Wegweiser ins Licht von Cognac ================================================================================ Kapitel 15: Die Rückkehr des Oberschülers ----------------------------------------- Kapitel 15: Die Rückkehr des Oberschülers Nach dem Abendessen zog es Conan vor, sich ziemlich schnell auf das für ihn eingerichtete Gästezimmer zurückzuziehen. Die Stimmung im Hause war äußerst niedergeschlagen. Selbst Kogoro und Eri bekamen sich nicht wie sonst in die Haare, da sie Rücksicht auf ihre Tochter nehmen wollten. Wenn es um ihr gemeinsames Kind ging, dann herrschte zwischen den beiden getrennt Lebenden ein unglaublich starkes Band, wie der Schwarzhaarige schon mehr als einmal feststellen konnte. Conan schloss die Zimmertür hinter sich und überprüfte noch einmal, dass die anderen beschäftigt waren, ehe er zu seinem Bett hinüberging. Er kramte das Handy von Shinichi Kudo aus einer seiner noch gepackten Taschen und wählte zielstrebig eine Nummer aus seiner Kontaktliste. Es klingelte nur kurz bis sein Anruf entgegengenommen wurde. „Hello, Jodie Starling here.“, meldete sich die blonde FBI-Agentin. „Hallo Jodie, ich bin es, Shinichi K…, ich meine Conan Edogawa.“ „Oh Cool Kid.“ Jodie klang erstaunt, aber auch gleichzeitig erleichtert über seinen Anruf. „Wie schön, dass du dich mal meldest. Es ist schon eine Weile her. Ich bin erleichtert, dass du wohl auf bist, nachdem was ich alles so gehört habe.“ Shinichi runzelte die Stirn, was Jodie jedoch nicht sehen konnte, wodurch er gezwungen war nachzufragen. „Hat Akai sie etwa bereits über alles in Kenntnis gesetzt?“ „Oh indeed.“, bestätigte sie. „Da scheint es wohl jemand ziemlich Fanatisches auf dein näheres Umfeld abgesehen zu haben.“ Shinichi nickte, was Jodie ebenfalls nicht sehen konnte, weswegen sie sich darin versuchte sein Schweigen zu deuten. „Ich würde dir natürlich gerne bei dieser Angelegenheit helfen. Nach allem was du für uns getan hast, wäre es das Mindeste, doch ist das leider kein Job für das FBI. Außerdem haben wir unseren Auslandseinsatz in Japan offiziell beendet. Du kannst dich aber auf Shu und seine Fähigkeiten verlassen. Er ist immerhin einer der besten Agents aus unseren Reihen. Mit ihm und auch mit deinem eigenen einzigartigen Verstand mein kleiner Sherlock, wirst du schon herausfinden, wer hinter diesen Anschlägen steckt.“ Conan atmete schwer aus, bevor er etwas erwiderte. „Ich habe bereits eine Ahnung, wer dahinter stecken könnte?“ Jodie spitzte ihre Lauschapparate. „Really? Nun ich bin ganz Ohr.“ „Jodie?“ Seine Stimme klang nicht sehr heiter, vielmehr todernst. „Ist die Organisation wirklich besiegt worden?“ Eine Weile herrschte Funkstille zwischen ihnen. „What? Aber natürlich ist sie das. Of course.“, meldete sich Jodie wieder. „Tja wissen sie, ich bin mir da seit den letzten Tagen nicht mehr so sicher und auch Ai hegt Bedenken, dass die Männer in Schwarz immer noch aktiv sind. Ich konnte zwar bisher ihre Ängste zerstreuen, doch mittlerweile denke ich selbst auch immer vermehrt daran, dass sie Recht haben könnte und das macht mich ziemlich fertig. Schließlich habe ich ihr doch ein friedliches Leben außerhalb jedweder Angst und Furcht versprochen.