl Stiche abgefangen, als auch gebrochene Rippen verhindert, hatte aber nicht sämtliche Schläge abfangen können. Es war egal. Sie war schmerzen gewohnt. Ja, sie hatte schlimmeres erlebt. Da. Skyla betrat das Lokal. Ihr Haar hing offen über die Schultern, die heute mit einem schwarzen Pulli bedeckt waren. Der Pullover hatte einen Rollkragen, um ihren Hals zu verdecken. Der obere Rand eines Pflasters war dennoch zu sehen. Kurz ließ sie ihren Blick über die Leute in der Brasserie wandern, ehe sie Pakhet entdeckte. Sie lächelte, ging zu ihr hinüber. Sie setzte sich zu ihr. „Hi.“ „Hi.“ Pakhet war nicht sicher, wie sie reden sollte. Sie redete selten mit Kollegen über etwas anderes als den Job. Eine Frage schien angemessen. „Wie geht es dir?“ „Nichts was ein wenig Magie nicht heilen kann.“ Sie schüttelte den Kopf. „Zum Glück.“ Um einer Antwort zu entgehen hob Pakhet den Kaffeebecher an den Mund, trank. „Du warst nicht bei einem Heiler?“, fragte Skyla. Ihr Blick war an Pakhets Kinn hängen geblieben. „Nein. Nicht hier.“ In Südafrika gab es Heiler, die sie kannte. Dort würde sie sich wohler fühlen. Skyla nickte. „Ich wollte mich bedanken.“ Nun setzt Pakhet den Kaffeebecher ab und sah sie an. „Wofür?“ „Du hättest mich da drin zurücklassen können.“ „Ja. Aber es war mein Job den Vampir zu erledigen. Selbst wenn der Vampir eigentlich keiner war.“ Nicht, dass es die Behörden interessiert hätte. Deren Wissen über diese Details war kaum vorhanden. Am Ende war Derrick für sie nur ein anderer Vampir, wenngleich einer Art, die sie nicht kannten, gewesen. Wirklich falsch war es wahrscheinlich nicht, zumal diejenigen seiner Handlanger, die überlebt hatten, seit seinem Tod sich verwirrt und inkohärent gezeigt hatten. Alles sprach für eine Art Glamour, der über ihnen gelegen war. Skyla musterte sie für zwei, drei Sekunden. „Ja, wahrscheinlich.“ „Du hast Derrick ausgeschaltet, während er versucht hat, deine Kehle durchzuschneiden. Das war beeindruckend.“ Ein Lächeln huschte über das sommersprossige Gesicht. „Meine Talente sind einseitig, aber dahingehend zumindest ausgeprägt.“ Sie senkte den Blick. Ihre Wangen glühten. Wie alt war sie eigentlich? Eine Kellnerin kam zu ihnen hinüber. „Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“, fragte sie Skyla. „Ja. Sicher. Ich hätte gerne einen Latte Macchiato. Und …“ Sie sah zur Theke, an der einige Kuchen ausstanden. „Bringen Sie uns doch zwei Stücke von der Mandeltorte.“ „Sicher.“ Die Kellnerin machte eine Notiz. „Bei Ihnen noch etwas?“, fragte sie dann Pakhet, die nur den Kopf schüttelte. Nachdem die Kellnerin gegangen war, seufzte sie. „Ich weiß die Geste zu schätzen, aber ich esse generell wenig Süßes.“ Skyla lächelte. „Probier es zumindest.“ Pakhet verkniff sich ein Schulterzucken. „Okay.“ Damit schien Skyla zufrieden. Für eine Weile schwieg sie, sah aus dem Fenster. Draußen regnete es. Der Regen hämmerte in dicken Tropfen gegen die Glasfassade der Brasserie, vor der sie saßen. Schließlich gab sich Pakhet einen Ruck. „Was da passiert ist, war meine Schuld. Ich hätte auf dich aufpassen sollen. Aber ich habe mich selbst in eine Falle locken lassen. Das tut mir leid.“ Skyla zuckte mit den Schultern. „Früher oder später sollte das passieren. Es war halt so. Wir sind rausgekommen.“ „Ich frage mich nur, wo der Alte abgeblieben ist“, meinte Pakhet. Denn unter den Typen, die die Polizei später festgenommen hatte, war der alte Mann, der Skyla zuerst in den Kerker gebracht und sich nicht hatte provozieren lassen, nicht gewesen. Eine Sache, die Pakhet noch immer beunruhigte. Sie hatte schon so genug Feinde, zumal sie nicht sicher sein konnte, was er gewesen war. „Hoffen wir, er war genau so kontrolliert …“ Skyla seufzte. Bevor sie das Gespräch fortsetzen konnten, kehrte die Kellnerin mit zwei Tellern und einem hohen Glas für Skyla zurück. Sie stellte alles ab, lächelte dann von der einen zur anderen. „Gibt es sonst noch etwas, das ich Ihnen bringen kann?“ Pakhet schüttelte den Kopf. „Nein. Vielen Dank.“ Skyla nahm ihr Glas, nippte daran. „Du arbeitest von Südafrika aus?“ „Ja.“ Pakhet nickte. Sie beäugte den Kuchen misstrauisch. Ihre Worte von zuvor waren keine Lüge gewesen. Sie mochte nichts Süßes. „Dein Dialekt ist aber Amerikanisch“, meinte Skyla und brachte sie damit ironischerweise auf das Thema zurück, auf das Derrick sie vorher angesprochen hatte. „Ja. Meine Eltern waren Amerikaner“, erwiderte Pakhet. Mehr musste Skyla nicht wissen. Mehr musste niemand über sie wissen. „Verstehe.“ Skyla zog den Teller mit dem Kuchen näher an sich heran. „Und du arbeitest immer allein?“ „Nun, selten allein. Aber halt … Mit Gelegenheitspartnern.“ Was auch immer es interessierte. Skyla lächelte sie an, doch eine Spur von Mitleid lag in ihren Augen. Mit einer Gabel trennte sie ein Stück des Kuchens ab und schob es sich in den Mund, schluckte, ehe sie sprach: „Vielleicht solltest du darüber nachdenken, mit einem Team zu arbeiten. Fest. Ich könnte jemanden wie dich gebrauchen, der mir den Rücken freihalten kann.“ Pakhet seufzte. „Ich komme so schnell aus Südafrika nicht weg.“ Schon gar nicht in die USA. Sie wäre tot, würde sie sich von Michael trennen und hierher ziehen. „Und … Nun, ich denke nicht, dass ich eine gute Performance abgegeben habe. Oder endest du normalerweise in Gefangenschaft von deinem Target?“ „Nein“, erwiderte Skyla. „Aber andere, die darin landen kommen ohne SWAT-Team nicht heraus.“ Pakhet schüttelte den Kopf. „Nein. Ich … Ich gehöre nach Südafrika. Und ich arbeite meistens besser allein.“ Skyla seufzte. „Verstehe.“ Sie trennte ein weiteres Stück Kuchen ab, um es zu essen, hielt dann inne. Sie lächelte amüsiert. „Der Kuchen ist nicht vergiftet, weißt du?“ Pakhet verzog die Lippen zu einem kurzen Grinsen, ehe sie ihre Gabel nahm. Vorsichtig trennte auch sie ein kleines Stück ab und schob es sich in den Mund. „Und?“ Skyla hob eine Augenbraue. Mit einem Schulterzucken nahm Pakhet ein weiteres Stück. „Weniger süß, als erwartet.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)