A New Life von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 3: No Hope Left? ------------------------ Nach einem relativ langen Gespräch mit Miss Williams war Chris eine Weile spazieren gegangen, um einen klaren Kopf zu bekommen, und nun stand er hier, vor dem Gebäude, die Arme auf ein Geländer gelehnt und den Blick auf Piers‘ Abzeichen in seinen Händen gerichtet. „Was hat ihn so besonders gemacht?“, hörte er eine sanfte Stimme neben sich, und der Brünette drehte den Kopf zur Seite und blickte zu Rebecca, die sich zu ihm gesellt hatte und ihn fragend ansah. Offenbar war ihm mehr als deutlich anzusehen, dass Piers‘ Tod ihm noch mehr zugesetzt hatte als die Tode der Anderen, und das nicht nur, weil dieser sich so offensichtlich für ihn geopfert hatte. Chris seufzte leise, senkte den Blick wieder auf das Emblem und zuckte dann leicht mit den Schultern. „Ich weiß nicht, einfach alles. Seine Fähigkeiten als Soldat, als Führungskraft, sein Charakter, sein…“ Er stockte, biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Beinahe hätte Chris sowas wie 'sein Lächeln' oder ‚sein Aussehen‘ gesagt, aber das war etwas, das Rebecca nicht wissen musste. Was er wirklich empfand, was er schon so lange empfunden hatte. Chris konnte sich nicht vorstellen, dass Piers diese Gefühle erwidert hätte, und das war auch vollkommen in Ordnung, es änderte nichts daran, wie Chris empfand, wie wichtig der junge Soldat für ihn gewesen war. Und nun war es ohnehin zu spät, nun war Piers fort, und er würde niemals erfahren, wie viel er seinem Captain wirklich bedeutet hatte, wie sehr sein Tod diesen innerlich zerrissen hatte. Niemand würde es jemals… „Es ist schwer, einen geliebten Menschen zu verlieren. Besonders, wenn man nicht zeigen darf, wie sehr man diesen Menschen wirklich vermisst, wie viel er einem wirklich bedeutet hat“, hörte er Rebecca nun sagen, und seine Augen weiteten sich ein wenig, er wollte irgendetwas sagen, dass sie übertrieb, dass er nicht wusste, wovon sie sprach, doch er brachte keinen Ton heraus. Chris schloss die Augen und blinzelte ein paar Tränen weg, die sich in seinen Augenwinkeln gebildet hatten. Sie hatten sich so lange nicht gesehen, und doch schien Rebecca ihn zu lesen wie ein offenes Buch. Sie hatte sofort bemerkt, was er wirklich hatte sagen wollen, was er wirklich für Piers empfand. Und sie hatte nicht angewidert reagiert, nicht verstört, sie war einfach nur voller Mitleid für ihn. „Ich weiß, es ist falsch, ich weiß, dass ich…“ Doch die Jüngere unterbrach ihn mit einem bestimmten Kopfschütteln und einem leisen Murren. „Von wegen falsch. Ist doch egal, ob ihr Soldaten seid, ob ihr beide Männer seid oder was auch immer. Liebe ist Liebe, Chris, und man kann…“ Doch nun war es Chris, der sie unterbrach, und seine Stimme war brüchig, er klang, als könne er es sich kaum noch verkneifen, wirklich zu weinen. „Es spielt keine Rolle, Rebecca. Piers… Piers ist tot, und das alles ist nun bedeutungslos. Er ist tot, wegen mir, für mich… für uns alle… Weil ich versagt habe!