Zwischen Ehre und Pflichtgefühl von Kio4578 (Dragon Age) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 - Vergangenheit ------------------------------------ 8:99 gesegnetes Zeitalter Am Abend dieses Tages hatten sie das Lager erreicht. Rowan führte Maric und Loghain direkt in die Mitte. Es herrschte ein reges Treiben im Lager. Offensichtlich waren sie gerade dabei aufzubrechen. Alles schien in Eile und hier und da rannten hektisch ein paar Boten durch die Reihen der Männer und Frauen, ehe sich Arl Rendorn schließlich umwandte um seine Tochter und Maric zu begrüßen. Loghain blieb auf höflicher Distanz, was zumindest Maric nicht zu passen schien. Immerhin hatte der schwarzhaarige ihn mehr als einmal nicht nur das Leben gerettet. Allerdings war der Zeitpunkt schlecht gewählt. Rendorn erklärte, dass sie das Lager so bald wie möglich abbrechen würden, um weiter zu ziehen. Sie wären schon viel zu lang hier und inzwischen berichteten seine Späher von Kaiserlichen Truppen die sich ihnen gefährlich näherten.  Allerdings ließ der Arl auch keine Zweifel daran, dass er höchst erfreut war, den Prinzen gesund und munter bei sich im Lager zu haben.  Bevor die Dunkelheit gänzlich über ihnen hereingebrochen war, war der Trupp weitergezogen. Hier und da lieferten sie sich kleine Gemetzel mit den kaiserlichen Truppen, blieben aber weites gehend unbehelligt. So gestalteten sich auch die kommenden Tage.  Meist gelang ihnen ein fast reibungsloser Durchmarsch, gelegentlich kam es zu kürzeren Gemetzeln, ehe sie schließlich vor einer massiven Felswand zum Stehen kamen.  Rendorn schickte einige Späher aus, die Gegend zu erkunden. Wenn sie einen Weg hinauffanden, war das eine optimale Verteidigungsposition. Der Rest der Truppe schlug indes im Windschatten der Felsen das Lager auf. Jetzt galt es, wenn man es je bis nach Gwaren schaffen wollte, würde man sich hier nicht vor einer größeren Auseinandersetzung drücken können. Loghain, der eher selten gefragt wurde, studierte die Karte, die Arl Rendorn auf einer provisorischen Tischplatte ausgebreitet hatte, mit ähnlicher Intensität wie dieser selbst. „Hier sieht es so aus als führe ein Pfad hindurch. Ich werde mir das ansehen. Sollte sich der Pfad als breit genug erweisen, wäre er ein gut zu verteidigender Hinterhalt“, erwiderte Loghain eher zu sich selbst, aber natürlich hatte Rendorn alles verstanden und trat näher an den dunkelhaarigen heran. Rendorn runzelte die Stirn und stützte sich auf die Platte. Loghain rieb sich das Kinn. „Ich sehe mir den Pfad an…“, erklärte er. „Nicht allein…“, erwiderte der Arl und sah zu ihm. „Rowan sollte euch begleiten. Es ist sicherer zu zweit als allein. Es ist immerhin möglich, dass die Kaiserliche Armee ebenfalls dort sein könnte. Zudem sind die Späher noch unterwegs. Es kann wohl nicht schaden einen Plan B zu haben“, erwiderte der grauhaarige mit einem Unterton in der Stimme der keine Widerworte duldete, die Loghain in diesem Moment hinunterschluckte. „Natürlich“, erklärte er mit zusammengebissenen Zähnen und wandte sich zum Ausgang des Zeltes. Rowan folgte Loghain und ihrem Vater, als diese wieder herausgetreten waren, während letztere ihr ein Zeichen gab, zu ihm zu kommen um sie in ihr Vorhaben einzuweihen. Dann brach die Nacht an und im Lager wurde es ruhiger. Die Euphorie über die Freude Maric lebend gefunden zu haben, hatte für einen ordentlichen Motivationsschub innerhalb der Truppe geführt, allerdings stellte ihn Loghain vor ein Rätsel. Er war jung, vielleicht in Marics Alter, aber er wirkte so, als habe er bereits unzählige Schlachten geschlagen. Nichts destotrotz war er ein großer Gewinn. Sein Geschick im Umgang mit der Karte und seine Ausstrahlung machten ihn zu jemanden den man ernst nehmen