A New Life von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 8: Was Die Zukunft Bringen Wird --------------------------------------- Erschöpft ließ Piers sich zurücksinken und schloss die Augen. Der Tag war anstrengend gewesen, und Piers fragte sich, ob all diese Untersuchungen und Tests hatten sein müssen, vor allem alle an einem Tag, noch dazu an dem Tag, an dem er erwacht war, nachdem er dem Tod nur so knapp entkommen war. Man legte hier offenbar gerade nicht sonderlich viel Wert darauf, dass er sich erholte. Aber gut, irgendwie war er auch selber schuld. Was erwartete er auch, nachdem er sich zuvor selber entlassen hatte, kaum dass er aus dem Koma erwacht war? Sicherlich wollte man ihm jetzt nochmal deutlich vor Augen führen, wie dumm das gewesen war. Und das war dem jungen Soldaten ja auch klar. Es war dämlich gewesen, und es hätte ihn fast das Leben gekostet. Aber noch einmal würde er so etwas Dummes nicht tun, und er hatte nun auch keinen Grund mehr dazu. Seufzend öffnete Piers die Augen wieder und sah zu Chris, der sich erneut zu ihm ans Bett gesetzt hatte und ihn etwas besorgt ansah. Sicherlich fragte auch er sich, ob das alles nicht etwas zu viel auf einmal gewesen war. Aber auch wenn Piers erschöpft war und sein Kreislauf etwas zu spinnen schien, er fühlte sich nicht so, als würde er einfach umkippen oder gar sterben. Er hatte kein Fieber, keine Schmerzen, und bis auf die Müdigkeit und ein leichtes Schwindelgefühl war soweit alles in Ordnung. Wenn er brav liegen blieb und sich ausruhte, war er sicherlich schnell wieder ganz auf den Beinen. Und die Untersuchungen waren ja auch nicht ganz unwichtig gewesen. Das Virus hatte sich wieder geregt und Piers beinahe getötet, da wollte man natürlich wissen, woran das lag, und was man dagegen tun konnte. Noch immer erhielt der Scharfschütze regelmäßig, etwas von dem Antivirus, wenn auch nicht mehr stündlich, und die Testergebnisse sollten nun zeigen, ob das auch etwas brachte. Aber natürlich bestand die Möglichkeit, dass sich das Virus erneut einfach 'versteckte'. Deshalb wollte man Piers noch eine ganze Weile lang hier behalten und beobachten und ihm regelmäßig Blut abnehmen. Keine angenehmen Aussichten, aber es war nötig, und der junge Soldat wusste das natürlich auch. Er würde das alles stillschweigend über sich ergehen lassen, in der Hoffnung, dass bei den Tests etwas Positives rauskam, und er bald wieder nach Hause konnte, ohne Angst haben zu müssen, noch einmal so einen Anfall zu erleiden. Piers' Blick fiel bei diesem Gedanken auf seinen rechten Arm, und er verzog leicht das Gesicht. Die Spuren des Virus waren verblasst, aber noch nicht vollkommen verschwunden. Die Creme zeigte Wirkung, aber keine so starke, wie die Ärzte und Wissenschaftler gehofft hatten. Aber zumindest war er nicht erneut mutiert, und er hatte einen menschlichen, normal funktionierenden Arm. Das war mehr als Piers zu träumen gewagt hatte, und deshalb würde er sich auch nicht beschweren. Solange alles so blieb und nicht schlimmer wurde, war er zufrieden. Er lebte, er war nicht mutiert, er war kein Krüppel... Es war wie ein Wunder, und dieses wollte der Scharfschütze definitiv würdigen. "Du solltest ein wenig schlafen. Der Tag war anstrengend für deinen Körper", hörte Piers seinen Captain nun sagen, und er seufzte leise und wandte dem Älteren wieder den Blick zu. "Mir geht es gut", erwiderte er, doch Chris schüttelte den Kopf, und sein Blick wurde ernst. "Die nächsten Tage werden nicht weniger anstrengend als der heutige, fürchte ich. Es stehen weitere Tests an, und nicht nur rein medizinische. Du solltest versuchen, möglichst