Children of the night von Pragoma ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Während die beiden die Flucht ergriffen, setzte Vincent sich in seinem Zimmer auf sein Bett, starrte die Decke an und seufzte leise auf. Er hatte zwei Menschen zur Flucht verholfen, seinen und Kadajs Tod somit besiegelt und es dauerte auch nicht lange, da führten sie ihn und Kadaj in Ketten ab. Auf den Weg zum Tageslicht, sagte er kein Wort, ebenso Kadaj. Dieser blickte nur auf den Boden, wirkte abwesend und trottete den Wächtern hinterher. Angekettet stand Kadaj nun da, mitten in den Wald hatten sie ihn gebracht, nicht würdig unter den Reihen der eigenen Leute zu sterben. Seine Augen hielt er geschlossen, hörte sich so die Vorwürfe seines Vaters an, das listige Kichern seines Bruders, das leise Wimmern des noch älteren, welcher sich vermutlich wieder mal an Yazoo klammerte. Vincent trug es mit Fassung, etwas anderes hatte er von ihm auch nicht erwartet. Er war schon immer so, der ruhigere Pol in ihrem Clan, jemand, der nicht viel sprach und nicht viel gesehen wurde. Cloud versteckte sich hinter Bäumen, versuchte keine Laute zu machen oder gar sich zu verletzen. Er wusste, sie würden ihn sonst riechen können. Lange standen sie da, doch eine Stunde bevor die Sonne aufging, ließen sie beide an Bäume gekettet im Wald stehen und gingen davon, zurück zu ihrem Versteck. Nachdem er sich sicher war, dass der Abstand weit genug war, trat er in das noch vorhandene Mondlicht und sah zu Vincent. "Danke." Es war ehrlich gemeint, er hatte seinem Vater geholfen und nun war er an der Reihe. "Bist du irre geworden hierherzukommen?", knurrte Kadaj den Blonden an, warf ihm finstere Blicke zu und war nicht gewillt sich noch von ihm helfen zu lassen. Sollte er Vincent losbinden und ihn hier lassen, Kadaj war es mittlerweile egal und somit würden wohl früher oder später alle Vampire sterben. Als Cloud seine Worte hörte, konnte er nicht anders als zu lächelnd, es war schön seine Stimme zu hören, auch wenn sie aufgebracht klang. Mit schnellen und sicheren Schritten ging er auf ihn zu, schlang seine Arme, so gut es ging, um seinen Körper und drückte sich an ihn. "Ich war kaum einige Stunden weg, aber es war so furchtbar, ich… ich hatte das Gefühl ohne dich zu sterben", wisperte er ihm ins Ohr, legte ihm seinen Kopf auf die schmale Schulter und dennoch wusste er nicht, wie er das geschafft hatte, wieso er diese Macht über ihn und seine Gedanken hatte. Was tat er denn da, wieso umarmte er ihn und dann auch noch auf solche Art? "Lass das bitte, hör auf mich anzufassen", quengelte Kadaj leise und versuchte ihn mit den Beinen irgendwie von sich weg zu kriegen, doch vergeblich, es schien sich verbissen zu haben. "Kadaj, nun lass ihn halt", fing Vincent an zu schmunzeln, fand das wohl irrsinnig witzig und fing an zu lächeln. Cloud hatte aus dem Gasthaus eine Axt geklaut, da er sich gut an Kadajs Worte erinnerte und wusste, dass dies die beste Verteidigung gewesen wäre, doch nun sah er auch einen guten Fluchtweg. "Ich helfe euch hier raus", murmelte er dem Silberhaarigen zu, trat zurück und besah sich so gut ich konnte die Ketten. Sie waren aus einem ganz gewöhnlichen Eisen gemacht worden, doch waren sie auch gut behandelt und sie waren sehr dick, das würde etwas dauern, aber es war zu schaffen. So stellte er sich hinter den Baum, dort wo der Kettenstrang nicht überlagert wurde und schlug immer wieder ein. Geht es vielleicht noch lauter, grummelte Kadaj sich gedanklich selber an, seufzte und schloss erneut seine Augen. Bald würde die Sonne aufgehen, ihn und seine dunkle Seele erlösen, alles von ihm zu Staub zerfallen zu lassen und weggetragen vom Wind, wild in der Welt verstreut. Ein herrlicher aber auch beängstigender Gedanke und so fing Kadaj langsam an zu zittern, hatte das erste Mal