“ Was sollte sie nur mit ihm machen? Das Gespräch mit der Psychiaterin hatte gezeigt, wie sehr Chris diese letzten Monate mitgenommen hatten, wie sehr ihn das alles wirklich belastete. Und selbst Miss Williams war auf die Schnelle nichts eingefallen, um ihm zu helfen. Sie hatte Chris empfohlen, sich erst einmal an seine Freunde und seine Schwester zu wenden, nicht alleine zu sein, seine Sorgen zu teilen und sich nicht von ihnen zerfressen zu lassen, erst einmal runter zu kommen und dann wieder das Gespräch mit ihr zu suchen. Natürlich waren das nicht unbedingt die fachmännischsten Ratschläge, sondern eher welche, die ihm fast jeder hätte geben können, doch in seinem momentanen Zustand, in dem Chris nicht wirklich groß reden wollte, oder besser gesagt gar nicht, konnte ihm die Blonde einfach nicht wirklich helfen. Sie bekam nichts aus ihm heraus, und ihn zu drängen und zu zwingen, brachte sie auch nicht weiter, im Gegenteil. Es würde ein paar Tage dauern, bis es sich lohnte, ihn wieder zu sich zu holen und ein weiteres Gespräch zu versuchen. Zwar hatte das letzte Gespräch recht lange gedauert, aber auch nur, weil es unheimlich schwer gewesen war, Chris dazu zu bringen, überhaupt irgenderwas zu erzählen. Seine wahren Gefühle hatte er verborgen, egal, wie deutlich man sie ihm angesehen hatte. Er war zerstört, innerlich zerrissen, verzweifelt und so voller Schuldgefühle. Aber nichts davon wollte er zugeben, nicht Miss Williams gegenüber. Dass es halb so wild war, hatte er gesagt. Dass er einfach erschöpft war und ihn der Tod seiner Männer eben mitnahm. Wie schlimm es wirklich war, gestand er nicht, und es brachte auch nichts, immer und immer wieder nachzufragen und weiter zu bohren. Stattdessen hatte Miss Williams am Ende des Gesprächs noch einmal Professor Chambers zu sich gerufen und sie gebeten, ein Auge auf Chris zu haben und ein wenig mit ihm zu reden, ihn dazu zu bringen, zu zeigen, wie schlecht es ihm wirklich ging, ihn zu animieren, sich der Psychiaterin doch noch ein wenig zu öffnen. Und das tat Rebecca nun auch, und sie schien schon jetzt Erfolg zu haben. Weil sie keine Fremde war, weil er ihr vertraute, und das freute Rebecca sehr. Ja, sie hatten sich seit Jahren nicht mehr wirklich gesehen, und Chris machte sich an sich immer ziemlich rar, aber sie war ihm deshalb nicht böse, und sie sah nach wie vor einen wichtigen Freund in ihm. Raccoon City hatte sie alle verbunden. Barry, Jill, Chris und sie. Und egal, wie lange sie sich nicht sahen, es änderte nichts. Sie waren Freunde, sie hatten so viel durchgestanden, gemeinsam und alleine, und es war eine Freundschaft, die ein Leben lang halten würde. Und genau aus diesem Grund wollte Rebecca dem Älteren helfen, ganz unabhängig von dem, worum Miss Williams sie gebeten hatte. Chris so zu sehen, das tat weh, es war einfach falsch. Der Soldat war immer so stark gewesen, ein Kämpfer, immer positiv und optimistisch, wie ein Vater für sein Team, und obwohl er sich selten meldete, wenn er es tat, dann zeigte er mit einem einzigen Satz, wie viel Freunde und Familie ihm wirklich bedeuteten. Rebecca wollte diesen Chris zurück, der hier war einfach… einfach falsch, als wäre er ein ganz fremder Mensch. Sein leerer Blick, die Augen gerötet durch die Tränen, die er nicht mehr hatte zurückhalten können, diese Verschlossenheit, diese leicht gebeugte Haltung, als wäre er einfach zu müde, aufrecht zu stehen. Das war nicht Chris Redfield, nicht der Mann, der Raccoon, Rockfort Island, Afrika, Edonia und China überlebt hatte. Und noch so viel mehr. Aber was konnte sie tun? Reichte es, wenn sie ihn dazu brachte, ihr sein Herz auszuschütten? Er hatte Piers geliebt, wirklich geliebt, und nun war er fort. Wie sollte sie dieses Loch in seinem Herz flicken? Sie konnte es nicht, niemand konnte das. „Danke, Rebecca“, murmelte Chris nach einer Weile, und die Jüngere hob eine Augenbraue und beugte sich etwas vor, um Chris ins Gesicht zu sehen, der sich wieder aufs Geländer gelehnt und den Kopf etwas gesenkt hatte. „Wofür?