sollte. Rowan schien dem ganzen deutlich unbesorgter gegenüber zu treten. Auch wenn sie bislang nicht wirklich den Eindruck erweckt hatte, mit seiner Gesellschaft einverstanden zu sein. Zudem hatte Rendorn den Eindruck, seine Tochter wäre nicht ebenso froh darüber ihren zukünftigen gesund und munter gefunden zu haben. Der Arl musterte seine Tochter, die zu einer schönen Frau und ausgezeichneten Kriegerin gereift war. Sie trug heute eine einfache Hose und dazu ein weißes Hemd mit einer Weste darüber. Ihre Stiefel, reichten bis zum Knie und um ihrer Hüfte hatte sie ihr Schwert gebunden. Sie schien sich im Fluss ein wenig frisch gemacht zu haben, denn sie trocknete ihre Haare gerade noch einmal mit einem Tuch. Ihre Locken hüpften dabei locker auf und ab. Auch Loghain war dieser Anblick nicht entgangen. Er hatte sich um die Pferde gekümmert, als der Tag hereingebrochen war. Zudem musste er dringend seine eigene Kleidung ausbessern und fetten, damit das Leder nicht brach. Erst als er den Arl entdeckt hatte, senkte er den Blick von der jungen Frau und wandte sich mit dem Rücken zu ihr. Sie und Maric schienen noch immer nicht miteinander gesprochen zu haben. Arl Rendorn nickte, als Rowans Augen ihn trafen, ehe sie noch einmal zu dem schweigsamen jungen Mann hinübersah. Dann ging sie zu ihrem Vater. Die Zeltplane schloss sich, ehe Rendorn ihr ihre Aufgabe mitteilte. Als Rowan das Zelt wieder verlassen hatte, trat auch Maric aus seinem heraus und grüßte die Kriegerin mit einem breiten Grinsen. Das Räuspern ihres Vaters vernehmend, sah er auf und nickte. Ob der Behandlung Loghains, wurde Maric ungestüm und forderte, er solle ebenso behandelt werden wie alle Ehrenmänner und Ritter in diesem Lager, gleichwohl welcher Abstammung er auch sei. Es war überraschend gewesen, dass ausgerechnet Maric den Arl die Stirn bot und ihn schließlich gewähren ließ. Nun stand Loghain zusammen mit den anderen im Zelt und lauschte den hitzigen Diskussionen die Rendorn mit Maric focht. Allerdings hörte er gar nicht genau hin, denn je länger sie stritten, desto wütender wurde der junge Wildere, ehe er sich urplötzlich einmischte. Während sich Maric weigerte die Männer und Frauen im Stich zu lassen, beharrte der Arl darauf, dass es die einzige logische Lösung war die Soldaten zurück zu lassen. Jedoch hatte er den Sturkopf des Prinzen unterschätzt. Rowans Vater kam schließlich auf einen Plan zu sprechen. Einen Plan den er bereits durchdacht hatte, ehe sich die Lage geändert hatte. Rowan kannte die Details und wusste, dass sie Maric nicht gefallen würden. Nun sah es so aus, als würde die braungelockte damit Recht behalten. Doch sie verstand auch den Standpunkt ihres Vaters. Das Risiko den letzten legitimen Erben der königlichen Blutlinie zu verlieren, erschien ihr falsch. Zudem gab sie es zwar nicht zu, doch Maric war ihr wichtig. Auch wenn sie ihn im Moment nicht ausstehen konnte. Rowan konnte auch den Zorn Marics verstehen, der sich allzu deutlich in seinem Gesicht widerspiegelte. Vielleicht waren es auch Schuldgefühle die den jungen Prinzen plagten. Schuld deswegen, weil er nicht in der Lage gewesen war, seine Mutter zu beschützen, sondern wie ein feiger Hund davon zu rennen. Vielleicht wollte er Buße tun und sein Unrecht mit der Rettung der Männer und Frauen zumindest ein wenig zu mildern. „Es ist löblich, dass du versuchst tapfer zu sein Maric. Aber ein toter König kann auch nicht mehr herrschen“, unternahm die Kriegerin einen letzten Versuch den blonden von seinem lebensmüden Plan abzubringen. Erfolglos. Widerworte waren ihre Antwort. Rendorns Kopf war zornesrot und er schäumte geradezu. Rowan legte ihm die Hand auf den Arm und sah ihn an. „Vater…“, erwiderte sie in mit festen Blick ansehend