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Ein süßer Groupie

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das Kapitel passt sehr schön, weil ich selbst gerade vom Dir en Grey Konzert komme. Es war einfach traumhaft nur leider war es viel zu kurz. Die Jungs sind so wudervoll und ich bin noch immer ein bisschen verzaubert <3.
Dann wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So ihr Lieben, es geht weiter und was ist schöner an einem verregnetem Sonntag bei einem warmen Tee gemütlich in der Wohnung zu sitzen und sich Geschichten auszudenken ;). Dann euch noch ein schönes Restwochenende und viel Spaß mit dem Kapitel. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich möchte hier vorweg sagen, dass ich ein bisschen mit mir gehadert habe, ob ich das Kapitel wirklich "zwei Freaks" nennen soll, da viele in einem Freak ja etwas schlechtes sehen, doch meine Intention ist genau das Gegenteil. Natürlich wird man eher als "Freak" beschimpft, doch ich finde es deutet auch darauf hin anders zu sein und, dass es schön und besonders sein kann anders zu sein. Ich bin nur dann stark, wenn ich auch bereit bin den kleinen "Freak" in mir zu akzeptieren und mal ganz ehrlich, was heißt schon normal sein? ^^ In diesem Sinne, viel Spaß beim Lesen und euch allen einen wunderschönen ersten Advent.

LG Marry Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ja es war die letzten Wochen sehr ruhig um meine Aktivitäten und noch Mal sorry dafür, das lag am herumreisen an den Feiertagen und der wenigen Zeit dazwischen, aber juhu, ich habe es geschafft noch dieses Jahr ein Kapitel zu schreiben, auch wenn das nächste besse gepasst hätte, weil es von Silvester handelt, aber das kommt bestimmt nächste Woche noch.

Außerdem schreibe ich gerade parallel eine weitere Kyo-Story, die ein bisschen seine Vorgeschichte, bevor er mit Kazuki zusammengekommt, beleuchtet. Außerdem möchte ich da die Entstehungsgeschichte von La Siedie's bis zu Dir en Grey anreißen. Ihr seht also, es gibt viel zu tun und bald neuen Lesestoff ^^.

Dann euch allen schon Mal einen guten Rutsch ins neue Jahr, verbringt einen wundervollen Abend mit euren liebsten und hier möchte ich allen, die meine FF lesen und kommentieren einfach Mal DANKE sagen. Das freut mich immer sehr, ihr seid toll <3. Bis bald ihr Lieben und natürlich viel Spaß beim Lesen ;).

Bis nächstes Jahr.
LG Marry Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und nun Part 2 des Helsinkidramas ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitl ist ein bisschen länger, weil da noch einige Dinge rein mussten, die vor der Tour passieren. Das nächste ist schon in Arbeit und kommt dieses Mal hoffentlich wieder etwas früher ^^. Habt noch ein schönes WE Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Eigentlich, ja eigentlich wollte ich an der anderen Story weiterschreiben, damit die endlich Mal fertig wird, aber irgendwie häng ich da gerade :(.
Deshalb mach ich jetzt hier einfach weiter.
Hab noch mal geschaut und das Konzert in den USA war eigentlich viel später- erst im Dezember, aber es passt hier auch schon vorher...da verteilt es sich eben länger ^^. Und so langsam bahnt sich auch ein Konflikt zwischen Zero und Kaoru an. Zwischen den beiden war es bisher am Harmonischsten, das kann ja unmöglich so bleiben XD. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Party läuft, doch was wäre eine gute Party ohne Drama? Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nachdem das letzte Kapitel etwas länger war, ist das hier ein bisschen kürzer, doch ich wollte es so allein für sich lassen, weil es sonst nicht wirkt.
Mh und so langsam muss ich mich gedanklichen von den beiden verabschieden, denn es werden noch ein der zwei Kapitel, dann ist die FF vorbei :(. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nun endlich ist es vollbracht. Ich bin ein bisschen traurig, aber ich glaube, wenn ich jetzt noch mehr schreibe, wird es komisch. Genug Drama, Geschnulze und Liebesgedöns ^^. Ich hoffe, ihr hattet genauso viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben ;).
Und über liebe Kommentare freu ich mich immer <3.

Grüßli
Marry Komplett anzeigen

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every day the same

 Wie fast jedes Wochenende spielte ich in meiner Stammbar Gitarre und sang dazu meine selbstgeschriebenen Texte. Bisher hatte es immer nur für die Bar gereicht. Sicher hatte ich mir schon oft ausgemalt wie es wäre mit meiner Musik erfolgreich zu sein, doch ich war nur ein kleiner Fisch umgeben von großen Haien, die meinen Erfolg sicherlich nicht gern sahen. Ich mit meiner einfachen Klampfe in irgendeiner Bar in Kyoto war nichtig und würde den großen Rockstars niemals das Wasser reichen können. Doch meinen Fans hier genügte es. Sie genossen es mich spielen zu hören, auch wenn meine Stimme nur als leises Hintergrundgeräusch fungiert. Genau in der richtigen Lautstärke, sodass man sich noch unterhalten kann. Denn wer achtet schon auf meine Texte? Solange ich niemanden nerve und nicht ich, sondern die Gäste im Mittelpunkt der Bar stehen, ist doch alles prima. Nein, ich würde niemals ein großer Musiker werden.

Nach meiner „Show“ ließ ich mich an der Bar nieder und bestellte das übliche. Tequila und Bier. Ich leerte die klare Flüssigkeit in dem kleinen Glas in einem Zug und bestelle gleich noch einen. Das Bier trinke ich schon fast genüsslich und lecke mir den Schaum von den trocknen Lippen. Die Gage für den heutigen Abend hätte schlechter sein können und was bleibt mir auch anderes übrig, als mich damit zufrieden zu geben?

„Kazuki, du warst super heute“, lobte mich Takashi, der Inhaber der Bar. Ich nicke nur und trinke einen großen Schluck. Irgendwie schmeckt das Bier heute nicht. Deshalb bestelle ich noch einen Schnaps. Doch es hilft alles nichts. Ich stürze mein Getränk runter, hänge mir die Klampfe um und verlasse mein zweites Wohnzimmer.

„Morgen gleiche Zeit?“, ruft mir der alte Mann noch nach und ich hebe die Hand, ohne mich umzudrehen. Klar. Wie jeden Abend.

 

Mein Apartment besteht aus nur einem Raum. Mehr kann ich mir nicht leisten und schon dieses kleine Zimmer bringt mich an den Rand meiner Existenz. Meine Klamotten hänge ich ordentlich über die Lehne des einzigen Stuhles in meinem Zimmer und lehne mein Instrument an die Wand. Dann falle ich in die weichen Federn. Das einzig schöne an meiner kleinen Wohnung ist das schräge Fenster über meinem Bett, durch das ich jeden Abend den Sternenhimmel über mir habe. Eine der wenigen Dinge, die mich wirklich glücklich machen. Manchmal zumindest. Doch heute schaffen es nicht Mal die Sterne und der helle Mond, welcher wunderschön am Nachthimmel erstrahlt meine düsteren Gedanken zu mildern. Mein Magen krampft sich zusammen und ich spüre diese leere, den Schmerz und den Hass in mir aufsteigen. Oh ja, heute ist es wirklich schlimmer als sonst. Liegt wohl daran, dass mein Geburtstag vor der Tür steht. Nein, ich kann beim besten Willen nicht schlafen. Deshalb greife ich nach dem Laptop neben meinem Bett und rufe das Internet auf, um mir Videos von Ihm anzuschauen, wie so oft, wenn ich in einem Tief festhänge. Irgendwie beruhigt mich seine Stimme. Seine Stimme, die einerseits so sanft und melodisch klingt und dann wieder völlig verrückt und wild, als würde er eine Art Disharmonie zwischen die Instrumente und sich bringen wollen. Doch auf eine ziemlich komische Weise finden Musik und Gesang am Ende einen Weg zueinander und alle seine Lieder faszinieren mich. Er fasziniert mich und ich muss mir ein bisschen eingestehen, dass er und seine Musik Schuld daran tragen, dass ich jeden Abend in dieser beschissenen Bar vorspiele. Aber ich kann nichts anderes. Früher war ich immer der Streber der Schule, der, der reiche Eltern hat und alles in den Arsch geschoben bekommt. Und jetzt? Hocke ich hier und schmachte einen Musiker an, dem ich nie und nimmer das Wasser reichen kann. Wie armselig. Es zerreißt mich fast ihn so singen zu hören. Diese Leidenschaft treibt mich fast an meine emotionale Grenze und ich springe auf, um mir eine Zigarette zu gönnen. Ich stütze mich auf meine Ellenbogen und lasse meinen Blick in die noch dunkle Nacht hinausschweifen. Ja, es hätte so viel anders laufen können. Wenn ich nicht so eigensinnig gewesen wäre, hätte ich jetzt einen super Job haben können, in dem ich gutes Geld verdiente, mit dem ich später Mal meine Familie ernähren würde. Stopp! Nein, da war es wieder, dieses hässliche Gefühl. Denn wenn es nach anderen ginge, ist es in unserer heutigen Gesellschaft eine Abartigkeit, dass jemand mit meinen Neigungen eine Familie gründet. Wie denn auch, wenn man nicht auf Frauen steht. Wieder treiben mir diese dummen Gedanken die Tränen in die Augen. Ich schlucke und ziehe an der Zigarette.

Das Klopfen an meiner Tür lässt mich zusammenfahren.

„Ist offen!“, rufe ich, denn ich weiß, dass mich nur eine Person um diese Uhrzeit heimsucht. Und heute kommt mir mein besonderer Freund sehr gelegen.

„Na bist du hier, um deine nächtlichen Triebe zu befriedigen?“, frage ich amüsiert.

So lief das mehrmals die Woche, ich bekomme Sex und Sota seinen Gute-Nacht-Blowjob.

„Du weißt doch, dass ich ohne nicht einschlafen kann.“

Ich drücke die Zigarette im Aschenbecher aus und drücke Sota auf mein Bett. Beginne seinen Körper, den ich in und auswendig kenne zu liebkosen. Nur kein Kuss. Und er ist mehr als bereit für mich. Das schmeichelt mir noch immer.

 

Nach dem Sex trinken wir noch was. Ich habe nur Bier in meinem Kühlschrank und reiche Sota eine Dose.

„Wie geht’s dir eigentlich Kazu?“

„Schlechten Menschen geht es immer gut, das weißt du doch“, versuche ich zu scherzen, doch stattdessen ernte ich einen besorgten Blick von Seiten meines Freundes.

„Ich meine es ernst…immerhin ist es bald wieder soweit…“

„Ja ja, schiebst du jetzt dauernd Panik? Letztes Jahr war eine Ausnahme, es wird nie wieder so weit kommen.“

Noch immer war die Sorgenfalte zwischen seinen Augen nicht verschwunden. Ich seufzte und zündete mir eine neue Kippe an.

„Jetzt hör bitte auf mich so bemitleidend anzuschauen. Sonst schmeiß ich dich raus“, drohte ich ihm und er schien mich ernst zu nehmen.

„Zieh dir lieber was an, sonst erkältest du dich noch am Fenster.“

„Quatsch. Außerdem kann ich es nicht leiden mit Klamotten zu schlafen, das solltest du langsam wissen.“

„Möchtest du, dass ich bei dir bleibe?“

Ich zuckte mit den Schultern und kuschelte mich in die Decke.

„Mir egal.“

Sota verdrehte nur die Augen und kam zu mir unter die Decke. Ich löschte das Licht und fiel in einen unruhigen Schlaf.

 

Ich befand mich gerade mitten im Spiel, als ein ziemlich betrunkener Typ in die Bar torkelte und sich an einem Zweimann Tisch rechts von mir nieder ließ. Seine Mütze war tief ins Gesicht gezogen und der hohe Kragen seiner grauen Jacke verdeckte das Gesicht fast komplett. Mich nervte er ziemlich, weil er jetzt die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer hatte und nicht mehr ich. Verfluchter Alki. Was hatte dieser Arsch in meiner Bar zu suchen? Ich versuchte ihn zu ignorieren und konzentrierte mich auf meine Show.

Der Rest des Abends verlief wie der Abend am Tag zuvor. Nichts Spannendes passierte.

Am nächsten Tag fiel mir dieser Typ wieder auf. Doch dieses Mal schien er nicht ganz so blau zu sein und er schien mich zu beobachten, was mich irgendwie nervös werden ließ, sodass ich mich sogar das eine oder andere Mal verspielte. Verdammt, was sollte der Scheiß? Diesem Vollidioten sollte ich später mal die Meinung geigen. Naja, zumindest lieferte ich mir ein geistiges Duell mit ihm, während ich mein Bier trank und zwei Kurze kippte.

„Du könntest mehr aus deiner Stimme holen, wenn du dich anstrengen würdest“, flüsterte mir jemand ins Ohr und ich zuckte erschrocken zusammen. Doch als ich mich umwandte, sah ich gerade noch, wie dieser Kerl in der Tür verschwand. Was fiel ihm eigentlich ein in mein Territorium zu kommen und mich dann auch noch zu kritisieren?

 

Fast eine Woche blieb es still um meinen heimlichen Verehrer, wie ich ihn jetzt im Stillen nannte und irgendwie war ich froh darüber.

Heute war Freitag und sicher würde die Bar wieder voll sein, aber das hieß auch mehr Kohle.

Ich zog aus meinem Kleiderschrank die enge schwarze Jeans, die ich fast immer trug und die schon fast ein bisschen unverschämt weit unten auf meiner Hüfte saß. Darüber eines meiner Tanktops und den schwarzen Hoodie. Ich fädelte den Nietengürtel in meine Hose und schlüpfte in meine Chucks. So machte ich mich auf den Weg, um mein täglich Brot zu verdienen.

Oh nein, der Typ war wieder da und dieses mal schien er sich in der Bar abschießen zu wollen. Ich spielte und versuchte ihn zu ignorieren, doch das gelang mir irgendwie nicht. Immerhin passierten mir keine Patzer mehr. Plötzlich kam ein weiterer unbekannter in die Bar und ließ seinen suchenden Blick im Raum umherschweifen. Dann blieben seine Augen an meinem Stalker hängen und mit besorgter Miene eilte er zu ihm, legte seine Arme um ihn und redete auf ihn ein. Doch der Umsorgte blieb teilnahmslos und bestellte sich sein viertes Bier. Ja ich hatte mitgezählt. Ich legte eine musikalische Kunstpause ein, um mir auch noch ein Getränk zu besorgen, dabei ging ich beabsichtigt langsamer an den beiden Männern vorbei. Dabei konnte ich leider nur Wortfetzen einfangen.

„Tooru…betrunken…Sorgen…mitkommen…“

Es war zwecklos. An der Bar hielt mir Takashi sogleich ein Bier hin. Wie traumhaft. Tooru? Irgendwie kam mir dieser Name schrecklich Bekannt vor, doch woher? Ich grübelte, doch es wollte mir nicht einfallen.

 

Gegen drei Uhr in der Nacht verließen auch die letzten Gäste die Bar. Naja fast, denn nur der betrunkene Kerl hockte noch immer an seinem Tisch. Auch ich war nicht mehr ganz so nüchtern und sammelte mich. Selbstbewusst schritt ich auf ihn zu und packte ihn. Er leistete keinen großartigen Widerstand und ließ sich von mir aus der Bar befördern. Na toll und was jetzt?

„Wo wohnst’n du?“ fragte ich. Der Fremde lallte den Straßennamen und ich kannte die Straße sogar, weil es bei mir in der Nähe war. Ich orderte uns ein Taxi und ließ uns zur besagten Adresse chauffieren. Er fingerte seinen Schlüssel aus der Hosentasche und aus einem unerklärlichen Grund folgte ich ihm in seine Wohnung. Natürlich musste er ganz oben wohnen, doch zum Glück gab es einen Fahrstuhl. Langsam fragte ich mich wirklich, was ich hier tat. Meine Glieder gehorchten mir kaum noch, weil ich hundemüde war und ins Bett sollte, doch stattdessen brachte ich einen wildfremden sturzbetrunkenen Typ in seine Wohnung.

Ich stand ein bisschen unbeholfen in der Tür und überlegte schon zu gehen. Das würde ihm sicher nicht auffallen. Doch ich blieb. Er schälte sich aus seinen Klamotten, währenddessen nahm ich die Wohnung etwas unter die Lupe. Der Flur führte ins Wohnzimmer mit einer offenen Küche und einer überdimensionalen Couch, von der aus man auf einen großen Flachbildfernseher blickte mit samt modernstem Sundsystem. Ich war schon beeindruckt. Mir fiel ein Bild auf dem Regal im Flur. Es zeigte Kyo und Toshiya von Dir en Grey. Mir fiel die Kinnlade runter. Kannte er die Jungs etwa? Ich drehte mich gerade um und wollte ihn danach fragen, doch da stockte mir der Atem. Vor mir stand ein ziemlich betrunkener Kyo. Tooru. Ja klar. Sein richtiger Name. Ich bekam kein Wort raus und starrte den anderen Mann nur an.

Die Vernunft gewinnt nie

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

ein gelungener Auftritt

Das Klingeln meines Handys riss mich aus dem viel zu kurzem Schlaf. Murrend nahm ich den Anruf entgegen. Es war Takashi und erkundigte sich, wo ich denn blieb. Verdammt, hatte ich etwa den ganzen Tag verpennt? Und tatsächlich, ein Blick auf meine Handyuhr verriet mir, dass es bereits 19 Uhr war. Ich sprang unter die Dusche, zog mir irgendwas an, schnappte meine Gitarre und sprintete zur Bar. Erst jetzt stieg das Übelkeitsgefühl hoch und ich kam nicht umhin mich auf dem Klo zu übergeben. Einen Blick in den Spiegel wagte ich nicht, weil ich gar nicht wissen wollte, wie beschissen ich aussah.

Ich holte mir ein Wasser und stöpselte meine Klampfe an. Los ging es. Meine Hände zitterten ein bisschen und der Klang meiner Stimme war brüchiger als sonst. Doch auch das schien keinen der Gäste zu stören. In der Pause gönnte ich mir eine Suppe des Hauses, denn etwas anderes konnte man in dieser Spelunke kaum anrühren, wenn einem sein Leben lieb war. Takashi schob mir einen Umschlag zu.

„Hier Junge, der war heut im Briefkasten. Steht dein Name drauf.“

Tatsächlich. Ich las die fein säuberlich geschriebenen Buchstaben immer wieder. Kazuki.

„Und von wem ist der?“

Der Alte zuckte nur mit den Schultern. Ich öffnete den Umschlag und mir fiel eine Konzertkarte in die Hände. Nicht irgendeine Konzertkarte, nein. Für morgen Abend mit VIP Ticket. Mein Chef beäugte mich neugierig.

„Na, was hast’n da bekommen Jungchen?“

„Eine Konzertkarte für morgen Abend…aber ich geh nicht hin.“

Takashi zog seine ohnehin schon faltige Stirn noch mehr in Falten.

„Sei nicht dumm. Gönn dir ruhig Mal einen freien Abend und hab deinen Spaß.“

Ich glaubte mich verhört zu haben. Der alte Griesgram war doch sonst nicht so freundlich.

 

Ein bisschen nervös war ich schon. Was wollte er damit bezwecken? Und erwartete er mich später im Backstage? Tausende Fragen schwirrten durch meinen Kopf, auf die ich keine Antwort hatte.

Ich beschloss früher loszugehen, fuhr mit der Metro zur Konzerthalle, wo sich zwar schon einige Menschen versammelt hatten, dennoch hielt es sich in Grenzen. Mein letztes Konzert war bestimmt mindestens zwei Jahre her. Für sowas hatte ich nun leider kein Geld mehr. Die Securitys tasteten mich kurz ab und winkten mich dann durch. Naja, Geld für ein Bier hatte ich gerade so. Ich exte es fast, doch von einem Bier allein wurde ich auch nicht betrunken. Das hieß, nervös war ich noch immer. Ich drängelte mich in die Halle und suchte mir einen Platz recht weit vorne, damit sich mein Geschenk auch lohnte. Mein Herz wummerte, als das Intro begann. Klaviermusik und im Hintergrund sah man auf dem riesigen Bildschirm Wolken und teilweise das Bild vom Album Arche. Die Melodie veränderte sich und wurde ein bisschen elektronischer und bedrohlicher. Die Menge jubelt, nur ich schaue gebannt auf die Bühne. Sehe Shinya am Schlagzeug, Kaoru, Toshi und Die an der Gitarre beziehungsweise am Bass. Ein Schriftzug auf der Leinwand Dir en Grey Arche. Weiße Schrift auf feurig rotem Hintergrund. Und dann betrat Kyo die Bühne. Mein Herz setzte einen Moment aus, als Un Deux angestimmt wurde und seine Stimme durch die Halle klang. Sein Gesicht war von einem schwarzen Schleier verdeckt, der jedoch immer wieder vom „Wind“ hoch geweht wurde. Das Make up fiel sehr ausgefallen aus, doch etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. Über Kyos Augen waren noch Mal zwei Augen geschminkt und dieser Anblick wirkte sehr skurril. An den Rändern seiner Augen verliefen schwarze Ornamente, die seinem Make up etwas Maskenartiges verliehen. Das schwarze Jackett verdeckte bisher noch seinen Oberkörper. Ich versuchte auch die anderen vier zu beobachten, doch mein Blick fiel immer wieder auf Kyo, der aus voller Leidenschaft sang. Die Bühne gehörte ihm und der teilweise recht irre oder verletzte Blick zeigte, dass er in seiner Welt angekommen war. Er lebte jedes Wort und ließ seine Gefühle nach draußen, fast so als müsste er sie sonst wie ein böses Monster unter Verschluss halten. Angekettet, weil sie ihm nicht gehorchten. Nur auf der Bühne konnte er es wagen seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, weil sie durch die anderen Instrumente gezähmt werden konnten. Ich beneidete Kyo, dass er so singen konnte und ich war mir nicht sicher, ob ich mich jemals traute es ihm gleich zu tun. Bei Magayasou befreite sich der schöne Sänger aus seinem Jackett, dabei führte er einen regelrechten Tanz auf und das Kleidungsstück rutschte erst über den rechten Arm und dann über den linken. Mir wurde ganz heiß, wenn ich daran dachte, dass ich diesen wundervollen Körper vor wenigen Tagen noch berühren durfte. So sehr ich mich auch wehrte, Kyo zog mich in seinen Bann und bewegte mich fast hypnotisch zur Musik. Dieser Mann dort auf der Bühne, der fast wie eine Marionette wirkte trieb mir die Tränen in die Augen, so rührten mich seine Gefühlsausbrüche. Und als dann nach einer Weile die ersten Töne von Vanitas erklangen, biss ich mir so heftig auf die Unterlippe, dass ich Blut schmeckte. Die Musik verzauberte mich und ich war Kyo mehr als dankbar, dass er mich zu seiner Show eingeladen hatte. Doch wie sollte es dann weitergehen? Die Jungs gaben noch eine saftige Zugabe, dann verdunkelte sich die Bühne vollends und wirkte auf einmal so groß und leer. Schon fast leblos. Ich griff nach meinem VIP Pass und machte mich mit gemischten Gefühlen auf zum besagten Bereich. Natürlich war ich nicht allein. Dort warteten mehrere Mädels und ein paar Jungs. Nach einer gefühlten halben Stunde ließen sich Shinya und Die blicken, dann stieß noch Kaoru hinzu, doch von Toshiya und Kyo fehlte jede Spur. Mein Magen zog sich zusammen, was sollte ich dann hier? Der Leader blickte auf einmal suchend in die Menge der Fans. Sein Blick traf mich und er winkte mich zu sich ran, wies die anderen sogar an, mich durchzulassen. Was bitte ging denn jetzt ab.

„Bist du Kazuki?“, richtete Kaoru die Frage an mich. Ich nickte etwas verlegen und der ältere wies mich an ihm zu folgen. Im Gehen erhaschte ich den einen oder anderen bösen Blick der anderen Fans. Als hätte ich mir das ausgesucht. Der Leader führte mich durch einen Gang mit mehreren Türen und blieb schließlich vor einer der letzten stehen. Ein Zettel klebte dort „Dir en Grey“.

„Unser heut nicht ganz so mies gelaunter Sänger erwartet dich. Sei ein bisschen nachsichtig mit ihm. Nach einem Konzert ist er manchmal etwas grob und sagt Dinge, die er nicht so meint…meistens zumindest.“

Lächelnd öffnete Kaoru die Tür und schob mich eher gegen meinen Willen in den Raum. Ich bekam ein bisschen Panik, denn um ehrlich zu sein hatte ich jetzt keinen Bock auf einen schlechtgelaunten Kyo zu treffen. Doch er war nicht allein. Sein Kopf lag in Toshiyas Schoß. Beide waren schon umgezogen und auch das Make up war verschwunden. Nun wirkten die zwei schon fast wieder normal. Der Bassist strich dem Sänger liebevoll über die Wange und schon allein diese Geste machte mich furchtbar eifersüchtig. Wie gerne hätte ich jetzt mit Toshi getauscht. Außerdem erweckte es bei mir den Anschein, als würden mich die beiden gar nicht wahrnehmen. Als sich der schwarzhaarige auch noch zu Kyo hinab beugte und ihn küsste, setzte mein Herz für einen Moment aus. Warum durfte er ihn küssen und ich nicht? Sicher, diese Frage war mehr als unberechtigt. Wie lange kannte ich den Sänger? Und kennen ist weit übertrieben. Der Bassist erhob sich und kam auf mich zu, warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu und verschwand aus dem Raum. Langsam bewegte ich mich auf Kyo zu und sein finsterer Blick jagte mir schon ein wenig Angst ein.

„Hey…gute Show und danke für die Karte.“

Immerhin hatte ich meine guten Manieren nicht verloren. Er hielt mir eine Zigarette hin, die ich dankend annahm. Das Schweigen zwischen uns wurde für mich unerträglich und am liebsten wäre ich wieder gegangen, doch ich wollte ihm auch nahe sein. Was auch immer ihn gerade beschäftigte. Auf einmal sprang er auf. Ich schaute ihn fragend an.

„Muss kurz zu den Fans. Bin gleich wieder da“, brammelte er und verschwand. Nun hockte ich allein in der Umkleidekabine von Diru. Ob es später noch eine Aftershow Party gab? Ich zuckte zusammen, als sich die Tür erneut öffnete und wieder schloss. So schnell hatte ich Kyo nicht zurück erwartet. Leider war es auch gar nicht Kyo, sondern Toshiya.

„Tut mir leid unser Sängerchen ist heute nicht gut drauf.“

„Was um alles in der Welt wollte er dann von mir?“, fragte ich genervt und verwirrt zugleich.

„Dich sehen…Nimm es ihm bitte nicht übel.“

„Mich sehen? Dein ernst? Und jetzt?“

„Wir wollen noch was trinken gehen, wenn du magst, kannst du gern mitkommen. Du heißt Kazuki richtig?“

Ich nickte nur. Die anderen drei trudelten auch ein, scheinbar bester Laune, nur keine Spur von Kyo. Kaoru hakte sich bei mir unter und wir fuhren mit der Bahn in die Stadt zurück. Dort suchten wir uns eine kleine gemütliche Cocktailbar.

„Oh mein Gott, da kann man Karaoke singen…Shini machst du mit? Bitte bitte bitte“, bettelte Toshiya und schließlich raffte sich der Drummer auf und folgte dem aufgedrehten Bassisten. Ich musste nur schmunzeln und kam mir vor wie in einem Film. Mal ernsthaft, ich hocke gerade mit den Bandjungs von Dir en Grey in einer Bar, ohne dass sie mich wirklich kennen und wir tranken zusammen. Verrückter kann mein Leben gerade wirklich nicht werden. Und außer Kyo schienen alle ganz witzige Jungs zu sein. Trotzdem fühlte ich mich etwas fehl am Platz.

„Sag mal Kazuki, Tooru meinte, dass du ein hervorragender Musiker wärst. Stimmt das?“

„Naja, ich kann ein bisschen singen und spiele Gitarre, aber hervorragend ist anders…finde ich. Ihr seid hervorragend, ich bin nicht mal ausreichend.“

Kaoru musterte mich mit interessierter Miene.

„Mhh, vielleicht sollten wir dich Mal mit in unseren Proberaum nehmen und eine Jamsession veranstalten.“

„Warum denkt ihr eigentlich ich wäre so toll?“

„Weil Tooru sich selten irrt“, kam es dieses Mal von Die, dem bisher stillsten. Shinya und Toshiya kehrten zu uns zurück und bestellten noch eine Runde Bier. Die Jungs unterhielten sich über die Tour und ich hörte raus, dass das heute das vorerst letzte Konzert war. Nun stand Studioarbeit auf dem Tagesplan. Am Schluss blieben nur noch der Bassist und ich. Irgendwie schien der schwarzhaarige sehr trinklustig zu sein.

„Lass ja die Finger von dem kleinen Toshi“, warnte Shinya scherzhaft und verschwand.

„Sag mal Toshiya…was hat Kyo über mich erzählt?“

Der Ältere nippte an seinem Bier und überlegte kurz.

„Naja, er meinte nur, dass er vielleicht einen guten Nachwuchsmusiker gefunden hat, der mal wieder ein bisschen Abwechslung in diese ganze Popscheiße bringt…mh, ja so ungefähr hat er sich ausgedrückt. Deshalb noch Mal sorry, dass Tooru nicht da ist.“

„Schon okay…naja ich bin echt nicht so gut…egal. Woher weiß er eigentlich meinen Namen? Ich meine an dem Abend haben wir kaum geredet…“, überlegte ich.

„Er hat wohl den Barkeeper gefragt…warte Moment Mal…an welchem Abend?“, fragte der Bassist jetzt neugierig.

„Naja, als ich ihn nach Hause gebracht habe…“

„Du hast was?“, fiel mir Toshi ins Wort und ich sah ihn verwirrt an.

„Ähm ja…er war sturzbetrunken und wollte nicht gehen. Da musste ich ihn wohl oder übel rauswerfen, hab nen Taxi gerufen und ihn in seine Wohnung gebracht.“

Die vor Überraschung geweiteten Augen meines Gegenübers machten mich etwas stutzig.

„Ist das so unnormal?“ fragte ich schließlich.

„Irgendwie schon…Tooru nimmt nie jemanden mit zu sich…darf ich fragen, was dann passiert ist? Du musst es mir natürlich nicht sagen…“

„Ähm, naja…wir hatten Sex…“

Jetzt spuckte der Ältere sein Bier, was er gerade im Mund hatte über den halben Tisch.

„Scheiße…das erklärt so einiges…sorry Kazu, ich muss noch Mal wohin.“

Ich zog den Bassisten am Arm zurück.

„Bitte warte…ich wohne in seiner Nähe, falls du zu Kyo willst komm ich mit…ich muss ihn sehen…“

Toshiya schüttelte heftig mit dem Kopf.

„Oh nein glaub mir, das ist eine richtig beschissene Idee…wir können gern zusammen in die Richtung fahren, aber ich geh erst Mal allein zu ihm.“

Das verstand ich zwar alles nicht, doch war auch egal. Mit dem ganzen Alkohol in meinem Kopf ließ sich ohnehin kein klarer Gedanke fassen. Ich sollte dringend weniger trinken. Toshi gab mir tatsächlich noch seine Nummer und verabschiedete sich dann von mir.

 

Irgendwie deprimiert schlurfte ich durch das Treppenhaus zu meiner Wohnung. Noch bevor ich aufschließen konnte, überfiel mich Sota. Es kam mir vor als lägen Wochen zwischen unserem letzten Treffen. Ich zog meine Klamotten aus und ließ mich ins Bett fallen. Mein Freund legte sich neben mich und sah mir mit Sicherheit an der Nasenspitze an, dass etwas nicht stimmte.

„Wer hat dir denn die Laune verdorben?“

„Das glaubst du mir niemals“, krächzte ich und mein Mund war auf einmal so trocken. Ich holte mir ein Wasser.

„Verdammt Kazu…kannst du nicht wenigstens in Shorts schlafen.“

Ich exte die Flüssigkeit in meinem Glas und füllte es gleich noch einmal. Wunderschön unperfekt. Diese Worte hallten in meinem Kopf. Ausgesprochen von dem Mann, in den ich mich verliebt hatte. Warum ausgerechnet er? Und warum hatte er heute nicht da sein können?

„Nein kann ich nicht. Musst ja nicht hier pennen“, fuhr ich Sota ungewollt an und kroch wieder unter die Decke.

„Oh oh…was ist los? Bitte rede mit mir.“

Ich stützte mich auf die Ellenbogen.

„Bin ich ein guter Musiker Sota?“

Mein Freund sah mich irritiert an.

„Klar, aber wie kommst du denn jetzt darauf?“

„Das heißt du denkst auch, dass ich weit mehr Potenzial hätte und mein Geld nicht in dieser schäbigen Bar verdienen müsste?“

„Naja, versuchen solltest du es auf jeden Fall…“

Etwas erzürnt stieg ich wieder aus dem Bett und zündete mir eine Zigarette an.

„Und warum verflucht noch Mal hast du mir das nie gesagt? Musste da erst dieser Scheiß passieren?“, fluchte ich.

„Kazuki verdammt, was für Scheiß ist denn passiert? Rede doch endlich mit mir!“

„Kyo hat mich gefickt, mir dann gesagt, dass ich ein guter Musiker bin und mich dann zum Konzert eingeladen, von dem ich gerade komme. Doch hab ich ihn nicht mehr gesehen…“

Mein Freund schaute mich ähnlich schockiert an wie Toshiya zuvor.

„Kyo? Der Kyo? Ich meine der Dir en Grey Kyo?“

„Ja genau der…hat mich in der Bar besucht…hab ihn erst gar nicht erkannt, erst als ich ihn nach Hause gebracht hab…er hat seine Wohnung hier um die Ecke.“

„Wow…ich bin sprachlos…da lass ich dich Mal zwei Tage aus den Augen und verführst den Sänger von Dir en Grey, das ist schon eine Leistung…und seht ihr euch wieder?...verflucht und entweder zu ziehst dir jetzt was an oder gehst unter deine Decke!“

Jetzt musste ich grinsen und augenblicklich wünschte ich mir, Kyo würde mich so begehren. Vielleicht sollte ich das Mal ausprobieren.

„Warum, mach ich dich geil?“, amüsierte ich mich jetzt.

„Natürlich tust du das und das weißt du genau, verdammter Idiot.“

„Wie wär‘s dann mit nem Gute-Nacht-Fick?“

Sota entblößte sich für mich und wir besiegelten unser Ritual. Erschöpft schlief ich dann in den Armen meines Freundes ein. Warum nur konnte Kyo nicht so unkompliziert sein.

ein düsterer Geburtstag

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Geständnisse im Proberaum

Natürlich ließ Kyo nichts von sich hören. Was hatte ich auch von ihm erwartet? Dass er mir seine Liebe ebenso gestand? Was für ein Schwachsinn. Ich schrieb ein paar neue Texte. Der erste Schnee fiel und ich schaffte es meine selbstmörderischen Gedanken soweit im Zaum zu halten. Takashi freute sich, als ich bei ihm aufschlug und fragte, ob ich wieder in seiner Bar spielen dürfte.

Es schien ein Abend wie jeder andere zu sein. Ein Samstag Anfang November. Die Menschen stimmten sich langsam auf das Fest der Liebe ein und die Bar erschien mir voller als sonst. Auf mein Freigetränk vor der Show hatte ich dieses Mal verzichtet. Irgendwie war ich nervöser als sonst. Lag das an meinen neuen Songs? Ich stimmte das erste Lied an. Zuerst erfüllte nur der Klang meiner Gitarre den Raum, dann kam meine Stimme hinzu und alle Gespräche verstummten. Das war neu, doch ließ ich mich nicht beirren. Es motivierte mich nur mehr und zum ersten Mal in meinem verkorksten Leben fühlte sich etwas richtig an. Ich spielte mehr mit meiner Stimme als sonst und gab alles. Auch eine Pause legte ich nicht ein, weil ich völlig mit der Musik verschmolz.

Der Applaus nach meinem letzten Song ließ mich wieder in der Realität ankommen. Ich grinste, verbeugte mich tief und bedankte mich. Da fielen mir drei Männer auf, die sonst nie hier waren und mein Grinsen wurde breiter. Toshiya, Die und Kaoru. Ich begrüßte die Jungs und bestellte eine Runde Bier.

„Du warst echt nicht übel kleiner“, sagte Kaoru und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Doch meine gute Laune wurde ein bisschen betrübter und Toshi schien das als erster zu bemerken.

„Er ist im Studio…schon seit Tagen. Morgen sollen wir alle kommen, auch du.“

„Sicher? Ich weiß nicht, ob er mich sehen will.“

„Das hat er ausdrücklich gesagt“, meinte Daisuke. Ich seufzte, weil ich mir nicht sicher war, ob ich dem gewachsen war. Sechs Augenpaare waren auf mich gerichtet und sie mussten nicht Mal fragen, was passiert war. Ihre Blicke sprachen Bände. Ich sank immer tiefer in meinen Stuhl hinein, nippte am Bier und versuchte die Blicke der Jungs zu ignorieren.

„Wann und wo treffen wir uns?“, wich ich aus.

„Tooru meinte, er schreibt dir die Adresse…Kazuki, was ist passiert…“, drängte Kaoru. Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Ich weiß nicht was du meinst.“

Toshiya legte seinen Kopf schief und zog eine Augenbraue hoch.

„Schon Mal daran gedacht, dass wir dir vielleicht helfen könnten?…und außerdem bist du ein miserabler Lügner.“

Ich seufzte, zündete mir eine Zigarette an und trank noch einen Schluck.

„Na schön…ich hab ihm gesagt, dass ich ihn liebe…“, wisperte ich und hoffte, dass es keiner verstand.

„Du hast was? Scheiße…dann solltest du dir wirklich überlegen, ob du morgen mitkommst“

Ich ignorierte das ziehen in der Brust. Auf einmal kicherte Die und wir alle schauten ihn fragend an.

„Wow, starke Leistung Kleiner…Tooru scheint dich zu mögen, sonst hätte er dich nicht in den Proberaum bestellt. Jetzt schaut den Kurzen nicht so kritisch an Jungs. Kyo hat sich im Proberaum verschanzt, weil er neue Texte schreibt. Und das nachdem ihm unser Kazuki seine Liebe gestanden hat, vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für unser Sängerchen.“

Das war der längste Satz, den ich von Daisuke gehört hatte, seit wir uns kannten.

„Vielleicht hast du Recht und Shinya ist bei ihm…das verheißt meist auch was Gutes.“

Ich verstand nur Bahnhof, beließ es aber dabei.

 

Kyo hatte mir tatsächlich eine Nachricht mit der besagten Adresse geschickt doch nichts weiter. Nur die Adresse, keine Begrüßung oder ein „Hey, wie geht’s dir“. Nur die verdammte Adresse. Naja immerhin. Ich war das reinste Nervenbündel als ich an dem Areal ankam, wo sich -der Proberaum von Dir en Grey befand. Dieser befand sich in einem größeren Hinterhof eines Fabrikgeländes, umgeben von Hochhäusern und wenig Grünfläche. Trotz meiner dicken Jacke und dem Schal fröstelte es mich. Zu meinem Unglück stand Kyo auch noch draußen und rauchte. Langsam und mit wummernden Herzen ging ich auf ihn zu. Er wirkte wie ein heller Fleck in dieser tristen grauen Umgebung. Der Nieselregen peitschte mir ins Gesicht und ich zog die Kapuze tiefer, als könnte sie mich vor dem nasskalten Wetter beschützen. Die knallenge Jeans saß perfekt auf seinen Hüften und das weiße Shirt, das er unter der schon recht abgewetzten Lederjacke trug, schloss gerade so mit dem Bund seiner Hose ab. Es sollte verboten werden so gut auszusehen! Auch sein Gesicht war zur Hälfte von einer Kapuze verdeckt. Er hob kurz die Hand zum Gruß und schwieg. Ich atmete tief ein und wieder aus. Mit dem Hintergedanken, dass das vermutlich die dümmste Idee meines Lebens sein würde, griff ich nach der Zigarette in seiner Hand, nahm zwei Züge und gab sie ihm zurück. Sein Blick sprach Bände und ich wollte mich schon ins Innere verziehen. Da zog er den Schlüssel aus seiner Hosentasche und hielt ihn mir vor die Nase. Verdammt, ich war ein toter Mann.

„Hat dir nie jemand beigebracht, dass man nicht mit dem Feuer spielen sollte?“

„Doch, aber ich tue es trotzdem…es gibt mir irgendwie diesen gewissen Kick.“

Wow, ich überraschte mich selbst. Plötzlich war sein Gesicht viel zu nahe an meinem, doch er küsste mich nicht. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich hoffte, dass die anderen bald eintreffen würden, denn ich fühlte mich ein bisschen wie eine Antilope oder eine Gazelle. Von seiner Beute anvisiert, doch bevor der Tiger sich an seiner Mahlzeit labte, spielte er mit ihr.

„Du solltest es trotzdem nicht zu weit treiben“, flüsterte er mir bedrohlich zu. Seine Worte bereiteten mir eine Gänsehaut und auch wenn mein Gehirn diese Drohung als solche empfangen hatte, sprach mein Körper eine ganz andere Sprache und ich fragte mich ernsthaft, wie ich diesen wunderschönen Mann für mich gewinnen konnte.

„Ich kann nichts für meine Gefühle und wenn du mich nicht sehen willst, musst du mich wegschicken“, konterte ich.

„Verdammt Kazu!“, war alles, was er erwiderte und schließlich aufschloss. 1:0 für mich würde ich sagen. Da näherten sich auch schon die anderen vier Diru Members und betraten mit uns den Proberaum, der recht spärlich eingerichtet war, doch was hatte ich erwartet? Die schwere Metalltür fiel mit einem lauten Knall ins Schloss. Der Raum teilte sich in zwei kleinere Räume. Im ersten befand sich ein sehr mitgenommenes schwarzes Sofa, ein kleiner Tisch und ein Sessel, der einen zu verschlingen drohte, wenn man sich in ihm nieder ließ. Ein Aschenbecher stand auf dem Tisch und quoll beinahe über. Auch waren Aschreste auf dem Tisch verstreut. Im zweiten Raum herrschte mehr Ordnung und jedes der Instrumente schien seinen festen Platz zu haben. Die Jungs nahmen ihre Positionen ein.

Die Probe verlief härter als erwartet und war alles andere als Zuckerschlecken. Die sonst so lustigen Jungs, mit der Ausnahme von Kyo, mutierten zu ernst zu nehmenden Profis, die ihr Handwerk verstanden und keine Fehler zuließen. Auch der sonst so witzige Kaoru legte einen anderen Ton an die Tagesordnung. Sie motzten sich gegenseitig an, wenn etwas nicht klappte und mein liebster Sänger schien kurz davor zu sein, alle aus dem Proberaum zu schmeißen. Mir rutschte das Herz in die Hose. Nach etwa zwei Stunden kamen sie zu mir, lachend, scherzend und klopften sich anerkennend auf die Schultern. Als sie meinen irritierten Blick bemerkten, schien sie das nur noch mehr zu erheitern.

„Guck nicht so…so sind wir eben, verdammt anspruchsvoll und jaaaa, wir mögen uns. Doch ohne Disziplin funktioniert das nicht. Glaub mir, mit dir werden wir nicht so hart ins Gericht gehen. Die Bühne ist frei. Zeig uns, was du kannst“, bat mich Kaoru. Ich, ein nervliches Wrack schnappte mir meine Klampfe, hockte mich ans Mikro und stimmte mich zuerst ein bisschen ein und begann dann zu spielen. Dummerweise leistete ich mir auch den einen oder anderen Patzer. Doch ich versuchte darüber hinweg zu sehen. Ich trug auch mein neuestes Lied vor und dann war es vorbei. Ich schaute die Jungs fragend an und erntete einen Applaus. Nur Kyo musterte mich mit unzufriedener Miene und kam auf mich zu. Mein Herz rutschte mir schon wieder in die Hose und ich wollte mich schon auf das Schlimmste gefasst machen.

„Du scheinst nicht ganz bei der Sache zu sein. Noch Mal.“

Zuerst wollte ich ihn für diese Worte rügen, doch dann legte er seine Hände auf meine Schultern und ich wurde tatsächlich ruhiger.

„Schließ deine Augen“, bat er mich mit sanfter Stimme. Ich tat es. Wie hätte ich bei dem Klang seiner Stimme auch etwas anderes tun können.

„Und jetzt spiel das letzte Lied noch ein Mal.“

Ich tat wie mir geheißen und fühlte mich auf einmal wieder so wie gestern. Frei und nur mit meiner Musik verschmelzend. Auch schaffte ich es die Augen die meiste Zeit geschlossen zu halten und mit all meinen Emotionen zu singen. Wieder Applaus, dieses Mal auch von dem schönen Sänger.

„Und, merkst du den Unterschied? Diese Leistung will ich ab jetzt immer sehen. Morgen dasselbe noch mal. So Schluss für heute, morgen wird noch Mal geprobt. Schlaft euch aus, ich will morgen 200% von euch sehen!“

Alle gingen und auch Kyo machte sich zum Aufbruch bereit. Ich fasste all meinen Mut zusammen und ergriff seine Hand.

„Ist alles okay zwischen uns?“, fragte ich endlich mit zittriger Stimme.

„Ich bin nicht sicher…dein Geständnis macht mir ganz schön zu schaffen…ich bin kein Mann den man lieben sollte Kazu.“

„Aber ich kann doch nichts für meine Gefühle…bitte verstoße mich nicht…wir können immer noch Sex haben. Ich komm damit klar.“

Doch Kyo schüttelte mit dem Kopf.

„Aber ich nicht. Du sagst du liebst mich, doch woran machst du das fest? Nur weil ich Mal ein bisschen nett zu dir war?“

„Nein,…ja auch, aber es hat schon davor begonnen…naja, da war es vielleicht nur eine dumme Schwärmerei. Doch als ich dich dann kennenlernte, änderten sich meine Gefühle und sobald ich in deiner Nähe war, fühlte ich mich so geborgen…glücklich und akzeptiert. Du hast mir die Kraft gegeben an mich zu glauben Kyo…deshalb.“

„Tue es als Schwärmerei ab…mehr kann ich dir nicht geben“, fertigte er mich ab. Doch ich wollte nicht aufgeben. Ich konnte ihn jetzt nicht gehen lassen. Mit einem Satz war ich bei ihm und presste meine Lippen auf seine. Seine Reaktion war die Gewohnte, doch schnell drückte er mich von sich weg.

„Du willst wissen, warum ich dich so verrückt mache Kyo? Weil auch du mehr für mich empfindest, als du zugibst. Ich bin nicht bescheuert und kann sehr gut unterscheiden, ob ich Sex mit Gefühlen oder Sex ohne Gefühle habe. Mit Sota ist es nicht mal annähernd so aufregend wie mit dir.“

Meine Worte erzielten seine erhoffte Wirkung.

„Du vögelst ihn? Seit wann?“, fuhr er mich aufgebracht an.

„Schon eine Weile…das hat lange vor dir angefangen und warum muss ich das rechtfertigen? Du und ich sind kein Paar, also entspann dich.“

Sein Gesicht war jetzt schmerzerfüllt.

„Du sagst du liebst mich und fickst einen anderen Kerl?“, bluffte er mich noch immer an.

„Verdammt Kyo, was erwartest du denn von mir? Ich habe auch meine Bedürfnisse und höre jetzt bestimmt nicht damit auf, nur weil dir mir der Sex mit dir gefällt.“

„Dann untersteh dich gefälligst von LIEBE zu reden…“, keifte er, jedoch weit aus weniger herrisch als zuvor.

„Doch, ich maße mir an von LIEBE zu sprechen, denn ich kann an nichts andere mehr denken…du dominierst meine Gedankenwelt…ich sehe dich auf der Bühne singen…ich sehe dich an unserem letzten Abend oder wie du deinen Kopf in Toshiyas Schoß bettest. All diese Erinnerungen bringen mich mehr oder weniger lebendig durch den Tag…weil du darin die Hauptrolle spielst…und falls es dich beruhigt, seit unserem letzten Mal geht bei Sota und mir nichts mehr…ich kann nicht, weil ich eben dich im Kopf habe.“

Plötzlich zog er mich auf den Sessel und küsste mich als gäbe es keinen Morgen mehr. Mein Körper begann vor Erregung zu beben und auch den schönen Sänger packte die Leidenschaft und er vögelte mir buchstäblich die Seele aus dem Leib. Meine Güte konnte der besitzergreifend sein. Kyo zog mich auf seinen Schoß und streichelte über meinen Rücken.

„Sag deinem Sota gefälligst, er sollte in Zukunft die Finger von dir lassen, sonst muss ich sie ihm brechen. Schön, du liebst mich? Dann untersteh dich je wieder etwas mit einem anderen Typen anzufangen, denn ich teile meinen Besitz nicht gerne.“

Wow, das war mal eine unerwartete Ansage und ich war ein bisschen geplättet. Naja eher völlig aus dem Häuschen. Hatte mich Kyo gerade unbewusst sein eigen genannt?

„Aber so funktioniert das nicht…ich meine, was ist das jetzt zwischen uns?“

Wieder funkelte er mich mit diesem Blick an, den ich so gar nicht mochte. Er schob mich von seinem Schoß.

„Scheiße ich brauch jetzt ein Bier, willst du auch eins?“

Ich nickte nur. Kyo reichte mir die Flasche, ließ sich in den Sessel fallen und musterte mich eine Weile. Dann schaute er im Raum umher, als wäre er sich nicht ganz sicher, was er sagen sollte. Er zündete sich eine Zigarette an und warf auch mir die Schachtel rüber.

„Hör zu du kleine Nervensäge…glaub mir, ich hasse es, wenn ich anderen Recht geben muss, aber du hast Recht…ich empfinde mehr für dich. Am liebsten hätte ich dich den ganzen Tag um mich herum…nackt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es Liebe ist, was ich für dich empfinde…ich habe Mal jemanden geliebt und der hat mich ziemlich heftig enttäuscht…mich verarscht und mir das Gefühl gegeben ich wäre der widerwärtigste Mensch auf der Welt. Früher fand ich mich hübsch, habe hin und wieder mit meinen Fans geflirtet oder mich auf die eine andere Affäre eingelassen. Das änderte sich schlagartig und nun bin ich 40 und das Gefühl ist noch immer da. Manchmal zumindest. Bis zu dem besagten Abend, an dem ich dich traf…ich würde dir gern sagen, dass du dir doch jemanden suchen könntest, der deine Liebe mehr verdient als ich…aber ich will das nicht. Es macht mich verrückt, wenn ich auch nur daran denke ein anderer Mann berührt deinen Körper…glaubst du wir können so irgendwie zusammen sein?“

Mein Atem ging unregelmäßig und mein Herz drohte vor Glück zu zerspringen. Ich trank einen großen Schluck und versuchte die sich anbahnende Erregungswelle zurück zu halten. Aber es funktionierte bei diesem Mann einfach nicht. Ich ließ mich wieder selbstsicher auf seinem Schoß gleiten.

„Ja ich denke, damit kann ich leben…und versprochen, mein Körper gehört ab jetzt nur noch dir allein“, raunte ich ihm zu und zog meine Hose absichtlich noch ein Stück tiefer. Öffnete einen Knopf, dann den nächsten und den dritten.

„Fass mich an.“

„Du holst dir noch den Tod, wenn du bei den Temperaturen dauernd ohne Unterwäsche rumläufst.“

„Das ist es mir wert und dir gefällt es scheinbar auch.“

„Du machst mich fertig Kazuki“, erwiderte mein schöner Sänger und berührte meine Erregung. Seine Hände bewegten sich auf und ab, mit dem Daumen verrieb er den Lusttropfen. Er beschleunigte seine Bewegung und ich krallte mich in seine Schultern, als mich der Höhepunkt überrollte. Oh Mann, ich würde einfach nie genug von diesem Kerl bekommen.

 

Kyo wollte mich mit zu sich Hause nehmen, doch ich musste mir erst ein paar Sachen bei mir holen, da ich ja keine Klamotten für morgen dabei hatte. Nach einem kurzen Disput ließ er mich schließlich gehen.

Gerade als ich auf dem Sprung war, hielt mich Sota auf und bat mich um ein paar Minuten meiner Zeit. Ich schrieb Kyo, dass ich noch was mit meinem Freund zu klären hätte und mich etwas verspätete. Sota öffnete eine Flasche Wein bei sich und bot mir ein Glas an, welches ich dankend annahm. Irgendwas war heute anders an ihm, er wirkte so still und fast schon ein wenig verunsichert.

„Kazu…ich bin nicht sicher, wie beginnen soll…“, begann er doch hielt mitten im Satz inne und zeigte auf meinen Hals. Ich wusste erst nicht Recht, was er meinte und warf einen kurzen Blick in den kleinen Spiegel an der Wand gegenüber vom Bett, auf dem wir hockten. Da hatte mir mein Lieblingssänger aber einen deftigen Knutschfleck verpasst. Wollte wohl sein Besitz markieren. Ich schmunzelte.

„Tja…da hat mich Kyo wohl gezeichnet…“, witzelte ich.

„Seid ihr jetzt zusammen oder was?“, fragte Sota irgendwie enttäuscht. Ich nickte.

„Irgendwie schon.“

„Dann heißt unsere heiße Affäre endet?“

Wieder bejahte ich seine Frage mit einem Kopfnicken.

„Ich fürchte ja…naja und vielleicht solltest du dir auch…“, setzte ich an, doch wurde sogleich unterbrochen, als sich Sotas Lippen auf meinen spürte. Etwas bestürzt stieß ich ihn von mir. Das war gegen unsere Abmachung und mich traf es ziemlich hart, dass er diese einfach so brach.

„Sota, was…“

„Kazuki, ich liebe dich…bitte vergiss Kyo, das geht doch eh nicht lange gut…“

„WAS?“

Sein Geständnis traf mich wie ein Blitzschlag und jetzt konnte ich verstehen, wie sich Kyo gefühlt haben musste, als ich ihm mit diesen drei magischen Worten überfiel. Sogleich wurmte mich mein schlechtes Gewissen.

„Kazu…ich…wie kannst du wissen, dass er immer für dich da sein wird? Ich habe dich schon immer geliebt.“

„Stop Sota…für mich war das zwischen uns nie mehr als eine Affäre…außerdem liebe ich Kyo…“

„Ach ja? Und er dich auch? Verdammt Kazu, er ist einer der größten Rockstars in Japan…nein mittlerweile ist er in der ganzen Welt bekannt. Glaubst du allen Ernstes, dass das hält? Außerdem ihr kennt euch jetzt…wie lange?“, fuhr mich mein Freund an und legte zwischen seinen Worten eine für meinen Geschmack viel zu dramatisierende Kunstpause ein.

„Wir kennen uns vielleicht noch nicht lange, aber er tut mir gut…und vielleicht kann er mir helfen…“

„Helfen? Wobei?“

„Wie ich es in den Griff bekomme…wie ich meinen Schmerz in Musik umsetze…“

Sota schaute mich noch immer beleidigt an und es tat schon weh. Immerhin kannten wir uns schon so lange und ich fühlte mich ungerecht behandelt.

„Ach ja? Weil er Erfahrung damit hat, wie man sich selbst verletzt?“

„Er hat für sich einen Weg gefunden damit umzugehen…außerdem…warum kannst du dich nicht einfach für mich freuen?“, keifte ich jetzt zurück. Sota leerte sein Glas in einem Zug und schenkte sich nach. Ich konnte und wollte das nicht weiter ausdiskutieren, weil es mir zu sehr zusetzte. Mit einem lauten Knall flog die Tür zu Sotas Wohnung hinter mir ins Schloss. Da fiel mir auf, dass ich noch immer das Weinglas in der Hand hielt. Ich kehrte in mein Apartment zurück, stolperte versehentlich über die Türschwelle und fiel der Länge nach hin. Das Glas zersprang auf dem Fußboden und zerflog in tausend kleine Stückchen. Mit bloßen Händen sammelte ich die Splitter auf und natürlich schnitt ich mich direkt in die Handfläche. Ein klaffender Riss öffnete sich und Blut floss bis zu meinem Unterarm. Schnell versuchte ich den Fluss zu stoppen und griff nach der Küchenrolle. Ich versuchte das Tuch mit den Fingern auf den Schnitt zu pressen und machte mich nebenher an meinem Verbandskasten zu schaffen, um mich zu verarzten. Ich wusch das Blut ab und verband meine Hand.

Dann machte ich mich auf dem schnellsten Weg zu Kyo. Dabei verdeckte ich meine Hand, weil ich nicht gleicht wollte, dass er das sah. Ohne auch nur ein Wort zu sagen verschwand er wieder in seinem Arbeitszimmer. Toll, warum waren eigentlich in letzter Zeit alle sauer auf mich? Den pochenden Schmerz meiner Verletzung versuchte ich zu ignorieren, hievte mich auf’s Sofa und zündete mir eine Zigarette an. Ich hörte, wie er auf der Gitarre ein paar Akkorde spielte und leise dazu sang. Eine recht langsame Melodie und wunderschön. Der Text handelte wie bei so vielen seiner Lieder von Trauer, Enttäuschung und Verlustängsten, aber auch sich selbst wieder zu finden und die Hoffnung nicht zu verlieren. Mich rührte das fast zu Tränen, denn in Momenten wie diesen offenbarte mir der hübsche Sänger immer wieder sein innigstes Seelenleben. Ich drückte meine Zigarette aus und spickelte durch den Türspalt. Kyo hielt seine Augen geschlossen und schien mich nicht zu bemerken. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen und mir wurde mehr als sonst bewusst, wie sehr ich diesen Mann liebte. Mit seinen schwarzen kurzgeschorenen Haaren gefiel er mir sogar fast am besten. Sein Kopf neigte sich langsam in meine Richtung und sein Blick war so sanft. So unbeschwert. Ich wünschte mir, dass er mich öfter so ansah. Auf einmal wanderten seine Augen zu meiner Hand. Er kam auf mich zu und ergriff diese.

„Hab mich nur an ner Glasscherbe geschnitten. Sota und ich haben uns gestritten und ich musste schnell weg, bin gestolpert und das Glas ist zerbrochen.“

Und da war sie wieder die Zornesfalte auf seiner Stirn.

„Ich mag ihn nicht. Lass Mal sehen…“

Mein schöner Sänger besah sich meine mehr oder weniger gut verarztete Wunde und wickelte vorsichtig den Verband ab, salbte die Stelle ein und bandagierte sie neu.

„Mh, das merkt man kaum“, entgegnete ich trocken.

„Was hast du überhaupt bei ihm gemacht?“

„Kyo, er ist mein Freund und falls du es noch nicht bemerkt hast, davon hab ich nicht so viele…du kannst mir nicht verbieten Sota zu treffen.“

Der Ältere murrte kaum hörbar.

„Ich teile nun Mal nicht gerne und wenn dann auch noch sowas passiert, passt mir das gar nicht in den Kram.“

„Außerdem musste ich ihm doch genau das sagen…dass wir jetzt zusammen sind…“, flüsterte ich und legte meine Arme um ihn.

„Warum habt ihr euch gestritten?“

Verdammt, warum hatte ich nur gewusst, dass er mir diese Frage stellen würde. Außerdem war ich mir auch darüber im Klaren, dass ihn die Antwort nicht gerade dazu animierte in Jubelgeschrei auszubrechen.

„Er…er wollte mehr als nur eine Affäre…“

Kyo funkelte mich mit seinen fast schwarzen Augen an.

„Na klar…das hätte ich dir auch sagen können. Fast jede Affäre endet irgendwann in einer Beziehung. Das hast du nun von deiner Vögelei mit ihm!“, fuhr er mich an.

„Musst du jetzt darauf herumreiten? Falls du es mitbekommen hast, ich bin gerade bei dir und nicht bei ihm“, fauchte ich zurück. Dass Kyo auch immer so streitlustig sein musste.

„Hab ich schon Mal erwähnt, dass du mich verrückt machst? Und das gerade nicht in sexueller Hinsicht…wenn das mit uns klappen soll, könntest du auch versuchen mich zu verstehen. Dir würde es genauso wenig gefallen, wenn du wüsstest  ich hätte vor dir was mit einem meiner Jungs am Laufen gehabt.“

Damit hatte er nicht ganz unrecht. Ich wollte trotzdem nicht nachgeben.

„Heißt das jetzt du verbietest mir meinen Freund zu sehen?“

„Nein…ja, ich hab keine Ahnung Kazuki…vielleicht sollten wir heute getrennt schlafen. Ich kann das gerade nicht.“

Kyo verschwand in der Küche und setzte Tee auf. Auch, wenn ich ihn verstand taten seine Worte verdammt weh. Da es schon recht spät war, machten wir uns Bettfertig. Als Kyo im Schlafzimmer verschwand, zog sich mein Herz krampfartig zusammen und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Warum war er nur so? Ich kuschelte mich auf’s Sofa, fand allerdings keine Ruhe und das Gefühl der Enttäuschung machte sich in mir breit. Warum verdammt musste gerade alles so kompliziert sein? Da hatte ich ihn schon dazu bekommen mit mir zusammen zu sein und er fand trotzdem immer etwas, das ihn störte. Stumme Tränen rannen meinen Wangen herab und ich wischte sie mit der Decke beiseite. Schließlich versuchte ich dann doch zu schlafen, doch es war ein unruhiger Schlaf und ich träumte wirres Zeug. Außerdem fror ich ein bisschen und die erste Übernachtung bei meinem liebsten hätte ich mir anders vorgestellt.

Schließlich dämmerte ich weg. Ich träumte von Kyo und Toshiya, wie sie sich küssten. Einerseits fand ich den Dir en Grey Bassisten jetzt nicht gerade hässlich, aber der Schmerz war heftig. Als würde jemand mein Herz zerquetschen. Ich wollte auf die beiden zugehen und sie fragen, warum sie das taten, doch jeh näher ich auf sie zuging, desto weiter entfernten sie sich von mir. Ich schreckte hoch und schmeckte die salzigen Tränen auf meinen Lippen. Eine Hand strich mir behutsam über den Rücken und ich zuckte zusammen. Kyo blinzelte mich verschlafen an. Moment Mal, seit wann lag er neben mir?

„Es war nur ein Traum Kazu. Leg dich wieder hin.“

Ich kuschelte mich an meinen Sänger und er zog mich in seine Arme. Sofort wurde mir leichter ums Herz.

„Kyo, ich will dich nicht verlieren…“, wisperte ich.

„Mhh…schlaf jetzt mein kleiner Herzensbrecher“

Ich schmiegte meinen Kopf in seine Halsbeuge und hauchte einen Kuss auf seine warme Haut.

„Wie kommst du eigentlich auf’s Sofa?“

„Geflogen…“

„Idiot“, kicherte ich.

„Außerdem ist allein schlafen blöd und jetzt halt endlich deinen Mund sonst geh ich wieder.“

In meinem Bauch flatterten tausende von kleinen Schmetterlingen und ich lauschte Kyos ruhigen Atemzügen. Seine helle Haut leuchtete im Licht des Mondes, der zum Fenster hinein schien. Oh Mann, war das gerade Wirklichkeit? Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass ich in den Armen des berühmten Dir en Grey Sängers lag. Zaghaft küsste ich seine Wange.

„Du schläfst ja immer noch nicht“, brummte Kyo jetzt fast schon ein bisschen genervt.

„Ich genieße gerade deinen Anblick…ist es dir bei mir auch egal, wenn ich dir sage, dass du wunderschön bist?“

Ein beschwertes Seufzen entfuhr ihm.

„Natürlich nicht…aber können wir bitte morgen reden? Ich bin wirklich müde und glaub mir, du möchtest mich nicht erleben, wenn ich richtig schlechte Laune habe.“

Diese unterschwellige Drohung nahm ich dann doch ernst, doch ließ es mir nicht nehmen Kyo noch einen letzten Kuss zu geben. Dann endlich fiel auch ich wieder in einen ruhigen, dieses Mal traumlosen Schlaf.

 

Der Geruch von Kaffee und frischen Brötchen stieg mir in die Nase. Ich setzte mich etwas auf und konnte in die offene Küche schauen. Kyo stand mit dem Rücken zu mir gewandt und dem Geruch nach zu urteilen war er gerade dabei Eier zu braten. Machte er ernsthaft Frühstück für mich? Mit einem glücklichen Glucksen und einem breiten Grinsen auf den Lippen sank ich wieder in die weichen Kissen. Oh Mann, daran musste ich mich wohl noch gewöhnen. Ich schwang meine Beine aus dem „Bett“ und näherte mich dem hübschen Sänger. Eine Weile lehnte ich noch am Tisch und sah ihn einfach nur an. Meine Augen wanderten über das große Tattoo auf seinem Rücken bis hin zu seinem wohlgeformten Hintern, der bedauerlicherweise von seiner Shorts bedeckt wurde. Wahrscheinlich hing mir mein imaginärer Sabberfaden bis zum Boden. Als würde er meinen schmachtenden Blich bemerken, drehte er sich langsam um.

„Magst du Kaffee oder Tee?“

Was? Wirklich jetzt? Ich stand gerade nackt vor ihm und er hatte nichts Besseres zu tun als mich zu fragen, was ich trinken wollte? Na schön. Fragte sich nur, wer schneller seine Selbstbeherrschung verlor.

„Kaffee bitte.“

Kyo reichte mir eine Tasse mit der dampfenden fast schwarzen Flüssigkeit darin. Mhh, vermutlich würde ich den Selbstberherrschungs-Wettbewerb gnadenlos verlieren. Und wieder schenkte er dem Herd mehr Aufmerksamkeit als mir. Wie machte er das? Ich lehnte mich ein bisschen provokant an die Arbeitsfläche und beobachtete ihn noch immer. Doch er hatte das perfekte Pokerface aufgesetzt und ich zweifelte schon fast an der Ernsthaftigkeit seiner Worte am Tag zuvor. Mit einer Gelassenheit verteilte er das Rührei auf zwei Tellern und stellte diese auf das Tablett, wo auch schon die Brötchen, Butter und diverse Käsesorten platziert waren. Anschließend holte er noch Besteck aus der Schublade unter dem Herd und balancierte das Frühstück elegant ins Wohnzimmer. An Kyo war wohl ein hochbegabter Kellner verloren gegangen. Ich wusste nicht was mich gerade mehr irritierte. Dass er so gelassen tat oder, dass er mir gerade Frühstück ans Bett brachte. Ich folgte ihm und kuschelte mich wieder in die Decke. Auch Kyo schlüpfte zu mir ins Warme.

„Danke für’s Frühstück machen…“, murmelte ich. Ein freundliches Lächeln umspielte seine Lippen.

„Naja, jetzt muss ich ja dafür sorgen, dass ich dich bei Laune halte.“

„Mh, das schaffst du sicher auch mit anderen Dingen“, entgegnete ich frech.

„Oh glaub mir, dessen bin ich mir mehr als bewusst und an die wundervolle Kazuki-Dekoration, die meine Wohnung ziert, könnte ich mich gewöhnen.“

Ich musste lachen, also war das noch nicht so ganz an ihm vorbeigegangen.

„Du darfst auch gerne mit deiner Dekoration spielen“, ärgerte ich Kyo weiter und erntete ein anzügliches Grinsen seinerseits.

„Ich wusste gar nicht, dass meine Dekoration so viel reden kann. Normalerweise sind solche Gegenstände doch immer stumm und nicht so aufmüpfig.“

„Dann solltest du mich vielleicht reklamieren oder einfach damit leben.“

„Kannst du mir mal verraten, wie man eigentlich so zuckersüß und so verdammt heiß zur gleichen Zeit sein kann?“

Ich lachte herzhaft und verschluckte mich fast an einem Brötchenkrümel.

„Zu meiner Schulzeit war ich in einer Theater AG…da hab ich gelernt andere mit meinem zuckersüßen Charme zu verführen. Funktioniert ja scheinbar auch.“

Kyo zog die Stirn in Falten und musterte mich mit einem eher ungläubigen Blick. So als würde ich ihm gerade Märchen auftischen wollen.

„Was? Das ist die Wahrheit…irgendwie musste ich ja lernen mit diesen beschissenen Gefühlen umzugehen…“, rutschte es mir raus und schon kippte meine Stimmung. Auch mein schöner Sänger schien das zu bemerken.

„Kazu…“, flüsterte er und klang dabei so liebevoll, dass es mir schon wieder dir Tränen in die Augen trieb. Bisher hatte ich vor Kyo nur eine richtige Beziehung gehabt und die hätte mich beinahe zerstört. Mehr noch als der ständige Streit mit meiner Familie. Doch dann lernte ich Sota kennen und wir wurden Freunde. Er schaffte es ohne mich großartig nach meiner Vergangenheit zu fragen, mich aufzubauen, mir ein treuer Freund und Wegbegleiter zu sein. Ab und zu fragte er mich zwar Dinge zu meiner Familie oder meinen Exlovern, doch nie bekam er eine Antwort darauf. Mir war es ohnehin ein Rätsel, wie er es schon so lange mit mir ausgehalten hatte. Denn wenn ich mir das so recht überlegte, musste es für Sota mehr als frustrierend sein einen Freund wie mich zu haben, der nur kam, wenn er Lust auf Sex und ein bisschen körperlicher Nähe verspürte. Im Gegenzug aber nie mehr als nötig zuließ. So kam es auch zu der Regel, dass wir uns tatsächlich nur auf’s körperliche reduzierten. Kein Kuss und auch keine zärtlichen Streicheleinheiten oder das typische Kuscheln danach. Nichts, weil ich es nicht verkraftet hätte, doch warum funktionierte das bei Kyo? Noch nie in meinem Leben hatte ich den Drang verspürt mit irgendwem über meine Probleme und naja in gewisser Weise zwanghaften Störungen zu reden. Bis heute.

von guten Freunde und einem ganz besonderen Schatz

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Selbstzweifel

Nach dem Frühstück packte Kyo ein paar Sachen zusammen und verabschiedete sich von mir. Ich zog ihn in einen langen leidenschaftlichen Kuss und er grinste, als unsere Lippen aufeinander lagen.

„Bald bin ich wieder da, versprochen“, nuschelte er noch halb an mir hängend und riss sich los.

„Viel Spaß.“

Das Wetter draußen war ungemütlich, regnerisch und kalt. Ich mochte den Herbst nicht besonders, denn gerade in dieser eher düsteren Jahreszeit fiel es mir schwerer meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Außerdem kam hinzu, dass ich nicht gern allein war, weil ich es kaum mit mir aushielt. Immer wieder verfolgten mich diese beschissenen Erinnerungen und meine Gedanken schweiften zu tief ab. Deshalb beschloss ich Kyos Wohnung zu verlassen und mich unter Menschen zu mischen.

Mein zweites Wohnzimmer, die vertraute, leicht heruntergekommene Bar bot mir Schutz und hier war es mir möglich den Klauen meiner Vergangenheit zu entfliehen. Zumindest für eine Weile. Kurz überlegte ich Sota einen Besuch abzustatten, doch vermutlich war das nach unserem letzten Streit keine so berauschende Idee. Takashi lud mich auf einen Tee ein und begann zu plaudern. Komischerweise wollte er nicht wissen, warum ich mich die letzten Tage nicht hatte blicken lassen, doch eigentlich ging ihn das auch nichts an. Schließlich war das nicht in unserer mündlichen Vereinbarung festgelegt. Ich spielte, wenn ich Zeit dazu hatte, das war der Deal. Heute schien ein Tag wie jeder andere zu sein. Lahmes Publikum und nicht all zu viele Besucher in der Bar. Ich erledigte meinen Job trotzdem so gut ich konnte und hörte Kyos Stimme in meinem Hinterkopf flüstern, wenn ich mir mal einen Fehler erlaubte. Wahnsinn, dass er auch in seiner Abwesenheit mit einer derartigen Präsens glänzte. Seit langem gönnte ich mir nach dem Auftritt mal wieder ein Bier und machte mich anschließend auf den Weg in meine Wohnung.

Allerdings erwartete mich dort eine böse Überraschung. Ein Brief war unter der Tür hindurch geschoben worden und er stammte von meinem Vermieter. Das seltsame Ziehen in meinem Magen verstärkte sich. Mir war klar, dass ich mit der Miete etwas in Verzug war, doch bisher hatte ihn das auch nie gestört. Warum dann jetzt das plötzliche Interesse? Ich beschloss ihn am nächsten Tag anzurufen und das Missverständnis aus der Welt zu schaffen.