“ „Für alles. Dafür, dass du immer noch für mich da bist, nach all den Jahren, die ich…“ „Red keinen Unsinn, Chris, was hast du denn erwartet? Wir sind Freunde, und solange du mich nicht einfach abweist, werde ich immer für dich da sein. Ach was, vermutlich selbst dann. Ich weiß, ich kann nicht einfach mit dem Finger schnippen, und dir geht es wieder gut, aber ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um dich abzulenken, um dafür zu sorgen, dass du bald wieder lächeln kannst.“ Und dann tat er genau das, er lächelte. Aber dieses Lächeln, so ehrlich es auch war, es erreichte seine Augen nicht, in ihnen stand noch immer die Trauer, und Rebecca wusste, dass das auch so bald nicht aufhören würde. Egal, wie sehr sie sich anstrengte, eine solch tiefe Trauer verschwand nicht einfach so ins Nichts. Aber zumindest zeigte dieses leichte Lächeln, dass Chris bereit war, es zu versuchen, dass er selber wollte, dass es besser wurde. Natürlich wollte er nicht länger so leiden, verzehrt von Schmerz und Trauer, von all diesen negativen Gefühlen, die ihn zerfraßen. Aber sie wussten beide, dass eine Menge Arbeit vor ihnen lag. „Kannst du mir einen Gefallen tun, Rebecca?“, fragte Chris dann noch, richtete sich etwas auf und blickte sie fast flehend an. „Jeden, Chris, natürlich.“ „Jeden, Chris, natürlich. Ich hätte wissen müssen, worum er mich bitten würde“, murmelte Rebecca leise zu sich selbst, als sie vor dem Büro von Miss Williams stand und an der Tür klopfte. Sie wurde hereingebeten, betrat das Zimmer und setzte ihr überzeugendstes Lächeln auf. Die blonde Frau hinter dem Schreibtisch hob eine Augenbraue, neigte den Kopf und ließ dann ein leises Seufzen hören, nachdem Rebecca mehrere Momente einfach dagestanden und nichts gesagt hatte. „Lassen Sie mich raten, Captain Redfield hat Sie gebeten, mich davon zu überzeugen, dass keine weiteren Sitzungen nötig sind.“ „Ich weiß, wie das klingt, vor allem nach dem Gespräch heute, aber…“ Rebecca seufzte, trat näher heran und ließ sich auf den Stuhl gegenüber der Psychiaterin sinken. „Ich glaube, dass es wirklich das Beste ist für ihn. Zumindest vorerst. Chris ist Ihnen gegenüber sehr verschlossen, er traut Ihnen nicht. Er denkt, dass Sie einfach Ihren Job machen und sich ansonsten nicht für ihn interessieren. Was Chris momentan braucht, sind Menschen, denen er vertraut. Sie haben es doch im Grunde selber gesagt, Sie wussten, dass er sich mir anvertrauen würde. Und das hat er auch. Chris… Chris ist vollkommen zerstört, er ist einfach am Ende. Das Letzte, was er braucht, sind irgendwelche Therapie-Sitzungen, bei denen eine fremde Frau ihn mehr oder weniger zwingt, von all seinen Sorgen zu berichten.“ Miss Williams lehnte sich zurück, musterte Rebecca nachdenklich und ließ dann ein erneutes Seufzen hören. „Sie sind gut, wissen Sie das?