Hunter of Darkness - Sidestories von Plotchaser (Sidestories) ================================================================================ Kapitel 6: Juna - 1-Sechs ------------------------- Seit ich aus meinem Koma erwacht war und die Ärzte sich sicher waren, dass der Druck durch die vorangegangene Hirnblutung gänzlich abgeklungen war, hatte man mich aus der Intensivstation entlassen, doch behielt man mich weiterhin unter Beobachtung da. Mittlerweile waren weitere 2 Wochen vergangen, doch mein Mund war immer noch nicht davon überzeugt, so zu funktionieren, wie er sollte. Ich hatte zwar tägliches Sprachtraining, bei dem ich darauf bestand, dass Prim mich derweil alleine lies, doch zeigte dieses nur mäßigen Erfolg. Je länger ich mich mit diesem Problem beschäftigte, um so mehr frustrierte es mich und ich wollte nicht, dass Prim das mitbekam. Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass sie mich schon lange durchschaut hatte. Denn auch sie sprach mittlerweile weniger und achtete mehr auf meine Mimik und Gestik. Meine Eltern hatten auch schon behauptet, dass wir eine eigene Art zu kommunizieren entdeckt hätten, da wir uns ohne jegliche Worte verstanden. Doch änderte dies nichts daran, dass ich auch jetzt wieder mit Tränen in den Augen vom Sprachtraining kam. Ich hatte mir das alles einfacher vorgestellt. Immerhin hatten die Ärzte gemeint, dass es sie wunderte, dass lediglich meine Aussprache so gestört war, denn Lesen, Schreiben und Verstehen waren kein bisschen betroffen. Niemand konnte mir sagen ob und wann ich wieder richtig sprechen konnte. Ich unterdrückte einen frustrierten Laut, als ich mich auf eine Parkbank setzte und über meine, nun wieder fast 3 Zentimeter langen, Haare strich. Das Ganze war so unfair! Für einen Moment lies ich es zu, dass die Bitterkeit mich übermannte und ich zog die Knie unter mein Kinn, um mein Gesicht hinter diesen zu verstecken, während ich stumm weinte. Ich wollte Prim nicht weiter belasten, also lies ich jetzt alles raus, ehe ich mich wieder zusammenreißen würde. Für Prim würde ich weiterhin das Kinn oben halten und ihr den Daumen hoch zeigen, wenn sie mich danach fragte, wie das Sprachtraining gelaufen war. Außerdem wartete sie auf mich und deswegen hatte ich keine Zeit, hier lange herum zu sitzen. „Mi... sssss... t...“ Zittrig sog ich die Luft ein und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Das war mal wieder genug Selbstmitleid gewesen. Also stand ich von der Bank auf, biss die Zähne zusammen und ging weiter. Prim wartete auf mich.   Als ich mein offizielles Einzelzimmer betrat, in dem Prim sich eingenistet hatte, stand diese am Fenster und schaute hinunter auf den Park. Mit einem beklommenen Gefühl im Magen, schloss ich die Tür hinter mir und blieb mitten im Raum stehen. Ich wartete nur einen Augenblick, da drehte sich die Blonde auch schon zu mir um. Ihre karamellfarbenen Augen wanderten prüfend über mich und ich zwang mich zu einem Lächeln. Doch quittierte Prim dieses mit einem strengen Blick und so unterließ ich es, den Daumen hoch zu zeigen. Sie musste mich von hier aus gesehen haben. „Es... Isch...“ Überfordert von ihrem Blick, schaute ich auf den Boden und dachte fieberhaft nach, was ich ihr denn als Ausrede liefern konnte, damit sie sich keine Sorgen machen würde. Auch wenn ich wusste, dass jede Ausrede von ihr durchschaut werden würde. „Lüg' mich nicht an, Juna...“ Überrascht hob ich den Blick wieder an und blickte direkt in Prims Gesicht, da diese nun vor mir stand. Ihr Blick war durchdringend und ich konnte spüren, wie er an einem Damm in mir rüttelte. Langsam schüttelte ich den Kopf und hoffte, sie würde mich nicht so zu einer Antwort drängen. Denn genau das tat sie, auch wenn sie mich eigentlich nur ansah. „Esss... wird... wi... rd...“ Ich legte eine Pause ein, wie immer, wenn ich versuchte, Worte so deutlich wie möglich aus zu sprechen. „Ni... scht... be... sss... ser.“ Mit den Augen suchte ich während dieser Worte hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit, die nicht existierte, weshalb ich Prims Blick nicht sehen konnte. Erst, als sie nach meiner Taille griff und mich an sich zog, spürte ich mein eigenes Zittern und die Tränen auf meinen Wangen. „Doch, wird es. Es dauert nur, Juna. Vor 2 Wochen hättest du noch nicht einmal so deutlich sprechen können, wie eben. Du musst nur Geduld haben.