 

Nach dem ersten Klingeln nahm er ab und schlug vor sogleich vorbeizukommen. Ich schlüpfte schnell in meine Klamotten und da er nur zwei Etagen unter mir wohnte, ließ er nicht lange auf sich warten. Ich öffnete noch ein bisschen verpeilt die Tür und bot ihm einen Kaffee an, den er jedoch ablehnte. Seine schwarzen Haare waren streng nach hinten gestrichen und in der Anzughose, dem Hemd und dem Overall darüber wirkte er sehr spießig und dennoch respekteinflößend.

„Sie haben das Schreiben erhalten Herr Nakamura?“, fiel er sogleich mit der Tür ins Haus und ich nickte.

„Dann wissen Sie ja Bescheid. Leider ist das nicht das erste Mal, dass sie mit Ihrer Miete im Verzug sind, deshalb muss ich wohl oder übel härtere Geschütze auffahren.“

„Ich versichere Ihnen, dass ich das Geld bis zum Ende der Woche haben werde. Nur bitte werfen Sie mich nicht aus der Wohnung“, flehte ich meinen Vermieter an, doch seine Miene blieb hart wie Stein.

„Seit einem halben Jahr bekomme ich Ihre Miete nun schon nicht zum vereinbarten Termin. Es tut mir leid. Sie haben bis zum Ende des Tages Zeit.“

„Bitte was? Aber wo soll ich denn dann wohnen?“

„Das ist nicht mehr mein Problem. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag Herr Nakamura!“

„Als ob ich den jetzt noch habe Sie Arschloch!“, rief ich ihm nach und feuerte meinen Rucksack in die nächste Ecke. Verfluchte Scheiße! Was sollte ich jetzt tun? Ich biss heftig auf die Unterlippe und der imaginäre Knoten in meiner Brust drohte mir die Luft abzuschnüren. Ich sank auf mein Bett und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Obwohl ich mit Kyo zusammen war, lief gerade alles andere in meinem Leben mehr als beschissen. Mit einem Seufzen und der bitteren Einsicht, dass ich ohnehin nichts ändern konnte, packte ich meine wenigen Habseligkeiten in meine kleine schwarze Reisetasche. Ein letztes Mal blickte ich mich in der winzigen Wohnung um und irgendwie hatte ich sie doch gemocht. Den Schlüssel warf ich bei meinem Vermieter in den Briefkasten. Auf dem Weg nach unten wäre ich fast mit Sota zusammengestoßen. Na super, auch das noch. Er nickte irritiert in Richtung Tasche.

„Willst du verreisen oder was?“

„Ne ausziehen“, gab ich kurz und knapp zurück. Jetzt schaute mich mein Freund geschockt an.

„Etwa zu deinem Kyo? Ist das dein ernst Kazu?“

Ich war heute ganz und gar nicht zum Streiten aufgelegt und mir fehlte auch jegliche Kraft dazu.

„Wenn du es genau wissen willst, ich wurde aus der Wohnung geschmissen und bin jetzt obdachlos. Lässt du mich jetzt bitte vorbei? Ich muss mich mit dem nächstbesten Penner um die gemütlichste Parkbank schlagen“, entfuhr es mir und irgendwie erstaunte mich mein schwarzer Humor selbst.

„Was? Aber wieso? Ich meine, du kannst auch bei mir pennen…“

„Nein schon gut…ich komm irgendwie klar. Zu dem wieso…konnte meine Miete nicht immer rechtzeitig bezahlen…ist scheiße gelaufen, jetzt muss ich damit klarkommen.“

„Verdammt Kazuki, draußen ist es arschkalt…jetzt sei nicht so ein Spinner und komm mit zu mir…ich werde dich auch sicher nicht anfassen, aber du holst dir den Tod“, entgegnete er und ich lächelte traurig.

„Tja, dann war es schön deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Vielleicht treffen wir uns in einem anderen Leben unter besseren Umständen wieder.“

Mein Freund schaute mich mitfühlend an, doch ich wollte sein Mitgefühl nicht.

„Kannst du nicht irgendwie zu seiner Familie gehen, zumindest übergangsweise?“, fragte er vorsichtig, weil er zu ahnen schien, dass dieses Thema wie ein rotes Tuch für mich war, auch wenn ich ihm nichts von dem Drama mit meinen Eltern erzählt hatte.

„Nein, das geht leider nicht…bis irgendwann Sota“, beendete ich unser Gespräch und zwängte mich an ihm vorbei. Er rief mir noch nach, doch ich tat so, als würde ich ihn nicht hören. Ich kaufte mir am nächsten Kiosk etwas zum Essen und eine Kaffee und schlug die Zeit im Einkaufzentrum tot. Mein Instrument stand noch sicher verwahrt in der Bar und dort würde ich später auch wieder hingehen, in der Hoffnung den Abend dort verbringen zu können, bis sich die Pforten schlossen. Diesen Plan setzte ich dann auch in die Tat um.

Takashi stellte keine Fragen, als ich am Schluss noch immer gefährlich schwankend am Tresen auf meinem Barsessel hockte und schon viel zu viel intus hatte. Meine Tasche und die Klampfe hatte ich sicher hinter der Bar verwahrt.

„Schließt du noch ab Junge? Ich weiß nicht was los ist, aber du kannst auf dem Sofa hier übernachten. Schlaf gut.“

Mit diesen Worten verabschiedete er sich und löschte das Licht. Ich wankte zu dem abgewetzten Ledersofa, welches mich kalt und unwürdig empfing. Nur meine Jacke diente mir als Decke und wärmte nicht besonders gut. Irgendwann erwachte ich, weil mich ein unangenehmes Ziehen in meinem Magen weckte. Na klasse. Ich torkelte zu den Toiletten und eckte dabei bestimmt an allen Tischen oder Stühlen an, die sich auf dem Weg dorthin befanden. Ich beschleunigte meinen Schritt, als ich merkte, wie sich mein Mageninhalt ziemlich schnell seinen Weg ins Freie suchte. Gerade noch rechtzeitig erreichte ich die Kabine, riss den Deckel nach oben und übergab mich. Nach einer Weile hatte sich mein Magen beruhigt und erschöpft sank ich an der Wand in einen Dämmerschlaf, bis zur nächsten Übelkeitswelle.

Ich musste wohl wirklich eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal erwachte, schien helles Licht in den kleinen Raum. Ich kam mir schäbig und einfach nur widerlich vor. Aus meiner Tasche, die ich holte, kramte ich meine Zahnbürste hervor und putzte mir die Zähne, spritzte mir noch ein bisschen Wasser ins Gesicht und beschloss diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Konnte ich dem alten Mann jeh wieder unter die Augen treten? Beschämt kritzelte ich ein paar dankende Worte auf einen Zettel, nahm meine Tasche und die Gitarre und verschwand. Ausgelaugt von der letzten Nacht und das schwere Gepäck, das mich beim Laufen behinderte, schlurfte ich wie Zombie durch die nahezu leeren Straßen. Im Gegensatz zu sonst schien heute nicht so viel in der Stadt los zu sein. Menschen rauschten an mir vorbei, schenkten mir jedoch keinerlei Beachtung.

Nach Essen war mir nicht zumute, aber schlafen und duschen wäre jetzt nicht übel. Eher unbewusst griff meine Hand nach dem Schlüssel in meiner Hosentasche. Sollte ich zurück in Kyos Wohnung? Schließlich hatte er es mir ja angeboten oder? Verunsichert war ich trotzdem, denn es kam mir vor, als würde ich so in seine Privatsphäre eindringen. Meine Hände waren mittlerweile so steif von der Kälte, dass es mir Schwierigkeiten bereitete meine Tasche zu halten. Ich musste mich aufwärmen und kehrte wieder im Einkaufscenter ein. Dort hockte ich mich auf eine Bank und wollte meine Mails checken, da fiel mir das schwarze Display auf. Schön, mein Handy war tot, kein Akku mehr. Egal, wer würde mich auch erreichen wollen? Am liebsten würde ich schreien. Tolle Karriere. Mit Anfang dreißig keinen ordentlichen Job und obdachlos. Nur ein verträumter Musiker, der gehofft hatte irgendwann Erfolg zu haben. Ich beobachtete all die fröhlichen Gesichter in der Vorweihnachtszeit. Wie frustrierend, noch zwei Wochen und dann stand dieses verhasste Fest schon vor der Tür. Meine Erinnerungen schweiften zehn Jahre zurück. Von meinem ersten Lohn hatte ich mir eine Gitarre gekauft, eben diese, die ich auch heute noch bei mir trug und die stets meine treue Begleiterin war. Mein Zimmer im Haus meiner Eltern befand sich damals ganz oben im Dachgeschoss, sodass ich mir in Ruhe das Spielen beibringen konnte. Es störte sich ja ohnehin niemand daran, denn wen interessierte schon, was der schwule Versager der Familie trieb? Wenn meine Eltern unsere Familie über die Feiertage einlud, schlich ich mich immer aus dem Haus. Die ersten Male, als ich dann doch erwischt wurde, weil ich mitten in der Nacht völlig betrunken zurück kam, prügelte mich mein Vater grün und blau. Und immer wieder bleute er mir ein, dass ich meine nächtlichen Streifzüge unterlassen solle, denn schließlich könnten unsere Nachbarn davon Wind bekommen. Natürlich ließ ich es nicht bleiben.

Tagsüber schaute ich mir Videos oder Tutorials an und spielte diese nach. Schließlich keimte in mir der Wunsch endlich vor Menschen zu musizieren. So landete ich dann in der Bar von Takashi und lernte dort auch Sota kennen, der mir später die Wohnung vermittelte. Ich hatte meine Familie nie darüber in Kenntnis gesetzt, was meine Pläne betraf und nachdem ich meinen Schulabschluss in der Tasche hatte, war ich ohne sie zu fragen ausgezogen. Ab und zu liefen wir uns noch über den Weg, doch sie ignorierten mich. Für meine Familie war ich wie Luft, schlimmer noch, denn Luft hätte wenigstens einen Sinn, da man diese zum Atmen brauchte. Ich war nichts. Nicht existent und ihnen war es vollkommen egal, ob ich mein Leben auf die Reihe bekam oder nicht. Dieser Gedanke zerfraß mich innerlich, weil es irgendwann mal anders war. Doch wann kam es zu dieser Wendung? Ich wusste es genau, doch genau diese Erinnerung blieb die schlimmste von allen und ich verdrängte sie so oft wie möglich. Wenn es mir denn gelang, aber wie bereits erwähnt, in dieser kalten Jahreszeit hatte ich meine Gefühle kaum unter Kontrolle.

 

Irgendwie verspürte ich ein leichtes Hungergefühl, doch sobald ich an Essen dachte, es in meinem Kopf Gestalt annahm, zog sich mein Magen wieder zusammen. Dann also nicht. Ich zog den Schlüsselbund erneut aus meiner Hose heraus und mir fiel auf, dass das da auch die Schlüssel für den Proberaum dran hingen. Plötzlich kam mir ein Gedanke und meine Euphorie schien langsam ihren Weg zurück zu mir zurück zu finden. Ich sprang schon fast gut gelaunt auf, als ich jemanden meinen Namen rufen hörte. Verwirrt drehte ich mich um und schon sackte meine Laune wieder in den sprichwörtlichen Keller. Vor mir standen eine Frau mittleren Alters und ein Mädchen, das jetzt ungefähr 19 oder 20 sein müsste. Beide wirkten sehr gepflegt und man sah ihnen an, dass sie der gehobeneren Gesellschaft angehörten. Zwei Augenpaare starrten mich unentwegt an und schon war mir wieder kotzübel. Ich setzte meine Tasche auf der Bank ab.

„Kazuki? Bist du das?“, fragte mich die Frau.

„Bedauerlicherweise ja…ich bin noch am Leben, sicher hätte dich ein anderer Tatbestand mehr gefreut“, entfuhr es mir. Nein, Nettigkeit ihr gegenüber war schon lange nicht mehr meine Stärke.

„Du siehst furchtbar aus…und was sind das für Kratzer auf deiner Brust?“

Da mein Shirt unter der Kapuzenjacke sehr tief ausgeschnitten war, gab es meine Narben preis. Ich bekam ihre Hand noch gerade so zu fassen.

„Wage es nicht mich anzufassen!“, fuhr ich sie an und ihr erschrockener Blick fixierte mich kurz, als würde sie doch so was wie Mitleid empfinden. Doch dann spiegelte sich die gewohnte Gleichgültigkeit darin. Auch das Mädchen warf mir einen verachtenden Blick zu. Ihre kalten Augen musterten mich von unten bis oben und allein diese Geste bewirkte, dass ich mir wie das letzte Stück Dreck vorkam.

„Ich fasse es nicht, wie kannst du dich in deinem Zustand hier an einem so öffentlichen Platz herumtreiben? Was sollen denn die Eltern mit ihren Kindern denken? Die bekommen es ja mit der Angst zu tun. Hast du getrunken oder womöglich Drogen konsumiert?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Keine Drogen…warum redest du überhaupt mit mir? Hast du nichts Besseres zu tun?“

„Doch, hab ich. Deine Schwester und ich gehen jetzt ein Kleid für ihre Silvesterparty kaufen.“

„Wie kannst du es wagen sowas zu sagen Mama. Ich habe keinen Bruder, schon vergessen!“, entgegnete dieses kleine fiese Miststück und brach mich, wie schon so viele Male davor. Nicht mehr lange und ich verlor meine Selbstbeherrschung.

„Ich muss dann auch los…viel Erfolg beim Kleider shoppen…“, versuchte ich dennoch freundlich zu sagen.

„Halt doch die Klappe, du schwänzelutschender Wiederling…danke, dass du mir jetzt den Tag vermiest hast.“

Ich schluckte die Beleidigung runter wie immer.

„Mei, es reicht. Nicht solche Worte in der Öffentlichkeit! Tschüss…“

Noch bevor sich meine Mutter von mir verabschieden konnte, rannte ich aus dem Einkaufszentrum. Stürzte zur Metrostation und fuhr zum Proberaum.

Mit zittrigen Händen zündete ich mir eine Zigarette an und um den Tag wirklich beschissen perfekt werden zu lassen, begann es jetzt auch noch zu regnen. Nicht nur en leichter Nieselregen, nein, es schüttete wie aus Eimern. Es dauerte eine Weile, bis ich den passenden Schlüssel aus dem Bund gefingert hatte und leicht durchnässt ließ ich mich auf das Sofa sinken, wo ich mir eine neue Zigarette anzündete. Besonders warm war es hier nicht und mein Körper zitterte ein bisschen in den feuchten Klamotten. Außerdem konnte ich wirklich langsam eine heiße Dusche vertragen, denn mich beschlich das Gefühl, dass ich ein bisschen streng roch. Also doch zu Kyo?

Ich zuckte panisch zusammen, als ich hörte, wie hinten auf dem Klo die Spülung betätigt wurde. Verdammt, wer konnte dass sein? War jemand eingebrochen? Schon wollte ich aufspringen, als sich die Tür öffnete und der Mann, der mich da anschaute war mindestens genauso perplex wie ich. Seine verstrubbelten braunen Haare hingen ihm ein bisschen ins Gesicht und seine dunklen Augen, die mich schon fast ein wenig an die von Kyo erinnerten, fixierten mich neugierig. Die letzten beiden Knöpfe seines schwarz-violett karierten Hemdes standen offen und entblößten seine helle Haut minimal. Die enge Hose mit der großen Gürtelschnalle in Form eines Kreuzes hing schon fast unverschämt weit unten. Irgendwie hatte ich auch das Gefühl diesen Mann zu kennen. Er stand noch immer da und beobachtete mich.

„Nanu, was für eine nette Überraschung. Aber wie kommst du in den Proberaum von Dir en Grey?“, fragte er mich mit tiefer Stimme und kam näher auf mich zu.

„Dasselbe könnte ich dich auch fragen“, gab ich etwas kleinlaut zurück und zündete mir eine zweite Zigarette an.

„Aber ich hab zuerst gefragt. Also?“

„Wie denn schon, natürlich mit nem Schlüssel. Zufrieden?“

Der Typ kratzte sich am Kinn und schaute nachdenklich zur Decke.

„Mhh,…Tooru hat einen Schlüssel, Shinya und Kao…doch der hat mir seinen geliehen, bleiben also nur noch zwei…Shini vielleicht?“, überlegte er. Moment, was tat der Kerl mit dem Proberaumschlüssel des Diru Leaders? Und warum war er so daran interessiert, von wem ich meinen Schlüssel hatte? War das nicht egal? Ich hatte eben einen. Basta! Ich zog meine Jacke enger um mich. Er wartete noch immer auf eine Antwort. Doch ich tat nicht dergleichen, weil ich keinen Bock hatte mit irgendwelchen komischen Typen zu reden. Ich wünschte mir Kyo her, mehr als alles andere auf der Welt. Wollte in seinen Armen liegen und die letzten zwei Tage einfach vergessen.

„Naja, sehr gesprächig scheinst du ja nicht zu sein. Stört es dich, wenn ich ein bisschen Bass spiele?“

Ich schüttelte nur den Kopf und schaute im Kühlschrank nach einer Flasche Wasser, welches ich dort auch fand. Dann kribbelte es mich doch in den Fingern und auch ich packte meine Gitarre aus. Hörte dem Bassisten zu und versuchte einzusteigen. Als dieser bemerkte, dass ich ihn begleitete, staunte er nicht schlecht. Wir lieferten uns ein kleines Battle, was mich zumindest für einen kurzen Augenblick vergessen ließ. Als er sein Tun stoppte, begann ich meine eigenen Songs zu spielen und zu singen. Das schien auch den anderen Musiker mächtig zu beeindrucken.

„Nicht übel…sag mal, du bist aber nicht zufällig Kazuki oder?“

Mit weit aufgerissenen Augen musterte ich den Fremden. Woher zur Hölle wusste er, wer ich war?

„Ähm…doch, aber woher weißt du das?“

Jetzt lächelte der andere Bassist und winkte mit der Hand ab.

„Kao hat das letztens Mal erwähnt…mh, wie war sein genauer Wortlaut? Das wirst du mir nicht glauben, aber ich glaube Tooru ist doch noch nicht verloren…er hat da gestern diesen echt schnuckeligen Nachwuchsmusiker mit in den Proberaum gebracht….und der kleine hat’s echt drauf.

Kaoru? War das vielleicht Kaorus Freund?

„Schön und mit wem habe ich die Ehre?“, fragte ich noch immer reserviert. Er streckte mir seine Hand entgegen.

„Verzeih, wo bleiben meine guten Manieren. Ich bin Zero“, stellte sich der braunhaarige vor. Zero? In meinem Hirn begann es zu rattern.

„Freut mich“, gab ich zurück und meinte es auch so. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Jetzt wurde mir auch klar, woher in den anderen kannte. Oh mein Gott. Augenblicklich hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich ihm gegenüber so unfreundlich verhalten hatte. Naja, zu spät.

„Na, hat es klick gemacht?“, amüsierte sich der D’espairs Ray Bassist.

„Sorry…heute ist nicht gerade mein Glückstag.“

„Schon okay…aber vielleicht solltest du langsam mal aus den nassen Klamotten raus. Sonst bist du morgen krank. Das würden mir die Jungs sicher nicht verzeihen.“

„Ist vielleicht echt nicht die schlechteste Idee.“

Ich kramte saubere Kleidung aus meiner Tasche und zog mich bis auf die Unterhose aus. Die Anwesenheit von Zero störte mich nicht und seiner Reaktion nach zu urteilen war auch ich nicht der erste Mann, den er halbnackt zu Gesicht bekam.

Mit den trockenen Klamotten wurde mir tatsächlich ein bisschen wärmer. Ein Blick in meine Kippenschachtel ließ mich seufzen. Nur noch drei Zigaretten, na toll. Ich zündete mir eine an. Kalt war mir noch immer.

„Sag mal, bist du auf der Flucht oder was soll die Reisetasche?“

Und schon kippte meine ausgelassene Stimmung wieder. Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern.

„So was in der Art…lange Geschichte.“

„Mh verstehe, du magst nicht drüber reden. Ist vollkommen okay. Verstehst du dich gut mit den Jungs?“, wechselte Zero das Thema und ich war ihm ausgesprochen dankbar dafür.

„Schon. Manchmal ist es irgendwie noch ein bisschen komisch, weil…naja, sie ja so berühmt sind…aber Kyo scheint ernsthaftes Potenzial in mir zu sehen.“

„Da kann ich ihm nur beipflichten.“

„Danke…sowas bekomme ich nicht all zu oft zu hören.“

„Dann warst du bisher wohl mit den falschen Leuten zusammen. Ich muss dann auch los. Soll ich dich irgendwohin fahren?“

Ich schluckte und überlegte kurz, doch ich kam zu keiner besseren Alternative.

„Weißt du wo Kyo wohnt?“

Zero schaute mich mit einer Mischung aus „bist du völlig irre“ und „vielleicht hast du dich doch verkühlt“ an. Ich ignorierte es.

„Du meinst das ernst oder?“

Ich nickte und er schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Gemeinsam verließen wir den Proberaum und stiegen ins Zeros Auto, welches er um die Ecke geparkt hatte. Der Regen hatte noch immer nicht nachgelassen, im Gegenteil. Zero musste vorsichtig fahren, da das Wasser auf den Straßen stieg und seine Scheibenwischer über die Windschutzscheibe flitzten.

„Das heißt, du hast auch Kyos Wohnungsschlüssel?“, fragte der Bassist dann nach einer Weile. Klar, wenn er mit dem Diru Leader befreundet war, wusste er sicher auch, dass sich die Jungs gerade in Tokio befanden.

„Sieht so aus.“

„Das ist echt verrückt. Ich meine ich kenne die Jungs schon eine Weile, doch ich habe  noch nie mitbekommen, dass Tooru jemanden mit zu sich nimmt. Sogar seine Freunde…naja abgesehen von Shinya, nimmt er nicht all zu oft mit in seine privaten Gemächer und dann dich?...Oh tut mir leid, das sollte nicht so rüberkommen…“

„Schon okay, ich verstehe auch nicht, was er an mir findet. Immerhin könnte er jeden haben.“

Plötzlich entfuhr Zero ein übertriebenes Lachen.

„Oh mein Gott, sag bloß ihr habt was miteinander?“

Na toll, was sollte ich darauf schon wieder antworten?

„Wüsste nicht, was dich das angeht. Schließlich frag ich auch nicht, ob du mit Kaoru vögelst“, rutschte es mir raus und ich sollte dringend schlafen, denn irgendwie schien ich nicht mehr so ganz unter Kontrolle zu haben, was ich sagte.

„Ja tue ich und wir machen daraus auch kein Geheimnis. Er ist süß und toll…manchmal ein bisschen verrückt…keine Sorge ich sag es keinem. Schließlich weiß ich, wie Kyo austicken kann. So da wären wir.“

Zero parkte vor dem Haus. Ich bedankte mich und verabschiedete mich von ihm.

Endlich duschen, den Dreck und diese Erinnerungen der letzten Tage loswerden. Ich kauerte in der Dusche und das heiße Wasser prasselte auf meinen Körper herab. Jetzt da ich wieder alleine war drangen diese unschönen Gefühle wieder empor. Ich zitterte, trotz des warmen Wassers und schluchzte, denn keine Minute länger hätte ich diese Welle der Emotionen zurückhalten können. Doch war ich alleine damit, niemand, der mir gerade Beistand leisten konnte oder mich davor bewahrte, mich selbst zu verletzen. Meine Fingernägel krallten sich auf diese gefährliche Art in meine Oberarme. Ich biss mir heftig auf die Unterlippe und die Tränen liefen unentwegt meinen Wangen hinab. Ich kippte zur Seite und fand Halt an der kalten Fliesenwand. Mein Körper war am Limit angekommen und so allmählich begann meine Haut zu schrumpeln, deshalb rappelte ich mich mit aller Kraft auf und trocknete mich ab.

Erschöpft und müde brach ich auf dem Sofa zusammen. Ich trug keine Klamotten und kuschelte mich in die Decke ein. Meine Augen brannten vor Müdigkeit, doch ich fand keinen Schlaf, zu sehr war mein beschissenes Gehirn damit beschäftigt mir diverse Szenen der letzten Tage immer und immer wieder zu zeigen. Lief es nun doch auf Selbstverletzung hinaus? In der Dusche hatte ich es wie auch immer abwenden können, doch nun überkam mich dieser Drang erneut. Und dieses Mal war die Versuchung heftiger. Mein Körper sehnte sich nach Schlaf und Befriedigung. Schlimm genug, wenn man sowas als befriedigend ansah, aber ich konnte es nicht ändern. Oder doch? Meine Fingernägel waren zwar nicht lang, aber dafür würde es reichen. Ich fuhr mit der spitzen Seite meines Nagels unterhalb meiner Rippen entlang. Einmal. Es blieb nur ein Kratzer zurück. Zweimal. Die gereizte Haut schwoll ein bisschen an. Dreimal, viermal, fünfmal, sechsmal. Endlich erreichte ich mein Ziel und das Blut sickerte aus der Wunde. Wieder flossen die Tränen und der Schmerz zerfraß mich noch immer. Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, erhob ich mich und schwankte völlig kraftlos in Richtung Schlafzimmer. Die Luft hier drin war kühler als im Wohnzimmer. Ich öffnete den Kleiderschrank und kramte ein T-shirt von Kyo heraus, zog es mir über den Kopf und kuschelte mich ins Bett. Es roch nach ihm. Nach seinem Parfum, seinem Schweiß und ich vergrub mein Gesicht in dem Kissen. Und als wäre das die Linderung für all meine Sorgen, umfing mich dieser Geruch wie ein schützender Schleier. Ich vergrub mich noch tiefer in der Bettwäsche. Keine zwei Sekunden später fielen mir die Augen zu und ich schlief ein.

in den Tiefen deiner Seele

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

wie auf der Achterbahn

Am nächsten Tag fuhren wir leider schon wieder nach Hause und später wollten wir eventuell noch mit den Jungs was trinken gehen.

Zum gefühlt hundertsten Mal vibrierte mein Handy an diesem Tag. Kyo funkelte mich mit einer Mischung aus feindseligen und genervten Blick an. Das liebevolle darin war verschwunden.

„Was will er von dir Kazuki?“

Natürlich ahnte er, dass das wohl nur Sota sein konnte.

„Mit mir reden…vermutlich.“

„Kannst du ihm nicht klarmachen, dass es vorbei ist?“

Ich seufzte.

„Es ist nicht vorbei…Sota ist noch immer mein Freund…früher oder später sollte ich mich bei ihm melden. Er macht sich Sorgen.“

„Und was ist, wenn ich das nicht will!“, fuhr mich Kyo jetzt etwas forsch an.

„Dann werde ich es trotzdem tun…er ist noch immer mein Freund und du kannst mir den Umgang mit ihm nicht verbieten“, entgegnete ich so ruhig wie möglich.

„Dein Freund…der dich gevögelt hat…und vielleicht hat er auch genau das im Sinn!“

„Ist es das, was dich stört? Wäre es etwa anders, wenn ich nichts mit ihm gehabt hätte?“

Kyo kniff seine Augen zusammen und funkelte mich wütend an.

„Natürlich wäre es dann anders…“

„Aber ich liebe doch nur dich…niemals würde ich mich wieder auf ihn einlassen.“

„Trotzdem. Allein die Tatsache, dass du ihn attraktiv fandest und ihr Sex hattet, macht mich rasend.“

Ich trank einen Schluck von meinem Tee.

„Vertraust du mir denn gar nicht?“, fragte ich enttäuscht.

„Es fällt mir schwer…und ich teile nun mal nicht gerne…deshalb bin ich ein beschissener Umgang Kazu…ich bin kein Mann, den du lieben solltest…ich bin egoistisch, besitzergreifend und vieles mehr…“

Auf einmal verstand ich es oder zumindest hegte ich einen vagen Verdacht, was die Gefühle des Mannes betrafen, den ich so sehr liebte.

„Hör mir zu Kyo, ich werde mit Sota reden müssen, ob dir das in den Kram passt oder nicht. Aber ich möchte auch, dass du mir vertraust…“

„Ich bin nicht sicher ob ich das kann.“

„Verdammt Kyo! Was soll der Scheiß! Ich schreibe dir auch nicht vor, mit wem du dich treffen darfst und mit wem nicht…ich verbiete dir nicht, Zeit mit deinen Jungs zu verbringen…“

„Von denen hat mich auch noch keiner flach gelegt!“, fuhr er mich wieder an. Ich sprang auf, schnappte meine Zigaretten und verschwand auf dem Balkon. Mit zittrigen Händen zündete ich mir einen Glimmstängel an. Warum zum Henker musste er alles so kompliziert machen? Ja mein schöner Dir en Grey Sänger war mehr als ein Sturkopf. Das machte mich rasend und dann verletzte mich da noch der Aspekt, dass er mir scheinbar nicht vertraute. Das tat weh, sehr sogar. Dieser Grad zwischen Freude, Lust und dieser verdammten Wut war verdammt schmal und gerade war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich diesen Spagat tatsächlich hinbekam. Noch immer verletzt drückte ich die aufgerauchte Zigarette in dem Aschenbecher aus und holte mir noch ein Bier. Kyo’s Blick verfolgte mich, doch ich wollte nicht nachgeben. Er hatte nicht das Recht dazu darüber zu bestimmen, wer meine Freunde sein durften und wer nicht. Seine Hand streckte sich mir entgegen, doch ich ignorierte ihn, so sehr mein Herz auch nach seiner Nähe kreischte.

„Kazu…bitte komm Mal her“, bat er mich und seine Stimme hatte diesen aggressiven Unterton verloren. Deshalb gab ich schließlich doch nach und ließ mich neben ihm nieder.

„Kyo…das funktioniert so nicht…echt nicht…entweder wir vertrauen einander oder lassen es gleich bleiben.“

„Dann ist das wohl eine Sache, bei der ich deine Hilfe brauche…beweise mir, dass ich dir vertrauen kann…“

Ich presste meine Lippen aufeinander und überlegte krampfhaft. Kyo schob mein Shirt ein Stück hoch und strich behutsam über meine Narben auf der Brust. Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen und spiegelte sich auch für einen winzigen Moment in seinen Augen.

„Das kann ich, indem du mich Sota besuchen lässt…“

Und es gäbe noch eine andere Möglichkeit…“

Ich warf ihm einen fragenden Blick zu. Ach das schon wieder. Ich seufzte.

„…wenn du mir versprichst, dass du dir keine Verletzungen mehr zufügst…“

Das Thema hatte ich nicht noch mal erwartet, zumindest nicht so schnell. Nachdem ich es beim letzten Mal mehr oder minder erfolgreich hatte abwürgen können.

„Ich…ich hab das nicht unter Kontrolle…manchmal überkommt es mich…“

„Wann?“

„Naja eben, wenn ich keinen anderen Ausweg mehr sehe…wenn mein Körper nach diesen Schmerzen lechzt…ich hab das Gefühl, ich brauche das manchmal…ziemlich gestört…“

„Ich habe Angst um dich, denn diese Narbe hier…“

Er strich über die Verletzung, die sich zwischen Brust und Schlüsselbein entlang zog.

„…das war kritisch, stimmt‘s? Sie war ziemlich tief, hab ich Recht?“

Ich nickte nur.

„Na und…ich weiß mittlerweile, wie weit ich gehen kann…“

„Verdammt Kazuki! Ich will, dass das nie mehr passiert! Egal ob du weißt, wie weit du gehen kannst oder nicht…irgendwann passiert es vielleicht trotzdem und das…würde ich nicht…ertragen“, flüsterte er und seinem Blick spiegelte sich dir pure Verzweiflung. Und das löste etwas in mir aus. Auch, wenn wir zuvor noch gestritten hatten, wurde mir jetzt wieder bewusst, wie tief unsere Gefühle füreinander doch waren.

„Dann darfst du mich wohl wirklich nie mehr aus den Augen lassen…“, wisperte ich.

„Glaub mir, das werde ich nicht…dafür bist du mir viel zu wichtig geworden.“

Immer wenn Kyo derartiges sagte, erreichte das mein innigstes emotionales Zentrum und diese wohlige Wärme breitete sich in mir aus.

„Mit Sota muss ich trotzdem reden…bitte…“, flehte ich ihn an.

„Du hast das Recht deine Entscheidungen selbst zu treffen…wenn du mit den Konsequenzen leben kannst?“

Ging das schon wieder los. Ich verdrehte die Augen.

„Ich verspreche dir, dass nichts passiert. Wenn ich könnte, würde ich mir einen Keuschheitsgürtel umlegen…bitte vertraue mir doch…gib mir zwei Stunden, maximal drei, dann bin ich zurück. Ich geb dir mein Wort…“

Kyo erhob sich und bewegte sich in Richtung seines Arbeitszimmers.

„3 Stunden…“, gab er mit tonloser Stimme von sich und schloss die Tür. Nicht mal ein Kuss oder eine Umarmung. Doch vermutlich tat er das mit Absicht und trotzdem schmerzte es und den Stich im Herzen konnte ich unweigerlich vermeiden. Ich schrieb Sota, dass ich gleich bei ihm vorbeikommen würde. Seine Antwort dauerte keine zwei Sekunden.

 

Mit gemischten Gefühlen betätigte ich den Klingelknopf. Dass ich in diesem Haus gewohnt hatte, schien Jahre her zu sein, obwohl gerade Mal eine Woche verstrichen war. Verrückt. Doch in der Zeit war so viel passiert. Ich stieg die Treppen empor und mein Freund erwartete mich schon und lehnte im Türrahmen. Als wir uns fast gegenüber standen, überfiel er mich mit einer stürmischen Umarmung. Dann ließ er mich los und betrachtete meine Gestalt.

„Wow, gut siehst du aus“, begann er die Unterhaltung und mir entging nicht, dass seine Wangen einen dezenten rosafarbenen Ton annahmen, als er mir das Kompliment machte. Er bot mir einen Tee an. Ich hockte mich auf eines der großen Kissen auf dem Fußboden und zündete mir eine Zigarette an.

„Sota…hör zu…mir geht es bestens, schon so gut wie lange nicht mehr und ich würde gerne, dass es so bleibt“, setzte ich an.

„Wohnst du jetzt bei Kyo?“

Ich nickte.

„Nur ist er sehr gebrandmarkt und ich muss den Kontakt zu dir erst Mal so gering wie möglich halten…“

„Warum das denn?“, fragte mein Freund irritiert und entsetzt zugleich.

„Weil wir Sex hatten…Kyo will einfach nur Gewissheit, dass da nie mehr was läuft.“

„Tut es doch auch nicht…schließlich bist du ja jetzt mit Mister Rockstar zusammen“, gab er etwas mehr übertrieben, als nötig gewesen wäre von sich.

„Ich bin nicht deswegen mit ihm zusammen…ich liebe ihn und er tut mir gut…ich will das nicht versauen.“

„Klar. Du hast diese Band schon immer angehimmelt und ganz besonders diesen kleinen verrückten Sänger…Kazuki, ich komme dagegen ohnehin nicht an, nur lass dir von ihm nicht sagen, was du darfst und was nicht. Das klingt falsch.“

„Das tue ich nicht und ich verspreche dir, dass wir uns wieder öfter sehen, wenn es möglich ist. Nur muss ich ihn davon überzeugen, dass er mir vertrauen kann. Ich hoffe du verstehst das.“

„Irgendwie schon…trotzdem wirst du mir fehlen.“

Ich lachte bitter.

„Was wird dir fehlen? Ich hab dich nicht gerade nett behandelt, zumindest wenn es um Sex ging. Du hast jemanden verdient, der dich würdigt, nicht jemanden, der dich benutzt.“

„Vielleicht gefällt es mir ja“, gab er etwas schüchtern zurück.

„Doch wie du schon richtig erkannt hast, gegen Kyo kommst du nicht an…tut mir leid. Wir sehen uns und pass auf dich auf.“

Mit diesen Worten erhob ich mich, weil ich nicht länger als nötig bleiben wollte. Zwar hätte ich theoretisch noch knapp zwei Stunden, aber ich wollte diese nicht ausreizen.

Wieder umarmte mich Sota. Ich räumte meine Tasse noch in die Spüle und machte mich wieder auf den Weg nach Hause? Zumindest fühlte es sich wie ein zu Hause an. Ich lächelte, zog die Kopfhörer auf und beeilte mich.

 

Kyo schien sich noch immer in seinem Arbeitszimmer verbarrikadiert zu haben. Sollte ich anklopfen? Oder überschritt ich dann eine Grenze? Schließlich konnte ich mir denken, dass er nicht jeden in seine privaten Gemächer ließ. Doch war ich ja nicht jeder oder? Nach einem Moment des Zögerns entschied ich mich schließlich doch zu klopfen. Meine Hand erzeugte dieses dumpfe Geräusch auf der Holztür und ich erhielt keine Antwort. Ich klopfte ein zweites Mal, doch es blieb still. Mich überkam ein mulmiges Gefühl. Denn entweder war Kyo in seinem Arbeitszimmer und wollte mich nicht sehen oder er trieb sich irgendwo herum, betrank sich oder heulte sich bei Shinya aus. Dieses Gefühl brachte mich beinahe um den Verstand, deshalb öffnete ich die Tür und spickelte durch den Spalt. Das Licht brannte, doch der schöne Sänger saß nicht an seinem Schreibtisch. Wo war er dann? Ich schob die Tür ganz auf und da fiel mir auf, dass ich noch nie in Kyos Arbeitszimmer war. Duldete er mich hier überhaupt? Es lief Musik und er lag mit geschlossenen Augen auf dem Boden. In der rechten Hand brannte eine Zigarette und in der linken hielt er eine Flasche Sake. Er nahm einen Zug, ohne seine Augen zu öffnen und blies den bläulichen Rauch aus.

„Kyo? Ich bin wieder da…“, sagte ich etwas unsicher und endlich schlug er seine Augen auf. Erst jetzt fiel mir auf, dass diese leicht gerötet waren. Hatte er etwa geweint? Und wenn ja, weshalb? Mich überrannte automatisch das schlechte Gewissen, doch warum eigentlich? Schließlich hatte ich mir nichts zu Schulden kommen lassen.

„Na dann…hoffe ihr konntet alles klären…“, lallte er ein bisschen und ich fragte mich, wie viel er schon getrunken hatte? Ich setzte mich neben ihn, griff nach der Flasche und trank selbst etwas davon.

„Ja konnten wir und ich bin zu dir zurückgekommen…“

„Und? Erwartest du jetzt Applaus von mir?“

Ich trank einen weiteren Schluck.

„Nein, aber was zur Hölle soll der Scheiß gerade? Glaubst du wirklich ich habe Sota besucht, weil ich mit ihm vögeln wollte?“

Kyo zuckte mit den Schultern und setzte sich jetzt auch auf.

„Vielleicht? Für ein Quickie oder nen Blowjob hätte es auf jeden Fall gereicht“, fuhr er mich an und riss mir die Flasche aus der Hand, um einen kräftigen Schluck zu nehmen.

„Du kannst echt ätzend sein, wenn du dich vollaufen lässt.“

„Danke, das hör ich nicht zum ersten Mal“, gab er verbittert zurück und zündete sich eine weitere Zigarette an. Irgendwie musste ich diese Situation retten. Versuchen das Ruder herum zu reißen.

„Hör zu…ich hab Sota gesagt, dass wir uns in nächster Zeit nicht mehr sehen werden, weil unsere Beziehung Vorrang hat.“

„Ohhh wie schön…und bestimmt hat er dir sein vollstes Verständnis ausgesprochen, während er dich mit seinen Blicken ausgezogen hat und dich in seinen Gedanken flach gelegt hat…ein Wunder, dass er nicht versuchte dich zu küssen…mhh wer weiß, am Ende stehst du noch drauf…“

Kyos Worte trafen mich sehr und ich musste mich zurückhalten, dass ich nicht gleichermaßen zurückschoss und die Situation vollends ausartete. Wie konnte er sowas auch nur ansatzweise denken?

„Nur weil du schlechte Erfahrungen gemacht hast, bedeutet das nicht, dass jeder ein Arschloch ist…und ich dachte du kennst mich besser…“

„Genau deshalb Kazu…denn nur die Menschen, die man gut kennt, sind imstande einen zu verletzen…und sind wir dahingehend nicht alle gleich? Als würdest du es nicht genießen von zwei Männern angehimmelt zu werden…“

Ich wusste, dass das der falscheste Weg war, den ich hätte wählen können, doch in meiner Verzweiflung sah ich keine andere Möglichkeit und verpasste Kyo eine saftige Ohrfeige. Er stockte und funkelte mich wütender an, als jemals zuvor. Doch bevor er weiterreden konnte, eroberte ich mir die Flasche Sake wieder zurück, trank einen großen Schluck und stellte sie zwischen uns.

„Und jetzt hörst du mir gefälligst zu! Ich habe nur mit Sota gevögelt, weil ich nun Mal auch meine Bedürfnisse habe. Aber ich bin nicht der Typ, der jede Nacht nen anderen Kerl abschleppt…ich muss jemanden erst kennen und er war damit einverstanden. Allerdings gab es zwei Regeln…Sota durfte mich nicht küssen und nur ich durfte ihn ficken, nicht umgedreht. Das was ich mit ihm hatte war nur Sex. Nur körperliche Befriedigung ohne jegliche Nähe. Ohne Liebe. Ich wollte keinen anderen Typen küssen, weil das zu viel Gefühl gewesen wäre. Ich wollte nicht angefasst werden, weil das bedeutete, ich könnte mich verlieren. Ich wollte nicht von anderen Typen gevögelt werden, weil das den Schmerz wieder hätte aufleben lassen. Ja ich hatte Sex mit Sota, daran kann ich nichts mehr ändern Kyo, doch trotzdem hab ich mich jedes Jahr an meinem Geburtstag blutig geritzt…hab mich verkrochen und von der Welt abgeschottet. Er konnte meine Wunden nicht heilen, weil er nur ein Freund ist, im Gegensatz zu dir….dich liebe ich. Also hör endlich auf mit der Scheiße!“, beendete ich meinen Monolog und hoffte die Situation noch retten zu können.

Plötzlich zogen sich seine Grübchen nach oben und er lächelte. Doch es blieb nicht dabei, es ging in ein amüsiertes Gelächter über und endete in einem Lachanfall. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und verstand die Welt nicht mehr.

„Hast du mir jetzt ernsthaft eine geknallt?“, fragte er schließlich, als er sich wieder ein bisschen beruhigt hatte. Ich zog die Augenbrauen hoch.

„Hast du mir eigentlich gerade zugehört?“, richtete ich meine Gegenfrage an ihn.

„Ja hab ich, aber du hast mir gerade wirklich eine Ohrfeige verpasst Kazuki.“

„Auch nur, um dich von deinem beschissenen Egotrip runter zu holen. Du verlangst von mir, dass ich mich akzeptieren soll…doch tust du das auch oder erzählst du das nur allen, damit sie beruhigt sind? Glaub mir, ich kenne dieses Gefühl nur zu gut…wenn die Rasierklinge oder was auch immer durch dein Fleisch schneidet und du den bittersüßen Schmerz spürst…der dich dennoch befriedigt…manchmal hilft Alkohol aber nicht immer. Und sei ehrlich, hättest du auch durchgehalten, wenn ich erst nach zwei oder drei Stunden wiedergekommen wäre?“

Auf einmal bröckelte seine Fassade und der Schmerz in seinen Augen erschlug mich beinahe.

„Ich weiß es nicht“, wisperte er und biss sich heftig auf die Unterlippe.

„Ich sag es noch einmal…Sota ist nur ein Freund, mehr nicht. Kyo bitte…wir haben beide ne echt beschissene Vergangenheit…sind gezeichnet von Situationen oder Menschen, die uns immer prägen werden, aber zusammen schaffen wir das.“

Dann brach mein schöner Sänger vollends zusammen. Er vergrub sein Gesicht in den Händen und schluchzte.

„Wie kannst du mich nur lieben Kazu?“, murmelte er mehr zu sich als zu mir.

„Aus den eben genannten Gründen…es macht mir nichts aus dich zu küssen oder von dir berührt zu werden. In deiner Gegenwart kann ich mich fallen lassen, weil du mir Halt gibst. Du bist der Anker, auf den ich immer so sehr gehofft hatte und der versucht mich in all meiner Verzweiflung aus den Fluten zu ziehen. Brauchst du noch mehr Gründe?“, hauchte ich ihm zu und endlich konnte er mich wieder anschauen. Ich wischte seine Tränen weg, schnappte mir die Flasche Sake und zog Kyo hoch. Dieser taumelte in meine Arme doch ich hielt ihn fest.

„Scheint so, also musst du auch auf mich aufpassen.“

„Ist das nicht Sinn und Zweck einer Beziehung? Egal was passiert, ich gehe mit dir überall hin“, sagte ich und küsste meinen schönen Sänger, um diesen dummen Streit und die schmerzhaften Worte zu vergessen. Er erwiderte meinen Kuss und wild knutschend schwankten wir zum Sofa. Rissen uns auf halben Weg die Klamotten vom Leib und verteilten eine wunderschöne Spur vom Arbeitszimmer bis ins Wohnzimmer. Die Lehne, die plötzlich gegen meinen Rücken prallte, stoppte mich und ich fiel auf das Sofa, riss Kyo sogleich mit mir, ohne mich auch nur eine Sekunde von seinen Lippen zu trennen. Ich musste ihm nicht sagen, was er zu tun hatte, denn unsere Körper harmonierten mittlerweile so gut miteinander, dass wir fühlten, was der jeweils andere gerade brauchte. Er nahm mich, als gäbe es kein Morgen mehr und als wir unsere Höhepunkte kurz nacheinander erreichten, sanken wir glücklich nebeneinander in die Wand aus Kissen. Ich zog die Decke über unsere verschwitzten Körper und kuschelte mich an meinen schönen Sänger. Dieser beugte sich gerade über die Lehne und suchte seine Zigaretten in der Hose auf dem Boden. Ich konnte nicht anders und haute zaghaft auf seinen zuckersüßen Arsch, den er mir gerade so lasziv entgegenstreckte. Schließlich hatte er gefunden, was er wollte.

„Hörst du wohl auf mich zu schlagen?“, fuhr er mich mit einer Mischung aus Belustigung und Entsetzen an.

„Die Ohrfeige tut mir echt leid…das eben nicht. Gewöhn dich dran Schatz…“, amüsierte ich mich.

„Das wird dir noch leid tun“, entgegnete er und zündete sich eine Zigarette an. Ich klaute sie ihm und er schüttelte nur mit dem Kopf, ohne etwas zu sagen. Scheinbar gewöhnte er sich an meine Frechheiten. Auch spürte ich den Alkohol jetzt, denn alles schwankte und drehte sich ein bisschen.

„Kyo?“

Der Dir en Grey Sänger schaute mich fragend an.

„Was denn?“

„Ist jetzt wieder alles gut zwischen uns?“

Er seufzte, doch da war es wieder, mein Lieblingslächeln, bei dem sich Kyos Grübchen zeigten.

„Das will ich doch schwer hoffen…danke für deine Offenheit Kazu…ich denke dadurch kann ich mit diversen Situationen besser umgehen…dennoch wird unsere Beziehung wohl immer eine Achterbahn der Gefühle sein…aber warum konntest du ausgerechnet mich an dich ranlassen?“

Ich zuckte etwas unbeholfen mit den Schultern.

„Weil ich irgendwie gemerkt hab, dass du anders bist. Hinter deinem unnahbaren Schutzwall befindet sich dieser wundervolle Mensch, der du in Wirklichkeit bist…naja und außerdem…nee, das ist echt peinlich…“

Kyo zog die Stirn in Falten.

„Was? Jetzt will ich es wissen.“

„Ich war früher ein verzweifelter Kerl und hab mir dauernd Videos von euch angeschaut und mir gesagt, dass ich gern nen Mann wie dich hätte…nicht unbedingt dich, aber eben so ähnlich…du faszinierst mich einfach und durch deine Musik spürt man schon, dass du anders bist. Vielleicht schwerer zu knacken, aber doch liebenswert.“

„Du bist süß…und dafür liebe ich dich so sehr Kazuki.“

„Selber süß…und wage es nicht zu widersprechen. Wolltest du nicht nich noch was mit den Jungs unternehmen?“

„Mhh…allerdings bin ich schon echt betrunken. Ich könnte sie fragen, ob sie herkommen wollen, allerdings setzt das voraus, dass wir uns anziehen müssen.“

Ich grinste.

„Ich glaube ich mag dich für den Rest des Abends für mich allein haben.“

„Gott sei Dank. Das wäre sonst auch echt anstrengend geworden.“

Was für ein Abend. Noch immer war ich ein bisschen durcheinander und mir blieben Kyos Worte im Kopf, dass unsere Beziehung immer eine Achterbahnfahrt der Gefühle sein würde, doch ich war mir nicht sicher, ob ich öfter einen solchen Streit mit meinem Liebsten ausfechten wollte wie heute. Das hatte uns beiden ganz schön zugesetzt, doch vielleicht fanden wir ja auch einen anderen Weg. Ziemlich erschöpft lehnte ich mich an Kyos Schulter und schlief recht schnell ein.

Zwei Freaks

„Hast du schon Mal Sushi selbst gemacht?“, fragte mich Shinya, der irgendwie Dauergast bei uns zu sein schien. Doch ich mochte den schlanken blonden Japaner mit seinen femininen Zügen und jeh öfter er uns besuchte, desto besser lernte ich ihn kennen, was mir in Anbetracht dessen, dass sich der Drummer und Kyo sehr nahe standen, verdammt wichtig war. Ich schüttelte mit dem Kopf und lächelte ein bisschen verlegen.

„Was erwartest du denn von unserem einsamen Junggesellen Shin“, mischte sich Kyo in unser Gespräch über die Wahl des Weihnachtsmenüs ein.

Mit zusammengekniffenen Augen funkelte ich ihn versucht böse an. Selbst in seinem schwarz glänzenden Trainingsanzug sah er zum Anbeißen aus. Schnell schüttelte ich diese schon wieder viel zu obszönen Gedanken ab.

„Na und? Ich bin auf dem Weg der Besserung“, entgegnete ich. Er strich mir zaghaft über die Wange und hauchte mir ein Kuss auf die Stirn.

„Ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen. Könnt ihr zwei einkaufen gehen? Ich schreib auf, was wir alles brauchen“, bat uns der Drummer.

„Du schickst mich ernsthaft aus meiner eigenen Wohnung? Nur damit ich mich in den weihnachtlichen Wahnsinn stürze?“, murrte Kyo sichtlich genervt und nicht einverstanden. Doch Shinya zuckte mit den Schultern.

„Dann gibt es dieses Jahr eben keinen Christmas Cake. Wir können auch gern tauschen, du kümmerst dich ums Essen und ich geh einkaufen.“

Der Diru Sänger rollte mit den Augen und schien einzusehen, dass das in einer Endlosdiskussion ausufern würde wenn er nicht nachgab. Kyo nickte. Sein Gammeloutfit ließ er an, setzte eine Cappie auf und zog die Kapuze seines Hoddies darüber. Ich prustete los und erntete einen beleidigten Blick seinerseits.

„In dem Outfit könntest du glatt als Gangster Rapper auftreten. Vielleicht solltest du mal was Neues probieren. Fehlen nur noch die goldenen Klunker.“

„Und selbst dann würdest du mich noch anschmachten“, konterte er und lieferte somit das tot-schlag-Argument, denn damit hatte er verdammt Recht. Ich seufzte und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass mir seine Worte wieder Mal die Sprache verschlagen hatten.

Der Dir en Grey Sänger schlüpfte in seine Sneakers und die Winterjacke. Ich war mal so frei und lieh mir Kyos schwarzen Wintermantel, damit wenigstens einer von uns beiden elegant aussah. Doch insgeheim mochte ich den nahezu fast schon normalen Kyo. Das zeigte mir immer wieder, dass er eben nicht nur das Image des berühmten Rockstars raushängen ließ, sondern hinter dieser Fassade ein wundervoller Mensch verbarg. Da es ein wunderschöner sonniger Dezembernachmittag war, schnappte sich mein Liebster im Gehen noch seine Sonnenbrille oder eine der Sonnenbrillen auf dem Regal, denn davon hatte er mindestens hundert und setzte sie auf. Man könnte fast meinen, dass er sich ein bisschen tarnen wollte. Doch diesen Gedanken sprach ich nicht laut aus.

Trotz Sonne wehte draußen ein eiskalter Wind und ich zog den Mantel enger um mich. Zögerlich ergriff ich Kyos Hand und er ließ es zu, nachdem er mir ein schon fast schüchternes Lächeln zugeworfen hatte. Mein Herz schlug schneller und diese kleinen Gesten ließen mein Herz vor Verliebtheit aufblühen. Für manch andere erscheint so etwas normal zu sein, doch Kyo war alles andere als normal. Dieser besondere Mann ließ mich an seinem Leben Teil haben und das ehrte mich zutiefst und ich sah es nicht als selbstverständlich an.
 

Im Shoppingcenter war die Hölle los, vermutlich hatte uns Shinya deshalb losgeschickt, weil er selbst wenig Lust gehabt hatte sich in diese tollwütige Meute von Menschen zu stürzen. Ich knöpfte den Mantel auf, da mein inneres Thermometer augenblicklich rapide anstieg. Genervt drängten wir uns durch die Menschen, die sich schon fast in Zeitlupe bewegten oder einfach stehen blieben. Hab ich schon Mal erwähnt, dass ich Menschen hasse? Also nicht alle, aber eben solche, die nicht auf ihre Umgebung achteten und einfach vor sich hin träumen. Oder eben diese, die einen umrennen, weil ihre Augen schon fast am Display ihres Handys klebten. Kyos Griff wurde fester.

Plötzlich wurde meine andere freie Hand ergriffen und ich wurde zurückgezogen. Mein schöner Sänger sah mich verwundert an, doch ich zuckte nur mit den Schultern.

„Ka-zuki?“, erklang eine mädchenhafte Stimme an mein Ohr und ich wendete mich langsam um. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie in zwei Zöpfe geflochten, die über ihre Schultern hingen. Sie sah ihren beiden Schwestern verdammt ähnlich und prompt war dieses miese erdrückende Gefühl, welches ich in den letzten Tagen so erfolgreich bekämpft hatte wieder da. Langsam spielte ich wirklich mit dem Gedanken meine Familie zu verfluchen.

„Yuna…“, seufzte ich. Kyo befand sich an meiner Seite und seine Hand ruhte auf meiner Schulter.

„Oh mein Gott, du bist es wirklich…ich bin ja so froh dich zu sehen…“

„Kyo, das ist meine kleine…Schwester…“, gab ich etwas verunsichert von mir, denn schmerzhafter Weise musste ich an die letzte Begegnung mit Mei denken, die sichtlich mehr als empört war, als ich sie Schwester nannte. Ich schluckte diesen bitteren Geschmack runter. Yuna streckte meinem Liebsten die Hand entgegen und lächelte freundlich.

„Soll ich kurz allein einkaufen gehen und dich dann wieder hier einsammeln?“, fragte er mich und ich sah ihn verzweifelt an.

„Ich bin nicht sicher.“

„Hör dir an, was sie zu sagen hat und wenn was sein sollte, ich bin nicht weit…bis gleich…“, gab er zurück und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Wow und das in aller Öffentlichkeit. Mein Herz machte einen Hüpfer. Ich schleifte meine Schwester mit ins nächste Café.

„Was willst du von mir“, fuhr ich sie recht forsch an.

„Ich wollte dich sehen.“

„Schön, das hast du. Kann ich jetzt gehen?“

Zögerlich ergriff sie erneut meine Hand über den Tisch hinweg. Die Bedienung brachte uns Tee. Ich entzog mich ihr und sie warf mir einen traurigen Blick zu.

„Kazuki, es tut mir leid…so unendlich leid…ich habe Mama und Mei reden hören…über dich. Dass sie dich hier getroffen haben. Seit dem komm ich fast jeden Tag her und hoffe, dass du da bist.“

Das erstaunte mich dann doch etwas. Tat es ihr etwa ernsthaft leid?

„Und jetzt? Meinst du damit ist das alles vergessen? Warst du es nicht, die sich als erstes gegen mich verschworen hat, als ich mich vor euch geoutet habe? Das sitzt tief Yuni…sehr tief…“

Sie seufzte erneut.

„Und doch nennst du mich Yuni? Ich war so dumm, so unglaublich dumm und ich möchte es am liebsten ungeschehen machen. Aber das kann ich nicht…doch eines weiß ich…du fehlst mir großer Bruder…“

Ich sog die Luft scharf ein, weil ich ihr so gern glauben würde, doch konnte ich es nicht. Zu verletzt war mein Stolz. Zu tief die Wunden, die sie mir zugefügt hatte.

„Es ist zu spät…ich kann und will nicht mehr zurück.“

„Du warst schon immer ein schlechter Lügner…du kannst nicht zurück, aber ich kann vielleicht ein paar Schritte nach vorn. Bitte Kazuki. Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient?“

„Keine Ahnung…vielleicht…wenn dir es wirklich so ernst ist kleine Schwester, komm in zwei Tagen zu dieser Adresse“, sagte ich und kritzelte Takashis Anschrift auf eine Serviette und schob sie ihr rüber.

„Das ist Weihnachten…“, stellte Yuna etwas überrascht fest. Ich nickte.

„Richtig erkannt…falls du es ernst meinen solltest und ich dir wirklich so wichtig bin, komm da hin. Dann überleg ich es mir.“

Erschrocken fuhr ich zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Kyo hatte tatsächlich alles bekommen. Seine Sonnenbrille hing an seiner Jacke.

„Braucht ihr noch Zeit?“, fragte er mich, doch ich schüttelte entschieden den Kopf und erhob mich reflexartig.

„Nein…Yuna, wie gesagt…es liegt an dir…“

Der Heimweg verlief relativ schweigsam. Wir nahmen einen kleinen Umweg durch den Park, der voller Lichter und kitschiger Weihnachtsdekoration an ein harmonisches unbeschwertes Fest der Liebe erinnerte. Nur leider war das nur der trügerische Schein, um die Menschen in dieser Zeit von ihren wirklichen Problemen abzulenken.

„Süßer…egal, was dir deine Schwester erzählt hat, du solltest das ernst nehmen. Vielleicht ist es eine zweite Chance?“

Ich konnte seine Augen hinter der dunklen Sonnenbrille nur erahnen.

„Und was ist, wenn sie mich wieder enttäuscht, wie schon so oft davor?“

„Dann werde ich da sein.“

„Und was ist, wenn ich das nicht packe? Wenn ich eine weiteren Rückschlag nicht ertrage Kyo? Was willst du dann tun?“

Ein Hauch von Enttäuschung lag in seinem Blick.

„Glaubst du etwa nicht an uns? Oder befürchtest du, ich bin nicht stark genug.“

In seinen letzten Worten schwang dieser verbitterte Unterton mit und schon bereute ich das, was ich gesagt hatte.

„Nein, so war das nicht gemeint…ich habe nur Angst, dass all das, was ich mir in den letzten Wochen aufgebaut habe, wieder genommen wird. Ich zweifle nicht an dir, sondern an mir, weil ich weitaus nicht so stark bin, wie immer tue.“

Mein schöner Sänger nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und küsste mich. In dem Moment, wo sich unsere Lippen berührten blieb die Welt um uns herum stehen und ich wusste, dass es nicht wichtig war, ob ich stark genug sein würde. Kyo würde da sein und mich auffangen, egal wie schlecht es mir ging und egal wie tief ich fiel.

„Mami, guck mal, die beiden Männer küssen sich. Dürfen die das?“

Ich grinste in den Kuss hinein und merkte auch, wie sich die Mundwinkel meines hübschen Sänger nach oben zogen.

„Komm weiter Kenji. Das ist nichts, was du sehen solltest“, wies die empörte Dame ihr Kind an.

„Es gibt eindeutig noch zu viele intolerante Leute hier“, beschwerte sich Kyo und verflocht seine Hand mit seiner eigenen. Er ließ sich auf einer Bank einer sogenannten Smoking Area nieder und steckte sich eine Zigarette zwischen seine Lippen. Die Sonne hatte sich mittlerweile verflüchtigt und Kyo packte die Sonnenbrille weg.

„Die wirst du wohl immer haben. Bekomm ich nen Zug?“

Mein hübscher Sänger funkelte mich an und reichte mir den Glimmstängel. Plötzlich vernahmen wir in unserer unmittelbaren Nähe aufgeregtes Geschnatter. Kyo warf mir einen verzweifelten Blick zu. Was hatte er denn auf einmal? Er deutete nur mit Kopf hinter mich, doch als ich mich umdrehen wollte, schüttelte er heftig mit dem Kopf. Er tippte eine kurze Message auf seinem Handy und wenige Sekunden später vibrierte mein eigenes Telefon. Ich glaub die haben mich erkannt. Stand da nur geschrieben. Doch bevor im Begriff war zu Handeln, stand die Traube von Mädchen auch schon neben uns.

„Bist du nicht Kyo von Dir en Grey?“, fragte eine Blondine im Lolitaoutfit. Er nickte nur ein wenig abwesend.

„Oh mein Gott, ich hab‘s dir doch gleich gesagt. Können wir ein Autogramm haben?“

Die aufgeregte aufgescheuchte Mädchenclique sprang euphorisch umher und eine klatschte vor Freude in die Hände. Sie reichten Kyo fünf Flyer mit seiner Band darauf und er setzte seine Unterschrift darauf.

„Vielen Dank Kyo-Sama. Dürfen wir auch ein Bild machen?“

„Nein, keine Bilder Sorry. Habt noch einen schönen Tag.“

Damit sprang er auf und bewegte sich im Eiltempo vorwärts, dass ich Schwierigkeiten hatte mit ihm Schritt zu halten. Er verlangsamte sein Tempo erst, als seine Wohnung in Sichtweite war.

„Wie ich das hasse. Ich mag meine Fans keine Frage, aber diese süßen aufgedrehten Lolitamädels. Das geht echt gar nicht.“

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wir fuhren mit dem Fahrstuhl nach oben und ein bisschen zu gereizt überreichte Kyo seinem Drummer die Einkäufe. Dann verschwand er in seinem Arbeitszimmer. Shinya warf mir einen fragenden Blick zu und jetzt musste ich lachen.

„Kyo wurde von einer Meute Lolitamädels überfallen, die ein Autogramm von ihm haben wollten.“

„Oh, verstehe. Hilfst du mir beim Kuchen?“

„Klar.“
 

Am Morgen des 24. Dezembers erwachte ich relativ früh, doch was riss mich so zeitig aus dem Schlaf? Ich wälzte mich noch ein bisschen im Bett umher und dann merkte ich, dass etwas fehlte. Oder bessergesagt jemand. Kyo schien schon auf zu sein, doch mir war nicht nach aufstehen. Zu weich und bequem war es hier im Bett. Außerdem hatten wir heute nicht sonderlich viel geplant. Erst heute Abend würden wir uns alle bei Takashi treffen, weil ich ein Konzert gab. Doch bis dahin hatte ich noch alle Zeit der Welt und so kuschelte ich mich wieder in die weichen Kissen und schloss die Augen. Nein, ich wollte noch nicht aufstehen.

Ich schreckte auf, als ich etwas Kaltes an meinem Rücken spürte und saß völlig schockiert im Bett.

„Na du Schlafmütze. Zeit zum Aufstehen“, flüsterte mir Kyo über die Schulter zu und die Matratze hob sich wieder ein bisschen, als er aufstand. Ich drehte mich um und beäugte meinen schönen Sänger. Er schien sich schon herausgeputzt zu haben und dieser Anblick haute mich echt von den Socken. Auf der grauen figurbetonten Hose, die verboten tief auf seinen Hüften saß, trug er ein schwarzes Hemd, welches legere in der Hose steckte. Sein Gürtel fiel heut etwas dezenter aus und vermutlich war es Kyos Gürtelschnalle gewesen, deren Metall ich am Rücken gespürt hatte.

„Wow, du siehst bezaubernd aus“, schmeichelte ich ihm, während ich mich aus dem Bett bequemte und meine Arme um ihn legte. Ein liebevolles Lächeln umspielte seine Lippen. Ich knöpfte die ersten drei Knöpfe seines Hemdes auf und betrachtete meinen schönen Mann zufrieden. Kyo schüttelte nur amüsiert den Kopf und zog mich noch einmal zu sich heran, um mich zu küssen.

„Und du solltest besser duschen gehen und dich anziehen. Die Jungs kommen jeden Augenblick.“

Provokant versperrte ich ihm jedoch den Weg, denn schon wieder tat er so, als würde ihn meine Nacktheit völlig kalt lassen.

„Nur wenn du mir sagst, wie heiß du mich findest“, ärgerte ich ihn und er verdrehte die Augen.

„Sicher nicht. Ich hab meine Hormone eben unter Kontrolle und jetzt ab mit dir ins Bad“, entgegnete er und streifte mich absichtlich mit der Hand. Nur soviel wie nötig war. Warum nur gehorchte mir mein Körper nicht mehr, sobald er von Kyo berührt wurde? Ich seufzte und stellte den Regler der Dusche kurz auf kalt, um mich wieder ein bisschen runter zu fahren.

Auch ich wollte heute unwiderstehlich für meinen schönen Sänger sein und entschloss mich eine seiner Hosen anzuziehen, da die Auswahl in seiner Hälfte des Kleiderschrankes weitaus mehr hergab als meine paar Klamotten. Schließlich entschied ich mich für eine schwarze, enganliegende aus matt schimmerndem satinartigem Stoff. Ich fädelte meinen schwarzen Ledergürtel durch die Laschen und suchte mein ärmelloses Shirt und das schwarz- grau karierte Hemd heraus, dessen Ärmel ich bis zur Mitte meiner Arme hochkrempelte. Zufrieden mit meinem Outfit stolzierte ich zu Kyo in die Küche. Er war gerade damit beschäftigt das Sushi auf Servierteller zu verteilen, den Glasnudelsalat und den Braten auf den Esstisch zu stellen.

„Mh das duftet köstlich“, lobte ich ihn und er lächelte. Doch dann beäugte er mich leicht kritisch und zog die rechte Augenbraue nach oben, während er den Topflappen zur Seite legte.

„Ist das etwa meine Hose?“

Verdammt!

„Ähm…ja…schlimm?“, fragte ich so undschuldig und zuckersüß wie möglich.

„Eigentlich nicht…steht dir gut“, entgegnete mein schöner Sänger und schob seine Hände in den Hosenbund. Automatisch schlug mein Herz schneller.

„Und nein, unter diesem knallengen Teil trage ich keine Unterhose“, wisperte ich, drückte mich absichtlich enger gegen ihn und küsste sein Tattoo am Hals.

„Du unmöglicher Kerl“, hauchte Kyo schon wieder sichtlich erregt und ich musste grinsen. In dem Moment läutete es an der Tür und schweren Herzens ließ ich von ihm ab.

Die Jungs begrüßten uns wie immer gut gelaunt. Auch Zero war mit von der Partie und das war das erste Mal, dass wir uns nach dem besagten Nachmittag im Proberaum wieder über den Weg liefen. Er war der einzige der Gäste, die Kyo eher zurückhaltend, ja schon fast eingeschüchtert gegenüber traten. Ich sollte meinen liebsten später danach fragen, denn es interessierte mich brennend, warum Zero sich so zierte.

Wir aßen, tranken und scherzten. Shinya und ich halfen dann noch beim Abräumen. Ich fragte den anderen Bassisten, ob er mit eine Rauchen kommen wolle und er willigte ein.

„Sag mal, ist irgendwas zwischen Kyo und dir vorgefallen? Oder mögt ihr euch nur einfach nicht“, fiel ich gleich mit der Tür ins Haus. Zero grinste ein bisschen verlegen.

„Mh, ich hab mich mal aufgeregt, als er Kao nach der Probe so angefahren hat und das hat dem Herrn nicht gepasst…ich frag mich wirklich, wie du es mit ihm aushältst.“

Ich winkte ab und nahm einen tiefen Zug.

„Ach, so schlimm ist er gar nicht und bisher bin ich auch noch nicht mit ihm angeeckt.“

„Naja, immerhin scheint er entspannter, meint Kaoru zumindest.“
 

Wir machten uns dann auf den Weg zur Bar und um ein Haar hätte ich meine Gitarre vergessen.

Auch Sota wusste, dass ich heute spielen würde und er hatte mich gefragt, ob es in Ordnung sei, wenn er käme. Ich hatte seine Frage nicht verneint und hoffte nur, dass mein Liebster heute nicht all zu streitlustig aufgelegt war.

Takashi freute sich riesig mich sehen und ließ die erste Runde springen. Ich schloss mein Instrument an, spielte mich warm und begann. Immer wieder richtete sich mein Blick gen Kyo und auch mein schöner Sänger schien mich zu beobachten, was mich ein bisschen nervös machte. Doch als ich dann mit meiner Gitarre verschmolz, nahm ich auch davon kaum noch Notiz. Ich bekam sogar eine Zugabe und schloss meinen Auftritt mit einem der neueren Lieder. Bevor ich wieder an den Tisch zurückkehrte, drängelte ich mich zur Bar, um etwas zum Trinken zu organisieren. Da sprang mich Sota auf einmal von der Seite und umarmte mich.

„Du warst großartig Kazu.“

Dankend lächelte ich und befreite mich aus seiner Umarmung, denn es war mir nicht besonders Recht, wenn mich Kyo in den Armen meines Freundes erblickte. Plötzlich tippte mir einen weitere Person auf die Schulter. Yuna. Erstaunt musterte ich meine kleine Schwester. Mann, das war ja eine Überraschung nach der anderen.

„Bekommst du keinen Ärger, wenn du dich mit Leuten wie mir herumtreibst?“, fragte ich und Sota warf mir einen fragenden Blick zu, den ich gekonnt ignorierte.

„Naja, sie wissen nicht, wo ich bin. Ich hab nur gesagt, dass ich mit einer Freundin noch auf eine Party gehen möchte.“

Ich nickte nur und wies den beiden an mir zu folgen. Dabei versuchte ich Kyo vorher noch zu erklären, dass Sota auch hier war. Mein liebster funkelte mich wütend an, hielt jedoch den Mund. Deshalb setzte ich mich auf seinen Schoß, neben mir Yuna und dann Sota. Auch zu meinem Auftritt ließ er kein Wort verlauten, was mich ein bisschen kränkte. Kyo schob mich von seinem Schoß, erhob sich und holte noch einen Stuhl vom Nachbartisch. Yuna hatte sich den Jungs selbst vorgestellt und schien sich auch auf Anhieb mit ihnen zu verstehen. Nur nicht mit Kyo, der auf einmal viel zu schweigsam wurde. Ich legte meine Hand auf seinen Oberschenkel, doch er ignorierte mich. Flüsterte Shinya stattdessen etwas zu und traf mich damit wohl eher unbewusst. Yuna rückte näher zu mir und ich wusste noch immer nicht, ob ich das gut oder schlecht fand.

„Sag Mal…das sind doch die Jungs von Dir en Grey?“, flüsterte sie mir aufgeregt zu. Ich nickte nur und zündete mir eine Zigarette an. Verblüfft und erfreut wie ein kleines Fangirl hielt sie sich die Hand vor den Mund und ihre Augen leuchteten.

„Oh mein Gott, das ist ja der Hammer! Woher kennst du die?“

„Hab Kyo hier getroffen und da kam eins zum anderen“, antwortete ich und immer wieder schielte ich zu dem Drummer und meinem Lover, die jetzt schon fast ein bisschen zu hitzig miteinander diskutierten. Ich tippte eine Nachricht auf mein Handy und schob es Kyo zu. Dieser schaute mich noch immer genervt an und schüttelte mit dem Kopf. Ich seufzte und tippte eine weitere Nachricht ein. Schob das Telefon ein zweites Mal in seine Richtung und glücklicherweise wurden seine Gesichtszüge weicher.

„Du weißt warum Kazu“, antwortete er und ich verdrehte die Augen.

„Als ob dich hier jemand kennen würde…sonst bist du doch auch immer so versessen auf deine Besitzansprüche“, fauchte ich ihn an und wollte doch nur seine Nähe, mehr nicht. Ich holte mir einen neuen Drink und beschloss mich zu betrinken, denn meinem tollen Freund schien es ohnehin egal zu sein. Toshiyas Blick traf den meinen über den Tisch hinweg und er winkte mich mit dem Zeigefinger zu sich rüber. Rutschte ein Stück, sodass ich zwischen Die und ihm Platz fand.