“ Ein leicht freches Grinsen zeigte, dass Rebecca das in der Tat wusste. „Also gut, vielleicht haben Sie Recht. Aber dann übernehmen Sie die Verantwortung, und ich vertraue Ihnen, dass Sie Captain Redfield wieder aufpäppeln. Ich will ehrlich zu Ihnen sein… Man ist momentan nicht unbedingt geneigt, ihn wieder in den aktiven Dienst aufzunehmen. Man wartet auf meine Einschätzung, auf mein Okay. Und das werde ich nicht einfach so geben. Wenn sich nicht bald deutliche Besserung zeigt, dann wird er suspendiert, und dann war es das mit ihm. Da kann ich keine Rücksicht auf seine oder Ihre Wünsche mehmen. Ich bezweifle, dass eine solche Information irgendetwas besser machen würde, aber das Risiko wäre zu hoch...“ Da hatte die Blonde natürlich Recht. Wenn Chris seinen Job als Captain verlor, dann würde ihn das nur noch weiter runterziehen, und es würde alles nur schlimmer machen. Dennoch konnte man ihn in seinem jetzigen Zustand nicht einfach weitermachen lassen. Rebecca stand echt unter Druck, aber das war in Ordnung, denn sie war fest entschlossen, das zu verhindern. Ja, dieses neue Wissen spornte sie sogar noch weiter an. „Ich werde Chris aus seinen Depressionen holen und den Leuten hier zeigen, dass er immer noch der beste Captain ist, den sie sich wünschen können, verlassen Sie sich darauf.“ Ein Lächeln huschte über Rebeccas Lippen, und Miss Williams schüttelte nur leicht den Kopf. „Ihr Wort in Gottes Ohren, Professor Chambers, Ihr Wort in Gottes Ohren…“ Sie glaubte nicht wirklich daran, auch wenn sie das nicht offen zugab. Ja, Professor Chambers klang wirklich zuversichtlich, sie war entschlossen, Chris zu helfen, und vielleicht konnte eine enge Freundin das tatsächlich besser als eine professionelle Psychiaterin. Aber es würde dauern, egal, wie gut es vielleicht schon jetzt aussah, egal, wie bereitwillig Chris Rebecca sein Herz schon ausgeschüttet hatte. Dadurch änderte sich noch nichts. Vielleicht wurde es ein wenig leichter, weil er seine Sorgen endlich hatte teilen können, aber die Probleme waren noch da. Die Soldaten blieben tot, die Bilder von Piers‘ Opfer würden Chris bis in seine Träume verfolgen. Natürlich wusste Miss Williams nicht, was Chris wirklich für diesen Jungen empfand, aber das spielte auch gar keine Rolle. Chris hatte zusehen müssen, als sein letzter Soldat seinen Arm verlor und sich infizierte, um ihn zu retten, wie er dort unten in dieser Einrichtung stehen geblieben war, nachdem er ihn in eine der Rettungskapseln gestoßen hatte. Chris hatte berichtet, dass sich nach Piers‘ letzten Angriff auf die BOW eine riesige Explosion ereignet hatte, und er war sicher gewesen, dass dieses Unterwasser-Ölfeld in die Luft geflogen war. Selbst wenn Piers also die Mutation überlebt hätte, spätestens in diesem Moment war alles Überleben unmöglich gemacht worden. Chris wusste ja nicht, dass er sich irrte, dass Piers am Leben war, dass er bereits gefunden worden war, von keinem Geringeren als Jake Muller. Und dieser Jake Muller hatte seine Versuche, Piers zu retten, auch noch immer nicht eingestellt. Er hatte den Mutierten noch einmal gut drei Stunden die Straße entlang geschoben, doch nun kam er um eine Pause nicht mehr herum. Jake hatte die letzten Tage selber eine Menge erlebt. Sie waren aus diesem seltsamen Labor geflohen, nachdem man alle möglichen Experimente an