viel Kraft zu tanken und ausgeschlafen zu sein. Das Virus ist noch immer in deinem Körper, und ich habe Angst, dass..." Er stockte, senkte den Blick und biss sich auf die Lippen. Piers wusste genau, was Chris hatte sagen wollen, und er vermied es, den Satz zu Ende zu sprechen. "Ich weiß", sagte er deshalb nur und atmete tief durch. Chris hatte Angst, dass das Virus wieder so stark wurde wie am Anfang, dass es ihn mutieren ließ, erneut, und dass es ihn dieses Mal vielleicht sogar kontrollierte. Oder dass Piers doch noch einfach starb. Und auch er selber hatte diese Angst, er versuchte nur, sich das nicht anmerken zu lassen. Aber Piers dachte fast jede Sekunde an das Virus. Was, wenn es niemals weg ging? Würde er täglich das Antivirus bekommen müssen, bis an sein Lebensende? Würde man ihn vielleicht gar nicht mehr gehen lassen, weil er eine Gefahr für die Außenwelt darstellte? Oder würde er vielleicht sogar schon bald doch noch sterben, weil sein Körper einen weiteren Anfall nicht verkraftete? Der letzte hatte ihm zugesetzt, mehr als man zu diesem Zeitpunkt vielleicht glaubte. Der Scharfschütze fühlte sich matter, schwächer als zuvor, was nicht nur an mangelndem Training lag. Und er hatte das Gefühl, auch jetzt, trotz allem, immer weiter an Energie zu verlieren. Das Virus griff seinen Körper an und schwächte ihn weiter und weiter. Irgendwann würde Piers sich nicht mehr dagegen wehren können, irgendwann würde er unter der Macht des C-Virus erneut zusammenbrechen und nicht wieder aufstehen. Und ja, das machte ihm verdammte Angst. Nach wie vor fürchtete er den Tod nicht wirklich und war noch immer bereit, sich für die gute Sache zu opfern. Aber er wollte nicht auf diese Weise sterben, nach und nach verzehrt von diesem Virus, bis er einfach vor Schwäche zusammenklappte. Und vor allem wollte er nicht am Ende mutieren und die Menschen anfallen, die ihm wichtig waren, allen voran Chris. "Was, wenn ich es wirklich nicht los werde? Was, wenn es mich zerstört? Wenn es mich langsam und schleichend einfach tötet?", sprach Piers das Thema nun doch noch einmal an, und er senkte den Blick. "Ich habe Angst davor, Captain. Größere als Sie vielleicht glauben", fügte er hinzu, krallte die Finger in die Bettdecke und biss die Zähne zusammen. "Wir dachten, es wäre weg, wir alle dachten das. Und dann, auf einmal, war es wieder da, und es hätte mich fast getötet, von jetzt auf gleich. Wären Sie mir nicht nachgelaufen und in meine Wohnung gekommen, hätten Sie sich nicht nach meinem Zusammenbruch um mich gekümmert..." Nun war es der Jüngere, der einfach nicht weiterreden konnte, und auch Chris hatte den Blick gesenkt und starrte einfach nur seine Knie an. Er wollte Piers sagen, dass das nicht passieren würde, dass alles gut werden würde, aber er wusste, dass er das nicht versprechen konnte. Alles konnte passieren, einfach alles. Piers konnte sterben, er konnte mutieren, er konnte zum Zombie werden... Oder er besiegte das Virus und alles wurde gut. Natürlich bestand diese Möglichkeit, und Chris wollte mit ganzem Herzen daran glauben, aber das war eben auch leichter gesagt als getan. Und auch die Ärzte und Wissenschaftler machten mit ihren Worten und Taten deutlich klar, welche Befürchtungen sie hatten. Das Virus war offenbar noch mächtiger als sie gedacht hatten, und es schien eine Art eigenes Denken entwickelt zu haben, zumindest aber war es in der Lage gewesen, sich irgendwie in Piers' Blut zu verstecken, so zu tun, als wäre es gar nicht mehr da gewesen. Wie sollten sie nun sicherstellen, Tests hin oder her, dass die Behandlung mit dem Gegenmittel wirklich anschlug? Wer