A New Life von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 18: In Need Of Some Rest -------------------------------- Etwas schmollend saß Chris auf der unteren Treppenstufe und drehte das kleine Döschen in der Hand, das Miss Williams ihm nach dem Gespräch gegeben hatte. Er hatte sich trotz seiner Zusage Piers gegenüber weiter zu wehren versucht, aber der Jüngere hatte nicht locker gelassen und gedroht, ihn notfalls mit Gewalt zur Psychiaterin zu schicken, oder diese anzurufen und herkommen zu lassen. Piers war richtig wütend geworden, und so hatte der Captain schließlich wirklich nachgegeben und war, mit dem Jüngeren im Schlepptau, losgefahren. Chris hatte erst alleine fahren wollen, aber Piers wollte sichergehen, dass sein Liebster auch wirklich dahin fuhr, wo er hin sollte. Er vertraute ihm da gerade in keinster Weise. Also waren sie gemeinsam gefahren, doch in das Büro hatte Piers Chris alleine gehen lassen, obwohl dieser gerade da lieber doch nicht alleine gewesen wäre. Gute zwei Stunden hatte der Scharfschütze draußen gewartet, hatte sich irgendwann einen Kaffee geholt und war nach einer Weile ein wenig im Gang umher gelaufen. Es beunruhigte ihn nicht, dass das Gespräch so lange dauerte, ganz im Gegenteil, er war erleichtert. Denn das bedeutete, dass Chris redete, dass er wirklich bereit war, sich helfen zu lassen. Und darauf kam es gerade an, nur darauf. Natürlich wusste Piers, dass Miss Williams keine Wunder vollbringen konnte. Sie war auch nur ein Mensch. Aber sie hatte Erfahrung, sie kannte sich mit solchen Problemen aus, mit Menschen, die psychisch am Ende waren, die nicht weiter wussten. Vielleicht würde dem Captain allein dieses Gespräch schon etwas helfen, vielleicht bekam er ein paar Tipps, wie er sich in Zukunft ablenken konnte, oder wie es ihm gelang, sich seinen schlimmen Gedanken irgendwie zu stellen. Und so war Piers dankbar für jede einzelne Minute, die Chris in diesem Büro verbrachte, und als dieser schließlich nach über zwei Stunden wieder raus kam, war durchaus schon eine kleine Veränderung zu bemerken. Aber diese Veränderung wurde überschattet von Chris' Murren und dem Schmollmund, den er machte. Und jeder Versuch, den Soldaten darauf anzusprechen, wurde von diesem nun abgewimmelt, und wortlos ging Chris zum Wagen, stieg ein, wartete, bis auch Piers im Auto war und sich angeschnallt hatte, und fuhr schließlich los, zurück nach Hause. Und da hatte er sich nun eben, nach wie vor schmollend, auf die Treppe gesetzt, und Piers hatte sich mit verschränkten Armen vor ihn gestellt und hob eine Augenbraue an. "Was soll das Geschmolle, Chris? Warum ignorierst du mich, seit du aus Miss Williams' Büro gekommen bist? Ist irgendwas passiert? Hat sie irgendwelche unangenehmen Fragen gestellt? Hab ich irgendwas falsch gemacht?" Der Ältere brummte auf diese Fragen hin nur leise, schüttelte den Kopf und hielt Piers die Dose hin, die dieser entgegennahm und betrachtete. "Das sind Pillen, und? Die werden dir helfen Chris. Die werden..." "Ich brauch keine Medizin, ich bin nicht krank!", schnaubte Chris nun und hob den Kopf an, streckte eine Hand aus, um das Döschen wieder an sich zu nehmen, doch Piers schüttelte den Kopf und behielt die Tabletten erst einmal, während er etwas in die Hocke ging, um auf gleicher Höhe mit seinem Liebsten zu sein. "Mag sein, dass du nicht krank bist, aber du hast ein Problem, eines, das dich fertig macht, eines, mit dem du alleine