richtig Angst, ein Gefühl, das er noch nie hatte. Es dauerte fast eine halbe Stunde, seine Arme zitterten schon vor Anstrengung, er konnte kaum noch richtig die Axt halten, die Kraft ließ nach und doch wollte und konnte Cloud ihn hier nicht zurücklassen! Der Gedanke daran, dass er sterben würde, zerriss ihm das Herz in Fetzen. "Endlich!", freute er sich, als die Kette nachließ und er ihn nur aus den Strängen wickeln musste. Kaum merklich atmete Kadaj beim Zersplittern der Ketten aus, öffnete seine Augen nur sehr langsam und sah zum Himmel herauf. Man konnte den ersten Rotschimmer erkennen, das erste Vogelgezwitscher vernehmen und die erste leichte Brise spüren. Nie hatte er es so gesehen, sich immer schon vorher zurückgezogen und war nun wie hypnotisiert von diesem Anblick. Kurz achtete Cloud nicht auf den Kleineren, versuchte Vincent aus seinem Gefängnis zu befreien und schaffte es, kurz bevor die Sonne sie erreichte. "Schnell!", rief er aufgebracht, zog beide an ihren Händen hinter sich her und wusste, dass sie nicht mehr viel Zeit hatten. Seine Atmung ging schnell, sein Körper hatte keine Kraft mehr, seine Gedanken überschlugen sich und sein Herz schien zu schreien. Außer Atem, völlig fertig ließ er sich tief in der Höhle auf die Knie nieder, versuchte an der kalten Höhlenwand Halt zu finden und legte seine warme Stirn gegen das kühle Gestein. Hastig und sich an der Hand ziehend lassend, hechtete Kadaj durch den Wald, floh vor der todbringenden Sonne, welche ihn sofort beim Berühren seiner Haut zu Staub zerfallen ließ. Gerade noch rechtzeitig sprintete er mit letzter Kraft in die schützende Hölle, verkroch dich mit den Händen über dem Kopf in der hintersten Ecke und setzte sich auf den kalten Boden. Gerade noch so dem Tode entkommen, hätte er ein Herz gehabt, so hätte es sich sicherlich überschlagen, wild gegen seinen Brustkorb gehämmert und ihm deutlich gezeigt, er sei am Leben. Als Cloud wieder einigermaßen ruhig atmen konnte, deine Lungen nicht mehr schmerzten und auch dein Puls sich normalisiert hatte, setzte er sich richtig hin, den Rücken an die Wand, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. War es nun vorbei? War alles vorbei? Die Flucht? Die Geschichte? Er wusste es nicht, aber es fühlte sich nicht an wie ein Ende, eher wie ein Anfang. Müde legte Kadaj seinen Kopf in den Nacken, schloss ebenfalls seine Augen, öffnete diese jedoch beim leisen Klang von Vincent seiner Stimme. "Du siehst schwach aus. Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?", sprach er Kadaj besorgt an, machte sich tatsächlich über seinen Zustand Sorgen, beugte sich zu ihm herunter und sah ihn an. "Gestern irgendwann, aber das ist doch jetzt auch nicht wichtig", antwortete Kadaj ihm leise, schloss wieder seine Augen und wurde dennoch grob am Kragen nach oben gerissen. Zwei blutrote Augen funkelten ihn an, ermahnten, etwas zu trinken. "Bedien dich ruhig, schließlich hatten wir eine Abmachung", zuckte Cloud mit den Schultern, als er ihm leise seine Erlaubnis gab, war sich sicher, dass Vater gut bei Mutter ankommen würde und sein Schicksal, das mit dem von Kadaj verknüpft war. Doch glaubte er an keine Zukunft, eher an einen Untergang, der ein Licht statt der gewohnten Dunkelheit am Horizont preisgab. War es lächerlich so etwas zu denken? "Danke, aber ich habe keinen Hunger." "Kadaj, trink etwas. Wenn du nicht bald etwas zu dir nimmst, dann stirbst du!" Bla ... bla ... würde er halt sterben, kümmerte Kadaj ohnehin nicht, da er ausgestoßen und abgegrenzt wurde. Alles wegen eines dummen Menschen, weil dieser unbedingt etwas über sie wissen wollte und seinen beschissenen Vater retten wollte. "Wenn ich mich an ihm bedienen würde, er würde sterben. Nur seinetwegen sind wir hier, weil er so dämlich war, seinen Wissensdurst zu stillen", keifte Kadaj