“ „Shinichi“ Jodies Stimme war urplötzlich so unglaublich warm und weich geworden, dass mit dem Aussprechen seines Namens, er für einen kurzen Moment glaubte mit seiner Mutter zu telefonieren. Sie hatte ihn bisher nur selten Shinichi genannt. „Ich kann all deine Sorgen verstehen und auch die von Ai. Die Organisation ist noch nicht lange von der Bildfläche verschwunden und einige Wenige sind weiterhin auf der Flucht und haben sich höchstwahrscheinlich abgesetzt, doch sind sie keine organisierte Verbrecherbande mehr. Ihr Anführer ist tot und viele hohe Mitglieder folgten seinem Beispiel, anstatt in Gefangenschaft zu gehen. Egal ob sie im Kampf oder durch ihre eigene Kugel den Tod fanden. >Lasse dich niemals lebend erwischen< war ihre Divise. Die die wir dennoch hinter Gitter bringen konnten, sind ausschließlich kleine Fische und Ganoven ohne irgendwelche Prinzipien oder Verbindungen zu höheren Kreisen und damit ohne bedeutsame Informationen für uns. Doch auch diese Leute werden bis zu ihrem Ableben keinen Fuß mehr in die Freiheit setzen.“ Conan nahm seine Brille von der Nase und legte sie neben sich auf das Bett. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, der aber nichts an diesem Gefühl in seinem Inneren verändern mochte. „Es gibt aber so viele große Namen, die einfach von der Bildfläche verschwunden sind und dessen Tod nicht bestätigt werden konnte. Was ist mit Chianti, Korn, Wodka oder gar Gin?“ „Nach ihnen wird weiterhin gefahndet, auch wenn die Wahrscheinlichkeit schwindend gering ist, sie jemals zu schnappen, falls sie wirklich noch am Leben sein sollten. Wenn dem so wäre, würde ihnen nun aber die Macht in ihrem Rücken fehlen und mit Sicherheit wären sie schon längst nicht mehr Japan. Sollten sie in einer solchen Lage es dennoch wagen, irgendwo ihre fiesen Fratzen zu zeigen, so werden sie sich bald in einem der besten Hochsicherheitsgefängnisse der Welt wiederfinden.“ Shinichi vernahm ein Rascheln, als ob Jodie etwas aus einer Akte heraussuchen würde. „Warte mal eben.“, hörte er sie von etwas weiter weg. Das hin und her hantieren der Zettelwirtschaft endete nach kurzem und die blonde Frau am anderen Ende der Leitung räusperte sich, als sie den Höhrer wieder in Händen hielt. „Absinth, Galliano, Arrak, Merlot, Chambord...“, fing sie an aufzuzählen. „Das alles sind Codenamen der mächtigsten Anhänger Anokatas, wie wir anhand gefundener Beweise ermittelt und identifiziert haben. All diese hohen Köpfe sind Teil einer Liste von Organisationsmitgliedern, die erfolgreich unschädlich gemacht werden konnten. Einen größeren Triumph hätten wir uns selbst in den nächsten dreißig Jahren nicht erhoffen können.“ Die Agentin klang äußerst zufrieden und in der Tat, diese ganzen Namen zu hören, die zu Verbrechern gehörten, die nun keine Bedrohung mehr darstellten, war eine Genugtuung. Ein Name allerdings wollte Shinichi partout nicht los lassen. „Was ist mit Cognac?“, fragte er leise. „Das weißt du doch ganz genau. Er ist ebenso tot. Du hast es selbst gesehen“, kam die Antwort, mit der er gerechnet hatte. „Schon, aber ich habe heute in der Schule so ein merkwürdiges Gefühl verspürt, als ob Cognac noch lebt und ER hinter allem steckt.“, erklärte der Schwarzhaarige. „Unmöglich. Nishi Biogen Industries hat den tragischen Tod ihres Chefs vor der gesamten Presse Japans bekannt gegeben. Es hieße zwar er sei bei einem Autounfall gestorben, doch darf man dem Bericht ruhig Glauben schenken. Immerhin hat die Firma an sich und das haben wir aufs Gründlichste überprüft, bis auf die DHFI, die wir –mit der Mithilfe des geretteten Wissenschaftlers von damals- stillgelegt haben, keine Verbindung zur Organisation besessen. Selbst die Japan Finance Bank ist unter neuer Leitung. Niemand wusste oder besser gesagt weiß wer Kanae Nishimura in Wirklichkeit war und das ist, in Anbetracht des zu wahrenden Images der Öffentlichkeit gegenüber, auch besser so. Schlussendlich verbleibt von ihm nicht mehr, als ein Schatten in unser aller Vergangenheit.