nicht klarkommst. Du brauchst jede Hilfe, die du bekommen kannst, und Miss Williams weiß schon, was sie tut. Sie hat dir die Tabletten nicht ohne Grund gegeben. Und ich werde sie dir jetzt nicht zurückgeben, damit du sie am Ende einfach im Klo runterspülst oder so." Wieder schnaubte Chris, zuckte mit den Schultern und verschränkte nun selber die Arme, sein Blick wirkte richtig trotzig, wie der eines kleinen Kindes, das sein Gemüse nicht essen will. "Dann behalt sie doch, mir egal. Du wirst mich aber auch nicht zwingen, sie zu nehmen, du..." Chris' Augen weiteten sich, als Piers ihm mit einem Mal eine heftige Ohrfeige verpasste, und er zuckte zusammen, löste die verschränkten Arme und hielt sich die brennende und schmerzende Wange. Sein Blick suchte den des Jüngeren, und als er tatsächlich leichte Tränen in dessen Augen bemerkte, biss er sich auf die Lippen und verfluchte sich innerlich für seine kindische Sturheit. "Piers, ich..." Doch wieder schaffte er es nicht, den Satz zu beenden, denn dieses Mal erhob der Jüngere sich, schob sich an Chris vorbei und ging die Treppe hoch, ohne noch irgendwie auf den Älteren zu achten. Nur die Pillen-Dose ließ er noch einfach auf die Stufen fallen, ehe er oben im Flur verschwand und schließlich die Tür des Gästezimmers hinter sich zuknallte. Chris blieb nun alleine da unten zurück, und er ließ den Kopf hängen und starrte zwischen seinen Füßen auf den Boden. Wieso benahm er sich so? Er wollte doch selber, dass es besser wurde, er wollte sich helfen lassen, er wusste, dass es so nicht weitergehen konnte, schon lange wusste er das. Schon nach Edonia hatte Chris bemerkt, dass es langsam bergab mit ihm ging, dass er das alles nicht mehr packte. Nachdem er dann auch noch sein ganzes Team in China verloren hatte und nur noch Piers ihm geblieben war, war ihm nach und nach klar geworden, wie Recht der Jüngere doch gehabt hatte. Vieles hätte vermieden werden können, einige der Tode hätten sie verhindern können, wäre er selber nicht so blind und emotional abgelenkt gewesen. Chris hatte sich entschieden, den aktiven Dienst zu quittieren, und nur weil er nach Piers' Tod für eben diesen hatte weiterkämpfen müssen, hatte er beschlossen, doch nicht in den Ruhestand zu gehen. Aber all das, was passiert war, nagte noch immer an ihm, und die Geschehnisse der letzten Wochen machten das alles nicht besser. Die Albträume häuften sich, wurden schlimmer... und er konnte sie auch nicht länger vor Piers verstecken. Warum also? Warum sträubte er sich so gegen diese Hilfe, gegen die Tabletten, gegen Miss Williams? Chris verstand es selber nicht. Wollte er es trotz allem selber nicht wahrhaben? Ja, vermutlich war es genau das. Obwohl er es besser wusste, wollte er einfach nicht wahrhaben, dass er so ein mentales Wrack war, dass ihn all die Jahre seit Raccoon so sehr kaputt gemacht hatten. Er wollte stark sein, er wollte ein Kämpfer sein, er wollte allem trotzen, aber das konnte er nicht. Nicht mehr. Chris hatte alles in sich hineingefressen, alle Sorgen für sich behalten und versucht, niemanden damit zu belasten. Niemand sollte sich Sorgen um ihn machen, aber er hatte mit seinem Verhalten vermutlich eher das Gegenteil bewirkt. Chris bereute, dass er sich die letzten Jahre kaum bei seinen Freunden gemeldet hatte, oder bei seiner Schwester. Er bereute, Piers so offensichtlich verletzt zu haben, im Krankenhaus und auch jetzt. Er musste sich zusammenreißen, er musste sich