Yes, No, Maybe von mairio (No matter what happens, I will always honestly, truly, completely love you.) ================================================================================ Chapter 6: A Reliable Friend ---------------------------- Chapter 6: A Reliable Friend   Es war Samstag, ein sonniger Tag, trotz frischer Frühlingstemperaturen und Chiaki war mit Maron am Telefonieren. „Es ist eine Woche her und mein Vater nimmt es mir immer noch übel, dass ich ihn angelogen habe. Und dabei ist es ja nicht das erste Mal, dass ich meine Eltern wegen etwas belogen habe.“, seufzte Maron in den Hörer rein. „Nun ja, das ist schon mal was anderes als die Schule zu schwänzen, nur weil man am Strand chillen will, oder ähnliches.“, entgegnete Chiaki ruhig und lehnte sich an seinem Balkongeländer an. Am anderen Ende der Leitung konnte er förmlich hören, wie seine beste Freundin die Augen verdrehte. „Am Montag hatte ich ihm Kaffee ins Büro vorbei gebracht und er hatte sich mit einem trockenen ‚Danke, aber ich hab schon genug Koffein‘ bedankt und mich wieder rausgeschickt.“, erzählte sie und äffte dabei die Stimme ihres Vaters nach, worauf der Blauhaarige leise auflachen musste. „Naja gut… die letzten Tage hat es sich jetzt gebessert. Zu mindestens redet er mit mir wieder mehr als drei Sätze und benimmt sich auch so wie immer. Bei Hijiri ist das wieder eine andere Geschichte…Wenn mein Vater mit ihm redet, dann nur über Dinge, die die Arbeit betrifft.“ „Ich kann dein Vater verstehen.“, erwiderte Chiaki und presste kurz die Lippen zusammen. Er verkniff es sich zu erwähnen, dass selbst sein Vater bereits davon wusste. Nach dem Wochenende hatte Chiaki nicht nur gelernt, dass sein Vater seit Jahren von seinen Gefühlen für Maron wusste, sondern dass er und ihre Eltern ziemliche Klatschweiber waren. Er wollte nicht wissen, worüber sie ihn ihrer Freizeit noch miteinander redeten. Leicht beschämt bei den Gedanken, fuhr er sich mit der freien Hand über die Augen und versuchte sich wieder auf sein Telefonat zu konzentrieren. „Sein Angestellter datet seine Tochter. Welcher Vater wäre da nicht sauer?“ „Er soll mal nicht so übertreiben.“, kam es von Maron trotzig, „Wenigstens hat er Hijiri nicht sein Job gekündigt... Trotzdem könnte er etwas netter zu ihm sein.“ „Wenn ich mich richtig entsinne, hat dein Vater bisher keiner deiner Freunde wirklich gemocht.“, merkte Chiaki beiläufig an und schaute auf die Stadt herab. „Ja…das stimmt.“, seufzte sie. „Es ist wie, als wärst du das einzige männliche Wesen, was er in meiner Nähe akzeptiert.“ „Eh…Ja. Mich kennt er auch länger.“, redete Chiaki sich raus und lachte verlegen. „Stimmt auch wieder.“, stimmte Maron in sein Lachen mit ein. Für eine kurze Weile sagte niemand mehr was. „Übrigens, ich hatte gestern eine Zusage zu einem Vorstellungsgespräch bekommen!“, sagte Maron plötzlich. „Echt? Wofür hast du dich beworben?“, fragte Chiaki interessiert. „In Momokuri News suchen sie jemanden für den Mode und Lifestyle-Bereich.“ „Mode und Lifestyle? Das passt doch zu dir. Dann wünsche ich dir schon mal viel Erfolg im Voraus. Wenn die dich nicht nehmen, dann ist es ihr Verlust!“ „Ja… Danke!“, lachte Maron peinlich berührt auf. „Obwohl, ich muss zugeben, dass ich die letzten Wochen ziemlich hinterher liege mit den neuesten Trends und so… Ich werde mir die nächsten Tage auch frei nehmen. Da kann ich mich auch etwas um meinen Blog kümmern und die neusten Sachen shoppen gehen.