“ „Er kann untergetaucht sein und immer noch die Strippen ziehen.“, zweifelte Conan ihren Bericht dennoch an. „Du warst doch beim Absturz des Helikopters dabei gewesen. Er ist weg, glaube mir.“, beharrte die blonde Frau. „Sagen sie mal Jodie, wer hat die Firmen Nishimuras denn eigentlich geerbt bekommen?“, unterbrach Shinichi, den Rat der FBI-Agentin ignorierend. Diese seufzte und blätterte nur wiederstrebend in ihren Unterlagen. „Tatsächlich nur eine einzige Person, ihr Name ist Midori Yamaguchi. Sie soll eine enge Vertraute des ehemaligen Leiters gewesen sein und war demnach die erste Wahl, als es um die Nachfolge ging. Das darf ich dir eigentlich alles gar verraten, aber…“ „Haben sie vielen Dank Jodie.“, kam ihr Shinichi erneut zuvor und wollte sich schon verabschieden, doch die Dame vom FBI hielt ihn zurück. „Cool Kid“, mahnte sie ihn. „Ich bitte dich, stelle nichts Unüberlegtes an. Wenn du etwas in Erfahrung bringen willst, dann wende dich an Shuichi, hörst du?“ Shinichi biss sich auf die Zähne, bejahte aber bevor er auflegte. Er ließ seinen Kopf auf das weiche Federbett sinken. Für einen Moment schloss er seine Augen und dachte in Ruhe über Jodies Worte nach. So lag er eine Weile einfach nur da, bis er seine blauen Augen wieder aufschlug, als er Ran im Zimmer nebenan schluchzen hören konnte. Conan richtete sich auf und blickte die Wand an, welche ihn und seine Sandkastenfreundin voneinander trennte. Er hörte wie sie nach Luft schnappte, weil jeder ihrer Atemzüge durch ihre Tränen in schier endloser Traurigkeit ertränkt wurde. Der Geschrumpfte legte seine flache Hand gegen die Wand und seufzte geknickt. Sie tat ihm so unendlich leid. Ran hatte erst, vor noch nicht allzu langer Zeit, die Ablehnung und das erneute spurlose Verschwinden ihres besten Freundes und erste große Liebe Shinichi überwunden. Sie hatte erst seit geraumer Zeit wieder eine neue Liebe erfahren dürfen. Jetzt saß sie da und Conan konnte sie direkt vor sich sehen, wie sie auf ihrem Bett nebenan kauerte und ihren Kummer in aller Stille erduldete, da erneut ein Mensch, der ihr nahe stand, einfach spurlos verschwunden war. Das war alles nicht fair, dachte er sich. Das hatte Ran nicht verdient und er ertrug es einfach nicht länger, dass sie so litt. Wenn er doch nur etwas tun könnte, um ihren Schmerz zu lindern. Egal was. Sein Blick fiel hinab auf sein Handy, das in seinem Schoss ruhte. Er öffnete erneut die Kontakte und scrollte die Liste hinunter, bis er bei ihrem Namen angelangt war. Shinichi hielt inne und starrte einfach nur auf die drei Schriftzeichen. Sein Kopf warnte ihn, dass das keine gute Idee sei und Ai wäre wahrscheinlich derselben Ansicht. Seine Freundin war aber aktuell nicht hier und sein Herz sprach klar und deutlich eine ganz andere Sprache. Ohne weiter nachzudenken wählte er ihre Nummer und hielt sich seinen Stimmentransposer an den Mund. Er hörte es auf der anderen Seite der Wand leise klingeln und das unterdrückte Weinen verstummte. Ran erhob sich und ging einige Schritte durch den Raum. Was dann folgte, war Stille. Nur das fortlaufende Geräusch ihres Klingeltons war zu hören. Sie erkannte wohl den Anrufer und würde bestimmt nicht abheben wollen. Shinichi überlegte ob er doch lieber wieder auflegen sollte, doch dann verstummte das Klingeln und er konnte ihren unregelmäßigen Atem an seinem Ohr hören. „Hallo Ran.