helfen lassen, das wollte der Captain doch eigentlich auch selber. Wenn er wirklich weitermachen und Soldat bleiben wollte, musste er nun mitarbeiten und jede Hilfe annehmen, die ihm geboten wurde. Selbst wenn er sich doch für den Ruhestand entschied. So oder so... Einfach um Piers' Willen, das war er ihm schuldig. Seufzend erhob der Brünette sich also wieder, ging die Treppe hoch und hob dabei auch das Pillen-Döschen auf, das Piers hatte fallen lassen. Er atmete noch einmal tief durch und machte sich dann auf den Weg zum Gästezimmer, in das der Jüngere sich verzogen hatte. Vorsichtig klopfte er an, wartete, klopfte noch einmal und legte schließlich eine Hand auf die Klinke, zögerte aber noch, weil er nicht einfach ins Zimmer gehen wollte, wenn es Piers nicht passte. "Darf ich rein kommen, Piers? Wenn du nicht antwortest, mache ich es einfach", rief Chris deshalb nach einer Weile und wartete erneut ab. Sollte keine Antwort kommen, würde er das Zimmer betreten, und wenn auch nur, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung war mit dem Jüngeren. "Na schön, komm rein", erklang nun aber eine etwas murrende Antwort, und innerlich atmete der Brünette auf, drückte die Klinke runter, öffnete die Tür und betrat das Gästezimmer, wo Piers auf dem Bett saß, ans Kopfende gelehnt und ein Buch in den Händen. Er sah nicht auf als Chris hereinkam, blätterte stattdessen um und las in Seelenruhe weiter. Diese Geste musste stur wirken, als wäre er sauer und beleidigt, aber das stimmte nicht. Ja, Piers war enttäuscht wegen Chris' Unvernunft, vielleicht war er sogar wirklich ein wenig wütend, aber in erster Linie sorgte er sich um den Älteren und wusste einfach nicht, was er noch tun sollte. Wenn Chris sich so partout nicht helfen lassen wollte, nicht einmal von Miss Williams, was sollte er, Piers, denn dann noch tun? "Ich...", begann Chris nun, rieb sich etwas über den Nacken und räusperte sich leicht, ehe er ein wenig näher trat. "Ich wollte mich entschuldigen. Ich weiß, du bist sauer, weil ich..." "Bin ich nicht..." "Du hast jedes Recht dazu, Piers." "Bin ich trotzdem nicht", murmelte der Jüngere noch einmal, klappte das Buch zu und drehte sich ein wenig zu Chris, der da im Raum stand wie ein begossener Pudel. "Ich bin nicht sauer. Ich bin ratlos, enttäuscht, besorgt... Ich weiß nicht, was ich noch mit dir machen soll", fügte er seinen Worten nun hinzu und fuhr sich leicht durch die kurzen braunen Haare. "Du lässt dir von niemandem helfen, und kaum dachte ich, dass du deine Meinung geändert hast, hast du mir wieder das Gegenteil bewiesen. Ich bin nicht sauer, Chris, ich gebe nur einfach langsam aber sicher auf." Piers' Worte schmerzten, und Chris wurde klar, wie viel Kummer er dem Jüngeren mit seinem Verhalten wirklich bereitete. Piers sollte sich erholen, sollte wieder ganz fit werden, sollte wieder normal leben können, aber Chris machte das beinahe unmöglich, indem er ihn mehr oder weniger hier festhielt, ihn bemutterte und ihn mit seiner Sorge beinahe wahnsinnig machte. Und nun hatte Chris es soweit kommen lassen, dass er selber Derjenige war, um den sich gekümmert werden musste, der Hilfe brauchte. Und Piers hatte geschwiegen, hatte die Sorge hingenommen, hatte Chris gewähren lassen, bis gestern, bis es ihm eindeutig zu viel geworden war. Er verstand seinen Captain, natürlich, aber dieser ging einfach zu weit mit seiner Sorge und tat sich damit ja auch selber keinen Gefallen, so