Date von lunalinn (Ayato x Hinami) ================================================================================ Kapitel 1: Date --------------- Manchmal kam er sich selbst lächerlich vor, wie er in diesem mäßig besetzten Café saß und den Blick einfach nicht von ihr lösen konnte. Still beobachtete er, wie sie die Finger geradezu liebevoll über den dunkelgrünen Einband ihrer neuen Errungenschaft gleiten ließ, ehe sie noch einmal die Kurzbeschreibung auf der Rückseite überflog. Ein sanftes Lächeln umspielte dabei ihre Lippen, während in ihren braunen Augen regelrecht die Vorfreude funkelte. Es brachte ihr hübsches Gesicht mit den weichen Zügen noch mehr als sonst zum Strahlen…und es ließ sein bescheuertes Herz höher schlagen. Am liebsten hätte er sich selbst eine verpasst, doch vorerst bemühte er sich, sie nicht allzu offensichtlich anzustarren und gelegentlich einen Schluck von seinem Kaffee zu nehmen. Es zuckte ihm in den Fingern, als ihr eine karamellfarbene Strähne ihres schulterlangen Haars ins Gesicht fiel, auf der Seite, wo sie die geblümte Spange nicht trug. Karamellfarben? Wie kam er eigentlich auf sowas? Er mochte Karamell nicht mal. Natürlich nicht. Kein Ghoul der Welt mochte Karamell oder anderen menschlichen Fraß – Kaffee zählte nicht. Während er abermals an seiner Tasse nippte, strich sie sich die störende Strähne beiseite, anscheinend immer noch vertieft in ihr neues Buch. Wie konnte man von Worten und Papier bloß so begeistert sein? Das war nie sein Ding gewesen…aber gut, sie war schließlich Lehrerin. Eine sehr beliebte noch dazu, wenn er an all die Blagen dachte, die stets gebannt an ihren Lippen hingen. Moment, tat er nicht gerade dasselbe? Just in diesem Moment sah Hinami auf, begegnete seinem Blick direkt und er verschluckte sich am Kaffee. Hustend setzte er die Tasse mit mehr Schwung als nötig ab, woraufhin ihm die schwarze Suppe auf die Finger tropfte, was es noch schlimmer machte. Zischend zog er die Finger zurück, während sich seine Haut schlagartig erhitzte – Luftmangel und Scham. Scheiße… „Geht es, Ayato?“ Er hustete noch einmal und hielt sich die verbrannte Hand vor den Mund, winkte mit der anderen ab, um zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Besorgnis lag in ihrem Blick, was es nicht besser machte, schließlich blamierte er sich gerade schon zur Genüge. Konnte sie nicht einfach wieder ihr Buch anstarren? Scheiße. „Ja, alles gut“, murrte er finster und ließ die schmerzende Hand sinken. „Lass mal sehen…“ Ehe er sich versah, lag das Buch auf dem Tisch und ihre Finger berührten seine Haut. Erneut kroch ihm die Hitze in die Wangen, breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Vorsichtig drehte sie seine Hand, besah sich die gerötete Haut kurz. Ihre Finger fühlten sich warm und weich an…und zerbrechlich. Wenn man bedachte, wie viel Kraft in ihrer außergewöhnlichen Kagune steckte, war das kaum zu glauben. „Wenn du es kühlst, tut es nicht mehr so weh.“ Ayato konnte ein abfälliges Schnauben nicht unterdrücken. „Ich bin kein Jammerlappen, du Idiot“, maulte er eingeschnappt, woraufhin sie schmunzelte. Egal, wie rau er sich ihr gegenüber verhielt, sie schien es ihm nie übelzunehmen. Meistens belächelte sie seine Kommentare, wohingegen Touka ihm längst eine Kopfnuss verpasst hätte. Wenn du ein Mann sein willst, dann hab endlich die Eier, ihr zu sagen, dass du sie magst, Herrgott noch mal! Die Stimme seiner Schwester hallte unweigerlich in seinen Gedanken wider und er konnte nicht anders, als gequält das Gesicht zu verziehen. Was wusste die schon…Kaneki konnte man wohl kaum mit Hinami vergleichen. Der Typ hatte ihm damals ihretwegen 103 Knochen gebrochen; dass sie von dem keinen Korb zu erwarten hatte, war doch klar. Blöde