und schüttelte den Kopf. Dies war nicht der richtige Weg. Wenn er und Maric weiterstritten, würden sie noch mehr der wertvollen Zeit verlieren, die ihnen noch blieb. Sie sah zu Maric, schellte sich in Gedanken, dass sie erneut nachgegeben hatte. Aber zumindest konnte dann keiner mehr sagen, sie hätte nicht versucht den Prinzen umzustimmen. „Maric, führ dich nicht als König auf. Du weißt dass wir dir folgen. Das werden wir immer tun. Bis in den Tod, wenn es sein muss, sonst wären wir nicht hier und in dieser Lage. Wollten wir unseren König im Stich lassen, hätten wir nicht ausgeharrt und an der Hoffnung festgehalten, dich vielleicht lebend zu finden, dann wären wir schon lang fort und müssten uns nun keine Gedanken darüber machen, wie wir uns aus dieser Lage befreien können. Möglichst mit einem lebenden Prinzen. Du solltest nicht kämpfen, nur weil du dich dann vielleicht besser fühlst. Du solltest in Sicherheit sein und deine weiteren Schritte überdenken. Wir brauchen dich“, versuchte sie es noch einmal. Aber Maric blieb stur. Seine Faust schlug so hart auf dem Tisch auf, dass jeder im Zelt, mit Ausnahme Loghains, zusammenzuckte und ihn aus großen Augen ansah. Loghain mischte sich ein, gleich darauf schellte er sich in Gedanken dafür. Erst als sämtliche Augenpaare auf ihn gerichtet waren, wurde ihm klar, dass man nun weiteres von ihm erwartete. Schließlich gab sich der Arl geschlagen, auch wenn er noch nicht vollends davon überzeugt war, dass Loghain mit seinem Vorschlag Erfolg haben würde. Selbst Rowan hatte mehr als einmal die Stirn krausgezogen und versucht beschwichtigend auf die Parteien einzuwirken. Mit mäßigen Erfolg, um nicht zu sagen, ohne jeglichen Erfolg. Rowan zog die Brauen nach oben, als sie Loghains Stimme vernahm. Ihre vollen Lippen zierte ein leichtes Grinsen, doch sie würde abwarten, was er zu sagen hatte, schließlich hatte er soeben ihren Vater herausgefordert. Nach einigem Zögern, trat der schwarzhaarige nach vorn und sah auf die Karte. Loghain erläuterte sein Vorhaben anhand der Karte, nachdem sicher war, dass ihm auch wirklich alle ihr Gehör schenkten. Die Zweifler waren verstummt und kurzerhand entschied der Arl, dass er dem Jungen die Möglichkeit gehen wollte sich zu beweisen. Er unterstellte ihm ein Kommando mit absolut loyalen und erfahrenen Rittern. Diese sollte ihm helfen, sein Vorhaben umzusetzen. Arl Rendorn beobachtete seine Tochter, während diese nachdenklich wirkte. Ihr Blick wanderte zwischen den Männern hin und her, es war wirklich nicht schwer zu erahnen, dass sie nicht gänzlich überzeugt war. „Was geht dir durch den Kopf, Tochter?“, wandte er sich an sie. „Du kannst Maric nicht kämpfen lassen, es ist ein Guter Plan. Doch sie werden Hilfe brauchen, sie können zwar die östlichen Truppen ablenken, aber die aus dem Norden nur schwer. Es wäre besser wenn ihnen der Rücken freigehalten würde. Und du weißt es ja, Vater. Im Krieg läuft es nie so wie es laufen soll. Ich werde mich an diesem Plan beteiligen. Ich werde ihnen mit einigen Männern zu Hilfe kommen“, meinte sie dann mit einem weiteren Blick auf die Karte. Auch wenn sie ihre Hilfe vielleicht nicht benötigten, sie würde es trotzdem tun. Loghains Brauen wanderten in die Höhe. Rowan schien entschlossen und dass sie es war, zeigte ihre Reaktion, als sie Maric gefunden hatte. War sie wirklich bereit auch noch ihr Leben in Gefahr zu bringen? Der schwarzhaarige seufzte lautlos. Maric schien gar nicht bewusst zu sein, was für Freunde er hatte. Es war beinahe schmerzhaft, darüber nachzudenken, wenn man bedachte, wie unüberlegt er sein Leben wegzuwerfen bereit war. Oder er war einfach ein hoffnungsloser Optimist. Doch das würde die Zukunft wohl zeigen. „Ich lasse dich ungern zurück. Es wäre besser, du würdest uns begleiten.