“ „Tu was du nicht lassen kannst.”, grinste Chiaki, worauf er sie Kichern hörte. „Und… was hast du heute alles so vor?“, erkundigte Maron sich bei ihm. „Nicht viel. Einfach das Wochenende in Ruhe genießen und entspannen.“, kam es als Antwort unbeschwert zurück. „Kein hübsches Mädchen, was du ausführen kannst?“, fragte sie in einem verschmitzten Ton. Chiaki verdrehte die Augen. „Du und deine Scherze.“ „Das war eine ernstgemeinte Frage!“ Bevor er was erwidern konnte, klingelte es an seiner Haustür. „Warte mal kurz.“, sagte er ins Telefon und ging wieder in seine Wohnung rein, Richtung Tür. Durch den Spion sah er Shinji, sichtlich gestresst im Korridor stehen. „Ich muss auflegen. Shinji steht vor meiner Tür.“ „Oh, Okay. Richte ihm viele Grüße aus.“, kam es von Maron. „Mach ich. Bis später.“ „Bis dann, Chiaki.“   Kaum hatte Chiaki aufgelegt, machte er mit einem kräftigen Schwung die Tür auf. „Was willst du hier?“, platzte es aus ihn heraus. „Auch dir einen Guten Tag, mein Freund.“, kam es Shinji, der ohne Aufforderung in die Wohnung rein ging. „Gut das dich noch zu Hause erwische!“ „Was ist los?“ „Ehm…Falls du dich erinnern kannst, Natsuki kommt heute aus Okayama und würdest du mir den Gefallen tun, sie vom Bahnhof abzuholen und mit ihr den Tag verbringen?“, sprudelte es aus dem Fotografen heraus. „Woah, warte-! Nicht so schnell!“ Chiaki hielt stoppend eine Hand in die Höhe. Total verdattert starrte er Shinji an. Tausend Fragezeichen bildeten sich in seinem Kopf. „Wieso?“, fragte er schließlich. Sein Freund seufzte tief aus und rieb sich den Nacken. „Ich habe total verpeilt mir heute frei zu nehmen und stellte dummerweise fest, dass ich für eine Hochzeit gebucht wurde.“, gestand Shinji mit einem nervösen gleichzeitig beschämten Lachen. Chiaki schaute ihn schief an. „Genau heute? Wo deine Freundin kommen sollte? Und du bist den ganzen Tag nicht für sie da?“, fragte er nach. „Ja, ich bin ein Idiot. Ja, sie wird mich killen. Ist mir alles klar! Furchteinflößend genug, dass sie sehr, sehr ruhig geklungen hat, als ich ihr die tolle Nachricht übermittelt habe.“ Shinji lief unruhig in Chiaki’s Wohnung auf und ab. „Kannst du die Hochzeit nicht absagen?“ „Nein…Ich habe heute Morgen dem Veranstalter schon zugesagt bevor mir einfiel, dass Natsuki kommt.“ Chiaki schlug sich mit der Handfläche auf die Stirn, worauf Shinji ihn beleidigt ansah. „Und…Was hat sie zu der ganzen Sache gesagt?“, fragte er und blickte zu dem Dunkelhaarigen auf. „Sie sagte nur ‚Okay‘ und legte auf.“ „Oh.“ „Ja…“ „War nett dich gekannt zu haben.“ Chiaki legte Shinji eine Hand auf die Schulter und verkniff sich ein schadenfrohes Kichern. Erfolglos. „Hast du dir schon ein Grabstein ausgesucht?“ „Du bist so ein Arsch…“, murmelte Shinji, konnte sich jedoch selbst ein Schmunzeln nicht verkneifen. Betend hielt sich anschließend die Hände vor das Gesicht, nach durch die Nase tief Luft und blickte in zur Decke. Dann warf er einen Blick auf seine Uhr und sah seinen Freund ernst an. „Ich muss in zwei Stunden bei der Location sein. In zwei Stunden kommt auch ihr Zug. Ich gebe dir jetzt meinen Zweitschlüssel, welches du Natsuki gibst. Alles klar?“, sagte er und drückte seinem Freund den besagten Schlüssel in die Hand. Chiaki ging das alles zu schnell. „W-Warte! Wieso fragst du eigentlich nicht deine Eltern, dass sie sich um deine Freundin kümmern??