kamen sie beide nicht zur Ruhe. Piers war das Virus offenbar los, einen Monat lang hatten sie nun schon Ruhe gehabt, und er fühlte sich fit und ausgeruht, alles schien in Ordnung. Nur Chris machte diese Zeit schwierig, mit seiner Sorge, mit seinen Albträumen, die er dem Jüngeren zu verschweigen versucht hatte. Wenn er wollte, dass sie wirklich Ruhe hatten, dass sie wirklich eine ganz normale Zeit haben konnten, dann musste er sich helfen lassen, auf jede erdenkliche Art und Weise. Natürlich war dem jungen Soldaten klar, dass das nicht so leicht war, dass Chris unsicher und verzweifelt war, aber wenn er nicht einmal versuchte, sich helfen zu lassen, wenn er selber nicht einsehen wollte, wie dringend er diese Hilfe nötig hatte, dann konnte das alles auch nicht besser werden. Piers hatte sich eigentlich vorgenommen, alles zu tun, damit Chris diese Albträume und Bilder in seinem Kopf los wurde, aber er hatte mittlerweile einfach das Gefühl, da gegen eine Betonwand anzugehen. Chris schien irgendwie immer erst dann zu begreifen, wenn es eigentlich längst zu spät war, und darauf hatte der Scharfschütze schlicht und ergreifend keine Lust mehr. Und er war ja auch nicht das Kindermädchen seines Captain. Der war erwachsen und musste selber wissen, was er tat. Er sollte nur nicht glauben, dass Piers das dann gut fand und nichts dazu sagte. "Ich weiß nicht, warum ich mich so... so kindisch benehme", murmelte der Ältere nun und zuckte leicht mit den Schultern. "Ich weiß, dass ich Hilfe brauche, ich weiß, dass ich dir so nur Sorgen bereite und dich wütend mache, auch wenn du behauptest, nicht sauer zu sein... Ich... ich denke, ich will mir nur einfach nicht eingestehen, wie schlimm es wirklich um meine Psyche steht. Nach Edonia, nach China, nach alledem... Zuzugeben, wie schlimm es ist, würde mir erst recht klar machen, wie sehr ich durch meine Rachegedanken versagt habe, was ich verursacht habe, wie viele der Soldaten wegen mir..." Chris verstummte, schüttelte den Kopf und ließ diesen dann hängen, und der Ausdruck auf Piers' Gesicht wurde etwas sanfter. Chris war nicht aus Boshaftigkeit so stur, das war ihm ja ohnehin klar. Der Captain wollte sich einfach schützen, wollte nicht noch mehr Negatives an sich heran lassen. Und je mehr er sich öffnete, je mehr er diese Schwäche zugab, desto mehr dachte er daran, was er durch diese alles verursacht hatte. "China ist nicht allein deine Schuld", erwiderte Piers nun nach einer Weile, und auch er senkte den Blick und atmete tief durch. "Ich hab mir nach Edonia in den Kopf gesetzt, dich zurück zu holen, ich wollte nicht zulassen, dass der große Chris Redfield so absinkt. Ich hätte wissen müssen, was für ein Risiko ich da einging. Die anderen Soldaten des neuen Teams haben mich teilweise gewarnt, Marco hat versucht, mir klar zu machen, welche Folgen das haben könnte, für uns alle. Und dennoch... Dennoch konnte ich sie überreden, weil sie loyal zu dir standen, und weil sie sich vermutlich verpflichtet fühlten, mir zu folgen, immerhin lag die Befehlsgewalt durch deine Abwesenheit bei mir..." er seufzte schwer, hob den Blick wieder an und stand dann auf, um auf seinen Captain zu zu gehen, der nun den Kopf etwas schiefgelegt hatte und ihn zweifelnd ansah. "Du willst nicht ernsthaft etwas von der Schuld auf dich nehmen oder?", murrte Chris nun und schüttelte energisch den Kopf. "Das alles war meine..." "Nein." Piers blieb vor dem Älteren stehen, legte