„Seid ihr schon wieder am Streiten?“, fragte der Bassist ein bisschen belustigt.

„Ach er hat wieder irgendein Problem und das nervt mich. Weil er auch immer um den heißen Brei redet und nichts ausspricht. Alles muss ich ihm aus der Nase ziehen.“

Toshi legte seinen Arm um meine Schulter.

„Dann nerv ihn ganz penetrant. Das hilft, glaub mir“, riet er und ich schaute zu ihm als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Klar…und dann hat er genug von mir und schießt mich ab. Ich bin nicht wie ihr…ihr seid seine besten Freunde und könnt euch das erlauben…“

„Oh Kazu…das liegt nicht an uns…er braucht nun Mal jemanden, der ihm Konter gibt, sonst wird es unserem Sängerchen schnell zu langweilig. Also, reize ihn. Zeig ihm, wie viel dir daran liegt zu ihm durchzudringen.“

Ich seufzte und zündete mir eine Zigarette an. Da suchte Kyo plötzlich Trost an Shinyas Schulter und dieser strich dem Sänger liebevoll über den Kopf. Keine Frage ich mochte den Drummer sehr, aber das traf mich dennoch. Warum nur konnte er heute Abend nicht so mit mir umgehen? Ich presste meine Lippen aufeinander und schaute verletzt zu Toshi.

„Und deshalb solltest du dir schon Mal gar keine Gedanken machen. Die beiden brauchen sich eben manchmal. Was glaubst du, wie oft ich schon mit Kao gekuschelt hab, stimmts Die?“

Der Gitarrist nickte nur und lächelte seinen Bassisten ganz verliebt an.

„Wir sind nun Mal eine große Familie Kazu und zu der gehörst du nun auch.“

„Kuscheln ist immer erlaubt und wenn dich Kyo mal wieder aufregt, darfst gern zu uns kommen“, schmeichelte mir der Gitarrist. Die und Toshi umarmten mich und gaben mir jeweils rechts und links ein Küsschen auf die Wange. Meine Mundwinkel zogen sich automatisch zu einem Lächeln nach oben. Die beiden schafften es meine Laune tatsächlich wieder besser werden zu lassen. Wir stießen an und ich kehrte wieder auf meinen Platz zurück. Da sprang mein schöner Sänger plötzlich auf, zog seinen Mantel, hauchte mir einen Kuss auf den Mund und ging. Verdattert schweifte mein Blick zu Shinya.

„Er erklärt es dir später“, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage. Ich verdrehte meine Augen und steckte mir eine Zigarette an.

„Klar…wie immer halt.“

Der Drummer rückte in bisschen näher zu mir heran und stützte seinen Arm auf dem Tisch ab.

„Kazu…“

„Warum kann er nicht einfach jetzt mit mir reden? Es geht irgendwie immer nur richtig gut oder richtig beschissen. Dazwischen gibt’s nichts und das macht mich wahnsinnig Shin…“

„Ich würde dir gerne so viel sagen, aber dafür würde mich Tooru köpfen und es steht mir auch nicht zu. Aber ich verspreche dir, dass sich das heute noch klären wird. Das habe ich ihm zumindest nahe gelegt.“

„Und du meinst er hört auf dich?“

Shinya lächelte verhalten.

„Meistens schon.“
 

Da wir eh alle noch im Proberaum weiterfeiern wollten, beschlossen wir unsere Party dort hin zu verlegen. Ich versuchte dieses beschissene Gefühl zu ignorieren. Ich versuchte mir nicht all zu viel darauf einzubilden und doch überkam mich schon wieder die Angst, Kyo könnte mich verlassen. Sota hielt es für angebrachter, wenn er uns alleine gehen ließ. Ich umarmte meinen Freund und folgte dem Rest. Da hielt mich Shinya schließlich zurück.

„Was ist?“

„Lass die anderen schon Mal vorgehen. Wir müssen noch wohin.“

Erst legten wir ein Stück zu Fuß zurück, dann fuhren wir mit der Bahn und schließlich liefen wir wieder. Bis ich begriff, dass mich der Drummer zum Friedhof führte. Dieser wurde kaum beleuchtet und ich bekam eine Gänsehaut, weil mir ein bisschen mulmig zumute wurde. Was um alles in der Welt suchten wir hier? Wir bewegten uns quer Feld ein, bis wir anhielten. Zuerst wollte ich Shinya mit Fragen Löchern, doch dieser zeigte mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung und ich folgte seinem Blick. Vor einem der eng aneinander gereihten Grabsteine hockte Kyo.

„Du solltest mit ihm reden…“

Langsam näherte ich mich meinen schönen Sänger, doch dieser schien mich kaum bemerken. Kamimura Ukyō, laß ich auf dem Grabstein. Ich legte meine Hände auf seine Schultern und etwas erschrocken blickte er zu mir auf. Auch Shinya trat hervor.

Kyo tätschelte meine Hand, was mich irgendwie beruhigte.

„Danke Shini…gehst du schon Mal vor?“

„Ja, wir sehen uns später.“

Wir hockten schweigend nebeneinander und so langsam kroch mir die Kälte in die Glieder. Kyo schwieg noch immer und ich wusste nicht so Recht, was ich hier eigentlich verloren hatte. Deshalb fragte ich ihn. Doch wie immer, bekam ich keine Antwort.

„Kyo…verrätst du mir, wessen Grab das ist?“, fragte ich erneut. Ich hörte ihn tief seufzen und mich überkam der Drang nach einer Zigarette. Doch hielt ich mich zurück. Schließlich wollte ich die Ruhe der Toten nicht stören.

„Das…das…kann ich nicht…“

„Warum nicht?“

„Ich fürchte ich bin noch nicht bereit dazu.“

„Dein Ernst?“, fuhr ich ihn unangemessener Weise an.

„Ja…lass uns zu den anderen gehen“

„Nein!“, zischte ich und trotz der Dunkelheit spürte ich Kyos feindseligen Blick. Außerdem ging sein Atem unregelmäßig.

„Kazu…bitte komm.“

„Ich geh erst, wenn du mir sagst, warum du dich mitten in der Nacht auf dem Friedhof herumtreibst!“

„Es gibt Dinge, die sollte man ruhen lassen“

„Oh ja, im wahrsten Sinne des Wortes…vergiss es Kyo. Du willst, dass ich dir vertraue? Dann sei verdammt noch Mal ehrlich zu mir!“

Mein schöner Sänger ergriff meine Hand und zog mich mit sich, doch ich riss mich los und funkelte ihn nun auch wütend an.

„Ich dachte gerade du würdest das verstehen…“, wisperte er und fasste wieder nach meiner Hand. Ich ließ es geschehen, doch dieser schwere Klotz im Magen schien nun unerträglich.

Der Weg zum Proberaum verlief schweigend und ich hasste ihn gerade. Warum hielt er mich so hin? Warum redete er nicht mit mir? Hatte er überhaupt gewollt, dass ich ihm zu diesem ominösen Grab folge? Ich entzog ihm meine Hand wieder und zündete mir endlich eine Zigarette an. Inhalierte den Rauch tief ein.

„Ach und warum soll ausgerechnet ich das verstehen? Weißt du Kyo, wenn du nicht so ein verficktes Geheimnis um all das machen würdest, könnte ich dich vielleicht verstehen. Aber du redest ja nie! Immer muss ich mir meine Teil denken und dann bist wieder sauer, nur weil ich mit meinem Freund rede!“

Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er schien wahrhaftig mit seiner Selbstbeherrschung zu kämpfen.

„Weil wir von denselben Dämonen heimgesucht werden…wir werden von Verlustängsten getrieben und hoffen, dass wir in unseren nächsten Beziehungen nicht scheitern, weil uns das wieder zurück an den Rand des Wahnsinns treiben würde. Deshalb bist du doch mit mir zusammen oder? Weil du dir erhoffst, dass ich dir da heraushelfen kann…doch die Wahrheit ist, dass ich genauso kaputt bin Kazuki.“

Kyos Worte machten mich verdammt wütend.

„Warum bist du dann überhaupt mit mir zusammen? Denn scheinbar erinnere ich dich ohnehin nur an deine grausame Vergangenheit. Warum ich Kyo? Ich meine, die Typen oder auch Mädels, die auf dich stehen findest du sicher wie Sand am Meer. Sie liegen dir zu Füßen. Was zur Hölle willst du dann mit so nem Freak wie mir?“

Noch immer funkelten mich seine Augen an.

„Weil zwei Freaks vielleicht besser miteinander klarkommen als einer allein.“

„Aber du könntest jeden haben Kyo…und sicher würdest du ziemlich schnell jemanden finden, der deinen Ansprüchen gerecht wird…vielleicht war er einer von diesen Menschen“ entfuhr es mir und ich zeigte in Richtung Friedhof. Jetzt hatte ich ihn. Fast schien er vor Zorn zu kochen und die blinde Wut schien Besitz von ihm zu ergreifen. Dann schloss er seine Augen und wendete sich von mir ab.

„Wir sollten zu den anderen gehen“, gab er zurück und setzte sich in Bewegung.

„Ist das dein scheiß Ernst? Schön!“

Mindestens genauso aufgebracht folgte ich ihm zum Proberaum. Wenigstens war dort gute Stimmung, denn zwischen Kyo und mir herrschte Eiszeit. Ich wollte dringend betrunkener werden und eventuell so viel wie möglich vergessen. Während der schöne Sänger den Kontakt zu mir mied und schon nach drinnen zu den anderen ging, blieb ich draußen und rauchte noch eine Zigarette. Mir war nicht Mal nach Heulen zumute. Ich wünschte mir einfach nur, dass mich Kyo verstand. Warum konnte er sich mir nicht öffnen? Konnte das, was ihm wiederfahren war, so schlimm sein, dass es nahezu den Rest seines Lebens bestimmte?

„Na, treibt dich Tooru schon in den Wahnsinn?“, erklang plötzlich eine Stimme neben mir und ich blickte auf in die braunen Augen von Kaoru. Etwas verlegen versuchte ich zu lächeln und zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahung…warum muss er so anstrengend sein? Warum kann er manche Dinge nicht einfach hinnehmen?“

„Kompliziert sein ist eine seiner Lieblingseigenschaften und so ungern ich dir das auch sage…entweder du kommst damit klar oder eben nicht. Weißt du, ich bin zu den Jungs gestoßen, als sie sich alle schon echt lange kannten und musste mich dann irgendwie beweisen. Mit allen habe ich mich irgendwann super verstanden und ich habe sie lieben gelernt…nur Tooru war ein Sonderfall. Seine Eskapaden auf der Bühne machten mich fertig und auch sonst schien er mit keinem zu reden außer mit Shini…das war schon immer so. Bis er irgendwann beschloss mich zu akzeptieren. Kazuki glaub mir, ich weiß es kann verdammt hart sein ihn zu lieben, aber wenn er dir irgendwann beginnt zu vertrauen, kann es wunderschön sein.“

Ich nickte nur und drückte die Zigarette aus.

„Ich habe Angst ihn zu enttäuschen oder ihm nicht mehr genug bieten zu können.“

Der Gitarrist legte freundschaftlich seinen Arm um meine Schulter.

„Mach dich nicht kleiner als du bist und er liebt dich, sonst würde er nicht so reagieren. Rede mit ihm…“

Ich seufzte und nickte nur. Drinnen würdigte mich mein schöner Sänger keines Blickes, das tat verdammt weh, doch ich beschloss mich nicht beirren zu lassen, zog mich mit meiner Gitarre ein bisschen zurück und klimperte zuerst wahllos auf dem Instrument herum, dann entstand eine Melodie. Eine Melodie die mir fast so leicht von den Fingern ging wie meine eigenen Songs. Ain't afraid to die war eines meiner absoluten Lieblingslieder von Dir en Grey. Meine Schwester gesellte sich zu mir.

„Du spielst wundervoll…“, unterbrach mich meine Schwester.

„Danke.“

„Wie steht es jetzt eigentlich um uns?“

Ich zuckte mit den Schultern und zündete mir eine Zigarette an.

„Ich bin nicht sicher. Einerseits hast du mich echt überrascht, aber das andere kann ich nicht einfach so ausblenden.“

„Ja das ist mir bewusst, aber kannst du uns nicht wenigstens eine Chance geben? Bitte.“

Ich schaute meine Schwester lange mit forschendem Blick an. Versuchte etwas in ihren Augen zu finden, was mich zweifeln lassen könnte. Doch da war nichts.

„Yuni…ich würde mir nichts mehr wünschen, doch vergib mir meine Vorsicht.“

„Natürlich…aber ich mag dich wirklich Kazu. Das hab ich glaub schon immer…nur hat es mich früher immer genervt, dass dir alles so leicht von der Hand ging. Alles, was du getan hast, schien andere zu beeindrucken…doch das war kein Grund dich so mies zu behandeln. Ich hoffe du kannst mir irgendwann vergeben.“

„Wir werden sehen.“

Ich spielte erneut denselben Song und sang den Text dazu. Da umarmte mich auf einmal jemand von hinten und seine Stimme erklang dicht an meinem Ohr, als auch er seinen Text mitsang. Deshalb verstummte ich und spielte nur Gitarre, denn diesen wunderschönen Gesang konnte und wollte ich nicht toppen. Ich bekam eine Gänsehaut und war fast zu Tränen gerührt.

„Mit ein bisschen mehr Übung beherrscht du den Song perfekt“, ärgerte mich Kyo.

Ich legte mein Instrument zur Seite und zog ihn vor mich.

„Kannst du mich nicht einmal beim ersten Mal loben?“, murrte ich und ein süffisantes Grinsen umspielte seine Lippen, auf die er seinen Zeigefinger legte und so tat als würde er nachdenken.

„Ähm nein…vor allem nicht, wenn du meine Songs spielst.“

Ich zog einen Schmollmund.

„Kann schließlich nicht jeder son Perfektionist sein wie du.“

Kyo legte seine Arme um mich und so verweilten wir eine ganze Zeit. Mich lullte sein typischer Kyo Geruch ein und ich mochte es, wenn er kein Parfum auftrug. Seine Finger streiften meine Wange und in seinem Lächeln lag dieser verliebte Ausdruck, den er nur mir gegenüber zeigte, wenn die anderen gerade nicht hinschauten. Die Sanftheit in seinen Augen ließ mein Herz schmelzen und ich verliebte mich glatt noch Mal in diesen wundervollen Mann.

„Oh mein hübscher Schatz…es tut mir leid, dass ich vorhin so unfair war, aber…es fällt mir wirklich nicht leicht darüber zu sprechen.“

„Und warum fällt es dir so schwer?“

Kyo seufzte und streifte sich durch seine kurzen Stoppeln.

„Weil du dann Dinge über mich erfährst…die dich wohlmöglich abschrecken…davor hab ich Angst. Ich will nicht, dass du schlecht von mir denkst.“

Ich zog ihn in einen sanften Kuss.

„Niemals könnte ich schlecht von dir denken, egal was du mir erzählst…ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser beschissenen Welt Kyo…“

Mein hübscher Sänger ließ sich im Schneidersitz vor der Heizung nieder um klopfte mit der Hand auf seinen Beine und ich folgte seinem Ruf.

„Kami war meine erste große Liebe…damals spielte er Schlagzeug bei Malice Mizer und wir hatten Dir en Grey ein paar Jahre davor ins Leben gerufen. Wir lernten die Jungs in einer Bar in Osaka kennen und einige von ihnen hatten uns zuvor bei unserem ersten Auftritt gesehen…Kami fiel mir gleich auf, doch ich bekam schnell mit, dass er vergeben war. Doch das hinderte mich damals nicht und ich flirtete mit ihm…woraus sich dann recht schnell mehr entwickelte.“

Kyo hielt Inne und rief Toshi her, damit er uns noch ein Bier holen konnte. Der Bassist grinste nur und schüttelte mit dem Kopf.

„Du hast deine Jungs ganz schön unter Kontrolle, selbst wenn ihr nur zusammen trinkt.“

Der Sänger lächelte, als wäre er sich keiner Schuld bewusst und prostete mir zu.

„Einer muss diese Chaosbande ja im Zaum halten…soll ich fortfahren?“

Ich nickte zur Antwort.

„Allerdings stellten meine Jungs fest, dass Kami mir ganz und gar nicht gut tat…was war passiert? Ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt, doch er wollte nicht mit mir zusammen sein…zumindest nicht über unsere Affäre hinaus. Dann kam schmerzlich noch hinzu, dass meine Mama starb…und mit ihrem Tod starb auch ein Teil in mir. Kami spendete mir Trost und war für mich da, doch am Ende kehrte er immer wieder zu seinem Lover zurück und ich blieb allein. Anfangs konnte ich den Schmerz in meiner Musik verarbeiten, doch als Kami mich immer und immer wieder von sich stieß, drehte ich durch…verletzte mich selbst. Natürlich versuchten das meine Jungs zu unterbinden, deshalb tat ich es an dem einzigen Ort, an dem sie mich nicht daran hindern konnten…“

„Auf der Bühne…“, entfuhr es mir und Kyo nickte traurig.

„Genau…ich entfernte mich so weit es ging von den vier Menschen, die mir eigentlich alles bedeuteten. Ließ keine Nähe zu, nur Kamis Liebe erreichte mich und die war nicht mal echt…Unsere Affäre dauerte 2 Jahre, bis Kami schließlich an einem Schlaganfall starb…sein Tod riss mich dann endgültig in ein Loch. Der zweite Mensch, den ich verloren hatte…ich stürzte mich in die Musik und übertrieb es auf unseren Konzerten maßlos. Meine persönliche erste Hilfe Gang stand meist schon in den Startlöchern, um meine Wunden nach der Show zu verarzten…aber außerhalb meiner Zeit mit der Band kapselte ich mich vollends ab…denn wenn ich allein war, konnte mich keiner davon abhalten mir selbst Schmerzen zuzufügen…irgendwann hatte ich es jedoch nicht unter Kontrolle, ich kippte um und verlor das Bewusstsein. Shinya hat mich gefunden…natürlich rief er sofort den Notarzt und weicht von dem Tag an kaum von meiner Seite.“

„Und einen Monat später, als sich Tooru erholt hat, haben Kao und ich ihn zum Tätowierer geschleift. Denn da sind Schmerzen garantiert…und hat ja auch super funktioniert, wenn man deine Bildergalerie so anschaut…aber sorry, ich wollte euch zwei nicht stören, nur ich mach mich auf den Heimweg…“

Ich rutschte von Kyos Schoß und er schlang die Arme um seinen Drummer.

„Komm gut heim und pass auf dich auf.“

Dieser nickte und gab meinem Freund einen Kuss auf den Mund. Kurz meldete sich die Eifersucht, doch nun verstand ich endlich, weshalb sich die beiden so nahe standen und unterdrückte dieses nun völlig unnötige Gefühl. Auch mich umarmte Shinya und verschwand in der kalten Nacht. Ich kuschelte mich wieder an meinen schönen Sänger und schmiegte meinen Kopf an seine Schulter. Ich wollte ihm zeigen, dass seine Geschichte meine Gefühle für ihn in keinster Weise beeinflussten. Im Gegenteil, seine Worte bedeuteten mir alles und mir war klar, dass ihm das alles andere als leicht fiel.

„Danke“, wisperte ich in sein Ohr und musste ihn einfach küssen. Es war ein verzweifelter, nach Nähe gierender Kuss. Ja ich wollte gerade nicht mehr. Nur diesen Kuss. Er streifte meine Lippen mit seinen Zähnen, oh wie mich das anmachte. Besitzergreifend schob sich Kyos Zunge in meinen Mund und wurde von meiner sinnlich empfangen. Meine Hände schoben sich in seinen Nacken und schon fast ein bisschen unzüchtig setzten wir unser Zungenspiel fort. Ich saugte an seiner Unterlippe und fing seine Zunge erneut ein. Dann ein bisschen schwer atmend ließen wir voneinander ab.

„Und du möchtest dennoch mit mir zusammen sein?“, fragte Kyo schließlich und ich nickte.

„Natürlich…Kyo…ich verspreche dir, dass ich den Mist auch nicht mehr mache…wir passen einfach gegenseitig auf uns auf, dann passiert das nicht…“

„Oh Kazu…was tust du nur mit mir…ich glaub ich mag nach Hause, kommst du mit?“

„Gerne…“

Wir teilten uns ein Taxi mit meiner Schwester und ich freute mich sehr auf mein Bett. Naja, natürlich schliefen wir nicht sofort. Dieses Weihnachten würde ich wohl endlich als Positiv in Erinnerung behalten.

von Liebe und Freundschaft

„Ich wollte die Tage zu meinen Geschwistern fahren“, weckte mich Kyo und verschlafen blinzelte ich ihm entgegen.

„Mhh…“

Mehr brachte ich noch nicht zustande.

„Du bist echt ein Morgenmuffel, jetzt wach auf.“

Mein liebster zog mir die Decke weg, doch ich eroberte sie mir wieder zurück und warf ihm einen grimmigen Blick zu, doch er lachte nur. Er begann an mir zu rütteln und seine Finger strichen ganz sanft über meinen Hals, was furchtbar kitzelte und ich mich dagegen wehrte.

„Und du bist eine Nervensäge“, knurrte ich.

„Das mit Vergnügen…außerdem wollte ich dich fragen, ob du mitkommen willst“

Jetzt war ich hellwach. Hatte mich Kyo gerade unterschwellig gefragt, ob ich seine Familie kennenlernen wollte?

„Ähm…als dein Freund? Ich meine wissen sie, dass du auch auf Männer stehst?“

„Mir ist egal was sie darüber denken Kazu und ja, natürlich als meinen Freund…außerdem, warum machen da alle immer so ein Drama draus. Ich hatte auch schon was mit Frauen…ich nehme mir eben das, was mir gefällt.“

Für diese Aussage musste ich ihn einfach küssen.

 

Zwei Tage später befanden wir uns dann tatsächlich auf dem Weg zu Kyos Geschwistern und ich war mehr als nervös. Auch weil ich mich fragte, wie sie so waren und warum er sie zuvor noch nie erwähnt hatte? Bislang war ich davon ausgegangen, dass er keinerlei Kontakt zu seiner Familie hat, doch mein schöner Sänger steckte wohl doch voller Überraschungen, daran sollte ich mich wohl gewöhnen.

„Wie viele Geschwister hast du eigentlich?“, erkundigte ich mich um später nicht ganz so blöd dazustehen.

„Meine Schwester ist so alt wie du und mein Bruder fünf Jahre jünger als ich.“

„Okay…verrätst du mir ihre Namen noch?“

Gerade hatte ich das Gefühl ihm alles aus der Nase ziehen zu müssen. Oder vielleicht war er auch einfach nur ein konzentrierter Autofahrer?

„Hana und Akira. Wir sind bald da.“

Kyo parkte den Wagen in einer Seitenstraße einer scheinbar eher gehobeneren Wohngegend Osakas. Wir rauchten noch eine Zigarette und dann betraten wir das Haus links von uns. Die Wohnung befand sich im Erdgeschoss und fiel durch ihre großen Fenster und die Holzverkleidung auf. Die Tür öffnete sich und eine junge Frau winkte uns zu. Die langen schwarzen Haare waren zu einem Knoten auf den Kopf gebunden und ihr zierlicher Körper steckte in einem knallroten Kleid, was ihr ausgezeichnet stand. Neben sie trat ein Mann, der Kyo nicht ganz unähnlich war. Lässig lehnte er neben seiner Schwester und vergrub seine Hände in den Tiefen seiner Hosentaschen. Durch das weiße Hemd, welches in der dunkelbraunen Hose steckte, die von Hosenträgern gehalten wurde, wirkte er schon fast ein bisschen spießig. Mein Liebster zog beide in eine lange Umarmung.

„Willkommen Niichan“, begrüßten die zwei ihren großen Bruder. Dann wurde auch ich herzlich begrüßt und wir betraten das Haus. Vom Wohnzimmer konnte man in den großen schneebedeckten Garten schauen, was schon fast ein bisschen märchenhaft und kitschig wirkte. Auch hier drinnen waren alle Möbel aus Holz, was der Wohnung Gemütlichkeit verlieh. Eben ein Platz, an dem man sich sehr heimisch fühlt. Wir nahmen auf den Kissen um den Tisch platz, wo schon der Tee stand. Hana servierte dann eine köstlich duftenden Gemüsesuppe und später gefüllte Teigtaschen, Reis, Gemüse und Soße.

Sie fragte ihrem großen Bruder Löcher in den Bauch, doch dieser schien es mit Humor zu nehmen oder war es vielleicht auch gewohnt. Er wirkte entspannt. So, wie man Kyo selten zu Gesicht bekam und es erwärmte mein Herz.

„Wie geht es mit Dir en Grey voran?“, fragte die junge Frau weiter.

„Erst Mal kommt der Videodreh und dann gehen wir wieder auf Tour. Ich kann euch gern sagen, wenn wir in Osaka sind.“

„Ja, das wäre schön. Und was machst du in der Zeit Kazuki?“, richtete sie ihre Frage an mich.

„Mh, vermutlich mitkommen und Kyo auf der Nerven gehen“, ärgerte ich ihn, doch er grinste mich nur an.

„Dann bringe ich dich persönlich zurück.“

„Ach das würdest du nicht wagen…ohne mich ist‘s doch langweilig.“

„Du scheinst sehr von dir überzeugt zu sein Süßer.“

„Nicht?“

„Also…seid ihr eigentlich zusammen?“, fragte Akira dann neugierig.

„Ja sind wir.“

Wir plauderten noch über Vergangenes und die Stimmung lockerte immer mehr auf. Doch mir fiel auf, dass mein schöner Sänger keinen Tropfen Alkohol anrührte. Hatte er etwa vor heute noch zurück nach Kyoto zu fahren? Doch da fiel mir ein, dass er gesagt hatte, dass wir hier übernachten wollten. Vielleicht hatte er ja auch einfach keine Lust zu trinken.

Plötzlich klingelte es erneut und Hana sah ihren jüngeren Bruder misstrauisch an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Sie erhob sich und schritt in den Flur, um die Tür zu öffnen. Dann eine eher unerfreute Begrüßung. Kyo versteifte sich neben mir und seine eben noch so unbeschwerte Miene gefror zu einem eisigen Gesichtsausdruck.

„Was will er hier Aki?“

Der jüngere zuckte mit den Schultern und schaute betreten zu Boden.

„Es tut mir leid…ich dachte es wäre vielleicht gut, wenn ihr euch Mal wieder seht…ich hatte keine bösen Absichten“, wisperte Akira und schien wahrhaftig ein schlechtes Gewissen zu haben.

„Über meinen Kopf hinweg triffst du solche Entscheidungen?“, fuhr Kyo seinen kleinen Bruder an und jetzt wollte auch ich gespannter Weise wissen, um wen es sich hier handelte. Da trat Hana auch schon wieder zu uns mit einem älteren Mann im Schlepptau, dessen Blick auf meinem schönen Sänger haften blieb.

„Deshalb also hast du mich hier her bestellt Akira-chan? Den Weg hätte ich mir nun wirklich sparen können!“

„Aki…du?“, fragte nun auch Hana verblüfft und der jüngere sprang empört auf und fixierte seine Geschwister.

„Ich dachte es wäre vielleicht Mal wieder ein Versuch, dass sich Tooru und Papa mal näher kommen. Ich bin es leid immer nur einen von beiden zu sehen…dabei sind wir doch eine Familie oder nicht Hana? Ich liebe euch alle und warum verdammt könnt ihr euch nicht Mal den einen beschissenen Tag zusammenreißen!“, schimpfte Akira und ich wusste, wie er sich fühlte, doch vermutlich war das alles nicht so einfach.

„Ich werde mich nicht mit jemanden an einen Tisch setzten, der mich für den Tod meiner eigenen Frau verantwortlich macht. Deinen Versuch weiß ich zu würdigen Akira-chan, aber Tooru hat schon immer Schande über unsere Familie gebracht und ich werde mich nicht entschuldigen, für nichts. Ich bin der ältere und wenn du wünscht, dass unsere Familie wieder zusammenfindet, solltest du das deinem Bruder verdeutlichen.“

Der Blick des älteren Mannes, der sich ja nun als Kyos Vater entpuppt hatte, ruhte auf ihm. Doch diese Bitterkeit darin war beachtlich und ich weiß nicht, was Kyo angestellt hat, dass er ihn so hasste, aber das ging selbst mir verdammt nah.

„Niichan?“, wendete sich Akira jetzt an seinen älteren Bruder, doch mein schöner Sänger schüttelte nur mit dem Kopf.

„Tut mir leid Aki…ich kann nicht.“

Hana legte ihren Arm um Akiras Schulter, um ihn etwas zu beruhigen.

„Warum? Sind wir dir so egal?“

„Ihr seid mir nicht egal und das wart ihr nie…“

„Dann entschuldige dich doch bei Papa, bitte. Tue es für mich…für uns.“

Jetzt sprang auch Kyo auf und funkelte seinen jüngeren Bruder wütend an.

„Ich mich entschuldigen? Dafür, dass ich mein halbes Leben lang wie Luft behandelt wurde? Dafür, dass alles, was ich versucht habe mir aufzubauen immer falsch war? Dafür, dass auch ich immer versuchte diese Familie zusammenzuhalten? Nein, tut mir leid Ototo, dazu bin ich nicht bereit.“

„Du hattest noch nie Respekt vor den älteren, nicht Mal vor deiner eigene Mutter. stetig versuchte sie dich auf den richtigen Weg zu bringen doch was hast du getan? Sieh dich an, du verkörperst all das, was unsere Kultur verpönt.“, murrte der ältere Mann Kyo an und ich merkte, wie mein liebster so langsam die Beherrschung verlor.

„Und genau aus diesem Grund vergebe ich dir nicht. Mama hat mich immer toleriert und meine Musik geschätzt. Ihr war es egal, wie viele Tattoos oder Piercings ich habe. Doch du hast sie sterben lassen und das weißt du insgeheim…das ist der Grund, warum du mich wirklich hasst. Lass uns abhauen Kazuki…ich geb mir dieses Theater nicht länger.“

Kyo umarmte seine Geschwister und zog mich dann mit sich, dass ich fast über meine eigenen Füße stolperte.

Der Rückweg über die Autobahn ging fast doppelt so schnell wie der Weg hinzu. Ich traute mich kaum mit ihm zu reden. Aber hatte er geahnt, dass auch sein Vater uns aufsuchen würde? Vorsichtig und mit pochenden Herzen schob ich meine Hand auf seinen Oberschenkel, in der Hoffnung, er würde mich nicht sofort wieder von sich stoßen. Als er dann auch noch meine Hand ergriff und kurz drückte fiel mir ein Stein vom Herzen. Dann müssen wir wohl gegenseitig auf uns aufpassen. Die Worte nach unserem Streit kamen mir wieder in den Sinn und ich wünschte mir so sehr, dass Kyo dieses Versprechen einfordern würde.

 

Zu Hause war er gerade dabei sich wieder in seinem Arbeitszimmer zu verkriechen, da hielt er einen Augenblick inne und schaute mich an.

„Ich brauch einen Moment für mich Kazu…“

Ich nickte nur.

„Kyo…isses okay, wenn ich mich mit Shinya oder Toshi treffe?“

„Quatsch…du kannst sie auch gern hier her einladen…“

Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und ich beschloss das andere Diru Pärchen zu fragen, ob sie Lust hatten Schlittschuhlaufen zu gehen. Keine Sekunde später kam eine Antwort von dem Bassisten und wir wollten uns an der Eisbahn treffen. Sicherheitshalber schrieb ich Kyo noch einen Zettel und verfasste eine weitere Nachricht an Shinya, dass er sich vielleicht mal bei Kyo melden sollte. Seufzend zog ich mich an und machte mich auf den Weg. Die kam mir schon entgegen gerannt, stoppte jedoch, als er mein leicht betrübte Miene bemerkte.

„Oh oh…was ist los kleiner?“

„Nichts Dramatisches…wir waren nur heut bei Kyos Geschwistern und da ist sein Vater auch aufgetaucht…naja…das war dann weniger schön…“

Auch Toshiya hatte uns erreicht und den letzten Satz mitbekommen.

„Verdammt…das geht meist nie gut aus…wo ist er jetzt?“

„Zu Hause, wollte noch was arbeiten, aber ich hab Shinya geschrieben, dass er nach ihm schauen soll.“

Die seufzte und legte seinen Arm um mich.

„Das war eine gute Idee…aber jetzt lass uns ein bisschen Spaß haben.“

Dieses Mal übernahm ich die Kosten, denn ich hatte schon langsam ein schlechtes Gewissen, weil die beiden dauernd alles für mich bezahlten.

Doch mit den Schlittschuhen an meinen Füßen fühlte ich mich dann doch nicht mehr so sicher, weil es eine sehr wackelige Angelegenheit wurde. Ich hielt mich gerade so auf dem glatten Eis und versuchte erste Schritte. Toshi schien darin ein echter Profi zu sein, denn er fuhr uns davon. Die bot mir seinen Arm an.

„Wenn ich falle, dann fällst du aber auch.“

Er winkte mit der Hand ab und grinste.

„Dann fallen wir zusammen. Komm schon!“, ermutigte er mich und ich griff seine Hand. Langsam zog er mich hinter sich her und auf einmal wurde ich von hinten angeschoben. Erschrocken klammerte ich mich an dem Gitarristen fest und hörte Toshiya hinter mir kichern. Dieser ergriff jetzt meine freie Hand und so hielten mich beide fest. Ich kam mir vor wie ein kleiner Junge. Fehlte nur noch, dass die zwei jetzt Engelchen, Engelchen flieg mit mir spielten. Naja, auf dem Eis wäre das wohl für uns drei keine besonders schlaue Idee. Doch ich merkte, wie ich sicherer wurde und so langsam traute ich mich dann auch allein zu fahren.

„Oh schau mal Tosh…unser kleiner Eisprinz. Ist er nicht niedlich.“

Ich warf dem Blonden einen vernichtenden Blick zu. Wir fuhren noch ein paar Runden, dann wurde uns kalt und wir beschlossen noch irgendwo was trinken zu gehen.

In dem warmen Café um die Ecke tauten meine erfrorenen Glieder wieder auf und ich bestellte eine heiße Schokolade. Ich checkte mein Mails, falls sich Kyo oder Shinya gemeldet haben sollte und tatsächlich, eine Nachricht von dem Drummer:

 

Sind jetzt im Proberaum, vielleicht wollt ihr ja später nachkommen. Danke, dass du mir geschrieben hast <3.

 

Ich lächelte traurig und wäre jetzt gern an Shinyas Stelle. Immerhin hatte er mir ein Herzchen geschickt, das war irgendwie süß. Ich zeigte Toshi und Die die Nachricht.

„Das klingt gut…Kazu, ich weiß, was du denkst, aber Shini wird in solchen Momenten immer für Tooru da sein. Sie kennen sich jetzt über zwanzig Jahre und wenn ihn einer versteht dann er. Es ist nicht leicht für dich, aber lass es zu.“

„Tue ich ja…“, seufzte ich und nippte an meinem heißen Getränk.

„Wisst ihr was, morgen ist schon Silvester. Habt ihr schon Pläne Kazuki?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Bisher hab ich mit Sota immer bei Takashi gefeiert. Was macht ihr da immer so?“

„Wir treffen uns alle bei einem von uns und feiern gemeinsam. Wenn mich nicht alles täuscht sind wir dran Die?“, fragte der Bassist seinen Liebsten. Dieser nickte.

„Genau. Können wir ja später noch bequatschen wer was mitbringt. Natürlich nur, wenn du auch Lust hast, aber ich zähle dich automatisch dazu.“

Ich grinste Daisuke an.

„Gerne.“

Noch immer wippte ich ungeduldig mit dem Fuß unter dem Tisch. Wie es Kyo wohl ging und ob ihm Shinya helfen konnte? Würde ich ihm jemals helfen können? Ich biss mir auf die Unterlippe, um meinen Unmut zu verbergen, doch das entging den beiden anderen trotzdem nicht.

„Sollen wir nach den beiden gucken gehen? Sonst wirst du nie ruhig heute…geht schon Mal raus, ich bezahl für uns“, meinte Die und ich war ihm mehr als dankbar. Vor der Tür hatte das Schneetreiben erheblich zugenommen und man konnte kaum noch etwas erkennen. Zum Glück konnte man den Proberaum von hier auch zu Fuß erreichen und wir beeilten uns, damit wir nicht noch zu Eiszapfen mutierten. Ich fragte mich, was mich erwarten würde und ob Kyo noch traurig, wütend oder enttäuscht war? Toshi und Die nahmen mich wieder in ihre Mitte und schon erreichten das Areal. Der Innenhof war spiegelglatt und wir mussten tierisch aufpassen nicht auszurutschen. Von drinnen schlug uns Wärme und Gelächter entgegen. Auf dem Sofatisch stand eine fast leere Flasche Sake und die beiden schienen sich ordentlich die Kante gegeben zu haben. Ich erhaschte einen Blick auf meinen schönen Sänger, der an seinem Drummer lehnte und über irgendwas lachte. Einerseits tat es gut ihn so zu sehen, aber da war eben dieses beschissene ABER. Unsere Blicke trafen sich und er winkte mir grinsend zu. Ich erwiderte es und versuchte ruhig zu bleiben. Wieder Mal flüsterte er Shinya etwas zu und ich nahm im Sessel Platz. Die und Toshiya drängte sich mit auf das Sofa. Ich zündete mir eine Zigarette an und versuchte Kyos Blicke zu deuten, der noch immer an seinen Drummer gelehnt auf dem Sofa lungerte. Doch dann erhob er sich, kam auf mich zu und machte mir mit einer Handbewegung deutlich, dass ich aufstehen sollte. Das tat ich und er setzte sich in den Sessel und zog mich auf seinen Schoß.

„Bevor du mich mit deinen Blicken noch tötest“, wisperte er mir zu und zog mich in einen Kuss.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, nuschelte ich.

„Kazuki…verkauf mich nicht für blöd…was war jetzt das Problem? Mich so vertraut mit Shinya zu sehen? Daran solltest du dich gewöhnen“

Seine Stimme klang nicht zornig, duldete aber auch keine Widerrede. Augenblicklich überkam mich das schlechte Gewissen.

„Es tut mir leid…nur manchmal wünschte ich mir, dass du dich auch bei mir so fallen lassen könntest“

Kyo zog die linke Augenbraue hoch.

„Ooookay…Regel Nummer eins: kein Drama. Regel Nummer zwei: versuche nie dich zwischen diese Freundschaft zu drängen und Regel Nummer drei: genieße endlich das, was du hast…denn du bekommst weit aus mehr Zuwendung als Shinya…“

„Ich wollte dich nicht verärgern und natürlich hast du Recht…“

„Kazu…er stand mir in der schwersten Zeit meines Lebens bei…ohne ihn wäre ich verrückt geworden.“

„Liebst du ihn?“, platzte es aus mir heraus und am liebsten hätte ich mir die Zunge abgebissen.

„Natürlich tue ich das, das bedeutet aber nicht, dass du mir nicht wichtig bist, im Gegenteil. Ich liebe dich und das weißt du auch…nur diese Freundschaft und das ist eine der wenigen Dinge, die ich von dir erwarte, ist unantastbar Süßer. Akzeptiere das bitte.“

„Okay…wenn du mir erlaubst Sota hin und wieder zu treffen“

Kyo sog die Luft scharf ein und ich wusste, dass ich mich auf dünnem Eis bewegte.

„Geht das wieder los…du bist echt sturer als ein Esel…na schön. Aber ich schwöre dir, ich bringe ihn höchstpersönlich um, wenn er dich versucht anzufassen oder zu küssen.“

„Glaub mir, das weiß er selbst und ich würde ihm die Freundschaft kündigen, wenn er das probiert…nur er fehlt mir eben…als Freund.“

Kyo nickte verständnisvoll.

„Verstehe…möchtest du ihn morgen dabei haben?“

Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich zu Kyo hinab.

„Wirklich? Wäre das in Ordnung für dich?“

Mein hübscher Sänger seufzte und er zündete sich eine Zigarette an.

„Ich bin kein Unmensch, auch, wenn das viele denken und vielleicht ist es gar nicht so schlecht deinen Sota mal besser kennenzulernen.“

Mir wurde ganz warm ums Herz und ich küsste meinen Liebsten.

„Ich werde ihn fragen…vielleicht hat er ja auch schon was anderes geplant.“

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht…sag ihm, ich würde ihn gern dabei haben.“

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen und klaute dem Sänger mal wieder die Zigarette. Dieser schüttelte nur mit dem Kopf und hob mich von seinem Schoß runter. Er postierte sich vor dem Tisch, sodass ihn alle sehen konnten und räusperte sich.

„Ich würde euch gern was sagen…Kaoru und ich haben uns unterhalten und ich würde gerne nächste Woche mit den Dreharbeiten zu unserer neuen Single Ranunculus beginnen…außerdem wollte ich dich fragen Kazu, ob du einen Part in dem Video übernehmen möchtest?“

Ich verschluckte mich am Rauch meiner Zigarette und blinzelte Kyo verlegen entgegen. In seinem Blick lag so viel Liebe und Vertrauen, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.

„Ich…oh Mann…ja gerne…“

„Dann hätten wir das auch geklärt oder hat jemand etwas dagegen?“, fragte er dann in die Runde.

„Dann sollten wir darauf anstoßen“, meinte Shinya feierlich und zauberte eine neue Flasche Sake hervor. Kyo organisierte noch mehr Gläser und ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Wir stießen an und dann schrieb ich Sota. Natürlich willigte er ein und ich freute mich auf eine hoffentlich lustige Silvesterparty.

Silvester

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I will love you forever

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...and ever...ever...ever

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Level up

Wieder einmal hatte ich diesen verfluchten Tag ausgeblendet, wollte nicht, dass er kam, doch nun war er da. Wir waren vorgestern wieder in Kyoto angekommen und alles war wundervoll, aber auf einmal kippte meine Stimmung. Mein Liebster war noch unterwegs und wollte in etwa einer Stunde zu Hause sein, doch überkam mich das Gefühl so plötzlich und unerwartet, ich würde es keine Minute länger aushalten. Ich versuchte mich mit Rauchen abzulenken. Appetit hatte ich ohnehin keinen. Mit den Unterarmen stützte ich mich auf dem Fensterbrett ab und schaute auf die Lichter der Stadt vor mir, doch dieses miese Gefühl schnürte mir die Luft ab und mein Herz wummerte in meiner Brust. Wieder fragte ich mich, womit ich das hier alles verdient hatte und wie Kyo mich nur lieben konnte? Mich, einen Versager ohne Job und mittelmäßigem musikalischen Talent. Wieder überkam mich diese Angst, dass er mich irgendwann doch verlassen würde, weil ich ihm nicht mehr genügte. Ich ihm zu langweilig oder anstrengend wurde. Vielleicht hatte er schon jetzt keine Lust mehr mit mir zusammen zu wohnen und war deshalb so oft weg? Dieser Gedanke schmerzte so unglaublich heftig, dass mich das Stechen in meinem Herzen fast zu Boden rang. Ich biss mir auf die Unterlippe und schmeckte Blut. Verdammt. Mein Therapeut riet mir damals, wenn mich denn Mal wieder einer dieser Anfälle heimsucht, sollte ich mich vor einen Spiegel stellen und mir sagen, was ich an mir mochte. Total schwachsinnig und doch wollte ich es versuchen. Mit etwas zittrigen Knien stellte ich mich vor den großen Spiegel im Schlafzimmer und betrachtete meine Gestalt. Ich mochte mein Gesicht, die leicht kantigen Wangenknochen und die kleine Nase. Manchmal mochte ich auch meine Augen, wenn ich es denn ertrug mich durch sie hindurch anzuschauen. Gerade fiel es mir richtig schwer, weil mein Blick von dieser trostlosen Leere erfüllt war. Und wieder flüsterte diese dunkle fiese Stimme in mir, dass mich Kyo unmöglich für immer lieben könnte. Wieder biss ich mir auf die Lippe und sah ihm Spiegel, wie Blut aus der kleinen Wunde drang. Ich zwang mich mein Spiegelbild weiter anzusehen und nach Merkmalen zu suchen, die ich an mir mochte. Mein schlanker Körper gefiel mir tatsächlich und in der knallengen Hose und dem transparenten bauchfreien Oberteil machte ich gar keine so schlechte Figur. Doch dann stachen mir die kleinen hellen Schnitte auf meinem Bauch ins Auge. Auch meinen Arm hatte ich gezeichnet. Angewidert senkte ich den Blick. Nein länger ertrug ich das wirklich nicht, kehrte meinem Spiegelbild den Rücken und ging in die Küche zurück. So sehr ich mich auch bemühte, ich fand mich in diesem Augenblick abstoßend, hässlich und ungewollt. Nicht geliebt und nutzlos. Eben so, wie es mir meine Familie immer eingeredet hatte. Vor allem mein Vater, der nie verkraften konnte, dass ich auf Männer stand und mich so sehr verachtete. Eine unsichtbare Klinge bohrte sich in mein schwaches Herz und so sehr ich auch mit mir ran, momentan kam ich gegen diese dumme Blockade in meinem Kopf nicht an. Viel lieber würde ich dieses Gefühl gern loswerden, weil es mich in den Wahnsinn trieb. Nein, ich musste dagegen ankämpfen, weil ich es meinem Liebsten versprochen hatte. Aber war das nicht ohnehin egal, wenn er mich nicht liebte? Wütend über mich selbst schlug ich mit der Faust auf die Theke. Plötzlich fühlte sich meine Kehle staubtrocken an und ich holte mir ein Glas aus dem Schrank, um mir Wasser einzuschenken. Meine Hände zitterten derart, dass ich das Glas fast hätte fallen lassen. Ich leerte es in einem Zug und wollte es in die Spüle stellten. Dabei glitt es mir aus der Hand, fiel zu Boden und ging zu Bruch. Tränen stiegen mir jetzt in die Augen und die scharfkantigen Scherben waren für mich wie kribbelbunte Riesenlollies für kleine Kinder. Mit pochenden Herzen kniete ich mich vor den Scherbenhaufen und es war, als würden sie mich anlächeln, zu mir flüsterten, wie schön sie doch sind. Mit ihrer glatten glänzenden Oberfläche und den scharfen Kanten und wie schön sich das Glas auf der Haut anfühlte. Ich war nahezu hypnotisiert von diesem Anblick und diese Stimme in meinem Kopf riet mir letztendlich doch, eine der schönen Scherben in die Hand zu nehmen und genau das tat ich dann auch. Ich wiegte sie hin und her, setzte die Spitze an meinem linken Unterarm an und schnitt mich. Kurz schloss ich meine Augen, um diesen bittersüßen Schmerz zu genießen. Der nächste Schnitt ging tiefer. Der dritte noch tiefer. Mir wurde etwas schummrig vor Augen und ich sank gegen den Küchenschrank zu Boden. Blieb dort sitzen und schaute zu, wie das Blut meinem Arm hinabfloss, einen wunderschönen Kontrast zu meiner hellen Haut bildete und auf die Fließen tropfte. Dort bildete sich eine kleine Pfütze. So saß ich eine Weile da und dachte nichts. Die Dunkelheit war ein bisschen gewichen.

Da hörte ich, wie dir Tür ins Schloss fiel. Kyo war zurück und würde mich jetzt noch mehr hassen, wenn er sah, was ich getan hatte. Gut so. Da bekam ich wenigstens meine Bestätigung, dass ich nichts wert war. Als er mich erblickte, weiteten sich seine Augen vor Schreck. Mit einem Satz war er bei mir, verarztete meine Wunde und schaute mich mit besorgtem Blick an, der mir die Tränen in die Augen trieb.

„Du Dummerchen, was in aller Welt tust du denn da?“

Er zog mich in seine starken Arme.

„Vergessen, dass heute dieser beschissene Tag ist…“, murmelte ich in den Stoff seines Pullis. Seine Hände umfingen mein Gesicht und er küsste mich. Ganz zaghaft und voller Liebe. Jetzt musste ich erst Recht heulen und Kyo hielt mich nur, aber warum? Weshalb hasste er mich nicht?

„Kazu…mein Herz…ich liebe dich und ich weiß welcher Tag heute ist. Deshalb dachte ich, wir könnten vielleicht etwas daran ändern, damit du diesen mit etwas positiven verbindest.“

Ich schaute meinen schönen Sänger fragend an.

„Wenn du es erlaubst, würde ich dich gerne entführen…sollte eigentlich eine Überraschung werden.“

„Kyo…ich kann das nicht. Nicht heute. Ich verfluche meinen Geburtstag und würde diesen Tag am liebsten aus meinem Leben streichen…aber geh, hab Spaß und lass mich allein.“

„Sicher nicht…es sind alle da, die Jungs, Sota, Yuna…alle warten auf dich mein Süßer, weil wir dich alle furchtbar gern haben.“

Ich schüttelte nur mit dem Kopf.

„Aber warum Kyo? Was tue ich denn, damit mich die Menschen mögen? Ich bin ein Nichts…nicht liebenswert.“

Mein Liebster erwiderte lange nichts. Dann erhob er sich, holte eine Flasche Sake und zwei Gläser und ließ sich mir gegenüber nieder. Er reichte mir das volle Glas und prostete mir zu.

„Okay, dann anders…Kazuki, du vergisst eine Sache…ich weiß nur zu gut, wie es in dir drinnen aussieht und ich weiß auch, wie schwer es ist, aus diesem Loch herauszukommen. Deshalb erzähl mir jetzt, was in dir vorgeht…und zwar alles.“

Ich schluckte. Und schenkte mir noch Mal nach.

„Ich…ich habe Angst…dass…du mich irgendwann verlässt…mich nicht mehr willst…mich nicht mehr brauchst…“, krächzte ich und die Tränen flossen wie kleine Bäche über meine Wangen.

„Und warum glaubst du das?“, fragte er ruhig weiter.

„Kann ich nicht genau sagen…es ist halt so ein…Gefühl…Verlustängste und so…außerdem verabscheue ich mich gerade selbst…“

Wieder schwieg er lange und zündete sich eine Zigarette an.

„Kyo…ich zieh dich doch nur runter…ich hab dich nicht verdient und erzähl mir nicht, dass du das gerade toll findest mich so zu sehen…“, fuhr ich ihn jetzt an, weil es immer noch besser war, als nichts zu sagen. Unsere Blicke trafen sich wieder und er reichte mir seine Zigarette. Etwas verwirrt schaute ich ihn an, weil er das noch nie freiwillig getan hatte und griff nach dem Glimmstängel.

„Kazu…den Spieß könnten wir genauso umdrehen…ich glaube ich weiß jetzt zum ersten Mal, wie sich Shini gefühlt hat, wenn ich so am Ende war…aber egal…hör mir einfach zu…du ziehst mich nicht runter und ich brauche dich. Mehr als ich jemals einen Menschen gebraucht habe. Ohne dich gehe ich kaputt Kazuki…bitte. Wir schaffen das…aber zusammen.“

„Wozu brauchst du mich Kyo? Zum Vögeln? Als ob irgendwas Attraktives an mir ist…und irgendwann wirst auch du das begreifen. Nur um deinen Spaß auszuleben, kannst du auch gerne mit hundert anderen ficken…dazu brauchst du mich nicht…“

„Kazuki hör auf!“, fuhr er mich jetzt an und wirkte schon fast verletzt.

„Nein ich hör nicht auf…erst, wenn du zugibst, dass ich Recht habe!“, schrie ich jetzt und auf einmal war er über mir und küsste mich hart, sodass mir fast die Luft wegblieb. Seine Zunge eroberte in Windeseile meine Mundhöhle und ich keuchte eher unbewusst auf. Und dann nahm er meine Hand und führte sie zwischen seine Beine.

„Fühlst du das?“

Ich konnte nur nicken.

„Und das ist deinetwegen…auch wenn du hier heulend vor mir sitzt und alle Welt scheiße findest…ich steh sowas von auf dich und sag du mir nie wieder, dass du unattraktiv bist. Du bist der schönste Mann der Welt und jetzt lass uns zu deiner Party gehen.“

Doch so leicht ließ ich ihn nicht davonkommen, schlang meine Beine um seine Hüften und zog ihn näher zu mir. Wollt ihn küssen und ihn in mir spüren.

Kyo schob mein Oberteil ganz nach oben und spielte mit meinen Nippelpiercings. Ein Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.

„Und erzähl mir jetzt noch Mal, dass das nicht verdammt sexy ist mein Schatz…du und dein heißer Körper treiben mich irgendwann noch in den Wahnsinn…den ganzen Tag kann ich an kaum an etwas anderes denken…ich liebe dich. So sehr…“

Und während er meine kaputte Seele mit seinen Worten heilte, liebkosten seine Lippen und seine Zunge meine empfindlichsten Stellen und ich sah schon wieder Sternchen. Doch dann auf einmal ließ er von mir ab.

„Wir sollten das auf später verschieben…alle warten auf dich.“

„Na und, dann lassen wir sie eben warten…bitte Kyo, ich brauch das jetzt.“

Leicht amüsiert grinsend fuhren seine Finger über meine Brust über den Hals und berührten meine Lippen. Ich fuhr mit der Zunge über seine Kuppen und saugte ein wenig daran.

„Ohhh…Kazu…weißt du wie verrucht das gerade aussieht?“, raunte er mir zu und jetzt konnte auch ich wieder lächeln. Ich schob seine Finger tiefer in meinen Mund, wohl wissend, dass sie sehr bald noch andere Körperstellen erkunden würden. Dieser Gedanke ließ mich aufstöhnen und ich zog meine Hose bis zu Knien runter. Heiß und erregt vor Lust drängte ich mich meinem schönen Sänger entgegen und er verstand mich auch ohne Worte, bewegte seine Hände über meinen Körper, entlang meiner Seiten, doch die empfindlichen Zonen ließ er mit Absicht aus. Dafür hasste und liebte ich ihn zugleich. Einerseits, weil es mich fast rasend machte, meine Lust jedoch noch mehr steigerte. Seine Zähne knabberten an meinen Nippeln und eine Welle der Erregung überflutete mich. Nein ich wollte kein Vorspiel mehr, sondern Kyo in mir spüren. Hart und heftig.

„Fick mich Kyo…vögel mir den Verstand raus…ich brauch das jetzt…ganz dringend…“

Seine Lippen pressten sich auf die Meinen und sein heftiger Stoß ließ mich aufschreien. Den kurzen Schmerz ignorierte ich, denn das was danach folgte vertrieb ihn ohnehin wieder. Kyo nahm mich tatsächlich beim Wort und die Härte, mit der er sich das nahm, was ihm gehörte ließ mich kaum mehr an seiner Liebe zu mir zweifeln. Mit einem berauschten, zu tiefst entspannten Grinsen ergoss ich mich auf meinem Bauch und auch mein Liebster erreichte bald danach seinen Höhepunkt. Entzog sich mir langsam und säuberte mich. Ich verschwand kurz auf dem Klo und zog mich wieder an. Mein hübscher Sänger klopfte und fragte, ob er zu mir kommen dürfe. Ich öffnete die Tür und warf ihm einen fragenden Blick zu. Er trat ein und holte ein Beautycase aus dem Badschrank heraus.

„Setz dich auf den Badewannenrand“, befahl er schon fast wieder in diesem typischen Kyo-Ton. Ich gehorchte.

„Was hast du vor?“, fragte ich neugierig.

„Dein Ego ein bisschen pushen…hast du dich früher eigentlich manchmal geschminkt?“

„Ja, als ich noch zu Hause gewohnt hab immer…einer der Gründe, weshalb ich raus geflogen bin. Meine Eltern wollten halt nicht mit ner beschissenen Schwuchtel unter einem Dach leben…willst du mich etwa schminken?“

Ein Grinsen huschte über seine Lippen und er nickte. Ich zuckte mit den Schultern und ließ es über mich ergehen.

„Schließ deine Augen.“

Auch das tat ich und es fühlte sich schön an, wie der Pinsel auf meinen Augenlider malte und ich hoffte nur, dass ich nachher nicht wie ein Paradiesvogel aussah.

„Oookay…jetzt öffnen und nach oben schauen…versuch nicht zu blinzeln.“

Kyo hübschte mich scheinbar auch mit Kaja und Eyliner auf, tuschte meine Wimpern und besah sich sein Werk recht zufrieden. Auch ich warf jetzt endlich einen Blick in den Spiegel und staunte nicht schlecht.

„Voll ungewohnt, aber ich könnte mich wieder dran gewöhnen…hast du schwarzen Lippenstift?“

„Was für eine Frage…bist du etwa auf den Geschmack gekommen?“, fragte er leicht amüsiert.

„Ja klar, wenn schon, denn schon.“

Ich beugte mich etwas vor und fuhr mit dem Lippenstift die Konturen meines Mundes nach und färbte diesen pechschwarz. Und tatsächlich fühlte ich mich jetzt ein wenig besser, zumindest zeigte sich mein Selbstbewusstsein etwas mehr und es ging mir nicht mehr ganz so beschissen. Dennoch entfuhr mir ein tiefer Seufzer.

„Magst du dein Netzoberteil anziehen?“, fragte mich mein Liebster dann und ich nickte, verschwand im Schlafzimmer und kleidete mich um. Da es draußen doch noch recht frisch war, nahm ich kurzerhand mein grünes Samtjacket und zog es über das Netzhemd. Zufrieden schaute mich mein schöner Sänger an. Auch er trug jetzt seine Vampirkontaktlinsen und seine Augen hatte er auch ein bisschen dunkel geschminkt. Ich musste ihn einfach küssen, hielt jedoch innne, um zu überprüfen, ob der Lippenstift kussfest war. Das war er in der Tat. Ich warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und schon jetzt stand fest, dass ich mich wieder öfter aufhübschen sollte. Dieser dunkle Glitzerliedschatten passte perfekt zu mir und ich ergriff Kyos Hand.

„Wohin gehen wir eigentlich?“

„In unsere Stammbar…da ist zumindest sicher, dass wir keinen Trubel haben oder von nervigen Paparazzis überfallen werden.“

Wir liefen zur Haltestelle und ich wusste nicht, ob es gerade an meiner nicht so stabilen Verfassung lag oder er das unbewusst tat, aber Kyo hielt noch immer meine Hand, obwohl wir uns auf offener Straße bewegten. Es war zwar schon dunkel, aber trotzdem konnte uns ja jeder sehen und die Wahrscheinlichkeit, dass man den Dir en Grey Sänger erkannte, war ja nicht mal so unwahrscheinlich. Deshalb löste ich unseren Griff, doch als er meine Hand wieder mit der Seinen verflocht, setzte mein Herz einen Moment aus. Tat er das also gerade wirklich im vollen Bewusstsein? Wollte er sich tatsächlich vor aller Welt zu mir bekennen? Ich lächelte verlegen und wagte es einen Blick zu ihm zu riskieren. Auch Kyo drehte seinen Kopf in dem Moment zu mir und erwiderte mein Lächeln. Wärme breitete sich in meinem Körper aus und ich konnte mein Glück kaum fassen.

Wir erwischten die nächste Bahn gerade noch und fielen etwas stürmisch auf einen Zweiersitz. Auch eine ältere Dame stieg zu und schaute sich suchend nach einem Platz zum Sitzen um. Sofort sprang Kyo von seinem auf, wies mich an zu rutschen, bot seinen Platz der Frau an und zog mich auf seinen Schoß.

„Kyo…was machst du, wenn dich jemand erkennt? Ich meine…willst du das wirklich riskieren?“

Mein schöner Sänger zog mich in einen Kuss, der mich vollends aus der Bahn warf und ich gar nichts mehr verstand.

„Ich bin auch nur ein Mensch Kazu…und ich liebe dich…scheiß drauf, was die verfluchte Welt davon hält. Und mal ganz ehrlich, was wollen sie denn machen? Uhhh ja, ich knutsche nen anderen Kerl…wen interessiert‘s?“

Belustigt schüttelte ich mit dem Kopf. Nächste Station mussten wir aussteigen. Da legte die ältere Frau plötzlich ihre Hand auf Kyos tätowierten Arm und schenkte ihm ein warmherziges Lächeln.

„Ich wünsche Ihnen beiden alles Glück der Welt…ich finde es sehr mutig, dass Sie ihre Liebe so offen zeigen.“

„Dankeschön. Ich wünsche noch einen angenehmen Abend“, entgegnete er.

Okay, konnte dieser verfluchte Tag eigentlich noch besser werden? Vermutlich grinste ich wie ein Honigkuchenpferd. Ein leichter Wind umwehte uns und wir schritten noch immer Hand in Hand zur Bar. Kyo schob mich nun etwas ungeduldig durch die Tür und alle drehten sich zu mir um, worauf mir eine leichte Röte ins Gesicht stieg. Meine Schwester flog zuerst auf mich zu und landete in meinen Armen.

„Happy Birthday großer Bruder. Auf dass wir uns wieder näher kommen.“

Als nächster folgte Sota. Die und Toshi umarmten mich gemeinsam und dann kam Shinya. Da lag etwas in seinem Blick, was mich erschreckte und zugleich erleichterte und Kyos Worte kamen mir wieder in den Sinn. Ich glaube ich weiß jetzt zum ersten Mal, wie sich Shini gefühlt hat, wenn ich so am Ende war. Und er schien auch zu wissen, was mit mir los war. Ich schloss meine Arme um den Drummer und blinzelte die Tränen weg. Nein, heute durfte ich nicht mehr heulen, sonst würde mein Make-up verschmieren.

„Ich wünsche dir alles Gute Kazu-chan…genieße deinen Abend und lass die Vergangenheit hinter dir. Ich habe dich sehr lieb.“

Ich zog ihn noch ein bisschen enger an mich.

„Danke Shini…“, gab ich mit erstickter Stimme zurück und entließ ihn aus der Umarmung. Da überreichte mir mein bester Freund eine Kiste aus Holz, die einer Schatzkiste glich.

„Mach sie schon auf“, forderte er mich aufgeregt auf und ich öffnete das Schnappschloss. Darin lagen viele Goldmünzen aus Schokolade und ein Brief? Ich faltete den Zettel auseinander und meine Augen wurden immer größer, während sie die Zeilen überflogen. Ein Tattoogutschein? Ich schluckte und stellte nicht zum ersten Mal an diesem Tag fest, dass der Tag wohl von nun an als ein glücklicherer in meine Geschichte einging.

„Wow…ich fürchte ich bin ein bisschen sprachlos…vielen Dank ihr wundervollen Menschen…aber jetzt möchte ich mit euch trinken.“

Meine kleine Schwester brachte schon ein Tablett mit Sektgläsern und jeder meiner Freunde nahm sich eines davon weg. Alle prosteten mir zu und ich wusste, dass ich noch eine Sache zu erledigen hatte, auch wenn mich Kyo dafür vermutlich steinigte. Ich räusperte mich und erhob das Glas.

„Ähm…bevor ich mit euch anstoße, muss ich noch kurz was loswerden…das betrifft einen ganz besonderen Menschen hier in diesem Raum und ich weiß, dass du nicht gern im Mittelpunkt stehst Kyo, aber ich möchte mich vor allem bei dir bedanken…für deine Geduld, für deine Liebe, für dein immer für mich da sein…vor allem vorhin…ich liebe dich…“

Alle klatschten, doch ich hatte nur Augen für meinen schönen Sänger und zum Glück lächelte er mich an.

Der Alkohol floss und ich war zu fortgeschrittener Stunde schon ziemlich gut drauf. Natürlich lief die Karaokemaschine an dem Abend heiß, doch ich hatte mich noch nicht dort hin gewagt. Ich redete mit meinen Freunden, vor allem mit Toshiya. Wir alberten umher und rissen Witze. Da stieß Sota zu uns und fragte, ob mit mir alles okay sei. Ich grinste und nickte mit dem Kopf. Meine Jacke hatte ich schon vor einer Weile abgelegt. Auch eine ziemlich betrunken Yuna kam angetorkelt und klammerte sich an meinen Arm.

„Hihi, wenn dich unsere Eltern so sehen würden Kazu…die würden sicher voll ausflippen“, amüsierte sie sich, doch ich konnte ihre Freude nicht so recht teilen. Vorsichtig strich sie über den Verband an meinem Arm und warf mir einen fragenden Blick zu. Auch mein Freund sah mich leicht panisch an. Ich zuckte nur mit den Schultern und zündete mir eine Zigarette an.

„Halb so wild…nichts Schlimmes“, versuchte ich die Situation zu retten, doch es war bereits zu spät.

„Hast du dich wieder geritzt Kazu?“ fragte mein Freund besorgt und jetzt schienen auch bei meiner Schwester die Alarmglocken zu klingeln. Ich zog die beiden in eine Sitznische, etwas weg vom Geschehen. Atmete tief ein und dann wieder aus.

„Ja Sota, hab ich…und jetzt? Das ist nun Mal eine Seite von mir, die ich schwer unterdrücken kann…aber ist okay…Kyo konnte schlimmeres verhindern und ich will jetzt nicht mehr darüber reden.“

„Wie ein Teil von dir? Was ist los mit dir Kazuki?“

Yuna wirkte verwirrt und besorgt. Wortlos zeigte ich ihr die Narben auf meinem Oberkörper, die durch das Netzoberteil hindurch schienen. Schockiert hielt sie sich die Hand vor den Mund.

„Hast du mal mit einem Arzt geredet?“, fragte sie erschrocken. Ich rollte mit den Augen und nickte.

„Ja hab ich und es war nicht besonders toll…hör zu Schwesterchen…ich musste schon mit vielen Rückschlägen in meinem Leben klarkommen, aber ich schaff das okay? Alles was jetzt kommt, kann nur besser werden. Ich möchte, dass du dir keine Sorgen um mich machst.“

„Es tut mir so leid Niichan.“

Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Muss es nicht…es ist wirklich alles gut und jetzt lasst uns noch ein bisschen Spaß haben.“

Ich steuerte die Bar an und holte mir einen neuen Drink, da umfingen mich zwei Arme von hinten und seine tätowierten Hände schoben sich unter mein Oberteil. Ich kicherte, als sein warmer Atem meinen Nacken kitzelte.

„Ich hasse mich ein bisschen“, flüsterte mir Kyo ins Ohr und ich drehte mich zu ihm.

„Warum das?“

„Weil ich heute dazu beigetragen haben, dass du so verflucht heiß aussiehst…“

„Selbst schuld…aber mir geht es nicht anders. Jedes Mal, wenn ich dich anschaue, brennt in mir diese süße Leidenschaft auf…aber ich fürchte das muss warten…du musstest ja unbedingt eine Party organisieren. Mir hätte auch ein Sexabend mit dir genügt“, ärgerte ich meinen Liebsten und er gab einen Brummen von sich.

„Geht’s dir gut mein Schatz?“

Ich nickte und küsste ihn.

„Danke dafür…das kann ich nie wieder gut machen…“

„Oh doch, glaub mir, da fällt mir schon so einiges ein…trittst du gegen mich an? Oder hast du Schiss?“

Ich zog die Stirn in Falten und warf Kyo einen gespielt arroganten Blick zu.

„Schiss? Vor dir? Niemals. Also los…aber ich will aussuchen.“

Doch da stoppte mich mein schöner Sänger und zückte sein Handy, verband es mit der Anlage und startete eine Lied, dass er mir vor kurzem erst gezeigt hatte. Von einer Band, die er auf einem Festival in Deutschland mal kennengelernt hatte. Sie hießen Typo o Negative und der Song Love you to death. Hilfe, ich schwebte auf Wolke sieben. Kyo tat wirklich alles, damit mir mein Geburtstag in Zukunft positiv in Erinnerung blieb. Und so starteten wir unser Lied. Doch ich konnte mich kaum konzentrieren, weil meine Augen an meinem Liebsten hafteten, wie er so voller Leidenschaft sang, auf Englisch.

Hey am I good enough

for you?

Hey am I good enough

for you?

Am I?

Am I?

Am I good enough

for you?“

Den letzten Part sang ich aus voller Kehle mit und das brachte uns einen saftigen Applaus. Doch das schrie auch nach einer Revanche und das nächste Lied suchte dann tatsächlich ich aus. Ich entschied mich für Bohemian Rhapsody von Queen, weil ich diesen Song schon immer Mal singen wollte und diese Runde zockte ich meinen schönen Sänger sowas von ab, weil er in den mittleren Parts eher versagte. Unsere Freunde jubelten uns zu und wir mischten uns wieder unter die Gäste. Ich dachte schon, ich sei betrunken, aber scheinbar hatte es meine Schwester auch ein bisschen übertrieben, denn schwankend krallte sie sich an der Theke fest. Ich legte meinen Arm behutsam um sie.

„Alles gut?“

„Ich…weiß nicht…mir is schlecht…“, lallte sie und rannte sofort zu den Toiletten. Ich folgte ihr und zwar auf’s Mädchenklo und hielt ihre Haare beim Kotzen.

„Ss tut mir leid…“

Ich lachte ein bisschen und reichte ihr ein Taschentuch.

„Schon okay…willst du gehen?“

„Is doch deine Party…wills dir nich versauen…“

„Alles gut…wenn du willst, kannst du bei uns schlafen“, beschloss ich jetzt einfach Mal über Kyos Kopf hinweg und hofft, dass das für ihn in Ordnung ging. Yuna hakte sich bei mir unter und ich weihte meinen Liebsten in meinen Plan ein. Dieser nickte nur und so lösten wir die Runde auf. Umarmten alle zum Abschied und begaben uns auf den Heimweg.

Wir mussten mein betrunkenes Schwesterchen von beiden Seiten stützen und während Kyo ihr Nachtlager im Wohnzimmer herrichtete, zeigte ich ihr im Bad alles. Ich schminkte mich ab, putzte meine Zähne und verzog mich ins kuschelige Bett. Mein schöner Sänger folgte mir bald.

„Ich hab es zwar schon oft gesagt…aber Danke für den Abend heute…“

Gedankenverloren strich er über meine neueste Verletzung.

„Wenn nicht Mal ich das unterbinden kann Kazu…ich dachte ich wäre stark genug…“

„Heyyy, das bist du…ohne dich wäre ich heute vermutlich im Krankenhaus gelandet…du trägst dazu bei, dass es nicht mehr so oft und so schlimm ist…glaub mir bitte.“

Kyo schmiegte sich an mich und so schliefen wir dann ein.

 

Der Duft von Kaffee und frischen Brötchen stieg mir in die Nase. Ich schlüpfte in eine bequeme Hose und stand auf. Meine Kopfschmerzen waren nicht ganz so schlimm wie erwartet. Da fiel mir Yuna wieder ein und schon war ich mit einem Satz im Wohnzimmer, doch ihr Bett war leer. Den Stimmen nach zu urteilen, unterhielt sie sich mit Kyo in der Küche. Sie trug ein viel zu großes Shirt meines Sängers und ich musste bei diesem Anblick schmunzeln, goss mir Kaffee ein und öffnete das Fenster, um zu rauchen.

„Wie geht’s dir Imoto?“

„Mhh, hatte schon bessere Tage…aber ich werde ja verwöhnt…und dir?“, fragte sie vorsichtig zurück. Ich zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug.

„Ganz okay…“

„Kazuki…ich mach mir wirklich Sorgen um dich…“

„Musst du nicht…ja, ich hatte gestern einen Rückfall, aber es geht mir weitaus besser als in den letzten Jahren.“

Ich schaute ab und an zu meinem Liebsten, der von der Küche ins Wohnzimmer wirbelte, um den Tisch zu decken. Ein verliebtes Grinsen umspielte meine Lippen und ich seufzte.

„Du liebst Kyo sehr, nicht wahr?“

„Mehr als ich in Worte fassen kann…Yuni…er ist so wundervoll…ich bin völlig verrückt nach ihm.“

Meine Schwester lachte.

„Das merkt man kaum“, ärgerte sie mich und ich knuffte sie in die Seite.

„Werd ja nicht frech…wohnst du eigentlich noch immer…zu…Hause?“

„Ja, aber ich will bald mit einer Freundin zusammen ziehen…wird Zeit. Eine Wohnung haben wir schon. Ist auch gar nicht so weit von hier.“

„Cool…ich glaub wir sollten Mal frühstücken gehen, sonst beschwert sich der alte Mann wieder“, witzelte ich.