“, begann er in seiner alten Stimme. „Ich bin es.“ In der Nacht wühlte sich der geschrumpfte Detektiv unruhig hin und her. Er hatte keinen Albtraum oder ähnliches, doch er schwitzte fürchterlich und seine Atmung war hektisch und gebrochen. Conan riss die Augen auf, als er aus seinem Schlaf erwachte. Sein Herz schmerzte fürchterlich. Es kam ihm vor, als würde er ersticken. Seine Lungen wollten dem Willen ihres Besitzers plötzlich nicht mehr gehorchen. Er riss die Bettdecke von sich, hob den Kopf nach oben und rang verzweifelt nach Sauerstoff. Ein schwerer Stich in seiner Brust ließ ihn zusammenfahren. Er krümmte sich vor Qualen und versuchte durch eine andere Haltung diese irgendwie zu mindern, in der Hoffnung es würde gleich vorbei sein, egal was es war, doch nichts wollte helfen. Das Gefühl der sich aufstauenden Hitze in seinem Körper wurde immer größer und ein ihm wohlvertrauter Aussetzer sorgte dafür, dass alles vor seinen Augen verschwamm. Das konnte doch unmöglich…. Nein. Das kann nicht, dachte sich Shinichi panisch und presste sich die Hände auf den Mund, um nicht laut loszuschreien. Die Symptome waren jedoch eindeutig und er hatte keinen Zweifel mehr, was mit ihm geschah, als seine Knochen zu brennen begannen und seine Muskeln zu zerreißen drohten. Mit letzter Kraft schob er sich aus dem Bett und streifte seine Schlafsachen ab, bevor diese durch das Heranwachsen seines Körpers zu klein werden würden. Nackt lag er nun auf dem Fußboden und erlitt einen Wachstumsschub nach dem nächsten und jedes Mal wurde seine Pein schlimmer. Conan befürchtete wieder in Ohnmacht zu fallen, doch hörte der Schmerz auf, ehe es so weit kam. Seine Organe, die bis eben noch durch seinen Oberkörper gejagt sind, kamen wieder zur Ruhe. Tief atmete der Jugendliche ein, da seine Schnappatmung sich legte und es ihm endlich wieder möglich war Luft zu holen. Sein ganzer Körper fühlte sich dennoch unnatürlich heiß an und als er die Hand vor seine Augen führte, konnte er leichte Dampfschwaden sehen, die seine Poren verließen. Sobald Shinichi sich wieder etwas rühren konnte, drehte er sich auf den Bauch und zog sich über den Boden hinüber zu dem großen Wandspiegel. Er stöhnte schwer. Jeder Zentimeter zerrte an seinem geschwächten Körper, doch er musste sich vergewissern. Er presste die Hände gegen das Glas und stemmte sich so gut er konnte nach oben, um sich selbst betrachten zu können. Das Antlitz eines Oberschülers mit nassen schwarzen Haaren und einigen Strähnen, die ihn im Gesicht klebten, trat zum Vorschein. Es war Shinichi Kudo den er da vor sich sah. Wie konnte das nur sein? Seine Arme gaben nach und er glitt mit der Schulter die Schrankwand hinab. Er lehnte seinen Kopf gegen das glatte Holz. Seine Augen waren glasig und desorientiert. Was war mit ihm nur passiert? Zu vernehmende Schritte ließen ihn aufhorchen. Jemand fing an, auf leisen Sohlen, durch den Flur zu gehen. Shinichi versuchte aufzustehen, doch der Verwandlungsprozess hatte in so ausgelaugt, dass er nur zwei Schritte nach vorne stolperte, ehe er lautstark auf den Fußboden knallte. Die Schritte stoppten. Der Oberschüler keuchte schwer vor Erschöpfung, doch trotzdem konnte er das zögerliche Klopfen an seiner Zimmertür hören. „Conan? Alles in Ordnung bei dir?