Niichan von MariLuna ================================================================================ Kapitel 29: Kapitel 29 ---------------------- Kapitel 29   Kazuo ist ziemlich überrascht, als ihm klar wird, wohin ihn sein Bruder gebracht hat. Kritisch mustert er die sich langsam mit Besuchern füllenden Tribünen. Kaum zu glauben, daß sein Menschenmengen verabscheuender Niichan ihn zu so einer Massenveranstaltung schleppt. Und ebenfalls kaum zu glauben – verwundert läßt Kazuo seine Blicke über die Arena unter ihnen schweifen – daß sich so etwas im zwölften Stockwerk eines Gebäudes befindet. Im zwölften bis fünfzehnten Stockwerk, genauer gesagt. Sie sitzen etwas weiter oben und haben so alles gut im Blick. Rocksteady und Bebop rufen sich sofort die hier überall herumwirbelnden, knapp bekleideten Neutrino-Damen herbei und kaufen sich etwas, das wie Schnaps riecht und höchstwahrscheinlich auch so wirkt, dazu erhalten sie irgendwelche Snacks, von denen Kazuo gar nicht wissen will, worum es sich dabei handelt. Die Dinger sehen aus wie getrocknete Hoden. Dabei haben sie sich erst vor zwei Stunden vom Zimmerservice ein großzügiges Drei-Gänge-Menü liefern lassen. Kazuo genügt daher wieder ein schlichtes Wasser und sein Bruder kauft sich wieder so einen bunten Slush. Bevor die Show – oder was auch immer ihnen gezeigt werden soll – beginnt, wird das Publikum mit einer gewöhnungsbedürftigen Tanzeinlage angeheizt. Eine Gruppe von zwanzig halbnackten Frauen übt sich in bauchtanzähnlichen Verrenkungen und die männlichen Zuschauer geraten darüber fast in Ekstase – ungeachtet dessen, daß ihre Ehefrauen und Kinder neben ihnen sitzen. Rocksteady und Bebop wiederum sehen die Darbietung als Anlaß, um sich lautstark in Erinnerungen über die Cheerleaderinnen ihrer Highschool-Zeit zu ergehen. Kazuo nippt nur gelangweilt an seinem Wasser und sieht zu seinem Niichan neben sich hinüber. Shredder ist eindeutig mit seinen Gedanken ganz weit weg, und was auch immer ihm dabei durch den Kopf geht – es sind keine guten Gedanken, denn da ist wieder diese Dunkelheit in seinen Augen. Warum nur ist sein Bruder immer so bedrückt? Kazuo zögert kurz, doch dann gibt er sich einen Ruck und legt ihm vorsichtig die Hand aufs Knie. Sein Bruder wirft ihm einen verdutzten Blick zu, stößt seine Hand aber nicht fort – ganz im Gegenteil: er schummelt seine eigene Hand dazu und verschlingt ihre Finger miteinander. Dann richtet er seine Aufmerksamkeit schnell wieder nach vorne in die Arena. Er sagt nichts, aber auf seinen Wangen breitet sich ein schwacher Rotschimmer aus. Kazuo ist entzückt. Aber bei genauerem Nachdenken irritiert es ihn auch. Wie kann es möglich sein, dass so eine kleine Geste seinen Niichan in Verlegenheit stürzt, und das nach all dem, was zwischen ihnen in den letzten Tagen vorgefallen ist? Wieso fühlt er sich so unsicher? An diesem Punkt seiner Gedanken würde er ihn gerne umarmen, spart es sich aber in Anbetracht der Tatsache, wo sie sich gerade befinden, und begnügt sich weiterhin damit, Shredders Hand zu halten. Und er lässt sie auch nicht mehr los. Er hält sie während des Tanzspektakels, genauso wie während der Hauptshow. Denn als die beginnt und er versteht, was folgen wird, braucht er das warme Gefühl von Shredders Fingern in seinen. „Was ist das hier?" stößt er mit zunehmendem Unbehagen hervor, als er die muskelbepackten Gladiatoren in die Arena treten sieht. „Das alte Rom?" Shredder zuckt nur mit den Schultern. „Bloß kein Mitleid. Die machen das alles freiwillig. Es gibt nicht einmal ein Preisgeld, denen geht es nur um ihr Ego. Also, vergeude nicht dein Mitgefühl, lehne dich lieber zurück und genieße die Show." Genießen ... Kazuo wüsste nicht, was es bei dem Gemetzel zu genießen gäbe. Als das laute Klirren von Schwert auf Lederschild zu ihnen emporweht, verzieht er unwillig das Gesicht. Er wagt es kaum hinzusehen. „Hier sehen Familien zu", stößt er schließlich entsetzt hervor. „Mit kleinen Kindern!" Wieder zuckt sein Bruder nur mit den Schultern. „Die DimensionX ist kein Ponyhof." Er scheint die Blutorgie in der Arena