sagte, dass das Virus sie das nicht erneut einfach denken ließ? Sie konnten es nicht sicher sagen, und das war etwas, das auch den Mitarbeitern hier Angst machte. Sie waren mehr oder weniger machtlos gegen dieses Virus. Alle anderen Patienten, die noch hatten gerettet werden können, waren sofort auf das Antivirus angesprungen und genesen, und danach war auch nie wieder etwas passiert, zumindest bis jetzt nicht. Aber bei Piers war das anders. Und vermutlich lag das auch daran, dass sich Jakes Blut bereits in dem Virus befunden hatte, als Piers es sich injiziert hatte. Diese Virusprobe war eine von drei Proben gewesen, die man bereits bearbeitet hatte, nachdem Jake und Sherry in Edonia von Carla geschnappt worden waren. Eine war Simmons verpasst worden, eine hatte Carla sich selber gespritzt, und die dritte hatten Chris und Piers an sich genommen, als sie gedacht hatten, 'Ada' wäre endgültig tot. Und somit befand sich die Grundsubstanz des Antivirus bereits im Virus selbst und schien dadurch immun gemacht worden zu sein. Wenn den Wissenschaftlern hier also nichts Neues einfiel, eine Möglichkeit, das Gegenmittel so zu verändern, dass es wieder eine hundertprozentige Wirkung zeigte, würde der junge Soldat das C-Virus niemals vollständig loswerden. Aber was dann? Nicht nur Piers und Chris machten sich Gedanken darüber, was passierte, wenn die Behandlung auch weiterhin nicht anschlug. Angenommen, sie tat es nicht, und das Virus tötete Piers auch nicht einfach, was dann? Konnte man es riskieren, ihn nach Hause zu lassen? Ließ man ihn dann zur Sicherheit rund um die Uhr bewachen, damit auch ja nichts passierte? Behielt man ihn besser bis auf Weiteres hier und wartete ab, ließ ihn erst gehen, wenn mindestens so und so lange nichts passiert war? Und was, wenn etwas passierte? Wenn sich solche Anfälle wie in seiner Wohnung wiederholten, häuften, und wenn er sie wie durch ein Wunder jedes Mal überlebte? Piers konnte nicht bis ans Ende seiner Tage hier bleiben, aber nach Hause schicken konnte man ihn dann auch nicht, weil die Gefahr bestand, dass ihm nicht rechtzeitig geholfen wurde. Schon dieses Mal war es mehr als knapp gewesen, und Piers war nur deshalb noch am Leben, weil Chris und die Ärzte ebenso stur gewesen waren wie er selber. Und vermutlich auch, weil das Virus seinen Körper trotz allem in irgendeiner Art und Weise stärkte, und weil es sein Gehirn und seine Organe geschützt hatte, als sie so lange ohne Sauerstoff gewesen waren. Aber klar war, dass Piers nicht immer so viel Glück haben würde. Auch wenn das C-Virus ihm Kraft gab, gleichzeitig raubte es sie ihm. Er wurde schwächer, er war immer noch sehr blass, und den Ärzten und Wissenschaftlern war nicht entgangen, wie sehr die Tests ihn schlauchten. Ja, sie hatten ihm viel zugemutet für den einen Tag, dennoch erschreckte es sie, wie geschwächt der junge Soldat wirklich war. Doch sie hatten erst einmal nichts gesagt, um ihn und seinen Captain nicht zu beunruhigen. Erst einmal wollten sie Piers beobachten, sehen, ob das alles nicht einfach daran gelegen hatte, dass er zuvor beinahe gestorben wäre und eben erst erwacht war. Und daran, dass das Virus kurz zuvor wieder zugeschlagen hatte. Aber wenn sich Piers' Zustand allgemein immer weiter verschlechterte, mussten sie sich etwas einfallen lassen. Wenn es kontinuierlich so weiterging, blieben dem Scharfschützen vielleicht noch zwei, drei Wochen, bis sein Körper ihm endgültig den Dienst versagte. Und dann konnten selbst die Ärzte nichts mehr für ihn tun. Das hier war eine verdammt verzwickte Situation, und so verzweifelt und hilflos hatten sich die Mitarbeiter