einen Finger an seine Lippen und blickte ihm ernst in die Augen, ehe er den Blick kurz wieder abwandte. "Es stimmt, dass viele Tode hätten verhindert werden können. Vielleicht sogar mein vermeintliches Opfer, ja. Das will ich nicht schönreden, habe ich schon in China nicht. Aber hätte ich mir nicht so sehr in den Kopf gesetzt, dich zurück zu holen, hätte ich dich einfach gewähren lassen, die Anderen sich um dich kümmern lassen... wären wir vermutlich einem anderen Captain gefolgt, einem, der vielleicht rationaler hätte denken können. Ja, dein Verhalten hat die Tragödien verursacht, aber ich habe das überhaupt erst möglich gemacht. Ich habe die Anderen überredet und der Gefahr ausgesetzt. Ich nehme also keine Schuld auf mich, Chris. Ich habe Schuld. Und ich muss damit leben, genau so wie du. Und meine eigene Schuld beginnt noch vor deiner. Schon in Edonia... Finn und ich hatten Ada im Auge behalten sollen, und das haben wir nicht geschafft. Schon da habe ich versagt." Nun sah er Chris wieder in die Augen, und sein Blick war ernster geworden, strenger. "Ich weiß, wie man sich fühlt, wie du dich fühlen musst. Egal, wie sehr man versucht, das zu verdrängen, man wird die Schuldgefühle nicht los. Und immer fragt man sich, was gewesen wäre, hätte man sich anders verhalten. Aber wir haben uns nicht anders verhalten, und wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Die Vergangenheit ist vorbei, daran gibt es nichts mehr zu rütteln, und wir können jetzt nur versuchen, es in Zukunft besser zu machen. Aber das klappt eben nur dann, wenn wir uns den Problemen stellen." Damit hatte Piers natürlich Recht, so wie immer eben, wurde es Chris klar, und ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen. Selbst wenn Piers irgendwie wirklich mit Schuld an alledem hatte, der Captain war ihm dankbar. Dafür, dass er ihn aus der Kneipe geholt hatte, dafür, dass er an ihn geglaubt und ihn nie aufgegeben hatte. Der junge Soldat hatte all diese Risiken auf sich genommen, für Chris, um ihn nicht ganz absinken zu lassen. Piers hatte nicht wissen können, wie dumm sich Chris verhalten würde, wie auch. Das war eine Seite gewesen, die seine Soldaten wohl noch nie an ihm gesehen hatten. Und deshalb fand der Brünette es auch unsinnig, dass sich Piers mit die Schuld an alledem gab. Klar war es ein gewisses Risiko gewesen, aber er hatte eben an Chris' Professionalität appelliert, und das konnte man dem Scharfschützen nun wirklich nicht verübeln, das war nur natürlich gewesen. Und Edonia... Diese angebliche Ada hatte sie alle an der Nase herumgeführt, nicht nur Piers und Finn. Sie hatte das alles vermutlich längst geplant und gewusst, dass die Männer keine Chance haben würden. Auch das durfte sich der junge Soldat also nicht selber anlasten. "Du hast Recht. Natürlich hast du Recht, wie immer", murmelte Chris nun, und Piers sah ihn fast ein wenig besorgt an, als der Ältere ein wenig die Schultern hängen ließ und so gleich viel zerbrechlicher wirkte, trotz seiner muskulösen Gestalt und seiner Größe. "Ich werde die Tabletten nehmen, vielleicht helfen sie. Und wenn nicht, wenn weder die Medikamente, noch weitere Gespräche mit Miss Williams helfen, dann werden wir uns etwas anderes einfallen lassen. Nach allem, was passiert ist, wurden uns immer noch weitere Chancen gegeben. Ich habe dich zurück, das Virus scheint weg zu sein, und wir haben nun endlich ein wenig Ruhe. Das will ich uns auf keinen Fall kaputt