sehr interessiert zu beobachten, aber seine stoische, glatte Maske kann Kazuo nicht täuschen. Er verachtet das hier mindestens genauso sehr wie Kazuo. Aber warum sind sie dann hier? Bestimmt nicht wegen Rocksteady und Bebop, auch wenn die eindeutig viel Spaß haben. Als das Geräusch von splitternden Knochen erklingt, drückt Kazuo die Hand seines Bruders instinktiv etwas fester. Irgend ein morbider Zwang veranlasst ihn, doch dorthin zu sehen, aber er wendet den Kopf schnell wieder ab. Was soll das? Warum sind sie hier? Wieso hat sein Niichan ihn hierher geschleift, es gibt doch bestimmt noch andere Belustigungen hier. Sogar eine Striptease-Bar wäre ihm recht. Er kann sich dafür so gar nicht begeistern - anders als Rocksteady und Bebop, die ihren Favoriten lautstark anfeuern. Kazuo ist tapfer. Er hält es fünf Minuten lang aus. So lange, bis die erste abgetrennte Hand ins Publikum fliegt und dort begeistert aufgefangen wird. Er denkt darüber nach, ob sie diese Darbietung jetzt schon verlassen können ohne dass sie von den anderen hier dafür gelyncht werden. Aber ein Blick in die Runde verrät ihm: sie wären nicht die ersten und einzigen, die ihre Plätze verlassen. Viele gehen sich auch nur Snacks besorgen, aber Fakt ist: wer seinen Platz verlässt, muss nur befürchten, ihn an jemand anderen zu verlieren. Hier ist ein ständiges Kommen und Gehen. Vorsichtig lehnt er sich zu seinem Bruder hinüber. „Ich will gehen", verkündet er ganz bewusst in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldet. Und dann ist er auch schon aufgestanden und zieht an Shredders Hand. Der zögert merklich. „Jetzt schon?" jammert da Bebop lautstark. „Können wir nicht noch etwas bleiben? Danach kommt das Weibercatchen. Nackte Frauen im Schlamm!" „Nackt?" wiederholt Kazuo perplex. „Splitterfasernackt", bestätigt Rocksteady breit grinsend. „Und am ganzen Körper rasiert. Überall." Kazuo starrt die beiden für einen Moment einfach nur fassungslos an. Ihn wundert dabei nicht so sehr, dass die zwei auf so etwas stehen, sondern einfach nur, dass so etwas hier geboten wird. Sind denn alle Männer in allen Dimensionen und auf allen fremden Welten gleich? Das ist irgendwie ernüchternd. Und beschämend Und dann fällt ihm ein - vielleicht will sein Niichan ja diese nackten Weiber sehen. Kazuo zögert, aber nur für einen kurzen Augenblick. „Ich will gehen." Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zieht er diesmal kräftiger an Shredders Hand. Er hat sich zwar geschworen, dass Wille und Wunsch seines Bruders im Vordergrund stehen sollten, aber er hat seine Grenzen. Unnötiges Blutvergießen und nackte Schlammcatcherinnen stehen da ganz oben auf seiner never-ever-Liste. Tatsächlich gelingt es ihm, Shredder in die Höhe zu ziehen. „Kazuo", beginnt dieser und wirft dabei einen unsicheren Blick zu seinen Mutanten hinüber. Und Kazuo begreift. „Ich will das nicht sehen. Aber ich werde bleiben, wenn es nicht anders geht", lenkt er ein. „In der Gruppe ist es für uns sicherer, nicht wahr?" Shredder schenkt ihm ein dankbares Lächeln, während Rocksteady und Bebop einen langen Blick wechseln. „Lasst uns gehen", meint Rocksteady und dann erheben sich Bebop und er fast synchron. „Wir können das Ganze auch im Fernsehen verfolgen. Da sieht man außerdem viel mehr wegen der Nahaufnahmen." Kazuo öffnet schon den Mund, um ihnen für ihr Verständnis zu danken, aber die beiden winken schon ab, bevor er auch nur einen Ton herausbringt. „Ist wirklich okay. Wir haben es lieber bequem vor der Glotze", bekräftigt Bebop und wirft seinem Chefchen dann einen ziemlich schiefen Blick zu. „Und zwanzig Minuten sind wirklich genug. Da kapiert jeder, dass hier nur Psychos herumlaufen. Muss man sich nicht geben." Und mit diesen Worten bahnen er und sein Kumpel ihnen einen Weg durch die Zuschauer hinaus aus dieser Kolosseum-Imitation.     