“ Daraufhin musste Shinji kurz lachen, als hätte man ihm einen schlechten Witz erzählt. „Ich lasse sie doch nicht mit zwei öden Erwachsenen alleine. Außerdem ist es doch eine gute Gelegenheit, dass du mein Mädchen etwas besser kennenlernst!“ „Wie kannst du dir so sicher sein, dass ich heute nichts zu tun habe? Denkst du nicht, ich hätte an einem Samstag schon was anderes vorgehabt?“ „Hast du heute was anderes vor?“ Shinji verschränkte die Arme vor der Brust und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Daraufhin sagte Chiaki nichts mehr und gab sich geschlagen. „Was soll ich denn alles mit ihr machen?“, fragte er. „Keine Ahnung. Irgendwas! Damit sie sich nicht so einsam fühlt.“, zuckte Shinji planlos mit den Schultern und begab sich schon wieder zur Tür. „Du schuldest mir was.“, rief Chiaki ihm hinterher. „Danke, du bist der Beste!“ Damit war Shinij verschwunden. Stöhnend warf sich Chiaki mit dem Rücken voraus auf sein Sofa. Das war’s mit seinem entspannten Wochenende. *** Zwei Stunden später stand der junge Arzt im Bahnhof vor dem Gleis. Von jeder Seite liefen Menschen an ihm vorbei. In weniger als zehn Minuten würde Natsuki’s Zug ankommen. Chiaki hoffte sie unter den ganzen Menschen erkennen zu können – oder sie ihn. Plötzlich spürte er sein Handy in der Hosentasche vibrieren. Ein Anruf ging ein. Auf dem Display blinkte eine ihm unbekannte Nummer auf. Mit einem kritischen Gesichtsausdruck nahm er ab. „Nagoya – Hallo?“ „Hey.“ Chiaki brauchte einige Sekunden um zu registrieren, wer am anderen Ende war. Irritiert starrte er kurz auf sein Handy und nahm es wieder ans Ohr. „Hijiri?!“ „Kann ich dich um Hilfe bitten?“, fragte der Angesprochene. „…Woher hast du meiner Nummer?“, fragte Chiaki gleichzeitig. Er konnte sich nicht entsinnen ihm jemals seine Nummer gegeben zu haben. „Internet. Kannst du mir ein paar gute Restaurants hier empfehlen?“, kam es zurück. „Wieso?“ „Wieso wohl… Ich will mit Maron Essen gehen.“ „Du warst mit ihr noch nie essen?“ Chiaki klang überraschter als er beabsichtigte. „Naja… wir hatten uns immer nur zum Kaffeetrinken getroffen und die letzten Wochen war sie ja mit Abschlussarbeit beschäftigt gewesen und ich mit der Arbeit.“, erklärte Hijiri. „Und da ihre Eltern jetzt auch von uns wissen, dachte ich mir sie heute mal zu einem entspannten Dinner auszuführen.“ „Und da fragst du mich nach Restaurants? Gibt es dafür nicht Google, wenn du schon im Internet warst…?“ „Da stehen überall die gleichen Bewertungen drin. Da frage ich lieber jemanden, der vielleicht Ahnung hätte.“ „Okay…“ Am liebsten hätte Chiaki Hijiri eine Liste von den schlechtesten Restaurants Momokuri’s gegeben. Leider kannte er selbst keine, weshalb er resigniert ihm eine Auswahl von Geschäften auflistete, die ihm willkürlich einfielen. Mit einem „Alles klar, Danke“ legte Hijiri schließlich abrupt auf. Kopfschüttelnd packte Chiaki sein Handy wieder in die Tasche. Merkwürdiger Tag…!, dachte er sich und fuhr sich seufzend durch die Haare.   „Chiaki?“ Der Angesprochene drehte sich zur Seite und sah Natsuki in blauer Jeans, weißem T-Shirt, dunkler Lederjacke und großer Sonnenbrille vor ihm stehen. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass ihr Zug bereits da war. Ein breites Grinsen haftete auf ihrem Gesicht und mit beiden Händen schob sie ein Gepäckwagen vor sich, auf welches zwei riesige Koffer lagen sowie eine Handtasche. „Hey!“, begrüßte er sie mit einer freundschaftlichen Umarmung. „Gut siehst du aus!