“, erwiderte der Arl und sah seine Tochter an. Aus dem kleinen Mädchen war wirklich eine starke Frau geworden. Auch wenn dies sein letzter Tag auf Erden sein sollte, er wusste, wenn sie siegreich waren, wäre Ferelden in guten Händen, in erfahrenen Händen. Doch Rowan schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich weiß was ich tue, Vater“, erwiderte sie und sah noch einmal zu Maric. „Und schließlich können wir nicht zulassen, dass Maric etwas geschieht. Schließlich kann ein Toter König nicht herrschen.“, erwiderte sie die Worte wiederholend die sie schon einmal gebraucht hatte. „Mich jedoch kann man ersetzen und ich bin sicher, er würde auch eine andere Frau finden. Sollte ich sterben, was ich nicht vorhabe, werde ich eine Möglichkeit finden ihn für den Rest seines Lebens die Hölle heiß zu machen…ansonsten tue ich es als seine Frau“, meinte sie mit einem breiten Lächeln. Doch dann wurde sie wieder ernst. „Seht einfach zu dass ihr verschwindet“, bat sie ihren Vater, Loghain und Maric, ehe sie sich abwandte und das Zelt verließ, um sich ebenfalls fertig zu machen. Als auch ihr Pferd gesattelt war, nickte sie den Soldaten zu die sie begleiten würden. Sie würde Loghain und den anderen einen Vorsprung gewähren, ehe sie sich von anderer Seite zu nähern versuchten. Rowan hoffte inständig, dass ihr Plan wirklich so gut war, wie er klang. Dann ritten sie los, nachdem das Lager abgebrochen wurden war. Noch einmal sah sie zurück, ehe sie das Visier ihres Helmes zu klappte. Tatsächlich schien der Plan sich zumindest zu Teilen als brauchbar zu erweisen. Wenigstens wenn man die surrenden Pfeile und die schmerzerfüllten Schreie ausblenden konnte. Tatsächlich gelang es Loghain und den Rittern, die Soldaten des Thronräubers auf eine falsche Fährte zu führen und sie bis zur Steilküste hinauf, hinter sich zu halten. Natürlich blieben auch einige Kollateralschäden nicht aus, dennoch mussten sie ausharren. In die Enge gedrängt und umzingelt. Einzig die Steilküste vor ihnen war ihr Ass im Ärmel. Loghain musste sich auch eingestehen, dass die Anzahl höher als erwartet war. An der Nördlichen Stellung sah es nicht anders aus. Man musste kein Gelehrter sein um zu erkennen, dass sich die Anzahl der Feinde erhöht hatte. Auch wenn sich die Rebellenarmee wacker schlug, so würde es kaum eine Chance geben, noch rechtzeitig zu Loghain und seine Ritter zu stoßen. Rowan biss die Zähne zusammen. Doch schließlich befahl sie ihren Leutnant, alles wie geplant vorzubereiten, während sie sich auf den Weg nach unten machte um mit dem Arl zu sprechen. Auch dieser verharrte noch im Schatten aus. Als er die Kriegerin sah, wirkte er besorgt. „Was ist los?“ fragte Arl Rendorn an seine Tochter gewandt. Doch im Grunde wusste er wohl schon was sie ihm sagen wollte. „Dort sind mehr Soldaten als wie dachten. Das heißt, dass sicherlich auch der Osten mit mehr Soldaten angerückt sein könnte, als wir glaubten. Wir müssen Loghain helfen“, beharrte die braunhaarige. Doch der Arl schüttelte nur den Kopf und legte eine Hand auf die Schulter seiner Tochter. „Rowan…wir haben keine Wahl. Sobald sich der Feind zurückzieht, müssen wir mit allem was wir haben flüchten. Was dieser Loghain tut, ist ein Dienst an Ferelden und seinem König. Wir können hier nicht weg“, sprach er eindringlich. Rowans Lippen bezeichneten einen schmalen Strich und sie starrte ihren Vater verbissen in die Augen. „Aber wir haben es ihm versprochen! Wir können ihn dich nicht einfach im Stich lassen!