hier schon lange nicht mehr gefühlt. Ihre größte Angst galt dabei aber dennoch dem Virus an sich, und der Frage, was passierte, wenn es die Kontrolle übernahm. Und auch Rebecca, die es sich selber ebenfalls in den Kopf gesetzt hatte, Piers zu retten, um jeden Preis, stellte sich all diese Fragen. Sie arbeitete Tag und Nacht, schlief kaum, hielt sich mit Kaffee und Energy Drinks wach und durchforstete alle Infos, die sie über Viren und Parasiten hatte, egal, ob genutzt für BOWs oder welche, die einfache Krankheitserreger waren. Irgendetwas musste sie doch finden, irgendeinen Hinweis, irgendeine Möglichkeit, Piers endgültig von dem C-Virus zu befreien. Verzweifelt fuhr sie sich durch die kurzen Haare, trank einen Schluck Kaffee, der schon fast kalt war, seufzte schwer und stützte den Kopf auf den Händen ab. Müde ließ sie dabei den Blick über den Bildschirm wandern, machte sich Notizen und versuchte krampfhaft, die Augen offen zu halten. "Professor Chambers?" Erschrocken zuckte die junge Frau zusammen, blinzelte leicht und unterdrückte ein Gähnen, ehe sie zu der Person sah, die sie angesprochen hatte. Eine blonde Frau... Rebecca kannte sie, aber sie war zu müde, um... "Miss Williams?", murmelte sie und gähnte nun doch, ehe sie sich erhob und leicht streckte. "Was gibt es? Ist etwas mit Chris? Oder mit Piers?" Sofort war Rebecca wieder hellwach, doch die blonde Psychiaterin beruhigte sie mit einem Kopfschütteln und einem Lächeln. "Nein, Captain Redfield geht es gut, den Umständen entsprechend. Seit Mr. Nivans' Rückkehr scheint er wie ausgewechselt. Und auch Piers selber scheint sich zu erholen. Aber wir dürfen dennoch nicht vergessen, dass dadurch nicht alles einfach wieder gut ist. Allerdings... bin ich nicht deswegen hier..." Miss Williams griff in ihre Tasche und zog eine Spritze hervor, die eindeutig mit Blut gefüllt war. "Ich habe, worum Sie mich gebeten hatten. Eine reine Probe von Jake Mullers Blut. Es war gar nicht so leicht, ihn zu überzeugen, es mir zu überlassen. Mr. Muller war recht misstrauisch, aber ich habe ihm erklärt, worum es geht, und ihn gebeten, niemandem etwas zu sagen. Nicht einmal Captain Redfield und Mr. Nivans. Ich denke, er wird sich daran halten. Er hat schließlich selber alles getan, um den jungen Soldaten zu retten, da denke ich nicht, dass er uns irgendwie im Weg stehen wird, das Gleiche zu tun." Sie lächelte erneut und ging einen weiteren Schritt auf Rebecca zu, damit diese die Spritze entgegennehmen konnte. "Danke. Ich weiß, was Sie damit riskieren und..." Doch Miss Williams unterbrach sie und schüttelte nur den Kopf. "ich bin nicht die Einzige, die hier ihren Job riskiert. Und ebenso wenig bin ich die Einzige, die den anderen Wissenschaftlern nicht zu 100 Prozent vertraut. Ich bezweifle nicht, dass sie Piers wirklich helfen wollen, aber ich bin nicht sicher, ob ihre Methoden die richtigen sind. Die ganzen Tests und Untersuchungen... Ich befürchte, dass das auf Dauer zu viel für den Patienten ist. Das habe ich ihnen auch schon gesagt, aber mir wurde nur erwidert, dass es nötig ist und ich nicht verstehen würde, dass es hier nicht nur um Mr. Nivans geht." "Aber genau das tut es." "Das sehe ich genau so", nickte die Blonde und verschränkte leicht die Arme, während sie sich seitlich etwas gegen die Wand lehnte. "Natürlich ist das ein sonderbarer Fall, ein schwieriger Fall, und sicherlich kann auch die Außenwelt davon betroffen sein, aber nicht, wenn wir vorsichtig sind und alles richtig machen. Piers Nivans hat oberste Priorität, er ist der Patient, und nur um diesen Patienten geht es. Darum, dass er lebt, darum, dass er