“, lachte sie und musterte ihn von oben bis unten. „Du auch.“, sagte er und deutete auf ihre schulterlangen, grünen Haare. Als er Natsuki vor einem Jahr traf, waren sie noch bis zum Nacken kurz gewesen. „Steht dir.“ „Danke!“ Sie strich sich ein paar Strähnen nach hinten. „Komm, ich helfe dir mit deinen Sachen.“, bot Chiaki an und nahm ihr den Gepäckwagen ab. Es war ziemlich schwer. Schwerer als er erwartet hatte. Innerlich fragte er sich, wie diese zierliche, junge Frau die beiden Gepäckstücke in den Zug rein und raus befördern konnte. Wahrscheinlich hatte sie ein bis zwei Leute um Hilfe gebeten. „Ach, das geht schon, aber Danke vielmals!“, sagte sie. Gemeinsam verließen sie den Bahnhof und liefen zu seinem Auto. „Warst du eigentlich schon einmal in Momokuri?“, fragte Chiaki, nachdem er die Koffer in den Kofferraum verstaut hatte und in den Wagen einstieg. Natsuki überlegte kurz und schob sich dabei die Sonnenbrille in die Haare hoch. „Einmal...Nein, zweimal! Da war ich für wenige Tage hier zu Besuch.“ „Ach so. Tut mir übrigens leid, dass Shinji heute nicht kommen konnte.“, sagte er, fuhr sich die Haare nach hinten. Anschließend fuhr er los. Natsuki winkte die Entschuldigung ab. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“, sagte sie ihm mit einem engelsgleichen Lächeln. „Okay.“ „Shinji hingegen…“, presste sie auch einmal unter zusammengebissenen Zähnen hervor, die Stimme gezeichnet mit unterdrückter Wut und die grünen Augen bekamen einen mörderischen Blick. „Shinji kann mehr als glücklich sein, dass ich meine Kendo-Ausrüstung nicht mitgenommen habe.“ Im Anschluss stieß sie noch paar Flüche aus. Chiaki nickte nur verstehend und überlegte sich schon eine Grabrede für seinen Freund. „Ich habe übrigens den Zweitschlüssel.“, fiel ihm ein. „Den soll ich dir geben.“ „Wenigstens eine schlaue Sache, die mein Freund machen konnte.“, entgegnete Natsuki sarkastisch. Chiaki verkniff es sich laut loszulachen. „Hast du eigentlich eine Freundin?“, fragte sie plötzlich und schaute neugierig zu ihm rüber. „Nein. Derzeit nicht.“, antwortete er in einem neutralen Ton, den Blick auf die Straße geheftet. „Ach so.“ „Hättest du heute auf irgendetwas Lust? Oder bist du zu fertig von der Reise und willst lieber zu Hause bleiben?“, erkundigte er sich bei ihr, um das Thema zu wechseln. Natsuki dachte für einen Moment nach. „Um ehrlich zu sein, hätte ich keine Lust zu Hause abzuhängen und auf diesen Vollidioten, welcher mein Freund ist, zu warten. Am Ende zerstöre ich aus Wut und Langeweile noch einer seiner teuren Kameras, oder sowas.“ Chiaki glaubte ihr aufs Wort. „Wir können es ja beide gemütlich Abendessen gehen.“, machte sie als Vorschlag. „Abendessen?“ „Ja. Ein freundschaftliches Dinner.“, zuckte Natsuki mit den Schultern. „Anlässlich meines Umzugs hierher.“ „Okay.“, grinste Chiaki. „Und die Rechnung geben wir Shinji.“, kicherte seine Beifahrerin fies. Daraufhin musste er amüsiert lachen. „Alles klar! Dann suchen wir uns die teuersten Gerichte aus und lassen wir es uns gut gehen.“ „Gut, dann legen wir meine Sachen in meinem neuen zu Hause ab, ruhen uns kurz aus, ich gehe mich noch duschen, ziehe mir frische Sachen an und dann sehen wir uns in ein paar Stunden wieder.“, plante Natsuki. „Du kannst dir in der Zwischenzeit ein gutes Restaurant aus und mir anschließend die Adresse zusenden.“ „Soll ich dich nicht abholen kommen?