ihm durchgeführt hatte, sie hatten sich durch die Straßen Chinas gekämpft, und letzten Endes hatte man sie erneut geschnappt, Chris und Piers hatten sie gerettet, und sie hatten sich wieder mal ihren Weg freigekämpft. Ja, danach hatte er endlich mal eine ganze Nacht Ruhe gehabt, aber wirklich geschlafen hatte er trotzdem nicht, und am folgenden Tag hatte er gefühlt die Hälfte seines Blutes gegeben, für lausige 50 Dollar. Aber Jake hätte gelogen, hätte er behauptet, seine Entscheidung zu bereuen. Sherry hatte wirklich einen guten Einfluss auf ihn ausgeübt, und es hätte sich einfach falsch angefühlt, noch länger die 50 Millionen zu verlangen. So oder so, auch für Jake waren die letzten Tage anstrengend gewesen, und nun war er schon wieder mehrere Stunden unterwegs und hatte einen Großteil dieser damit zugebracht, Piers auf seinem Bike durch die Gegend zu schieben. Der Söldner war einfach kaputt, müde. Seine Arme schmerzten, seine Beine wollten ihn kaum noch tragen, und die Augen konnte er auch nur noch gezwungenermaßen offen halten. Es hätte nichts gebracht, nun weiter zu gehen, er hätte nur irgendwann wirklich einfach das Motorrad losgelassen, und ein weiterer Sturz wäre nicht unbedingt hilfreich für Piers gewesen. Also hatte Jake das Bike wieder am Straßenrand abgestellt und Piers sitzend gegen eine kleine Mauer gelehnt. Sie schienen sich der nächsten Stadt langsam zu nähern, in der Ferne waren bereits die Lichter zu sehen, aber sie war noch zu weit weg, um es ohne Pause bis dorthin zu schaffen. Der junge Söldner seufzte müde, setzte sich neben Piers und musterte diesen kritisch. Er hatte die Augen geöffnet und starrte wieder vor sich hin, doch als Jake ihn nun ansprach, reagierte er zum ersten Mal wirklich bewusst. „Hmmm…?“, machte der Ältere zwar nur leise, drehte aber zumindest den Kopf und sah Jake direkt an. „Hey, na endlich. Dachte schon, ich würde nur noch eine leere Hülle rumschleppen“, meinte Jake leicht grinsend und lehnte sich etwas zurück. „Bin echt froh, dass du noch da drin bist.“ Piers schwieg, und Jake runzelte die Stirn und sah ihn wieder mit kritischem Blick an. „Bist du doch wieder abgedriftet?“ „Nein.“ „Sag mal… jetzt, wo du wieder reden kannst… Wie ist das da eigentlich passiert?“, wollte Jake nun wissen, während er mit einem leichten Nicken zu Piers‘ mutierten Arm deutete. Erst kam wieder keine Antwort, und der Scharfschütze drehte nur langsam den Kopf, um die Mutation anzusehen. Der Arm war weiter mutiert, hatte sich ein wenig verändert, aber im Moment schien gar nichts mehr zu passieren. Selbst das Pulsieren, das sonst immer von dem Arm ausgegangen war, hatte aufgehört, es wirkte fast so, als wäre er einfach nur noch tote Materie, mit dem einzigen Unterschied, dass Piers ihn noch spüren und bewegen konnte. Aber er schmerzte nicht einmal mehr. „Wurde infiziert…“ „No shit“, grummelte der Jüngere und schüttelte etwas genervt den Kopf. Natürlich galt diese miese Stimmung nicht wirklich Piers, er war einfach total erschöpft, aber er konnte irgendwie nicht anders, als das trotzdem an dem Älteren auszulassen. „Ich wollte wissen, wie das passiert ist, Nivans.