“, vernahm er Rans vorsichtige Stimme. Nein Ran, bitte komme nicht rein, flehte Shinichi innerlich und kämpfte sich bis zur Bettkante vor. Er musste schnell etwas unternehmen und seinen Stimmentransposer zu fassen kriegen. Das Fräulein Mori drehte den Türknauf und die Schlossfalle wurde eingezogen. Zeitgleich hievte sich Shinichi zurück auf die Matratze und verkroch sich unter die Bettdecke, seine Fliege dabei im Anschlag. Es war so dunkel, dass er die Rädchen auf dem Transposer kaum erkennen konnte, doch da seine Stimme als Shinichi noch eingestellt war, gelang es ihm, dank der Geräusche, dass das verstellen der Räder erzeugte, die Stimme von Conan auszuwählen. Er war sich ziemlich sicher, dass es die Richtige sein musste, doch es zu überprüfen war er nicht in der Lage und genug Zeit dafür besaß er auch nicht. Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und das Licht aus dem Flur drang hinein in sein Zimmer. Ran steckte ihren Kopf in den Raum und Shinichi hielt den Atem an, als er ihren Blick spürte. „Conan?“, fragte sie erneut. „Alles okay Ran. Mir geht es prima.“, erklang zu Shinichis Erleichterung die erhoffte Stimme seines Grundschul-Ichs, als er ihr durch den Stimmentransposer antwortete. „Was war das eben für ein Krach gewesen?“, flüsterte sie besorgt, kam aber nicht näher, sondern verblieb in ihrer Position an der Tür. „Ähm, das i-ich… ich habe nur schlecht geträumt und dabei ausversehen meine Thermoskanne vom Nachttisch gestoßen. Ich hätte sie wohl besser dort nicht abstellen sollen.“ „Bist du dir sicher? Das klang ganz komisch, so als wäre…“ Sie wollte näher kommen, aber Shinichi hielt sie auf. „BITTE Ran, der Tag gestern war sehr hart. Das was in der Schule passiert ist… ich brauche ein wenig Ruhe.“, bat er sie eindringlich. Ran Mori zögerte, doch sie zeigte Verständnis für seinen Wunsch allein zu sein. Sie hatte genauso einen harten Tag hinter sich und konnte erahnen, wie sich ihr kleiner Bruder fühlen musste. Das war überhaupt der Grund, wieso sie noch umher schlich. Sie bekam kein Auge zu bei ihren Gedanken an Amuro. „Versuche noch etwas zu schlafen.“, war Rans mütterlicher Vorschlag. „Du musst morgen früh raus.“ „Ist gut.“, bestätigte Shinichi, seine Stirn von Schweißperlen übersät. „Gute Nacht Ran.“ „Gute Nacht Conan. Ich habe dich lieb.“, hauchte sie und verblieb noch einen Moment, ehe sie die Tür hinter sich leise wieder schloss. Shinichi war völlig erledigt und nervlich so ziemlich am Ende. Er hatte keine Ahnung was schief gelaufen war. Eigentlich widersprach das doch alldem, was ihm Ai über den Prototyp Zero erzählt hatte. Sie sollten nie mehr in der Lage sein ihre alten Körper zurückzuerlangen und dennoch war genau das eingetreten und sogar ohne die Einnahme des Gegengiftes. Er besaß das Gefühl, als würde er langsam davon treiben, wie ein Schiffbrüchiger, der sich an Treibgut klammerte und von der Strömung mitgerissen wurde. Shinichi bewegte sich eine Weile nicht, fühlte sich allmählich aber wieder stärker und es gelang ihm sich sicher auf seine großgewachsenen Beine zu stellen. Ihm war klar, er musste hier raus und irgendwie zum Haus des Professors und zu Ai gelangen, ohne dass ihn einer der Moris zu Gesicht bekommt. Wenn jemand hierfür eine Antwort hat, dann war es seine Freundin. Außerdem brauchte er Sachen zum Anziehen. Er wickelte sich provisorisch ein Laken um und schlich zur Tür. Mit Bedacht spähte er hindurch, schaute nach links und anschließend nach rechts. Niemand war zu sehen und nichts rührte sich. Es war mucks Mäuschen still