„Das habe ich gehört!“, erklang Kyos Stimme aus dem Wohnzimmer und der leicht gereizte Unterton entging mir nicht. Yuna warf mir einen verunsicherten Blick zu, doch ich tat es mit einer lässigen Handbewegung ab.

„Vielleicht wollte ich ja, dass du es hörst…“

Mein hübscher Sänger verengte seine Augen und funkelte mich angriffslustig an.

„Du spielst schon wieder mit dem Feuer“, warnte er mich, doch ich warf ihm einen Luftkuss zu, den er nicht erwiderte.

„Das ist mir bewusst…und alt ist ja nichts Schlechtes…“

„Jetzt halt die Klappe…ich bin nicht alt…“, murrte er.

„Mhh, älter als ich schon…“

„Und scheinbar auch reifer…du führst dich gerade echt auf wie ein Teenie…“

„Das will ich jetzt Mal überhört haben.“

Ich steckte ihm die Zunge raus und er rollte mit den Augen.

Während Kyo abräumte, verabschiedete ich Yuna und half ihm noch ein bisschen. Das wenige Geschirr spülten wir gemeinsam ab. Als er gerade nicht hinsah, versenkte ich meine Hand im Spülwasser und spritzte es ihm ins Gesicht. Daraufhin traf auch mich ein Schwall Seifenwasser und ich lachte, verschluckte mich und zurück blieb ein dezent seifiger Geschmack. Kyo hingegen schien das nicht so witzig zu finden. Mein zweiter Versuch ihn mit Wasser zu bespritzen scheiterte kläglich. Stattdessen ergriff seine Hand mein Handgelenk und drückte mich weg.

„Du bist ganz schön frech…“, stellte er nun etwas belustigt fest, stibitzte mir das Abtrockentuch aus den Fingern und stopfte es mir in den Mund.

„Vielleicht sollte ich dir dein vorlautes Mundwerk stopfen…mhh, ich mag den Knebel…das lässt dich so willenlos erscheinen.“

Kyo delegierte mich ins Schlafzimmer und mich überkam eine süße Furcht vor dem Ungewissen, denn mich beschlich der Gedanke, dass unser Sexleben noch lange nicht ausgereizt war. Meine Hände pinnte er mit seinen über meinem Kopf fest und mit den Zähnen entfernte er den Knebel aus meinem Mund.

„Kannst du gerne tun…“, gab ich zur Antwort.

„Ohhh Kazuki, du weißt nicht, was du da sagst…“, schnurrte er mir schon fast ins Ohr.

„Vielleicht möchte ich es aber herausfinden…ich will, dass du mich um den Verstand bringst…mit mir Dinge tust, die dir schon lange durch den Kopf schwirren…ich finde unsere Beziehung hat nen Level up verdient…“

Kyos Stirn sank gegen meine Brust.

„Du musst völlig verrückt sein…aber ich denke das macht dich so unwiderstehlich, weil ich bei dir keine Hemmungen haben muss…aber ich denke wir sollten erst duschen…einzeln“, grinste er mir ein bisschen fies zu und verschwand im Bad. Mein Herz wummerte in der Brust und ich war ein bisschen aufgeregt. Aber nicht, weil mir Bedenken kamen, nein, eher, weil ich unbedingt wissen wollte, in welche lustvollen Spähern mich mein schöner Mann dieses Mal entführen würde. Um mich abzulenken, spülte ich noch das restliche Geschirr. Kyo verbrachte ungewöhnlich lange im Bad und wenn ich mir seinen nackten Körper unter der Dusche vorstellte, wie das Wasser über seine tätowierte Haut floss. Oh Mann, zu viel Kopfkino. Schnell räumte ich das Geschirr in den Schrank, wollte wieder ins Schlafzimmer zurückkehren, da erstarrte ich und meine Kinnlade klappte runter. Was. Für. Ein. Anblick.

Kazu in Wonderland

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auf Tour

Auf Kyos Wunsch nahmen wir Sota und Shinya noch mit auf unsere Shoppingtour. Mich rührte es sehr, wie mein Liebster versuchte mich glücklich zu machen. Sein Verhältnis zu meinem besten Freund war zwar noch immer eher distanziert, doch er scheute sich nicht mehr davor ihn einzuladen oder ihn vermehrt an unserem Leben teilhaben zu lassen. Das wusste ich sehr zu schätzen, weil ich wusste, wie schwer Kyo das fiel.

Wir schlenderten durch die Shoppingmall zur anderen Seite der Stadt, denn Stylingguide Shinya kannte da rein zufällig einen kleinen Laden, der scheinbar genau meinen Klamottenstil traf. Und ich musste erstaunlicherweise feststellen, dass der Diru Drummer damit nicht ganz falsch lag, denn der Laden entsprach wahrhaftig meinen Vorstellungen. Nachdem mir Zero sein Netztop damals geschenkt hatte, war ich wieder auf den Geschmack gekommen und wollte mich, wie früher, wieder mehr so kleiden, wie ich es mochte. Das hieß viel Haut zeigen, denn ich liebte bauchfreie Tops, alles mit Netzoptik oder was eben transparent war. Die letzten Jahre beschränkte sich meine Kleiderwahl eher auf T-Shirt und Kapuzenpulli, doch das sollte jetzt ein Ende haben. Ich beschloss wieder mehr ich zu sein, denn vielleicht half mir das ja auch dabei, meine Probleme in den Griff zu bekommen. Ich schaute mich also in dem Laden um und drückte alles, was mir zusagte, Kyo in die Hand. Bei manchen Teilen warf er mir leicht skeptische Blicke zu, nahm es jedoch hin. Als ich schließlich drei Hosen und fünf Oberteile zusammen hatte, begab ich mich in die Umkleidekabine. In die mit Reisverschlüssen und Nieten verzierte Hose musste ich mich, trotz meiner schlanken Gestalt, doch ganz schön rein zwängen. Doch sie passte und gefiel mir. Das passende Top, ebenfalls mit Reisverschlüssen, zog ich darüber. Es reichte mir bis knapp über den Bauchnabel und selbstsicher trat ich aus der Kabine. Meine Freunde lächelten und hoben den Daumen. Nur Kyo ließ sich nicht so leicht in die Karten schauen. Na schön, dann musste ich noch ein bisschen mehr an der Oberfläche kratzen, denn schließlich wollte ich ja auch ihm gefallen. Ich legte das erste Outfit beiseite und schlüpfte in die zweite, kakigrüne Hose mit ein paar Löchern. Eine Weile überlegte ich, welches Oberteil am besten darauf passen könnte und entschied mich schließlich für den leichten Strickpulli. Auch mit dieser Wahl schienen meine Freunde mehr als zufrieden zu sein. Jetzt Hose Nummer drei. Mir gefiel die Lederoptik, die an den Außenseiten der Beine offen war und nur durch Schnürungen hielt. An dem Netztop mit Kapuze hatte ich unmöglich vorbeigehen können und ich fand es stand mir sehr gut. Ein letztes Mal trat ich aus der Kabine und mein Blick galt nur meinem schönen Sänger. Dieser kaute auf seiner Unterlippe herum, worauf ich grinste.

Ich oder bessergesagt Kyo kaufte mir alles und anschließend kehrten wir noch im Tattoostudio ein. Ich erkannte das Mädel mit den pinken Haaren wieder, was mich etwas verwunderte, da ich sie ja in Tokyo in dem Laden getroffen hatte. Auch sie schien mich wiederzuerkennen.

„Oh hey…Tokyo oder? Aber, da sah dein Freund irgendwie anders aus“, flüsterte sie mir zu.

„Das lag wohl daran, dass das damals nicht mein Freund war…der hier hingegen schon…“

Ihr stieg eine leichte Röte ins Gesicht.

„Oh nein, das ist ja jetzt mega peinlich…egal, was kann ich für dich tun?“

„Mh, du hast nicht gerade zufällig Zeit für einen kleine Tattoosession?“

„Zufällig hab ich das, ja. Eine Kundin musste absagen, weil sie krank wurde. Also, was schwebt dir vor?“

Ich zeigte ihr den Entwurf von der Schlange, die sich vom Hüftknochen bis über meine Seite schlängeln sollte.

„Okay, das würde so etwa drei Stunden in Anspruch nehmen.“

Ich warf meinem Liebsten einen fragenden Blick zu und er nickte nur.

„Treffen wir uns später zum Essen irgendwo?“

„Klar.“

Kyo beugte sich eher zurückhaltend vor und seine Lippen berührten meine Wange. Ein scheues Lächeln huschte über sein Gesicht doch es erwärmte mein Herz und ich erwiderte es.

Aki, wie sich mir die pinkhaarige Tätowiererin vorstellte, führte mich anschließend zu dem hinteren Teil des Studios und wies mich an, auf der Liege platz zu nehmen. Ich legte mich hin und schob den Pulli hoch. Sie zeichnete den Entwurf nach und platzierte ihn auf die gewünschte Stelle, hielt mir einen Spiegel vor und warf mir einen fragenden Blick zu.

„Ja, das gefällt mir.“

Ich wusste nicht genau, was mich erwarten würde und ob es sehr schmerzhaft werden würde. Deshalb schloss ich meine Augen, als das Surren der Nadel einsetzte. Ein minimaler Schmerz setzte ein, doch nicht so schlimm. Eher von angenehmer Art und ich atmete erleichtert aus.

„Kazuki…soll ich die Narben ein bisschen übertätowieren?“, fragte Aki vorsichtig und ich bejahte ihre Frage. Ich merkte den Unterschied, als sie die Nadel wechselte, weil sie mit den Umrandungen fertig war und sich jetzt ans Ausmalen machte. Dabei veränderte sich der Schmerz, wurde stärker und flächiger, doch noch immer nicht unerträglich.

„Sag Mal…dein Freund…er erinnert mich stark an Kyo von Dir en Grey…“

Ich musste grinsen.

„Mh, das wäre möglich…nur ist er in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend…will es nicht ganz so an die große Glocke hängen.“

Die Pinkhaarige unterbrach ihre Arbeit für einen kurzen Augenblick und sah mich erstaunt an.

„Ooookay…das heißt, du bist tatsächlich mit dem Sänger von Dir en Grey zusammen?“, fragte sie erstaunt.

„Ähm ja…das bin ich wohl. Manchmal kommt selbst mir das so surreal vor…aber ja…wir sind zusammen und das jetzt schon fast ein Jahr.“

Das Mädchen schüttelte nur mit dem Kopf.

„Verrückt…ich dachte immer er ist so unnahbar…klar manchmal sieht man ihn in Interviews und so, aber sonst hält er sich ja eher bedeckt…man weiß eben nur, dass er eher der…naja…wie soll ich sagen…“

Sie haderte mit ihrer Wortwahl, was mich zum Schmunzeln brachte und ich konnte es ihr nicht verübeln.

„Griesgrämig und launisch? Nenn das Kind ruhig beim Namen…dafür ist Kyo bekannt, doch er kann auch anders sein, nur zeigt er das nicht allen.“

„Wow…das ist irgendwie cool. Wie ist er denn so?“

„Naja, sehr einfühlsam, liebenswert und fürsorglich. Manchmal ein wenig besitzergreifend und leicht reizbar, doch damit kann ich mittlerweile ganz gut umgehen. Kyo ist ein wundervoller Mensch, wie auch der Rest der Band.“

„Oh mein Gott, klar, wenn du ihn kennst, kennst du auch die anderen…ich lieeeebe Dir en Grey…sie haben meine Jugend geprägt.“

Wieder musste ich lachen.

„Tja nicht nur deine.“

Aki konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit und schwieg. Auch ich entspannte mich wieder mehr und schloss meine Augen einen Moment. Nur das summende Geräusch der Nadel in den Ohren.

„Darf ich fragen, wie ihr euch kennengelernt habt?“

„Klar…ab und zu geb ich kleine Konzerte in ner Bar hier in Kyoto und da tauchte Kyo eines Abends auf, schaute mir zu und irgendwann lag eine Konzertkarte für mich da. Ich ging hin und eine Woche später folgte die Einladung in den Proberaum der Jungs…wir haben uns unterhalten, sind uns näher gekommen und dann ist es eben passiert…“

Den schlimmen Teil ließ ich absichtlich aus. Musste ja nicht jeder wissen, wie ich drauf war.

„Klingt sehr süß…so, ich wäre dann fertig.“

Mit dem Endergebnis war ich mehr als zufrieden. Aki deckte das Tattoo noch mit Folie ab und gab mir eine Creme mit. Ich schrieb Kyo und fragte, wo sie denn waren und er meinte, wir könnten uns in einem Restaurant zwei Straßen weiter treffen, also schlug ich den Weg dorthin ein.

Da ich als erster eintraf, suchte ich uns einen Tisch aus und wartete auf meine Freunde. Blätterte die Karte durch und bestellte einen Tee. Dann betrat mein bester Freund das Restaurant als zweiter und gesellte sich zu mir. Natürlich wollte er sofort mein Tattoo sehen und ich zeigte es ihm.

„Kyo und Shinya wollten noch was besorgen“, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. Doch ich vermutete, dass mein schöner Sänger einfach noch ein bisschen Zeit mit seinem Freund verbringen wollte.

„Hat es sehr weh getan?“, erkundigte sich Sota, doch ich schüttelte mit dem Kopf.

„War echt erträglich…hast du Lust demnächst noch Mal was zu unternehmen? Ich meine bevor ich dann ne Weile weg bin…“

„Wohin gehst du denn?“

„Mit den Jungs auf Tour…Kyo wollte, dass ich mitkomme.“

Mein Freund zog die Augenbrauen hoch.

„Mhh, okay. Und willst du das auch? Ich meine die Jungs werden da sicher sehr beschäftigt sein und so.“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Schon, aber ich glaub Kyo braucht mich…er wirkt zwar gerade stark, aber vor allem in Konzertmomenten wird er sehr emotional und naja…“

Sota schaute mich lange an.

„Braucht er dich oder du ihn? Könntest du es ohne ihn hier aushalten Kazu-chan?“

Ich schluckte und wusste, dass das fast unmöglich war.

„Vermutlich nicht…es würde mich wahnsinnig machen und ich bin ein bisschen froh, dass er mich gefragt hat, ob ich mitkommen will.“

„Begib dich nur nicht in eine Abhängigkeit Kazu…“

„So ist es nicht Sota…“

„Ihm hast du erzählt, was damals passiert ist oder?“, fragte mein Freund etwas reumütig. Ich biss mir verlegen auf die Unterlippe und das schlechte Gewissen wallte auf.

„Jaaa, schon…nur weil es von Bedeutung war…Sota, ich finde gerade erst mein Selbstvertrauen wieder und irgendwann werde ich auch mit dir drüber reden können…ich glaub bei Kyo war es einfacher, weil er ähnliches durchmachen musste.“

„Verstehe…“, sagte er, aber wirkte dennoch enttäuscht. Deshalb legte ich meinen Arm um ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Das verwirrte ihn sichtlich und ich grinste.

„Siehst du…das hätte ich früher nicht gekonnt…weil ich niemanden in meine Seele blicken lassen wollte, doch das wird langsam anders. Ich verspreche dir, dass ich dir irgendwann alles erzähle Sota, doch bitte hab vertrauen und gib mir Zeit.“

Jetzt huschte ein Lächeln über seine Lippen und sein Kopf sank gegen meine Schulter.

In dem Moment betraten Shinya und Kyo das Restaurant. Schnell ließ mein Freund von mir ab und selbst wenn Kyo dieses Bild gerade nicht gepasst hatte, ließ er sich nichts anmerken. Wir bestellten Essen und kehrten danach nach Hause zurück. Sota und Shinya machten sich auch auf den Heimweg und ich beschloss meine neuen Klamotten noch zu waschen.

Jetzt inspizierte mein schöner Sänger zum ersten Mal mein Tattoo.

„Hübsch“, bemerkte er dann und machte sich ans Packen seiner Tasche. Immerhin begann die Tour in zwei Tagen, wobei die ersten beiden Konzerte in Kyoto stattfinden würden, dann Sendai, Tokyo, Fukuoka, Niigata und schließlich Nagoya. Anschließend würde es weiter nach Russland gehen und zwei Tage später nach Europa. Ich war total aufgeregt, da ich die japansiche Insel noch nie verlassen hatte. Da mir noch ein paar Accessoires fehlten, wollte ich noch einkaufen gehen und auch Kyo hatte noch einiges zu erledigen, also beschlossen wir uns am Abend in der Wohnung zu treffen. Ich schrieb meiner Schwester spontan, ob sie nicht Lust auf einen Kaffee hätte und sie freute sich riesig.

Ich schlüpfte in meine neue Lederhose, zog darüber ein regenbogenfarbenes T-Shirt und meinen schwarzen Strickmantel. Ein bisschen schminken wollte ich mich auch noch und mein Make-up fiel schwarz grün aus. Zufrieden mit dem Resultat machte ich mich auf den Weg in die Stadt.

Yuna staunte nicht schlecht, als sie mich erblickte und umarmte mich. Natürlich entgingen mir auch die Blicke diverser Passanten nicht, doch ich störte mich nicht daran. Es tat gut so anders zu sein. Meine Schwester erzählte mir, dass sie in zwei Tagen umziehen wollte.

„Da könnte ich dir sogar noch helfen. Die ersten beiden Konzerte sind hier in Kyoto, dann geht’s weiter weg.“

„Oh das wäre super lieb…aber es kann sein, dass Mama oder Papa auch helfen kommen…“, erwiderte sie nach einem Moment des Zögerns. Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Dann mach ich mich doch ganz besonders hübsch. Ich glaub ich halt das aus Yuni.“

Sie lächelte.

„Ich bin froh, dass wir uns wieder verstehen…du hast mir echt gefehlt.“

Ich drückte ihre Hand liebevoll und trank meinen Kaffee leer.

„Ich mich auch…wann geht es denn morgen los?“

„So 10 Uhr? Der Transporter steht schon bereit und muss nur noch zur neuen Wohnung gefahren werden. Ich schreib dir die Adresse, da kannst du dort hin kommen.“

„Klar, gerne. Also dann bis morgen.“

Wir umarmten uns noch und ich trat den Heimweg an. Auch mein schöner Sänger schien schon da zu sein und es roch verlockend gut nach Essen. Ich spähte in die Küche und fand Kyo am Herd stehen. Mit türkisenen Haaren. Ich konnte nicht anders und musste diesen meeresblauen Flausch auf seinem Kopf einfach anfassen. Also wuschelte ich ihm durchs Haar und schon drehte er sich abrupt um.

„Scheint dir ja zu gefallen“, murrte mein süßer Griesgram wie immer. Ich hatte auch nichts anderes erwartet und lachte nur.

„Sexy…ich freue mich dich morgen auf der Bühne zu sehen“ säuselte ich und zog meinen Strickmantel aus, um ihn über die Stuhllehne zu hängen.

„Vielleicht sollte ich dich doch hier lassen“, überlegte mein schöner Sänger, doch nahm ich seine Worte nicht ernst und schenkte mir Wasser in ein Glas.

„Tue, was du nicht lassen kannst“, antwortete ich gespielt beleidigt, doch zu meinem Bedauern reagierte Kyo nicht darauf. Das Abendessen verlief weitestgehend schweigend und danach verschwand mein Liebster in seinem Arbeitszimmer. Ich konnte mir denken, dass er vor einem Konzert seine Ruhe haben wollte, um sich darauf vorbereiten zu können und doch hätte ich mir gewünscht, dass er den Abend mit mir verbrachte. Doch auch ich merkte die Müdigkeit und machte mich deshalb bettfertig und verschwand im Schlafzimmer. Nebenan vernahm ich Kyos Stimme, die mich allmählich in den Schlaf sang.

Am Morgen, als ich erwachte, war er schon wieder außer Haus und ich fand nur einen Zettel mit der Adresse, wo das Konzert stattfand, vor. Darunter hatte er geschrieben, ich solle ihm schreiben, wenn ich dort sei. Hatte er überhaupt im Bett geschlafen, fragte ich mich dann, als ich eine heiße Dusche nahm. Oder hatte er die Nacht im Arbeitszimmer verbracht? Ich konnte es nicht sagen. Die Klamotten vom Vortag konnte ich ein weiteres Mal tragen, zumindest beim Umzug meiner Schwester. Ich wartete am Haus und schon wenige Minuten später traf der schwarze Transporter ein. Mein Herz setzte einen Moment aus, als ich meinen Vater am Steuer sitzen sah. Jetzt bloß keine Schwäche zeigen. Langsam schritt ich auf Yuna zu und begrüßte sie. Auch ihrer Freundin sagte ich Hallo, nur meinem Vater nicht. Wir schleppten Möbel die Treppe hinauf und dann kam es, wie es kommen musste. Für die große Couch waren zwei starke Männer gefragt. Schließlich rang ich mich dazu durch und half meinem Erzeuger beim Tragen. Zuvor hatte ich es immer geschickt geschafft ihm aus dem Weg zu gehen. Entweder war ich oben und er unten oder umgekehrt. Doch jetzt standen wir uns gegenüber. Nur ein helles Ledersofa trennte uns voneinander. Dennoch schwieg ich eisern. Plötzlich ließ er das Sofa los und da ich am unteren Ende stand, bekam ich Schwierigkeiten diesen Klotz zu halten und stemmte mich mit ganzer Kraft dagegen.

„Wenn du mich wie Luft behandelst, sehe ich auch keinen Grund die Couch mit dir zu tragen“, gab er hämisch von sich und meine Arme begannen zu zittern, weil ich langsam nicht mehr dagegen halten konnte.

„Können wir…das später…klären…“, bat ich ihn und er packte das Sofa wieder und wir trugen es nach oben in den dritten Stock.

„Und wie läufst du überhaupt rum…ich bin wirklich froh, dass du nicht mehr zu Hause wohnst…das ist ja eine Schande für die Familie. Hoffentlich erkennt das auch deine Schwester wieder.“

„Bla bla bla…immer noch dasselbe Gelaber wie vor zehn Jahren. Fällt dir nichts Neues ein?“

„Und tätowiert bist du jetzt auch…nicht zu fassen, dass du mein Sohn sein sollst. Ich frage mich wirklich, wer sowas schön findet?“

„Du wirst es kaum glauben, aber es gibt Menschen, die mögen mich so, wie ich bin.“

„Das sind dann sicher auch solche Bekloppten…anders kann ich mir das nicht erklären…“

Auf einmal und ich war mir nicht sicher woher ich diese Kraft schöpfte, überkam es mich. Ich unterbrach ihn mitten im Satz.

„Schön, ich hab es kapiert…schon vor langer Zeit und wenn du mich als Schwuchtel oder was auch immer beschimpfen willst…tue dir keinen Zwang an. Ich stehe drüber und weißt du auch warum? Weil ich mit einem wundervollen Mann zusammen bin und im letzten Jahr durch liebenswerte Menschen erfahren habe, was es heißt geliebt zu werden. Also spar dir dein Gelaber für jemanden, den es interessiert. Und jetzt rede besser mit Leuten, die sich auf deinem Niveau befinden. Zu denen gehöre ich zum Glück nicht.“

Mit diesen Worten drehte ich mich und lief einer sprachlosen Yuna in die Arme, die mich mit großen Augen anstarrte. Ich grinste nur, umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ist es okay wenn ich gehe Süße? Muss mich für’s Konzert fertig machen. Sonst bekomm ich Ärger mit dem Chef“, scherzte ich und nun schien auch mein Schwesterchen wieder aus ihrer kurzzeitigen Starre zu erwachen.

„Ähm klar. Sag liebe Grüße und vielleicht kann ich morgen mitkommen?“

„Ich frag Kyo mal und meld mich dann bei dir.“

 

Zu Hause sprang ich schnell unter die Dusche, stylte und schminkte mich. Dann gab ich meinem schönen Sänger Bescheid, dass ich unterwegs war. Er lotste mich zum Hintereingang der Location und führte mich zum Backstage. Ich fühlte mich sehr wichtig und insgeheim taten mir die ganzen Fans leid, die vor den noch geschlossenen Türen warten mussten und Kyo und die anderen teilweise nur ganz klein sahen. Seine Laune wirkte noch immer angespannt und er erschien mir sogar leicht nervös zu sein. Über seinem dunkelgrauen Sportanzug trug er noch einen bunten Kurzmantel. Wenn das mal nicht warm auf der Bühne wurde. Dieser Gedanke ließ mich schmunzeln. Er war gerade noch damit beschäftigt sein Make-up zu vollenden und ich schaute ihm vom Sofa aus dabei zu. Die ließ sich neben mir nieder und seine blonden Locken fielen ihm wie flüssiges Gold über die Schultern.

„Wow…hübsch.“

„Danke…vielleicht solltest du dieses Kompliment heute auch noch an andere Menschen in diesem Raum hier weitergeben“, flüsterte mir der Gitarrist zu und zwinkerte aufmunternd.

„Das hab ich vor, sobald er mit schminken fertig ist…“

Als wäre das sein Stichwort gewesen, erhob sich Kyo von seinem Schminkspiegel und ließ sich neben mir nieder. Seine Augen musterten mich aus den eisblauen Kontaktlinsen.

„Hey Baby…alles klar?“, fragte ich meinen schönen Sänger und er seufzte tief.

„Kommst du noch mit eine rauchen?“

„Sicher.“

Kyo ergriff meine Hand und zog mich mit sich an die frische Luft. Die Tür ließ er einen Spalt breit offen, damit wir wieder hinein kamen.

„Hab ich dir heut schon gesagt, dass ich dich liebe Kazu?“

Ich grinste und schüttelte mit dem Kopf.

„Nein hast du nicht…und ich liebe dich auch“, entgegnete ich und stibitzte Kyo seine Zigarette, worauf er mich mahnend ansah, doch mittlerweile wusste ich, dass ich diesen Blick nicht ernst nehmen musste.

„Was hast du heut eigentlich gemacht?“

„Yuna beim Umzug geholfen…mein Dad war auch da…“

Auf einmal war sein Blick voller Sorge, aber ich lächelte.

„Alles gut…ich hab ihm die Meinung gesagt, dass er ein echt beschissener Mensch ist. Das war’s…mir geht’s super, wirklich. Darf ich dich küssen oder verschmiert dann dein Make-up?“

Ohne zu antworten, zog mich Kyo an sich und ich versank in seinem Kuss. Himmel, diese Mischung aus Parfum, seinem Geruch und dem Geschmack seiner Lippen ließen mich schweben.

„Ich muss langsam wieder rein Süßer…kommst du mit und schmachtest mich vom Publikum aus an?“

Ein Lachen entfuhr mir.

„Auf jeden Fall.“

Auch die anderen Diru Members waren jetzt in der Garderobe versammelt und wir brachen auf in Richtung Bühne. Ich mischte mich unter die bereits tobenden Fans und schaffte es sogar mich in die vorderste Front vor zu kämpfen. Ich stand neben einer Horde Mädels und zwei Jungs. Nach wenigen Minuten setzte das Intro ein und die Menge jubelte. Schrie den Namen der Band und ich bekam eine Gänsehaut. Eines der Mädels erklärte dem anderen, dass zuerst Shinya auf die Bühne kam und dem war auch so. Der hochgewachsene Drummer grüßte seine Fans und nahm hinter seinem Schlagzeug platz. Gefolgt von Die, Toshi und Kaoru. Wahrscheinlich fiel nur mir die liebevollen Blicke auf, die der blonde Gitarrist seinem Bassisten zuwarf. Alle jubelten. Doch dann schwoll das tosende Gejubel ums dreifache an und auch mein Herz schlug schneller, als Kyo sein Reich betrat und die Musik einsetzte. Seine leicht aggressive Stimme erfüllte den Raum und neben mir flippten die Mädels völlig aus. Devote my life ließ die Menge tanzen und hüpfen. Die Girls neben mir konnten nahezu jedes Wort mitsingen, was mich in Anbetracht dessen, dass Kyo viel growlte, schon fast beeindruckte. Ich versuchte ihn mit meinem Blick zu folgen und ihn dazu zu bekommen, mich anzuschauen. Doch ich könnte auch verstehen, wenn er mich mied. Ab und zu schweiften meine Augen zu Die und Toshi. Zuckersüß, wie sich die beiden ganz heimlich miteinander flirteten.

 

Zatsuon no sekai Kimi wa nani ga hoshii?

Jikkan shita mirai ni kiite goran yo
 

We will not give up
 

Imi no nai tamerai kizu to

Jūsūnen kokoro wa mujin Herahera
 

Pechakucha shaberu gomidomo ga

Kusari hitotsu mogenai kai inu
 

Fall

 

Auch ich bewegte meine Lippen stumm zu Utafumi. Die Mädels neben mir kreischten wie blöd, als sich Kyo seines Kurzmantels entledigte. Naja, jetzt gab es nur noch eine Schicht, die er ablegen konnte und insgeheim freute ich mich schon sehr darauf. Hoffentlich wurde ihm schnell warm. Doch zu meinem Bedauern blieb er bis zur Zugabe angezogen. Erst, nachdem die Jungs ein zweites Mal die Bühne betraten, kam mein schöner Sänger oben ohne und unsere Blicke trafen sich tatsächlich. Er zwinkerte mir unauffällig zu und ich schickte ihm einen stummen Kuss. Und jetzt bewegte er sich elegant zu den Klängen der Musik, zeigte vollen Körpereinsatz und ich hasste ihn ein bisschen dafür. Auch mir wurde viel zu heiß bei diesem Anblick, deshalb zog ich mein T-Shirt aus, denn darunter trug ich mein Netztop. Das Shirt stopfte ich in meine Umhängetasche und bewegte mich zur Musik. Wissend, dass

mich Kyo hoffentlich genauso anschmachtete, wie ich ihn gerade.

Leider verging dieser musikalische Zauber viel zu schnell und die Jungs verschwanden hinter der Bühne. Auch ich drängte mich in Richtung Backstage, zeigte mein Bändchen und fand die fünf umringt von fast tollwütigen Fans. Nein, vier. Wo war Kyo schon wieder? Hatte er etwa die Flucht ergriffen? War ihm fast zuzutrauen, deshalb beschloss ich ihn suchen zu gehen. Im Backstage fand ich ihn nicht, deshalb ging ich nach draußen. Dort stand er rauchend und noch immer oben ohne. Ich lehnte die Tür an und fing die vereinzelten Schweißtröpfchen mit den Fingern auf, die seinen Oberkörper benetzten. Er sog die Luft ein und schloss die Augen, während ich ihn berührte. Genüsslich zog er an seiner Zigarette und blies den Rauch aus. Ich fuhr die Umrisse seiner Tätowierungen nach, wie ich es so gern tat und benetzte seinen verschwitzten Körper mit Küssen.

„Wir sollten rein gehen…“, hauchte er mir zu und wusste, dass er mich schon wieder völlig verrückt machte. Ich wartete im Backstage, während er duschte. Danach fuhren wir nach Hause, weil Kyo für morgen fit sein wollte.

 

Die nächsten Konzerte in Japan verliefen ähnlich und Mal mischte ich mich unters Volk, mal schaute ich vom Rand aus zu. Kyo und ich teilte sich ein Zimmer, als die Jungs außerhalb von Kyoto spielten. An manchen Tagen wirkte er sehr versunken, da ließ ich ihn eher allein, doch an anderen Tagen überschüttete er mich mit seiner Liebe und davon konnte ich nicht genug bekommen.

So rückte unsere Reise nach Russland und Deutschland immer näher und somit auch die Aufregung.

„Deutschland ist super, da gibt’s gutes Bier und die interessieren sich nicht unbedingt dafür, ob man tätowiert ist oder nicht. Scheinen wirklich tolerant zu sein. Aber überzeug dich selbst Kazu-chan. Fakt ist nur, wenn du da so rum läufst, wie hier, vernaschen dich die Mädels vermutlich schneller, als du gucken kannst“, ärgerte mich Toshi und ich gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf.

Den letzten Abend, bevor unser Flug nach St.Petersburg ging, verbrachten wir in einem Hotel nahe des Flughafens. Ich stand auf dem Balkon, um eine zu rauchen. Mein schöner Mann umfing mich von hinten mit seinen Armen und legte seinen Kopf auf meine Schulter.

„Bist du bereit mit mir fremde Welten zu erkunden?“

Ich musste kichern.

„Immer…kann ich dich was fragen?“

„Klar…“

„Naja, es ist weniger eine Frage…eher eine Bitte…falls ich dir irgendwie auf die Nerven gehe oder du mehr Zeit für dich brauchst, sag mir das bitte…ich möchte nicht, dass du dich bedrängt fühlst oder so…“

Kyo schob seine Hände unter mein Oberteil und küsste mich im Nacken. Seine Fingerspitzen massierten meine Brustwarzen und ich seufzte wohlig.

„Hör auf sowas zu denken mein Schatz…komm lieber mit ins Bett…ich finde ich habe eine Belohnung verdient“, säuselte er mir ins Ohr und ich folgte diesem schönen Mann. Hinter uns schloss ich die Balkontür.

Finnland I

In Russland hatten wir leider nicht sehr viel Zeit irgendwas anzuschauen, da unser Zeitplan sehr knapp und organisiert getaktet war. Aber vielleicht ergab sich ja eine Möglichkeit irgendwann hier her zurück zu kommen, denn diese Städte faszinierten mich ungemein. So ganz anders als Japan.

Die Jungs hatten noch ein Bandtreffen, an dem ich nicht teilnehmen musste, stattdessen schrieb ich mit Sota und erzählte ihm alles und schickte ihm Bilder. Auch er war erstaunt von dieser Architektur hier. Den prunkvollen Bauten und der anderen Mentalität. Trotz Klimaanlage fühlte ich mich, als würde ich zerfließen und öffnete die Balkontür. Dann legte ich mich zurück auf’s Bett und surfte im Internet. Ich kam mir ein bisschen groupiemäßig vor, als ich nach älteren Konzertberichten oder allgemeinen Infos zu Dir en Grey suchte. Schließlich konnte ich die Jungs auch jederzeit alles fragen, was ich wollte. Doch ab und an suchte ich trotzdem nach spannenden Stories im Netz. Bis auf Gemunkel, wer mit wem zusammen sein könnte oder eben Spekulationen fand ich dazu ohnehin nicht viel oder eben das übliche auf den Websites und so langsam döste ich auch weg.

Im Halbschlaf bekam ich mit, wie sich Kyo zu mir legte und sich an mich kuschelte. Ich grinste und drehte mich zu ihm.

„Du bist ja noch wach“

„Ein bisschen…alles gut bei euch?“

„Ja…bin nur müde…war ein langer Tag“, nuschelte mein schöner Sänger ins Kissen.

„Wann müssen wir morgen aufstehen?“

„Zu früh…deshalb muss ich jetzt schlafen Süßer…“

„Mh okay…“, murrte ich ein bisschen enttäuscht, doch konnte es auch nachvollziehen. Schließlich zogen sich die Konzerte schließlich schon knapp zwei Wochen.

 

Unsere nächste Station sollte Finnland sein. Um genau zu sein, Helsinki, die Hauptstadt. Tatsächlich reizte mich dieses Land von allen am wenigsten, doch als ich vom Flugzeug aus dem Fenster schaute, überwältigte mich der Anblick. Viele Wälder und Seen erstreckten sich unter uns, doch in einer Weite die beeindruckte. Die Natur hier wirkte so unberührt und mich hätte es nicht gewundert, wenn neben uns jetzt plötzlich ein Drache auftauchen würde. Die perfekte Fantasylandschaft eben. Ich konnte es kaum erwarten zu landen und mehr von diesem Land zu sehen.

Vom Flughafen fuhren wir mit einem Taxi zum Hotel Seurahuone, welches sich nach Kaorus Aussage mitten im Zentrum befinden sollte. Auch auf dem Weg in die Stadt wirkte die Landschaft nicht weniger schön. Aus dem Radio erklang Rockmusik und der Leader unterhielt sich angetan mit dem Taxifahrer.

Was mir sofort auffiel war, dass hier in Helsinki die Zeit um einiges langsamer lief als in Kyoto. Die Menschen schienen gelassener und kaum gestresst. Das beeindruckte mich noch mehr, wie auch ihre Freundlichkeit. Und da wir einen Tag vor dem Konzert ankamen, blieb uns auch noch etwas Zeit, um die Stadt zu erkunden. Am liebsten würde ich mich sofort auf den Weg machen, doch Kyo schien noch ein bisschen ausruhen zu wollen, deshalb suchte ich raus, wohin wir alles gehen mussten. Die Konzertlocation befand sich gleich in der Nähe des Hotels, wie auch eine gut bewertete Bar namens Steam. Und dort musste ich unbedingt hin, denn diese Bar schien komplett im Steampunkstil eingerichtet zu sein. Ich speicherte alle Infos auf meinem Handy. Essen würden wir sicher im Hotel. Mein schöner Sänger schlief noch immer, doch es war bereits fast 17 Uhr, deshalb beschloss ich duschen zu gehen und mich dann fertig zu machen.

In den letzten Wochen hatte ich auch wieder ein paar Kilo zugenommen, doch so, dass ich mir selbst wieder mehr gefiel, wie auch mein Tattoo. Wenn die Tour vorüber war, wollte ich unbedingt mehr davon. Mit einem Handtuch um die Hüften trat ich aus dem Bad und suchte meine Sachen zusammen.

„Was für ein Anblick.“

Ich grinste und drehte mich Richtung Bett. Kyo lag mit verschränkten Armen hinter dem Kopf und nur in Unterhose dort und grinste mich an. In seinen dunklen Augen glitzerte dieser Lustfunken und schon schoss mein Puls wieder auf 180. Der Mann, den so viele Menschen gerade täglich auf der Bühne performen sahen. Der Mann, der Hallen mit seiner Musik erfüllte. Der Mann, der es schaffte täglich Mengen zum Toben zu bringen lag hier vor mir und wartete darauf, dass ich wieder zu ihm ins Bett kroch, damit er unanständige Dinge mit mir anstellen konnte. Oh wie ich ihn liebte, mein wandelndes Kunstwerk.

„Schatz, ich weiß nicht, was du gerade denkst, nur sieht es schwer danach aus, als würde es etwas mit Sex zu tun haben…in dem Falle fände ich es wunderbar, wenn du mich an deiner verruchten Gedankenwelt teilhaben lässt…“

„Aber ich würde mit dir auch gern noch ein bisschen in die Stadt gehen…“

„Dann solltest du mich nicht so anschauen oder so halbnackt vor mir hertänzeln.“

Ich musste lachen und kroch zu meinem hübschen Sänger. Er zog mich auf sich, wobei mein Handtuch verrutschte und noch mehr meiner Nacktheit entblößte.

„Sorry, aber ich kann ja schlecht mit Klamotten duschen.“

„Ich habe dich in den letzten Tagen ganz schön vernachlässigt, obwohl ich auf der Bühne an nichts anderes denken konnte, als an deinen wunderschönen Körper…und ja, auch ich schmachte dich ein bisschen an, wenn du mich von da unten so anhimmelst…“, raunte mir Kyo zu.

„Schön, dass mein Plan funktioniert…“, antwortete ich erheitert.

„Wie geht es dir eigentlich?“, fragte er auf einmal etwas besorgt und ich schenkte ihm ein liebevolles Lächeln.

„Gerade könnte es mir nicht besser gehen…ich befinde mich mit dem schönsten Mann der Welt in Helsinki in einem Luxushotel…was will ich mehr?“

Kyo erwiderte mein Lächeln.

„Wow…es ist schön, wenn du sowas sagst…“

In Momenten wie diesen wurde mir wieder vor Augen gehalten, wie verletzlich mein schöner Sänger doch in Wirklichkeit war und wie viel Mühe es ihn kosten musste mir sein Vertrauen entgegen zu bringen. Ich senkte meinen Kopf hinab und küsste ihn. Ganz sanft, um ihm zu zeigen, wie sehr ich ihn liebte.

„Weil es die Wahrheit ist…du bist so, so wundervoll und ich will jetzt mit dir in diese Bar gehen. Hier können wir wir sein…müssen uns nicht verstecken. Können auf der Straße rauchen und trinken und allen ist es scheiß egal, wie wir aussehen, was wir tragen und ob wir uns in der Öffentlichkeit küssen.“

„Oh mein Liebling…womit hab ich dich Süßes nur verdient…“

„Schicksal…“, erwiderte ich etwas theatralisch und brachte Kyo herzhaft zum Lachen.

„Mein kleiner Spinner. Na dann, zieh dir was an. Nehmen wir den Chaoshaufen eigentlich auch mit?“

„Warum nicht. Oder glaubst ihr, ihr werdet hier gleich erkannt?“

„Keine Ahnung, weiß ja nicht, wie die Finnen so drauf sind…im schlimmsten Fall müssen wir wegrennen oder so…“, erwiderte er schulterzuckend. Dann schrieb er den Jungs und wir verabredeten uns in einer halben Stunde an der Rezeption. Irgendwie tat mir Kaoru ein bisschen leid, weil Zero in Japan hockte und er es mit uns Pärchen aushalten musste. Naja und Shinya auch, aber der war in Sachen Beziehung ohnehin ein Mysterium. Ich wusste nicht Mal, ob er auf Frauen oder Männer stand. Oder auf beides? Vielleicht sollte ich ihn Mal danach fragen.

Ich weihte die Jungs in meine Pläne ein und schlug ihnen vor ins Steam zu gehen. Bewaffnet mit meinem Handy und Google Maps lotse ich den Chaoshaufen in Richtung Bar. Auch Die und Toshi gaben sich hier ein bisschen offener. Scherzten und flirteten mehr auf der Straße als sonst. Recht schnell erreichten wir die Bar und es war der absolute Hammer. Über der Theke hing ein Schiff und sonst fand man überall Anker, Steuerräder und Sitznischen mit verschnörkelten Lampen, die den Raum in ein gedimmtes Licht tauchten. Ich hatte mich auch über diverse Getränke informiert und scheinbar sollte es einen gewissen Lakritzschnaps geben, den man unbedingt probieren musste, wenn man in Finnland war. Natürlich fand Die, der Trunkenbold sofort Gefallen an diesem Drink und holte gleich noch eine Runde. Wir hatten einen Platz in einer der lederbezogenen Sitznischen gefunden und stießen auf die bisher sehr erfolgreiche Tour an. Toshi flüsterte seinem Liebsten irgendwas ins Ohr, worauf Kao nur mit den Augen rollte.

„Außerhalb von Japan sind die beiden Turteltäubchen kaum voneinander los zu bekommen“, beschwerte er sich in meine Richtung sagend, doch dabei lag ein amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen.

„Tja, ich kann es ihnen nicht verübeln…dahingehend ist Japan wirklich etwas hinterher…Ist es eigentlich okay für dich, dass ich dabei bin?“, fragte ich ein bisschen besorgt, da ich Kao nie nach seiner Erlaubnis gefragt hatte. Wobei das Kyo sicher nicht versäumt hatte, aber dennoch wollte ich das hier und jetzt geklärt haben.

„Aber klar doch Kleiner…alles gut. Und abgesehen davon scheint es Tooru ja sehr glücklich zu machen.“

Der Leader zwinkerte mir zu und erhob sein Glas mit dem Granberry Loncoro. Ein weiteres Getränk, was mir meine „To-Do-List“ wärmstens empfohlen hatte und ich musste gestehen, das Zeug schmeckte himmlisch.

„Dann bin ich beruhigt…war Zero auch schon Mal mit euch auf Tour?“

„Nein…aber ich hab ihn auch noch nie gefragt…warum hat er sich beschwert?“

„Nee, dachte nur, weil ihr ja schon ne lange Zeit voneinander getrennt seid.“

Kao lachte zwar, doch in seinen Augen spiegelte sich die Sehnsucht nach seinem Geliebten. Ich meinte ihn auch kurz seufzen zu hören.

„Ja…das ist schon nicht so ganz einfach, aber geht schon. Gehört halt zum Beruf und Zero hat ja auch zu tun und kann nicht dauernd mit uns rumhängen…“

Ich zog innerlich den Hut vor den beiden, denn ich wüsste nicht, ob ich es dauerhaft so lange ohne Kyo aushielt. Da die Drinks langsam drückten, suchte ich den Weg zu den Toiletten, um mich zu erleichtern. Als ich mit Händewaschen beschäftigt war, kam auch mein schöner Sänger und zog mich mit in die leere Kabine. Mein Atem ging automatisch schneller. Sein Kuss traf mich begierig und presste mich an die Wand. Seine Zunge leckte verführerisch über meine Lippen und verflocht sich mit meiner eigenen. Immer wieder ließ er ab von mir, knabberte an meiner Unterlippe und liebkoste meinen Hals mit Küssen. Als seine Hände dann unter mein Shirt wanderten und er an meinen Nippelpiercings herumspielte, entfuhr mir ein erstickter Laut, den er sofort mit einem Kuss unterband. Verflucht, was zur Hölle tat der Verrückte da nur. Zum Glück war keiner außer uns zur Toilette gekommen. Ganz plötzlich ließ er von mir ab, öffnete die Tür und schob mich aus der Kabine.

„Dein scheiß ernst Kyo?“

„Du kannst mir auch gern beim Pinkeln zusehen…außerdem ist so die Vorfreude größer“, drang seine Stimme etwas gedämpft aus der Kabine und ich lehnte mich einen Moment an die Wand, um meine Gedanken zu sortieren. Mein Herz raste noch immer und ich konnte es kaum erwarten, diesen verdammten Kerl nackt in unserem Hotelbett zu haben.

„Na, hab ich dir ein schönes Kopfkino beschert?“

Ich funkelte ihn feindeslustig an und steckte ihm die Zunge raus. Zog ihn wieder an mich, um ihn erneut zu küssen. Dabei wanderte meine Hand in seine südlichen Regionen, streifte ihn dort, doch das reichte schon. Schweren Herzens zog ich sie wieder zurück und biss ihm leicht in die Unterlippe.

„Den Rest meines Kopfkinos bekommst du später…“, flüsterte ich ihm zu und ließ gänzlich von ihm ab. Rechtzeitig, denn jetzt wurde unsere Zweisamkeit von einem anderen Barbesucher gestört. Ich wartete noch auf Kyo, der sich die Hände wusch und wir gesellten uns wieder zu unseren Freunden. Die und Toshiya waren mittlerweile knutschend auf der Tanzfläche verschwunden und Kaoru besorgte neue Drinks.

Auch ich wollte tanzen, da die Musik immer besser wurde. Viele der Lieder kannte ich gar nicht, doch sie klangen sehr rockig und melodisch. Zu HIM bewegte ich mich mit geschlossenen Augen und sang den Text leise mit. Plötzlich tanzte mich jemand an und als ich meine Augen wieder öffnete, schaute ich in das Gesicht eines blonden Mädels. Sie war leicht geschminkt, trug ein schwarzes Kleid und Chucks. Sie sagte irgendwas zu mir, was wie Finnisch klang. Deshalb antwortete ich auf Englisch, dass ich sie nicht verstand und ob sie das Gesagte noch ein Mal wiederholen könne.

„Oh, sorry…du tanzt voll schön…bist du aus Helsinki?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, ich komme aus Kyoto und mache Urlaub hier für ein paar Tage…und du?“

„Ich komme von hier…klingt cool…wie lange machst du noch Urlaub hier?“

„Ähm, nur noch bis morgen…wollte noch zum Konzert von Dir en Grey, falls dir das was sagt und dann am nächsten Morgen geht der Flug zurück.“

„Dir en Grey? Wirklich? Kenne die Band noch nicht lange, aber die sind der Hammer. Cool ich gehe da auch hin. Hast du Lust zusammen zu gehen?“

Jetzt wurde die Lage langsam verzwickt. Irgendwie fand ich das Mädel sympathisch und wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, doch wollte ich auch nicht gleich sagen, dass ich die Band kannte und so. Aber an anderen Abenden stand ich ja auch vorne in der Menge, also konnte ich mich auch mit ihr treffen. Ich bat sie, mir ihr Handy zu geben und tippte meine Nummer ein.

„Kazu also“, sagte sie und lächelte mich an, welches ich erwiderte und nickte.

„Schreib mir einfach…dann sag ich dir, ob es klappt. Bin morgen noch verabredet, aber vielleicht kann ich es einrichten.“

Naja, das war nicht ganz die Wahrheit, aber die konnte ich ihr ja schlecht sagen. Das war wohl der Fluch, wenn man mit einem weltbekannten Rockstar zusammen war. Jemand tippte mir auf die Schulter und als ich mich umdrehte, grinste mich Die an.

„Na flirtest du schon wieder?“, ärgerte er mich und ich steckte ihm die Zunge raus.

„Nee, das würde ich niemals wagen…wollt ihr gehen?“

Er nickte.

„Du kannst gern noch bleiben, aber wir müssen morgen fit sein und Tosh ist der Meinung ich hab schon wieder zu viel getrunken…was natürlich nicht stimmt.“

Ich lachte und wand mich dem Mädel wieder zu. Hoffentlich hatte sie nicht gecheckt, mit wem ich da gerade geredet habe.

„Also, meine Leute wollen gehen…wir sehen uns vielleicht morgen?“

„Perfekt…ich bin übrigens Saara.“

Ich lächelte und nickte zum Abschied. Die schien wirklich ziemlich einen im Tee zu haben. Wie viel um alles in der Welt hatte er getrunken? Er rannte vorn weg und hüpfte in der Luft herum. Im Sprung versuchte er, dass sich seine Füße berührten. Der Diru Bassist schlug sich nur mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Die, wenn du dir die Beine brichst, schleif ich dich morgen persönlich auf die Bühne!“, drohte ihm der Leader.

„Ihr seid solche Spaßbremsen, ohne Scheiß…Kazu, sag doch auch mal was.“

Okay, warum nicht. Ich nahm Anlauf und sprang dem Gitarristen von hinten auf den Rücken. Das haute uns beide fast um, doch Die hielt sich irgendwie. Allerdings bekam er einen furchtbaren Lachanfall, aber er hielt mich. An der Treppe ließ er mich runter und versuchte rückwärts die Rampe für Kinderwägen rauf zu laufen. Noch immer kichernd reichte ich ihm meine Hand.

„Nein, ich kann das!“, tadelte er mich und ich zuckte amüsiert mit den Schultern, weil ich ihn schon fallen sah. Doch er schlug sich erstaunlich geschickt. Die anderen vier hatten jetzt auch zu uns aufgeschlossen.

„Kann mir bitte Mal einer erklären, warum mein Freund immer zum wagemutigen Kind mutiert, wenn er betrunken ist?“, beschwerte sich Toshiya.

„Ich hab dich auch lieb Tosh…Wahhh“, schrie der Gitarrist und schaffte es trotzdem irgendwie seine Balance zu halten. Der Bassist schüttelte nur fassungslos mit dem Kopf.

„Die, jetzt lass den Quatsch…komm.“

Der Schwarzhaarige streckte seinem Freund die Hand entgegen und nach einem Zögern ergriff er diese und ließ sich von ihm bis nach oben führen. Dort küssten sich die beiden und Die zog seinen Liebsten zu sich und begrapschte seinen Hintern.

„Du bist unmöglich, hab ich dir das schon Mal gesagt?“, nuschelte Toshi in den Kuss.

„Immerzu und doch liebst du mich“, gab der Gitarrist belustigt und verliebt zurück.

„Ja…wohl wahr. Ich muss verrückt sein.“

„Verrückt nach miiiiirrrrr…“, flötete der Blonde und schnappte sich die Hand seines Liebsten. Jetzt kicherten auch Shinya und Kaoru neben mir.

„Deshalb mag ich euch so…durchgeknallte Bande…jetzt ab ins Bett mit euch. Und wehe einer kommt mir morgen mit Kater oder Kopfschmerzen…“, sagte Kaoru und umarmte seine Jungs. Ich stand ein bisschen abseits und beobachtete die Musiker. Dann drehte sich der Leader zu mir und lächelte.

„Komm schon her Kazu…du gehörst doch auch zu uns…“

Diese Worte brachten mich schon wieder fast zum Heulen und als mich die fünf dann in ihre Arme schlossen, musste ich schwer mit den Tränen kämpfen, so sehr berührte mich das. Wir sagten uns Gute Nacht und jeder verschwand in seinem Zimmer.

„Krass…ich gehöre wirklich zur Dir en Grey Familie…das ist so…wundervoll…ich könnt grad echt heulen.“

Mein schöner Sänger grinste mich an und zog mich in seine Arme.

„Tja, du bist halt etwas ganz besonderes mein Süßer.“

Jetzt kamen mir doch die Tränen, doch Kyo küsste sie weg. Schließlich machten wir uns bettfertig und kuschelten uns in unser Liebesnest. Aber es war noch immer viel zu warm und ich strampelte die Decke weg, wohl wissend, dass ich so mehr nackte Haut freilegte. Kyo stützte seinen Kopf mit der Hand ab und betrachtete mich. Ließ seinen Blick über meinen Körper gleiten und grinste ein bisschen.

„Manchmal kann ich nicht glauben, dass du mir gehörst…“, sagte er mit etwas schwermütigen Unterton in der Stimme.

„Warum?“

Er zuckte die Schultern.

„Keine Ahnung…vermutlich ist das noch so ein dummer Gedanke aus vergangenen Tagen…“

Kyo streckte seine Hand aus und ließ sie über meinen Körper gleiten. Zunächst sehr bedacht und meine empfindlichsten Stellen aussparend. Doch immer so nah dran, dass ich dieses Kribbeln spürte. Die Berührung meiner Schenkelinnenseiten, viel zu dicht an meiner wachsenden Erregung ließ mich aufstöhnen und ich biss mir leicht auf die Unterlippe, dennoch genoss ich dieses süße Vorspiel. Er kam ein Stück näher und ersetzte die Hand durch seine Lippen. Mir wurde spürbar heißer und meine Gedanken vernebelter.

„Ich kann nicht genug von deinen Küssen bekommen…“

„Mhh, das sehe ich…“, neckte er mich und sparte noch immer meine erogenen Zonen aus. Stattdessen küsste er mich und verwöhnte meine Zunge mit seiner, küsste meinen Hals entlang. Knabberte an meinem Ohrläppchen und ich verging beinahe vor Lust. Er begann endlich sich den empfindlichen Stellen zu widmen, liebkoste erst meine linke Brustwarze, zog mit den Zähnen leicht an dem Piercing, weil er wusste, dass mich das wahnsinnig machte.

„Ohhhh…Gott…verflucht…soo gut…“

„Scheint so, wenn du Gott sagst und im gleichen Zug fluchst…“

Kyo strich mit der freien Hand meiner Seite entlang und berührte den anderen Nippel. Ich stöhnte auf und wollte mehr von diesem Feuer, das sich gerade in meinem Körper ausbreitete, strampelte deshalb die Decke vollends weg und delegierte seine Hand zwischen meine Beine.

„In meiner Tasche…ist Gleitgel…“, raunte ich und Kyo sprang kurz auf, um es zu holen. Dann reichte er mir die Tube.

„Ich glaube, du hattest heute Nachmittag was vor.“

Es war bisher nicht all zu oft vorgekommen, dass mein schöner Sänger mir die Führung überließ und ich war jedes Mal ein bisschen aufgeregt, weil ich noch immer glaubte, etwas machen zu können. Deshalb küsste ich ihn und schon der Kuss heizte mir ein, sodass ich meine Zweifel vergaß. Oh ja, ich hatte einen Plan und zwar wollte ich, dass auch Kyo sich gehen ließ und zwar völlig. Das gelang ihm zwar ständig bei mir, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass ihn noch immer etwas blockierte.

„Gibt es irgendwas, was dich besonders erregt…?“, fragte ich dann vorsichtig und er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum.

„Schon…aber das wäre nicht besonders gesund für uns beide Kazu…verdammt, konntest du mich das nicht wann anders fragen?“

Keifte er mich leicht gereizt an. Was ging denn jetzt ab? Er schob mich von sich runter, sprang aus dem Bett und verschwand auf dem Balkon. Im Gehen warf er sich einen Bademantel über. Na super. Toll gemacht Kazuki, schallt ich mich selbst. Sollte ich ihm folgen? Seine Worte verunsicherten mich. Was konnte schon ungesund für uns beide sein? Das leuchtete mir beim besten Willen nicht ein. Schließlich folgte ich ihm auf den Balkon und zündete mir ebenfalls eine Zigarette an. Als ich seinen Arm tätschelte, zog er diesen weg, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Das tat weh. Verdammt weh. Die aufgerauchte Kippe drückte er im Aschenbecher aus, ging wieder ins Zimmer und zog sich die Unterhose an. Dann wandte er sich Richtung Tür. Mein Herz blieb für einen Moment stehen.

„Ich kann heut nicht hier schlafen…“

Mit diesen Worten ging er und ließ mich allein. Was ging denn bitte jetzt ab? Nur, weil ich ihn gefragt hatte, was seine Vorlieben waren? Noch immer unverstanden und wütend trat ich gegen das Geländer, rieb mir jedoch sogleich den Fuß, weil es verflucht weh tat. Ich war den Tränen nahe und verstand die Welt nicht mehr. Sicherlich war er zu Shinya gegangen. Da bestand ja immerhin Hoffnung, dass er morgen wieder besser gelaunt war. Ich kämpfte mit den Tränen und schlüpfte ebenfalls wieder in meine Unterhose. Kuschelte mich ins Bett, doch das wirkte ohne Kyo so groß und verlassen. Ich zuckte zusammen, als es an der Tür klopfte.

„Kazu, kann ich rein kommen?“, ertönte Dies Stimme. Ich gab ein klägliches „Jaa“ zur Antwort. Der Gitarrist trug ebenfalls nur Shirt und Shorts und ließ sich zu mir auf’s Bett sinken.

„Drama im Hause Nishimura?“

Ich nickte nur, denn wenn ich jetzt anfing zu reden, würden die Tränen automatisch kommen.

„Willst du mir erzählen, was passiert ist? Vielleicht kann ich dir helfen.“

Ich presste die Lippen noch fester zusammen und wollte nicht reden. Ich wollte einfach, dass Kyo wiederkam und alles wieder gut wird. Die legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich an sich.

„Ich kann verstehen, wenn du nicht drüber reden willst…und trotzdem lege ich dir das ans Herz…Kleiner…Tooru liebt dich, vermutlich so sehr, wie er noch keinen vor dir geliebt habt. Nicht mal Kami…und ich weiß nicht, was du oder er gesagt haben, aber vermutlich ist er nur weggerannt, weil er Angst hat…“

Jetzt platzte mir doch der Kragen.

„Angst? Wovor denn bitte Angst Die?“, kam es aus meinem Mund und heiße Tränen flossen meinen Wangen herab. Der Blonde lehnte sich in Richtung Nachttisch und reichte mir die Box mit den Taschentüchern.

„Dass du ihn verachtest…ich weiß nicht wie viel du weißt Kazu, aber er hat vor dir eine richtig beschissene Zeit durchgemacht. Ich selbst kenne nicht alle Einzelheiten, aber egal, was wer gesagt hat…vermutlich hat ihn das aus der Bahn geworfen. Du machst ihn verdammt stark, doch irgendetwas in ihm wurmt ihn noch…verstehst du?“

„Aber dann soll er doch mit mir reden…“, schluchzte ich verzweifelt.

„Was ist, wenn er das noch nicht kann? Es als so schlimm empfindet, dass er denkt, es könnte eure Beziehung zerstören?“

Wieder brach ich in Tränen aus. Was konnte den bitte schlimmer sein, als einfach abzuhauen und mich hier so nichtsahnend sitzen zu lassen?

„Aber es gibt nichts, was das zwischen uns zerstören könnte Die…“

„Das mach Tooru bitte Mal klar…Shinya tut sicher sein bestes. Möchtest du, dass ich noch ein bisschen bei dir bleibe?“

Ich nickte und schmiegte mich an den Gitarristen.

„Solltest du nicht bei deinem Toshi sein?“, fragte ich nach einer Weile und Die lachte.

„Keine Angst, der kommt schon eine Weile allein klar…außerdem muss doch einer auf dich aufpassen, wenn unserem Sängerchen Mal wieder eine Sicherung im Gehirn durchbrennt…“

„Danke…“, flüsterte ich und merkte, wie mich die Müdigkeit übermannte. Ich spürte, wie Die mich am Kopf streichelte und ich langsam wegdämmerte. Doch ich fand keinen richtigen Schlaf. Dauernd spielten sich vor meinen Augen seltsame Dinge ab. Wirres Zeug, das absolut keinen Sinn ergab und so erwachte ich wieder. Der Gitarrist saß noch immer da und las auf seinem E-book.

Finnland II

Auf einmal öffnete sich die Tür erneut und ich saß sofort im Bett. Kyo kam zurück, nickte seinem Freund zu, worauf hin sich der Blonde erhob und mein Sänger wieder zu mir ins Bett gekrochen kam. An seinen geröteten Augen sah auch ich, dass er geweint haben musste. Er schälte sich aus dem Bademantel und zog mich in seine Arme. Der Knoten in meiner Brust lockerte sich wieder ich sank gegen seine muskulöse Brust. Spürte sein Herz an meinem Ohr wild pochen. Wollte ihn küssen, widerstand dem Drang jedoch, aus Angst es könnte ihm zu viel sein.

„Kannst du mir bitte sagen, weshalb du weggerannt bist?“, fragte ich schließlich mit all meinem Mut. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als er tief einatmete.

„Und wenn du mich dann nicht mehr willst?“, wisperte er mir zu und diese Verletzlichkeit in seiner Stimme brach mir fast das Herz. Also doch, da schien irgendwas zu sein. Die kannte seinen Freund ziemlich gut.

„Kyo…mein Herz…der einzige Grund, weshalb ich dich nicht mehr wollen würde, wäre, wenn du mich mit einem anderen betrügst…ist dem so?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein…aber es ist mindesten genauso schlimm…krank und abstoßend…“

„Das kann ich mir nicht vorstellen…“

„Nicht mal Shinya weiß davon…“, lenkte er ein.

„Aber du hast doch mit ihm geredet oder nicht?“, fragte ich etwas verwundert.

„Ja, schon, aber ich hab nicht direkt ausgesprochen, um was es geht…weil er würde mich dafür definitiv verachten…“

Okay, Kazuki, denk nach. Denk nach, denk nach. Ich hab ihn gefragt, worauf er beim Sex steht und darauf hin ist er zu seinem besten Freund gerannt, hat ihm aber nicht erzählt, weshalb. Das ergab doch alles keinen Sinn. Und Die meinte, es könnte etwas mit Kyos Vergangenheit zu tun haben. Ich überlegte, was ich alles über meinen Liebsten wusste. Da war die Sache mit Kami, die ihn sehr mitgenommen hatte, doch welche Parallelen gab es da mit seinen sexuellen Vorlieben? Und weshalb war das für ihn so schlimm? Verflucht, warum musste dieser Mann nur so kompliziert sein? Noch immer spiegelte sich dieser ängstliche Ausdruck in seinen Augen und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er kurz davor war diesen Dämon beim Namen zu nennen.

„Ich bin aber nicht Shinya und ich verspreche dir, ich werde dich nicht verachten und ich werde es auch keinem sagen, wenn du es nicht möchtest…“

Kyo schloss seine Augen einen Moment und blinzelte die Tränen weg. Schon wollte er wieder aufspringen, doch ich ergriff seinen Arm und zog ihn zurück.

„Wage es nicht jetzt wieder abzuhauen…rede mit mir…bitte…“

„Ich bin nicht gut für dich Kazuki…nicht so und erst recht nicht, wenn ich dir das jetzt sage…“

„Verflucht noch Mal Kyo, was denn sagen? Sprich es endlich aus…dann kann ich immer noch entscheiden, wie beschissen ich dich danach finde!“, fuhr ich ihn jetzt an, weil ich mit meiner Geduld am Ende war. Er schluckte. Meine Hand umklammerte noch immer seinen Arm.

„Erinnerst du dich an den Morgen…nach deinem Geburtstag…was wir da getan haben?“

„Oh ja, wie könnte ich das nur vergessen…aber was ist damit?“

„Du erinnerst dich, was ich mit dir angestellt habe?“

Ich zog meine Augenbrauen hoch und wusste noch immer nicht, worauf er hinaus wollte.

„Ähm…ja. Und? Es hat mir gefallen.“

„Alles?“

„Ja, warum…jetzt red endlich Klar…text…“, stammelte ich, weil ich jetzt ahnte, worauf er anspielte und auch mein schöner Sänger schien zu merken, dass es bei mir Klick gemacht hatte. Puh, das war in der Tat heftig, aber nicht unmöglich. Ich räusperte mich und schaute ihm tief in die Augen, denn meine nächsten Worte hingen vermutlich davon ab, ob wir zusammenbleiben würden.

„Manchmal raubst du mir wirklich den letzten Nerv…sorry, das war nicht so gemeint…na schön. Noch Mal von vorne…was sind seine sexuellen Vorlieben?“

Ich wollte es von ihm hören.

„Kazu bitte, du machst alles kaputt…“

„Du glaubst, nur weil du den Fetish hast andere…nein mich gern leiden zu sehen…mich vielleicht auch ein bisschen zu quälen und mir hin und wieder Schmerzen zuzufügen, könnte mich das davon abhalten mit dir zusammen zu sein?“

Und auf einmal zerbrach seine Fassade, die er bis eben noch so tapfer aufrecht gehalten hatte. Kyo hielt sich die Hände vor’s Gesicht und weinte bitterlich. Schnell schlang ich meine Arme um meinen schönen Sänger, damit er ja nicht wieder auf die Idee kam zu flüchten.

„Ich bin so ein schlechter Mensch…ich hab dich nicht verdient und ich könnte dir niemals weh tun…“, schluchzte er. Ich tupfte seine Tränen weg und sah ihn wieder eindringlich an.

„Kyo…so ein Bullshit…erstens bin ich noch immer davon überzeugt, dass unsere Begegnung Schicksal war. Zweitens: hör auf dir einzureden, wen du verdient hast und wen nicht, denn da hab ich auch ein Wörtchen mitzureden und drittens…ich fürchte ich bin durchgeknallt genug und komme mit deinen Vorlieben klar…ich verachte dich nicht dafür und werde dich deshalb nicht weniger lieben…“

„Kazu…aber warum?“

„Weil wir gerade in Finnland sind, weil Katzen miauen…weil…ich hab keine Ahnung…vielleicht funktioniert Liebe eben so…man vertraut sich einander an, teilt seine Bedürfnisse miteinander oder so…ich kann dir nicht versprechen, dass ich das dauernd machen will, aber wenn du das Gefühl verspürst, du musst dich austoben, bitte.“

Ungläubig schüttelte mein Liebster mit dem Kopf und meine Worte machten ihn sichtlich sprachlos.

„Hast du denn keine Angst, ich könnte dich verletzten? Ich meine wegen deinem Drang, dir selbst weh zu tun…“

„Ich glaub das ist was anderes…lass es uns einfach ausprobieren und wenn es zu viel wird, werde ich es dir sagen…“

„Fuck…ich komm gerade sowas von nicht mehr klar…Kao bringt mich vermutlich um, weil ich morgen sowas von zerstört sein werde…“

„Hättest du früher mit mir geredet und nicht son Drama gemacht würden wir jetzt schon lange schlafen…oder andere Dinge tun.“

„Ja…da muss ich dir Recht geben, aber woher soll ich denn wissen, dass du noch verrückter bist, als ich gedacht hab…oh fuck Kazuki, du machst mich fertig, ohne scheiß…“

Ich nahm meinen verwirrten Schatz in die Arme und schmiegte mich an ihn.

„Ich liebe dich…immer“

„Dir ist schon klar, dass ich dich jetzt noch nicht schlafen lassen kann…“, raunte er mir zu.

„Ich muss ja morgen nicht auf der Bühne stehen…“, ärgerte ich ihn und gab ihm dennoch grünes Licht. Ein bisschen aufgeregt war ich auch, weil ich nicht genau wusste, was mich erwartete.

„Bist du dir wirklich sicher, worauf du dich da einlässt?“, fragte er noch ein letztes Mal nach und ich nickte nur. Darauf hin küsste er mich hart und mir war klar, dass alles, was jetzt kommen würde auch ein Teil von meinem Kyo war. Wahrscheinlich der intimste von allen und ich sollte mir auch bewusst werden lassen, dass es mein Bild von Kyo für immer verändern würde. Oh Fuck! Kyos Zähne bohrten sich leicht in meine Haut und ein leichter Schmerz durchzuckte mich. Sofort ließ er ab von mir, doch ich zog ihn wieder zu mir.

„Mach weiter…irgendwie steh ich drauf…“

Jetzt, da ich wusste, was mich erwartete, konnte ich mich drauf einlassen. Die Bisswunden würden in ein paar Tagen wieder verheilt sein, doch das Verrückte war tatsächlich, dass es mich noch mehr in Extase versetzte. Kyo umkreiste meine Nippel, spielte mit dem Ring, saugte daran, dass sie hart wurden und schließlich gruben sich seine Zähne auch dort mehr rein, als sonst. Ich schrie auf, doch nicht vor Schmerz, sondern vor Lust. Das waren auf einmal ganz andere Sphären in denen wir uns da bewegten und ja verflucht, es gefiel mir. Mein Liebster reizte meine Knospen noch mehr und ich krallte meine Fingernägel eher unbewusst in seinen Rücken. Irgendwo weit weg, in einer anderen Realität hörte ich Kyo amüsiert lachen. Noch während er meine Nippel reizte, hörte ich das vertraute Geräusch der Gleitgeltube und konnte es kaum erwarten ihn in mir zu spüren. Seine Hände tasteten nach meinem Eingang und er lockerte den Muskelring, schob seine Finger langsam in mich und bewegte einen zweiten hinein. Es fühlte sich so wundervoll an, wenn mich Kyo vorbereitete und sich in mein Inneres vortastete. In diesen Momenten waren wir uns so nahe und ich spürte seine Liebe, sein Verlangen und sein Vertrauen. Ich öffnete meine Augen, weil ich sein Gesicht sehen wollte und nicht wie sonst wirkte er beherrscht, sondern eher, als würde er sich ähnlich wie ich weit weit weg befinden. Ich lächelte, weil ich mir so sehr gewünscht hatte ihn endlich auch Mal so weit zu bekommen, dass er los ließ.

„Kazu…geht’s dir gut?“, fragte er ein letztes Mal und ich konnte nur nicken, weil mein Sprachzentrum mir seine Dienste verweigerte.

Jetzt spürte ich seine Eichel an meinem Eingang, doch vorher drehte er mich auf den Bauch, hob meinen Hintern ein Stück an und drang in mich ein. Ich wusste nicht warum, aber wahrscheinlich lag ich anders als sonst, denn er traf meine empfindlichste Stelle sofort mit einer solchen Intensität, dass ich Sternchen sah und erneut aufschrie. Doch Kyo gab mir nicht die Genugtuung meiner Erlösung, sondern bewegte sich quälend langsam in mir, wohl wissend, dass mich das vermutlich an den Rande des Wahnsinns trieb. Wieder stöhnte ich, als er endlich wieder meinen Lustpunkt traf und die nächsten Stöße stoppten kurz davor. Mein Herz raste und mein Verstand befand kurz vorm Durchdrehen. Die Lustwelle baute sich immer mehr auf und ich hatte das Gefühl, wenn mich Kyo das nächste Mal dort streifte, würde mein Körper explodieren. Seine Lippen senkten sich in meinen Nacken und er küsste mich. Saugte an meiner Haut und verpasste mir die wer weiß wievielte Bisswunde. Schmerz und Lust waren mittlerweile eins ich war kaum noch imstande Realität und Trance auseinander zu halten. Die Hand meines schönen Sängers legte sich um meine Erektion und er pumpte diese in der gleichen Geschwindigkeit seiner Stöße. Dieses Mal hielt er nicht inne und traf mich wieder. Ein Vulkan in mir explodierte und einen kurzen Moment wurde mir schwarz vor Augen. Ich kippte seitlich um und vergrub mein Gesicht in den Kissen. Auf meinem Bauch ertastete ich das Ausmaß meiner Explosion. Konnte weder reden, noch mich bewegen. Auch Kyo schien es nicht anders zu gehen. Innerlich jubelte ich. Yes, Tagesziel erfüllt. Doch ich sollte mich kurz säubern, nur wie kam ich jetzt vom Bett ins Bad? Der Weg dorthin erschien mir so unendlich weit und anstrengend. Eine Hand tastete nach meiner und drückte diese.