“, beharrte sie. Arl Rendorn seufzte. „Es war ein Guter Plan aber die Rolle die Loghain in seinem Plan spielt, ist die Rolle des Opferlamms…so leid es mir tut“, erwiderte der grauhaarige. Rowan starrte auf den Boden. Er hatte nicht ganz Unrecht. Aber wieso hatte Loghain dann darauf bestanden an diesem Vorhaben festzuhalten. War ihm nicht klar gewesen, dass er nicht mit Hilfe rechnen brauchte, falls sich die Lage als anders entpuppte wie erwartet? Das war doch ziemlich unwahrscheinlich. Vermutlich wusste Loghain sehr genau was er tat und worauf er sich eingelassen hatte, doch konnte Rowan diese bittere Wahrheit so ohne weiteres hinnehmen? Was würde Maric dazu sagen? Er würde vermutlich toben und den Arl mit Worten belegen, die sie sich lieber nicht so genau vorstellen wollte. Oder er zog sich zurück. Letzteres war ein Risiko, dass es immer geben würde, solang Meghren noch immer unrechtmäßig den Thron Fereldens beschmutzte. Wortlos wandte sich die junge Frau herum und ritt zu ihren Männern zurück. Noch ehe sie sie erreicht hatte, hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie würde nicht tatenlos zusehen. Sie würde die versprochene Verstärkung sein. Sie vertraute auf ihren Vater und auf Maric. Sie würden das schaffen, und sie musste es tun. Es war das Richtige. Rowan und ihre Männer blickten nicht zurück. Sich gegen ihren Vater zustellen, das hatte Rowan noch nicht oft getan. Schließlich gab es auch keinen Grund dafür, doch heute gab es diesen. Ihr Vater wollte Loghain und seine Ritter ihrem Schicksal überlassen. Ein kleiner berechnender Teil in ihrem Inneren wusste, dass er das nicht leichtfertig tat, doch es fühlte sich nicht richtig an. Sie wusste, dass sie nur fliehen und Maric sicher wegbringen konnten, weil Loghain dafür gesorgt hatte, dass sie ihm folgten. Weil er sie von den anderen weggelockt hatte. Was wäre sie für eine zukünftige Königin, wenn sie ihre Männer im Stich lassenwürde? Auch Königin Moira hätte ihre Männer nicht ohne einen Kampf sich selbst überlassen, nicht wenn es eine kleine Chance gab es zu verhindern. Ihr Vater würde schon dafür sorgen, dass sie diese Nacht überleben würden. Doch sie würde nicht hierbleiben und Loghain sich selbst überlassen, sie würde ihn nicht allein dort sterben lassen, nicht solang noch ein Funke Ehre und Leben in ihr waren. Und wenn es das letzte war, was sie tat. Sie glaubte an ihren Vater und an Maric, bis sie zum Waldesrand kamen. Es dauerte nicht lange, bis sie die Route entdeckt hatte, die sie vor einigen Stunden noch auf der Karte diskutiert hatten. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Das Unterholz war niedergetrampelt und kleine Zweige von Sträuchern und Büschen waren abgeknickt. Als der Flusslauf in Sicht kam, bedeutete sie ihren Männern leise zu sein, denn sie wollten die Soldaten des Feindes nicht warnen. Doch Loghain hatte gute Arbeit geleistet. Nicht einer der Männer war zu sehen, hier und da lagen lediglich ein paar vereinzelte Leichen herum und deuteten ihr so den Weg den die dreißig Ritter genommen hatten. Die Feinde waren abgelenkt so wie es geplant war. Sie jagten den vermeidlichen Prinzen ohne zu wissen, dass ihre Hauptstreitmacht bereits in die Enge getrieben und in Schach gehalten wurde. Als sie die Steilküste erblickte, sah sie zur Seite und nickte ihren Rittern zu. Es war wie sie befürchtet hatte. Auch hier im Osten waren weit mehr Feinde als gemeldet wurden. Es war schwer vorstellbar, dass Loghain mit dieser Übermacht allein zurechtgekommen wäre. Aber sie gestand ihm gern zu, dass er Mut hatte. Schließlich kam es einem Todesstoß gleich, sich mit dreißig Männern gegen mehr als zweihundert Soldaten zu stellen. Die Schreie der Männer drangen zu ihnen herüber. Offensichtlich hatten sie vor, die Steilküste einzukesseln und die wenigen Ritter zur Aufgabe zu zwingen, allerdings hieß dass nicht, das sie sie auch am Leben ließen. Kurz blickte Rowan noch einmal zu ihren Männern, die