“, fragte Chiaki. „Nein, brauchst du nicht. Ich kann mir ein Taxi leisten.“ Chiaki presste nachdenklich die Lippen zusammen. Shinji würde es garantiert nicht gefallen, wenn er seine Freundin alleine durch eine fremde Stadt wandern ließ, in der sie noch verloren gehen könnte. „Gegenüber von seinem Wohnkomplex ist ein gutes Restaurant.“, sagte er. „Und da er auch nicht weit von mir wohnt, kann ich selbst für ein paar Minuten locker dahin laufen.“ „Alles klar. Machen wir das so.“, stimmte sie zu. *** Maron ging Hand in Hand mit Hijiri durch die Straßen Momokuris entlang. Es war fast 20 Uhr und die Sonne ging allmählich unter. Zuvor hatte ihr Freund sie wie ein Gentleman von zu Hause abgeholt, trotz der strengen Blicke, die er von ihrem Vater kassierte, als dieser ihn vor der Haustür erblickte. „Dein Vater kann schon ziemlich unheimlich sein…“ „Du kannst froh sein, dass er nicht Polizist geworden ist, wie er der Legende nach als Kind mal werden wollte.“, entgegnete Maron, „Sonst müsste ich wirklich um dein Leben bangen.“ Beide lachten. „Nimm es nicht so persönlich. Mein Vater hatte auch keiner Exes gemocht.“, sprach sie weiter. „Das glaube ich dir.“, sagte Hijiri. „Deine Mutter ist hingegen lockerer?“ „Ja, so war sie schon immer. Und überhaupt… Ich bin erwachsen genug und meine Eltern haben sich nicht in mein Liebesleben einzumischen.“ Während sie laufen, schaute Maron sich in der Umgebung um. „Wo führst du mich überhaupt hin?“, fragte sie voller Neugier. „Kurze Info: Ich bekomme langsam Hunger.“ „Siehst du gleich.“, lächelte Hijiri. Kurze Zeit später kamen Beide schließlich an und gingen direkt rein. „Ein schickes Restaurant hast du dir ausgesucht.“, sagte sie anerkennend und sah sich im überfüllten Lokal um, „Woher kanntest du es?“ „Ach, ich höre mich bei Leuten um.“, erwiderte er schmunzelnd und wandte sich an eine Wirtin, eine Dame mittleren Alters. „Haben Sie reserviert?“, fragte sie ihre neuen Gäste. „Reserviert?“ Die ganze Zeit schon hatte Hijiri das Gefühl, er hätte etwas Wichtiges vergessen. Nun fiel ihm auch ein was es war und zwar ein Tisch zu reservieren! „Eh, haben Sie noch was Kurzfristiges frei?“, fragte Maron. „Leider keinen richtigen Zweiertisch, meine Liebe. Wir können höchstens einen Vierertisch für Sie auseinanderschieben.“, schlug die Wirtin vor. Mit einem unschlüssigen Gesichtsausdruck wandte Hijiri sich an Maron. „Was denkst du? Wir können auch woanders hin…“ „Nein, nein. Das ist schon okay. Wirklich.“ Somit stimmten sie den Vorschlag zu und die Frau führte sie mit zwei Menükarten in der Hand zu dem besagten Vierertisch, welcher sich in der Mitte des Raumes befand. Als Maron und Hijiri sich dem Tisch näherten, saß da bereits jemand. Dieser Jemand sah von seinem Handy auf und starrte sie mit einem entgeisterten Blick an. Überrascht starrten die Beiden zurück. „Hey…“, begrüßte Chiaki sie, die Perplexität war ihm ins Gesicht geschrieben. Er wusste, dass der Tag merkwürdig war. Die Tatsache, im selben Restaurant wie seine beste Freundin und ihrem Freund zu sein, sie sogar bei sich sitzen zu haben, trieb es auf die Spitze. Ihm war auch komplett entgangen, dass Hijiri ihn Stunden zuvor um Rat gefragt hatte. Nichtsdestotrotz standen sie jetzt vor ihm und Chiaki konnte seinen Blick schwer von Maron abwenden. Sie trug unter ihrem schwarzen Frühlingsmantel ein kurzes, dunkelrotes, ärmelloses Kleid, welches ab der Hüfte locker herabflatterte, mit dunkler Strumpfhose und schwarzen Overknee-Stiefeln. Um ihr linkes Handgelenk konnte er Fin, ihren Silberengel, sehen. Die welligen Haare trug sie halboffen. Passend zum Outfit waren ihre Lippen rot geschminkt und die Augen mit einem gold-bronzenen Lidschatten und dünnen Eyeliner-Strichen zur Geltung gebracht. Sie sah mehr umwerfend aus! Atemberaubend schön würde es treffen. Ihre Begleitung trug -ähnlich wie Chiaki selbst- schwarze Jeans und ein dunkles Hemd. „Hi.