Mit aller Kraft erhob ich mich schließlich und wankte ins Bad. Hinter mir hörte ich es nur kichern und ohne zu schauen streckte ich meinem Liebsten den Mittelfinger entgegen. Auf dem Klo erleichterte ich mich und sprang dann doch kurz unter die Dusche. Das warme Wasser brannte ein bisschen auf den Wunden, die mein schöner Mann auf meine Körper hinterlassen hatte. Ich grinste. Da öffnete sich die Tür und Kyo stand vor mir.

„Darf ich auch zu dir unter die Dusche kommen?“, fragte er etwas zurückhaltender als sonst.

„Klar“, krächzte ich und ergriff seine Hand.

„War das okay für dich mein Süßes?“

Ich ließ mich gegen ihn fallen und genoss seine Streicheleinheiten am Rücken.

„Frag mich morgen noch Mal…ich kann nicht mehr reden…Gehirn ist Matsch…“

Kyos Brust vibrierte unter seinem Lachen und er hauchte mir einen Kuss auf’s Haar, seifte uns ein und trocknete uns ab. Endlich wieder im Bett. Endlich schlafen. Naja, das davor war auch mehr als aufregend gewesen und mein Körper kribbelte noch immer bei dieser Erinnerung. Kyo gab mir noch einen Kuss und wir schliefen endlich ein.

 

Ich erwachte irgendwann, weil ich ausgeschlafen hatte. Auch Kyo schlummerte noch neben mir. Mein Körper fühlte sich erstaunlich fit an und alles, was letzte Nacht passiert war, kam mir vor wie ein surrealer Traum. Ich betrachtete diesen wunderschönen Mann neben mir im Bett und versuchte zu verstehen, was letzte Nacht in ihm vorgegangen sein konnte. Oder, was ihm widerfahren sein musste, dass er plötzlich solche Zweifel an uns hegte und aus diesem selbstbewussten Mann auf einmal ein verzweifelter, ängstlicher Mensch wurde, den ich so noch nicht kennengelernt hatte. Nahm ihn seine Vergangenheit noch so sehr mit, dass ihn diese Verlustängste noch immer quälten? Mir war dieses Gefühl nicht unbekannt, doch hatte ich gedacht, dass Kyo diese Phase mittlerweile überwunden hätte, doch jetzt wurde mir klar, dass das viel tiefer gehen musste, als ich bisher glaubte. Und in diesem Moment passierte etwas mit mir, als würde sich ein Schalter in meinem Hirn umlegen und mir sagen, dass auch ich von nun an strak sein wollte, um auf meinen Geliebten aufzupassen. Wie süß und friedlich er so dalag und schlief, als wäre alles in Ordnung und er im reinen mit sich selbst. Ich beobachtete ihn noch ein bisschen und hauchte dann zarte Küsschen auf seine Haut. Zuerst auf den goldenen Kranich, dann entlang seines Armes und schließlich zogen mich auch seine süßen vollen Lippen an. Diese verzogen sich automatisch zu einem Grinsen und er schlang seine Arme um meinen Körper.

„Guten Morgen mein Hübscher“, säuselte er mir ins Ohr und ich musste meinen schönen Mann einfach noch Mal küssen.

„Selber hübsch…ich fürchte wir haben das Frühstück verschlafen…gehen wir irgendwo essen? Ich hätte da auch schon so ne Idee wo…“

„Ich glaub ich muss dich wirklich öfter mit auf Tour nehmen…allein fehlt mir oft die Zeit und die Lust andere Städte zu erkunden, dabei kann das wirklich schön sein. Mein persönlicher Guide.“

„Ja, ich muss dir ja die Welt zeigen. Also los, beweg deinen sexy Arsch aus dem Bett.“

Ich schwang meine Beine über die Bettkante, doch Kyo zog mich zurück.

„Kazu…das was du die Nacht alles gesagt hast…“

„Ist mein voller ernst und ja mir geht es gut und ja ich fand das, was du mit mir gemacht hast verdammt geil…bitte mehr davon. Und jetzt hör auf über die Vergangenheit nachzudenken. Ich bin nicht deine Vergangenheit Kyo, ich bin deine Zukunft und mir ist es egal, was wer früher zu dir gesagt hat…naja, nicht egal und falls du drüber reden willst, kannst du das jeder Zeit tun…aber was ich sagen will, ich bin ich. Ich bin kein Kami oder sonst wer und das solltest du dir bewusst machen. Ich hatte es nicht immer einfach, aber ich bin auch nicht aus Zucker. Also lass uns Spaß haben, verrückte Sachen ausprobieren und das wichtigste von allen, wir müssen uns gegenseitig vertrauen.“

Kyo zog mich in einen liebevollen Kuss.

„Shinya hat mal vor ein paar Jahren zu mir gesagt, dass auch ich irgendwann Mal glücklich werden würde…wie Recht er damit hatte…ich liebe dich so sehr Kazuki.“

„Ich dich doch auch…und jetzt steh auf, ich hab Hunger, weil mir die Nacht so ein heißer Kerl den Verstand aus dem Hirn gevögelt hat…und jetzt muss ich meine leeren Zellen wieder neu aufladen.“

„Haha, du bist süß…aber ich muss dir Recht geben, der Sex letzte Nacht mit dir war jenseits von Gut und Böse. Ich fürchte jetzt kann ich meine Finger noch weniger von dir lassen.“

„Na das will ich doch hoffen.“

„Ähm…Kazu, vielleicht solltest du heute nicht ganz so freizügig rumlaufen…ist wohl besser für uns beide…“

Ich grinste.

„Ich könnte auch sagen, dass mich ein skandinavische Säbelzahntiger angefallen hat…aber klar, vermutlich hast du Recht.“

Das schien meinen hübschen Sänger zu beruhigen. Vor dem großen Spiegel am Kleiderschrank inspizierte ich meinen Körper und Kyos Bissspuren. Dann wägte ich ab, was ich anziehen konnte und was eher nicht. Schließlich entschied ich mich für die schwarze enge Jeans mit den löchrigen Knien, ein ärmelloses Top und meinem grünschwarz karierten Hemd, dessen Ärmel ich hochkrempelte.

„Genehm so?“, wand ich die Frage an Kyo und auch er schlüpfte gerade in seine schwarze Jeans.

„Wunderhübsch…schon fast ein bisschen zu süß“, ärgerte er mich und küsste mich schon wieder. Während er sich fertig anzog, verschwand ich noch kurz im Bad, um mich zu schminken und meine zerzausten Haare irgendwie in Form zu bringen. 

„Ist es okay, wenn ich Shinya frage, ob er auch mitkommt?“

„Klar.“

„Dann geh ich schon mal rüber, wir warten im Flur auf dich.“

Wenn meine Wahl der Kleidung schon als süß befunden wurde, sollte wenigstens mein Make-up etwas provokanter ausfallen. Deshalb entschied ich mich für schwarz mit ein bisschen Glitzer und fummelte die grünen Kontaktlinsen in meine Augen. Krass. So ganz anders, aber ich gefiel mir und schlüpfte noch in meine Chucks.

Mein schöner Sänger und sein Drummer redeten sehr vertraut miteinander, sodass ich mich schon fast nicht traute so einfach dazwischen zu platzen, doch als mich Shinya erblickte, winkte er mir zu.

Das Memphis war nicht weit von unserem Hotel entfernt und nach zehn Minuten Fußweg hatten wir das Restaurant erreicht. Uns wies die freundliche Bedienung ein Tisch zu und brachte sogleich die Speisekarte. Wir bestellten alle drei den Burger mit Halumikäse und eine selbst gemachte Limonade. An Alkohol war noch nicht zu denken.

„Oh Gott, essen…das ist gerade voll toll.“

Ich hatte keinen blassen Schimmer, was der Drummer wusste oder nicht wusste und er ließ sich auch nicht in die Karten gucken. Nur ein leichtes Schmunzeln umspielte seine Lippen. Mein Liebster schien heute besonders zutraulich, denn seine Hand fand öfter als sonst den Weg zu meiner oder hin und wieder tätschelte er mein Bein, grinste mich liebevoll an oder gab mir einen Kuss auf die Wange. Die Bedienung kam erneut und fragte, ob wir noch einen Nachtisch bestellen wollten. Ich entschied mich kurzerhand für den Schokokuchen. Kyo stibitzte mir ein Stück und zuckte unschuldig mit den Schultern. Seine Art, wie er gerade mit mir umsprang berührte mich zutiefst. War das diese Blockade gewesen, die es noch galt zwischen uns zu lösen? Und nun bekam ich den wahren Kyo zu Gesicht? Der mir all seine Liebe schenkte? Das traf mich tief, aber im positiven Sinne. Auch der Drummer schien die nicht ganz unauffällige Veränderung seines besten Freundes zu bemerken.

„Ich komm gleich wieder“, flötete Kyo bester Laune und verschwand auf dem Klo. Oh Gott, jetzt war ich mit Shinya alleine und er warf mir einen fragenden Blick zu.

„Wir haben geredet…sehr sehr lange…ein paar Grenzen abgesteckt und naja…haben uns versöhnt, falls du weißt, was ich meine…und dann wieder geredet. Vermutlich ist das auch der Grund, weshalb wir das Frühstück verpennt haben…“

„Es muss gestern sehr schlimm für ihn gewesen sein…so hab ich ihn lang nicht erlebt…“

„Glaub mir das war es Shin…aber ich habe beschlossen für ihn zu kämpfen und all die bösen Geister seiner Vergangenheit zu vertreiben. Ich liebe Kyo so sehr und ich werde nicht zulassen, dass er je wieder fällt…“

„Er kann sich glücklich schätzen dich zu haben Kazu-chan…das können wir alle. Irgendwie schaffst du es uns alle bei Laune zu halten. Es ist schön dich hier bei uns zu haben.“

„Hör auf, sonst fang ich wieder an mit Heulen…ich hab euch auch verdammt gern…ihr seid so wundervolle Menschen Shinya…jeder auf seine Weise…sag mal, kann ich dich was fragen?“

„Klar.“

„Naja, auch wenn es mich vermutlich nichts angeht, aber hast du denn jemanden?“

Der Drummer grinste nur und nippte an seiner Limo.

„Sagen wir es Mal so…da bahnt sich gerade was an. Nach der Tour wollen wir uns treffen.“

„Mann oder Frau?“, fragte ich jetzt, weil ich meine Neugier kaum mehr zügeln konnte.

„Mann!“, flüsterte mir Kyo zu, der zurück war und sich wieder neben mich setzte. Shinya steckte ihm die Zunge raus.

„Komm schon Shin-chan…Kazu kannst du es doch nun wirklich erzählen…“

„Ich darf nicht…aber ich sorge dafür, dass er es die Tage erfährt okay?“

Jetzt war ich erst Recht gespannt wie ein Flitzebogen, denn das klang sehr verdächtig danach, dass ich diesen Kerl kannte.

„Ich will ja nicht drängeln, aber wir sollten langsam los“, lenkte mein Hübscher vom Thema ab. Also zahlten wir und kehrten zum Hotel zurück. Kyo packte seine Tasche mit den Klamotten für’s Konzert. Da piepte mein Handy und eine Nachricht von Saara flog ein. Ah stimmt, da war ja noch was.

„Ähm…Kyo…“, begann ich und er schaute mich fragend an.

„Was denn?“

„Ich hab gestern in der Bar son Mädel getroffen und sie würde mit mir gern auf euer Konzert. Wäre das für dich okay? Sie müsste sonst allein hin.“

Der Diru Sänger zuckte gelassen mit den Schultern und grinste mich an.

„Klar. Ich muss jetzt los Süßer, dann bis später.“

Wir küssten uns eine halbe Ewigkeit. Immer wieder suchten seine Lippen die meinen und er ließ sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als Kaoru ins Zimmer platzte, um seine Schäfchen einzusammeln.

„Immer diese knutschenden Pärchen“, beschwerte er sich.

„Halt die Klappe Kao…nur weil du gerade untervögelt bist, kannst du anderen ihren Spaß lassen“, neckte ihn der Sänger und ich musste lachen. Ein bisschen tat mir Kao trotzdem leid.

„Bis später Kazu…“, winkte er mir zu und verließ mit meinem Liebsten das Zimmer. Ich antwortete Saara und wir verabredeten uns anderthalb Stunden vor dem Einlass am Circus, damit wir auch einen Platz ganz vorne ergatterten. Sie freute sich riesig. Eine zweite Nachricht von Sota kam und er musste unbedingt mit mir reden. Das klang verdächtig. Ich rief ihn über Skype an.

„Was gibt’s?“

Mein bester Freund druckste rum und erst dann wurde mir klar, dass es in Japan mitten in der Nacht sein musste.

„Sota, alles klar bei dir? Ist was passiert?“

Er hockte auf seinem Bett und wippte unruhig mit dem Knie.

„Nun ja, irgendwie schon…ich hab mich verknallt…und das ziemlich heftig.“

„Freut mich, kenn ich deinen angebeteten zufällig?“, fragte ich neugierig. Sota wurde knallrot, wie eine Tomate und er schluckte verlegen.

„Mhh…er ist zufällig gerade mit dir unterwegs…naja vermutlich nicht immer, aber die meiste Zeit…“

Und jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich vollführte einen wahren Freudentanz.

„Ohhhhh mein Gott…du und Shinya? Ahhhhhh ich flipp aus…das ist voll toll!!!!“, quietschte ich ins Telefon und mein bester Freund schien sichtlich erleichtert, mir das endlich gestanden zu haben.

„Ja, es ist noch nicht so offiziell...glaub Kyo weiß es, aber sonst niemand…“

„Das wäre so schön…“

„Kannst du mir nachher einen Gefallen tun und ihm einen Kuss von mir geben? Er fehlt mir schrecklich…du auch, ein bisschen“, stellte er noch schnell hinten an, doch ich lachte und winkte mit der Hand ab.

„Das mach ich versprochen…aber ich muss jetzt los. Soll ich ein paar Bilder machen und sie dir schicken?“

„Ohh das wäre traumhaft…dann bis später…“

Er warf mir noch einen Luftkuss zu, den ich auffing. Dann schloss ich ab und machte mich auf den Weg zur Konzertlocation. Sara wartete schon und wir waren gerade Mal die vierten, die hier standen. Perfekt. Pool-Position war gesichert. Ich zündete mir eine Zigarette an und bot auch ihr eine an, die sie jedoch ablehnte.

„Später vielleicht…ich rauche manchmal, wenn ich was getrunken habe.“

„Haha okay, verstehe.“

„Was hast du heute schönes gemacht?“, fragte sie mich.

„Wir waren im Memphis essen…echt lecker dort und dann sind wir noch ein bisschen durch die Stadt geschlendert.“

Das war immerhin nicht ganz gelogen.

„Und deine Freunde, mögen sie Dir en Grey auch nicht so sehr?“

Etwas nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und nahm einen tiefen Zug. Ich hasste es zu lügen.

„Naja nicht direkt…sie kennen ein paar Mitglieder der Crew und wollten da mit anpacken und helfen.“

„Oh cool…aber du kennst die Band nicht oder? Immerhin könnten dich deine Freunde ja mal mit ihnen bekannt machen.“

Ahhhh, verdammt. Es wurde nicht besser. Nervös wippte ich mit dem Fuß und nickte nur.

„Ja, genau das hab ich ihnen auch schon gesagt…vielleicht später, wenn es klappt. Die Jungs sollen sehr zurückhaltend sein.“

„Schade…viele finnische Bands treffen sich später noch im Riff. Ist eine coole Bar vom Drummer der 69 Eyes. Also, falls du Lust hast.“

„Das klingt nach einem Plan. Ich check das mal ab“, antwortete ich und schrieb Kyo eine Nachricht. Dieser antwortete auch erstaunlich schnell und meinte ich solle kurz zum Hintereingang kommen. Ich flitzte und bat Saara darum, die Stellung zu halten.

Kyo und Die empfingen mich und der Gitarrist war natürlich Feuer und Flamme für meinen Vorschlag. Mein schöner Sänger war nicht ganz abgeneigt, wollte es allerdings davon abhängig machen, wie fertig er nach dem Auftritt war. Das leuchtete mir ein. Die drückte mir noch zwei Bier in die Hand und zwinkerte mir zu. Mit den Drinks kehrte ich zu Saara zurück. Die staunte nicht schlecht.

„Deine Freunde sind wirklich super. Na dann auf einen schönen Abend. Kippis!“

Kippis? Cheers auf Finnisch?“, fragte ich und das blonde Mädchen nickte.

„Cool, dann hab ich ein neues Wort gelernt. In Japan sagen wir kanpai dazu.“

„Na dann kippis und kanpai“, scherzte sie und ich fing wirklich an, sie zu mögen.

„Schade, dass du morgen schon zurück musst.“

„Ja, schon. Aber vielleicht komm ich mal wieder, Finnland scheint echt schön zu sein.“

„Und jetzt kennst du ja auch jemanden. Sind deine Freunde auch aus Japan?“

Ich nickte und trank noch einen Schluck.

„Jepp, sie fliegen mit mir zusammen. Wo ist diese Bar, in die du heut noch willst?“

„Nicht sehr weit. Etwa 20 Minuten von hier.“

„Cool, ja, das klappt sicher…und die Band kennenlernen wäre wirklich super.“

„Ich hab mir mal ein paar Konzerte angeschaut und der Sänger scheint ja ziemlich verrückt zu sein…aber ich mag sowas.“

Ich verschluckte mich am Rauch meiner Zigarette. Oh ja, verrückt traf es mehr als gut.

„Schon.“

„Sind alle japanischen Bands so?“

„Einige schon, aber nicht alle glaub ich…Dir en Grey ist da schon eine krasse Ausnahme.“

Endlich wurden wir eingelassen. Ich zeigte wie immer mein Bändchen vor, wurde durchgewunken und wartete auf Saara. Sie warf mir einen leicht verwirrten Blick zu.

„Oha, ist das ein Backstagebändchen?“

Ich nickte etwas verlegen und kam mir blöd vor. Versuchte mich aus der Affäre zu ziehen und schob es auf meine Freunde, die ich kannte und so. Sie schien es zu glauben. Ich holte uns noch einen Drink und wir schossen blöde Selfies. Tatsächlich standen wir in der ersten Reihe. Hilfe ich würde sterben. Bisher hatte ich immer in der dritten oder vierten Reihe gestanden, doch ganz vorne? Kyo konnte mich quasi berühren. Und schon allein der Gedanke, ihn da halb nackt so nahe vor mir zu haben und ihn dennoch nicht anfassen zu können, trieb mich schier in den Wahnsinn. Okay, schnell an was anderes denken. Um uns herum füllte sich der Raum, der weniger groß als die Locations ins Japan oder Russland war. Doch hatte er wahrscheinlich von seiner Form den Namen, denn der runde Raum erinnerte an eine Manege. Und inmitten des Saales hing eine Art Metallgestell. Das Licht auf der Bühn war noch an und die Crew war mit dem Soundcheck beschäftigt. Warum nur war ich heute so aufgeregt? Nach einer Stunde ging das Licht aus und die Lasershow mit dem Intro setzte ein. Saara hüpfte aufgeregt neben auf und ab. Mein Herz schlug schneller und schneller. Ich leerte meinen Drink und stellte die Dose auf den Boden. Und wieder das Ritual. Shinya kam auf die Bühne, gefolgt von Die und Toshi. Moment Mal, hatten die beiden eben Händchen gehalten? Mutig, mutig und zuckersüß. Der arme, einsame Kaoru und dann erst Mal nichts. Musik erklang und dann seine Stimme, die mir durch Mark und Bein ging. Kyo sprang direkt vor mir auf das Podest und sah mir tief in die Augen. Wenn ich nicht von Menschen umringt gewesen wäre, wäre ich vermutlich einfach umgefallen. Es fühlte sich so an, als würde ich ihn zum ersten Mal richtig echt auf der Bühne erleben. Doch zum Glück war er noch angezogen. Die Betonung lag ganz klar auf noch. Oh ich würde dieses Konzert nicht überleben und im Moment wünschte ich mir, ich könnte vom Backstage aus zuschauen. Auch Saara schien nicht zu entgehen, wie ich meinen hübschen Sänger anschmachtete. Sie stieß mir freundschaftlich in die Seite.

„Na…sag bloß du stehst auf den Sänger?“

„Ich fürchte ich bin ihm willenlos verfallen.“

Ups, hatte ich das gerade laut gesagt? Doch sie lachte nur und tat es als Scherz ab. Glück gehabt. Unsere Blicke trafen sich immer wieder und jedes Mal durchzuckte mein Körper erneut dieser elektrische Impuls. Seine Hände auf meinem Körper und seine Male schienen fast wieder zu brennen. Oh du süße Leidenschaft. Kyo, warum musst du so verflucht heiß sein. Ich schoss ein paar Bilder von Shinya und drehte ein Video für Sota. Dann verschwand Kyo während Kaorus Solo kurz und ich wollte nicht, dass er zurückkam. Das war doch viel zu früh. Sonst zog er sich erst bei der Zugabe aus. Na warte, dachte ich bei mir.

„Wow…der ist echt heiß…Kazu, du schaust ja gar nicht…du verpasst was.“

Das Konzert war die reinste Folter und doch wunderschön. Ich musste aufpassen, dass ich nicht in meinem imaginären Teich aus Speichel ertrank. Okay, cool bleiben. Ich beobachtete Shinya eine Weile und fuhr mich ein bisschen runter. Dafür, dass unsere Nacht so turbulent gewesen war, merkte man den Jungs nichts an. Das war mal professionell und irgendwie erfüllte mich das auch mit Stolz.

„Du musst unbedingt ein Treffen klar machen Kazu…ich würde die Jungs zu gern kennenlernen…die sind der Wahnsinn…“

„Ja, ich weiß…“

„Wie du weißt?“

„Ähm, naja, weil ich sie schon ein paar Mal live gesehen habe“ zog ich mich aus der Affäre. Verdammt, ich musste meine Worte wirklich bedachter wählen.

Nach der Zugabe verschwanden die Jungs und ich beschloss Saara einen Gefallen zu tun und zog sie mit Richtung Backstage. Sprach kurz mit der Crew und sie bekam ein neues Bändchen. Da ich ja wusste, dass die Band nach dem Auftritt noch kurz kam, um Fotos zu machen und mit den Fans zu quatschen. Saara umarmte mich spontan und voller Freude. Bedankte sich tausend Mal und hüpfte wie ein kleiner Flummi auf und ab. Alle tauchten auf, außer Kyo. Natürlich nicht. Unter dem Vorwand auf’s Klo zu müssen beschloss ich ihn zu suchen. Doch das musste ich gar nicht, denn als ich um die Ecke bog, kam er mir grinsend entgegen. Gerade war mir völlig egal, wer uns sehen konnte, ich presste ihn gegen die Wand und küsste ihn voller Begierde. Zog ihn weiter, Richtung Umkleide. Küsste ihn wieder. Nestelte an seinem Reisverschluss herum, zog seine Hose ein Stück nach unten, ohne von seinen Lippen abzulassen und nahm ihn hart. Schon nach wenigen Minuten überrollte mich mein Orgasmus wie ein Tsunami. Wir zogen uns wieder an und Kyo zog mich in seine Arme. Er lachte.

„Wow…nicht übel…wenn das unser Gespräch bewirkt hat, hätte ich das schon früher tun sollen.“

„Tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe, aber ich konnte nicht anders…du bist so verflucht schön Kyo und ich liebe dich…so sehr…aber jetzt geh noch schnell zu den Jungs…falls Kao schimpft, sag es war meine Schuld.“

Kyo lachte und verschwand noch kurz auf dem Klo. Saara schaute mich glücklich und fragend an. Ich sagte, dass ich auf der Toilette war. Da zog mich der Leader zu sich und fragte, wo Kyo blieb. Ich versicherte ihm, dass er jeden Moment hier auftauchen würde. Natürlich wusste Die Bescheid und hob anerkennend den Daumen. Ich steckte ihm die Zunge raus. Und da bog mein schöner Sänger auch schon um die Ecke. Streifte meine Hand kurz und widmete sich seinen Fans, so auch Saara. Schoss Fotos mit ihnen und führte kurze Gespräche. Dann verschwanden die Groupies, nur Saara warf mir einen unsicheren Blick zu. Ich trat näher zu meinem Schatz.

„Das ist das Mädel, von dem ich dir erzählt habe…sie ist echt nett…ich würde ihr gern die Wahrheit sagen, wenn das für dich in Ordnung geht…“

Kyo grinste mich an, zog mich in einen Kuss und nickte. Die Augen des blonden Mädchens wurden immer größer und jetzt schien sie gar nichts mehr zu verstehen. Die Jungs gingen duschen und ich hakte mich bei ihr unter und führte sie in den Umkleideraum, weil auch Kaoru mir sein Einverständnis gegeben hatte.

„Sorry wegen der ganzen Geheimnistuerei, aber du bist dir sicher im Klaren, dass das nicht unbedingt an die Öffentlichkeit treten sollte?“

Sie nickte.

„Das heißt jetzt also, du kennst die Band doch…soso. Und du und der Sänger, seid ihr zusammen?“

Ich nickte etwas verlegen und fühlte mich noch immer ein bisschen schlecht, doch Saara schien das locker zu sehen.

„Voll cool. Und bist du nur bei diesem Konzert dabei gewesen?“

„Nein, ich bin schon die ganze Tour dabei, weil mich Kyo gefragt hat, ob ich mitkomme.“

„Haha, deshalb hast du ihn vorhin so verliebt angeschaut, verstehe…und wie steht es mit den Partyplänen?“

„Mh, ich denke nicht schlecht. Zwar weiß ich nicht, ob alle mitkommen, aber bei drei der Jungs bin ich mir ziemlich sicher.“

Saara klatschte vor Freude in die Hände, da kamen Kyo und Shinya auch schon zu uns. Der Drummer stellte sich dem Mädchen jetzt noch Mal persönlich vor und sie grinste nur. Für mich war das fast Routine, aber ich konnte nachvollziehen, wie es ihr ging, denn das erste Mal, als ich näher Kontakt mit der Band knüpfte, war für mich sehr aufregend. Doch im Grunde waren die Diru Jungs auch nur Menschen. Nun fanden die anderen drei den Weg auch wieder in die Umkleide und Daisuke war in bester Partylaune. Toshi eher weniger, doch vermutlich würde er seinen Trunkenbold nicht allein in die Bar gehen lassen.

„Also ich gehe definitiv schlafen, ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt…so lange…ich sag das jetzt nicht noch Mal, ihr wisst Bescheid. Die? Das gilt vor allem für dich!“, ermahnte ihn der Leader. Der Gitarrist warf diesem einen beleidigten Blick zu und strich sich seine langen Haare nach hinten, wie eine kleine Diva. Ich amüsierte mich köstlich.

„Warum musst du immer auf mir rumhacken? Ich weiß, wie viel ich vertrage“, murrte der Blonde und ich lachte. Klärte Saara auf, über was die Jungs gerade redeten. Kyo, der neben mir saß, ließ sich in meinem Schoß fallen und ich strich ihm durch seine noch leicht feuchten Haare. Er führte meine Hand an seine Lippen und küsste sie. Mich durchströmte wieder diese Wärme und dieses Glücksgefühl, welches ich kaum in Worte fassen konnte.

„Ich werde glaub auch schlafen gehen“, kam es von dem Drummer, doch ich konnte mir denken, dass er vielleicht noch mit Sota Kontakt aufnahm. Da fiel mir wieder ein, worum mich mein bester Freund gebeten hatte.

„Shin-chan, komm Mal kurz her“, bat ich ihn den Drummer und er folgte der Bitte und kniete sich vor mich. Ich zückte mein Handy und schoss ein Selfie von uns, dann drückte ich ihm ein Kuss auf die Wange.

„Mit besten Grüßen von Sota“, flüsterte ich ihm zu und er grinste verliebt. Da kam mir plötzlich noch eine andere Idee, deren Umsetzung jedoch bis morgen warten musste.

„Also dann, gehen wir? Kommst du eigentlich auch mit?“ richtete ich meine Frage an meinen schönen Sänger.

„Als ob ich dich alleine feiern gehen lassen würde…“

Saara wies uns den Weg und wir erreichten die Bar recht schnell. Dort war schon viel los, doch wir ergatterten noch einen Tisch im hintersten Eck auf der Ledercouch. Hier war es wirklich gemütlich. An den violetten Wänden hingen Bilder von Musikern. Ich erkannte HIM und meine neue Freundin klärte mich über die anderen Bands auf. Einer war der Drummer der 69 Eyes, dann gab es da noch Santa Cruz und wie gesagt, HIM kannte ich ja. Wir tranken wieder diesen Cranberry Loncoro und Toshiya hielt seinen Liebsten davon Schnaps zu bestellen. Zu Recht. Bis zum nächsten Konzert blieben uns zwei Tage Zeit und wir hatten keinen Stress. Zwei Freundinnen von Saara stießen dann noch zu uns und irgendwie waren die Mädels total angetan von mir und wir machten Blödelbilder, scherzten miteinander und die Zeit verging wie im Fluge. Gegen halb drei kündigte der Barkeeper die letzte Runde an und wir verließen die Bar. Brachten Saara noch nach Hause, da das nicht weit von hier lag und verabschiedeten uns von ihr.

„Es war so schön euch kennenzulernen…danke für den tollen Abend ihr zwei.“

Sie umarmte erst Kyo und dann mich.

„Das kann ich nur zurück geben und falls ich mal wieder hier bin, meld ich mich auf jeden Fall. Oder du kommst uns in Kyoto besuchen.“

„Wenn ich Zeit dazu habe, auf jeden Fall. Ich wünsch euch einen guten Flug und passt auf euch auf.“

„Immer doch. Gute Nacht.“

Ein letztes Winken zum Abschied, dann trennten sich unsere Wege und ich bedauerte den Abschied etwas. Dennoch freute ich mich jetzt auch auf weitere Städte. Kyo verflocht seine Hand mit meiner und wir schlenderten durch die Stadt. Genossen die Nähe des anderen und noch nie in meinem Leben hatte ich mich glücklicher gefühlt.

„Kyo…meinst Kao vermisst Zero“

„Klar tut er das, aber du kennst doch unseren Leader-sama. Lieber würde er sich die Zunge abbeißen, als das zuzugeben.“

„Ich hab mir überlegt, ob ich Zero nicht frage, ob er zu den letzten Konzerten kommen will. Dachte an Paris, London, München und Köln…was hältst du davon?“

Mein schöner Sänger zündete sich eine Zigarette an und bot auch mir eine an.

„Mh, glaub er würde sich schon freuen, nur von allein käme er nie auf die Idee…allerdings musst du dir auch bewusst machen, dass es voll nach hinten los gehen kann. Kao ist wirklich mit seiner Arbeit verheiratet und hasst es abgelenkt zu werden. Er duldet es nicht, dass uns bei Konzerten auch nur ein Fehler unterläuft…manchmal echt anstrengend, aber sonst wären wir vermutlich nicht wir.“

„Ich denke, Zero kann das ganz gut abschätzen…ich frag ihn Mal.“

Kyo warf mir ein verliebtes Lächeln zu und schüttelte den Kopf.

„Oh Kazu…es ist wundervoll, wie du dich um alle sorgst…mein zuckersüßer Schatz…ich bin so froh dich hier bei mir zu haben.“

Seine Worte berauschten mich und ich musste ihn einfach küssen.

„Zuckersüß also? Bist du jetzt auf den Geschmack gekommen?“, neckte ich ihn, doch er verstand mich.

„Oh ja…und ich habe schon ganz viele andere Ideen in meinem Kopf, wie ich dich vernaschen kann…“

„Erzähl mir mehr davon…“, wisperte ich nahe seinen Lippen und stahl mir einen weiteren sanften Kuss.

„Alles zu seiner Zeit mein Liebling…wo bleibt denn sonst der Spaß…“

„Oh Baby…du machst mich verrückt, weißt du das? Schon allein deine Worte bewirken, dass das Kopfkino einsetzt…“

„Gut so…mir geht es nicht anders…“

Ich schüttelte meine obszönen Gedanken ab und wir waren mittlerweile am Hotel angekommen. Leise schlichen wir durch die menschenleeren Gänge zu unserem Zimmer. Dort schälte ich mich aus meinen Klamotten, nachdem ich mich abgeschminkt hatte und kroch ins Bett. Kyo folgte mir wenige Minuten später.

 

Paris- Liebe bedeutet auch, Grenzen zu überschreiten

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kyos geheimer Wunsch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

eine verherende Partynacht

Nachdem wir uns angezogen hatten, begaben wir uns in Richtung Auto. Von dem Kaffee, den ich noch getrunken hatte, rumorte es ein bisschen in meinem Magen, doch mit Sicherheit lag das nicht nur am Koffein. Mein Gehirn stellte mir zum gefühlt hundertsten Mal die Frage, ob das alles gerade wirklich passierte und ob mir Kyo tatsächlich die Frage alle Fragen gestellt hatte? Nicht, dass ich jemals übers Heiraten nachgedacht hatte. Wirklich nicht. Schon gar nicht, als ich damals feststellte, dass ich mehr an Männern als an Frauen interessiert war, hatte sich diese Frage ohnehin erübrigt, weil Japan in dieser Hinsicht nicht gerade zu den fortschrittlichsten Ländern gehörte. Homoehen waren hierzulande nicht gerade weit verbreitet, aber scheinbar gab es doch das eine oder andere Schlupfloch.

Etwas nervös trommelten meine Finger auf meinen Oberschenkeln und auf einmal umschloss Kyos Hand die meine. Ich strich mit der freien Hand über seine Finger. Prägte mir jeden tätowierten Zentimeter ein. Da erinnerte ich mich daran, wie ich früher fast ein bisschen besessen alles über Dir en Grey sammelte. Insbesondere, wenn diverse Zeitschriften Mal wieder einen Artikel über die Jungs veröffentlichten. Doch hatte ich auch versucht, via Eigenrecherche, alles über meine liebste Band in Erfahrung zu bringen. Und nun saß ich hier im Auto, mit dem für mich schönsten Mann der Welt, auf dem Weg zu irgendeinem Tempel, der uns zu Mann und Mann machen sollte. Dieses Schwindelgefühl, das gerade durch meinen Körper ging, konnte ich unmöglich beschreiben. Vor wenigen Stunden noch hatten wir uns unschöne Worte an den Kopf geknallt und dann fragte mich Kyo, ob ich auf immer und ewig an seiner Seite bleiben wolle? Wie um Himmels Willen war das passiert? Mein Herz schlug Purzelbäume und jede Faser meines Körpers befand sich in diesem Zustand der endgültigen Glückseligkeit. So stellte ich mir das zumindest vor. Während ich so über alles nachdachte, bekam ich gar nicht mit, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Kyo öffnete mir die Tür und verbeugte sich kurz, nicht ohne mich bis über beide Ohren anzugrinsen. Diese Geste übertrug sich augenblicklich auf mich und ich schüttelte belustigt mit dem Kopf. Er verflocht seine Hand wieder mit meiner und wir betraten das Gelände des Tempels.

„Woher kennst du den Tempel eigentlich?“, fragte ich dann doch neugierig.

„Shinya hat mich nach meinem Suizidversuch hier her gebracht“, erklärte mir mein schöner Sänger recht knapp und ich schluckte. Dennoch schienen seine Erinnerungen an diesen Ort nicht negativ behaftet zu sein. Im Innenhof hielt er kurz inne und besah die Statur, die dort stand. Ein Mönch in Übergröße. Vielleicht der Gründer des Tempels? Kyo verharrte davor und verbeugte sich. Ich tat es im gleich, auch wenn ich nicht genau wusste, weshalb. Oder wer dieser Mann gewesen war.

„Meister Kenzo…und ich dachte schon er lebt ewig“, amüsierte sich mein Liebster ein bisschen.

„Wer war er?“

„Naja, in gewisser Weise der Mönch, der diesen Tempel ins Leben rief.“

Während wir hier so standen, näherte sich uns ein anderer Mönch. Kyo schritt ihm entgegen und einen kurzen Moment standen sich die beiden Männer gegenüber, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

„Hiro?“, fragte mein schöner Sänger dann und der junge Mönch lächelte ihn liebevoll an.

„Lang ist es her Tooru-sama…was verschafft mir die Ehre?“

Auf einmal verdunkelte sich seine Miene.

„Wann ist er von uns gegangen?“

Der Jüngere schien genau zu wissen, um wen es sich handelte und auch seine Gesichtszüge nahmen eine traurige Miene an.

„Vor fünf Jahren…nun hab ich das Kommando hier…oh wie unhöflich, ich bin übrigens Hiro“, stellte er sich mir jetzt vor und reichte mir seine Hand.

„Freut mich, ich bin Kazuki“, entgegnete ich.

„Aber jetzt spann mich Mal nicht so lange auf die Folter“, sprach Hiro wieder an Kyo gerichtet und grinste.

„Ich würde dich gerne um einen Gefallen bitten, mein Lieber.“

„Sehr gerne…benötigst du wieder einen Zufluchtsort? Du bist hier immer willkommen und ebenso deine Freunde.“

Mein Liebster zögerte einen Moment. Scheinbar fiel ihm das doch nicht so leicht. Er seufzte tief.

„Würdest du uns trauen? Ich weiß, dass das nicht dasselbe wäre, wie eine Vermählung zwischen Mann und Frau…ob du es überhaupt möchtest Hiro…aber…“

Der Mönch legte seine Hand auf Kyos Schulter und lächelte warmherzig. Dann wand er seinen Blick mir zu.

„Sehr gerne…und es freut mich, dass du jemanden gefunden hast, der dich glücklich macht…ihr beide gebt ein wundervolles Paar ab.“

„Danke“, antwortete mein schöner Mann jetzt sichtlich erleichtert. Wir folgten Hiro in das Gebäude und vereinbarten einen Termin. Dann führte er uns noch zu einem Zimmer und Kyo grinste.

„Mh, hat sich ja nicht viel verändert.“

„Wenn ihr wollt, können wir hier auch gern eine kleine Feier ausrichten. Weißt du schon, wie viele Leute kommen werden?“

„Ich denke nicht mehr als zehn Gäste…oder Kazu?“

Mein Gehirn war gerade unfähig zu denken und deshalb nickte ich nur. Es passierte also wirklich?

Wir verabschiedeten uns und als wir wieder am Auto ankamen, fiel ich meinem schönen Sänger um den Hals. Umarmte ihn und spürte die Tränen, die meine Wangen benetzten.

„Alles in Ordnung mein Liebling?“, fragte Kyo etwas besorgt und ich nickte nur. Ich versuchte mich wieder zu fangen.

„Es ist nur…ich kann das gerade nicht glauben…du und ich für immer?“

„Ja, du und ich für immer…Kazuki…nichts hat sich jeh richtiger angefühlt. Naja…bis auf die Gründung von Dir en Grey…ich will dich haben. Immer, weil du mich glücklich machst. Und du bist schuld, dass sich das Wort süß wieder in meinem Wortschatz befindet, doch das bist du mein Schatz, unglaublich süß…“

Mir entfuhr ein Lachen zwischen dem ganzen Geheule.

„Ich glaube mein Körper dreht gerade völlig durch…ist etwas überfordert mit all dem, aber okay…“

„Komm mal mit“, erwiderte Kyo und griff nach meiner Hand. Wir gingen ein Stück und kamen zu einer Wiese, liefen noch ein bisschen weiter und endeten bei einer alten verwitterten Bank, versteckt an einem kleinen Teich, den das Schilf rings herum fast verbarg. Mein schöner Mann setzte sich hinter mich und ich ließ mich gegen ihn sinken. Genoss die frische Brise und die warme Sonne, die jetzt hinter den Wolken hervor kam. Ich schloss die Augen einen Moment und bekam eine leichte Gänsehaut, als Kyos kühle Hand unter meinen Pulli schlüpfte und meinen Bauch streichelte. Sie wanderte noch ein Stück höher und ruhte auf meinem wild pochenden Herzen. Seine Brührungen drückten reine Zuneigung für mich aus und hatten keinerlei sexuelle Hintergedanken. Seine Lippen streiften meinen Hals und ich hielt die Augen noch immer geschlossen. Zarte Küsse verteilte er auf meiner Haut und so langsam reagierte mein Körper dann doch etwas mehr. Ich konnte seinen Liebkosungen einfach nicht lange standhalten, weil ich beim besten Willen nicht der Typ für Streicheleinheiten und Kuschelsex war.

„Oh Kazu, ich liebe es so sehr, wie dein Körper auf meine Berührungen reagiert…du fühlst dich so pfirsichweich an…doch dann deine süßen Nippel, an denen ich kaum vorbeikomme, auch wenn ich dich gerne nur stricheln würde…“

Und kaum hatte er das gesagt, streiften seine Finger meine mittlerweile harten Brustwarzen und ich biss mir leicht auf die Unterlippe.

„Fuck…Kyo…dir ist schon klar, dass du mich schon wieder verdammt geil machst…“, wisperte ich gegen seinen Hals.

„Jaaa und ich kann nicht anders…kann meine Hände einfach nicht von deinem schönen Körper lassen…selbst Schuld, wenn du dich gerade auch an den Stellen piercen lässt, die ich ohnehin ziemlich erregend finde“, sagte er und zog kleine Kreise über meiner Körpermitte. Ich biss mir doller auf die Unterlippe, weil ich es kaum mehr aushielt. Er fuhr die Konturen nach und öffnete den Knopf meiner Hose. Sogleich zeigte sich meine erregte Spitze.

„So wunderschön…ab jetzt verbiete ich dir übrigens jemals Unterwäsche zu tragen…“, hauchte er mir zu und ich streckte meine Arme nach hinten aus, fing ihn ein und zog ihn in einen Kuss. Seine schlanken Finger an meinem Schwanz und seine Zunge, die meine jagte. Ich stöhnte in den Kuss, als Kyos Hand tiefer in meine Hose glitt.

„Oh ja, stöhne für mich…ich will mehr davon hören Süßer.“

Und als er das sagte, bewegte sich seine Hand auf und ab. Sein Daumen umkreiste meine Eichel und ich verging fast vor Lust.

„Ahhh Kyo…ich komm gleich…du machst mich so verflucht heiß…“, keuchte ich und spürte, wie er in den Kuss grinste. Er musste seine Finger nicht schneller bewegen, denn seine Berührung hatte eine solche Intensität, dass es mich anders als sonst mitriss. Es erstaunte mich immer wieder auf’s Neue, dass er genauestens zu wissen schien, was er tat oder wo er mich anfassen musste.

„Ja…komm für mich…“

Und das tat ich dann auch, mit einem erstickten Laut. Und bevor ich mich in seiner Hand ergoss, öffnete er meine Hose noch en Stück mehr, damit diese nichts ab bekam. Aus seiner Jackentasche zauberte mein Liebster eine Packung Taschentücher und säuberte mich. Ich erhob mich, um meine Hose wieder hoch zu ziehen. Kyo grinste mich ein wenig selbstgefällig an. Ich legte den Kopf etwas schief und warf ihm einen fragenden Blick zu.

„Das ist mir neu…“

„Was ist dir neu?“

Eine kaum merkliche Röte zierte seine Wangen und ich musste schmunzeln.

„Naja…das ist auch eine Art von Unterwürfigkeit, die mich befriedigt. Dich an mehr oder minder öffentlichen Orten ein bisschen heiß zu machen…zu sehen, dass du in meinen Händen wie ein Stück Butter zerfließt. Das hatte ich vorher noch nie Kazu…ich fand alle meine Affären oder Partner zwar toll und so, aber du? Dass ich meine Finger nicht von dir lassen kann, meine ich ernst und es gibt mir so viel, wenn du so reagierst wie eben.“

Ich machte es mir auf Kyos Schoß bequem, nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und küsste ihn.

„Dann weiß ich ja, was ich zu tun habe“, erwiderte ich und küsste ihn sanft.

„Lass uns zurück fahren…laden wir die Jungs ein und verkünden die frohe Botschaft?“

Ich nickte.

 

Zu Hause bereiteten wir eine Auswahl an Snacks vor und gegen fünf Uhr Nachmittags trudelten unsere Freunde ein. Ich hatte meinen Pulli gegen eines meiner bauchfreien Tops eingetauscht, da in unserer Wohnung eine mollige Wärme herrschte. Der Abend zog sich ein bisschen hin, mit netten Gesprächen und am liebsten hätte ich allen sofort erzählt, dass Kyo und ich verlobt waren, doch ich wollte nichts ohne sein Einverständnis tun. Sota und ich gingen auf den Balkon, eine rauchen und er grinste mich an, wie ein Honigkuchenpferd.

„Willst du mir irgendwas sagen?“, fragte ich belustigt und schon ein wenig angetrunken.

„Der Sex mit Shinya ist der Wahnsinn…hätte nicht gedacht, dass er so fordernd sein kann.“

Ich prostete ihm zu.

„Was hab ich dir gesagt?“

„Jaja…ich weiß…darf ich dich was fragen?“

Ich nickte und steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen.

„Wie ist es gerade bei euch? Ich meine…ich weiß ja, dass du ungern der unterwürfige Part bist, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Kyo keine Dominanz zeigt.“

Ich musste lachen.

„Tja…es ist genau so…ein aufregender Machtkampf, wer denn jetzt nun die Oberhand hat und wer nicht…naja weitaus mehr…ich gebe mich schon hin und wieder geschlagen, weil mich Kyo komplett verrückt macht…aber ich versuche, dass meine Dominanz nicht ganz untergraben wird…“

„Leider ohne Erfolg…armer kleiner Kazuki, du bist mir hoffnungslos verfallen…bist mir willenlos untergeben…und dir gefällt es, nicht wahr?“

Kyos Stimme an meinem Ohr hinterließ ein leichtes Kribbeln und seine Worte? Naja, was die bei mir bewirkten, muss ich ja kaum laut aussprechen.

„Ja und du bist der Teufel persönlich…“, antwortete ich, ohne mich umzudrehen.

„Wolltest du Sota nicht etwas sagen?“

Jetzt drehte ich mich doch zu meinem schönen Sänger, doch er lächelte mich nur an.

„Ähm…Sota-chan…ich wollte dich fragen, ob du mein Trauzeuge sein willst…weil, ich hab meinen liebsten Kyo nämlich doch ein bisschen in der Hand, ob er will oder nicht…und naja, er ist mir mindestens genauso verfallen…also?“

Der leicht bestrafende Biss in meinem Hals ließ mich zusammenzucken. Ich wusste, dass Kyo es nicht so sehr mochte, wenn man ihn vor anderen als schwach bezeichnete, doch Sota war nun Mal mein bester Freund und vor ihm wollte ich das nicht geheim halten. Diesem blieb im Übrigen der Mund offen stehen. Und weil es einfach passte und als hätte er uns gehört, gesellte sich auch Shinya zu uns. Der Drummer musterte uns alle und fragte seinen Sota, weshalb er uns so verdutzt ansah. Mein Freund zeigte nur mit dem Finger zuerst auf mich und dann auf Kyo, ohne ein Wort über die Lippen zu bekommen. Mein schöner Sänger löste sich von mir und tat einen Schritt auf Shinya zu. Plötzlich veränderte sich seine Miene und seine Gesichtszüge wurden weicher, so wie ich sie auch kannte. Nur Sota schien mit all dem einfach völlig überfordert zu sein.

„Shin-chan…ich war mit Kazu heut beim Tempel…weißt du noch, was du mir damals dort gesagt hast?“

„Wie könnte ich das jemals vergessen…und sie dich an, du hast dein Glück gefunden.“

„Das ist wahr und ich würde es gern behalten…für immer…Hiro würde die Trauungszeremonie übernehmen…und es wäre mir eine Ehre, wenn du mein Trauzeuge bist…weil auch dir habe ich dieses Glück zu verdanken…“

Sota legte seinen Kopf auf meine Schulter und ich legte meinen Arm um ihn.

„Ist das ein ja?“, fragte ich und er nickte.

„Ja…natürlich…ich bin nur gerade echt geflasht…ich freue mich so für euch und diese Seite an Kyo ist so wundervoll…“, flüsterte er mir zu. Shinya schlug die Hände über seinem Mund zusammen und schien sichtlich mit einem heftigen Gefühlsausbruch zu kämpfen. Das konnte ich nur zu gut nachvollziehen. Kyo nahm seinen Freund in die Arme und die beiden flüsterten sich irgendwas zu, dann löste sich mein schöner Sänger, schnappte Sota am Arm und zog ihn mit sich.

„Ich glaub ihr beiden solltet kurz reden.“

Der Diru Drummer schien den Tränen nahe, doch er weinte vor Freude und fing sich langsam wieder.

„So ähnlich ging es mir heute Morgen auch…ich kann es noch immer nicht glauben.“

„Wie ist das passiert?“, fragte Shinya mit etwas erstickter Stimme. Ich zündete mir noch eine Zigarette an.

„Naja…nach unserem Streit hat er so gesagt, dass es eine Möglichkeit gäbe, wie er solche Ausbrüche vermeiden könnte…und das ist, wenn wir heiraten…oh fuck, das klingt echt schräg…aber ich wünsche mir nichts mehr und ich werde stark sein…wenn es sein muss auch für uns beide…“

„Kazu, ich mag dich, das weißt du hoffentlich, aber bist du dir da ganz sicher? Sowas wie gestern kann immer wieder vorkommen. Mal weniger schlimm Mal extrem…es könnten auch Zeiten nahen, wo das extrem überwiegt…ich meine, ich weiß wovon ich spreche, weil ich es kenne und ich möchte dir die Hoffnung nicht nehmen. Nur jetzt sind wir schon so weit, doch ich habe ab und zu noch immer Angst um ihn. Ich fürchte auch, diese Angst bleibt und verzeih mir meine Vorsicht, aber ich möchte am Ende nicht, dass ihr beide ins Verderben stürzt.“

Ich ergriff die Hand des Drummers und drückte diese.

„Shini…ich weiß was du meinst und ich gebe dir hier und jetzt mein Versprechen, dass es nie mehr soweit kommt. Ich meine, ich kann nicht versprechen, dass es nicht zu Konflikten zwischen Kyo und mir kommt…aber ich werde ihn niemals aufgeben…ich weiß alles über seine Vergangenheit…jedes Detail über Kami und Juka…wie es ihn fast zerstört hätte und, dass er Juka vergewaltigt hat…sich anschließend umbringen wollte…Shin, Kyo hat mir alles erzählt und ich weiß, dass ihn das viel Kraft gekostet hat…ich hab am letzten Tourtag Bilder auf seinem Laptop gefunden, von Kami und Juka…deshalb kam es zum Streit und er wollte mir weis machen, dass ich ihn nicht liebe, ihn ausnutze und schlimmeres. Ich war kurz echt am Boden und war versucht das Handtuch zu werfen…aber nachdem ich kurz mit dir gesprochen habe, wusste ich, dass ich das nicht kann. Ich werde ihn niemals allein lassen oder ihn verlassen. Mir ist es egal, was vor mir passiert ist. Jetzt gehört Kyo zu mir…“

Der Drummer lachte ein bisschen zwischen den ganzen Tränen und zog mich in eine sanfte Umarmung.

„Ich weiß noch nicht genau wie, aber du hast ihn ganz schön in der Hand, weißt du das?“

„Ich weiß…aber das würde er niemals zugeben.“

„Natürlich nicht. Aber ich lasse ihm gern den Glauben, dass er der dominante Part in unserer Beziehung ist…dabei merkt er gar nicht, dass ich das nur tue, weil ich es will…doch ich könnte ihn auch rumkriegen.“

„Das bezweifle ich nicht…ich bin ja froh, dass sich das mit Sota erübrigt hat…er ist das eine Mal völlig ausgeflippt, wegen eurer Vergangenheit eben…ja Tooru ist sehr besitzergreifend“, sagte Shinya schon fast etwas besorgt.

„Dann haben wir wohl etwas gemein…mir geht es ähnlich Shini…wenn ich mitbekomme, wie ihn die Fans anhimmeln und, was sie alles sagen, könnte ich ausflippen…ich will nicht, dass ihn jemand anderes hat oder anfasst!“

„Dann habt ihr euch ja scheinbar gesucht und gefunden…ich bin so froh Süßer…es wird wundervoll und ich freue mich schon.“

Ein leicht angetrunkener Kyo gesellte sich wieder zu uns, küsste mich kurz und zündete sich eine Zigarette an.

„Hallo schönster Mann…lässt du Shini und mich kurz allein?“

Diese Worte brachten mein Herz zum Schmelzen und ich grinste ihn nur voll verliebt an.

„Klar.“

 

„Machst du dir noch immer Sorgen?“

Der Drummer schüttelte heftig mit dem Kopf und wischte sich die Tränen weg.

„Nein…ich kann es nicht glauben, dass ich dich zurück habe…lange befürchtete ich, dieser Tag kommt nie mehr…tut mir leid.“

„War ja nicht ganz unbegründet, ich kann es selbst kaum fassen…aber Kazuki ist…ich weiß nicht…ich liebe ihn so sehr Shin-chan.“

Dem Größeren entfuhr ein herzhaftes Lachen und freundschaftlich legte er die Hand auf die Schulter seines Sängers.

„Warst du es nicht, der Mal hoch und heilig beteuert hat, dass er nie etwas mit einem Fan anfangen würde?“

Kyo rollte mit den Augen.

„Halt einfach die Klappe…und Kazu ist weit mehr als das…“

„Ich weiß doch und er hat dich ganz schön in der Hand“, witzelte Shinya und heimste sich somit einen Klaps auf dem Hinterkopf ein.

„Shini, das Verrückteste ist wirklich, dass er mich zu verstehen scheint…mich schätzt, toleriert und trotzdem liebt. Also nicht nur, weil ich der Sänger von Dir en Grey bin meine ich…da ist so viel mehr…Gefühle, die ich weder bei Kami noch bei Juka verspürt habe.“

Der Drummer grinste süffisant.

„Mh, der Kleine scheint wahrhaftig zu wissen, wo deine Schwachstellen liegen.“

„Ja, das tut er, doch es fühlt sich so richtig an.“

„Das ist doch die Hauptsache…und…natürlich bin ich dein Trauzeuge…willst du es den anderen heute auch erzählen?“

Kyo nickte und zündete sich noch eine Zigarette an. Erfreut klatschte Shinya in die Hände.

 

Zero winkte mich zu sich, als ich wieder rein kam und zog mich kurz vor die Tür. Dort wedelte er mit einem Joint vor der Nase herum.

„Na, hast du Bock?“

Da ich früher hin und wieder gekifft hatte, sagte ich nicht nein dazu. Mein Freund zündete die Zigarette besonderer Art an, nahm ein paar Züge und reichte sie mir dann. Doch da ich schon lange kein Gras mehr konsumiert hatte, stieg mir die Droge schnell zu Kopf und versetzte mich in dieses schwerelose alberne Gefühl. Wir kicherten über alles Mögliche, dazu noch der Alkohol, eine durchaus amüsante Kombination. Doch plötzlich wurde die vordere Haustür geöffnet und Sota stand vor uns.

„Ich glaub dein Verlobter sucht nach dir“, kam es über seine Lippen und Zero schaute mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Überraschung an.

„Waaaaaas? Wie jetzt?“

„Jaaaa, ich werde meinen schönen Kyo heiraten“, flötete ich und merkte, wie ich ziemlich schwankte, als ich mich erhob.

„Okay….krass…was sagt man da, herzlichen Glückwunsch?“, kicherte der andere Bassist und ich auch musste schon wieder lachen. Sota schaute etwas skeptisch zwischen uns hin und her. Ich zog Zero hoch und wir torkelten wieder zurück ins Wohnzimmer. Ziemlich berauscht ließ ich mich neben Kyo fallen und auch mein schöner Sänger beäugte mich etwas skeptisch. Und meine etwas verklärten Augen sprachen wohl Bände. Doch noch bevor er meckern konnte, küsste ich ihn.

„Kazuki…“, nuschelte er in den Kuss und schob mich leicht von sich.

„Was hast du mit Zero getrieben?“

Etwas schuldbewusst zuckte ich mit den Schultern.

„Ich weiß, dass er ab und zu kifft…also…allerdings muss das nicht zur Gewohnheit werden…“, mahnte er mich und ich nickte nur.

„Er hat es übrigens mitbekommen, fehlen also noch Die, Toshi und Kaoru…“

„Na schön…jetzt oder nie“, sagte mein schöner Sänger und sammelte alle seine Schäfchen um sich und bat um ihre Aufmerksamkeit.

„Wie ihr alle wisst, bin ich keiner, der große Reden schwingt und doch muss ich euch was sagen…doch zuvor möchte ich euch allen hier danken, dass ihr mich all die Jahre unterstützt, ertragen und nie aufgegeben habt…ihr wisst, wie schwer ich mich tue, meine Gefühle vor anderen zu offenbaren und doch gibt es einen Menschen in diesem Raum, der immer wieder an der Oberfläche gekratzt hat. So lange, bis er in die Tiefe meiner Seele drang…“

Mein Herz setzte für einen Moment aus und ich biss mir heftig auf die Unterlippe, um nicht schon wieder loszuheulen. Warum auch fand Kyo immer so rührende Worte, die mich völlig aus der Bahn warfen?

„Ich wollte euch einfach nur mitteilen, dass ich meinen Kazuki nie mehr hergeben werde, komme was wolle und deshalb muss ich ihn zu meinem Mann machen…“

Liebevoll zog mich mein schöner Sänger an sich und im Raum herrschte komplette Stille. Nur das Geräusch unseres Kusses brach diese.

„Und ich wäre ein ziemlicher Idiot, wenn nicht ja gesagt hätte“, sagte ich grinsend in die Runde und lehnte mich an Kyos Schulter. Noch immer brachte keiner der Jungs ein Wort über die Lippen, doch als ich loslachte, musste auch Zero kichern. Die und Toshiya knuddelten erst ihren liebsten Sänger und dann mich, nur der Diru Leader hielt sich sehr bedeckt. Das Lächeln auf seinen Lippen drückte zwar seine Freude aus, doch etwas schien ihn zu beschäftigen. Auch dem Ex D’espairsRays Bassisten schien das nicht zu entgehen und deshalb flüsterte er ihm irgendwas zu. Kyos ruhiger Blick lag auf seinem Leader und irgendwie schien mein schöner Sänger der Einzige zu sein, der hinter Kaorus Fassade zu blicken vermochte.

„Wow…tut mir leid Leute, mehr fällt mir dazu gerade nicht ein…diese Information überrollt mich völlig.“

Kyo erhob sich, ging auf seinen Freund zu und zog ihn hoch. Dann umarmte er ihn.

„Schon okay…ich kann es selbst noch nicht glauben, dass ich das tatsächlich tue…aber Kao…das ändert nichts. Ich kenn doch deine Gedanken und weiß, was gerade in deinem Kopf vor sich geht…ich gebe uns trotzdem nicht auf. Ihr seid meine Familie, das wird sich nie ändern und solange ich noch stehen kann, werde ich mit euch auch auf die Bühne gehen…was anderes kann ich gar nicht und will ich auch nicht können…“

Er ließ wieder von seinem Leader ab, blieb jedoch stehen.

„Und jetzt, gehen wir feiern?“, warf mein Liebster amüsiert in Runde und stieß natürlich auf Begeisterung.

 

Wir fuhren mit der Metro zum Club und scheinbar schienen die Jungs hier keine Unbekannten zu sein, denn sobald der Security die Band erblickte, winkte er und führte uns zu einem separaten Eingang. Von dort führte eine breite Treppe mit, die mit einem roten Teppich überzogen war nach oben. An der Wand hingen kerzenleuchteratige Lampen, die ein romantisches Licht spendeten. In der VIP- Lounge befand sich eine Bar und man konnte durch die Lautsprecher die Musik vom Club unten gut hören. Außerdem standen hier noch zwei Stehtische und ein paar Sessel sowie Sofas und kleine Tische. Einen weiteren Vorteil hier begrüßte ich ebenso, denn es war erlaubt zu rauchen. Alle wollten tanzen gehen, nur Kyo nicht.

„Warum gehst du dann hier her, wenn du nicht tanzt?“, fragte ich verwundert und er zog mich auf seinen Schoß.

„Vielleicht schau ich einfach gern zu“, gab er grinsend zu. Da ertönte plötzlich ghost hotel von 8P-SB durch die Lautsprecher und ich erhob mich blitzschnell, drückte Kyo einen Kuss auf den Mund und rannte auf die Tanzfläche. Sota und Die freuten sich und wir bewegten und gemeinsam zum Takt der Musik. Mein bester Freund und ich grölten aus vollem Hals mit, da wir heimliche Liebhaber von den Ex Mejibray Members waren, vor allem von Koichi und Tzuzuku. Durch meinen Pegel ging ich mehr aus mir raus als sonst und spürte, wie mir der Schweiß den Rücken hinab floss. Der Beat der Musik trieb mich und augenblicklich schwebte vor mir wieder ein Drink, den ich ergriff und Sota zuprostete. Ich wackelte mit den Hüften und zog den einen oder anderen Blick auf mich, was ich jedoch sichtlich genoss und mit einem Mädel lieferte ich mir auch einen Tanzbattle, den ich natürlich gewann und mir einen kleinen Applaus einheimste. Von der drohenden Gefahr bekam ich nichts mit und so auch nicht die anzüglichen Blicke von dem Mann an der Bar. Ziemlich betrunken schwankte ich zu den Toiletten, sah im Augenwinkel, wie mir jemand folgte, doch das war ja an sich nichts Ungewöhnliches. Das Licht hier war noch schummriger als im Club und nachdem ich meinen Toilettengang beendet hatte, machte ich mich ein wenig frisch. Dann passierte es. Viel zu schnell und ohne, dass ich wirklich Zeit hatte, darüber nachzudenken. Ich wurde wieder in die nicht mehr ganz so saubere Klokabine gedrückt und mit dem Rücken gegen die Wand gepresst, was bedeutete eine Flucht war ausgeschlossen. Mein Herz begann zu wummern und ich wusste nicht so richtig, was hier eigentlich gerade geschah. Nur nahm ich die fremden Hände, die mir doch irgendwie vertraut erschienen, auf meinem Körper wahr. Doch je mehr ich mich versuchte aus dem Klammergriff zu befreien, desto fester schien dieser zu werden. Und dann der warme Atem an meinem Hals, ein leises bekanntes Lachen und die Hände, die gezielt über die Narben meines Bauches strichen. Verflucht, was ging hier gerade ab? Hatte ich einen heimlichen Stalker?

„Du duftest noch immer betörend Kazuki“, raunte die Stimme des anderen zu mir und augenblicklich gefror mir das Blut in den Adern, weil ich diese Stimme viel zu gut kannte. Eine eisige Kälte kroch in mir empor und eine unsichtbare Hand schnürte mir die Kehle zu. Seine rauen Hände erkundeten noch immer meinen Körper und ein Gefühl des Ekels breitete sich in mir aus, sodass ich den Würgereiz nur mit Mühe und Not unterdrückte. Wobei, vielleicht wäre das die Lösung? Diesem Widerling vor die Füße kotzen.

„Meiner Meinung nach sind das viel zu viele Piercings. Ich mochte deinen bezaubernden Körper immer ohne alles. Auch die Narben hätten doch nicht sein müssen oder?“

Ich sog die Luft scharf ein und biss mir auf die Unterlippe und mir blieben nur zwei Möglichkeiten, um ihm zu entkommen.

„Mein Körper ist meine Sache…war’s schon immer“, gab ich mit erstickter Stimme zurück. Und dann schauten mich diese wütenden grauen Augen an. Auch nach all den Jahren sprühte aus ihnen noch immer die pure Verachtung. Ich schluckte.

„Das sehe ich anders…du hast mir gefehlt und wie schön du bist…trotz der Verstümmelungen…oh Kazuki, du Gott von einem Mann…“, flüsterten seine Lippen diese Worte und bei jedem anderen Kerl hätte ich mich sicher geschmeichelt gefühlt, nicht so bei ihm. Deshalb startete ich einen Versuch ihn wegzudrücken.

„Lass mich einfach gehen Kay…“

„Oh nein, sicher nicht…so lange habe ich auf diesen Tag gewartet…“

Er presste seine Lippen auf meine und erneut kämpfte ich gegen den Brechreiz an, drückte ihn weg und wollte mich aus dem Klo zwängen, doch er zog mich zurück.

„Vergiss es du kleiner Bastard…du gehst erst, wenn ich dir deinen süßen Arsch wund gefickt habe, denn das bist du mir schuldig!“, beschwerte sich mein toller Ex jetzt und nestelte an meiner Hose umher, doch mit aller Kraft stieß ich ihn von mir, wollte wegrennen, doch er bekam meine Hand zu fassen. Ich rutschte aus und es haute mich mit voller Wucht zu Boden. Ich fiel direkt auf mein Knie und sofort durchzuckte mich dort, wo ich aufgeschlagen war, ein stechender Schmerz. Der Versuch aufzustehen missglückte, denn im selben Moment traf mich sein Körpergewicht und ich wurde unsanft gegen dir harte Wand geschleudert. An den Beinen zog mich Kay wieder zu sich und lag auf einmal über mir.

„Spürst du das? Mein Schwanz will dich…“

„Ich ihn aber nicht…es ist vorbei…für immer. Ich bin vergeben Kay!“, stotterte ich und spürte seine Härte an meinem Oberschenkel. Wieder musste ich würgen und dieses kleine Manöver reichte, um mich unter ihm vor zu rollen. Ich humpelte zum Waschbecken und übergab mich. In dem Moment hörte ich meinen Namen von irgendwoher. Jemand rief nach mir oder suchte mich. Doch schon umfing mich diese widerwärtige Gestalt meines Exfreundes erneut, da flog die Tür auf und er wurde von mir weggezogen. Die! Von da an bekam ich nichts mehr mit, weil ich zu Boden sank und nur noch heulte. Das war einfach zu viel. Viel zu viel. Ich erschrak furchtbar, als sich zwei Arme um mich legten und schaute panisch auf, durch den Schleier aus Tränen, doch dieses Gesicht war mir mehr als Bekannt. Jetzt ließ ich los, sank gegen meinen wunderschönen Mann und krallte mich in sein Shirt. Kyo zog mich hoch, wischte mir die Tränen weg und legte mir seine Jacke über. Auf dem schnellsten Weg verließen wir den Club und fuhren mit dem Taxi nach Hause. Mein Liebster stützte mich die ganze Zeit, da mein Knie noch immer schmerzte.

 

Zu Hause angekommen, entblößte ich mich und warf alle meine Klamotten in die Wäsche. Dann drehte ich das Wasser der Badewanne auf und stieg sogleich hinein, um mich zu waschen. Diesen Dreck musste ich einfach von mir schrubben, nichts durfte von seinen schändlichen Berührungen übrig bleiben. Und in meinem Wahn kratzte ich mir sogar die Arme blutig. Ich wollte, dass es weg ging. Diese Erinnerung verschwand und als hätte er mich erhört, umklammerten mich Kyos starken Arme.

„Kazu…nicht…das tut dir nicht gut mein Süßes. Komm her, ich bin ja da…“, flüsterte er mit fester beruhigender Stimme und allmählich beruhigte sich mein Körper. Seine Wärme erreichte jetzt auch meinen Körper, doch ich schluchzte noch immer. Behutsam und ganz vorsichtig wusch er mich, drehte mich um, da ich noch immer Make-up im Gesicht hatte, wenn auch sehr sehr verschmiert. Als ich scheinbar sauber war, zog mich Kyo wieder an sich und ich versuchte mich ein bisschen zu entspannen. Sanft strichen seine Finger über meinen Rücken. Noch immer rannen vereinzelte Tränen meinen Wangen hinab und meine Unterlippe schmeckte ein wenig nach Blut, weil ich die ganze Zeit darauf herum kaute.

„Kyo…ich…ich wollte nicht…“, stotterte ich wie unbeholfenes Kind.

„Shhhh…es ist alles gut…komm erst Mal runter…“.

Still weinte ich noch vor mich hin und schließlich wurde ich von meinem schönen Sänger aus dem mittlerweile lauwarmen Wasser bugsiert, abgetrocknet und ins Bett getragen. Dort kuschelten wir uns unter die Decke.

„Halt mich ganz fest…“, flüsterte ich kaum hörbar.  

 

Lang hielt ich es jedoch nicht aus, zu sehr quälten mich die längst vergangenen Erinnerungen sowie die Bilder der letzten Stunden. Wie immer, wenn es mir nicht gut ging und ich mich so nah an der Grenze zur Selbstzerstörung befand, brauchte ich etwas, woran ich mich klammern konnte. Ich suchte mir eine von Kyos Unterhosen zum Anziehen und seinen Pulli, der über dem Stuhl im Schlafzimmer hing und zog die Klamotten an. An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Leise schlich ich auf Zehenspitzen zum Wintergarten, nahm meine Gitarre mit und spielte ein bisschen. Lenkte mich ab, um nichts Dummes zu tun. Irgendwann kochte ich mir einen Tee, weil es mich fröstelte, doch mir kam es nicht in den Sinn eine Decke zu holen.

Ich lehnte am Fenster in der Küche und rauchte. Mein Gehirn war nicht in der Lage die letzten Stunden auszublenden, so tief trafen mich diese unschönen Erlebnisse. Ich gesellte mich wieder zu meiner Klampfe, fühlte mich irgendwie müde, doch fand keine Ruhe.

„Das klingt wunderschön“, kam es auf einmal aus der Richtung vom Wohnzimmer und Kyo schritt im Morgenmantel zu mir. Im Schneidersitz ließ er sich mir gegenüber nieder.

„Sorry, wollte dich nicht wecken“, entschuldigte ich mich so halb, doch er lächelte.

„Es gibt schlimmere Methoden geweckt zu werden…Kazu…möchtest du vielleicht über das, was da im Club passiert ist, reden?“

Heftig schüttelte ich mit dem und legte mein Instrument beiseite.

„Ich…ich kann nicht…“

Mein schöner Sänger seufzte, doch sein ruhiger Blick lag auf mir.

„Mh, ich weiß…doch das ist wichtig. Ich mach mir nur Sorgen und kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir redest.“

„Es geht vorbei…“

„Nein Süßer, das wird es nicht und das weißt du. Komm mal zu mir“, bat er mich und ich ließ mich auf seinem Schoß nieder.

„Kazuki, bitte!“

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich vergrub mein Gesicht in den Händen.

„Ich hab das noch keinem erzählt…“, flüsterte ich und spürte seine warmen Finger, die zaghaft über meine Wange strichen.

„Und genau deshalb ist es wichtig…Süßer, ich weiß wie schwer es dir fällt, aber ich verspreche dir, danach geht es dir besser.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte ich unsicher.

„Ich spreche aus Erfahrung…“

Ich zog die Kapuze von Kyos Pulli auf und vergrub mich noch mehr in dem Kleidungsstück meines Freundes, als würde das etwas ändern.

„Das war…mein Ex…“, begann ich schließlich mit zittriger Stimme und hielt die Tränen nicht auf, die meine Wangen benetzten.

„Hat er dir weh getan?“

Ich nickte und schluckte schwer.

„Doch nicht nur körperlich…am meisten psychisch…Kyo…er ist an allem Schuld…er hat alles zerstört…“, schluchzte ich jetzt heftiger und ließ mich gegen meinen schöner Sänger sinken.

„Und weiter? Was hat er zerstört Kazu…?“

Ich versuchte mich wirklich zu fangen, wischte mir die Tränen weg und schaute meinen Kyo an.

„Ich muss von vorne beginnen…witziger Weise haben wir uns bei nem Dir en Grey Konzert kennengelernt…ich ging damals allein, weil keiner mitwollte. Dort traf ich Kay…was soll ich sagen, er hatte Charme, Witz, sah umwerfend aus und ich merkte zum ersten Mal, dass ich vermutlich nicht auf Mädels stehe. Wir gingen anschließend noch was trinken, quatschten und tauschten Nummern aus. Lange Rede kurzer Sinn, ich hatte mich in ihn verliebt und auch er merkte das wohl und gestand mir, dass auch er Gefühle für mich entwickelt hatte. Unsere Treffen fanden mehr heimlich statt und meinen Eltern erzählte ich nur, wir seien Freunde. Er weihte mich in die Liebeskünste ein und wir waren glücklich…eines Tages wollte er meine Eltern kennenlernen, doch ich hielt das für eine blöde Idee, denn meine Familie verabscheute Homosexualität…doch er belaberte mich, redete mir Mut zu, schließlich willigte ich ein und seitdem kam er immer öfter mit zu mir…übernachtete auch hin und wieder da, ohne dass meine Eltern Verdacht schöpften. Mich störte es auch nicht, dass wir das alles heimlich taten, im Gegenteil, irgendwie war es aufregend…“

Ich hielt inne, weil jetzt der schlimme Teil folgte, der mein Leben völlig kaputt gemacht hatte. Kyo nahm meine Hand und sein stummer Blick bat mich ohne Worte fortzufahren. Ich nickte.