“ Wieder Schweigen, und als Jake nun etwas genervter zu dem Soldaten sah, bemerkte er, wie leer dessen Blick mit einem Mal wurde. Und schon fühlte er sich wieder mies. „Okay, sorry, ich wollte nicht…“ „Diese riesige BOW hatte Chris geschnappt, nachdem sie mich angegriffen hatte.", antwortete der Scharfschütze nun doch und senkte den Blick. "Mein Arm war halb durchtrennt und steckte fest. Ich hab einfach gehandelt, ohne wirklich nachzudenken. Hab mich losgerissen, zu einer Virusprobe geschleift, die wir gesichert hatten, und mir das Zeug gespritzt." „Und Chris? Wo ist er?“ „Er ist entkommen. Hab ihn in eine Rettungskapsel gestoßen und die losgeschickt.“ „Du würdest echt alles für diesen Kerl tun oder? Loyalität ist ja schön und gut, aber das ist doch krank.“, murmelte Jake und schüttelte nur den Kopf. Er hatte ja gewusst, dass Piers ein treues Schoßhündchen war, aber das ging doch wirklich zu weit. Er war nicht nur bereit, sein Leben zu geben, nein, er hatte sich auch noch zum Krüppel machen lassen, er hatte riskiert, ein Monster zu werden, ohne auch nur eine Sekunde lang nachzudenken. Hätte Jake es nicht besser gewusst, dann… Aber Moment, wusste er es denn besser? „Sag mal, kann es sein, dass du in Redfield verkn…?“ Doch der Söldner stockte mitten im Satz, und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als Piers mit einem Mal einen unmenschlichen Schrei von sich gab, zur Seite wegkippte und begann, sich wie unter Krämpfen zu winden. Der mutierte Arm, der zuvor noch so ruhig gewesen war, pulsierte nun wieder heftig, Blitze zuckten um ihn herum, und irgendeine seltsame Substanz, wie eine Mischung aus Blut, Eiter und irgendetwas Grünlichem, quoll an mehreren Stellen aus der Mutation und schien auf dem Boden regelrecht zu verdampfen. „Scheiße…“, keuchte Jake erschrocken, sprang auf und blickte panisch auf den jungen Mann hinab, der da auf dem Boden rumzuckte und sich krümmte. Was sollte er nun tun? Was konnte er tun? Sollte er Piers einfach töten? Sollte er diese komische Mutation von seiner Schulter trennen? Nein, das hätte nach wie vor nichts gebracht. Aber... vielleicht doch? Jake war mehr als überfordert mit dieser Situation. „Komm schon, mach keinen Mist, Nivans! Ich hab dich nicht bis hierhin geschoben, damit du jetzt einfach verreckst!“, schrie Jake den Älteren mittlerweile an, und er griff in sein Holster, zog die Pistole hervor und richtete diese auf den Soldaten am Boden. „Bring mich nicht dazu, Piers…“ Der Finger des Jüngeren legte sich um den Abzug, und er spürte, wie seine Hand zitterte. Er konnte das nicht, er konnte einfach nicht. Nicht nur, weil er Piers bis hierhin geschleppt hatte, sondern auch, weil er einfach nicht wollte, dass der Scharfschütze nun starb. Nach allem, was er überlebt hatte, nach allem, was Jake ihm und Chris zu verdanken hatte. Piers durfte jetzt nicht einfach aufgeben. Irgendetwas musste Jake doch tun können, er konnte nicht länger zusehen, wie Chris' rechte Hand sich so krümmte, wimmernd, immer wieder vor Schmerzen aufschreiend. Er musste dem ein Ende setzen, irgendwie. „Das wird jetzt verdammt unangenehm, Nivans“, murmelte der Söldner also schließlich, entsicherte die Waffe, legte den Finger noch fester um den Abzug, und dann… drückte er ab, und drei Schüsse, gefolgt von einem widerlich krachenden und matschigen Geräusch und einem markerschütternden Schrei, hallten durch die Stille des anbrechenden Morgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)