Klugscheißerin. „Wie du meinst“, holte ihn Hinami zurück in die Gegenwart. Mit Bedauern stellte er fest, dass sie seine Hand nun losließ, auch wenn er sich in der nächsten Sekunde dafür den heißen Kaffee über den Kopf gießen wollte. Das konnte nicht normal sein, immerhin kannten sie sich seit Jahren und nie hatte sie ihn dermaßen nervös gemacht. Andererseits waren sie zum damaligen Zeitpunkt bloß Kollegen bei Aogiri no ki gewesen. Anfangs hatte er sie nicht mal leiden können, weil sie so viel herumgeheult hatte. Er hatte sie für einen Schwächling gehalten, erst später erkannt, wie stark Hinami wirklich war – und das nicht nur aufgrund ihrer Kagune. Man konnte sie nicht mit ihm vergleichen, denn sie waren wie Tag und Nacht. Zog sie ihn deswegen so an? Ayato wusste es nicht, doch ändern konnte er diese Tatsache nicht. Wollte er auch nicht. Wenn es nur leichter gewesen wäre, ihr mitzuteilen, was er über sie dachte…und fühlte. Dieser emotionale Dreck war nicht seins. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er praktisch durch sie hindurchstarrte, während sie ihn mit schief gelegtem Kopf betrachtete. Das Buch lag weiterhin unangetastet auf der runden Tischplatte, neben ihrer Kaffeetasse samt Unterteller. Oh… „Du weißt, dass du mit mir reden kannst?“ „Eh…“ Verdutzt blinzelte er einige Male, nicht sicher, was sie ihm damit sagen wollte. Wieder dieses Lächeln und er fragte sich, wie viel Verständnis und Freundlichkeit ein Ghoul aufbringen konnte. Wäre er an ihrer Stelle gewesen, er hätte sich längst angeschnauzt, dass er das Maul aufmachen sollte. Nun, wie bereits bemerkt, Hinami war nicht wie er. „Das letzte Mal warst du auch so unruhig“, sprach sie weiter. „Dich bedrückt doch etwas.“ Manchmal vergaß er, wie feinfühlig diese Ghoula war, und gerade missfiel es ihm. Er war noch nicht so weit, sich zu überwinden. Was sollte er denn sagen? Und vor allem wie? Und was, wenn er nur ein Freund für sie war? Zwar lud sie ihn häufig ein, mit ihr gemeinsam durch die Läden zu stöbern, wie sie es ausdrückte, aber Freunde machten sowas halt…glaubte er. Auf keinen Fall wollte er sie in die Verlegenheit bringen, ihn abzuweisen…und er selbst hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. „Schwachsinn“, brummte er daher mürrisch. „Bildest du dir ein.“ Obwohl seine rechte Hand noch leicht brannte, schloss er beide um das weiße Porzellan der Tasse. Hinamis Kulleraugen fixierten ihn immer noch, was deutlich machte, dass sie sein Knurren nicht abschreckte. Ihm entging jedoch nicht, wie ein Schatten über ihre Züge huschte…war das Enttäuschung? Er würde nie vergessen, wie sie unter Tränen gemeint hatte, dass sie sein zorniger Ausdruck an Touka erinnerte. Dieses schrecklich traurige Lächeln damals…es hatte etwas in ihm gerührt. Vielleicht hatte es da schon begonnen, aber sie waren beide Kinder gewesen und auch später war so vieles wichtiger gewesen. Nun war eine Art Waffenstillstand erfolgt…Ayato wollte es nicht Frieden nennen, dazu war alles zu frisch und an endgültigen Frieden glaubte er sowieso nicht. So viel war passiert…und als er darüber nachdachte, kam er sich noch alberner vor. Was, wenn es erneut Krieg gab...oder wenn irgendein hasserfüllter Ermittler auf eigene Faust Selbstjustiz ausübte? Was, wenn Hinami etwas zustieß und er nicht mal versucht hatte, ihr begreiflich zu machen, was er für sie empfand? Natürlich würde er sie jederzeit beschützen, sofern er in der Nähe war. Wobei er das ja wollte…bei ihr sein. Oft. Öfter als momentan. Vielleicht…so ein Mist… „Wie du m-“ „Ich will ein Date!