„Wir saßen alle beim Essen…das heißt meine Eltern, meine drei Schwestern, Kay und ich…da wand er sich plötzlich an meinen Vater und sagte…fuck, ich kann das nicht…“, wehrte ich mich und grub meine Fingernägel in die Handflächen. Kyo nahm mein Gesicht zwischen seine Hände.

„Schau mich an…ich bin da…immer und ich will, dass du es aussprichst, um damit abschließen zu können. Ich hab dir damals vertraut, als ich dir alles über Juka und Kami erzählt hab und so möchte ich jetzt, dass du mir vertraust…bitte.“

„Er…er hat gesagt“, fuhr ich mit belegter Stimme fort „wissen Sie eigentlich Nakamura-san, dass Kazuki-chan auf Männer steht? Also ich meine damit, dass seine Liebe eher dem männlichen Geschlecht zugetan ist…ich versuche dauernd ihm das auszureden, weil das so gar in unser Weltbild passt.  Ich war mir nicht sicher, ob das gerade wirklich passierte…mein Vater schaute mich zornig an und auch meiner Mutter war dieses Geständnis so gar nicht Recht…seit diesem Tag hat mich meine Familie behandelt wie einen Ausgestoßenen…ich gehörte nicht mehr dazu…und Kay? Tja, der hatte mich trotzdem noch voll in der Hand, log das blaue vom Himmel und es gab nur eine Möglichkeit, wie ich ihn loswurde…da er immer beteuerte, wie toll er meinen makellosen Körper fand…begann ich mich selbst zu schneiden…mit Erfolg, denn zu verlieren gab es nichts mehr. Denn das hatte er mir ja bereits genommen…“

Kyo zog mich an sich und hielt mich einfach nur fest. Ich weinte bitterlich, weil ich dieses Gefühl nicht ertrug. Zu tief hatte sich der Schmerz in meine Seele gefressen.

So saßen wir eine ganze Weile da und die Liebe und die Wärme meines schönen Sängers war gerade das einzige, was mich noch am Leben hielt. Es hatte mich viel Überwindung und jede Menge an Kraft gekostet ihm das zu erzählen. Deshalb fühlte ich mich ausgelaugt, leer und fast wie gefühlloser Zombie. Mein Tränen versiegten und zurück blieb nur die salzige Spur auf meinen Wangen sowie das Brennen in den Augen.

„Hast du ihn jemals gefragt, warum er das getan hat?“, fragte Kyo schließlich.

„Weil er Spaß daran fand, andere Menschen zu zerstören…Kay ist ein böser Mensch und es bereitet ihm Freude andere zu quälen“, wisperte ich und schaute meinem Liebsten nach gefühlten Stunden endlich wieder in die Augen.

„Aber jetzt ist es vorbei Kazuki. Er wird dir nie mehr weh tun.“

Wieder schluckte ich schwer.

„Ich weiß.“  

„Im Kühlschrank gibt’s noch Ramen, magst zu was essen?“

Ich zuckte nur mit den Schultern und ohne eine Antwort abzuwarten, hob er mich hoch und trug mich in die Küche. Das Band seines Morgenmantels hatte sich gelöst und nun stand er nur in Boxershorts vor mir. So schön. Mit der Hand strich er sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und auf seiner Stirn bildete sich eine kleine Sorgenfalte. Kyo griff nach dem Topf im Kühlschrank und stellte ihn auf die Herdplatte. Ich drehte am Knopf, um diesen einzuschalten und zündete mir eine Zigarette an. Mein Liebster beobachtete mich noch immer mit einer gewissen Besorgnis. Wieder öffnete ich das Fenster und lehnte mich raus. Noch immer schien mich diese Dunkelheit zu umhüllen und ich schob die Ärmel des Pullis hoch, um mein Werk der Zerstörung zu begutachten. Naja könnte schlimmer sein, immerhin würden dieses Mal keine Narben zurück bleiben.

„Du musst später zur Probe oder?“

Kyo nickte.

„Möchtest du mitkommen?“

Ich nahm einen tiefen Zug und schüttelte den Kopf.

„Glaub nicht. Vielleicht frag ich Sota, ob er herkommt.“

„Das ist vermutlich keine so schlechte Idee.“

Er verschwand kurz im Schlafzimmer, um sich anzuziehen und ich tippte derweil eine Nachricht an meinen besten Freund ins Handy. Das Blubbern der Suppe lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Essen und ich holte ein Schälchen aus dem Schrank.

„Kazuki…“

„Mhh?“

„Wir könnten auch in den nächsten Wochen ins Studio, um deine Songs aufzunehmen, wenn du das noch immer möchtest.“

Ich zuckte mit den Schultern und stocherte mit den Stäbchen in meiner Schale herum.

„Ich bin nicht sicher, ob ich das noch möchte…ich glaube nicht, dass ich der Typ bin, der gern vor großen Menschenmassen auftritt…lieber halte ich mich im Hintergrund…“

Kyo schaute mich etwas irritiert an und in seinen Augen bildeten sich regelrechte Fragezeichen.

„So? Was schwebt dir denn stattdessen vor?“

Diese Frage machte mir deutlich, dass er von mir verlangte, dass ich etwas tat und obwohl ich wusste, dass er damit Recht hatte, spürte ich diesen bitteren Beigeschmack. Doch ließ ich mich nicht beirren.

„Ähm naja…ich dachte da eher an Friseur oder Make-up Artist…ich denke das ist eher mein Metier. Die Musik gehört dir…“

Endlich erreichte sein liebevolles Lächeln mein Herz und brachte es vielleicht auch ein wenig zum Schmelzen. Seine vollen Lippen hauchten einen zaghaften Kuss auf meine Stirn und er zog mich in die Arme.

„Bist du dann mein persönlicher Stylingberater?“, wisperte seine Stimme nahe an meinem Ohr, sodass ich kicherte, weil sein Atem auf meiner Haut kitzelte.

„Vielleicht? Wobei ich bezweifle, dass du Beratung brauchst.“

„Ah, sei dir da mal nicht so sicher, Kaoru kann dir bestimmt die eine oder andere Story zu meinen Fauxpas erzählen“, amüsierte sich mein schöner Sänger und auch ich musste lachen.

„Okay, ich werde ihn danach fragen…ich glaub ich esse später noch was.“

„Versprichst du mir das?“

Ich nickte und schlang meine Arme um seinen Nacken, um ihn zu küssen.

„Ja tue ich…nur irgendwie will mein Magen noch nicht so.“

„Kann ich dich jetzt allein lassen mein Süßes?“

„Denke schon…Sota kommt ja bald.“

Dieser Ausdruck in seinen dunklen Augen, so voller Liebe und Zärtlichkeit, als wollte er mir sagen, dass er mich unmöglich allein lassen kann. Mein Daumen fuhr dir Konturen seiner Lippen nach und er schnappte spielerisch nach meinem Finger. Meine Hände vergruben sich in seinen mittlerweile wieder blonden Haaren, während ich sanfte Küsse auf seiner Wange und seinem Hals verteilte.

„Versuchst du schon wieder mich vom Gehen abzuhalten?“, raunte mir Kyo zu.

„Vielleicht…“

Meine Hände wanderten weiter über seinen Nacken, am Rücken entlang unter sein Shirt und auch, wenn ich seinen Körper mittlerweile Inn und auswendig kannte, fühlte es sich himmlisch an, ihn zu berühren. Die feinen Linien der Tattoos unter meinen Fingerkuppen zu ertasten und seine definierten Bauchmuskeln, die sich leicht anspannten, als ich seinem Hosenbund näher kam.

„Trotzdem muss ich jetzt los mein Hübscher…später bekommst du eine Massage und alles, was du willst, okay?“

„Oh das klingt wundervoll…und jetzt geh, bevor ich doch noch über dich herfalle“, witzelte ich.

„Das darfst du Kao dann aber erklären.“

„Damit hab ich kein Problem.“

Kyo rollte mit den Augen, gab mir noch einen letzten Kuss und zog schließlich seine Jacke und die Schuhe an.

Ich zog über die Unterhose eine Jogginghose, setzte neuen Tee auf und rauchte noch eine Zigarette. Hoffentlich ließ sich Sota nicht zu viel Zeit, denn gerade merkte ich wieder, wie schlecht mir das allein sein bekam. Würde sich das jemals ändern? Konnte ich irgendwann Frieden mit mir schließen und die Vergangenheit begraben? Bis vor kurzem war doch alles noch so schön gewesen und jetzt überschattete wieder diese Dunkelheit mein Gemüt. Und das, obwohl ich alles hatte. Naja bis auf einen Job, doch daran arbeitete ich mittlerweile. Das Wiedersehen mit Kay hatte alte Narben wieder aufbrechen lassen, aber wollte ich mich ernsthaft davon runterziehen lassen? Ich meine Kyo wollte mich zu seinem Mann nehmen und im Gegensatz dazu sollte die Freude darüber doch überwiegen oder nicht? Da sich der Wasserkocher ausschaltete, goss ich den Tee in die Kanne und nahm diese mit ins Wohnzimmer. Sollte ich vielleicht doch noch einmal einen Therapeuten aufsuchen? Dieser Gedanke schien mir viel zu absurd. Angeschlagen fuhr ich über die Kratzer auf meinem Unterarm und schämte mich, weil ich mich schon wieder dazu hatte verleiten lassen.

Als es klingelte, öffnete ich. Sota stürmte auf mich zu und zog mich in eine Umarmung. Klar, auch er hatte mitbekommen, dass gestern irgendwas passiert sein musste.

„Oh, oh, ich kenne diesen Blick…ist alles gut?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Irgendwie schon…will aber auch nicht drüber reden.“

„Klar. Was machen wir?“, fragte mein Freund, als wir uns auf das bequeme Sofa fläzten und er seinen Rucksack entleerte.

„Dachte an bissl zocken oder irgendwas anschauen?“

Sota verteilte die Chips, Erdnüsse und die Schokolade auf dem Tisch und stellte seinen Rucksack beiseite. Ich musste ein bisschen grinsen.

„Zocken klingt super. Tekken?“

„Warum nicht.“

Ich spielte meinen Lieblingscharakter Yoshimitsu und Sota entschied sich für den Bären. Die ersten Runden verlor ich, weil ich mich erst wieder einspielen musste, doch dann schlug ich mit voller Wucht zurück und da mein bester Freund alles andere als ein guter Verlierer war, warf er mit den tollsten Kraftausdrücken um sich. Da schlug ich vor, dass wir noch ein paar andere Charaktere freischalten könnten.

„Danke, sehr nett von dir“

Ich öffnete die Chipstüte, weil ich Kyo ja versprochen hatte noch was zu essen.

„Wie läuft‘s eigentlich mit Shinya?“, erkundigte ich mich und zündete mir eine Zigarette an.

„Er ist sehr süß und zuvorkommend….ach vefickte Scheiße, schnell Kazu drück auf START…ich hab keine Lust mehr…“, murrte er und gab den Controller ab. Ich versuchte also mein Glück.

„Bleibst du hier, wenn die nächste Tour los geht?“

„Mh schätze schon…was soll ich da auch…werde es schon überleben. Oh krass, du hast den echt besiegt, Respekt. Kann Kyo mittlerweile eigentlich damit umgehen, dass wir Freunde sind.“

Gelassen zuckte ich mit den Schultern.

„Sonst wärst du sicherlich nicht hier oder?“

„Stimmt auch wieder…aber Kazu, du weißt, dass du auch mit mir über alles reden kannst oder? Ich meine wegen gestern und so…ich merke doch, dass mit dir was ist und ich bin aus demselben Grund hier, weshalb ich schon früher oft bei dir war…oder?“

„Ach und welcher Grund sollte das sein?“, fragte ich genervter als beabsichtigt.

„Weil du nicht allein sein willst…“, gab er recht leise zurück und ich seufzte.

„Du hast ja Recht…ich kann nicht allein sein, obwohl ich sowas können müsste. Was stimmt mit mir nicht Sota? Warum fühle ich mich so verflucht beschissen, obwohl ich eigentlich glücklich sein sollte?“

„Vermutlich weil gestern irgendwas passiert ist, was dich an früher erinnert hat…das ist nicht ungewöhnlich.“

„Und warum passiert dann dauernd sowas?“, fragte ich weiter und zeigte ihm meinen Arm. Sota schluckte sichtlich geschockt.

„Weil du ein großes Herz hast Kazu und das wurde wohl von gewissen Menschen ausgenutzt…deshalb tust du das…“

Verzweifelt sank ich gegen Sotas Schulter und schon wieder stiegen mir diese dämlichen Tränen in die Augen.

„Ich will das nicht mehr Sota…ich will es endlich unter Kontrolle haben, verstehst du? Dir zuliebe…Kyo zuliebe…es trifft euch doch jedes Mal genauso…“

„Dann lass es einfach Kazuki…was war denn gestern der Auslöser dafür?“

Und er stellte mir die Frage nicht so, als hätte ich die Wahl auf eine Antwort, die ein nichts enthielt.

„Mein Exfreund…er ist ein mieses Arschloch, der mich vor meiner Familie bloß gestellt hat und mich nicht gerade nett behandelte…da kam alles wieder hoch und es war so schlimm…“, schluchzte ich und Sota legte seinen Arm um mich.

„Dann ist es okay, wenn‘s dir so beschissen geht…dann darf es dir so gehen, nur lass dich von uns umsorgen…wir sind für dich da Kazu-chan…alle…lass nicht zu, dass du zu tief fällst.“

„Ich versuch’s…es ist schön, dass du da bist. Allein wäre ich wirklich komplett durch gedreht…“

„Wollen wir weiterspielen oder lieber noch was anschauen?“

„Was anschauen…meine Daumen tun langsam weh.“

Sota lachte und auch ich grinste.

„Kazu…gibt’s Bier?“

„Jepp im Kühlschrank. Bringst du mir eins mit, ich geh kurz auf’s Klo, dann können wir was aussuchen.“

Sotas Auswahl war quasi schon getroffen. Er wollte unbedingt Avatar- die Legende von Aang schauen und ich war mit dieser Auswahl zufrieden.

„Ich muss dir was gestehen.“

Fragend schaute ich meinen besten Freund an und öffnete mein Bier.

„Das da wäre?“

„Ich hab die Serie noch nie ganz bis zum Schluss geschaut.“

Ein schuldbewusstes Lächeln huschte über seine Lippen.

„Dein ernst? Oh oh, lass das bloß nicht Shini hören. Dann also los, damit auch du mitreden kannst.“

Irgendwann in der Mitte der Serie wurde ich etwas schläfrig und musste wohl weggenickt sein. Um mich herum vernahm ich leise Stimmen, doch dann nichts mehr.

Ich spürte irgendwann eine Hand auf meinem Bauch ruhen. Avatar schien noch immer zu laufen, denn die Stimmen erkannte ich. Doch Sota würde mich doch niemals da anfassen oder? Nein, da würde Kyo sicherlich ausrasten. Unter mir bewegte sich etwas und ich schätzte, dass ich mit dem Kopf auf den Beinen von irgendwem lag. Vorsichtig blinzelte ich durch einen Spalt meiner Lider und erhaschte einen Blick auf das bebrillte Gesicht meines schönen Sängers. Sichtlich interessiert verfolgte er die Handlung. Ich wünschte mir unsere Positionen wären vertauscht, da hätte ich ihn berühren können. Überall. Doch da das nicht ging, legte ich meine Hand auf die Seine und schob sie tiefer. Sogleich erschauderte mein Körper und mir entfuhr ein leises Stöhnen. Ich öffnete die Augen und Kyo grinste mich verschmitzt an.

„Na Dornröschen, genug geschlafen?“, witzelte er und am Klang seiner Stimme hörte ich, dass er wohl ein wenig zu tief ins Glas geschaut hatte. Offensichtlich schien die Probe witzig gewesen zu sein. Und leider nahm er die Hand aus meiner Hose.

„Und dein Dornröschen würde seinen Prinzen gern vernaschen“, raunte ich ihm zu und ließ mich auf seinem Schoß nieder.

„Huch…was für ein kleines Flittchen.“

„Oh ja, das klingt nach mir…aber du hast was von massieren erzählt?“

„Na gut…aber erst möchte ich dir was zeigen“, erwiderte er und zog mich mit auf die Terrasse. Dort breitete er eine Decke aus und wir legten uns darauf, sodass wir in den sternenklaren Himmel schauten.

„Willst du Mal was verrücktes hören Kazu?“

Kyo stützte sich auf seine Ellenbogen und schaute zu mir.

„Was denn?“, fragte ich ihn und drehte mich auf die Seite, sodass ich meinen Kopf mit der Hand abstützen konnte.

„Ich hab sowas noch nie gemacht…also mit einem meiner Freunde irgendwo gelegen, um die Sterne anzuschauen…“

Ich musste lächeln und fing seinen liebevollen, leicht betrunkenen Blick ein.

„Du liegst mit mir hier.“

„Und das ist sehr schön…komm zu mir, ich mag dich in meinen Armen halten.“

Ich rückte näher zu Kyo und legte meinen Kopf auf seine Brust. Sein regelmäßiger Herzschlag drang an mein Ohr und meine Hand ruhte auf seinem Bauch. Sanft streichelte ich ihn und er tat es ebenso bei mir. Zaghaft strichen seine Finger über meine Seite. Keiner von uns wagte es diese wundervolle Stille mit Worten zu zerstören. Von ganz weit hörten wir die Geräusche der Stadt. Autos, Züge und Menschen. Doch wir lagen hier in unserer heilen kleinen Welt und genossen unser Glück. Nach einer Weile hob ich den Kopf, um zu schauen, ob mein Hübscher vielleicht eingeschlafen war, doch er schaute mich an. Und da lag so viel Liebe und Vertrauen in seinem Blick, der mein Herz zum Schmelzen brachte.

„Kyo…morgen hat Juna Geburtstag…sie wünscht sich, dass ich vorbeikomme…mit dir, wenn du magst.“

„Möchtest du mich denn dabeihaben?“

„Klar. Meine Eltern sind wahrscheinlich auch da…ich glaub das wird nicht ganz leicht für mich. Meinen Vater hab eine ganze Weile nicht mehr gesehen.“

Kyo tätschelte liebevoll meine Wange und hauchte einen Kuss auf meine Nasenspitze.

„Wir gehen da zusammen hin. Soll ich mich eher als der seriöse Anzugträger oder lieber als verruchter Rockstar präsentieren?“

Ich musste lachen und verflocht meine Hand mit seiner.

„Seriöser Anzugträger? Um vor meinen Eltern seriös zu wirken, müsstest zum Anzug noch nen Schal und Handschuhe tragen, die deine Tattoos verdecken…die sind echt die absoluten Oberspießer.“

Wir lachten beide.

„Dann würden sich unsere Eltern ja blendend verstehen…klären wir das Morgen…jetzt ab ins Bett, ich hab dir noch ne Massage versprochen.“

„Okay…Kyo…ich liebe dich so sehr…“

Mein Schöner lächelte mich nur an und zog mich mit ins Schlafzimmer.

Eine Überraschung für Yuna

Yuna: Kazu, Mama und Papa kommen zum Kaffee zu mir. Ich würde mich freuen, wenn ihr auch dabei seid. Kuss Yuni
 

Ein Lächeln umspielte meine Lippen, während ich rauchend auf dem Balkon die Nachricht meiner Schwester laß.
 

Ich: Alles klar, ich denke, du kannst uns mit einplanen. Bis später.
 

Yuna: Super, ich freu mich.
 

Mein Plan war, schnell wieder zu verschwinden, sollten meine ach so tollen Eltern Anstalten machen, mich und mein Leben zu kritisieren. Doch mit Kyo an meiner Seite fühlte ich mich nicht ganz so verloren. Dieser war noch immer damit beschäftigt sich anzuziehen. Und das seit einer halben Stunde. Meine Garderobe fiel recht unspektakulär aus, zumindest für den ersten Teil des Tages, wenn wir uns in eher spießiger Gesellschaft meiner Familie aufhielten. Unter meinem Pulli trug ich eines meiner Netzoberteile, weil mein Liebster den VIP- Bereich eines Clubs gemietet hatte, in dem wir später noch feiern wollten. Eine kleine Party, um meine Schwester zu überraschen. Doch nicht nur das, Wir hatten auch einen Special-Guest eingeladen, mit dem Yuna sicherlich nicht rechnete. Und schon allein der Gedanke daran schien den Teil davor irgendwie erträglicher zu machen. Ihre Freundinnen hatte ich meinen Plan eingeweiht und sie wussten Bescheid.

Kyo trat zu mir auf den Balkon und ich musterte ihn von unten bis oben. Meine Augen weiteten sich und auch mein Herz schlug ein bisschen schneller.

„Na, ist das seriös genug?“, fragte er belustigt. Ich schüttelte nur fasziniert mit dem Kopf.

„Verflucht, sogar im Anzug siehst du zum Anbeißen aus…ich glaube du könntest mir in der Aufmachung alles verkaufen…“

Mein Liebster lachte aus vollem Halse und zog mich in einen Kuss. Das silbergrau seines Anzuges harmonierte perfekt mit dem schwarzen Hemd, welches kleine Blumenstickereien zierte. Auf die Krawatte hatte er allerdings verzichtet.

„Bist du dann bereit mein Süßes?“

Oh, wie ich es liebte, wenn er mich so nannte. Ich drückte die Zigarette aus und ging wieder ins Haus, um meine Schuhe anzuziehen. Kyo tat es mir gleich.
 

Yuna freute sich riesig uns zu sehen und empfing uns sehr herzlich. Der Rest meiner Familie war zum Glück noch nicht da und in meinem Magen rumorte es heftig, wenn ich auch nur daran dachte, dass ich ihnen sehr bald gegenüberstehen würde. Nervös griff ich kurz nach Kyos Hand und drückte diese.

„Du schaffst das“, ermutigte er mich. Wir überreichten meiner Schwester ihr Geschenk. Sofort leuchteten ihre Augen auf, als sie den Umschlag öffnete.

„Oh mein Gott, Konzertkarten für Lynch…ihr seid die besten. Danke, danke, danke…ähm könnt ihr mir vielleicht kurz helfen, Kuchen ins Wohnzimmer tragen und so? Ich bin leicht im Stress…“, entschuldigte sich Yuna. Auch ihre beste Freundin Momoka, mit der sie zusammen wohnte, half noch, sodass sich Yuna fertig machen konnte. Momoka passte auch nicht so ganz in japanische Normengesellschaft. Mit ihren violetten Haaren und den schrillen Klamotten fiel sie auf. Außerdem besaß sie unzählige Pullis oder Jacken mit Fell und Öhrchen. Ich mochte das, denn so fühlte ich mich heute noch weniger wie das verstoßene Familienmitglied. Es klingelte und mein Herz zog sich automatisch zusammen. Yuna kam aus dem Schlafzimmer gestürmt und eilte zur Tür. Wir hockten schon im Wohnzimmer und nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Momoka begrüßte meine Eltern und die Zwillinge auch eher verhalten. Mein Vater und die Zwillinge verbeugten sich mehr oder minder gezwungen in Kyos und meine Richtung. Meine Mutter kam auf mich zu und umarmte mich.

Unsere Kaffeegesellschaft war nicht gerade die kommunikativste. Als schließlich alle auf ihre halbvollen Tassen und die leergeputzten Teller starrten, half ich beim Abräumen.

„Und Sie Kyo…sind Sie ein Freund meiner Tochter? Ich fürchte wir kennen uns noch nicht“, sprach mein Vater an meinen schönen Verlobten gerichtet und ich ließ mich wieder neben ihm nieder, gespannt auf seine Antwort wartend. Er nippte an seinem Kaffee, schaute mich kurz an, doch ich nickte.

„Yuna und ich kennen uns durch Kazuki…Ihr Sohn und ich wohnen zusammen…wir sind ein Paar. Es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen Nakamura-san.“

Mein Vater feuerte einen giftigen Blick in meine Richtung, der selbst den Äquator hätte gefrieren lassen können.

„Kazuki-chan…wie kannst du uns das bloß antun? Nur Schande bringst du über die Familie“, keifte er mich an und ich schluckte. Dann spürte ich Kyos Hand auf meinem Schenkel und das gab mir neuen Mut.

„Was tue ich denn? Nur, weil ich einen Mann liebe? Was interessiert dich das, wir sehen uns ohnehin nicht mehr.“

„Mein einziger Sohn…ich fasse es nicht…“, murmelte er vor sich hin und schlug sich theatralisch mit der Hand gegen die Stirn. Kyos Griff wurde fester, doch ich warf ihm einen warnenden Blick zu.

„Papa…lass gut sein…Kazu gehört nun Mal auch zu unserer Familie und ich wollte, dass er kommt. Es ist mein Geburtstag und, wenn es euch nicht passt, könnt ihr gern gehen“, mischte sich auch Yuna jetzt ein und lächelte mich aufmunternd an.

„Ach du jetzt auch? Kind, was ist bloß aus dir geworden? Was hat er dir erzählt?“

„Er ist mein Bruder und hat mir gar nichts erzählt Mama…ich habe es einfach nur satt meinen liebsten Kazuki zu verleugnen, nur weil es euch nicht in den Kram passt, dass er auf Männer steht.“

Mein Vater biss sich heftig auf die Unterlippe und auch meine Mutter schaute betreten auf ihren Teller. Die Zwillinge hielten sich ganz aus dem Gespräch heraus und tuschelten dümmlich miteinander, während sie an ihren Handys hingen. Eigentlich ärgerte ich mich ein bisschen über mich, denn jetzt hätte ich schon gern das dumme Gesicht meiner Eltern gesehen, wenn ich mich ein bisschen auffälliger gekleidet hätte. Auch trafen mich ihre Worte nicht halb so sehr, wie ich befürchtet hatte.

„Und, was machen Sie beruflich Kyo?“, fragte meine Mutter dann, um das Gespräch irgendwie bei Laune zu halten. Ich schenkte mir Tee ein und blickte fragend in die Runde, ob noch jemand Nachschub wollte. Allerdings richteten sich vier Augenpaare auf meinen schönen Mann. Auch ich war gespannt, was er antworten würde. Gelassen, mit seiner Tasse in der Hand lehnte er sich zurück.

„Ich bin Musiker…naja, eher Komponist und Sänger…tut mir leid Ihre Erwartungen des perfekten Schwiegersohnes so vermutlich zunichte zu machen.“

Ich kniff meine Lippen zusammen, um ein Kichern zu unterdrücken. Meine Eltern schienen das zu ignorieren.

„Oh…naja, Musik ist nichts Schlechtes. Welche Art von Musik ist das denn?“, fragte meine Mutter sichtlich interessiert weiter. In dem Moment zog Kyo sein Jackett aus und da sein Hemd kurze Ärmel hatte, wurde ein Großteil seiner Tätowierungen sichtbar. Mein Vater sog die Luft scharf ein und sah ihm förmlich an, dass er vor Wut gleich überkochte.

„Schon sehr rockig. Ich wollte mich schon immer von den anderen Musikern in der Szene abheben und ich denke, das ist mir und der Band gelungen.“

„Ohhh mein Gott, ich wusste, dass ich dich irgendwoher kenne…war mir allerdings echt nicht sicher“, fiel Momoka jetzt freudig und erhitzt zugleich in unser Gespräch. Kyo lächelte das Mädchen etwas zurückhaltend an.

„Ich häng das ungern an die große Glocke…schön, wenn man mich auf der Straße erkennt…aber auch in Ordnung, wenn nicht.“

„Ich wusste gar nicht, dass du auf Männer stehst.“

Mein schöner Sänger zuckte mit den Schultern und legte seinen Arm um mich.

„Wo die Liebe hinfällt…ich hab mich nie festgelegt.“

Ich lehnte mich in die schützende Umarmung und alles wirkte irgendwie halb so schlimm. Auf einmal erhob sich meine Mutter und machte mir deutlich, dass ich ihr folgen sollte. So verzogen wir uns kurz in die Küche und mich überkam der Drang nach einer Zigarette. Etwas nervös knetete sie ihre Hände und warf mir immer wieder kurze Blicke zu, während ich sie abwartend ansah. Schließlich räusperte sie sich.

„Kazuki…ich habe mich nie in dein Leben einmischen wollen, aber das? Was hast du in deinem Leben schon erreicht? Hast du überhaupt eine vernünftige Arbeit?“

Warum musste das jetzt kommen. Als ob ich das nicht selbst wüsste und doch grämte es mich, weil mich meine Mutter damit angriff.

„Ich schaue mich gerade nach einem Job oder einer Ausbildung um, weil ich nicht sicher bin, was ich machen will.“

Sie zog die Stirn in Falten und ich sah ihr förmlich an, dass sie mit meiner Antwort alles andere als zufrieden war.

„So ein Taugenichts. Schämst du dich nicht? Dafür nicht irgendetwas erreicht zu haben? Außer deiner Vorliebe für irgendwelche volltätowierten Musiker?“

Ich biss mir auf die Unterlippe und schluckte.

„Ja, ich verurteile mich irgendwie dafür, dass ich nichts erreicht habe, aber das ist auch nicht gerade einfach, wenn man mit Anfang zwanzig aus der Wohnung geschmissen wird und auf sich allein gestellt ist…und dafür hab ich mich gut über Wasser gehalten.“

„Ach jetzt sind wir für dein Versagen verantwortlich? Das sieht dir wieder ähnlich!“

Meine Hände ballten sich zu Fäusten und meine Lunge schrie nur so nach Nikotin.

„So hab ich das nicht gesagt, nur eben, dass es nicht einfach war und manchmal auch noch nicht ist…aber ich hab alles im Griff. Gerade ist mein Leben wieder lebenswert und das lasse ich mich von euch nicht kaputt machen!“, fuhr ich sie lauter als gewollt an.

„Seit du nicht mehr mit Kay befreundet bist, lief alles aus den Rudern“, schimpfte meine Mutter weiter und bei diesem Thema schossen mir augenblicklich die Tränen in die Augen, weil ich an vorgestern denken musste. Der Schmerz wurde ein klein wenig einnehmender und kratzte an meiner verwundeten Seele.

„Du weißt nichts von Kay…er ist ein mieser Lügner und hat mich benutzt…“, erwiderte ich schwach, denn zu mehr war ich nicht fähig. So gern hätte ich das Ruder in der Hand behalten und meinen Eltern gezeigt, dass mich ihre Hasstiraden nicht mehr trafen, doch merkte ich, wie nahe mir ihre Worte gingen und ich ärgerte mich über mich selbst.

„Immerhin vergreift er sich nicht an anderen Männern…“

„Halt einfach deinen Mund und befasse dich nicht mit Dingen, von denen du keine Ahnung hast! Wenn du es genau wissen willst…er steht auf Männer und wir waren zusammen…doch er hat mich misshandelt…zwang mich zu unschönen Sachen…“, schrie ich sie jetzt an und meine Mutter erhob die Hand gegen mich, doch ich taumelte zurück. Zurück Richtung Wohnzimmer und auf einmal umfingen mich zwei schützende Arme.

„Yunaschatz, sei uns nicht böse, aber ich fürchte, wir müssen gehen. Zu Hause wartet viel Arbeit auf uns!“, meldete sich meine Mutter jetzt wieder zu Wort. Die Enttäuschung war meiner Schwester ins Gesicht geschrieben, doch sie erwiderte nichts und begleitete meine Eltern und die Zwillinge zur Tür. Mich ließen sie links liegen und hielten es nicht für nötig, sich zu verabschieden. Das traf mich kurz, doch beschloss ich diese kleine Niederlage nicht zu sehr an mich heran zu lassen. Kyo zog mich auf seinen Schoß und ich ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken.

„Alles okay?“

Ich nickte nur und wischte mir diese dummen Tränen weg, weil ich nicht schon wieder rumheulen wollte.
 

Die Zeit schritt voran und Momoka befehligte mein Schwesterchen, sich in ihr Partyoutfit zu schmeißen. Jetzt wurde sie hellhörig.

„Okay, wo geht’s hin?“

Geheimnisvoll zuckten wir mit den Schultern und grummelnd verschwand Yuna wieder im Schlafzimmer.

„Ohh ich bin so gespannt. Hoffentlich freut sie sich“, sagte ihre Freundin. Ich grinste meinen Liebsten verräterisch an, denn diesen Teil kannte auch Momoka nicht.

„Ich glaube, sie flippt völlig aus…wir konnten, oder bessergesagt Kyo konnte noch einen Überraschungsgast anheuern…“

Das Mädchen schaute von Kyo zu mir und wieder zurück. Man konnte förmlich sehen, wie es in ihrem Kopf ratterte.

„Ooookayy, von den Dir en Grey Jungs weiß ich ja…aber wen noch?“, hakte sie neugierig nach.

„Bist du auch so ein Lynch- Fan wie Yuna?“, fragte Kyo und sie nickte heftig. Ich rieb mir voller Vorfreude die Hände.

„Na dann könnte es heute sehr witzig werden.“

„Juuuungs, jetzt spannt mich nicht so auf die Folter!“, beschwerte sich Momoka und in dem Moment kehrte meine Schwester zurück. Sie trug ein rotes Cocktailkleid und schwarze High-heels.

„Wow, darfst du so überhaupt aus dem Haus?“

Yuna steckte mir die Zunge raus. Auch ihre liebste Freundin tauschte ihr Oberteil und die Hose noch gegen bauchfreie Bluse und kurzen Rock ein. Dann machten wir uns auf den Weg zur Partylocation. Kyo hatte uns freundlicherweise ein Taxi bestellt und der Club öffnete für uns extra eine Stunden früher.
 

Dort angekommen, entstiegen wir dem Fahrzeug und begaben uns in den Club. Dort warteten die Diru Jungs schon auf uns. Sota und Zero waren auch mit von der Partie. Die und Toshi reichten uns einen Begrüßungsdrink, den ich dankend entgegen nahm. Wenige Minuten später trafen Yunas Freundinnen ein, die nicht weniger aufgedreht waren und die Begrüßung erst Mal in freudiges Gequietsche überging. Ich zog meinen Pulli aus und hängte ihn über einen Stuhl. Da ergriff Shinya auf einmal das Wort und alle drehten sich zu dem schlanken Drummer, als er mit einem Metallrörchen sein Glas zum Erklingen brachte.

„Schön, dass ihr alle hier seid. Allerdings gibt es eine Regel an die Fangierlies unter euch- was hier passiert, bleibt hier und das, was ihr heute seht oder erfahrt ebenso. Wir haben lange überlegt, ob wir Yuna diese Party ermöglichen, eben weil wir nicht mehr zu den unbekannten Rockbands gehören, doch dazu benötigen wir euer Vertrauen…und wir sind auch keine Unmenschen und außerdem mögen wir gute Partys. Also, feiert mit uns und falls irgendwas auf Twitter oder Instagram oder sonst wo landet…lasst es bleiben, wir haben gute Anwälte“, beendete der Drummer seine Rede schelmisch grinsend und hatte natürlich die Lacher auf seiner Seite, doch wurde auch allen die Botschaft dahinter deutlich. Mein Liebster tätschelte seinen Freund kurz und kam dann mit seinem Drink zu mir, stellte diesen jedoch auf den Tisch neben mir und legte seine Hände auf meine Hüften.

„Und du bist schon wieder viel zu obszön gekleidet…das hast du doch mit Absicht gemacht oder?“

Ich legte meine Arme um seinen Hals und grinste schief.

„Natürlich…neben meinem ominös gekleideten Mann muss ich doch ein bisschen auffallen“, scherzte ich. Kyos Hände packten mich fester an den Hüften und seine Daumen strichen zaghaft über meine Hüftknochen.

„Geht’s dir wirklich gut? Ich meine wegen deinen Eltern und so.“

„Klar…alles okay. Danke, dass du mit warst.“

Wir lächelten uns an und ich stibitzte ihm einen Kuss.

„Aber heut müssen wir deine Schwester noch glücklich machen…Hazuki kommt demnächst, ich bin so gespannt auf ihren Blick.“

„Oh und ich erst…auch danke dafür…hab ich dir heut schon gesagt, dass ich dich liebe?“

Kyo schüttelte mit dem Kopf und küsste mich begierig.

„Nein, aber ich kann es nicht oft genug hören…warum bin ich deiner Gegenwart so verdammt kitschig? Das widerstrebt meinem griesgrämigen Rockstar Image…“

Ich musste lachen.

„Ich glaube, auf andere wirkst du trotzdem noch recht unnahbar…vor allem, wenn man dich nicht kennt, glaubt man eher die Stories, die über dich kursieren…der unnahbare schöne Sänger…und ich muss sagen, so schlimm finde ich das gar nicht. Besser, als wenn dir dauernd jemand am Rockzipfel hängt und dich belagert.“

„Bist du etwa eifersüchtig Kazu-chan?“, amüsierte sich mein hübscher Sänger.

„Mh…nicht eifersüchtig, aber ich teile dich eben auch nicht gern.“

„Na dann mischen wir uns doch unter das Partyvolk“, sagte Kyo und küsste mich ein vorerst letztes Mal. Ich kniff ihm unauffällig in den Hintern und konnte ein verliebtes Seufzen nicht unterdrücken. Da wurde ich auf einmal freundschaftlich von der Seite angerempelt und als ich mich umwand, begegnete ich Dies Grinsen. Wir prosteten uns zu. Auch Yuna und ein paar ihrer Mädels steuerten unsere Richtung an. Sie blieb etwas verhalten vor uns stehen, doch ich winkte sie heran. Der Dir en Grey Gitarrist begrüßte die leicht nervösen Girls ganz lieb und wir stießen mit ihnen an.

„Ich wollte dir nur danke sagen Kazu-chan…du bist toll“, sagte mein Schwesterchen und errötete leicht. Ich gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange.

„Noch eine Überraschung gibt’s“, freute ich mich.

„Oh meinst du die süßen Stripper? Die sollten bald eintreffen“, witzelte Die und auch ich musste kichern.

„Das fänd ich lustig“, amüsierte sich auch Saki, Yunas Freundin.

„Naja, so schätze ich meinen Bruder nicht ein.“

Lächelnd schüttelte ich den Kopf.

„Na Kleiner, wie fühlt es sich eigentlich an verlobt zu sein?“, fragte mich Die und da fiel mir ein, dass ich Yuna noch gar nichts davon erzählt hatte. Diese schaute mich natürlich mehr als verdutzt an. Und auch über Sakis Kopf erschien ein großes Fragezeichen.

„Cool…mit wem bist du denn verlobt?“, fragte sie.

„Mit Kyo…sorry Yuni, heut stehst du im Mittelpunkt, aber ich hätte es dir noch erzählt.“

Meine Schwester fiel mir um den Hals.

„Das freut mich so für dich…haha, vielleicht hättet ihr das unseren Eltern heut erzählen sollen.“

„Mh, ich denke, die haben wir so schon genug geschockt…vermutlich denken sie, Kyo gehört zu irgendeiner schlimmen Gang oder so.“

Die Mädels lachten.

„Bist du auch vergeben Die?“, fragte Saki neugierig und schon grinste der Gitarrist verliebt.

„Ich sag‘s dir, aber nur, wenn du es echt nicht weiter erzählst.“

Scheinbar lag den Jungs viel daran, dass ihre Beziehungen geheim blieben. Naja, ich konnte es schon verstehen, auch wenn es die Fans sicher nicht als schlimm empfanden. Eine gewisse Privatsphäre sollte schon gewahrt werden.

„Ich schweige wie ein Grab, versprochen“, versicherte das Mädchen und kreuzte die Finger zum Schwur.

„Ich bin schon mehrere Jahre mit Toshiya zusammen…hat ne Weile gedauert, bis ich ihn mit meinem Charme überzeugen konnte, aber es hat geklappt.“

Und als hätte der Bassist nur auf diesen Moment gewartet, tauchte er neben seinem Liebsten auf, zog die Stirn in Falten und schaute diesen etwas irritiert an.

„Wen willst du schon wieder mit deinem Charme um den Finger wickeln?“

Die grinste Toshiya an.

„Nur dich, mein Liebling…Saki hat mich gerade gefragt, ob ich auch vergeben bin…zufrieden?“

Die Sorgenfalte auf der Stirn des Diru Bassisten glättete sich wieder und er hauchte seinem Freund einen Kuss auf den Mund. Die Mädels quietschten begeistert und ich schüttelte nur belustigt mit dem Kopf, doch musste auch ich zugeben, dass die beiden ein absolut tolles Paar abgaben.

„Immer diese Fangirlies“, neckte Toshi die beiden und legte seinen Arm um Die.

„Na dann auf einen wundervollen Abend“, prostete uns der Gitarrist erneut zu und unsere Gläser erklangen. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass Kyo den anderen schwarzhaarigen Sänger empfing und zu dem Mikro führte. Ich grinste nur. Auch die anderen beiden Musiker bekamen das mit, deshalb schauten uns die Mädels fragend an.

„Süße, ich glaube dein Geburtstagsgeschenk ist gerade eingetroffen“, sagte ich zu meiner Schwester.

„Wie meinst du das?“, fragte sie sichtlich verwirrt. Ich stellte mein Glas ab, griff sie behutsam an ihren Schultern und drehte sie um. In dem Moment hängte sich Hazuki die Gitarre um und stimmte diese. Ich schob Yuna noch ein Stück in seine Richtung, fing seinen Blick ein und zeigte dann auf meine Schwester. Der Lynch Sänger winkte ihr zu und stimmte Phantom, ihren Lieblingssong der Band an. Ich hatte meine Arme von hinten um sie gelegt und sie bewegte sich leicht zu dem sanften Klang der Musik. Ihre Hand griff nach meiner und als sie zu mir aufschaute, glitzerten Tränchen in ihren Augen und ihre Lippen formten sich zu einem Danke.

„Gern geschehen…nur denk ich, solltest du Kyo auch danken.“

Yuna nickte und schaute wieder zu ihrem Lieblingssänger. Hazuki sang anschließend noch Happy Birthday, schnallte sich das Instrument wieder ab und kam auf Yuna zu, um ihr persönlich zu gratulieren. Hin und hergerissen, zwischen Freude und Schluchzen bedankte sie sich auch bei Kyo. Hazuki kam mit einem Drink wieder zu uns, gefolgt von meinem schönen Mann.

„So, nun darf ich dir meine bezaubernden Mann endlich persönlich vorstellen Hazu-chan“, stellte uns Kyo nun einander vor. Der andere Sänger klopfte mir kumpelhaft auf die Schulter.

„Freut mich sehr Kazuki…und Geschmack hast du schon immer gehabt, alter Freund“, wandte er sich an den Diru Vocal.

„Und du bist also die bezaubernde Yuna…ich hoffe du hast heute eine wundervolle Feier.“

Meinem Schwesterchen stieg eine leichte Röte ins Gesicht und sie nickte. Hazuki legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie mit sich, zu einer freien Sitzecke. Sie warf mir einen leicht verzweifelten Blick zu, doch ich nickte nur. Alle amüsierten sich und so beschloss ich eine rauchen zu gehen. Im Außenbereich des Clubs standen auch mehrere Stehtische und man hatte einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Ich war alleine und ließ den Tag ein wenig Revue passieren. Mir ging es nicht schlecht und doch hatte ich ein wenig gehofft, meinen Eltern wieder näher zu kommen. Doch das würde wohl nicht einmal in meinen Träumen passieren und ich sollte mich wohl mit diesem Gedanken abfinden. Immerhin hatte ich es geschafft, meine Schwester glücklich zu machen und auch ich sollte endlich mein eigenes Glück wahrnehmen. Ich spürte die Dunkelheit, wie sie wie ein Raubtier um mich herum schlich, doch es nicht wagte Besitz von mir zu ergreifen. Wahrscheinlich umgaben mich zu viele positive Gefühle. Gut so. Immerhin wieder ein Erfolg in den letzten Tagen. Kaoru gesellte sich zu mir und irgendwie fühlte ich mich in seiner Gegenwart meist noch immer etwas unbeholfen, was wohl auch daran lag, dass wir bisher am wenigsten miteinander zu tun hatten, auch, wenn wir uns auf Tour täglich über den Weg gelaufen waren. Außerdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass er Kyos Entschluss, mich zu heiraten, nicht zu hundert Prozent unterstützte. Naja, vielleicht konnte ich dem ja entgegen wirken.

„Darf ich dir ein wenig Gesellschaft leisten?“, fragte der Leader höflich und ich versuchte aufrichtig zu lächeln.

„Klar doch.“

Auch ich zündete mir noch eine Zigarette an und nippte nervös an meinem Cocktail.

„Dir scheint es wieder besser zu gehen“, stellte Kaoru mehr fest, als das er fragte und ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter.

„Ja…irgendwie schon…sorry für den Stress neulich…aber manche Dinge kann man eben nicht planen…“

„Das ist wahr…“

Fuck, schlimmer konnte das doch gerade nicht laufen. Kaorus Adleraugen fixierten mich und ich schien unter seinem Blick immer mehr zu schrumpfen.

„Kaoru…hör zu…ich weiß nicht genau, wie du über die ganze Sache zwischen Kyo und mir denkst, aber ich werde euch nicht im Weg stehen…wirklich nicht…“

Der Leader schwieg einen Moment und sein Blick schweifte nachdenklich in die Ferne. Dann sah er wieder mich an.

„Kazuki…ich glaube dir das, keine Frage…nur bin ich eben ein Perfektionist und Dir en Grey funktioniert ohne Kyo nicht…ich meine, ich bin selbst in einer Beziehung und merke immer wieder, wie mich das wieder runter bringt. So geht es ihm sicher auch…die Zweifel sind eben trotzdem da, aber ich möchte dir nicht das Gefühl vermitteln, dich nicht zu mögen. Denn eigentlich denke ich genau das Gegenteil.“

„Eigentlich? Da schwingt die Skepsis wohl noch eine Weile mit“, stellte ich etwas bedrückt fest.

„Naja…du kannst es auch weglassen…du bist ein wundervoller Mensch Kazu und auch Zero mag dich sehr. Dir ist sicher nicht entgangen, dass Tooru und ich hin und wieder aneinander geraten…das wird sich wohl auch nie ändern. Doch seit er mit dir zusammen ist, hat sich das gebessert. Er und ich sind uns sehr ähnlich, vermutlich sorge ich mich deshalb so um ihn…deshalb brauche ich auch weiterhin deine Unterstützung.“

Jetzt fiel mir der imaginäre Stein vom Herzen. Ich blies die Backen kurz auf und grinste jetzt.

„Und ich dachte echt immer, du kannst mich nicht leiden.“

Kaoru lachte jetzt aus vollem Halse und zündete sich noch eine weitere Zigarette an und ich tat es ihm gleich.

„Quatsch…ich mach mir halt immer Sorgen um meine Chaosband. Du weißt ja mittlerweile selbst, wie die Jungs ticken und naja…einer muss ja den Überblick behalten. Manchmal bin ich echt froh unseren diplomatischen Drummer noch an meiner Seite zu wissen…sonst wäre ich schon längst durch gedreht.“

„Gab es Mal einen Zeitpunkt, wo du an euch gezweifelt hast?“

„Nicht nur einen…nicht der Musik wegen…eher meinetwegen und den vielen Streitereien mit Tooru. Aber verrate ihm das ja nicht“, fügte er noch schnell hinzu.

„Mach ich nicht…ja, er ist sehr eigensinnig, aber das bin ich auch…vermutlich funktioniert es mit uns deshalb so gut.“

Kaoru nickte nur und inhalierte den Rauch seiner Zigarette tief.

„Vermutlich ja…“, stellte er fest und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Dann hielt er mir seinen Arm hin, ich hakte mich ein und wir gesellten uns wieder zu unseren Freunden. Zero und Kyo schienen uns gesucht zu haben, denn ihre Blicke wanderten sofort in unsere Richtung, als wir den Raum betraten. Ich ließ meinen ebenso durch den Club schweifen und erblickte Yuna noch immer mit Hazuki plaudern. Toshiya lehnte allein an der Bar, während sein liebster Daisuke wenige Meter, umringt von einer Traube Mädels, stand. Ich steuerte den Bassisten an und er wirkte tatsächlich ein wenig geknickt.

„Was ziehst du denn für ein Gesicht?“, fragte ich deshalb und der Bassist zuckte nur mit den Schultern. Ich bestellte noch zwei Cocktails und schob ihm den einen zu.

„Ich weiß gar nicht, warum mich das immer noch trifft…eigentlich sollte es mir doch egal sein…“

„Vermutlich nervt es dich, aus dem selben Grund, wie mich, wenn Kyo halbnackt auf der Bühne herumspringt und von den ganzen Fans angehimmelt wird.“

Toshi lächelte schwach.

„Aber Tooru will dich heiraten Kazu…Die und ich sind schon eine gefühlte Ewigkeit zusammen…und manchmal wünsche ich mir auch so einen verfluchten Ring am Finger…vielleicht könnte ich dann besser mit solchen Situationen umgehen…“

„Hast du das ihm gegenüber schon erwähnt?“

Der Bassist schüttelte mit dem Kopf.

„Nee…ich befürchte, das überfordert ihn…Die mag seinen Freiraum, was ich ja verstehen kann, nur manchmal fühlt es sich eben komisch an.“

Mitfühlend sah ich Toshiya an und würde ihm gerne helfen. Ich trank noch einen Schluck und dann kam mir eine Idee. Ich ergriff seine Hand und schleifte ihn mit auf die Tanzfläche. Jetzt grinste er ein bisschen mehr.

„Vielleicht lenkt ihn das ein wenig von den Mädels ab“, witzelte ich und tanzte den Bassisten an. Dieser stieg drauf ein und wir tanzten noch ein bisschen enger zusammen. Und der Fisch biss an, denn wenige Minuten später legte Die seine Arme von hinten um Toshi. Meine Arbeit hier war getan und ich gesellte mich wieder zu meinem Drink. Dort wartete Kyo ebenfalls auf mich und grinste mich schief an.

„Na, flirtest du schon wieder mit meinem Bassisten?“

Unschuldig zuckte ich mit den Schultern.

„Ich sorge nur dafür, dass es allen gut geht…mehr nicht“, antwortete ich und schon zog er mich besitzergreifend an sich. Um Himmels Willen, wie ich das mochte.

„Mein hinreißend schöner Mann…ich finde es wundervoll, wie du dich immer um andere sorgst.“

Während er das sagte, streiften seine Finger meine Seite und da ich ja nicht sonderlich viel trug, waren diese Berührungen schon wieder viel zu viel und das schlimme war, Kyo wusste das ganz genau. Die und Toshi knutschten mittlerweile miteinander und ich klopfte mir innerlich ein bisschen stolz auf die Schulter.
 

Zu späterer Stunde wurden die Gäste immer lustiger und redseliger. Yunas Freundinnen erzählten mir zum gefühlt hundertsten Mal, dass sie es so cool fanden, dass ich diese Party organisiert hatte. Und meine Schwester? Naja, die war noch immer ins Gespräch mit dem Lynch Sänger vertieft. Auch merkte ich mittlerweile, wie mir der Alkohol zu Kopf stieg, doch alles noch im Rahmen des erträglichen und ich fühlte mich lustig und beschwingt. Die und Toshi hatten sich, wohin auch immer verkrümelt. Naja, da gab es ja nicht viel, worauf man spekulieren konnte. Der Abend könnte besser nicht laufen und ich war froh, so viele tolle Menschen zu kennen. Immer wieder schweifte mein Blick zu meinem schönen Sänger und ich konnte nicht anders und ihn anschmachten. Alles an ihm war einfach so perfekt, selbst, wenn er gerade diesen leicht ernsten Blick drauf hatte, während er sich mit seinem Leader unterhielt.

„Oh oh, dein Sabberfaden hängt schon wieder sonst wo…kommst du mir rauchen, bevor noch jemand auf dem Gesabber ausrutscht“ ärgerte mich kein anderer als Zero.

„Idiot…na schön“, antwortete ich und folgte ihm. Draußen fanden wir Die und Toshi miteinander scherzen und es sah ganz danach aus, als wäre wieder alles in Ordnung. Der Bassist winkte uns heran, als er uns erblickte und wir folgten seinem Ruf. Ich zündete mir eine Kippe an und stützte meinen Kopf in der Hand ab.

„Erde an Kazuki…“, neckte mich Zero schon wieder und ich steckte ihm die Zunge raus.

„Jaaaaa, was denn du Nervensäge…darf ich nicht Mal meinen Kyo anschmachten…du tust das mit Kaoru auch oft genug, also tue nicht so cool…“

„Lass dich nicht von diesem Schnösel ärgern Kazu-chan“, schlug sich Die auf meine Seite.

„Nein, alles gut…es ist nur gerade cool, dass alles gut läuft…nach letztem Wochenende und so…“

Der Diru Gitarrist drückte mich kurz an sich.

„Du hast uns echt nen ganz schönen Schrecken eingejagt…am meisten wohl Tooru…“

„Mh, ich weiß, aber reden wir nicht mehr darüber“, versuchte ich das Thema zu beenden, aus Angst diese unschöne Gefühlswelle könnte mich wieder überrollen. So langsam kam auch die Müdigkeit, doch wollte ich nicht der sein, der die Party sprengte und als erster ging. Da entführte mich der blonde Gitarrist auf einmal zu der gemütlichen Sofaecke auf der Terrasse, reichte mir eine Zigarette und grinste bis über beide Ohren. Vermutlich hatte Die schon wieder ganz schön einen sitzen.

„Kleiner, was ist los...du solltest dich freuen, Spaß haben und so…aber du bist mir nen Ticken zu ernst.“

Ich seufzte und schüttelte nur mit dem Kopf, weil ich echt nicht drüber reden wollte. Schon gar nicht mit einem betrunkenem Die.

„Es ist alles gut, ich schwöre es. Bin nur etwas erschöpft und aufgewühlt von den ganzen Ereignissen der letzten Tage.“

Auf einmal sprang der quirlige Gitarrist auf und sagte noch im Gehen, dass ich ja nicht weglaufen solle. Wenige Minuten später kehrte er mit Kyo im Schlepptau zurück, versorgte uns mit Drinks und ließ uns alleine. Ein bisschen überrascht schüttelte ich nur mit dem Kopf und zog meinen schönen Sänger an mich.

Er streichelte über meinen Arm und küsste mich zaghaft auf‘s Haar. Mit der Hand fuhr er sich durch seine blonde Mähne und steckte sich eine Zigarette zwischen seine Lippen. Einen Arm legte er um mich und ich lehnte mich an seine Schulter. Ich spielte an den Knöpfen seines Hemdes und malte die Konturen seiner Tätowierungen am Hals und auf der Brust nach. Um uns herum drangen Fetzen von Gesprächen zu uns und doch befanden wir uns in unserer kleinen Blase. Ich griff nach meinem Drink, nippte daran und stellte das Glas auf Kyos Oberschenkel ab, jedoch nicht ohne es loszulassen, um mich wieder an ihn zu lehnen.

„Ich hab mich vorhin übrigens mit Kaoru unterhalten“, unterbrach ich die Stille.

„Und, was hat er so erzählt?“

„Ich hab ihm nur noch Mal versichert, dass ich eurer Musik niemals im Weg stehe…das hat ihn glaub etwas beruhigt.“

Kyo schwieg eine Weile, da meine Antwort ja auch nicht unbedingt eine Erwiderung erforderte.

„Und doch würde mich interessieren, was dich gerade beschäftigt…“

„Eigentlich nichts…es kommt mir nur alles so surreal vor. Ich bin nicht sicher, wie ich damit umgehen soll.“

„Vielleicht liegst du damit gar nicht so falsch…aber diese Dinge bestimmen gerade dein Leben Kazu…du gehörst zu uns, keine Frage, aber vielleicht solltest du dir doch etwas Eigenes aufbauen. Ich hab manchmal Sorge, dass dich diese Surrealität, wie du es so schön nennst, auffrisst. Ja, du willst das nicht hören, aber ich bin immer noch der Meinung, du solltest mehr Musik machen…komponieren, spielen, was auch immer. Klar könnte ich mir dich auch als Stylist oder ähnliches vorstellen, doch ich denke nicht, dass dich das erfüllt. Du bist ein so kreativer Mensch und deine Ideen müssen hinaus in die Welt.“

Ich seufzte und trank noch einen Schluck.

„Aber was ist, wenn das keiner hören will. Was ist, wenn ich mich auf der Bühne total blamiere? Und in welcher Band soll ich überhaupt spielen?“

„Das sind viele Fragen…nicht auf alle habe ich eine Antwort parat, aber was die Band betrifft…rede Mal mit Zero, ich glaub, der hätte da was für dich…vielleicht nicht heute, weil er ist schon mega betrunken, aber morgen oder übermorgen…den Rest findest du raus.“

„Hattest du jemals Angst zu versagen?“

Kyo lachte.

„Natürlich, jedes Mal, wenn ich an einem neuen Text arbeite…jedes Mal, wenn wir im Studio sind, um die neuen Songs aufzunehmen…jedes Mal vor einem Konzert. Doch das spielt am Ende keine Rolle, weil die Fans uns sehen wollen. Natürlich wünsche ich mir auch, dass jedes Konzert perfekt abläuft, doch wir arbeiten mit vielen Menschen zusammen…da passieren Fehler…dagegen kann ich nichts tun. Doch es ist das schönste Gefühl der Welt, auf der Bühne zu stehen und zu singen.“

Ich schmiegte mich enger an meinen schönen Sänger. Ich wusste, dass er Recht hatte und doch fürchtete ich mich vor all diesen Dingen.

„Was hat Zero denn vor? Vielleicht hilft mir das gerade…“, fragte ich dann. Kyo zögerte einen Moment.

„Na gut…er und ein paar Jungs von D’espairsRay wollen sich wieder zu einer Band finden, allerdings fehlt ihnen der Sänger…“

„Und da will er ausgerechnet mich?“, gab ich etwas überrascht von mir. Mein Liebster rollte leicht genervt mit den Augen.

„Wann kapierst du endlich, dass du verdammt gut bist, in dem was du tust…singst…komponierst…in drei Tagen wollen sie proben…geh einfach hin. Kazuki…ich will dich zu nichts drängen, aber manchmal muss man Menschen, die man liebt, zu ihrem Glück zwingen…und ich liebe dich…so sehr und ich will dich nicht verlieren…doch genau das wird passieren, wenn du so weitermachst wie bisher.“

Ich zündete mir eine Zigarette an und funkelte Kyo wütend an.

„Ach und du bist derjenige, der mir sagen muss, was ich zu tun habe!“

„Nein…aber ich würde dich schon gern öfter auf der Bühne sehen…damals, als du immer in dem Pub gespielt hast, umgab dich dieser Zauber…und es wäre schön, dich wieder glücklich zu sehen…“

„Ach ja? Ich bin glücklich Kyo, mehr als das…“, konterte ich mies und nahm einen tiefen Zug.

„Nein, bist du nicht…zumindest nicht ganz. Und wenn es dir so egal wäre und du zufrieden mit dir wärst, würdest du mich jetzt nicht so angiften.“

Ich blinzelte die Tränen weg und seine Worte verletzten mich irgendwie.

„Na schön…ich geh hin…“, murrte ich und mein schöner Sänger lächelte.

„Wenn es doof ist, kannst du es immer noch lassen.“

Noch immer genervt und schon wieder viel zu emotional erhob ich mich, um mein Getränk aufzufüllen. Ich wusste, dass mein schöner Sänger Recht hatte und doch fühlte es sich unschön an, wenn er sowas sagte. Ein bisschen so, als würde er mich nicht mehr bei sich haben wollen, wenn ich mir nicht langsam einen Job suchte oder wieder glücklich werden würde und genau dieser Aspekt traf mich sehr. Viel mehr als mir lieb war, denn ich hatte mich nie wieder so abhängig von einem anderen Menschen machen wollen, doch nun konnte ich es nicht mehr ändern. Immer wieder schrie diese Stimme in mir, dass Kyo ja nicht falsch lag und mich trotzdem liebte, aber momentan reichte das nicht aus, um diesen dunklen Schatten zu vertreiben, gegen den ich in letzter Zeit so erfolgreich angekämpft hatte. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich meinen Liebsten so angegiftet hatte und doch fühlte ich mich zu schwach, um ihm klar zu machen, dass es ja irgendwie doch stimmte, was er da zu mir gesagt hatte. Ich eilte zu den Toiletten, weil ich jetzt allein sein wollte. Ich schloss mich in der Kabine ein und biss mir heftig auf die Unterlippe, um diese dummen Tränen zu unterdrücken. Hatte ich nicht stark sein wollen? Für uns beide? Ja, dieses Versprechen hatte ich Shinya gegeben, doch konnte ich es auch halten? War ich tatsächlich schon so weit, dass ich zu Hundertprozent mit mir leben konnte? Ich hockte mich auf den geschlossenen Klodeckel, zog die Beine an und vergrub meinen Kopf dazwischen. Vereinzelte Tränen hinterließen feuchte Spuren auf meinen Wangen und ich verkniff mir ein weiteres Schluchzen, als ich dir Tür hörte, die geöffnet und wieder geschlossen wurde. Schritte. Dann schien jemand genau vor meiner Kabine stehen zu bleiben. Kyo vielleicht? Suchte er mich?

„Kazu? Bist du da drin?“, fragte eine sehr vertraute Stimme, die jedoch nicht meinem Verlobten gehörte.

„Mhh…“, brummte ich nur.

„Magst du raus kommen?“

„Weiß nicht.“

Schweigen. Dann ließ sich mein liebster Freund vor der Kabine nieder.

„Muss ich mir Sorgen machen?“

Ich wusste ehrlich nicht, was ich antworten sollte, da ich nicht wollte, dass sich dauernd jemand um mich sorgte. Eher unbewusst berührten sich unsere Hände unter der Tür und Sota drückte meine Finger liebevoll. Da verspürte ich auf einmal den Drang ihn zu umarmen. Schließlich löste ich die Barriere zwischen uns und wir standen uns gegenüber. In seinen Augen spiegelte sich dieser besorgte Ausdruck und in meinem Blick vermutlich diese Traurigkeit, sowie der Selbsthass, der mich plagte. Sota zog mich an sich und strich mir sanft über den Rücken. Seine Berührung beruhigte mich ein wenig und tat irgendwie gut. Vielleicht war es Zeit meinen besten Freund mehr in mein Leben zu lassen. Vielleicht löste das ein bisschen meine Probleme, wenn ich es nur wagte über meinen Schatten zu springen und mit ihm redete. Ich wusste, dass mich Sota nie verletzen würde oder mir was Böses wollte. Immer versuchte er mir ein guter Freund zu sein und liebte Kyo mich über alles, doch vielleicht war es nicht ganz falsch auch noch einen anderen lieben Menschen zum Reden zu haben, damit er nicht immer alles abbekam.

„Vielleicht…ich bin nicht sicher…“, murmelte ich in die Haare meines Freundes.

„Kazu…“

Wieder biss ich mir auf die Unterlippe, um nicht zu heulen.

„Sota…ich kann mich gerade selbst nicht leiden…jeden Tag, wenn ich in den Spiegel schaue, widert mich meine Visage an…aber ich weiß nicht weshalb…ich kann es nicht greifen…“

Sota nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und schaute mir tief in die Augen.

„Jetzt hör mir mal zu…du bist ein wundervoller Mensch und es ist okay solche Phasen zu haben. Das ist vollkommen normal. Ich bin auch nicht jeden Tag gut gelaunt, ja und? Nur wenn du das Bedürfnis hast mit jemandem zu reden, dann kannst du kommen…immer. Kazu, ich hab dich sehr lieb und ich hoffe, das weißt du…“

Wieder schmiegte ich mich an meinen Freund und noch immer kraulten seine warmen Finger meinen Rücken. Das tat so gut und ich fühlte mich tatsächlich nicht mehr ganz so nutzlos.

„Ohne dich hätte ich die letzten Jahre nicht überlebt…erst die Scheiße mit meinem Ex…dann haben meine Eltern nie akzeptiert, dass ich schwul bin und mich zu Hause raus geworfen…ganz grob und kurz gefasst. Doch dann warst du da auf einmal Sota…immer an meiner Seite, obwohl ich mich manchmal wie der letzte Arsch verhalten habe…“

„Schon okay Süßer…ich denke es musste alles so kommen, wie es gekommen ist. Nur versteck dich nicht mehr und igel dich so ein…selbst wenn wir nur nen Kaffee oder so trinken gehen und nicht reden…das ist in Ordnung Kazu…“

Ich zog meinen liebsten Freund noch ein Stück näher an mich, denn diese Umarmung fühlte sich so richtig an und ließ mich spüren, dass ich verdammt noch Mal nicht allein mit meinen Problemen war. Ich seufzte tief und gab Sota einen Kuss auf die Wange.

„Danke, dass es dich gibt…“

Ein liebevolles Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Lippen hauchten mir einen freundschaftlichen Schmatzer auf die Stirn.

„Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben…ich brauch ich genauso…“

„Das tut gut zu hören, denn manchmal kann ich das schwer begreifen, warum mich überhaupt jemand braucht…“

„Nein, das darfst du dir nicht einreden. Alle brauchen dich…angefangen bei deinem wundervollen Verlobten…scheiße Kazu, du wirst bald heiraten…denk an sowas, halt dich daran fest und gib den düsteren Gedanken keine Chance. Und falls sie doch kommen und Kyo nicht da ist, kannst du mir schreiben…oder wir treffen uns, was auch immer…versprichst du mir das?“

Ich nickte und schluckte den Kloß runter. Dort wo seine Hände gelegen hatten, spürte ich jetzt eine kalte seltsame Leere und mich fröstelt es etwas. Kein Wunder, hier stand ja auch das Fenster auf. Sota ergriff meine Hand und wir mischen uns wieder unter die Partygäste, auch wenn es nicht mehr all zu viele waren. Ich hielt Ausschau nach meinem schönen Sänger und er saß noch immer auf dem Sofa. Neben ihm der blonde, ziemlich betrunkene Gitarrist und ich ließ mich neben meinen Liebsten fallen.

Die schien gerade sehr kuschelig zu sein und der Drink in seiner Hand hing gefährlich schräg, sodass ich behutsam seine Hand korrigierte. Er grinste mich schief und mit ziemlich verschleiertem Blick an.

„Du bist ja gar nicht bei Toshi“, stellte ich fest.

„Der is schon wieder genervt, weil ich soo betrunken bin…“, lallte der Blonde.

„Ach quatsch“, antwortete ich und zündete mir eine Zigarette an.

„Ich glaub er hat irgendwas, willes mir aber nich sagen…“

Ich lehnte mich zurück und erinnerte mich vage an das Gespräch mit dem Bassisten an der Bar. Sollte ich mich einmischen? Oder besser doch nicht? Kurzerhand zog ich mein Handy aus der Hosentasche, tippte eine Nachricht, die meine Gedanken beinhalteten, ein und reichte Kyo mein Handy. Dieser überflog die Zeilen und tippte ebenfalls einen kurzen Text.
 

Ich würde mich nicht einmischen und ich bin auch nicht sicher, wie aufnahmefähig Die noch ist.
 

Ein bisschen enttäuscht zuckte ich mit den Schultern. Der Blonde lag auf dem Rücken und schaute in den Himmel. Eine Hand ruhte auf seinem Bauch, die andere verschränkte er hinter seinem Kopf.

„Tooru…glaub su, Tosh liebt mich noch?“

Mein schöner Sänger wendete sich dem Trunkenbold zu.

„Klar, warum sollte er das nicht tun?“

„Weil er so komisch is…ich hab ihn soooo lieb…“

„Dann solltest du ihm das sagen“, riet Kyo und rutschte näher zu mir.

„Hab ich heut schon ein paar Mal…doch dauernd ignoriert er mich…“

„Mh…vermutlich solltest du es ihm im nüchternen Zustand auch sagen…“

Mit schlurfenden Schritten und die Hände in den Hosentaschen vergraben kam der Diru Bassist auf uns zugeschlurft. Eine leichte Falte bildete sich auf seiner Stirn, als sein Blick auf seinen betrunkenen Freund fiel. Sein Körper hob und senkte sich, als er seufzte. Toshiya nahm auf der äußersten Kante des Sofas Platz, als wäre er auf der Flucht, seine Hände steckten noch immer tief in seinen Taschen. Die erhaschte einen Blick auf seinen Partner und setzte sich auf.

„Ich geh nach Hause, kommst du mit?“, fragte der schwarzhaarige Mann. Sofort erlosch das Grinsen auf Dies Gesicht.

„Wenn du mir verrätst, was ich dir getan hab“, erwiderte dieser.

„Eigentlich ist nichts, ich bin eben nur nicht so gut drauf heute…soll auch Mal vorkommen.“

Der Blonde rutschte etwas näher zu seinem Liebsten und nahm dessen Gesicht zwischen seine Hände. Doch Toshi drehte sich weg. Ich warf Kyo einen verunsicherten Blick zu, doch er zuckte nur mit den Schultern und zündete sich noch eine Zigarette an. Auch machte er keine Anstalten, die beiden alleine zu lassen.

„Und warum glaub ich dir das nicht?“

„Muss ich denn immer gut drauf sein Daisuke? Was ist so falsch daran, wenn ich nicht Mr. Sunshine spiele?“, fuhr er seinen Freund an. Wow! Da steckte wohl doch mehr dahinter.

„Dann rede mit mir Tosh!“, keifte der Blonde jetzt zurück.

„Jetzt in deinem Zustand sicher nicht!“

„Dann geh halt nach Hause…“, murrte Die und abrupt erhob sich der Bassist, doch griff der andere blitzschnell nach seiner Hand und zog ihn auf seinen Schoß. Toshiya wollte sich wehren, doch das ließ sein Liebster nicht zu und letztendlich gab der schwarzhaarige Mann auf und lehnte seinen Kopf gegen den seines Freundes.

„Die…ich weiß das ist nicht fair, aber manchmal ist es noch immer komisch, wenn dich diese süßen Fangirlies anhimmeln…auf der Bühne dasselbe…du bist ein regelrechter Playboy…und ich? Natürlich schmachte ich dich auch an, weil du toll bist, die Fans anstachelst und mit ihnen spielst…“, flüsterte der Drummer fast, als wäre es ihm unangenehm.

„Tosh…oh mein süßer Tosh…wie lang sind wir jetzt schon zusammen?“

Der Bassist hob fragend seine Augenbraue, als würde er die Frage nicht ganz verstehen.

„Seit zwölf Jahren?“

„Und wie oft hatte ich dieser Zeit irgendeine Affäre?“

„Nie…trotzdem…was bin ich für dich Die?“

Ich konnte nur den Rücken des Gitarristen sehen, doch spürte ich förmlich, wie er mit den Augen rollte. Schon wollte ich mich heimlich still und leise erheben, weil mir das hier zu intim wurde, doch Kyo zog mich zurück.

„Sag bloß du findest das nicht spannend? Ich will wissen, wie es ausgeht“, amüsierte er sich und schüttelte nur mit dem Kopf.

„Du bist echt unmöglich“, flüsterte ich zurück und er grinste nur verschwörerisch. Und so lief unser Film weiter. Ich drückte mich trotzdem weiter ins Sofa, um so weniger auf mich aufmerksam zu machen.

„Du bist der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will, Tosh…scheiß auf Groupiemädels und die Fans…das is nun Mal unser Job…wir sin Rockstars…also damit musst du wohl leben…“

Toshiya entfuhr ein langes Seufzen.

„Oookay, jetzt ist es an der Zeit die beiden allein zu lassen…“, flüsterte mir mein schöner Sänger zu, ergriff meine Hand und ich stolperte etwas unbeholfen hinter ihm her. An einem leeren Stehtisch hielten wir an und er zog mich in einen nicht ganz jugendfreien Kuss. Seine Hände an meinem Hintern drückten mich noch ein Stück zu ihm und ich vergrub meine Hände in seinen Haaren. Seine Lippen fühlten sich so weich an und schmeckten nach Gin Tonic und Zigaretten. Meine Hände strichen über Kyos Rücken und ich löste das Hemd aus seiner Hose, um ihn unter dem Stoff seiner Kleidung berühren zu können. Er grinste in den Kuss und ließ von mir ab, um einen Schluck zu trinken. Ich öffnete noch zwei Knöpfe seines Hemdes, welches nun bis zur Hälfte offen stand und begutachtete mein Werk. Kyo lehnte sich elegant an den Tisch und grinste mich verführerisch an.