“, begrüßte Hijiri und Maron ihn genauso perplex zurück. Sie lösten sich von ihrer Starre und begaben sich zu ihren Stühlen. Die Tische wurden letztendlich doch nicht auseinandergeschoben.   „Ernsthaft?“, fragte Chiaki und schaute Hijiri mit hochgezogener Augenbraue an, der sich links von ihm hinsetzte. „Von allen Restaurants, die ich dir auflistete, musstest du ausgerechnet dieses wählen?“ Der Rothaarige warf ihm einen scharfen Seitenblick zu. Man sah ihm an, dass er sich so seinen Abend mit seiner Freundin nicht vorgestellt hatte. Ein wenig amüsierte das Chiaki. Maron sah die beiden Männer mit einem fragenden Blick an. Chiaki bemerkte dies. „Dein Freund hat mich angerufen und nach Beziehungstipps gefragt.“, klärte er auf. „Beziehungstipps?“, prustete sie lachend los und blickte ungläubig sowie belustigt zwischen ihnen hin und her. „Falsch. Ich habe Chiaki angerufen und nach Restauranttipps gefragt.“, korrigierte Hijiri. „Ja. Hätte er nach Beziehungstipps gefragt, hätte ich ihm Tipps gegeben, die solch schräge Situationen vermieden hätten.“, lachte sein blauhaariger Sitznachbar sarkastisch auf. „Ach was! Das muss nicht schräg sein.“, winkte Maron unbekümmert ab. „Ist so ganz und gar nicht schräg.“, murmelte Hijiri trocken. „Triffst du dich mit jemanden?“, fragte Maron mit einem interessierten Blick. „So in etwa….“, antwortete Chiaki ihr und fügte schnell bei, „Aber fühlt euch nicht gestört bei eurem Date! Ignoriert uns einfach. Ihr macht euer Ding, wir unseren.“ Bevor Maron fragen konnte mit wem er sich traf, kam schon Natsuki an den Tisch gelaufen. „Hey, tut mir leid, dass ich mich verspäte!“ Das Paar blickte neugierig zu ihr auf. „Hi, keine Sorge.“, sagte Chiaki mit einem unbeschwerten Lächeln. „Hatte einen kleinen Unfall mit meinen Sachen.“, sagte sie und zog sich den Mantel aus. Darunter trug die angehende Eventmanagerin ein kurzes, schwarzes Spitzenkleid mit langen Ärmeln, welches am Rücken viel Haut zeigte und gleichzeitig ihre weiblichen Reize betonte. Dazu trug sie passendes Make-Up. Ein paar männliche Gäste in unmittelbarer Nähe drehten sich zu der Grünhaarigen um. Ein Kellner, der soeben mit einem vollen Getränketablett an ihr vorbei ging, stolperte beinahe über seine eigenen Füße, was sie jedoch nicht bekam. Maron und Hijiri starrten Natsuki mit großen Augen und offenem Mund an. Chiaki zog nur leicht erstaunt eine Augenbraue hoch. Auch wenn es sich um die Freundin seines besten Freundes handelte, so musste er zugeben, dass sie durchaus unausgesprochen hübsch war. Shinji könnte sich mehr als glücklich schätzen! „Wenn du das nächste Mal shoppen gehen willst und das Kleid siehst - Kauf es dir ruhig, okay?“, flüsterte Hijiri Maron zu, die ihn ignorierte und weiter zwischen Chiaki und Natsuki hin und her blickte. „Irgendetwas ist in meinem Klamottenkoffer ausgelaufen.“, erklärte Natsuki, deutete auf ihr Outfit, „Und das ist das einzige, was ich retten konnte. Alles andere musste leider in die Wäsche… Ich hoffe, ich bin nicht overdressed-...