wieder zu ihr aufgeschlossen hatten. Sie hatten nun das freie Feld vor sich. Mit einem Aufschrei und gezücktem Schwert ritt sie in die Truppen, ihre Männer folgten ihr dichtauf. Doch zunächst konzentrierte sie sich, nicht vom Pferd gerissen zu werden und zu sterben. Immer wieder waren die Kehlen der Feinde ihr Ziel. Sie bahnten sich eine Schneise durch die Reihe der Soldaten des Thronräubers. Sie nutzten den Vorteil des Überraschungsmomentes voll aus. Immer mehr Männer fielen den wütenden Klingen der Rebellen zum Opfer, doch sie hatten sich schnell wieder gefangen. Nun waren die Pfeile auf sie gerichtet, doch Rowan riss ihr Schild in die Höhe um sich vor den meisten von ihnen zu schützen. Ein Pfeil surrte an ihr vorbei. Doch sie gab nicht auf. Schlag um Schlag schwang sie ihr Schwert und beförderte weitere Soldaten von den Rücken ihrer Pferde in den Tod. Sie konnte nicht sehen wie es auf dem Schlachtfeld aussah, sie konzentrierte sich darauf nicht zu sterben. Mit einem Mal geriet ihr Pferd ins Stolpern. Ein Soldat am Boden hatte ihm die Kehle aufgeschlitzt. Hart kam die junge Frau auf dem Boden auf, doch sie war schnell wieder auf den Beinen als sie dem Angreifer den Kopf abschlug. Sie kämpfte am Boden weiter, aber es dauerte nicht lange, als einer ihrer Ritter ihr auf sein eigenes Pferd half und sie weiterkämpfte. Das würde sein letzter Kampf werden. Seine Reise neigte sich dem Ende. Unvermittelt trat er nach einem weiteren Soldaten, der eben auf ihn zustürmte. Er traf ihn so heftig, dass dieser direkt über die Kante der Klippe taumelte und fiel. Dann erklang urplötzlich ein Horn. Loghain blinzelte, wischte sich den Schweiß aus den Augen und lachte unerwartet laut auf. Das laute Donnern der Hufe hallte zu ihm herauf. Ein sicheres Zeichen, dass die berittene Abteilung der Rebellenarmee den Soldaten des Thronräubers in den Rücken fiel. Der Vormarsch der Armee stockte als sie sich Hals über Kopf neu zu formatieren versuchte. Loghain wagte aufzustehen und nach unten zu sehen. Die Gestalt in der glänzenden Rüstung die den Angriff führte, konnte nur Rowan sein – der flammende grüne Federbusch auf ihren Helm, der wie eine Flagge im Wind wedelte, war unverkennbar. Die Wirkung auf den Feind war verheerend. Die Orlesianer wurden rückwärts über die Klippe gedrängt und ihre Schreie drückten Verzweiflung und Verwirrung aus. Ihre notgedrungene Ordnung zerstreute sich rasant und ihre Fußsoldaten wurden von Panik ergriffen und fielen übereinander, als sie versuchten kopflos davon zu rennen. Selbst die Befehle ihre Kommandanten, die Stellung zu halten, konnten sie nicht zurückhalten. Loghains Herz machte einen Sprung, doch er hatte keine Zeit mehr, Rowan und ihren Soldaten zuzusehen, da die restlichen Truppen, die sich noch auf der Klippe befanden, zusehends in Verzweiflung verfielen. Sie waren gefangen zwischen den Männern des Arls und den Rittern vor ihnen. Ihre Angstschreie waren ohrenbetäubend. „Jetzt! Los doch! Drängt sie zurück!“, schrie er den verbliebenen sechs Rittern zu, die allesamt neben ihn standen. Ihre Rüstungen waren blutverschmiert und sie waren schwer verwundet, doch sie bissen die Zähne zusammen und taten wie ihnen geheißen. Sie nutzten ihren Vorteil aus und schwangen ihre Schwerter noch eifriger um den Feind zurück zu drängen. Der Widerstand dauerte noch einen Moment an, ehe er endlich zerbarst und sie die feindlichen Linien durchbrachen. Loghain stieß einen Siegesschrei aus und rammte sein Schwert gleich durch zwei feindliche Soldaten die um Gnade winselten, seine sechs verbliebenen Ritter taten es ihm gleich. Unten im Tal war indes eine reine Massenpanik ausgebrochen. Er sah wie einige von Rowans Männern die Verfolgung aufnahmen. Von diesem Anblick