„Willst du mich etwa schon wieder verführen?“, witzelte er.

„Selbst schuld, wenn du mich so küsst“, raunte ich und schnappte nach seiner Unterlippe.

„Nur könnten wir hier ein bisschen zu viel Publikum bekommen.“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Na und“, antwortete ich und küsste ihn erneut. Konnte nicht genug von seinen süßen Lippen kosten. Auch meine Hände schoben sich in den Bund seiner Hose und Kyo stöhnte leicht in den Kuss.

„Manchmal unterschätze ich dich wirklich mein Süßer…willst du es echt drauf ankommen lassen? Mich hat die Hälfte hier schon nackt gesehen…aber dich?“

„Mhh mich nur drei Leute…“

Jetzt warf er mir einen irritierten Blick zu.

„Wer ist Nummer drei?“

„Zero…damals in Tokio…wir waren schwimmen“, antwortete ich etwas kleinlaut. Kyo schüttelte nur mit dem Kopf.

„Wenn es weiter nichts ist…aber Mal im Ernst…wie sieht es aus, wollen wir langsam nach Hause?“

„Gerne…“

Ich warf noch eine Blick Richtung Sofa. Toshi und Die lagen nebeneinander und schienen noch immer zu reden, doch hatte es den Anschein, als wäre wieder alles in Ordnung. Trotzdem wollte ich mich von den beiden verabschieden und mein liebster folgt mir.

Vergebung

Ich nahm mir Kyos Worte zu Herzen und begab mich zwei Tage später in den Proberaum von Zero und seiner Band. Es kostete mich verdammt viel Überwindung, doch ich wusste, dass es geschehen musste. Meine feuchten Handflächen rieb ich an der engen Hose ab. Wovor fürchtete ich mich bloß? Dass mich die Jungs nicht mochten? Schwachsinn. Hätte mich Zero sonst eingeladen? Vermutlich nicht.

Der Proberaum befand sich in der Nähe, wo auch Dir en Grey ihren Proberaum hatte. Das graue Gebäude sah nicht unbedingt einladend aus und schon pochte mein Herz vor Aufregung. Ich beschloss davor noch eine zu rauchen, weil ich nicht wusste, ob es die Jungs wollten, dass drinnen geraucht wurde. Mit dem Rücken zur Wand blies ich den Rauch aus und starrte Löcher in die Luft, ging gedanklich meine Songs noch ein letztes Mal durch, um mir auch ja keinen Fehler zu erlauben. Als ich einen letzten Blick auf mein Handy warf, sah ich eine Nachricht von Zero.

„Komm einfach rein!“, stand darin und ich drückte die aufgerauchte Kippe aus.

Zero umarmte mich. Tsukasa und Karyu nickten mir freundlich zu und auch Hizumi beehrte uns mit seiner Anwesenheit. Jetzt stieg meine Nervosität wieder. Wollte er mich auf die Probe stellen oder was sollte das werden? Verlegen schaute ich in die Runde und kaute auf meiner Unterlippe herum.

„Hab gehört ihr sucht nen Sänger…naja und hier bin ich…“, brach ich das peinliche Schweigen. Hizumi lächelte mich an.

„Dem ist so…ich hab mich zurückgezogen, aber die Jungs wollen die Musik nicht so ohne weiteres an den Nagel hängen.“

„Mhh, weiß ja nicht, was ihr von mir erwartet, aber ich bin jetzt kein grandioser Sänger…“

Zero boxte mich gegen den Arm und ich feuerte einen bösen Blick in seine Richtung. Dann zog er mich am Arm hoch.

„Kazuki wollte sagen, dass er sich ein bisschen einsingen muss…“

Mein Freund steckte neben mir seinen Bass ein und ermutigte mich, meinen Platz am Mikro einzunehmen. Ich stimmte meine Gitarre und klimperte ein bisschen darauf, sang ein paar Takte dazu, dann nickte ich Zero zu. Zusammen stimmten wir ein selbstgeschriebenes, eher langsames Stück von mir an. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Mich von der Musik treiben zu lassen, was mir auch nach und nach gelang. Ich fühlte mich wieder ein bisschen wie damals in dem kleinen Pub, in dem ich immer vorspielte. Diese Zeit schien sehr weit in der Vergangenheit zu liegen. Nachdem ich meine Performance beendet hatte, schaute ich vorsichtig in die Runde, doch stieß ich da auf recht zufriedene Gesichter.

„Nicht übel Kleiner“, lobte mich Tzukasa.

„Also ich muss auch nicht lange überlegen…fragt sich nur, wie schnell du startklar sein kannst?“, mischte sich jetzt auch Karyu ein und mein Blick wurde wieder unsichrer.

„Startklar wofür?“

„Ne kleine Tour durch Japan“, freute sich Zero und mit aufgerissenen Augen schaute ich meinen Freund geschockt an. Band hin oder her, aber eine Tour? Das hieß singen vor ganz vielen Menschen.

„Mh…ich weiß nicht…“, gab ich ehrlich zu.

„Kazuki…wir treten meist in kleineren Locations auf“, munterte mich der Despa Drummer auf und ich versuchte zu lächeln. Dann fiel mir etwas ein, was ich bislang verdrängt hatte. Im September, also in einer Wochen, würde Kyo mit Dir en Grey drei Monate auf Tour sein und das nicht nur in Japan, sondern auch in den USA. Das bedeutete, ich musste wohl eher hier bleiben. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

„Wie lange würde unsere Tour denn dauern?“, fragte ich deshalb.

„Mit Pausen dazwischen und den Fahrten etwa anderthalb Monate“, überlegte Karyu. Da wäre zumindest schon die Hälfte abgedeckt. Darüber, was ich dann die restlichen anderthalb Monate trieb, würde ich mir Gedanken machen, wenn es soweit war.

„Na schön…ich brauche wohl noch den einen oder anderen Gig ohne Publikum, aber warum nicht? Ich bin dabei.“

Zero klopfte mit freundschaftlich auf die Schulter. Anschließend begannen wir mit der Arbeit- das Zusammenstellen der Setlist. Es wurde ein schöne Mischung und der eine oder andere DespairsRay`s Song hatte sich auch unter die ausgewählten Lieder gemischt. Diese Titel schrieb ich mir extra heraus, um sie separat zu üben. Ich beschloss auch ein bisschen länger zu bleiben, um diesen Punkt auf meiner To-Do-List sofort in die Tat umzusetzen. Zero wollte auch bleiben, um sich um irgendwelchen Papierkram zu kümmern. Nach zwei Stunden, mehr oder minder zufrieden, beendete dann auch ich meinen Arbeitstag. Leicht erschöpft ließ ich mich auf dem Sofa nieder und rieb mir den brummenden Schädel. Da schwebte vor mir auf einmal, wie von Geisterhand, ein Bier und ein breit grinsender Zero überreichte es mir zur Feier des Tages.

„Das hast du dir verdient.“

Ich massierte meine pochenden Schläfen und nahm das kalte Getränk entgegen. Da fiel mir auf einmal auf, dass ich in den letzten Stunden keine einzige Zigarette angerührt hatte. Doch sobald dieser Gedanke mein Gehirn erreicht hatte, schrien meine Lungen nur so nach Nikotin.

„Darf ich hier rauchen oder besser draußen?“

„Draußen. Ich komm mit.“

Etwas schwermütig erhob ich mich und schlurfte vor die Tür. Zero reichte mir das Feuerzeug und ich nahm einen tiefen Zug. Der Mond schimmerte durch die Wolken und es war erstaunlich, wie schnell die Nacht hereingebrochen war.

„Hast du Lust auf Proberaumparty? Kao fragt, ob wir rum kommen.“

Ich trank gierig von meinem Bier, um meine ausgetrocknete Kehle mit Flüssigkeit zu versorgen.

„Warum nicht.“

Kyo hatte heute Morgen einen Tattootermin, um das Motiv auf der Brust, seinem Bauch und am Hals zu vollenden. Außerdem wollte er sich danach mit den Jungs von Sukekiyo treffen, um das neue Album fertig zu stellen. Vermutlich würden wir uns deshalb vor morgen nicht sehen. Trotzdem schickte ich ihm eine Nachricht, in der ich fragte, ob er nich auch zum Proberaum kommen wolle.

 

Unsere Freunde begrüßten uns und mir fiel auf, dass Die und Toshi mehr noch als sonst aneinander hingen. Hatte das mit neulich zu tun? Lächelnd winkte ich ihnen zu und setzte mich zu den beiden.

Bisher blieb meine SMS unbeantwortet, da half es auch nichts, wenn ich alle fünf Minuten mein Display anstarrte. Noch immer fragte ich mich, wie ich diese drei Monate überleben sollte, wenn schon wenige Stunden ohne ihn unerträglich erschienen? Diese Gedanken vereinnahmten mich schon wieder viel zu sehr und ich hasste mich dafür.

„Und wie war dein Vorsingen Kazu-chan?“, fragte mich ausgerechnet Kaoru. Ich zuckte etwas verlegen mit den Schultern und lächelte.

„Naja, schätze, in nem Monat gehen wir auf Tour…“

„Das klingt, als hättest du den Jungs so richtig eingeheizt“, stichelte Toshiya rechts neben mir und Die kicherte.

„Na klar…aber ich hatte auch ein bisschen Unterstützung von Zero“, sagte ich und nickte mit dem Kopf in seine Richtung. Kaoru klopfte seinem Lover anerkennend auf die Schulter. Immer wieder warf ich einen Blick auf mein Handy, doch dieses dumme Telefon wollte einfach nicht blinken und mir somit signalisieren, dass eine neue Nachricht eingegangen war. Genervt und irgendwie enttäuscht kaute ich auf meinen Fingernägeln umher, doch als mich Toshiya dabei ertappte, tippte er gegen meine Hand und schüttelte verächtlich mit dem Kopf. Ich war umringt von zwei Pärchen, was meine Situation nicht gerade vorteilhafter machte, denn auch Kaoru und Zero tauschten heute mehr Zuneigung aus, als sonst. Hin und wieder ein liebevoller Blick, ein Lächeln oder ein Tätscheln am Arm.

„Wo ist eigentlich Shinya?“

„Zu Hause bei seinen Hunden. Er meint es vor der Tour immer besonders gut mit ihnen, weil er ein schlechtes Gewissen hat, sie so lang allein zu lassen“, beantwortete Die meine Frage. Da ich schon wieder keine Zigaretten mehr besaß, schaute ich mich suchend auf dem Tisch um und entdeckte eine fast volle Packung vor Daisuke. Ich beugte mich vor, sodass sich mein Gesicht in sein Blickfeld schob, setzte einen etwas unschuldigen Blick auf und schob meine Hand langsam in die Richtung des Objektes der Begierde. Der Blondschopf lächelte mich verschmitzt an.

„Als ob ich dir einen Wunsch abschlagen könnte, wenn du mich so zuckersüß ansiehst“, witzelte er und schob mir auch sein Feuerzeug zu. Ich steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. Trotz der sommerlichen Temperaturen hatte ich heute eine lange Hose an und das bereute ich noch immer, denn der Stoff klebte unangenehm an meinen Beinen fest. Glücklicherweise traf das weniger auf die Wahl meines Oberteils zu, welches nicht gerade viel Haut verdeckte. Trotzdem fächelte ich mir mit der Hand Luft zu. Toshiya reichte mir einen kleinen, mit Batterien betriebenen Ventilator.

„Oh danke, du bist meine Rettung…“

„Mag noch jemand was trinken? Ich wollte mir gerade ein neues Bier holen“, fragte Zero und riss sich von Kaoru los. Ich hob die Hand, wie auch Die und Toshiya. Das Vibrieren meines Telefons ließ mich zusammenzucken. Ich klemmte mir meine brennende Kippe zwischen die Lippen und fingerte das Smartphone aus meiner engen Hosentasche. Doch ein Blick auf das helle Display ließ meinen Anflug von Euphorie wieder schwinden, denn es war Sota, der fragte, wie die Probe verlaufen war. Enttäuscht lehnte ich mich an die Sofalehne und starrte Löcher in die Luft, ohne meinem besten Freund zu antworten.

Ich spürte ein Pieken von der Seite und schielte mit einer Schmollschnute zu dem Diru Bassisten.

„Ach Kazu…machst du dich schon wieder verrückt?“

„Mhh…er könnte wenigstens zurückschreiben“, murrte ich leicht angefressen und spürte Toshis Hand im Nacken, die mich aufmunternd kraulte.

„Er ist eben ein viel beschäftigter Mann…“

„Jaja, ich weiß. Er fehlt mir trotzdem und in ner Woche seid ihr erst Mal drei Monate weg…das wird nicht einfach Toshi und ich hab ein bisschen Angst davor.“

„So darfst du nicht denken. Jetzt gibst du erst Mal ein paar Gigs in Japan und danach ist es ohnehin angenehm seine Ruhe zu haben…also auch tatsächlich allein zu sein. Das fehlt mir manchmal.“

„Willst du etwa sagen, dass ich dir auf die Nerven gehe, Tosh?“, beschwerte sich Daisuke.

„Niemals Die…mhh, wobei…manchmal nach einer Tour schon. Aber du hast dich schon gebessert“, ärgerte der Bassist seinen Gitarristen und auch ich schmunzelte über die liebevollen Sticheleien der beiden.

„Glaub ihm kein Wort Kazuki. Denn Tosh mutiert nach den Konzerten immer zum Schmusekätzchen und kann gar nicht genug von mir bekommen…von wegen du willst allein sein…“, schüttelte der Blonde seinen Kopf und griff nach seiner Zigarettenschachtel. Zero kehrte mit dem Bier zurück und stellte die Flaschen auf dem Tisch vor uns ab. Wir prosteten uns zu.

„Und wenn dir die Decke auf den Kopf fällt, Kazu, dann sag Bescheid…ich finde schon eine passende Ablenkung für dich“, sprach mir nun auch Zero zu.

„Danke, da komm ich sicher drauf zurück, wenn ich nicht nach der Tour genug von dir Nervensäge habe.“

Der andere Bassist streckte mir die Zunge raus, doch ich grinste nur. Da öffnete sich plötzlich die Tür vom Proberaum und mein Herz machte einen Hüpfer. Augenblicklich sprang ich auf und flog förmlich in die Arme meines schönen Sängers. Sein weißes, weites Tanktop war von der Hitze leicht feucht, doch das störte mich nicht. Leider hatte ich für den Moment völlig vergessen, dass mein Liebster frisch tätowiert war. Sein Gesicht verzog sich leicht und ich schaute ihn entschuldigend an. Kyo ließ die Tür offen, damit ein bisschen Luft in den Raum zog.

„Hu…was für eine Begrüßung“, freute er sich und gab mir einen Kuss. Die und Toshi rutschen noch ein bisschen zusammen, sodass wir uns zu ihnen setzen konnten.

„Also Jungs, ihr wisst, wie die nächsten vier Tage aussehen werden?“, fragte der Leader in die Runde. Ein allgemeines Murren ging durch die Runde.

„Als könnten wir die Lieder nicht schon im Schlaf spielen Kao…können wir uns nicht auf drei Tage einigen?“, meckerte kein anderer als Die und der Diru Leader rollte genervt mit den Augen.

„Dreieinhalb…Ende der Diskussion.“

Der blonde Gitarrist seufzte lautstark.

„Immer musst du das letzte Wort haben.“

„Ich bin ja auch der Leader…wir können gern tauschen…ähm wobei…nein, besser nicht“, nahm er seine Worte sogleich zurück und entlockte meinem schönen Sänger ein Schmunzeln.

„Oh ich wäre ein großartiger Bandleader!“, brüstete sich Die und alle lachten. Kaoru besonders laut.

„Ich glaub du verwechselst das mit nem Partyplaner…dafür würde ich dich sofort buchen.“

Die warf seinem Freund einen vernichtenden Blick zu.

„Nimm du den Mund mal nicht so voll…ich würde dich überraschen. Immerhin bin ich jetzt älter und weiser.“

Kyo, der sich gerade an meinem Bier bedient hatte, bekam einen kurzen Lachanfall und hatte Mühe sein Bier im Mund zu behalten. Mit dem Handrücken wischte er sich über die Lippen.

„Danke auch…wenigstens von dir hätte ich mehr Unterstützung erwartet Tooru-chan“, grummelte Die in seinen nicht vorhanden Bart.

„Älter sicher, nicht aber weiser Dai Dai“, lachte Kyo noch immer.

„Ich hab gehört, du wurdest heute frisch tätowiert? Das tut sicher noch weh, wenn man drauf fasst“, stichelte Die jetzt zurück. Kyos Blick war zum Fürchten.

„Wenn dir dein Leben lieb ist, verwirfst du diesen Gedanken ganz, ganz schnell wieder.“

„Als müsste ich mich vor dir Zwerg fürchten.“

Jetzt war ich es, der lachen musste und auch Toshiya neben mir hielt sich den Bauch vor Lachen. Mein schöner Sänger schaute mich etwas irritiert an.

„Hat er mich jetzt ernsthaft Zwerg genannt?“

Ich nickte stumm und presste die Lippen aufeinander, um nicht wieder loszuprusten. Er griff nach meiner Bierflasche, setzte diese an und schluckte jedoch nicht runter. Ich duckte mich hinter Toshi ab.

„Das machst du nicht Tooru“, sagte Die, doch sicher schien er sich nicht zu sein. Der Bassist rutschte jetzt auch ein bisschen näher zu mir und duckte sich ebenfalls ab. Auf dem Gesicht meines schönen Sängers zeichnete sich ein boshaftes Grinsen ab und wenige Sekunden später bekam der blonde Gitarrist einen Schwall Bier ins Gesicht. Kreischend sprang er auf und wischte sich die Flüssigkeit mit seinem Shirt aus dem Gesicht.

„Du bist widerlich“, schimpfte er, doch Kyo krümmte sich neben mir vor lachen.

„Du sollst dich doch nicht mit kleineren anlegen Die…Zwerge sind äußert boshaft und hinterhältig, hat dir das noch keiner gesagt?“

„Dass du auch immer alles wörtlich nimmst.“

Unschuldig zuckte mein Liebster mit den Schultern.

„Dann solltest besser aufpassen, was du sagst.“

Kaoru schlug sich wieder Mal mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Man sollte nicht meinen, dass ihr erwachsenen Männer über vierzig seid.“

„Komm schon Kao, wolltest du heut nicht Party machen?“, warf Die ein. Dem Leader entfuhr ein Seufzen.

„Schon…naja, ich sehe, es hat schon seinen Sinn, dass ich Leader bin und keiner von euch Kindsköpfen.“

„Du bist schlimmer als meine Obaa-san…sie beschwert sich schon immer, dass ich mich mit meinen Anfang vierzig viel zu kindisch verhalte.“

Toshiya entfuhr ein Glucksen.

„Naja, ganz unrecht hat sie nicht Schatz.“

„Ist heut eigentlich wieder Mal der alle gegen Die Tag?“, beschwerte sich der Blonde und zündete sich schmollend eine Zigarette an. Doch sogleich legte Toshiya liebevoll seinen Arm um seinen Gitarristen und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Insgeheim lieben wir dich und deinen Chaotismus.“

Jetzt grinste auch Daisuke wieder und küsste Toshi zurück. Die zwei waren einfach zu süß.

Ich zog Kyos Tanktop ein wenig zur Seite, um einen Blick auf seine neuesten Bilder zu erhaschen. Mein wandelndes Kunstwerk. Ich freute mich schon darauf, wenn die Tattoos abgeheilt waren und ich sie in ihrer vollkommenen Schönheit bewundern konnte. Oh ja, wie freute ich mich darauf. Gleichermaßen spürte ich, wie diese kleinen Hitzewellen durch meinen Körper geschickt wurden. Deshalb versuchte ich meine Gedanken nicht noch weiter an einen halbnackten Kyo denken zu lassen. Die Hitze stieg mir auch zu Gesicht und schnell trank ich einen Schluck vom kalten Gerstensaft. In der Hoffnung niemand bemerkte meine obszönen Gedankengänge. Auch Zero schien viel zu sehr damit beschäftigt, Kaoru zu umschwärmen. Dieser erhob sich auf einmal, verflocht seine Hand mit der des Diru Leaders und kündigte an, dass sich die beiden auf den Heimweg begaben. Auch Die und Toshi taten es ihnen wenig später gleich. Blieben also noch mein schöner Sänger und ich.

„Kao kann mich Mal, von wegen vier Tage hier meine Zeit im Proberaum verschwenden“, sagte Kyo und steckte sich eine Zigarette an.

„Dreieinhalb“, korrigierte ich ihn grinsend und erntete einen bösen Blick seinerseits.

„Wie auch immer. Ich werde nicht die ganze Zeit hier hocken. Die Setlist steht und ich kann meine Texte Inn und auswendig.“

„Und der nächste Streit ist schon vorprogrammiert“, gab ich zähneknirschend von mir und stibitzte seine Zigarette.

„Warum bist du eigentlich so frech heute?“

Amüsiert zuckte ich mit den Schultern und blies den Rauch an ihm vorbei.

„Du hast doch angefangen mein Bier zu mopsen.“

Kyos Augen verengten sich zu Schlitzen und angriffslustig funkelte er mich an. Ein angenehmer Windhauch erreichte uns und ich schloss kurz die Augen.

„Wie war dein Tag eigentlich?“, fragte mein schöner Sänger dann, als wäre nichts gewesen.

„Denke ganz okay…ich schätze ich spiele jetzt in ner Band.“

„Sehr schön…ich bin stolz auf dich Kazu.“

„Ende September starten wir eine kleine Tour durch Japan. Bin gespannt, wie sich unser Leben als Band gestaltet und, ob ich mit den Jungs auskomme.“

„Bestimmt. Magst du nach Hause?“

„Glaub schon. Ich bin etwas erledigt.“

Ich leerte mein Bier, brachte die Flasche weg und folgte Kyo nach draußen. Er schloss ab und wir schlenderten Richtung Metro. Hin und wieder berührten sich unsere Finger, doch wie immer in der Öffentlichkeit tat ich mich schwer, meine Zuneigung zu dem Dir en Grey Sänger zu zeigen. Immerhin konnten die Paparazzis überall lauern und ich wollte seinem Image nicht schaden.

 

Zu Hause entfernte Kyo die Folie von seinem Oberkörper und sprang unter die Dusche. Auch ich entkleidete mich, weil ich aus diesen verschwitzten Klamotten raus musste. Ich überlegte kurz und schlüpfte schließlich doch in die Duschkabine zu meinem hinreißenden Mann. Doch das brachte mich fast schon wieder an meine Grenzen, wie er dort stand, mit geschlossenen Augen und sich mit den Händen durch die Haare fuhr. Ich griff nach dem Duschbad und verrieb es in den Händen, um Kyo vorsichtig einzuseifen. Meine Finger begannen augenblicklich zu Kribbeln, als ich seine tätowierte Haut berührte und leicht massierte. Ein wohliger Laut drang über seine Lippen. Langsam öffnete er seine Augen und die dunklen Pupillen fixierten mich lüstern.

„Du weißt gar nicht, wie unglaublich heiß du bist…ich liebe diese Kunst auf deinem Körper…so wunderschön…“, raunte ich ihm zu leckte mir über die Lippen. Ich schaute meinen hübschen Sänger noch eine Weile an und er schien es voll und ganz zu genießen.

„Ich muss raus, kommst du mit?“

Benommen nickte ich und folgte ihm. Nach dem Abtrocknen machten wir uns nicht die Mühe etwas anzuziehen, denn auch, wenn Kyos Haus ebenerdig war, blieben wir von der schwülen Sommerhitze nicht ganz verschont. Momentan reichte seine pure Erscheinung, um mein Blut in Wallungen zu bringen. Ich wurde umnebelt und war kaum mehr in der Verfassung einen klaren Gedanken zu fassen. Fast fühlte ich mich ihm wieder fern und doch so nahe. Noch immer glänzten Wassertropfen auf seinem Körper und ich musste mir immer wieder bewusst werden lassen, dass dieser schöne Mann mir gehörte. Doch sprach ich diesen Gedanken nicht laut aus. Auf einmal umspielte seine Lippen ein süffisantes Lächeln.

„Tut mir leid, aber es ist irgendwie süß, wie du mich anhimmelst…komm her“, bat er mich und streckte mir seine Hand entgegen. Zögerlich ergriff ich diese und wurde in eine sanfte Umarmung gezogen. Kyos Lippen streiften meinen Hals und seine Hände streichelten meine Seiten. Umfassten meinen Hintern und glitten hin und wieder zwischen meine Pobacken. Seine Küsse brannten auf meiner Haut und ich konnte nicht sagen, ob das an der Hitze lag oder an meinem benebelten Zustand. Schließlich vergruben sich meine Hände in seinen feuchten Haaren und ich küsste ihn begierig, weil ich es kaum mehr aushielt ihn einfach nur anzusehen.

Als sich sein Schenkel an meiner wachsenden Erregung rieb, stöhnte ich in den Kuss hinein und eine heftige Welle der Lust durchfuhr mich. Doch heute wollte ich die Erlösung so lang wie möglich hinauszögern, um jeden Moment zu genießen. Um meinen Akku für die nächsten drei Monate aufzuladen und mein Gedächtnis mit so vielen erotischen Bildern zu füllen, wie möglich war. Kyos Zunge schlüpfte durch den schmalen Spalt und rang mit meiner. Fast vergaß ich zu atmen, doch als seine schlanken Finger meine Härte entlang strichen und den Lusttropfen verrieben, entfuhr mir abermals ein erregtes Stöhnen.

„Ich liebe es, wenn du dich so fallen lässt“, wisperte mein schöner Sänger und massierte meine Erregung. Plötzlich hob er mich hoch und überrascht zog ich die Stirn in Falten. Auf dem Sofa setzte er mich ab.

„Das ist besser als stehen“, bemerkte ich und schon küssten wir uns wieder. Heiß und innig rangen wir um die Oberhand. Ich war nahe dran, Kyo die Führung heute einfach zu überlassen. Seine Hand, die auf meinem Bauch ruhte, führte ich zu meiner Brust und schon umkreisten seine Finger meine sensiblen Nippel.

„Kyo…treib mich an den Rand des Wahnsinns…reize mich, bis es nicht mehr geht…“

„Nichts lieber als das…“

Und das tat er wirklich. Entweder liebkoste er meine mittlerweile leicht geröteten Knospen oder meine Erregung. Nie beides zusammen.

Immer wieder näherte er sich meiner Öffnung, doch kam er nur so nahe wie nötig und lenkte seine Finger dann wieder zu meinen Schenkeln. Er knabberte an meinen Nippeln und das Ziehen im Unterleib verstärkte sich. Ich rang mit meiner Selbstbeherrschung und spürte, wie ich meinem Höhepunkt immer näher kam, dabei hatten wir noch nicht mal miteinander geschlafen. Doch Kyo wusste genau, was er tat und aus Erfahrung konnte ich sagen, dass er es schaffte mich auch ohne Sex zum Orgasmus zu bringen.

„Ich dreh…gleich durch…“

„Setz dich auf mich“, sagte mein Liebster und ohne eine Antwort abzuwarten, hievte er mich auf seinen Schoß und ließ sich mit etwas Hilfe in mich gleiten.

„Ahhh…“, stöhnte ich, als mich Kyo ausfüllte und sich leicht zu bewegen begann. Seine Hände packten mich an den Hüften und er gab unser Tempo vor.

„Du fühlst dich so gut an Kazu…“

Jetzt beschleunigte ich unser Liebespiel ein bisschen und nun verlor sich mein schöner Sänger auch in seiner Lust. Mit geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund legte er seinen Kopf in den Nacken und ließ sich fallen.

„Komm für mich“, hauchte ich in sein Ohr und er quittierte meine Aufforderung mit einem kehligen Stöhnen.

„Ich befürchte tatsächlich…das dauert nicht mehr lange…ohhh…“

Kyo widmete sich wieder meiner Erregung und allmählich driftete auch ich wieder ab in unsere Welt der Lust. Heiß loderte das Feuer in mir und je härter Kyos Stöße wurden, desto mehr eroberte mich die Begierde und ich gab mich ihr hin. Etwas der warmen Flüssigkeit landete auf meinem Bauch. Mein liebster säuberte uns und ich verschwand kurz im Bad.

Rauchend und noch immer nackt lag mein schöner Sänger auf dem Sofa und lächelte zufrieden. Auch dieses Bild verwahrte ich in der unsichtbaren Schublade der Erinnerungen. Ich kroch zu ihm, um mich an ihn zu schmiegen, ohne seine Tätowierung zu berühren. Er hielt mir den Glimmstängel hin und ich nahm einen Zug und da war es auf einmal wieder. Dieses unschöne Gefühl, wenn meine Gedanken zu den nächsten Monaten schweiften.

„Kyo…ich hab Angst…“

Mein schöner Sänger schaute mich mit besorgtem Blick an.

„Weshalb?“

„Vor den nächsten Monaten…davor, dass ich es nicht schaffe.“

„Oh Kazu, nicht doch. Es sind nur drei Monate.“

„Und dann sehen wir uns einen Monat, bis du wieder weg bist…sorry, das ist nicht fair…“

Kyo drückte seine aufgerauchte Zigarette im Aschenbecher auf dem Tisch aus und zog mich auf seinen Schoß. Doch dieses Mal ganz ohne Hintergedanken, nur um mir nahe zu sein.

„So wird es immer sein Süßer…das ist mein Leben und daran werde ich auch nichts ändern…doch wovor genau fürchtest du dich?“

„Vor dem allein sein.“

Kyo schüttelte den Kopf.

„Sota ist da und auch Zero. Außerdem hast du jetzt deine Band. Glaub mir, nach den ersten Auftritten willst du nie mehr was anderes, als auf der Bühne stehen. Ich glaub an dich“, versicherte er mir und küsste mich wieder.

„Vielleicht gebe ich mein erstes Gehalt für noch mehr Piercings und Tattoos aus“, nuschelte ich in den Kuss hinein und sogleich spürte ich, wie Kyo lächelte.

„Das wäre so verdammt sexy…“, freute er sich und haschte wieder nach meinen mittlerweile leicht geschwollenen Lippen.

„Nicht, dass das nötig wäre. Aber um sicher zu gehen, dass du nie mehr einen anderen Mann haben willst…“

„Oh so ist das also? Soll ich dir was verraten? Bei den Beziehungen vor dir gab es für mich nichts schlimmeres, als jemand, der mich für sich beanspruchte…doch, wenn du das sagst…ist es so anders…irgendwie okay…“

„Mh, das spricht dann wohl sehr für mich.“

„Tut es…du bist mein wertvollster Schatz, Kazu. Ich brauche dich so sehr und auch ich vergehe jetzt schon vor Sehnsucht nach dir. Deshalb sollten wir die nächsten Tage noch genießen.“

„Aber Kaoru hat doch Proben angeordnet“, warf ich ein.

„Wie gesagt, ich geb da nicht viel drauf. Lasse mich kurz dort blicken und bin dann wieder weg.“

„Und wenn du den Zorn des Leader-samas auf dich ziehst?“

„Lass das mal mein Problem sein. Singen kann ich auch hier, dazu muss ich nicht in den Proberaum und wenn Kao ein Problem damit hat, ändert das trotzdem nichts…dann ist er eben wütend, weil ich wieder aus der Reihe tanze. Na und? Das hab ich schon immer getan. Doch er weiß, was er an mir hat…also, lass ihn sauer sein. Ich werde die Tage mit meinem wunderschönen Mann verbringen. Nackt. Im Bett oder wo auch immer…“

„Manchmal spinnst du schon ein bisschen“, kicherte ich.

Kyo schaltete sein Handy vor dem Schlafengehen aus und kuschelte sich zu mir ins Bett.

Am nächsten Morgen, als ich erwachte, fand ich ihn nicht im Bett vor. Doch ein Zettel lag auf seinem Kopfkissen.

 

Bin kurz im Proberaum und einkaufen.

 

Kurz und knapp. Keine schnulzigen Liebesschwüre. Nein, so war mein Kyo nicht und so würde er nie sein. Ich beschloss Sota endlich zu antworten, sonst würde er sich wieder unnötig Sorgen um mich machen und das wollte ich nicht. Anschließend sprang ich unter die Dusche, deckte schon Mal den Tisch und kochte mir Kaffee. Dann verzog ich mich mit einem Zeichenblock und einem Stift auf die Terrasse, um an meinem Tattooentwurf für den Rücken zu arbeiten. Es sollte ein Drachen werden und ich begann mit dem Kopf, weil ich diesen im Vordergrund haben wollte. Sein Schlangenartiger Körper eher im Hintergrund, wie auch seine Klauen.

Kimi, meine Tätowiererin hatte mir geantwortet, dass wir nächste Woche die erste Sitzung starten könnten. Zum Stechen meiner Dermal Anchor hätte sie morgen Zeit, also würde ich da vorbeigehen, wenn Kyo in den Proberaum musste.

Automatisch schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen, als ich die Tür ins Schloss fallen hörte.

„Wie kann es eigentlich morgens schon so heiß sein“, grummelte mein Liebster, zog sich sein Shirt über den Kopf und warf es über die Sofalehne. Ich gab ihm einen Kuss. Er musterte meine unfertige Zeichnung und schaute mich fragend an.

„Mein Entwurf für das neue Tattoo, ist aber noch nicht fertig.“

„Oh ich bin gespannt…wird das mein Weihnachtsgeschenk?“

„Wer weiß“, erwiderte ich geheimnisvoll. Da zog er mich in eine liebevolle Umarmung und sein Blick schoss mir durch Mark und Bein. Er traf mich mitten ins Herz und ich konnte nicht anders als idiotisch verliebt zurückzugrinsen.

„Du machst es mir einfach dich zu lieben Kazuki…ich schätze deine Ehrlichkeit, eben auch, wenn du mir sagst, dass du Angst vor den nächsten drei Monaten hast…das ist okay. Nur weißt du, es ist leichter, es anders zu betrachten...dich auf den Tag zu freuen, an dem die drei Monate vorüber sind. Freu dich auf den Tag, an dem wir uns wiedersehen. Denn ich kann es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen und noch bleiben uns vier Tage.“

Ich dachte einen Moment nach und drückte mir noch einen Kaffee aus der Maschine.

„Einfach, weil ich mich bemühe dich und deinen Lebensstil zu akzeptieren?“, fragte ich dann.

„Vor allem mich. Darf ich dir was zeigen?“

Ich nickte und war gespannt, was jetzt kam. Kyo verschwand kurz im Arbeitszimmer, ließ die Tür allerdings offen stehen. Er schaltete seinen PC ein und wenig später erklang Musik und ich war mir ziemlich sicher, dass es sich nicht um Dir en Grey handelte. Dafür klang es zu anders und abstrakt. Außerdem war der elektronische Beat, der die Musik untermalte eher untypisch für die Diru Jungs.

Sukekiyo?“, fragte ich deshalb. Kyo nickte zufrieden.

„Du bist der erste, der das neue Album zu hören bekommt…sowas zeige ich sonst keinem.“

Ein verliebtes Seufzen entfuhr mir und ich schlang meine Arme um den hübschen Sänger.

„Klingt schön…ich mag es, wenn du singst. Es lässt mich dahinschmelzen…“, übertrieb ich ein bisschen und Kyo rollte mit den Augen.

„Spinner.“

Wir setzten uns an den Tisch und frühstückten endlich.

„Hat Kaoru dich freiwillig entlassen oder bist du einfach wieder gegangen?“, fragte ich dann.

„Er hat mich tatsächlich entlassen, wie auch alle anderen. Wir treffen uns übermorgen. Ich vermute, Zero ist nicht ganz unbeteiligt an Kaorus Meinungsänderung.“

Ich grinste und biss von meiner Frühlingsrolle ab.

Als ich fertig war, rutschte ich meinen Stuhl zurück und setzte mich auf Kyos Schoß. Mit dem Gesicht zu ihm gewandt, um ihn zu küssen. Meine Hände umfassten sein Gesicht zaghaft und zärtlich strichen meine Daumen über seine Wangen.

„Es ist auch einfach dich zu lieben Kyo, weil du mich lässt. Und jeden Tag ist es auf’s Neue mein wundervollstes Geschenk neben dir aufzuwachen, in dein verschlafenes, leicht zerknautschtes Gesicht zu schauen und zu wissen, dass wir zusammen gehören.“

„Zerknautscht? Sagst du mir schon wieder unterschwellig, dass ich alt bin?“

„Nein…gar nicht…ich hätte auch süß sagen können.“

„Mh, das macht es nicht besser“, murrte er und zog mich in einen Kuss, bevor ich noch weiterredete.

„Dann bist du eben weder alt, zerknautscht noch süß…“

Fragend schauten mich seine dunklen Rehaugen an.

„Was dann?“

„Liebenswert, sexy und meins.“

„Das klingt schon besser…weißt du was noch furchtbar ist?“

Ich schüttelte den Kopf und befürchtete schon, Kyo würde mir eine weitere unheilvolle Nachricht überbringen. So guckte er zumindest.

„Drei Monate keinen Sex…das wird hart.“

„Mh, das hab ich bisher erfolgreich verdrängt. Ich könnte ja für eine Nacht zu dir fliegen, wenn wir es gar nicht mehr aushalten.“

„Genau…da würde ich manchmal gern mit Die oder Toshi tauschen. Die haben das Problem nicht.“

„Ich schicke dir ganz viele Nacktbilder“, raunte ich.

„Du bringst mich schon wieder völlig um den Verstand.“

„Dann sollten wir was dagegen tun“, antwortete ich und biss ihm leicht in den Hals.

„Hier?“

„Klar, da hat die Nachbarschaft auch was davon.“

Doch verlagerten wir unser Liebesspiel dann nach drinnen. Wieder einmal rangelten wir, wer von uns beiden den dominanten Part spielte und dieses Mal gewann ich. Vorerst zumindest. Allerdings noch bevor wir richtig zur Sache kamen, klingelte es. Genervt seufzte Kyo in den Kuss und löste sich von mir. Er redete mit irgendwem, aber ich konnte die Stimme der anderen Person nicht erkennen. Irgendwie kam auch keiner ins Haus. Vielleicht die Post? Sollte ich nachschauen? Unsicher setzte ich mich auf und versuchte einen Blick zu erhaschen, doch Kyo stand so in der Tür, dass ich nichts sehen konnte. Sicherheitshalber huschte ich ins Schlafzimmer und zog mir ein Shirt über, sodass ich nicht  nur in Hose bekleidet Besuch empfing. Mein schöner Sänger schien mit irgendwem zu diskutieren und so langsam wurde ich schon neugierig, wer unser ungebetener Gast sein konnte. Der liebevolle Ausdruck war wie weggewischt und die Miene meines Liebsten war nun mehr finster und dezent genervt. Hinter ihm trat Akira ins Haus. Kyos Bruder begrüßte mich mit einer kurzen Verbeugung und ich tat es ihm gleich. Ich traute mich gar nicht so richtig zu fragen, was los war.

„In einer Woche beginnt unsere Tour und die lasse ich sicher nicht sausen, nur weil unser lieber Vater nicht mehr der Jüngste ist und das Bett hütet. Du kommst doch nur, um dein Gewissen zu beruhigen Aki-chan.“

„Und wenn schon, er ist auch dein Vater. Bitte, komm wenigstens einen Tag mit…er hat nach dir gefragt.“

„Super und dann? Darf ich mir anhören, was für ein Versager ich bin? Er hat mich raus geschmissen, schon vergessen?“, fuhr er seinen kleinen Bruder an und so zornig hatte ich meinen schönen Sänger schon lange nicht mehr erlebt.

„Kazuki, kannst du ihn nicht zur Vernunft bringen?“

„Wage es ja nicht Kazu da mit rein zu ziehen. Meine Antwort ist und bleibt nein!“

„Was ist denn passiert?“, fragte ich vorsichtig. Noch immer mehr als gereizt funkelte Kyo uns an und presste seine Lippen aufeinander.

„Papa ist krank und er hat nach Tooru gefragt…ich glaube er will ihn sehen, weil er ihm vergeben hat…“

„Erzähl doch keinen scheiß Akira…er will mich nicht sehen, um mir zu vergeben…“

„Und was ist, wenn er stirbt, während du dich auf deinen Konzerten vergnügst?“, fiel ihm der Jüngere ins Wort. Wenn das mal nicht in einem Familiendrama endete. Die Hände meines Liebsten ballten sich zu Fäusten und ich war mir ziemlich sicher, dass Akira das mit voller Absicht gesagt hatte, weil er wusste, wie viel Kyo seine Musik bedeutete.

„Du bist kein Deut besser als er…tut mir leid, dass ich nicht in unser tolles Familienbild passe! Ich war dir doch nie so wichtig wie Papa oder Hana. Du hast mich immer nur toleriert, weil es Hana so wollte, stimmt’s?“

„Das ist doch Schwachsinn. Ich will nur verhindern, dass du es bereust, nur weil dir dein Stolz und deine Prinzipien wichtiger sind, als dein eigener Vater.“

Kyo lachte trocken und gekünstelt.

„Was weißt du schon davon kleiner Bruder. Dir wurde doch immer alles in den Arsch geschoben.“

„Ich hab unsere Familie auch nicht hängen lassen, indem ich einfach vor meinen Problemen davon gerannt bin!“

„Ich soll davon gerannt sein? Hast du mitbekommen, als was er mich alles beschimpft hat? Das hat nichts mit wegrennen zu tun Aki…“

Der verletzte Blick Akiras rührte mich fast selbst zu Tränen. Doch Kyo blieb eisern und leider musste ich mir eingestehen, dass ich eher auf Akiras Seite stand. Ich nahm all meinen Mut zusammen und hoffte nur, dass mich mein Liebster nicht verurteilte, für das, was ich jetzt tat. Ich machte einen Schritt auf seinen Bruder zu und legte meine Hand auf seine Schulter. Dabei blickte ich ihm tief in die Augen.

„Lässt uns einen Augenblick allein?“

Er nickte und verschwand in Richtung Terrasse. Kyo stieß mich von sich, als ich näher kam.

„Wage es ja nicht Kazuki…“, drohte er mir, aber ich blieb ruhig.

„Was soll ich nicht wagen? Du hast doch keine Ahnung, was ich vor habe.“

„Oh doch…du willst versuchen mir einzureden, dass es richtig ist zu meinem Vater zu fahren.“

Ich atmete tief ein und wieder aus.

„Ist es denn das Richtige?“, fragte ich ihn zurück.

„Nein. Er hat mich zeitlebens nur gedemütigt…vor anderen bloß gestellt…ich hasse diesen Menschen Kazu…“

Jetzt ließ er meine Nähe doch zu und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu drüken.

„Ich weiß…aber wir könnten hinfahren und dann gleich wieder weg, wenn es blöd wird. Gib ihm eine letzte Chance, denn auch, wenn du ihn hasst, bist du nicht so wie er. Zeig ihm, dass dir trotzdem etwas an ihm liegt…und das tut es, denn sonst würdest du nicht so reagieren…“

„Und dich hasse ich auch gerade…“, murrte er und ich lächelte traurig.

„Weil du weißt, dass ich Recht habe…dafür ist es in Ordnung…“

Ungläubig schaute er mich an.

„Du nimmst in Kauf, dass ich dich hasse?“

„Ich weiß wie es ist jemanden zu hassen Kyo und das zu sagen ist eine Sache, doch dieses Gefühl in dir zu tragen, ist etwas ganz anderes. Du bist wütend, weil dein Vater ein Teil deines Lebens zerstört hat…verständlich. Aber du bist nicht blöd und du kannst das, wozu er vielleicht nicht imstande ist- nämlich verzeihen.“

Mein schöner Sänger sank in meine Arme und spürte seinen schnellen Herzschlag.

„Versprichst du mir, dass du nicht von meiner Seite weichst?“

„Natürlich verspreche ich dir das.“

Ein tiefes Seufzen ließ seine Brust schon fast erzittern.

„Dann lass uns gleich fahren…ich will es hinter mir haben.“

Ich zog mich um und auch Kyo tauschte seine bequeme Hose gegen eine Jeans sowie ein helles, sommerliches Hemd. Er wies seinen Bruder an, dass wir jetzt soweit waren. Im Gehen schnappte sich Kyo noch eine Sonnenbrille und einen seiner Hüte. Die Tür schloss er ab und drückte auf den automatischen Öffner, worauf hin sich das Garagentor anhob.

Es kam mir irgendwie vor wie Deja-vu, denn letztes Jahr Weihnachten sind wir schon einmal runter nach Osaka gefahren, um Kyos Geschwister zu besuchen. Und wieder verlief unsere Autofahrt recht schweigsam. Abgesehen davon, dass mein Liebster die Songs für die anstehende Tour übte. A Kapella und ich bekam quasi meine private Show, die mehr als sehenswert oder in dem Fall wohl eher hörenswert war, denn Kyo verausgabte sich und hin und wieder bekam ich ein bisschen Angst, dass er den Verkehr um uns herum vergessen könnte.

Nach etwa einer knappen Stunde fuhren wir ins das mir schon bekannte Wohngebiet. Doch hielten wir dieses Mal an einem anderen Haus. Ich drückte seine Hand und versuchte ihm ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, welches er jedoch nicht erwiderte.

Hana kam sogleich angestürmt und fiel ihrem großen Bruder um den Hals. Wir liefen um das Haus herum und kamen in einen kleinen Garten mit einer Hecke rings herum sowie einer Sitzecke. Dort in einem Rollstuhl saß Kyos Vater und es erschreckte mich ein wenig, dass sich ein Mensch innerhalb eines halben Jahres so verändern konnte. Das letzte Mal strahlte er noch das blühende Leben aus, wenn auch nicht gerade symphytisch und jetzt hockte er da in geduckter Haltung wie ein Häufchen Elend. Automatisch fragte ich mich, ob ich zu meinen Eltern fahren würde, wenn es ihnen schlecht ging? Und schon fühlte ich mich schlecht, weil ich Kyo vielleicht zu etwas gedrängt hatte, was er wirklich nicht wollte.

„Tooru…bist du das?“

„Ja…Otou-chan“, erwiderte mein Liebster sanfter als erwartet.

„Es tut gut dich zu sehen. Wie geht es dir?“

Kyo sog die Luft scharf ein.

„Ganz okay…kannst du mir sagen, was das hier soll?“

Der ältere Mann erwiderte lange nichts, dann räusperte er sich.

„Ich werde alt mein Junge…denke viel nach, vor allem über dich…“

„Aha…“

„Hana hat mir ihre gesammelten Berichte von deiner Band…Dir en Grey vorgelesen…du bist berühmt…“

Er legte immer wieder Pausen ein, weil ihm das Atmen sichtlich Probleme bereitete. Ich beobachtet Kyo und trat ein Stück näher zu ihm.

„Kann man wohl sagen. Und jetzt? Sag bloß das ist dir auf einmal wichtig?“

„Du klingst…verbittert…so voller Hass…es tut mir leid…“, krächzte der ältere Mann und mein Liebster biss sich heftig auf die Unterlippe.

„Deine Entschuldigung kommt etwas spät, findest du nicht?“

„Naja, besser spät als nie…Tooru, ich bin alt und gebrechlich…meine Jahre sind…gezählt…ich will nicht im Zwist mit dir auseinander gehen…“

Kyo schnaubte verächtlich und zündete sich eine Zigarette an.

„Ist es dir auch egal, dass ich mit einem Mann zusammen bin? Oder kannst du damit leben, wenn die Nachbarn nachher reden, was für ein volltätowierter Verrückter bei dir war?“

Herr Nishimura schaute seinen Sohn leicht amüsiert an.

„Ändern kann ich daran wohl ohnehin…nichts…mehr. Bist du…Toorus…Freund?“, stellte er die Frage an mich gerichtet und ich nickte nur.

„Ja Nishimura-san…mein Name ist Kazuki“, antwortete ich und verneigte mich kurz.

„Du bist ein…hübscher…junger Mann…und mein Junge…scheint dir…zu vertrauen.“

„Das hoffe ich doch…sonst wäre ich vermutlich nicht mit hier.“

Ich fühlte mich irgendwie unwohl und wusste nicht so recht, wie ich mich verhalten sollte, deshalb ergriff ich Kyos Hand und er verflocht sie mit meiner.

„Wir werden im Dezember heiraten“, sprach mein schöner Mann weiter und die Augen seines Vaters wurden größer.

„In der Nähe von Kyoto gibt es einen Tempel…“

„Das freut mich…ich gebe euch meinen Segen…“

Am Zittern seiner Hände spürte ich noch immer, wie Kyo innerlich tobte und mich überkam das ungute Gefühl, dass die Bombe jeden Moment platzt.

„Warum hast du mich weggeschickt?“, fuhr er seinen Vater jetzt an.

„Tooru…ich…hoffte…irgendwann kommst…du zurück…aber ich hab nicht mit deinem…Stolz gerechnet…darin ähneln wir uns sehr. Denn erst jetzt, wo ich…alt und krank…bin, habe ich nachgeben können…“, erwiderte er.

„Dein beschissener Ernst? Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein…“, antwortete er ziemlich verletzt.

„Tooru…ich erwarte nicht, dass du mir verzeist…doch ich möchte, dass du weißt…ich verzeihe dir…“

Kyo zog seinen Hut vom Kopf und raufte sich die Haare. Ich konnte regelrecht spüren, wie dieser Kampf in ihm tobte.

Hana brachte uns Limonade. Wie gerne würde ich ihm einerseits helfen und ihm sagen, dass es richtig ist, seinem Vater zu verzeihen. Doch dachte ich andererseits, dass es mir nicht zusteht, ihm dahingend einen Rat zu geben. Er musste das für sich entscheiden. Schweigend nippte er an seinem Getränk und trommelte nervös mit den Fingern auf dem Tisch.

„Na schön…allerdings brauche ich Zeit, um das erst Mal zu verarbeiten.“

Der ältere Mann schaute seinen Sohn an und kleine Lachfältchen umringten seine Augen, als er lächelte. Kyo hingegen verzog noch immer keine Miene.

„Ich wünsche dir eine erfolgreiche Tour mein Junge. Akira, hilfst du mir mit dem Rollstuhl?“, bat er seinen jüngeren Sohn und hob die Hand zum Abschied.

„Ihr könntet noch zum Essen bleiben“, schlug Hana vor, doch sogleich schüttelte Kyo mit dem Kopf, leerte sein Glas und nickte mir auffordernd zu.

„Es war gut, dass du da warst…“, sagte das Mädchen noch zu ihm und umarmte ihn.

„Fragt sich nur für wen. Ich kann das nicht so einfach vergessen Hana.“

Sie versuchte zu lächeln, doch das schien meinen schönen Sänger nicht zu erreichen.

„Meld dich nach der Tour mal wieder, bitte.“

Kyo nickte und schlurfte zum Auto. Ich folgte ihm, traute mich jedoch nicht so recht ihn anzusprechen. Er stöpselte sein Handy an die Musikanlage und startete den Motor. Aus den Boxen drang ein ungewöhnlicher Sound. Sehr elktronisch und da fiel mir ein, dass er mir ja eigentlich das neue Album von Sukekiyo hatte zeigen wollen. Dorothy zeigte das Radiodisplay an. Ich mochte die Musik und wippte mit dem Bein im Takt dazu.

„Durchaus tanzbar…hat ein bisschen was von J-Pop.“

„Naja, jetzt nenn es nicht gleich so…ich glaub ich muss mich heut irgendwo betrinken gehen…das war irgendwie zu viel“, bemerkte Kyo und ich tätschelte seine Schulter. Wir fuhren mitten in den Sonnuntergang hinein. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Bein, doch als ich zu meinen schönen Mann blickte, war sein Blick auf die Straße gerichtet. Ich lächelte trotzdem und genoss seine Zuneigung.

von Tattoos und Shopping

Kyo war wie so oft nicht da, als ich vom Piercen nach Hause kam. Naja, besser ich gewöhnte mich schnell an den Gedanken, denn bald hatte ich das Haus drei Monate für mich allein. Wieder spürte ich dieses erdrückende Gefühl in meiner Brust. Ruhig, Kazuki, entspann dich, redete ich mir mutig zu. Doch erinnerte ich mich unweigerlich an das letzte Mal, als ich die Wohnung für mich allein hatte. Nein, soweit sollte es nicht mehr kommen. Seufzend hängte ich den Schlüssel an den dafür vorgesehenen Haken an der Wand im Flur, streifte meine Schuhe von den Füßen und schlurfte Richtung Küche. Dort stellte ich mich ans Fenster, um eine Zigarette zu rauchen. In meinem Kopf versuchte ich noch immer einen Plan für die nächsten drei Monate zu schmieden. Tour hin oder her, irgendwann würde ich allein mit mir sein müssen und das machte mir Angst. Natürlich verfluchte ich mich auch für solche unnötigen Gedankengänge, weil sie völlig unbegründet waren. Am liebsten würde ich mich in einen dreimonatigen Schlaf begeben und erst dann wieder aufwachen, wenn Kyo zurück war. Mir entfuhr erneut ein tiefes Seufzen. Vor allem, wie schaffte ich es ihn nicht schon wieder zu enttäuschen? Vielleicht sollte ich Sota fragen, ob er solange hier wohnen wollte. Naja, zwei Tage blieben ja noch.

Die Tür fiel ins Schloss und automatisch schlich sich dieses verliebte Grinsen auf mein Gesicht.

„Hallo Schatz…mhh ich mag es, wenn du mich so süß grinsend empfängst“, schnurrte mein schöner Sänger und zog mich in eine Umarmung, sodass sich unserere Gesichter fast berührten.

„Ach ja? Dabei geht mir schon wieder soviel Quatsch durch den Kopf…“

„Mhh, muss ich mir Sorgen machen?“

„Glaub nicht. Irgendwann muss ich ja irgendwie mit mir klar kommen.“

Jetzt legte er seine Lippen fordernd auf meine, als wolle er mit diesem Kuss sagen, dass er nicht duldete, wenn ich in seiner Abwesenheit irgndwelche Dummheiten anstellte.

„Wir schreiben einfach ganz viel und vermutlich werde ich das Hotel ohnehin kaum verlassen.“

„Echt jetzt? Du weißt aber schon, dass du in Amerika bist und es dort viel zu sehen gibt?“

„Jaja, du klingst schon fast wie Daisuke…ich bin nun Mal kein gesellschaftsfähiger Typ und hab ich schon erwähnt? Ich hasse Menschen, im Ausland noch mehr als in Japan.“

Mir entfuhr ein herzhaftes Lachen und irgendwie fand ich seine Aussage schon fast süß.

„Wenn du ein Einzelzimmer hast, können wir auch versauten Cybersex haben“, schlug ich durchaus ernst gemeint vor.

„Oh oh,…ich glaube jetzt müsste ich etwas sagen, was ich in deiner Gegenwart nie sagen wollte…“, antwortete mein schöner Sänger und machte mich somit mehr als neugierig.

„Aha. Und das wäre?“

„Ich habe beschlossen, es beim niemals zu lassen.“

Ich kräuselte die Stirn und schaute ihn gespielt böse an.

„Hast du etwa Geheimnisse vor mir?“

„Mhh, das sind keine wirklichen Geheimnisse, nur würdest du mich vermutlich wieder aufziehen.“

Jetzt musste ich bis über beide Ohren grinsen.

„Wann hab ich dich denn schon Mal aufgezogen?“

Jetzt schaute mich Kyo schon fast beleidigt an und löste seine Umarmung.

„Kazuki…bist du etwa schon wieder in Kampflaune? Du weißt doch genau, dass du nicht gewinnen kannst“, säuselte er und ich verfluchte mich insgeheim, dass ich so darauf ansprang und er genau das damit erreichte, was er beabsichtigte. Provokant drehte ich mich weg und zündete mir noch eine Zigarette an. Doch diese wurde mir sogleich abgenommen.

„Vielleicht will ich ja absichtlich verlieren, weil ich weiß, dass du drauf stehst“, antwortete ich schließlich und grinste charmant. Und schon packte mich mein schöner Sänger an den Oberarmen und drückte mich gegen die Wand. Oh, wie ich seine wilde, impulsive Art liebte.

„Wie du mir, so ich dir oder?“, nuschelte ich in den Kuss. Kyo gab nur ein knurrendes Geräusch von sich und vertiefte unseren Kuss, sodass mir schon wieder Hören und Sehen verging. Schließlich löste er sich von meinen Lippen und mit der Hand drückte er meinen Kopf etwas zur Seite, um meinen Hals frei zu legen. Als sein Mund meine pulsierende Ader berührte, jagte das kleine elektrische Impulse durch meinen Körper. Plötzlich ließ er ab von mir und betrachtete mich einen Moment. Erst mit der vertrauten kritischen Falte auf seiner Stirn und dann wurden seine Züge weicher. Ja schon fast wieder liebenswert. Behutsam streifte er mir mein Shirt über den Kopf und noch immer ruhte sein sanfter Blick auf mir.

„Hast du das gerade ernst gemeint?“, fragte er schließlich.

„Was denn…dass ich drauf stehe, dich in den Wahnsinn zu treiben? Klar.“

„Oh Kazuki…mein süßer, süßer Kazuki…was tust du bloß mit mir?“

Ich nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und hauchte einen Kuss auf seine Stirn.

„Dich lieben…das tue ich…“, flüsterte ich in sein Ohr.

„Manchmal kann ich das immer noch nicht so richtig glauben…immer, wenn ich denke, du machst alles schon schöner und perfekter, setzt du noch eins drauf und überrascht mich erneut. Doch sollst du wissen…ich würde dich auch ohne diese ganze Kunst an deinem Körper lieben…“

„Tatsächlich? Irgendwie tut es gut, das zu hören, aber du weißt genauso gut wie ich, dass es uns beide nur noch vollkommener werden lässt. Es erhöht die Anziehung…die Leidenschaft…oder nicht?“

„Irgendwie schon…aber was wären wir ohne unseren Körperschmuck?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Immer noch wir Kyo…oder bist du ein anderer Mensch, nur weil du tätowiert bist?“

„Sag du es mir?“, wisperte er kaum hörbar und mir wurde nicht zum ersten Mal in unserer Beziehung bewusst, wie verletzlich und angreifbar mein schöner Sänger in Wirklichkeit war. Da konnte er der Welt noch so oft vorgaukeln, dass er der menschenhassende, grummelige Warumono war, ich kannte ihn besser und wusste, dass er anders sein konnte. Tief in seinem Inneren wollte er geliebt werden und auf einmal kamen mir Kaorus Worte wieder in den Sinn, denn er hatte irgendwann zu mir gesagt, dass es sich lohnen würde Kyo zu lieben. Und damit behielt er sowas von Recht, denn nichts Schöneres konnte ich mir mehr vorstellen.

„Du weißt doch, was ich von dir denke“, antwortete ich deshalb, doch er ließ nicht locker.

„Aber ich möchte es trotzdem noch Mal hören…“

Ich grinste und kniff die Augen zusammen.

„Riskierst du gerade etwa, dass ich dich mit dem Wort süß in Verbindung bringe? Denn das bist du…“

 

Die letzten beiden Tage vergingen viel zu schnell und auch, wenn Kyo sich tatsächlich mehr bei mir, als im Proberaum aufhielt, wurde mein Herz immer schwerer. Gerade war er mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt wie Tasche packen und wirbelte durch die Wohnung. Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass ich nervös war und es kaum mehr aushielt. Nachdem er alle seine Koffer ordentlich im Flur verstaut hatte, gesellte er sich zu mir. Ich versuchte aufmunternd zu lächeln, doch das gelang mir nicht so ganz. Er verflocht seine Finger mit meinen und hauchte zarte Küsse auf meine Hand. Ich spürte unsere tiefe Verbundenheit und doch schnürte mir diese verfluchte Angst die Kehle zu. Nicht, dass ich mich davor fürchtete, er könnte mich betrügen, nein. Nur diese Sehnsucht, die mich schon jetzt quälte, bereitete mir Bauchschmerzen.

„Weißt du, was ich faszinierend finde?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Du musst mir nicht mal mehr sagen, was los ist…ich glaube deine Gefühle auch ohne Worte zu verstehen.“

Ich lächelte schwach und spielte mit einem Zipfel der weißen Kuscheldecke.

„Geht es dir eigentlich auch so? Denkst du zwischen den ganzen Konzerten an mich oder hast du da nur deine Musik im Kopf?“

Kyo schien nicht genau zu wissen, ob ihn meine Frage sauer machte oder nicht und kurz dachte ich, er entzieht mir seine Hand, doch dann schaute er mich an.

„Beides…vermutlich schwirrt mir nichts anderes durch den Kopf, wenn ich alleine bin. Doch Konzert ist Konzert. Da bin ich in meiner Welt.“

„Tut mir leid, das sollte nicht blöd rüberkommen…“

Darauf erwiderte er nichts, sondern küsste mich sanft.

„Wir finden schon eine Möglichkeit ab und zu miteinander zu reden, versprochen. Und wenn es dir wirklich richtig schlecht geht, melde dich jederzeit bei mir…“

„Okay…ahhhh ich will nicht ins Bett…weil dann ist morgen und du musst gehen…“, murrte ich. Kyo lachte.

„Aber es ist schon spät und ich muss wenigstens ein bisschen fit sein…“, bemerkte mein schöner Sänger und ich sah ein, dass ich nichts tun konnte.

Wir kuschelten noch lange miteinander. Komischerweise verspürte ich nicht den Drang nach Sex, ich wollte einfach nur Kyos Nähe genießen und meinem schönen Sänger schien es ähnlich zu gehen. Seine Finger tanzten zaghaft über meinen Rücken und allmählich dämmerte ich weg.

 

Erschrocken schreckte ich aus dem Schlaf. Kyos Platz neben mir war leer. Panik stieg in mir hoch. War er etwa einfach gegangen, ohne sich zu verabschieden? Nein, das würde er nie tun. Oder hatte ich ihn gestern doch genervt und er hatte deshalb beschlossen, zu gehen, ohne lebe wohl zu sagen.

Ich sprang aus dem Bett, schlüpfte in den Morgenmantel und stürmte aus dem Schlafzimmer. Doch da saßen alle im Wohnzimmer. Die ganze Band und sie scherzten miteinander. Keinem schien mein kurzer Anflug von Panik aufgefallen zu sein. Zum Glück. In der Küche traf ich auf meinen schönen Mann, der gerade damit beschäftigt war, Kaffee zu kochen.

„Du bist ja doch schon wach…so früh…“, bemerkte er und seine Mundwinkel zogen sich zu einem süßen Lächeln nach oben.

„Konnte nicht mehr schlafen.“

„Ach Kazu, so schlimm?“

Ich zuckte mit den Schultern, angelte mir eine Kaffeetasse vom Regal und schenkte mir ein.

„Wird schon werden“, versuchte ich mich und meinen schönen Sänger zu überzeugen.

Nach einem üppigen Frühstück kündigte Kaoru an, dass der Wagen in wenigen Minuten ankommen würde. Wir rauchten noch eine Zigarette zusammen und dann verabschiedete ich mich von meiner kleinen Familie. Kyo und ich lagen uns sehr lange in den Armen. Er strich sanft über meine Wange und küsste mich ein weiteres Mal.

„Ich liebe dich mein Süßes und ich melde mich, okay?“

Wieder brachte ich nur ein Nicken zustande. Meine Kehle fühlte sich staubtrocken an und ich biss mir leicht auf die Unterlippe.

„Viel Spaß euch…ich liebe dich auch…“, wisperte ich. Die Jungs stiegen in das Auto und das Licht der Schweinwerfer verblasste im fahlen Licht des hereinbrechenden Tages. Da es mich fröstelte, zog ich mich schnell wieder in die Wohnung zurück und beschloss zu duschen. An schlafen war ohnehin nicht mehr zu denken.

Als ich mich angezogen und ein wenig geschminkt hatte, warf ich einen letzten Blick auf meinen Tattooentwurf, denn heute würde es endlich soweit sein. Meine Idee mit dem Drachen hatte ich schließlich verworfen und mich stattdessen für den ägyptischen Gott Anubis auf meinem Rücken entschieden, weil mich diese Mythologie schon immer irgendwie interessiert hatte. Und wer weiß, vielleicht wurde Anubis mein persönlicher Aufpasser und kleiner Beschützer.

In der Stadt herrschte reges Treiben. Naja, was erwartete ich, immerhin hatte eine neue Woche begonnen. Ich musste ein Stück mit der Metro fahren, um ins Tattoostudio zu gelangen und holte mir unterwegs noch einen Kaffee. Kimi freute sich richtig mich zu sehen und führte mich sogleich zu meinem Platz. Ich entledigte mich meines Pullis und legte mich hin. In mir stieg die Aufregung und ich wippte leicht mit dem Fuß, während meine Tätowiererin alles vorbereitete.

„Wie geht’s dir?“, fragte sie schließlich.

„Kann mich nicht beschweren und selbst?“

„Auch. Hab gerade echt viel zu tun. Die letzten Monate kamen eine Menge neuer Kunden. Bist du noch mit Kyo zusammen?“

Bei dem Klang seines Namens grinste ich automatisch. Nachdem das Motiv meines Gottes seinen Platz hatte, schaltete Kimi die Nadel ein und das Summen begann. Ich spürte, dass sie zuerst die Konturen außen nachzog.

„Klar. Nur leider sind sie ab heut auf Tour.“

„Oh und du durftest nicht mit?“

„Naja…hab ja hier selbst Sachen zu tun. Ist schon okay.“

Ich schrieb zwischendurch mit Zero, weil wir noch einkaufen gehen wollten, da ich mir ein paar Outfits für die anstehende Tour zulegen wollte. Der Plan war deshalb nach Tokio zu fahren, da dort die Auswahl größer sein würde.

„Was denkst du, wie lange wir brauchen?“, fragte ich.

„Mh, denke zwei Stunden auf jeden Fall noch. Hast du noch was vor?“

„Jepp, Klamotten shoppen gehen.“

Das Schattieren schmerzte schon fast ein bisschen, doch ich hielt es aus und wir wurden sogar fertig. Ich hatte fast damit gerechnet, dass wir noch eine zweite Sitzung dran hängen mussten.

„Wow, das ist mega schön geworden“, lobte ich Kimi und lächelte zufrieden.

„Freut mich, wenn es dir gefällt.“

Sie klebte das Tattoo noch ab und ich bezahlte.

„Sag mal, bist du in den nächsten Monaten sehr ausgebucht?“

„Anfang Dezember wird es wieder ruhiger, warum?“

Etwas verlegen grinste ich und kaute auf meiner Unterlippe herum.

„Naja, ich hätte gern noch nen Horus auf der Brust…das ist der ägyptische Falkengott…“, fügte ich als Erklärung hinzu, weil meine Tätowiererin bei dem Namen Horus ziemlich komisch schaute. Doch dann nickte sie.

„Ja cool, wenn du willst können wir gleich einen Termin vereinbaren“, schlug sie vor und wir einigten uns auf den 2ten Dezember. Puh, das war eine Woche vor meiner Hochzeit. Wir umarmten uns zum Abschied und ich sah Zero schon vor dem Laden stehen.

„Bis bald“, winkte ich noch und verschwand nach draußen. Ich setzte meine Mütze auf und den Schal enger. So ein Ekelwetter. Mein Freund und Bassist nahm mich in den Arm.

Seinen Wagen hatte er hier um die Ecke geparkt.

„Willst du noch was essen?“

Ich schüttelte den Kopf und warf meine Jacke auf den Rücksitz. Ungeduldig hüpfte der quirlige Musiker auf seinem Sitz auf und ab. Ich verdrehte die Augen und schob meinen ohnehin schon bauchfreien Pulli noch ein Stück hoch.

„Sehr schick…da wirst du den Mädels nächste Woche aber echt einheizen“, scherzte er und auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich versuchte mich mit den Armen ein bisschen am Sitz abzustützen, weil das frisch gestochene Tattoo noch sehr empfindlich war. Zero raste ganz schön, doch das sollte mir nur Recht sein.

„Hast du schon einen Plan für deine Outfits?“, fragte ich.

„Ja, hab noch einiges von früher, aber wollte mir auch noch ein paar schöne Hemden kaufen. Du?“

„Jepp…viel Haut zeigen ist meine Devise…vielleicht ein bisschen Glitzer. Irgendwas verrücktes.“

„Dann weiß ich schon, in welchen Laden wir gehen. Das ist super, denn der befindet sich bissl außerhalb vom Zentrum.“

 

Zero fuhr den Wagen in ein kleines Parkhaus und von dort legten wir ein paar Meter zu Fuß zurück. Der Laden schien klein zu sein, doch die Schrift, in der der Name geschrieben war, zog alle Aufmerksamkeit auf sich, denn sie blinkte in knallroten Buchstaben. Wir traten ein und ein Glöckchen läutete. Die Verkäuferin fragte uns höflich, ob sie uns helfen könne, doch wir lehnten freundlich ab und schauten uns um.

Mein Freund ging zielsicher auf den Ständer mit den gemusterten Hemden zu. Ich stöberte bei den Shirts und Oberteilen. Ein graues, sehr knappes ärmelloses Shirt mit Fransen weckte mein Interesse. Ebenso ein regenbogenfarbenes Transparentshirt. Zum Schluss noch ein Lacktop mit Reisverschluss vorne und einem Kragen, der bis zum Hals reichte. Wir probierten die Klamotten an und Zero warf mir Handküsse zu und tat so, als würde er in Ohnmacht fallen, als ich ihm meine Outfits präsentierte.

„Du weiß schon, dass das echt verflucht heiß aussieht Kazu.“

Ich grinste charmant.

„Das war der Sinn der Sache.“

Wir bezahlten und gingen noch was essen. Mir entging nicht, dass zwei Mädchen am Nachbartisch über uns zu tuscheln schienen, denn dauernd warfen sie kurze Blicke zu uns. Ich zog genervt die Augenbrauen hoch und blies die Backen auf. Dann auf einmal kam mir eine Idee. Ich winkte Zero zu mir heran.

„Wir könnten so tun, als würden wir miteinander flirten“, schlug ich belustigt vor und mein Kumpel grinste nur, nahm meine Hand und begann diese zu streicheln. Es fühlte sich seltsam an, wenn das ein anderer Mann außer Kyo tat und ich kam mir fast schlecht vor. Deshalb zog ich meine Hand zurück.

„Alles klar?“, fragte Zero etwas irritiert.

„Mh…ich glaub doch, das ist ne dumme Idee, weil ich das Gefühl habe Kyo zu hintergehen. Ich weiß, das klingt dämlich, aber ich kann es nicht ändern.“

Unsere Bestellung kam an unseren Tisch und etwas verlegen stocherte ich in meinem Gemüse herum.

„Kazu-chan, das ist vollkommen in Ordnung…mir geht es nicht anders…aber es wäre nicht hintergehen und ich bin sicher unsere Männer würde das verstehen. Ich meine, wie oft schäkert Die mit Kao oder Toshi mit Kyo…“

Ich stützte den Kopf in die Hände.

„Ich vermisse ihn so schrecklich Zero…was machst du dagegen?“

Mein Bassist grinste leicht verlegen.

„Wir schreiben uns immer…Kao erzählt, was er so macht…eigentlich nichts spannendes, aber es ist irgendwie schön.“

„Mh, glaub da kann ich bei Kyo lange drauf warten…“, murrte ich und aß weiter.

„Dann meld du dich doch bei ihm. Mehr als nicht antworten kann er ja nicht.“

Ich seufzte und schob meine Teller ein wenig zur Seite, um mich auf den Tisch stützen zu können.

„Ist es unfair, wenn ich gerade echt eifersüchtig auf alle Fans bin, die ihn die nächsten Tage und Monate live sehen? Ich weiß, das ist auch Kyo gegenüber nicht gerecht und es ist sein Leben. Das wusste ich vorher…trotzdem isses kacke.“

Zero ergriff ein weiteres Mal meine Hand und ich ließ es geschehen.

„Ich verstehe dich, weil auch ich so fühle. Nur will ich mich auch nicht dauernd aufdrängen und bei den Konzerten dabei sein. Allerdings fragt Kaoru auch selten, ob ich mitkomme…das ist irgendwie auch nicht so leicht, weil ich mir wünschen würde, dass er mich gern dabei hätte.“

„Aber damals in Paris hat er sich doch voll gefreut oder nicht?“

„Ja schon, aber er würde mich nie von sich aus fragen, ob ich komme. Selbst hier in Japan bin ich selten dabei, weil ich mir sonst komisch vorkomme. Ich meine, vielleicht trennt er Arbeit und sein privates Leben absichtlich so krass.“

Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum und musterte meinen Freund.