machen." Und das wusste Piers ja auch, das wollte er Chris nicht unterstellen. Er wusste ja, dass der Ältere sich nur aus Verzweiflung so verhielt, um sich zu schützen, weil diese Erinnerungen und Albträume an ihm nagten, und weil er versuchte, sich irgendwie davor zu verstecken. Aber offensichtlich hatte er nun eingesehen, dass das nicht funktionierte, dass er sich diesen Problemen stellen musste. Piers wollte seinen Liebsten nicht drängen, er wollte ihm keinen Druck machen, aber er konnte auch nicht so tun, als wäre alles in Ordnung, als müsse sich der Captain keinerlei Gedanken machen und sich nicht helfen lassen. Denn damit war nun einmal niemandem geholfen, es machte alles nur schlimmer. "Wir bekommen das schon hin, Chris, keine Sorge. Was passiert ist, ist passiert, und wir können es nicht ändern. Und sobald du bereit bist, das zu verstehen, wird es leichter werden. Ich sage nicht, dass man alles vergisst und es einem egal wird, auch ich mache mir immer noch Vorwürfe. Aber ich kann damit leben, weil ich es muss, weil ich es nicht rückgängig machen kann, und weil ich versuchen muss, in Zukunft noch vorsichtiger zu sein und meine eigenen Wünsche hinten anzustellen." "Das ist leichter gesagt als getan." "Ich weiß, es... Chris!?" Erschrocken griff Piers nach dem Älteren, als der etwas zu schwanken begann, und vorsichtig bugsierte er ihn zum Bett, wo er ihn sanft aber bestimmt runter drückte, damit er sich hinsetzen konnte, und nahm ihm die Tabletten-Dose erst einmal aus der Hand. "Alles okay?", murmelte er besorgt, beugte sich hinab und beäugte seinen Liebsten besorgt. Chris war blass und hatte leichte Augenringe, aber er schien nicht krank zu sein, zumindest kein Fieber zu haben, wie Piers erleichtert feststellte, als er eine Hand an Chris' Stirn legte. Vermutlich war er einfach erschöpft durch die Albträume und den Schlafmangel, und das war ja auch kein Wunder. Der junge Soldat seufzte leise, griff nach der Wasserflasche, die er immer bei sich auf dem Nachtkästchen stehen hatte, öffnete sie und drückte sie dem Captain in die Hand. "Trink etwas, und dann nimm am besten gleich eine der Tabletten und versuch danach, etwas zu schlafen." Er öffnete nun auch die Tabletten-Dose, reichte Chris eine der Pillen und beobachtete ihn nachdenklich ein wenig. Es würde dauern, bis der Ältere das alles irgendwie hinter sich bringen konnte, vielleicht länger als erhofft, aber er würde es schaffen, da war Piers sicher. Er würde seinen Liebsten unterstützen, so gut er konnte, und dann würde alles wieder gut werden. Sie waren zusammen, sie waren beide am Leben, und das allein war Grund genug, optimistisch in Richtung Zukunft zu blicken. Sie hatten nun ein wenig Ruhe, und diese brauchten sie auch, beide. Auch wenn es Piers gut ging, das hier schlauchte ihn dennoch, es beunruhigte ihn, ließ ihn nicht kalt, und deshalb war auch er selber dankbar für ein wenig Erholung. Und er wusste, dass man ihnen diese Erholung auch gönnte, dass die B.S.A.A. sich nicht bei ihnen melden würde, bis alles wieder in geordneten Bahnen lief bei ihnen. Und wenn Chris wieder ganz auf der Höhe war, dann würden sie weitersehen, dann sollte er noch einmal überlegen, was er wirklich wollte, ob weitermachen oder aufhören. Auch, wenn Piers die Antwort längst kannte, vor allem nach dem, was geschehen war. Und er wusste auch, dass es in den nächsten Tagen trotz allem nicht leicht werden würde, den Captain zur Ruhe zu