ermutigt, trieb Loghain seine Männer weiter an und sie drängten nach und nach jeden verbliebenen Soldaten über den Rand der Klippe. Ihre ohrenbetäubenden Schreie als sie in die Tiefe stürzten waren nur schwer zu ertragen und dann standen Loghain und seine Ritter plötzlich selbst vor den Abgrund und starrten auf das Blutbad unter ihnen. Wie Puppen lagen die Männer zerschmettert vor ihren Füßen. Wie Puppen die von einem wütenden Kind weggeworfen wurden, dachte Loghain grimmig. Die wenigen Soldaten die sich noch auf den Pfad befanden sprangen zur Seite um Rowan und den heransprengenden Männern nicht in die Quere zu kommen. Diejenigen die versuchten die Stellung zu halten, wurden gnadenlos niedergemacht. Ein einsamer zitternder Hellebarde richtete die Waffe gegen ein einzelnes Pferd. Rowan spürte einen Windhauch hinter sich und ehe er sich versah, hatte die Kriegerin ihre Schwertklinge in seine Kehle getrieben. Mit einer leichten Drehung beförderte sie diesen in die Schlucht. Es waren nur noch vereinzelte Männer die sich versammelten um anzugreifen. Sie hörte wie der Kampfeslärm allmählich abebbte und die Steilküste ruhiger wurde. Als sie die Steilküste erreicht hatte, wanderte ihr Blick über die Männer die übrig geblieben waren. Sie waren verletzt und sie waren erschöpft. Rowan riss sich den Helm vom Kopf und lief auf Loghain zu. Dieser wandte sich zu ihr und reichte ihr die Hand. Die Kriegerin blieb stehen und sah ihn verwundert an, als wüsste sich nicht was das zu bedeuten hatte. „Das war ein hervorragender Vorstoß“, gratulierte er ihr. Rowan griff nach seiner Hand und schüttelte sie schließlich doch. Ihre Blicke trafen sich und länger als nötig. Sie sahen sich direkt in die Augen. Schnell zog sie ihre Hand zurück und senkte ihren Blick verlegen zur Seite. Nur keine Schwäche zeigen, mahnte sie sich in Gedanken zur Ordnung. „Ich kann nicht glauben, dass ihr solang überlebt habt. Es tut mir leid…ich wünschte ich wäre früher gekommen“, erwiderte sie sah abermals zu den Männer hinter Loghain. Einige waren in die Knie gegangen. Rowan lächelte. „Gut gemacht…von euch allen“, erwiderte sie und wandte ihren Blick von der grausamen Küste ab. Auch wenn sie inzwischen an den Anblick von Leichen gewohnt war, es war doch etwas anderes, sie wie geschlachtetes Vieh und zerschmettert am Fuße der Küste zu sehen. Noch einmal erlaubte sie sich einen flüchtigen Blick hinab, bevor sie die Augen schloss. Auch wenn sie gelernt hatte, dass Krieg Opfer forderte, so war dieser Anblick doch nur schwer zu ertragen. Schließlich waren es auch nur Menschen, die vielleicht nicht den gleichen Idealen folgten, aber dennoch ihr Leben gaben, für einen falschen König in der Hoffnung, dass sie ihre Familien damit vielleicht beschützen konnten. Doch für derlei Sentimentalitäten war nun keine Zeit mehr. Sie mussten von hier verschwinden und das sehr bald. Rowans Blick wanderte wieder zu Loghain, doch der schien zu einem ganz ähnlichen Ergebnis gekommen zu sein. „Wir müssen hier weg…und das am besten jetzt. Wenn sie sich erholt haben, und sich daran erinnern, ihren Kopf zu benutzen, könnten sie uns in ernste Schwierigkeiten bringen.“, brachte er grimmig hervor. Zudem waren sie noch immer eindeutig in der Überzahl. Rowan nickte. „Du hast Recht. Los jetzt, Rückzug solange wir noch in der Lage dazu sind. Maric braucht uns, und ich bezweifle, das wir ihm tot von Nutzen sein können.“, erwiderte Rowan. Loghain sah ihr nachdenklich hinter her. Sie wirkte wieder wie die Kriegerin die sie war, obgleich er sich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass sie dennoch eine einfache Frau war, die dem Schrecken des Kriegs zu begegnen versuchte. Ebenso wie er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)