„Hast du ihn denn nie danach gefragt?“

Zero schüttelte den Kopf.

„Nein…ich hab Angst, dass ihn das bedrängt und er mich dann nicht mehr will, weil ihn die ständige Nähe nervt.“

„Echt jetzt? Wie lang seid ihr schon zusammen?“

„Zehn Jahre…“

Wieder ratterte es in meinem Kopf und die Gedanken überschlugen sich.

„Aber wie handhabt ihr das dann in eurer freien Zeit…in eurer Wohnung?“, fragte ich weiter. Wieder huschte ein eher verhaltenes Lächeln über Zeros Gesicht, was mich erneut verwunderte.

„Wir wohnen nicht zusammen…nach zwei Jahren hab ich ihn gefragt, ob wir nicht zusammen ziehen…da ist er auf einmal echt komisch geworden…ging mir mehrere Tage aus dem Weg und hat dann so getan, als wäre nichts. Seitdem hab ich ihn nie mehr danach gefragt. Und es ist auch in Ordnung, denn entweder sind wir bei ihm oder bei mir. Quasi haben wir zwei Wohnungen.“

„Das ist echt schräg…so hätte ich Kaoru gar nicht eingeschätzt.“

„So hat wohl jeder seine Eigenarten…na dann, gehen wir?“

Ich nickte. Wir bezahlten und Zero fuhr mich noch nach Hause.

 

„Ähm, willst du noch mit rein kommen?“

Mein Freund zuckte mit den Schultern.

„Warum nicht. Hast du was zum Trinken da?“

„Ich kann dir Wein anbieten“, rief ich von der Küche ins Wohnzimmer.

„Perfekt“, kam es von Zero zurück.

Mit Gläsern und geöffneter Weinflasche lümmelte ich mich neben ihn auf die Couch und zündete mir eine Zigarette an.

„Dann versuch doch noch Mal mit ihm zu reden…das ist doch doof so.“

Mein Freund stieß einen tiefen Seufzer aus und stützte seinen Kopf auf der Hand ab.

„Das sagst du so einfach…kannst du denn mit Kyo über alles reden? Gibt es denn keine Themen, die unangenehm sind?“

„Klar, die gibt es zu Genüge und von solchen Krisengesprächen haben wir schon mehr als eins geführt…Zero…Fakt ist doch, dass du gern mit Karo zusammen wohnen würdest, nicht?“

Er zog einen Schmollmund und wandte sein Blick nach unten. Freundschaftlich knuffte ich ihn in den Arm.

„Mhh…aber ich streite mich nicht gern.“

Ich verdrehte die Augen und schüttelte nur mit dem Kopf.

„Ist das dein Problem? Ich streite mich auch nicht gern und trotzdem geraten Kyo und ich dauernd aneinander…das nennt man wohl Beziehung…ihr seid beides erwachsene Männer und was kann er schon dagegen haben?“

„Er braucht seinen Freiraum, seinen Platz um zu arbeiten und will dabei eben nicht gestört werden.“

„Ja und? Wenn sich Kyo in seinem Arbeitszimmer verbarrikadiert, weiß ich, dass er seine Ruhe will. Nach der Tour musst du echt mit ihm reden. Und das war keine Bitte…ich mag dich nicht so niedergeschlagen sehen, das kommt mir suspekt vor…du bist doch sonst nicht so ein Weichkeks…sonst hast du auch immer die große Klappe“, ärgerte ich den Älteren und er funkelte mich böse an.

„Weichkeks? Was’n das bitte?“

„Na du gerade“, lachte ich jetzt, weil Zeros Gesichtsausdruck urkomisch war.

„Lachst du mich etwa aus?“

Ich versuchte mich sehr zusammen zu reißen.

„Niemals, nur mit dir…über dich…“

Mein Freund boxte mich nicht ganz unsanft gegen den Arm. Ich schenkte uns noch Wein ein, da eh irgendwie fast klar war, dass Zero hier übernachtete.

„Kazu…kann ich dich was fragen?“

„Kommt drauf an…“

Er räusperte sich kurz, trank einen Schluck und schaute dann wieder zu mir.

„Warum eigentlich Kyo?“

„Hehe, die Frage ist einfach…weil er ist, wie er ist…mir fällt es echt schwer, das mit Worten zu beschreiben. Ich kann nur sagen, dass ich nie zuvor einen so wundervollen Mann getroffen habe. Wenn ich an ihn denke, überschlagen sich meine Gefühle und mein Herz schlägt Purzelbäume…es fühlt sich eben richtig an.“

Zero grinste verliebt und leerte sein Glas.

„Ich denke, ich weiß, was du meinst…gehen wir pennen?“

Ich nickte und brachte ihm Decke und Kissen, verschwand kurz im Bad und wünschte Zero eine Gute Nacht.

In dem großen Bett legte ich mich in die Mitte, weil ich ja jetzt Platz hatte. Den ganzen Tag hatte ich vergessen auf mein Handy zu schauen, weil wir ja nur unterwegs waren, deshalb freute ich mich umso mehr über die Nachricht.

 

Kyo: Jetzt bin ich gefühlt am anderen Ende der Welt und denke an dich. Ich hoffe, dir geht es gut und du amüsierst dich auch ohne mich. Pass auf dich auf und schreib mir, wenn du das gelesen hast. Ich würde dich jetzt gern umarmen und küssen, aber wie gesagt, anderes Ende der Welt und so. Vermutlich gehst du demnächst schlafen. Träum von mir.

 

Ich grinste wie verliebter Idiot und verfasste die Antwort.

 

Ich: Schön zu hören, dass ihr gut angekommen seid. Ja tatsächlich lieg ich jetzt im Bett. War mit Zero unterwegs. Verzaubere das Publikum und schick mir ein paar Bilder, damit ich nicht vergesse, wie du aussiehst ;).

 

Ich sah, dass mein schöner Sänger schon eine neue Nachricht tippte, deshalb wartete ich.

 

Kyo: Wie, vergessen wie ich aussehe? Das hab ich jetzt Mal überhört. Dann scheint es dir ja nicht all zu schlecht zu gehen, wenn du mir sowas schreiben kannst.

 

Ich: Nein, mir geht’s ganz gut. Und wenn ich dennoch vergessen sollte, wie du aussiehst, such ich einfach nach Bildern im Internet. Ich liebe dich.

 

Wieder verging eine Weile und ich dämmerte schon langsam weg, doch das Vibrieren auf meiner Brust weckte mich. Ein Selfie von meinem schönen Sänger, frisch aus der Dusche. Leider mit Handtuch um den Hüften.

 

Kyo: Ich liebe dich auch mein kleiner Spinner.

 

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schlief ich ein.

vom Rausch und berauscht sein

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

"Geister" aus vergangenen Tagen

Dieses Gefühl mit Kyo auf der Party sein zu dürfen, verlieh mir noch mehr innere Größe. Immerhin trieben sich hier schon ein paar wichtige Musiker herum und Sugizo war im Musikbusiness nicht gerade ein kleiner Fisch. Auch Die und Toshi konnte ich in der Menge entdecken und begab mich sogleich zu meinen Freunden. Beide grinsten bis über beide Ohren, als sie mich kommen sahen.

„Na du, starker Auftritt vorhin. Jetzt muss ich mich ja ernsthaft vor der Konkurrenz hüten“, witzelte Daisuke.

„Außerdem habt ihr verdächtig lange mit Abwesenheit geglänzt“, zog mich jetzt auch der Diru Bassist ein wenig auf. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und grinste verächtlich.

„Ein Gentleman genießt und schweigt oder?“

Beide nickten und Toshiya zog seinen Liebsten ein Stück zu sich heran, um ihm ein Kuss auf die Wange zu geben. Mein eigener Schatz kam auch wieder zu uns, mit Getränken und Sugizo im Schlepptau.

„Sind Kaoru und Shinya eigentlich auch da?“, erkundigte ich mich bei Die. Dieser nuckelte gerade am Strohhalm seines Drinks und nickte nur.

„Unser Leaderchen schon, Shini nicht. Vermutlich muss er auch etwas nachholen“, grinste der Blonde und Toshiya schüttelte nur mit dem Kopf.

„Du denkst auch immer nur an das eine oder?“

Unschuldig zuckte der Gitarrist mit den Schultern.

„Als ob dich das auf einmal stört…“, schmollte er jetzt ein wenig. Der Gastgeber stand nun zwischen Kyo und mir. Er überragte meinen schönen Sänger um einen Kopf.

„Und, wie gefällt dir die Arbeit?“, fragte er mich dann.

„Naja jetzt, wo das alles ein wenig professionellere Züge annimmt, um einiges besser…und noch mal danke, dass wir heute hier spielen durften, es war mir eine Ehre.“

Der ältere Musiker fixierte mich mit seinem Blick, doch ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Die Ehre beruht ganz auf meiner Seite Kazuki…du bist der Wahnsinn…ich hoffe für euch, dass ihr es noch weit bringt.“

„Danke, sag ihm das ruhig. Mir glaubt er nämlich immer nicht“, mischte sich Kyo auf einmal ein. Ich steckte ihm nur die Zunge raus.

„Nein, im Ernst…“, setzte ich an, doch wurde ich unterbrochen, denn ein völlig betrunkener Zero stützte sich an meiner Schulter ab, gefolgt von Kaoru, der ziemlich finster drein blickte. Wann zur Hölle hatte mein Bassist sich denn so abgeschossen? So lange waren Kyo und ich doch gar nicht beschäftigt gewesen oder doch? Ich versuchte ihn zu halten. Der Dir en Grey Leader blieb auf Abstand. Was war da los? Die beiden strahlten eine solche Kälte aus, dass diese den Nordpol wieder hätte gefrieren lassen können.

„Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt geh…ich meine Wohnung…allein!“, lallte mir Zero zu, aber in einer Lautstärke, dass es jeder, der in unserer Nähe stand, problemlos hören konnte. Kaoru verdrehte sichtlich genervt die Augen und verschwand wieder. Ich folgte ihm mit meinem Blick. Er steuerte den Balkon an.

„Zero, pass auf…du gehst nirgends hin…zumindest nicht in dem Zustand. Kyo, kannst du Karyu oder Tsukasa suchen?“

Mein Liebster nickte und kehrte wenig später mit meinem Drummer zurück.

„Oh oh…“, kam es nur von ihm und ich nickte ihm bedauernd zu.

„Meinst du, du kannst dich kurz um ihn kümmern? Ich muss mit Kaoru reden.“

Tsu bejahte meine Frage und führte den Trunkenbold zum nächsten Sofa. Mein schöner Sänger warf mir nur einen fragenden Blick zu.

„Mit Kao? Weißt du, worum es geht?“

„Ja, vielleicht…bin gleich wieder da.“

Nach einem kurzen Moment legte ich die Arme um Kyo und zog ihn in einen Kuss. Alle sahen zu. Die Endorphine tanzten nur so in meinem Körper.

„Bleib nicht zu lange weg“, flüsterte er mir nur zu und dafür küsste ich ihn ein weiteres Mal.

 

Kaoru lehnte mit den Armen auf der Brüstung und rauchte. Ich räusperte mich, sodass er mich wahrnahm. Und er drehte sich tatsächlich um. Verdammt, ich hätte mir vielleicht etwas überziehen sollen. Nun war es zu spät. Ich fummelte eine Zigarette aus meiner Packung und zündete sie an. Aus der ernsten Miene des Leaders konnte ich keinerlei Emotionen lesen.

„Darf ich dir ein bisschen Gesellschaft leisten?“, fragte ich und er nickte.

„Wie war die Tour?“

Ich grinste automatisch.

„Richtig geil…langsam verstehe ich, warum ihr es so liebt auf der Bühne zu stehen. Und die Fans sind voll süß…mit den Jungs verstehe ich mich auch bestens und ehrlich gesagt bin ich froh, dass mich Kyo ein bisschen zu diesem Schritt gedrängt hat.“

„Ja, ich auch. Vor allem passt du sehr gut zu den Jungs und ich denke auch, dass sie dich mögen. Zero schwärmt zumindest immer von deinen Gesangskünsten.“

Ich lachte etwas unbeholfen. Es gestaltete sich schwieriger als gedacht mit Kaoru zu reden. Immerhin waren wir schon Mal beim richtigen Thema angelangt.

„Ja, das hat er auch vor mir schon oft genug erwähnt…ähm…was war vorhin eigentlich los? Nur wenn ich fragen darf…“, fügte ich noch schnell hinzu, um nicht unhöflich oder aufdringlich zu wirken.

Der Diru Leader steckte sich noch eine Zigarette an. So langsam fröstelte es mich, doch ich versuchte nicht zu zittern.

„Klar…ach er ist manchmal so zickig…das geht auch wieder vorbei.“

„Zickig? Echt jetzt? Ich kenn ihn nur albern oder etwas abgehoben“, antwortete ich und hoffte, Kaoru äußert sich noch detaillierter.

„Ja, das auch…nur denkt er vermutlich immer, dass ich ihn oft nicht dabei haben will…sei es bei Konzerten oder sonst wo. Das wirft er mir zumindest vor…naja und dann ist da noch die Sache mit dem zusammen wohnen…er hat mich ziemlich am Anfang unserer Beziehung gefragt, ob wir nicht zusammen ziehen wollen…auf eine Antwort wartet er bis heute…“

Bingo!

„Möchtest du denn mit ihm zusammen wohnen?“

Kaoru zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht…ich weiß es nicht…ich bin sehr perfektionistisch Kazuki und ich befürchte, das könnte Zero nerven. Außerdem hat es bisher so auch ganz gut funktioniert.“

Als er aufgeraucht hatte, suchten wir uns im Warmen eine ruhige Ecke.

„Mh, aber ich glaube, er würde sehr gerne mehr Teil deiner Welt sein…und zusammen wohnen kann auch was für sich haben…“

„Ich habe bisher immer allein gewohnt“, konterte Kaoru.

„Ja, aber du magst Zero doch oder nicht? Warum also doppelt Miete zahlen und alles umständlich kompliziert machen.“

„Er hat mit dir darüber gesprochen, nicht wahr?“

Ich nickte etwas verlegen.

„Schon…ist er deshalb so betrunken? Weil du ihm das gesagt hast?“

„Vermutlich.“

„Oh Mann…ich glaube du solltest ihn heute mit zu dir nehmen und morgen redet ihr in Ruhe darüber.“

„Meinst du?“

„Klar, lass ein bisschen mehr Chaos in dein Leben Kao…er liebt dich wirklich…sehr sogar.“

Der Leader seufzte und nippte an seinem Drink.

„Das weiß ich doch…ohhhhh fuck! Das ist gar nicht gut…mehr als mies…“, brammelte Kao auf einmal vor sich hin und etwas irritiert schaute ich ihn an.

„Was denn?“

Der Leader sah fast so aus, als hätte er eben einen Geist gesehen.

„Kazu…du solltest Kyo ganz schnell von hier weg bringen…“

„Was ist denn los?“, fragte ich erneut und bekam leicht Panik. Doch da erhob er sich schon und sauste davon. Ich folgte ihm durch die Menge und wir gesellten uns wieder zu unseren Leuten. Zero schlief mehr oder weniger auf einem der Sofas. Tsukasa neben ihm, wie ein Wachhund, welcher jetzt von Kaoru abgelöst wurde. Vorher hatte er Toshiya und Die noch etwas ins Ohr geflüstert und ich kam mir ein bisschen dämlich vor. Schon wollte ich meinem schönen Sänger den Vorschlag unterbreiten, zu gehen, doch auch Kyos Blick richtete sich Richtung Bar und jegliche Farbe war auch aus seinem Gesicht gewichen. Das war‘s dann wohl. Ich versuchte auszumachen, wohin er schaute, stand aber scheinbar irgendwie auf dem Schlauch, da ich die Hälfte der Leute hier eh nicht kannte. Vorsichtig näherte ich mich meinem Liebsten und legte meine Arme um ihn.

„Alles okay?“, fragte ich vorsichtig und er schüttelte heftig mit dem Kopf. Na super. Erst jetzt fiel mir auf, dass seine Hände ganz leicht zitterten. Was verflucht noch Mal spielte sich gerade hier ab?

„Kazu…“

„Kyo…bitte rede mit mir, ich dreh sonst durch…“

So langsam schien er sich wieder zu beruhigen, fing meinen Blick ein und schien schon fast darin zu versinken. Sein Adamsapfel hüpfte leicht, als er schluckte. Seine Hand umklammerte noch immer die meine.

„Juka…ist da…er steht dort an der Bar…“

Mein Gehirn brauchte eine Weile, um diese Information zu verarbeiten. Juka. Der Juka. Kyos Affäre nach Kami. Oh fuck! Und augenblicklich drängte sich mir eine Frage auf, von der ich nicht sicher war, ob ich sie stellen sollte. Deshalb behielt ich sie im Hinterkopf.

„Hat er dich schon gesehen?“, fragte ich stattdessen. Mein schöner Sänger schüttelte mit dem Kopf.

„Nein…“

„Willst du zu ihm?“

Plötzlich spannte er sich wieder an und die kleine Zornesfalte zwischen seinen Augen trat verdächtig hervor.

„Kazuki ich weiß es nicht, okay! Seit damals haben wir uns nicht mehr gesehen…was soll ich ihm denn auch sagen?“

Na toll, war heute Dramasamstag? Doch immerhin hatte sich meine Frage nun erübrigt, denn ich hatte wissen wollen, ob sich die beiden nach der Affäre irgendwann noch einmal ausgesprochen hatten. Dem war also nicht so.

„Wovor hast du Angst Kyo?“

„Er hasst mich…vielleicht redet er mit anderen über mich und erzählt, was für ein Arsch ich bin…“

Ich zog meinen Liebling behutsam an mich und strich ihm über den Rücken.

„Glaubst du das wirklich? Meinst du nicht dass er dazu ausreichend Gelegenheiten hatte? Wenn er es bis jetzt nicht getan hat, warum sollte er es ausgerechnet jetzt tun?“

„Weil er uns zusammen sieht?“, wisperte er. Ich seufzte.

„Als ob sich dadurch was ändern würde…“

Kyo brachte etwas Abstand zwischen uns und noch immer schaute er mich mit seinem typischen grummeligen Gesichtsausdruck an.

„Und ob sich etwas ändern könnte…wenn das von damals raus kommt, bin ich am Ende! Ruiniert!“

„Dann rede mit ihm…“, schlug ich vor. Dabei hatte der Abend so gut angefangen.

„Das sagst du so einfach…“

„Soll ich mitkommen? Oder möchtest du lieber gehen?“, versuchte ich mein Glück weiter, weil ich langsam auch nicht mehr wusste, was ich tun oder lassen sollte. Jetzt löste er sich gänzlich aus der Umarmung.

„Ich hole mir einen Drink“, sagte er nur kurz und knapp. Das hieß wohl soviel wie, ich rede mit Juka. Ich nickte nur und ließ ihn gehen, blieb jedoch in sicherer Nähe, falls er mich brauchte. Ich suchte den Raum nach Kaoru und Zero oder nach irgendwelchen bekannten Gesichtern ab. Da fiel mir der Diru Leader neben Sugizo auf, jedoch ohne seine bessere Hälfte. Ich gesellte mich zu ihnen. Kaoru grinste jetzt wieder freundlicher und prostete mir zu. Ich hob die Hände und gab ihm zu verstehen, dass ich gerade auf dem Trocknen saß. Er reichte mir sein Glas.

„Wo ist Kyo?“, erkundigte er sich. Ich nickte Richtung Bar und konnte ein tiefes Seufzen nicht unterdrücken.

„Mit Juka reden…“

Die Augen des Leaders weiteten sich.

„Meinst du, das ist eine gute Idee?“

„Ich weiß es nicht Kao-chan…nur lässt sich der Sturkopf doch von niemanden was sagen…also hab ich keine Wahl.“

Freundschaftlich tätschelte er meine Schulter.

„Wird schon schief gehen und im schlimmsten Fall müssen wir ihn wieder ein bisschen aufpäppeln…du schlägst dich gut Kazu…“

Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, was er mir damit sagen wollte.

„Wie meinst du das?“

„Naja eben mit Tooru und, wie du dich nebenher auch um alle anderen sorgst…du versuchst es allen Recht zu machen und bist stets für alle da…“

„Spielst du auf Zero an?“

Kaoru antwortete mit einem Nicken.

„Ja…er liegt jetzt im Gästezimmer oben. Ich hol ihn später ab…“

„Das ist gut. Ich hoffe nur, er weiß, wo er ist, wenn er aufwacht“, amüsierte ich mich ein bisschen.

„Keine Sorge, ich hab ihm einen Zettel neben das Kissen gelegt.“

Anerkennend hob ich den Daumen.

„Gut mitgedacht.“

Hin und wieder schielte ich zu Kyo und Juka. Noch schien alles friedlich zu verlaufen. Trotzdem hasste ich ihn, weil er mir die Zeit mit meinem schönen Mann stahl.

„Kao…weiß Sugizio von der Sache mit Kyo und Juka?“, flüsterte ich dem Diru Leader zu.

„Nein. Deshalb ist das ja gerade alles etwas kompliziert.“

Ich rollte etwas genervt mit den Augen.

„Wäre auch zu schön, wenn es mal unkompliziert läuft“, murrte ich.

„Kopf hoch…das wird schon. Hier trink noch einen Schluck.“

„Danke.“

Sugizo füllte Kaorus Glas auf und reichte mir ein neues. Dankend nickte ich ihm zu.

„Übrigens siehst du heut umwerfend aus“, lobte mich der Dir en Grey Gitarrist. Ich grinste.

„Danke…ich glaub so langsam finde ich meinen Stil wieder.“

„Gut so…du kannst sehr stolz auf dich sein Kleiner…ich weiß nicht, was dir vor der Zeit mit Kyo alles passiert ist, aber scheinbar geht es dir besser.“

„Ihr habt viel dazu beigetragen Kao…ohne euch hätte ich das nicht geschafft…“

„Gern geschehen…naja und davon, dass du einen positiven  Einfluss auf unseren lieben Sänger hast, muss ich dir ja nicht sagen. Bist du schon nervös? Immerhin gibst du ihm in wenigen Tagen das ja-Wort.“

Automatisch begann mein Herz heftig in meiner Brust zu schlagen.

„Wah…das ist schon krass…ich glaub das erst, wenn es passiert…“

„Wenn es jemand verdient hat glücklich zu sein, dann ihr zwei…ich glaub dein Typ wird verlangt…geh mal zur Bar…“

Und Kaoru hatte Recht, denn Kyos Blick suchte den meinen und er winkte mich zu sich. Was auch immer das jetzt wurde. Ich leerte mein Glas und ließ es von Sugizo noch einmal auffüllen. Dann wagte ich mich zur Bar und stoppte neben meinem schönen Sänger. Es herrschte betretende Stille und ich fühlte mich komisch von Juka so unter die Lupe genommen zu werden. Ich legte meinen Arm um Kyo und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er machte uns miteinander bekannt. Als wäre das nötig gewesen.

„Darf ich euch beide kurz alleine lassen?“, fragte er mich vorsichtig. Ernsthaft? Doch nickte ich.

„Aber nur, wenn ich noch einen Kuss bekomme…den Rest hol ich mir später“, kündigte ich schon Mal an, denn das war er mir definitiv schuldig. Den Kuss zog ich etwas in die Länge, weil ich jetzt alles andere wollte, als mit Juka reden.

„Kyo ist schon sehr speziell, was?“, kam es von dem Mann mir gegenüber und auch, wenn ich wusste, dass mein schöner Sänger ihm weh getan hatte, verspürte ich eine gewisse Abneigung. Und der Satz trug nicht gerade dazu bei, dass sich dies schnell änderte.

„Juka…nicht wahr? Um hier eine Sache klar zu stellen, es interessiert mich nicht, was mal zwischen euch war…ich meine, ich weiß alles…aber Kyo gehört jetzt zu mir. Er hat dich nicht besonders nett behandelt, doch ich bin der Meinung, dass da immer zwei dazu gehören…Fakt ist, falls davon je etwas an die Öffentlichkeit dringt, bekommst du es mit mir zu tun. Ich habe lange und hart für ihn gekämpft…das lass ich mir nicht kaputt machen.“

Der Blonde lachte leicht überspitzt.

„Wow, hätte nicht gedacht, dass du solche Reden schwingen kannst. Respekt. Trotzdem, sei vorsichtig…Kyo ist…“

„Nein! Wage es nicht weiter zu sprechen…nur, weil er dich mies behandelt hat, heißt das nicht, dass er mit mir genauso umspringt. Du kennst mich nicht, also hast du nicht das Recht über mich zu urteilen und ich kenne ihn…vielleicht besser als er sich selbst. Und ich habe keine Angst vor ihm…auch nicht, wenn er manchmal so besitzergreifend ist…und weißt du auch warum? Weil ich es genießen kann…ich kann ihm den Halt bieten, den er braucht…er würde mir niemals weh tun…“

Lange erwiderte Juka nichts, dann senkte sich sein Blick kurz, bevor er mich wieder ansah und sich ein wenig nervös durchs Haar fuhr.

„Dann hast du das geschafft, was weder Kami noch ich konnten…versprich mir, dass du auf ihn aufpasst…denn das konnte ich nicht, so sehr ich mir das auch gewünscht habe.“

„Darauf kannst du dich verlassen. Ich habe noch eine Bitte an dich…“

Ich winkte Kyo zu uns und er kam. Ich beschloss zu bleiben.

„Ich vergebe dir…alles…wir haben beide irgendwie Fehler gemacht…“

„Danke…das bedeutet mir viel Juka…begraben wir die Vergangenheit…auf die Zukunft“, prosteten wir uns zu und endlich konnte ich mit meinem wundervollen Mann allein sein. Ich musste dringend eine rauchen und zog ihn mit mir. Ohne große Worte zündete ich mir leicht zitternd die Zigarette an. Kyos Wärme umfing mich wie eine Schutzhülle und augenblicklich schien alles wieder gut zu sein, als hätte es die letzten Stunden nicht gegeben. Ich hielt ihm den Glimmstängel an die Lippen und er nahm einen tiefen Zug, da seine Hände gerade damit beschäftigt waren, meinen Rücken zu streicheln.

„Was hast du Juka gesagt?“, fragte mein schöner Sänger schließlich.

„Dass ich ihn verprügeln werden, wenn er irgendwas von eurer Vergangenheit erzählt.“

Kyo lachte und bat um einen weiteren Zug. Da kam mir eine Idee. Ich inhalierte den Rauch, beugte mich zu ihm, damit er auch etwas abbekam. Kyo verstand, was ich vorhatte. Belustigt schüttelte er mit dem Kopf.

„Das hab ich früher ab und zu mit Toshi und Die gemacht…als wir noch jung waren und keine Kohle für Zigaretten. Wir teilten uns eine Schachtel und taten eben auch sowas.“

„Ich hoffe, das waren dann keine richtigen Küsse?“

„Quatsch…apropos Kuss…“

Seine Hand schob sich in meinen Nacken und er zog mich zu sich heran. Wir schmeckten beide nach Nikotin und Alkohol, doch das störte mich nicht. Um uns verschwamm die Realität.

„Wenn du mich weiter so küsst, bin ich bald bereit für Runde zwei“, flüsterte ich ihm schon wieder viel zu erregt zu.

„Mh dagegen hätte ich nichts einzuwenden…“, antwortete mein Liebster.

„Du machst mich verrückt.“

Plötzlich wurde die Tür vom Balkon aufgerissen und jemand störte unsere Zweisamkeit.

„Hab sie gefunden Tosh!“, flötete kein anderer, als unser hübsches Blondinchen. Auch der Bassist crashte unsere kleine Privatparty, verkniff sich jedoch jeglichen Kommentar.

„Wir wollten uns ein Taxi rufen und euch fragen, ob ihr mitkommen wollt?“

„Dieser Vorschlag klingt himmlisch…“, schnurrte Kyo und warf mir einen flehenden Blick zu.

„Gerne…“

So verabschiedeten wir uns von allen. Kaoru beschloss hier zu bleiben und mit seinem betrunkenen Schatz in Sugizos Gästezimmer zu nächtigen. Händchenhaltend und sehr zufrieden verließen wir die Party. Da schoss auf einmal ein Gedanke durch meinen Kopf, der mich auflachen ließ. Kyo schaute mich fragend an.

„Weißt du, was Kazuki bedeutet?“, fragte ich ihn deshalb.

„Nein, du?“

„Jepp…Frieden. Ich glaub heute habe ich meinem Namen alle Ehre erwiesen.“

Drei Augenpaare richteten sich auf mich. Dann wurde ich von Die, Toshi und Kyo geknuddelt.

„Da hast du Recht. Unser kleiner Friedensstifter…es ist schön, dich bei uns zu haben Kazu-chan“, kam es von Die.

„Find ich auch…ich hab euch sehr lieb…“

„Jetzt ist aber gut mit dem Geschmalze hier…das hält ja keiner aus…“, beschwerte sich Kyo und wir anderen mussten herzhaft lachen.

„Als würdest du es nicht mögen…“, sagte ich und zog ihn in einen Kuss.

„Trotzdem“, protestierte er, wehrte sich aber nicht.

„Und dich, du hinreißend schöner Mann…ich liebe dich…in zwei Tagen heiraten wir, ist dir das bewusst?“

Endlich lächelte er.

„Ja schon…und es wird der Wahnsinn…dann musst du für immer bei mir bleiben…“

„Mh, ich könnte mir schlimmeres vorstellen…“

Unser Taxi fuhr heran und wir stiegen ein.

Der Schöne, der mit dem Warumono tanzt

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

sowas wie Flitterwochen

„Kyo.“

Mein wunderschöner Mann schaute mich über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg an.

„Was denn?“

„Machen wir eigentlich auch sowas wie Flitterwochen? Ich meine jetzt so über die Weihnachtstage?“

Er schien eine Weile zu überlegen und versank in Gedanken. Dann lächelte er kaum merklich und erst jetzt fiel mir irgendwie auf, dass mein Liebster sehr erschöpft wirkte. Ich griff nach seiner Hand und streichelte sie. Leicht zuckte er zusammen, als hätte ich ihn gerade wirklich aus einem Gedanken gerissen.

„Und was genau stellst du dir darunter vor?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Wir könnten irgendwohin fliegen…ans Meer, dahin, wo es warm ist…“

Kyo seufzte tief.

„Kazu…ich mag nicht mehr fliegen…das hatte ich die letzten Monate zu Genüge. Lass uns irgendwohin fahren. Was hältst du von einer Ferienwohnung irgendwo am Arsch der Welt? Ich bin es gerade leid unter Menschen zu sein…ich muss irgendwo hin, wo ich meinen Akku wieder aufladen kann.“

Ich lächelte und küsste seinen Handrücken.

„Okay. Das klingt traumhaft. Schwebt dir da schon etwas Bestimmtes vor?“

„Wenn man Richtung Mount Minato fährt, gibt es eine sehr kleine Hütte. Hiro erzählte mir davon und die liegt auch fernab jeglicher Zivilisation…dort würde ich gern hin und es würde mich freuen, wenn du mich begleitest.“

„Natürlich. Ist die Hütte denn bewohnt oder muss man sich da anmelden?“

Ein bisschen spitzbübisch grinste mich mein Liebster an.

„Hab da schon angerufen und wir könnten ab morgen kommen.“

Überrascht schüttelte ich lachend mit dem Kopf.

„Na dann, sollten wir einkaufen fahren oder?“

Ich räumte das Geschirr ab, während Kyo eine Liste mit den Lebensmitteln schrieb, die wir brauchen könnten. Ein Aufenthalt von 10 Tagen war geplant. Ich spickelte ihm über die Schulter.

„Mh, du hast Eiscreme vergessen“, fügte ich hinzu.

„Bist du nicht schon süß genug?“

Ich kniff ihn in den Hintern, worauf er versuchte mir mit dem Stift einen Punkt auf die Nase zu malen. Kichernd rannte ich weg und flüchtete hinters Sofa.

„Na komm jetzt du Spielkind!“, forderte mich mein schöner Sänger auf und ich folgte ihm zum Auto.

Da es noch nicht all zu spät war, hielt sich das Gedränge im Kombini in Grenzen. Wir bekamen alles und bepackt mit drei Einkaufstüten voller Essen luden wir alles ins Auto. Fuhren zurück, packten unsere Taschen und legten uns recht früh schlafen.

 

„Kannst du eigentlich Auto fahren Kazu?“

Ich schaute gerade aus dem Fenster, wie die Großstadt an uns vorbeizog.

„Ähm was?“

„Kannst du Auto fahren, hab ich gefragt“, wiederholte Kyo seine Frage mit einem amüsierten Lachen in der Stimme.

„Nope…hatte nie das Geld dazu…naja und hab es auch nie gebraucht.“

„Wenn wir draußen in der Natur sind, könnte ich es dir zeigen…nur, wenn du magst.“

Ich zuckte mit den Schultern und legte meine Hand auf seinen Oberschenkel.

„Vielleicht.“

Kyo nahm eine Hand vom Lenkrad und umschloss meine Hand, die auf seinem Bein ruhte.

„Oh, spielen wir wer bin ich?“, fragte ich nach einer Weile voller Enthusiasmus. Mein schöner Sänger seufzte, nickte jedoch.

„Wer fängt an?“

„Ich…“, antwortete ich schnell.

„Na schön…bist du ein Mann?“

„Ja.“

„Bist du real?“

„Ähm…nein.“

Jetzt fiel mir auf, dass das Spiel zu zweit leicht verändert werden musste.

„Frag trotzdem weiter“, bat ich ihn.

„Hast du lange Haare?“

„Ja.“

„Hast du einen älteren Bruder?“

„Mhh, ja.“

„Bist du Inuyasha?“

Ich zog eine Schmollschnute und nickte etwas beleidigt, weil Kyo so schnell auf die Lösung gekommen war.

„Ja…du bist dran.“

„Komm schon, du hast mehr als einmal erwähnt, dass du die Serie liebst, da lag das ja wohl auf der Hand.“

„Trotzdem…jetzt mach.“

Er streckte mir die Zunge raus. Dann überlegte er kurz und grinste mich an.

„Okay, hab was…fang an.“

„Mh, bist du ein Mensch?“

„Jepp.“

„Lebst du noch?“

„Ja.“

„Also bist du real?“

Kyo nickte.

„Kenn ich dich?“

„Davon gehe ich aus.“

Mh, das war an sich nicht so kompliziert. Dachte ich zumindest.

„Spielst du ein Instrument?“

„Jepp.“

„Schlagzeug?“

„Leider falsch.“

„Mh, dann Bass?“

„Wieder falsch.“

„Gitarre?“

„Ja.“

Okay, jetzt hatte ich eine Idee.

„Bist du öfter Mal sehr perfektionistisch und lässt dich von deiner Band leicht auf Palme bringen?“

„Wäre möglich.“

„Eyy, das ist keine Antwort…ich fasse das jetzt Mal als ja auf…also bist du Kaoru?“

Wir mussten beide lachen und alberten noch herum.

„Ja…okay, das war auch einfach…oh, ich glaube, wir sind bald da…Kazuki, darf ich dich was fragen?“

„Alles, was du willst.“

„Was würdest du tun, wenn dir dieser Key, dein Ex noch mal über den Weg laufen würde?“

Ich schluckte, weil ich mit einer derartigen Frage nicht gerechnet hatte. Kyo drückte meine Hand und ich versuchte zu lächeln.

„Naja…ich hoffe, dass das nicht passiert und wenn doch…ich weiß es nicht…er ist ein böser Mensch Kyo. Nicht so wie Juka. Mit ihm kann ich nicht reden.“

„Tut mir leid…da vorne ist unsere Hütte.“

Wir fuhren vor. Am Eingang wartete eine jüngere Frau auf uns, die uns den Schlüssel aushändigte und uns kurz eine Einweisung gab. Das Häuschen verfügte sogar über eine Sauna und einem Pool. Das hatte ich nicht gewusst und freute mich jetzt umso mehr. Sie ließ uns noch ihre Nummer da und wünschte uns dann viel Spaß. Wir räumten unseren Einkauf ein und brachten die Taschen ins Schlafzimmer.

 

Nachdem alles soweit verstaut war, beschlossen wir die Gegend ein wenig zu erkunden. Also packten wir uns dick ein und zogen los. Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her. Der gefrorene Boden knirschte unter meinen Füßen und mein Atem hinterließ weiße Wölkchen. Eine weiße Schneeschicht bedeckte den Waldboden und das Rauschen des Windes schien das einzige Geräusch zu sein. Es tat wirklich gut hier zu sein. Nicht im Trubel und dauernd von Menschen umgeben. Ich blieb einen Moment stehen, atmete die frische Luft ein, die kalt durch meine Lungen pfiff und genoss diesen Augenblick. Dann spürte ich Kyos kühle Lippen auf meinen. Er lächelte. Seine Wangen überzog eine gesunde, sanfte Röte und in seinem Blick spiegelte sich vollkommene Zufriedenheit. Ich strich ihm über die Wange und spürte dort minimale Unebenheiten, die mit bloßem Augen kaum auszumachen waren.

„Ich liebe dich“, flüsterte ich, da wir so nahe beieinander standen, dass lautes Reden überflüssig war. Kleine Grübchen bildeten sich an seinen Mundwinkeln, als er lächelte.

„Ich liebe dich auch mein Herz.“

Wieder küssten wir uns, verflochten unsere Hände miteinander und liefen noch ein Stück, bis wir zu einer Lichtung gelangten. Dort drehten wir um, da so langsam die Dämmerung hereinbrach.

Vor dem Essen schaltete Kyo die Sauna an, damit sie später bereit für uns war. Noch immer redeten wir nicht sonderlich viel. Warfen uns stattdessen verliebte Blicke zu und genossen die Ruhe und die Zweisamkeit.

Draußen war jetzt die Nacht hereingebrochen und trotzdem blieb der sonst so normale Großstadtlärm aus. Keine Autos. Kein Hupen oder die Sirenen der Krankenwägen. Einfach nichts. Nur die Natur. Der Wind und wir.

In meinen Bademantel gehüllt und mit den Füßen in dicken Wollsocken steckend ging ich hinaus auf den Balkon, um die Sterne zu betrachten. Kyo trat neben mich.

„Wow…echt schön“, sagte er. Ich nickte nur.

„Von unseren Schlafmatratzen haben wir auch einen solchen Ausblick durch das Dachfenster.“

„Ich weiß…vielleicht sollten wir diesen Ausblick von dort genießen“, schlug Kyo vor und griff nach meiner Hand.

Im Bett kuschelte ich mich an meinen schönen Mann und er streichelte mich sanft. Hin und wieder reizte er mich ein wenig, doch dabei blieb es. Nicht, dass mir die Lust fehlte, doch war das gerade viel intimer. Wir streichelten uns, tauschten zarte Küsse aus und lächelten. Diese Wärme, die meinen Körper durchströmte war eine ganz andere, als sonst. So vertraut und voller Glück. So, als wäre ich endlich da angekommen, wo ich sein wollte. Ich legte meinen Kopf in die Hand und stützte den Arm auf dem Kissen ab.

„Na, was geht gerade in deinem hübschen Kopf vor?“, fragte mein Liebster.

„Ich habe mich gerade gefragt, ob das mit uns alles irgendwie sowas wie Schicksal war…ich meine, ich bin mir nicht sicher, ob ich an sowas glauben soll…und doch fühlt es sich an, als würde dem ein Zauber inne wohnen.“

Kyos Hand berührte meine Wange.

„Möglich ist alles Kazu-chan…ich meine, schau dir dieses Universum da oben doch an. Woher wissen wir, was dort alles ist? Niemand kann das je alles erforschen und ich glaube zwar nicht an Gott, doch ich glaube fest daran, dass die Dinge so passieren, wie sie passieren sollten. Da zähle ich auch unsere Begegnung dazu…vielleicht war es Schicksal, nenn es wie du willst…doch eines weiß ich sicher, es war verdammt richtig.“

„Oh ja, das stimmt. Mein wunderschöner Mann…ich freue mich auf so viele traumhafte Jahre mit dir…“

Kyo lachte und zog mich in einen Kuss.

„Traumhaft, chaotisch, turbulent…aber wir schaffen alles mein Süßes…“

Glücklich und etwas schläfrig sank mein Kopf wieder an Kyos Brust, bis mir die Augen zufielen. Mir ging es nie besser und ich war so dankbar für diesen wunderbaren Menschen an meiner Seite, dass ich es mit Worten kaum hätte beschreiben können. Wie gehörten zusammen und wir machten uns gegenseitig glücklich, das war die Hauptsache.

Happy End

Wieder Mal hockte Zero zu Hause, weil seine bessere Hälfte beschlossen hatte sich in die Arbeit zu stürzen. Deshalb mussten die Zombies jetzt herhalten und wurden Opfer seines Frustes. Verdammt, er hatte zu wenig Munition und das ausgerechnet in der Kanalisation. Richtig dumm. Naja, jetzt konnte er ohnehin nichts mehr ändern. Die Zombies versperrten den Weg. Er feuerte, was das Zeug hielt, doch jedes Mal verfehlte er diese schwankenden Halbtoten. Konnte diese zerfetzte Leiche nicht einfach still halten? Leicht zuckte er zusammen, als auch hinter ihm einer dieser Biester auftauchte und ihn anfiel. Verflucht, er kam nicht weg. Seine Healthleiste blinkte rot und tot.  Ernsthaft?

„Verfluchte scheiße! Daran bist nur du Schuld Kaoru!“, fluchte Zero und feuerte den Kontroller weg.

Er blies die Backen auf und seufzte tief. Holte sich ein neues Bier und zündete sich eine Zigarette an. Wenn er an gestern dachte, wurde im ganz schlecht. Wieder einmal hatten sie sich gezofft. Zero betrank sich darauf und Kaoru verließ beleidigt seine Wohnung. Immer dasselbe. Manchmal stellte er sich die Frage, weshalb er diese Beziehung überhaupt noch führte. Immer hatte er geglaubt, dass Kyo der schwierigste der Jungs wäre, doch Kazuki schien ihn irgendwie bekehrt zu haben. Manchmal wünschte er sich eine solche Wendung auch für sich Kaoru. Er leerte sein Bier fast in einem Zug und perfekt, wieder Mal hatte er sein Pensum erreicht. Und auch, wenn er das lieber bleiben lassen sollte, zog er sich an, stopfte seine Schlüssel in die Jackentasche und wagte sich hinaus in die kalte Nacht. Nein, so konnte das nicht weitergehen.

Im Stechschritt, um nicht zu erfrieren, eilte er voran und da um diese Uhrzeit kaum noch etwas fuhr, musste er die knappe halbe Stunde wohl zu Fuß auf sich nehmen. Warum hatte er eigentlich keinen Schal oder eine Mütze mitgenommen? Empört über sich selbst schüttelte er den Kopf.

Denken wäre manchmal angebracht!“, schalt er seine Wenigkeit und schaute sofort um sich, ob ihn jemand beobachtet hatte. Doch auch die Menschen mieden bei diesem Wetter die kalte Nacht.

 

Zero klingelte und hüpfte dabei von einem Fuß auf den anderen. Der Blick von Kaorus Arbeitszimmer fiel genau auf die Straße und dort brannte definitiv noch Licht. Also musste er noch wach sein. Der Bassist betätigte den Klingelknopf ein weiteres Mal. Das Gesicht des Diru Leaders erschien kurz am Fenster und wenige Minuten später wurde er herein gelassen. Noch immer wütend schnaubend stapfte er die Treppen hoch.

„Verdammt Zero, geht das auch etwas leiser?“, fuhr ihn Kaoru sogleich nicht gerade liebevoll an. Ohne seinen Freund zu begrüßen drängelte sich der Angesprochene in dessen Wohnung.

„Nein geht es nicht!“, fauchte er zurück.

Kaoru seufzte und schloss die Tür.

„Bist du wieder hier, um zu streiten?“, fragte er nicht weniger gereizt.

„Ja, vielleicht.“

„Hast du wieder getrunken?“

„Und wenn schon, kann dir doch egal sein…du verkriechst dich ja lieber in deinem Berg von Arbeit, als Zeit mit mir zu verbringen.“

„Mensch Zero…geht das schon wieder los?“

„Ich wüsste nicht, dass wir uns geeinigt hätten Kao…“

Erschöpft ließ sich der Leader auf den Küchenstuhl sinken.

„Gerade wollte ich ins Bett…kommst du mit?“

„Hab keine Lust zu schlafen…“

Kaoru verdrehte die Augen und zündete sich eine Zigarette an. Zero tat es ihm gleich.

„Was willst du dann hier?“

„Dich sehen verflucht! Ist das jetzt etwa auch zu viel verlangt?“

„Nein, aber du weißt, dass ich gerade wieder viel zu tun habe. Die Tour planen und so weiter.“

Zero lachte höhnisch auf und nahm einen tiefen Zug.

„Das alles wäre viel einfacher, wenn wir zusammen wohnen würden.“

Die Worte verließen seinen Mund zu schnell, ohne dass ihm Zeit blieb, darüber nach zu denken.

„Du kennst doch meine Meinung dazu…“, flüsterte Kaoru.

Ja und du meine…ich habe beschlossen, entweder ganz oder gar nicht Kao. Ich kann das nicht mehr, weil es sich nicht richtig anfühlt. Wir sind seit über zehn Jahren zusammen und manchmal fühle ich mich so…wie soll ich sagen…verleugnet. Als würdest du mich hin und wieder absichtlich auf Abstand halten…nur dann mit mir zusammen sein wollen, wenn du Bock drauf hast.“

„Und wenn es so wäre? Nie störte dich das, warum ausgerechnet jetzt?“

„Vielleicht, weil mir gerade jetzt immer mehr bewusst wird, dass es auch anders geht. Ich meine Kyo und Kazuki…Toshiya und Daisuke…bei allen funktioniert es. Und ich bin dieses hin und her pendeln leid.“

Der Leader antwortete nicht, sondern schaute nur auf seinen gefliesten Küchenboden. Zero merkte, dass es sinnlos war mit ihm zu diskutieren und wand sich zum Gehen. Ein letztes Mal schaute er zu Kaoru und biss sich heftig auf die Unterlippe, denn diese Worte verlangten ihm alles ab.

„Na schön…dann war’s das Kao…ich kann nicht mehr und entweder du akzeptierst mich ganz oder gar nicht. Ein Spielzeug findest du auch woanders.“

Noch immer keine Reaktion. Zero verschwand in der dunklen Nacht. Massakrierte auf seinem Weg noch eine Bank, die seinen Weg kreuzte und nun wirklich nichts für seinen Frust konnte. Er konnte jetzt definitiv nicht nach Hause, auch wenn es mitten in der Nacht war. Sein Weg führte ihn, wie immer in solchen Situationen, zu seinem besten Freund. Doch bevor er diesen per Sturmklingeln aus dem Schönheitsschlaf riss, zog er es doch vor ihn vorher anzurufen. Es klingelte und wenig später erklang die schlaftrunkene Stimme seines Drummers am anderen Ende der Leitung.

„Zero?...Wasn‘ los?“

„Ähm…ich steh vor deiner Tür…machst du auf?“

„Hab ich eine Wahl?“

„Vermutlich nicht…“

„Mhh…“, brummte Tzukasa und ließ den Freund herein. Mit verwuschelten Haaren und nur in Schlafshorts erwartete er Zero. Der ungebetene Gast bediente sich auch sogleich am Alkoholvorrat des Freundes und nahm platz auf dem Sessel. Fragend wurde er von seinem Gastgeber gemustert.

„Erzählst du mir heute noch, weshalb du mich mitten in der Nacht meines wohlverdienten Schlafes beraubst?“

Zero konnte nicht anders und musste ein bisschen grinsen.

„Dafür drückst du dich aber heute besonders gewählt aus…ach ich hab Kaoru in den Wind geschossen…wollte mit ihm reden…doch er hat nichts zu all dem gesagt…einfach nichts…“, mit jedem Wort wurde Zero leiser und seine Stimme brach. Erst jetzt wurde ihm klar, was er getan hatte, doch hielt er die Tränen mit aller Gewalt zurück.

„Zero…“, flüsterte sein Freund und setzte sich auf die Lehne des Sessels.

„Ich kann einfach nicht mehr Tsu…dauernd tut er so, als spiele ich nur die zweite Geige in seinem Leben…“

„Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber vielleicht tust du das? Ich meine, Dir en Grey ist sein Leben…das sieht man auch doch auch bei den anderen…“

Wütend funkelte der Bassist seinen Drummer an und trank einen Schluck, nicht ohne das Gesicht zu verziehen.

„Ach ja? Und was ist immer dann, wenn ihn seine Band Mal wieder in den Wahnsinn treibt? Wer hat ihn dann aufgefangen? Ich! Immer ich! Ist es zu viel verlangt, wenn ich deshalb ein bisschen mehr Teil seiner Welt sein möchte?“

Plötzlich trat eine junge Frau aus dem Schlafzimmer, rieb sich die Augen und schaute etwas verdutzt zu den beiden Männern.

„Was ist denn hier los?“, fragte sie verwundert.

„Tut mir leid Naomi…ich hab deinen Mann aus dem Bett geklingelt…bin auch gleich wieder weg…“, entschuldigte sich Zero. Doch sie schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln.

„Meinetwegen kannst du auch hier schlafen. Wo das Gästezimmer ist, weißt du ja.“

„Danke, du bist die Beste.“

Naomi gab ihrem Mann noch einen Kuss und verschwand wieder im Schlafzimmer.

„Kann Kao nicht auch so liebevoll sein?“

„Ach Zero…vielleicht merkt er aber auch jetzt, dass du es ernst meinst…“

„Oder ihm isses egal“, schmollte der Angesprochene.

„Das glaub ich nicht, sonst hätte er nicht so lange mit dir ausgehalten.“

Zero schaute seinen Freund an und zog die Augenbrauen hoch.

„Was heißt das denn jetzt schon wieder?“

Tsukasa lachte.

„Wenn er es zwölf Jahre mit dir ausgehalten hat, wird er das nicht so einfach auf sich sitzen lassen…ich glaub er liebt dich…und jetzt pennst du entweder hier oder verpisst dich. Ich bin müde.“

Diese Aussage wurde durch ein herzhaftes Gähnen von Tsukasa untermalt. Er umarmte seinen von Liebeskummer gepeinigten Freund und verschwand im Schlafzimmer. Zero beschloss tatsächlich hier zu schlafen, weil er sich nicht mehr in der Lage fühlte irgendwohin zu laufen.

 

An Arbeit war nun auch nicht mehr zu denken. War das gerade wirklich passiert? Hatte Zero jetzt ernsthaft mit ihm Schluss gemacht? Sein Zero, den er über alles liebte? Zero, der immer sein Licht am Ende des Tunnels war?

Kaoru erwachte aus seiner Schockstarre und ohne zu überlegen, sprang er auf und rannte seinem Freund nach. Zu spät fiel ihm auf, dass er keine Schuhe trug. Auch egal. Auch die dünne Hose und das T-Shirt waren für diese Jahreszeit nicht die angemessenste Kleidung, wie er schnell merkte. Die Steine piekten in seine Socken, doch er rannte weiter. Doch von Zero keine Spur. Kaoru rannte und rief nach ihm, doch die erhoffte Antwort blieb aus. Die Kälte kroch ihm in seine Glieder und er schlang die Arme um seinen Körper, um das Zittern zu unterdrücken. Super, jetzt stand er hier wie der letzte Trottel. Wie ein begossener Pudel trat er den Rückweg zu seiner Wohnung an, doch als er wie selbstverständlich nach dem Schlüssel in seiner Hosentasche griff, blieb sein Herz fast stehen. Denn der Schlüssel befand sich leider nicht an besagter Stelle.

„Verdammt!“, fluchte der Diru Leader. Natürlich befand sich sein Handy ebenfalls auf seinem Tisch im Arbeitszimmer, aus welchem ihm das Licht entgegen schien. Toll, jetzt hockte er vor verschlossener Tür, ohne Telefon und kam sich unsagbar dämlich vor. Er seufzte tief und klingelte schlussendlich bei seiner Nachbarin, auch, wenn ihm das mehr als peinlich war. Wenn er Glück hatte, war die Tür oben zu seiner Wohnung noch nicht zu gefallen. Verdutzt fragte die junge Frau, was Kaoru denn mitten in der Nacht, noch dazu ohne Schuhe draußen verloren hatte. Kurz und knapp erzählte er ihr die Geschichte und sie schmunzelte ein wenig.

„Danke und Gute Nacht“, beendete er das Gespräch und dem Herrn sei Dank, die Tür stand tatsächlich sperrangelweit offen. Erschöpft und völlig durch gefroren entledigte sich Kaoru seiner Kleidung und fiel wie ein Stein ins Bett.

 

Am nächsten Tag erwachte Kaoru mit fürchterlichem Kopfweh, dabei hatte er doch am Abend zuvor nichts getrunken? Aber als er sich wieder ins Gedächtnis rief, was passiert war, ahnte er, woher diese Schmerzen kamen. Zero. Betrübt ließ er sich zurück in seine Kissen sinken und wollte sich am liebsten unter der Bettdecke verkriechen. Doch die Arbeit tat sich leider nicht von allein, deshalb quälte er sich aus seinem Bett und schlurfte wie ein Zombie Richtung Kaffeemaschine.

Allerdings schien sich das Universum heute gegen ihn verschworen zu haben, denn auch nach dem Kaffee fühlte sich Kaoru keineswegs besser. Müde, enttäuscht und völlig ausgelaugt haute er mit der Faust auf den Tisch, kippte den letzten Schluck runter und zog sich an. Dieses Mal ging er sicher, dass er erstens Schuhe und zweitens den Schlüssel eingesteckt hatte. Trotz der Sonne fröstelte es ihn, aber er war auf einer Mission und die durfte er nicht vergeigen.

Zu dieser Uhrzeit tummelten sich noch nicht all zu viele Leute in der Stadt, was ihn ein wenig aufatmen ließ.

Nach dem dritten Mal klingeln noch immer nichts. Scheinbar war Zero nicht zu Hause. Dann hieß es wohl warten. Der Gitarrist verspürte den Drang nach einer Zigarette, doch dieser Wunsch würde ihm wohl oder übel noch ein bisschen verwehrt bleiben. Bevor er die Zeit sinnlos tot schlug, holte er sich noch eines dieser dampfenden Heißgetränke im Kaffee gegenüber. Die Bedienung musterte ihn ein bisschen schüchtern, doch Kaoru schenkte solchen Reaktionen recht wenig Beachtung. Zumindest heute. In seinem Geldbeutel kramte er nach dem nötigen Kleingeld und kindisch kichernd nahm das Mädchen die Yen entgegen. Da klopfte ihm auf einmal jemand freundschaftlich auf die Schulter und der Gitarrist drehte sich leicht genervt um und schaute in das grinsende Gesicht von Miyavi. Seine jüngste Tochter thronte auf seinen Schultern und winkte ihm zu.

„Kao-chan. Schön dich zu sehen, wie geht es dir?“

„Kann nicht klagen. Bald geht es wieder auf Tour. Und selbst?“

„Auch. Meine Frau und die Mädels halten mich auf Trapp und wollen unbedingt zur anstehenden Tour mitkommen. Darauf freue ich mich.“

„Entschuldige, ich will nicht unhöflich sein, nur hab ich noch was zu tun. Bestell deiner Familie liebe Grüße von mir“, wimmelte Kaoru den anderen Musiker ab, denn in dem Moment erspähte er Zero auf der anderen Straßenseite, der gerade in seine Wohnung ging. Er winkte Miyavi ein letztes Mal und eilte auf die andere Straßenseite. Gerade bekam so schaffte er es noch die Tür mit seinem Fuß zu stoppen, bevor diese ganz zuschlug. Als hinge sein Leben davon ab, sprintete er zum Fahrstuhl, in welchem Zero gerade verschwand und drängte sich auch hier in allerletzter Sekunde in die Tür. Perplex schaute ihn sein Freund an, trat etwas näher zu ihm heran und musterte ihn von oben bis unten.

„Falls du dich gerade fragst, nein ich bin keine Halluzination, sondern stehe in Persona vor dir. Wenn du mir nicht glaubst“, hielt der Gitarrist inne, nahm Zeros Hand und zog ihn zu sich heran, sodass sich ihre Lippen beinahe berührten. Auch nach so vielen Jahren schlug sein Herz noch immer automatisch schneller, wenn er den anderen Mann in seinen Armen hielt. Das weiche Haselnussbraun seiner Augen wurde ein wenig durch die Ansammlung von Tränen getrübt. Doch Kaoru wischte sie weg und lächelte.

„Lass uns zu dir gehen, ich hab was für dich.“

Zero, der noch immer kein Wort heraus bekam, folgte seinem Freund ganz selbstverständlich.

„Sorry, ist nicht aufgeräumt“, nuschelte er und lehnte sich gegen das Sofa. Kaoru schaute ihn wieder mit diesem liebevollen Blick an.

„Zuerst…was ich gestern gesagt oder viel mehr nicht gesagt habe tut mir leid. Ich war einfach völlig überarbeitet und du hast mich echt überrumpelt.“

„Uhh, du hast gearbeitet, was ganz Neues“, murrte der Bassist, der so allmählich sein Selbstbewusstsein wieder erlangte.

„Halt die Klappe Zero…ja ich habe gearbeitet, weil sich die Tour nicht von alleine plant und ich nicht alles an den Feiertagen machen muss, denn da hatte ich mir vorgenommen, Zeit mit dir zu verbringen…“

Ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf Zeros Gesicht.

„Wirklich?“

„Ja wirklich…ich mag manchmal unerträglich sein, was das Thema angeht…das halten mir meine Jungs schon seit Jahren vor, aber einst sagte mir Mal jemand, dass es mir nicht schadet, wenn ich hin und wieder ein bisschen Chaos in meinem Leben zulasse…“

Jetzt musste Zero lachen und schlang seine Arme um den Geliebten.

„Welcher Schlauberger war das denn?“

„Kyo…damals, kurz bevor wir zusammen gekommen sind und damit hat er Recht Zero. Denn irgendwie mag ich mein Chaos.“

„Willst du mir jetzt sagen, dass ich dein Chaos bin?“

Kaoru nickte.

„Ja, das bist du und ich möchte nicht, dass du gehst.“

Er löste sich von Zero, ging kurz in den Flur, holte dort etwas und kam zurück. In seiner Hand hielt er ein kleines glänzendes etwas.

„Zero…ich weiß, du besitzt meinen Ersatzschlüssel schon, aber was würdest du sagen, wenn es nicht nur mehr dein Ersatzschlüssel wäre?“

Zeros Herz schlug augenblicklich schneller und mit aufgerissenen Augen starrte er den Schlüssel in Kaorus Händen an.

„Du meinst?...“

„Ja ich meine…nach gestern hab ich viel nach gedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich meine Wohnung sehr mag…immerhin hätte ich sie sonst nicht gekauft, aber ich denke sie bietet genügend Platz für zwei.“

Der Bassist fiel seinem Liebsten um den Hals und endlich küssten sie sich.

„Oh Kao…du machst mich gerade zum glücklichsten Mann der Welt. Ich fang gleich mit packen an…“

Kaoru lachte.

„Kein Stress…uns bleibt alle Zeit der Welt.“

 

Dieses Jahr Silvester feierten Die, Kaoru, Shinya und Toshiya ohne ihren geliebten Sänger, doch sie hatten sich um Mitternacht via Skype verabredet. Die und Toshi kuschelten sich noch ein bisschen näher zu Shinya, Sota, Zero und ihrem Leader, um alle auf den Bildschirm von Kaorus Laptop zu passen. Auch Kyo und Kazuki chillten sehr entspannt auf dem Sofa in ihrer Flitterwochensuite irgendwo im Wald. Sie winkten ihren Freunden zu. Zusammen leiteten alle gemeinsam den Countdown ein und prosteten sich Punkt Null Uhr gegenseitig zu. Küsse, Umarmungen und liebevolle Worte wurden ausgetauscht. Die Freunde beglückwünschten sich außerdem dazu, was sie in dem letzten Jahr alles geleistet und geschafft hatten. Es wurde kein sonderlich langer Abend, doch es wurde ein Abend voller Liebe und keiner der Freunde wollte den jeweils anderen missen. Sie würden ihre kleine Familie immer irgendwie zusammenhalten, komme was wolle.

 

Bevor Daisuke ins Bett ging, wollte er noch eine rauchen und er bat seinen Toshiya, ihn auf die Dachterrasse zu begleiten. Dieser schmiegte sich leicht beschwipst an seine blonde Schönheit. Die drehte sich um und schaute seinem Liebsten tief in die Augen.

„Tosh…du weißt, dass ich dich liebe oder?“

„Ähm…ja, warum fragst du mich das so komisch?“

Der Blonde seufzte ein bisschen verlegen. Dann zog er eine kleine Schmuckschatulle hervor. Toshiya fielen beinahe die Augen heraus.

„Bevor du dich zu früh freust…es ist kein Verlobungsring in dem Sinne, denn du weißt, wie ich zum Thema heiraten stehe und daran wird sich auch nie etwas ändern, dennoch möchte, dass du weißt, dass du für immer zu mir gehörst…“

Er wies den Geliebten an, das Kästchen zu öffnen. Darin fand er einen doch recht ungewöhnlichen Ring. Ein Herz mit einer Krone, welches von zwei Händen gehalten wurde. Das Muster rund herum sah sehr keltisch aus. Die steckte Toshiya den Ring an die rechte Hand mit der Spitze des Herzens zum Träger zeigend.

„So trägst du ihn richtig. Das bedeutet, dass zwischen dir und jemand anderem, in dem Fall mir, eine Liebesverbindung besteht. Warte, da ist ein kleiner Zettel dabei, denn ganz bekomme ich es auch nicht mehr zusammen:

Claddagh ist ein kleines Fischerdorf im Westen Irlands (heute eine Vorstadt von Galway), und dort lebte etwa von 1660 bis 1737 Richard Joyce. Knapp vor seiner geplanten Hochzeit wurde er als Fischer oder Handelsreisender (hierbei legt sich die Legende nicht fest) von algerischen Piraten entführt und an einen maurischen Goldschmied als Sklave verkauft. Er erlernte schnell das Handwerk seines Herrn und führte es zur Perfektion. Sein Meisterstück dabei war ein Ring, den er in Sehnsucht nach seiner fernen Verlobten schuf und der später als Claddagh-Ring bezeichnet werden sollte. Das als Ring verarbeitete Symbol zeigt zwei Hände, die ein Herz halten, und darüber schwebt eine Krone.

Richard hatte Glück, dass William III. im Jahr 1689 kurz nach seiner Thronbesteigung eine Vereinbarung mit den Mauren schließen konnte, welche allen dort gefangen gehaltenen Briten die Rückkehr ermöglichte. Obwohl sein früherer Herr ihm seine Tochter samt Geschäftsbeteiligung für sein Bleiben anbot, kehrte Richard in seine Heimat Claddagh zurück und fand dort tatsächlich seine Braut unverheiratet und wartend vor.

Auch wenn – wie bei allen Legenden – erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit bestehen, sprechen mehrere Fakten dafür: Die ältesten vorhandenen Claddagh-Ringe tragen die Signierung R.I., und ein Juwelier namens Richard Ioyes (gälisch für Joyce) gilt als nachgewiesen. Die Signatur zeigt überdies noch einen Anker, das Symbol für Hoffnung.“, las Die seinem Liebsten vor, dessen Augen mit jedem Wort, was er erzählte, mehr zu leuchten begannen.

Toshiya umarmte seinen Liebling und vor Freude war er gar nicht so richtig imstande die Worte zu finden, die das beschrieben, was er gerade fühlte. Er küsste Die einfach, denn so konnte er ihm auf jeden Fall zeigen, was er empfand. Nach einer Weile bekam er seine Gedanken ein wenig geordnet.

„Sag mal…hast du auch so einen Ring?“

Der Blonde lächelte ganz stolz und verliebt, dabei hielt er seinem Schatz die Hand vor Augen. Und auch auf Daisukes rechtem Ringfinger steckte derselbe Ring, welchen er seinem Toshiya eben geschenkt hatte.

„Klar.“

„Jetzt stellt sich mir nur eine Frage…hast du den damals bei unserer Tour durch Irland gekauft oder hast du ihn jetzt erst bestellt?“

Dem Gitarristen stieg eine leichte Röte ins Gesicht und er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Naja…ich hab sie damals in Irland gekauft. Nur irgendwie hab ich mir nie getraut ihn dir zu geben…“

Toshi fielen vor Erstaunen fast die Augen raus.

„Dann hast du Ringe jetzt seit fast zehn Jahren? Und dir ist in den Sinn gekommen, dass ich mich darüber freuen könnte?“

Die schluckte und verdeckte sein Gesicht mit den langen Haaren.

„Tut mir leid“, nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Doch das ausgelassene Lachen seines Liebsten ließ ihn wieder aufsehen.

„Ach Dai Dai…manchmal bist du echt zu süß…dafür liebe ich dich mein Schöner“, säuselte der Bassist und zog seinen Schatz in einen langen, liebevollen Kuss.

„Happy New Year mein Liebling“, hauchte er Toshi zwischen den Küssen noch zu.

„Happy New Year…“

 

ENDE


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, hier ein neues, recht düsteres Kapitel. Muss ja auch Mal wieder sein nach diesem ganzen Schnulzen zuvor XD. Hoffe euch gefällt es trotzdem und man erfährt ein bisschen mehr über Kazukis Vergangenheit. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach einem Hoch kommt bekanntlich das Tief und die Lage spitzt sich immer mehr zu...ob es die beiden wohl durchstehen? Wer weiß das schon... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Soorryy, hat Mal wieder gedauert, aber so ist das eben *hust* ^^. Ja, das ewige Leid mit dem Geburtstag, aber vielleicht schafft es Kyo ja irgendwann ganz seinen Kazuki vor der "bösen Dunkelheit" zu bewahren :(.
Liebste Grüßchen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Endlich geht es voran und die Jungs starten ihre Tour. Kazu mittendrin, was da wohl noch alles passiert? Wünsch euch viel Spaß beim Lesen :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach so viel Liebesschnulzelei musste ich Mal wieder ein bisschen Drama in die Story bringen...und das ausgerechnet im schönen Helsinki. Die Stadt ist im übrigen wundervoll und all die Orte (Bis auf den Circus und das Hotel), die ich eingebaut und beschrieben habe, dort war ich selbst schon mehrere Male. Es lohnt sich total und während ich über die Tour dort schrieb bin ich regelrecht in Erinnerungen versunken *seufz*. Aber wenn alles klappt, hat mich das schöne Helsinki auch bald Mal wieder.
Also wer Anregungen und Tipps braucht, was man dort alles so erleben kann, darf sich gerne melden ^^

Liebste Grüße und einen schönen Sonntag ihr Lieben :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Drama Baby, Drama...XD. Diese schlimmen Exfreunde tauchen aber auch immer zur falschen Zeit auf oO Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So endlich gehts weiter, dieses Mal ohne viel Drama ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Von:  yamo-chan
2019-05-29T07:26:03+00:00 29.05.2019 09:26
Guten morgen!
Das ist besser als Frühstück <3
Lecker ^^
Antwort von:  MarryDeLioncourt
29.05.2019 14:21
Haha danke :). Hoffe du hast trotzdem was gefrühstückt XD.
Ja Paris, die Stadt der Liebe *gg*. Mhh kyo hat ganz schön zu tun, einerseits seine dominante Art und dann seine starken Gefühle für kazu, ich hoffe das hält stand ;).
Antwort von:  yamo-chan
29.05.2019 20:33
Vielleicht entspannt es ihn ja, sich mal fallen lassen zu können.

Frühstück gibt's bei mir eh meistens erst im Büro und das obwohl ich so spät anfange zu arbeiten XD
Von:  yamo-chan
2019-05-15T07:13:05+00:00 15.05.2019 09:13
Ein Kapitel mit Biss ;)
Ich hab echt schlimmeres erwartet.

Die und Toshi sind ja mutig! O_o

Und ein verknallter Shinya <3
Schön, dass Shin nicht allein bleiben muss.
Antwort von:  MarryDeLioncourt
16.05.2019 07:43
Haha ja.
Das mit Die und Toshi kam mir spontan und man sieht es auch nur, wenn man weiß, was läuft XD.
Ja shini kann ja nicht leer ausgehen. Immer ist er für alle da und fand sota passt ganz gut. Mal sehen, was das noch wird ^^
Von:  yamo-chan
2019-05-06T05:55:39+00:00 06.05.2019 07:55
Hab ich schon mal erwähnt, dass Die einfach zu süß für diese Welt ist? <3
Bin ja mal gespannt, was Kyo seinem Liebsten noch verheimlicht...
Antwort von:  MarryDeLioncourt
06.05.2019 14:22
Awwee Danke für den lieben kommi <3. Ja Die ist zuckersüß und Toshi ihm hoffnungslos verfallen, auch wenn er immer so cool tut XD. Ohhh das nächste Kapitel wird bissl schlimm....Ist schon in Arbeit.
Antwort von:  yamo-chan
08.05.2019 19:50
Oh mann, du bist aber auch immer fies!
Jaaaah also mein Helsinki Kapitel wird anders XD
Bekommst du demnächst zur Kontrolle...
Grüße <3
Antwort von:  MarryDeLioncourt
08.05.2019 21:22
Ich mag das Drama, das weißt du doch langsam XD. Jaaaa, habs gesehen und werde es die Tage durchlesen, freu mich schon drauf <3
Von:  yamo-chan
2019-04-29T04:04:42+00:00 29.04.2019 06:04
Oh mann, jetzt muss ich mich ja beeilen XD

Süß die beiden <3
Antwort von:  MarryDeLioncourt
29.04.2019 07:27
Ach Quatsch XD. Das kapi hätte schon viel eher online sein sollen. Bin etwas im Verzug mit allem, aber gestern war kreativer Sonntag und bald kommt mehr, auch bei der anderen diru Story ^^
Von:  yamo-chan
2019-03-27T07:35:43+00:00 27.03.2019 08:35
selber fleißig XD
Schön verrückt, die beiden.
Weiter machen!
Von:  yamo-chan
2019-03-22T05:55:42+00:00 22.03.2019 06:55
Du kannst doch nicht an so einer Stelle aufhören!!!
Gemein.
Die beiden sind echt Zucker. <3

Antwort von:  MarryDeLioncourt
22.03.2019 14:26
Haha, ja ich hatte überlegt weiterschreiben, aber ein bisschen Spannung muss ja auch sein und du kannst dich aufs nächste Kapitel freuen ;)
Von:  yamo-chan
2019-01-14T07:30:04+00:00 14.01.2019 08:30
Ooooh so süß <3

Antwort von:  MarryDeLioncourt
15.01.2019 16:31
Danke du liebe :). Muss ehrlich gesagt gestehen, dass ich, nachdem das Kapitel beendet war, auch sehr gerührt und ergriffen war. Die beiden sind einfach zuckersüß ^^
Von:  yamo-chan
2018-12-03T07:58:30+00:00 03.12.2018 08:58
Was für ein auf und ab!
Kyo ist echt kompliziert.
Es freut mich, dass Kazuki sich vielleicht mit seiner Schwester versöhnen kann.
Dämonen bekämpft man, indem man sie liebt!
Antwort von:  MarryDeLioncourt
03.12.2018 14:21
Ja irgendwie schon, aber jetzt ist die Bombe endlich mal geplatzt und vielleicht finden die beiden mal Ruhe, um an ihren Dämonen zu arbeiten. Danke für deinen Kommentar :*
Von:  MarryDeLioncourt
2018-11-17T16:05:51+00:00 17.11.2018 17:05
Ja, der Gedanke kam mir auch, nachdem ich das kapi beendet hab, also, dass Die und Toshi mithören. Aber ich hab dann tatsächlich beschlossen, dass sich die zwei auch anderweitig amüsieren XD. Oder der Leser kann sich selbst seinen Teil denken ^^
Antwort von:  yamo-chan
08.05.2019 19:59
Hab das jetzt einfach bei Daisuki eingebaut.
Mit anders verteilten Rollen natürlich ;)
Von:  yamo-chan
2018-11-17T07:47:04+00:00 17.11.2018 08:47
<3 Viel zu heiß! :D

Und nebenan können Die und Toshi zuhören XD (verdammt hellhörig in Hotels)
falls sie nicht gerade selbst zu beschäftigt sind ^^



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