Genüsslich atmet Kazuo tief durch, lässt sich einlullen von dem Duft nach exotischen Blüten und dem entspannendem Gefühl von heißem Wasser auf seiner Haut. Sie haben sich die restlichen Kämpfe und das Catchen tatsächlich im Fernsehen angeschaut - sie alle vier, auf der Couch im Wohnzimmer. Sie haben sogar die Minibar geplündert. Und vor allem das Frauencatchen hat die beiden Mutanten derart angemacht, dass Shredder und Kazuo es für gesünder hielten, ihnen schon nach der ersten Halbzeit die Couch zu überlassen und sich zu verdünnisieren. Da lag es nahe, sich ein heißes Bad zu gönnen - bevor Rocksteady und Bebop es für sich in Beschlag nehmen müssen. Den gedämpften Geräuschen nach zu urteilen, werden sie, sobald sie fertig sind, Wasser und Seife mehr als nötig haben. Es hieße lügen, würde Kazuo behaupten, er erhoffe sich in nächster Zukunft nicht ebensolchen Spaß, wie ihn die beiden jetzt so hörbar haben. Und wenn Saki so weitermacht, kann das schneller passieren, als dieser vielleicht ahnt. Daher versucht Kazuo, nicht allzu behaglich aufzuseufzen, als sein Bruder wieder mit dem Badeschwamm über seine Brust fährt. Und er versucht, seine Gedanken nicht allzu sehr abschweifen zu lassen, als Saki schließlich damit beginnt, ihm die Haare zu waschen. Denn eigentlich sollte er seinem Bruder böse sein. Zumindest ein klein wenig. Bebops Worte als sie die Tribünen verließen, haben Kazuo zu Denken gegeben. Kann das wirklich sein? Hat sein Niichan ihn nur zu diesen Gladiatorenkämpfen mitgenommen, um ihm vor Augen zu führen, wie brutal es in dieser Dimension zugeht? Als wären die Menschen so viel besser! Aber wenn er genauer darüber nachdenkt, versteht er den Gedanken dahinter mehr als deutlich: Saki will ihn mal wieder nur vor allem beschützen. Krang hat sie zwar auch nur widerwillig und unter vielen Warnungen hierher geschickt, aber das empfindet er als weitaus weniger aggressiv. Krang ist ihr Befehlsgeber, ihr Boss, ihr Freund und er stammt von hier - ihnen deutliche Verhaltensregeln mit auf den Weg zu geben erscheint ihm da nur angemessen. Sein Bruder aber hält sich nicht nur mit Warnungen auf. Er will, dass Kazuo die dunklen Charaktereigenschaften der hiesigen Bewohner hautnah miterlebt. Und Kazuo kann sich nur einen Grund dafür vorstellen: Saki will ihm diesen Ort so gründlich vermiesen, dass er freiwillig wieder abhaut. Um Kazuos Lippen zuckt ein grimmiges Lächeln. Als ob er sich so leicht abschrecken lassen würde! Nicht einmal die unmittelbare Todesgefahr durch eine Monsterarmee würde ihn dazu bringen, seinen Niichan zu verlassen. Ganz im Gegenteil sogar! Und auch jetzt bestätigt ihm alles, was er bisher von der DimensionX gesehen und was er hier erlebt hat, wie wichtig es ist, dass er seinem Bruder nicht mehr von der Seite weicht. Und flüstert ihm nicht jede seiner zärtlichen Berührungen zu, wie sehr er ihn gerade jetzt braucht? Als sein Bruder dazu übergeht, ihm die Kopfhaut zu massieren, hätte Kazuo diesmal wirklich beinahe aufgeseufzt. Natürlich ist das alles hier eines erwachsenen Mannes unwürdig, aber was soll er machen? Es fühlt sich zu gut an. Es weckt viele gute Erinnerungen. Als Kind hat er auch oft so in der Wanne gesessen und sein Niichan kniete, saß oder stand hinter ihm und wusch ihm die Haare. So wie jetzt. Auch wenn die Badewanne hier ein kleiner, halb in den Fußboden gemauerter Pool ist, der bequem Platz für vier Personen bietet. Viel zu groß für Kazuo allein. Er fühlt sich richtiggehend einsam. „Hm... Niichan, warum gesellst du dich nicht zu mir?" „Gleich", murmelt dieser nur. Aber selbst nachdem er gewissenhaft das Shampoo aus Kazuos Haar gespült hat, macht er keine Anstalten, dessen Aufforderung zu folgen. Stattdessen greift er wieder zum Schwamm und beginnt, Kazuos Schultern und Oberkörper zu waschen. Kazuo fühlt sich hin und her gerissen. Rein technisch ist das unnötig - er war nie schmutzig, und er will wirklich seinen Bruder hier drin bei sich haben. Aber andererseits verursachen ihm Sakis Bemühungen ein anregendes Kribbeln auf der Haut. Und so tut und sagt er erst einmal - nichts. Plötzlich wird Sakis Hand mit dem Schwamm immer langsamer, bis sie schließlich locker auf Kazuos rechtem Schlüsselbein ruhen bleibt. Und dann schlingt ihm Saki seinen anderen Arm um den Oberkörper und vergräbt sein Gesicht an Kazuos Schulter. