Teenage Love von Puppenspieler ================================================================================ Epilog: -------- Tanzen, stellte Sice fest, war absolut grauenhaft. Dieser ganze Ball war grauenhaft. Die Musik, die aus irgendwelchen Lautsprechern dröhnte, war grauenhaft. Die ganzen Leute, die sich lachend und schwatzend über die Tanzfläche bewegten, waren grauenhaft. Die Tänze, die sie tanzten, waren es noch mehr.   Alles war grauenhaft.   Trotzdem lachte sie, als sie zusah, wie Cinque tatsächlich den armen Mog durch die Gegend wirbelte, oder wie Nine über seine eigenen Füße stolperte, während er mit irgendeinem Mädchen tanzte, das sie nicht kannte. Er hatte es offensichtlich nicht geschafft, Emina zu erwischen.   Wie irgendjemand hier wirklich Spaß haben konnte – an der Veranstaltung selbst, nicht am Leid der Anderen. Das war wirklich lustig – verstand sie nicht. Wenn es nach ihr ginge, dann wäre sie am liebsten nach dem Pflichttanz schon wieder von der Tanzfläche runtermarschiert. War sie auch. Kurzzeitig. Dann hatte sie Seven wieder zurückgeschleift, weil sie vom Rand aus viel zu wenig gut sah, was für Peinlichkeiten sich dort auf der Tanzfläche tummelten.   Eights Tanzpartnerin war so winzig, dass sie garantiert gemischtermaßen concordischer Herkunft war. Ace tanzte mit einem Soldaten. Leider sah er nicht besonders leidend aus. Deuce, die mit einem blonden Kerl mit einem peinlichen Stirnband tanzte, sah auch nicht unzufrieden aus. Trey und sein Tanzpartner, der dauerschwätzende Kerl aus Klasse drei, waren jedes Mal, wenn sie einen Blick auf die beiden werfen konnte, in eine heftige Diskussion verzettelt. Und jedes Mal brach sie in schallendes Gelächter aus, das sie an Sevens Schulter ersticken musste. Es war wunderbar. Noch viel besser, als sie es sich vorgestellt hatte. Und Trey hatte es so sehr verdient.   Irgendwo zwischendrin sah sie ein Mädchen mit einem lächerlichen Hexenhut, das mit einem glatzköpfigen Typen aus der Magiefakultät tanzte. Der riesige Typ aus Klasse fünf, der eindeutig Wurzeln in Lorica hatte, hatte eine Tanzpartnerin erwischt, die nicht einmal direkt winzig war, aber neben ihm einfach aussah wie ein Zwerg. Und die aussah, als hätte sie panische Angst vor ihm. Ihr Gesicht war göttlich.   Und dann sah sie wieder zwischen den tanzenden Paaren Trey und seinen Partner, sah, wie die beiden es schafften, einen harmlosen Paartanz wie einen Wettbewerb aussehen zu lassen, sah ihre intensiven Blicke und die Bewegungen ihrer Lippen, und ihre Stirn kollidierte in hilflosem Gelächter mit Sevens Schulter. Wieder einmal.   „Man sollte meinen, es würde irgendwann langweilig“, kommentierte die erheitert. Sie ließ sich von Sices Ausbruch gar nicht stören, tanzte einfach weiter. Sie führte, schon die ganze Zeit. Sice konnte es aber auch einfach gar nicht – wollte es auch nicht können. Wer wollte schon tanzen können? „Niemals“, erwiderte sie. Sie hob den Kopf wieder und grinste Seven breit an. „Das da hinten ist die Erfüllung all. Meiner. Träume. Die Rache für all die langen Jahre der Folter, die ich ertragen musste. Was glaubst du, wie gut ich heute Nacht schlafen werde?“ Jetzt lachte auch Seven, auch wenn sie den Kopf schüttelte dabei. Ihr amüsiert-mahnender Blick schien Sice darauf hinweisen zu wollen, dass sie nicht so viel Spaß am Leid ihrer Kameraden haben sollte. Sie zuckte nur unbekümmert mit den Schultern und grinste weiter. Über Sevens Schulter sah sie noch einmal zu Trey und prustete gleich wieder los.   Mit einem Seufzen manövrierte Seven ihren Tanz so, dass sie die beiden Streithähne nicht mehr sehen konnte. „Hey!“ „Du hast genug gelacht, findest du nicht?“ „Sei nicht so grausam! Auf dieser ätzenden Veranstaltung muss ich mich doch irgendwie amüsieren!“ Seven hob die Augenbrauen. In ihren Augen blitzte Amüsement. „Bin ich dir zu langweilig?“ „Ja! Ich meine – nein. Es geht. Du könntest ätzender sein. Das meine ich.“ „Ich weiß.“ Sice atmete tief durch. Tief und langsam und betont ruhig. Diese verdammte–! Warum fragte sie überhaupt, wenn sie es eh wusste?! „Du könntest vor allem auch weniger ätzend sein und mir meinen Spaß gönnen.“ „Oder“, erwiderte Seven. Sie lachte. Sice blinzelte irritiert – vielleicht, weil sie Seven so selten lachen sah. Vielleicht, weil ihr gerade erst bewusst wurde, dass sie ein hübsches Lachen hatte. Vielleicht, weil sie selbst nicht verstand, dass sie sich ernsthaft davon so sehr ablenken ließ, dass sie sogar ihr Bedürfnis nach Schadenfreude dafür vergaß, „ich lenke dich von deinen Gemeinheiten ab.“   Und plötzlich wurde sie schneller.   Die neuen Tanzschritte passten überhaupt nicht zur Musik – aber das war bei vielen der Paare der Fall, also war das wohl das kleinste Problem. Das Problem war eher, dass Sice überhaupt nicht mehr mitkam. Sie protestierte, doch es ging in ihrem eigenen Lachen unter.   Eigentlich wollte Sice wirklich nicht tanzen um des Tanzens Willen. Sie wollte die anderen beobachten, wollte sie auslachen, wollte möglichst viel von ihrem Leid mitbekommen, um noch ewig lange darüber spotten zu können.   Aber eigentlich war es schön, wie viel Freude Seven daran hatte. Mit einem Kopfschütteln schob sie die Gedanken beiseite. Als sie den Blick wieder abwandte, war es weniger, weil sie die Meute um sie herum beobachten wollte – sie musste sich eh viel zu sehr aufs Tanzen konzentrieren –, sondern weil sie ein Lächeln versteckte.   Kompromissbereitschaft, huh? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)