wieder ganz gesund wird. Nach allem, was er getan hat, hat er unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit und Pflege mehr als verdient. Und deshalb bin ich auch bereit, meinen Job hier aufs Spiel zu setzen. Wenn jemand Piers wirklich helfen kann, dann sind Sie das, Professor Chambers. Und ich werde alles in meiner Macht stehende zu tun, um zu helfen." Und dafür war Rebecca mehr als dankbar. Als sie gehört hatte, wie viele Tests und Untersuchungen anstanden, was man alles mit Piers machen wollte, um an Antworten und Lösungen zu kommen, hatte sie im ersten Moment gedacht, sie hätte sich verhört. Aber weder auf Rebecca, noch auf Miss Williams hatte man gehört. Beiden hatte man im Grunde das Gleiche gesagt. Dass das alles nicht so leicht sei, dass Piers eine Gefahr für die Außenwelt darstelle, dass das endgültige Entfernen des Virus nun einmal oberste Priorität habe. Vor allem anderen. Und Rebecca wusste, was das bedeutete. Wenn sie sagten vor allem anderen, dann meinten sie auch wirklich vor ALLEM anderen. Sie würden Piers' Leben eigenhändig ein Ende bereiten, wenn es sein musste, wenn sie keinen anderen Weg mehr sahen, wenn er drohte, wirklich eine Gefahr zu werden. Und Rebecca wollte das um jeden Preis verhindern. Nicht nur um Piers' Willen, sondern auch für Chris. Sie wusste ja, was er für seinen Soldaten empfand, und sie wusste auch, dass er endgültig brechen würde, wenn Piers nun doch noch starb. Vor allem, wenn am Ende die B.S.A.A. schuld daran war. das durfte sie einfach nicht zulassen. Und so hatte die junge Frau sich vorgenommen, das alles selbst in die Hand zu nehmen. Natürlich wusste sie nicht, ob es wirklich klappen würde, aber sie musste es zumindest versuchen. Und da sie niemanden sonst hatte, an den sie sich hätte wenden können, hatte sie Miss Williams um Hilfe gebeten. Sie vertraute dieser Frau, und sie wusste, dass diese das Richtige tun würde. Gerade als Pädagogin war sie dazu ja beinahe schon verpflichtet, vor allem aber wusste sie, wie Menschen tickten, wie Menschen empfanden, wie sich Emotionen auswirken konnten. Sie hatte Chris gesehen, hatte gesehen, was Piers' vermeintlicher Tod ihm angetan hatte, und wie er ein ganz anderer Mensch geworden war, als der junge Soldat plötzlich doch noch gelebt hatte. Sie hatte seine Angst mitbekommen, als man Piers erneut hergebracht hatte, klinisch tot, kaum noch zu retten, und Chris' Erleichterung, als man den Jüngeren doch ins Leben hatte zurückholen können. Und für Miss Williams standen die Menschen nun einmal an erster Stelle, auch wenn Chris das in seiner Verzweiflung nicht hatte sehen können. Aber die Blonde sorgte sich um jeden ihrer Patienten, wollte jedem helfen, wieder lächeln zu können und die Sorgen loszuwerden, die ihn wirklich belasteten. Nicht, weil es ihr Job war, sondern weil es auch ihr wehtat, zu sehen, wie andere Menschen litten, wie sie zerbrachen, wie sie sich immer mehr zurückzogen, bis sie irgendwann keinen Ausweg mehr sahen. Sie hatte es selber schon erlebt, ihre eigene Schwester hatte sich vor wenigen Jahren das Leben genommen, und dass sie dieser nicht hatte helfen können, nagte noch immer an der Psychiaterin. Gerade deshalb wollte sie nun erst recht alles tun, um eine solche Tragödie zu verhindern, um dafür zu sorgen, dass sich ein Mensch nicht noch einmal das Leben nahm, weil sie versagt hatte. Und wenn sie das ihren Job kostete, dann war es eben so. Sie fand einen neuen, sie konnte auch woanders Menschen helfen, Hilfe wurde überall gebraucht. Aber Miss Williams konnte diesen Job nicht über das Wohl Verzweifelter stellen, das ging einfach nicht, das wäre