“ Ihm fiel erst auf, dass er sie fast schon angebrüllt hatte, als die Worte seinen Mund verlassen hatten. Er hatte sich vorgebeugt, die Hände auf die Tischplatte geknallt und starrte sie an. Ihre haselnussbraunen Augen weiteten sich, wirkten dadurch noch etwas runder, und ein dezente Röte legte sich auf ihre Wangen. Kein Laut kam über ihre Lippen, obwohl sich diese leicht öffneten, und mit jeder Sekunde glaubte er, gleich im Boden zu versinken. Ein Rudel Mädchen von einem der Nebentische ließ albernes Kichern vernehmen und am liebsten hätte Ayato sie mit seiner Ukaku Kagune zerfetzt. Wahrscheinlich reichte schon die Erkenntnis, dass er ein Ghoul war, um sie kreischend in die Flucht zu schlagen. Waffenstillstand hin oder her, die meisten Menschen fürchteten sie nach wie vor. Er zwang sich, sich wieder auf Hinami zu konzentrieren und seine unbeherrschte Aktion…nachvollziehbarer zu gestalten. „Also…ich meine…mit dir. Ich…will mit dir ausgehen – ich weiß, wir gehen schon aus und so. Aber…ach, Dreck, du weißt schon! Ich…meine anders…ein Date eben!“ Sie sah ihn immer noch auf eine Weise an, die er nicht deuten konnte, so dass er sich weiter verhaspelte. Was tat sie ihm an… „Wenn…du das nicht willst, dann ist das okay für mich…also…ich meine, du musst nicht. Kein Stress und…sag einfach was, okay?! Ich krieg grade ne Kriese…das nervt. Sag’s und gut ist. Ich kann das ab…ist ja nicht so, als ob-“ „Uhm…na ja…“, unterbrach sie ihn zögernd und wich seinem Blick plötzlich aus. Das war kein gutes Zeichen, oder? So viel verstand sogar er und Beklemmung breitete sich in seiner Brust aus. Ihre Wangen färbten sich noch etwas dunkler, während sie die Finger der rechten Hand an den Mund legte, dabei immer noch zur Seite sah. War es so schlimm, was er gesagt hatte? Er würde Touka für ihren dämlichen Rat vierteilen… „Eigentlich…dachte ich, dass...wir das schon tun…“, nuschelte sie und er stutzte. „Eh…“ „Ausgehen, meine ich“, fügte sie an und sah ihn wieder an. „Miteinander.“ Erst jetzt, als sie die Hand sinken ließ, erkannte er das verlegene Lächeln, das ihre Lippen umspielte. Die Worte sickerten bemerkenswert langsam durch seinen Verstand, ergaben nicht sofort Sinn. Eines war allerdings klar; er war ein Vollidiot. „Oh…“ „Weißt du, ich mag dich sehr, Ayato und…du mich ja anscheinend auch, nicht wahr?“, hakte sie vorsichtig nach. „...sieht so aus.“ Das war nach seiner oberpeinlichen Ansage ja wohl keine Frage mehr. Davon durfte niemals jemand erfahren…aber Hinami war verschwiegen. Musste sie sein. „Das freut mich.“ Da war es wieder, dieses Lächeln, das sein Herz rasen ließ und seinen Verstand benebelte. Sowas brachte wirklich nur Hinami fertig…nur sie konnte solche Dinge aussprechen und ihn damit berühren. Schnulzig, ja, aber nicht zu ändern. Musste ja keiner wissen, was ihm so durch den Kopf ging. Als sich seine eigenen Mundwinkel hoben, konnte er das ebenfalls nur ihr zuschreiben. War das normal, dass man in so einer Situation debil lächelte? Er war wirklich hoffnungslos verloren. Als er eine Weile später mit Hinami das Café verließ, Seite an Seite, überwand er sich, nach ihrer Hand zu greifen. Ihre zierlichen Finger verhakten sich, ohne zu zögern, mit den seinen, übten für einen Moment sanften Druck aus. Ayato konnte nicht beschreiben, wie unglaublich gut sich das anfühlte, obwohl er Händchenhalten stets albern gefunden hatte. Mit Hinami war es nicht albern, sondern richtig…und als sie sich plötzlich an ihn lehnte, durchfuhr ihn ein angenehmes Kribbeln, das er mit jeder Faser seines Körpers spürte. Das erste, was ihm dazu einfiel, war Glück. Er fühlte sich glücklich in ihrer Nähe und so etwas hatte er lange nicht empfunden. Nicht auf so eine intensive Art…und zum ersten Mal verstand er, was seinen Vater damals bewogen hatte, all diese Ermittler zu töten. Wenn er sich vorstellte, Hinami zu verlieren…aber das würde er nicht. Niemals wieder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)