“ „Du siehst toll aus!“, unterbrach Maron ihren Redefluss und reichte ihr die Hand. In dem Augenblick fiel Natsuki auch die Anwesenheit des Paares auf. „Hi, Maron Kusakabe.“, stellte sich die Braunhaarige vor. „Natsuki Sakurai. Nett dich kennenzulernen!“ Natsuki warf Chiaki einen kurzen Blick zu, während sie Maron die Hand schüttelte. Dieser zog etwas verwundert die Brauen zusammen. Hijiri stellte sich ebenfalls bei ihr vor. Im nächsten Moment klingelte sein Handy und er entschuldigte sich mit einem „Meine Mutter, komme gleich wieder“ und verließ kurz das Lokal. „Ich…eh, gehe noch schnell Hände waschen.“, kam es von Natsuki und verschwand ebenfalls. Kaum war sie weg, schaute Maron Chiaki breit grinsend an. Er verstand ihren Blick sofort und hob abwehrend eine Hand. „Es ist nicht so, wie du denkst.“, sagte er. „Sie ist hübsch und süß.“, grinste sie verschmitzt. „Das ist kein -ich betone- kein Date.“ „Sieht aber schwer nach einem aus!“ „Sie hat schon einen Freund!“, stellte Chiaki klar. Maron zog ungläubig die Augenbrauen zusammen. „Echt?!“ „Shinji, um genau zu sein. Sie kam heute aus Okayama hierher und ich passe nur auf sie auf, weil er es heute bei ihr verbockt hat.“, fügte er hinzu. Noch mehr Fragen zeichneten sich auf ihrem hübschen Gesicht ab. „Okay…?“ Im selben Augenblick kamen Hijiri und Natsuki wieder und alle warfen schließlich einen Blick ins Menü rein. „Die haben ziemlich viel Auswahl… Wollen wir uns die Vorspeise teilen?“, sagte Hijiri und blickte zu Maron auf. „Klar, wieso nicht. Such dir was aus.“, stimmte seine Freundin grinsend zu. Ihr Gegenüber blätterte kurz. „Okay… Austern hören sich gut an, findest du nicht?“ Bei dem Vorschlag verschwand ihr Lächeln für einen Augenblick. Chiaki warf immer wieder ein paar Seitenblicke zu dem Paar rüber. Natsuki beobachtete die Szene vor ihr hinter hervorgehaltener Karte aufmerksam. „Nein? Hm…Shrimps?“ Hijiri wirkte verunsichert. „Uhm…“ Maron lächelte verlegen. „Sie hasst Meeresfrüchte.“, merkte Chiaki schließlich an und sah kurz auf. „Muscheln, Schnecken, Krabben, Hummer-…“ „Gut zu wissen.“, murmelte Hijiri. „Das ist nicht wahr!“, wendete Maron augenrollend ein und schnellte ihren Kopf in Chiaki’s Richtung. „Ich mag Meeresfrüchte… solange keine Schalen oder...uhm, schleimige Substanzen involviert sind.“, versuchte sie Hijiri zu versichern, ohne das Gesicht zu verziehen. „Verstehe. Ehmm…“ Ihr Freund schaute mit einem verzweifelt suchenden Blick in die Speisekarte. „Pizzabrötchen?“ „Nimm den Caesar-Salat.“, wisperte Chiaki hörbar, während er in seinem eigenen Menü weiterblätterte. „Caesar-Salat! Lass uns den Caesar-Salat nehmen, oder?“, sagte Hijiri mit einem souveränen Lächeln, tat so als hätte er seinen Sitznachbar nicht gehört. Daraufhin nickte Maron bejahend und kicherte amüsiert. „Perfekt, mein Favorit!“ Lächelnd warf sie Chiaki einen Blick zu, welcher förmlich sagte ‚Wolltest du uns nicht ignorieren?‘, worauf er nur schief in sich hinein grinste. Mit einem leicht fremdschämenden Gefühl und aufgeblasenen Wangen, ließ Natsuki ihre Karte auf den Tisch sinken und fragte in die Runde: „Wer hat auch Lust auf Cocktails?“ Wenn der ganze Abend so weiter lief, bräuchte sie (und die anderen) dringend etwas Alkohol. Alle drei gingen auf den Vorschlag gleichzeitig zustimmend ein. „Unbedingt! Ja!“, kam es von Chiaki eifrig. „Ich bin dabei.“, antwortete Hijiri genauso schnell. „Gute Idee.