falsch gewesen. Und so hatte sie sich entschieden, Rebecca zu helfen und ihr die Blutprobe zu besorgen, um die sie gebeten hatte. Jake Muller hatte sie schnell ausfindig machen können. Nachdem er Piers hierher begleitet hatte, hatte Sherry Birkin ihn abgefangen und ihn gebeten, ein wenig hier zu bleiben und nicht gleich wieder zu verschwinden. Zum Einen, weil sie sich darüber freute, zum Anderen, weil seine Hilfe vielleicht noch einmal benötigt wurde. Über den zweiten Punkt war er nicht sonderlich begeistert gewesen, hatte aber versprochen, zu helfen, wenn es nötig wurde. Er hatte Piers ja nicht den ganzen Weg umhergeschoben und bis hierhin begleitet, damit der jetzt doch noch starb. Und als er dann erfahren hatte, dass Piers beinahe krepiert wäre, weil er sich selbst entlassen hatte und zu Hause zusammengeklappt war, war er drauf und dran gewesen, ins Krankenhaus zu stapfen, um dem Älteren ordentlich die Meinung zu geigen. Aber davon hatte Sherry ihn wohl gerade noch abhalten können. Und bei eben dieser Sherry wohnte Jake auch in der Zeit, in der er hier war. Er hatte sich ein Hotel nehmen wollen, doch die Blonde hatte ihn überredet, bei ihr zu bleiben, weil sie sich dann wohler fühlte. Es hatte nicht so ausgesehen, als hätte er verstanden, was sie damit wirklich hatte sagen wollen. Aber das war nichts, das Miss Williams etwas anging, und sie hatte das Gespräch auch nur am Rande mitbekommen, die Beiden hatten sie vermutlich nicht einmal bemerkt. Sie war nur aus einem Grund hier, und nachdem sie Sherrys Adresse herausgefunden hatte, hatte sie sich auch gleich auf den Weg gemacht, in der Hoffnung, die Beiden waren zu Hause. Sie hatte Glück gehabt. Jake hatte erst etwas verwirrt geschaut und sie eigentlich wieder fortschicken wollen, doch zum Glück hatten die beiden Frauen sich schon kennengelernt, und so ließ Sherry die Blonde herein und erklärte dem jungen Söldner auch gleich, wer sie war. Nichts, was den jungen Mann irgendwie begeisterte, aber Miss Williams hatte auch schnell klargemacht, dass sie nicht beruflich hier war, zumindest nicht in ihrem Job als Psychiaterin. Sie hatte Jake erklärt, was im Krankenhaus los war, welche Methoden angewandt wurden, um das Virus besser zu verstehen und entfernen zu können, wie sehr man Piers sich verausgaben ließ, und dass sie und Professor Chambers fürchteten, dass am Ende das Entfernen des Virus über dem Leben des jungen Soldaten stand. Aber erst als sie klargemacht hatte, dass Rebecca nicht einfach eine verrückte Freundin von Chris war, die jetzt ein wenig rumexperimentieren wollte, sondern eine Biochemikerin, die wusste, was sie tat und sich in diesem Gebiet auskannte, hatte Jake eingewilligt, etwas von seinem Blut zu geben. Und er hatte auch versprochen, niemandem etwas zu sagen, nicht einmal Chris und Piers. "Es wäre dennoch schön, wenn Sie sie einmal besuchen würden. Ich bin sicher, Mr. Nivans möchte sich noch einmal bei Ihnen bedanken, und sein Captain sicherlich auch.", hatte die Blonde Jake noch ans Herz gelegt, aber sie sparte es sich, ihn darauf hinzuweisen, dass er das Gespräch mit Chris auch aus anderen Gründen suchen sollte. Sie hatte ja immerhin selber gesagt, dass sie nicht als Psychiaterin hier war. Und sie hakte auch nicht weiter nach, ob Jake diesem Vorschlag nachkommen würde oder nicht, das musste er ganz für sich selber entscheiden. Stattdessen verabschiedete sich Miss Williams nach einem kurzen Gespräch und versprach, die Beiden auf dem Laufenden zu halten, ehe sie sich direkt auf den Weg zum Labor machte, um Rebecca die Probe zu geben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)