zwingen. Chris wollte wissen, was das alles sollte, wer hinter Piers' Entführung steckte, wer ihnen das Leben hatte zur Hölle machen wollen. Irgendjemand meinte es bitterernst, irgendjemand war bereit gewesen, ein ganzes Labor zu sprengen, um seine Spuren zu beseitigen. Doch bisher waren alle Versuche, die Chris unternommen hatte, fehlgeschlagen, die B.S.A.A. weigerte sich partout, ihn irgendwie in die Ermittlung mit einzubeziehen. Und auch der Scharfschütze selber wollte natürlich wissen, wer soweit ging, nur um nicht erkannt zu werden. Und er wusste ja auch, dass er nach wie vor nicht außer Gefahr war. In dem Labor hatte man offenbar nicht viel herausfinden können, zumindest war es das, was er am Rande irgendwie mitbekommen hatte. Er erinnerte sich an kaum etwas, nicht an Gesichter, nicht an Stimmen... Es war zum Verzweifeln. Seit er aus dem Krankenhaus zurück war, hatte er versucht, sich an irgendetwas zu erinnern, aber es gelang einfach nicht. Einen Monat war die ganze Sache her, und er war keinen Schritt weiter. Ob man bei der B.S.A.A. schon etwas herausgefunden hatte? Ob er sich mal melden sollte, um nachzufragen? Aber vermutlich würde man auch ihm keine Antwort geben. Immerhin sollten Chris und er sich ausruhen, ihren 'Urlaub' genießen. Aber versuchen konnte er es ja trotzdem mal, er wollte es einfach wissen. Wissen, ob es Neuigkeiten gab, ob man irgendetwas wusste, egal was. Er wollte sich ja nicht aufdrängen, um zu helfen, er wollte einfach nur Informationen. Bisher war niemand hier aufgetaucht, um ihn zu schnappen, aber Piers bezweifelte, dass der Fall bereits gelöst und der Verantwortliche geschnappt worden war. Das hätte man ihnen vermutlich doch mitgeteilt. Das hieß also, dass der Feind sich bedeckt hielt, dass er sich neu sammeln musste seit dem Verlust des Labors. Oder es hieß, dass die Forschung im Nachhinein doch etwas Neues ergeben hatte, dass er Piers nicht mehr brauchte. Aber... Piers war für ihn vermutlich eine Gefahr. Wer auch immer hinter alledem steckte, konnte nicht wissen, dass der junge Soldat sich an nichts erinnerte. Oder doch...? Piers seufzte leise, schüttelte innerlich den Kopf und verdrängte diese Gedanken erst einmal. Bisher war es ruhig geblieben, niemand hatte sie gestört. Wenn man ihn als Bedrohung angesehen hätte, wäre längst jemand gekommen, um ihn auszuschalten, da war Piers sicher. Er würde vorsichtig bleiben, sich nun aber erst einmal um das aktuellste Problem kümmern. Also atmete er kurz tief durch, nahm Chris die Flasche wieder ab, nachdem dieser die Tablette mit einem Schluck Wasser genommen hatte, und bedeutete dem Älteren, sich hinzulegen. "Aber das hier ist doch dein Bett..." "Klappe und hinlegen", murrte Piers nur streng, drückte seinen Captain etwas runter und ließ sich dann ebenfalls aufs Bett sinken, um sich etwas an seinen Liebsten zu kuscheln. Um dauerhaft zusammen in einem Bett zu schlafen, war es auch hier im Gästezimmer definitiv zu eng, weshalb sie schon überlegt hatten, Chris' Bett bald durch ein neues und größeres zu ersetzen, aber für eine kleine Weile ging es jetzt erst einmal, und Piers hatte auch gar keine Lust, jetzt alleine hier zu liegen. Außerdem musste er sichergehen, dass der Captain endlich etwas richtigen Schaf fand. Leise gähnte er also, schmiegte sich eng an Chris und schloss die Augen, und war schließlich selber schneller eingeschlafen als er vermutet hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)