“, sagte Maron ruhig.   Nach wenigen Minuten hatten alle ihre Bestellungen bei der Kellnerin aufgenommen und nach einer halben Stunde standen schließlich von allen die Getränke und Gerichte auf den Tischen. Währenddessen unterhielten sie sich ausgelassen. „Chiaki sagt, du kommst aus Okayama?“, fragte Maron ihre Sitznachbarin. Diese nickte und nahm einen Schluck von ihrem Margarita. „Bin heute hierhergezogen zu meinem Freund.“, antwortete sie ihr. „Shinji?“ „Ja.“ „Wie kommt es, dass du dann mit Chiaki hier bist? Wenn ich das fragen darf…“ Natsuki lachte kurz und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Cocktail. „Weil mein ach-so-toller Freund verpennt hat sich frei zunehmen und den ganzen Tag auf Arbeit ist.“ „Oh…“, brachte Maron hervor und schaute Chiaki an. „War er deswegen heute bei dir?“ „Japp.“, bestätigte er und nahm einen Bissen von seinem Teriyaki Lachs. „Das ist mehr als nett von Chiaki, dass er dir dann einen angenehmen Abend bietet.“, kommentierte Hijiri. „Ja. Auf ihn kann man sich immer verlassen.“, stimmte ihm Maron zu. „Chiaki ist ein toller Freund.“ „Habe für jedes Problem ein offenes Ohr.“, sagte dieser mit einem verhaltenen Lächeln und nahm einen Schluck von seinem Cocktail. Natsuki schaute ihn kurz mit einem mitfühlenden Blick an, bevor sie von Maron weiter über ihre Person ausgefragt wurde.   Nach eineinhalb Stunden wurde schließlich bezahlt. Draußen verabschiedeten die vier sich voneinander. Maron und Natsuki hatten sich im Restaurant so gut verstanden, dass sie sich herzlichst zum Abschied umarmten und sich versprachen, die nächsten Tage zum Shoppen zu verabreden. Chiaki musste bei dem Anblick der Beiden schmunzeln. Er und Shinji hatten es schließlich vorausgesagt, dass sie gut miteinander auskommen würden. Nachdem Maron und Hijiri in die entgegengesetzte Richtung liefen und hinter einer Ecke verschwanden, begleitete Chiaki die Freundin seines Freundes noch nach Hause. „Das war also die berüchtigte Maron.“, grinste Natsuki ihn an. Er zog verwundert die Augenbrauen zusammen. „Was soll das heißen?“ „Shinji ist eine ziemliche Labertasche…“, erklärte sie, worauf er sich seufzend die Hand übers Gesicht fuhr und beschloss Shinji mit Natsuki zusammen zu killen. „Von wegen ‚schweigt wie ein Grab‘…“, murrte er. Sie kicherte leise. „Sie ist wirklich, wirklich hübsch. Wow! Das muss ich sagen.“, sprach Natsuki weiter. „Und, wie du gesehen hast, vergeben.“ Für einen Moment war kurz Stille zwischen ihnen. „Wenn du weiblichen Rat brauchst… Ich bin da.“, sagte Natsuki. „Danke. Wenn Shinji mal nicht kann, wende ich mich an dich.“ „Ich bin garantiert ein besserer Gesprächspartner als mein Freund. Als ob was Sinnvolles aus ihm herauskommt.“ Daraufhin musste Chiaki lachen. Vor dem Eingang des Wohnkomplexes kam ihnen eine männliche Gestalt entgegen. „Hey, Natsuki-Schatz!!“ Ehe Shinji seiner Freundin einen Begrüßungskuss geben konnte, gab sie ihm einen kräftigen Kinnhaken. Chiaki wich erschrocken zurück. „KOMM MIR JA NICHT MIT NATSUKI-SCHATZ!! DU BIST SO EIN VOLLIDIOT! ES IST MIR MANCHMAL PEINLICH DICH ALS MEIN FREUND ZU BEZEICHNEN!!“, meckerte sie Shinji an, der verzweifelt versuchte sie zu beruhigen. Einige vorbeigehende Passanten machten einen großen Bogen um das Paar. Chiaki tat so, als würde er die Beiden nicht kennen und verabschiedete sich mit einem kurzen „Bis demnächst“ von ihnen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)