“ Als sich Prim leicht von mir löste und zu mir auf schaute, sah ich auch in ihren Augen Tränen. Tränen, die sie wegen mir vergoss und die mich noch heftiger Aufschluchzen ließen. „Hey, Juna.“ Sanft legte die Blonde ihre Hände an meine Wangen und zog mein Gesicht zu ihrem hinunter, um ihre Stirn an meine zu legen. „Du musst nicht für mich stark sein, sondern für dich selbst. Und wenn du es im Moment nicht kannst, dann helfe ich dir dabei, wieder stark zu sein, okay?“ Mit bebender Lippe versuchte ich ein weiteres Schluchzen zu unterdrücken und die karamellfarbenen Augen meiner Gegenüber zu fixieren. „Du bist mir wichtig, also vergiss deine Einzelgängertour. Die hast du schon viel zu lange durch gezogen, um hinter mir zu stehen, okay? Du brauchst jetzt Hilfe, nicht ich. Also nimm sie bitte an, ja?“ Verunsichert legte ich meine Hände auf die Hüften der Kleineren und schloss kurz die Augen, um tief durch zu atmen. „Dank... ke.“ „Gutes Mädchen“, kaum hatte Prim diese Worte gesagt, hauchte sie mir einen sanften Kuss auf die Lippen und lies mein Gefühlschaos erneut los brechen. Sie hatte nicht nur meine Aufmunterungstaktiken und Lobworte abgekupfert, sie hatte mich gerade tatsächlich geküsst! Ich vergaß vor lauter Schock sogar, weiter zu weinen und starrte einfach nur ungläubig in Prims schüchtern niedergeschlagene Augen. Ihre Hände lagen zwar noch immer auf meinen Wangen, doch schien sie all ihren Mut verloren zu haben, denn sie zitterten leicht. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen schlang ich meine Arme nun ganz um Prims Taille, um sie anzuheben und auf der Stelle mit ihr herum zu wirbeln, um ihr meine Freude greifbarer auszudrücken. Wie lange hatte ich schon in Gedanken daran verbracht, dass ich dieses Mädchen wirklich mochte? Ich hatte nur Angst gehabt, sie mit solch einem Geständnis zu verschrecken. Und nun hatte dieses Unglück dazu geführt, dass sie den Mut fasste und mir ihre Gefühle mit diesem Kuss offenbarte. Für den Moment war all meine Frustration vergessen. Glücklich schmiegte ich meine Wange an Prims, als ich diese wieder auf dem Boden abgesetzt hatte. Kichernd lies sie die Liebkosung über sich ergehen und hatte ihre Arme um meinen Hals geschlungen. „Heißt das, ja?“ Ich schnaubte belustigt. Sie hatte ja noch nicht mal die große Frage gestellt und wollte darauf eine Antwort haben? Mit spöttisch erhobenen Augenbrauen musterte ich die Blonde und wartete, während sie sich genierend in meinen Armen wand. „Also... Ich meine... Du... Also, willst du...?“ Ein leises Kichern stieg aus meiner Kehle und ich beugte mich ein wenig zu Prim nach vorne, um mit meiner Nase an ihre zu stupsen. „Ja.“ Doch wurde dieser wunderbare Moment in Zweisamkeit damit zerstört, dass meine Zimmertür geöffnet wurde und jemand ebenso erschrocken im Türrahmen stehen blieb, wie wir beide auch gefroren. „Prim?“ - „Juna?“ Hörte ich die fragenden Stimmen von meiner Mom und Prims Dads gleichzeitig sagen und wir sprangen förmlich auseinander, wobei unsere Köpfe knallrot leuchteten. „Was hab ich verpasst?“ Und da war auch schon mein Dad, der sich mit einem breiten Grinsen an den anderen vorbei schob und bei unserem Anblick nur noch breiter grinste. „Ooooh. Hat meine Tochter etwa was unanständiges gemacht?“ Ich bezweifelte zwar, dass es ging, doch ich hätte schwören können, dass die Röte auf meinem Gesicht noch intensiver wurde. „Eeh“, das Wort, das in meiner derzeitigen, sprachlichen Verfassung einem „Nein“ am nächsten war, kam völlig automatisch und ich schüttelte heftig meinen Kopf. „Und wieso bist du dann so rot?“ Als ich langsam den Blick anhob, lagen die Augen der Erwachsenen aufmerksam auf mir. Ich biss mir auf die Zunge, sprechen war immer noch zu schwierig, also ergriff ich vorsichtig Prims Hand und nannte das einzige Wort, das ich mittlerweile wieder perfekt aussprechen konnte: „Prim.“ Überrascht blinzelte diese mich an und drückte dann schließlich meine Hand, ehe sie näher an mich heran trat. Sie versteckte sich halb hinter mir und klammerte sich leicht an meinen Arm, was mich sanft lächeln lies. Das war die offensichtlichste Antwort, die ich unseren Eltern geben konnte. Und es schien ihnen zu reichen, denn sie lösten sich endlich aus ihrer Starre und traten ganz ein. „Eigentlich sind wir ja hier, um euren Umzug zu planen und deine Fortschritte zu besprechen, Juna.“ Überrascht schauten wir beide auf und ich drückte erneut kurz Prims Hand, damit sie die Frage aussprach, die wir uns beide stellten: „Unser Umzug?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)