geworden, seitdem Ran wieder in ihrem Zimmer verschwunden war. Shinichi huschte durch den schmalen Gang an ihrem Schlafzimmer und dem von Eri vorbei. Im Wohnzimmer fand er einen schnarchenden Kogoro vor, welcher friedlich auf der Couch schlief. Auf Zehenspitzen schlich Shinichi auf diesen zu. Der Suffkopf war gezwungen stets auf der etwas harten Garnitur zu übernachten. Die einzige Alternative wäre Eris Bett zu teilen, was aber keine Option darstellte. Die Augen des Oberschülers hingen an Kogoros Schnauzbart, wie dieser sich beim Schlummern auf und ab bewegte. Mundwasser tröpfelte dem Alten aus der Futterluke und das Kinn hinunter. Shinichi war so auf ihn fixiert, dass er ungewollt mit seinem Fuß gegen einen der Stühle stieß, was einen kurzen dumpfen Laut erzeugte. Wie festgefroren und starr vor Anspannung wagte es der Oberschüler sich nicht zu rühren. Er hatte allerdings die Gunst auf seiner Seite, denn Kogoro schien einen festen und gesunden Schlaf zu haben. Der einzige der heute mit einem solchen Glück gesegnet war. Genüsslich schmatzend drehte sich Mori auf die Seite und Shinichi konnte ungehindert seinen Weg fortsetzen. Er griff sich die Anzugshose des schlafenden Detektivs, die über der Lehne von einem der Sessel lag. Es war nicht viel, aber besser als nichts und er könnte so zumindest nach draußen. Kaum hatte er sich das Beinkleid seines Onkelchens angelegt, verließ er auch schon Eri Kisakis Wohnung. Shinichi sah sich im leeren Hausflur um. Er wäre wohl einmal mehr auf Masumis Hilfe angewiesen. Sie könnte ihn zu Ai fahren und so würde er es vermeiden, unnötige Aufmerksamkeit gegenüber seiner Person zu erwecken. So eilte er zügig zur Wohnung von Sera und klopfte leise an die Tür. Als nichts zu hören war, klopfte er erneut, diesmal etwas lauter. Es dauerte ein Weilchen, aber schließlich öffnete ihm Sera verschlafen und die Augen reibend die Tür. Sie war barfuß und trug nur ein Nachthemd und eine kurze Schlafhose. Ihre Haare waren obendrein ganz zerzaust. „Shinichi was machst du hier? Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Er sah sie abwartend an und Masumi brauchte eine Sekunde bis es in ihrem Kopf klick machte und sie hellwach auf der Matte stand. „SHINI…“, wollte sie seinen Namen lauthals herausschreien, sodass der Oberschüler gezwungen war, ihr den Mund zuzuhalten. Er legte den Zeigefinger an seine Lippen und wartete ein Nicken Seras ab, bevor er seine Hand wieder runternahm. „Ich verstehe das nicht.“, flüsterte die junge Frau mit den grünen Augen verwirrt. Gleichzeitig lief sie unweigerlich rot an, immerhin stand Shinichi mit nicht mehr als einer Hose vor ihr, sodass sie ungehindert seinen freien Oberkörper zu Gesicht bekam. „Oh schön da sind wir ja schon zu zweit.“, zischte dieser schlecht gelaunt. Ein wenig peinlich war ihm die Situation aber ebenfalls und so färbten sich auch seine Wangen rot. „Warum bist du denn auf einmal wieder groß?“, stammelte Sera und wusste nicht so recht, wohin sie schauen sollte. „Ich. weiß. es. auch. nicht.“, versuchte Shinichi es ihr, so geduldig wie möglich, klar zu machen. „Egal was kaputt ist, ich muss zu Ai damit sie sich den Schlamassel mit eigenen Augen ansehen kann, doch brauche ich dafür deine Hilfe Masumi.“ Er sah sie hoffnungsvoll an. „In Ordnung.“, kam sie seiner Bitte nach. Natürlich würde sie ihn nicht einfach so vor ihrer Tür stehen lassen. An wen sollte er sich denn sonst wenden, wenn nicht an sie. „Überlass das mir, doch kannst du in dem Aufzug nicht nach draußen.