kaum später drauf los, hatte die Nase von dem Blonden sowie von Vincent gestrichen voll. "Willst du mich dann nicht doch tot sehen? Wäre das nicht die beste Gelegenheit? Du könntest deinen Durst stillen und mich in die ewigen Jagdgründe schicken, ist es nicht das, was du willst? Sicher, du bist jetzt vielleicht ausgestoßen, aber siehe es so, du bist jetzt frei. Die Anderen denken du seist tot, zu Staub zerfallen und vom Wind verweht worden, doch du lebst, kannst deinen eigenen Weg gehen, wann immer du willst halten, wann immer du die Lust verspürst frei ausatmen, ohne gleich Bedenken zu hegen, dass sich jemand von hinten auf dich stürzen würde, um es mit dir zu treiben." Seine Worte, seine Stimme sie klangen so nüchtern, so ernst, dass er sich kaum wiedererkannte. Normalerweise sprach Cloud nur so, wenn er etwas erfuhr, dass ihn weiter brachte, etwas, dass jedoch den Grund nicht erkennen ließ und ihn stutzig machte, doch hier sah er es und es machte ihm nichts aus. "Gar keine so schlechte Idee ... uhhh ~ ich glaube, das mache ich sogar." Kadaj kam mit jedem gesagten Wort näher, lächelte Cloud kaltherzig an und war schneller bei ihm, als das er hätte Piep sagen können. „Magst du es lieber kurz und schmerzlos oder sehnst du dich nach einem langsamen und qualvollen Tod?" Kadaj liebte es zu spielen, seine Position auszunutzen, die Angst in den Augen seiner Opfer zu sehen, wie sie einen anflehten, es ganz sein zu lassen. "Such es dir doch aus", antwortete Cloud, sah teilnahmslos in seine funkelnden Augen und wusste, dass er versuchte, ihm Angst einzujagen, doch dies würde nichts bringen. Statt Angst verspürte er etwas Anderes, etwas, dass ihn verwirrte, irritierte und dennoch verbarg er es tief in seinem Inneren. Leicht drehte er seinen Kopf zur Seite, gab ihm so einen guten Zugang zu seiner Halsschlagader und wartete nicht eine weitere Sekunde. "Fang an." Er bot ihm doch tatsächlich freiwillig seinen Hals an, ließ ihn sogar noch aussuchen, wie er ihn am besten töten sollte, ob er nun langsam oder schnell sein Blut aussaugte. Verdient hätte er einen schnellen Tod, aber Kadaj liebte es zu spielen, vergrub daher auch nur langsam seine Zähne in seinem Hals, schmeckte die ersten süßen Blutstropfen und leckte sie mit der Zunge fein säuberlich auf. "Eins muss man dir lassen, du schmeckst wirklich zu gut", schnurrte er leise in sein Ohr, leckte kurz mit der Zunge darüber und widmete sich dann wieder seinem wohlschmeckendem Lebenssaft. Stumm ließ Cloud alles über sich ergehen, starrte mit leerem Blick dem Ausgang entgegen und konzentrierte sich auf seinen immer schneller schlagenden Herzschlag. Wieso schlug es so hart gegen seinen Brustkorb und wieso reagierte sein Körper aber auch seine Seele auf ihn so intensiv? Cloud verstand es nicht, auch jetzt nicht, wo er dem Tode doch so nahe war. Dass er seine weichen Lippen an seinen Hals legte, immer wieder über die leicht brennende Wunde leckte, machte es nicht besser aber auch nicht schlimmer. Irgendwie war es beruhigend zu wissen, dass er es war, der seinen Tod zu verschulden hatte. Warm floss Kadaj das Blut die Kehle herab, stillte nur langsam seinen Hunger, sein Verlangen nach dem roten Lebenssaft, der ihm wieder Kraft geben sollte, Leben in die müden Knochen einhauchte. Er trank trotz seiner Gier sehr langsam, kostete die süße Angst aus, das Zittern seines Körpers, wie er sich anspannte und förmlich erbebte. "Ahrg~" Leise keuchte Cloud auf, als er spürte, wie ihn ganz langsam seine Kraft verließ, wie seine Zehen taub wurden, sein Körper in eine sanfte Wärme eingeschlossen wurde. Vorsichtig und mit zitternder Hand faste er ihm zärtlich in den Nacken, schloss seine Augen und hoffte, dass er es nie vergessen würde, wie sich seine Lippen an seinem Hals anfühlten. Eine zittrige Hand legte sich in seinen