“ Sie verwies auf seine spärliche Bekleidung. „Warte einen Moment, ich hole dir was zum Überziehen, werfe mir selbst auch schnell etwas über, hole meinen Schlüssel und dann fahre dich.“ Sie flitzte zurück in ihre Wohnung, ließ die Tür aber offen. Shinichi atmete erleichtert auf. Es gab nichts auf der Welt, gegen das er Masumis kulante Art und Weise eintauschen würde. Ohne sie stecke er jetzt ordentlich in der Tinte. Er schielte kurz in die Wohnung hinein, als er aus dem Augenwinkel etwas schemenhaftes in Kindergröße bemerkte, das aber genauso schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war. Nach fünf Minuten war Sera wieder bei ihm. Sie hatte sich eine ihrer Trainingsjacken unter den Arm geklemmt und warf diese Shinichi zu. Während er das Oberteil anzog, schloss Masumi die Tür vorsorglich hinter sich ab und wedelte anschließend mit ihrem Motorradschlüssel vor Shinichis Gesicht herum. „Gehen wir.“, meinte sie bestimmt und schritt Richtung Fahrstuhl. Sie fuhren ganz nach unten und bewegten sich bedachtsam durch die Lobby, um zu Seras fahrbaren Untersatz zu gelangen. Der Sitz des Hauswartes war nicht besetzt, was bei der Uhrzeit auch nicht verwunderlich war. Shinichi hielt beim Laufen den Bund von Kogoros Hose mit einer Hand fest, da sie deutlich zu weit für seine schlanke Statur war und sie ihm sonst herunterrutschen würde. Einen solchen heruntergelassenen Anblick wollte er Sera tunlichst ersparen. Sie verließen das Wohnhaus über den Haupteingang, ohne dabei zu bemerken, wie der -für abwesend gehaltene- Hauswart, von der Tür des Treppenhauses aus, um die Ecke lugte und ihnen mit geschlossenen Augen nachlächelte. Shinichi wartete auf dem Gehweg vor dem Wohngebäude und hüpfte von einem Fuß auf den anderen, da er nichts außer ein paar Pantoffeln trug und die Nacht eine ziemlich kühle Brise mit sich führte. Die ersten Anzeichen für den nahenden Herbst. Masumi fuhr mit ihrer Yamaha vor und wies dem Oberschuldetektiv an aufzusteigen. Als er hinter ihr auf dem Motorrad Platz nahm, drückte sie ihm einen Helm in die Hand, welchen er sogleich aufsetzte. Shinichi reagierte allerdings verblüfft, als Sera, ihr Augenmerk nach vorne gerichtet, mit einem Arm nach hinten Griff und seine Hände an ihre Hüfte führte. Der Schwarzhaarige wurde rot und sah sie ein wenig verunsichert an, doch Masumi beruhigte ihn. „Ich will dich nur nicht unterwegs verlieren. Halte dich also gut fest.“, riet sie ihm und fuhr los und bei dem Zahn, den sie drauf hatte, musste Shinichi sich in Acht nehmen, sich nicht zu sehr an seine Fahrerin zu klammern. Zwanzig Minuten später kamen sie an der Villa Agasa an. Zu Shinichis Erstaunen brannte noch das Licht im Wohnzimmer, obwohl es drei Uhr morgens war. Warum war der Professor denn so spät noch wach? Er stapfte zur Haustür und betätigte die Klingel. Sera folgte ihm. Als sie sich hinter ihm positioniert hatte, wurde ihnen die Tür geöffnet, nur stand nicht wie zu erwarten der Professor in der Schwelle um sie in Empfang zu nehmen. Shinichi und Masumi fiel die Kinnlade hinunter als eine hübsche junge Frau mit rotblonden Haaren vor ihnen stand. Shiho verschränkte die Arme vor der Brust und machte einen unzufriedenen Eindruck. „Ich habe mich schon gefragt, wann ihr endlich auftaucht.“, gab sie sich schnippisch und sah an Shinichi hinunter. „Wie du selbst schon bemerkt haben solltest, haben wir ein kleines Problem.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)