Nacken, ließ Kadaj kaum merklich zucken und abrupt hielt er inne, ließ von ihm ab. Mit leicht verschmierten Lippen, dunklen Augen und einem leisen Grollen auf den Lippen, sah er Cloud an. Er war geschwächt, konnte sich kaum noch halten und war der Ohnmacht nahe. "Was machst du da mit deiner Hand in meinem Nacken?", verlangte er zu wissen, sprach aber dieser sehr leise, fast schon zögerlich. Wieso wollte er das wissen? Langsam und mit viel Mühe öffnete Cloud halb seine Augen, drehte seinen Kopf zu ihm und lächelte sanft. "Wie ... wieso ... Hörst du auf?", fragte er ihn wispernd, schloss wieder seine Augen ganz und drehte sich in die alte Position zurück. "Weil ich wissen möchte, warum du mich anfasst? Normal tun das Menschen nicht, jedenfalls nicht bei mir!", erklärte er, entfernte sich sogar ein wenig und gab ihm Platz zum Sprechen, um sich artikulieren zu können. "Ich… mag dich", murmelte Cloud schwach und leise, ehe er lächelnd in die Finsternis ging. Obwohl er nicht mehr sich an seinem Hals zu schaffen machte, floss das Blut dennoch aus den zwei Wunden, befleckte sein Hemd und kaum einige Minuten später roch alles nach Blut. Mögen ... wie konnte man ihn nach allem, was er getan hatte, noch mögen? "Mach dich nicht lächerlich, keiner mag mich. Nicht dafür, was ich getan habe, auch nicht für das was ich bin", knurrte Kadaj nun wieder leise auf, war mit einem Satz bei ihm und legte zwei Finger auf die blutende Wunde. Dass er plötzlich versuchte die Blutung zu stillen, dass sich heimlich Angst in seiner wütenden Stimme verfangen hatte, bekam er leider nicht mit. Umhüllt von einer Wärme die Cloud träumen ließ, von schlanken und doch starken Armen umschlungen mit einem Lächeln im Gesicht, verbrachte er nun sein Dasein in einer Dunkelheit, welche kein Lichtstrahl erreichen würde. War er schon tot? War dies der Himmel? Und wenn ja, waren es Kadajs Arme, welche ihn so schützend hielten? Na toll, ohnmächtig geworden und dann auch noch so, dass Kadaj ihn auffangen musste, damit er sich nicht noch verletzte. Seufzend hielt er Cloud in den Armen, sah auf ihn herab und erinnerte sich, dass er ihn so schon mal gesehen hatte. Um genau zu sein, als er ihn zum ersten Mal traf. "Cloud, wach auf", murmelte er leise, rüttelte sachte an seiner Schulter. Was murmelte er da? Aufwachen? Cloud wollte nicht, wollte nicht aufwachen, wollte in dieser Dunkelheit bleiben, wollte seine Arme um sich spüren. Ohne es zu wollen, schlug er seine Augen auf, sah verschwommen und langsam durch die Gegend bis er diese eigenartige Wärme vernahm. "Augen auf, das Leben ist zu schön um zu schlafen." Kadaj rüttelte erneut beim Erwachen an seinen Schultern, blickte ihn ruhig und geduldig dabei an. "Wieso?", fragte er ihn leise, sah zu ihm rauf und doch schloss er wieder seine Augen, genoss die Nähe und wünschte sich, dass es ewig so bleiben könnte. "Tot? Nein, tot bist du nicht, nur warst du ohnmächtig", erklärte Kadaj, seufzte auf und ließ ihn noch kurz in seiner Nähe gewähren. "Ach so", nickte Cloud schwach, kuschelte sich an ihn und seufzte leise auf. Er kannte den Grund nicht, weswegen er sich so verhielt, aber es war egal, auch wenn es eine List war, eine Lüge, so hoffte er, dass diese nicht verblassen würde. "Ähm ... was machst du?", murmelte Kadaj leise bei seinem Ankuscheln, verstand nicht, was das nun wieder sollte und blickte ihn ratlos an. "Bitte, nur dieses eine Mal...", murmelte Cloud ihm zu, wusste, dass sicherlich auch dieser Vincent seine Worte hörte und doch war es ihm egal. Er hatte viel Blut verloren, sein Körper fror und er konnte kaum seine Beine oder seine Hände spüren, es war alles taub. Leise murrend ließ Kadaj ihn gewähren, starrte die Zeit über die Decke an, fragte sich, was das sollte und warum er das machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)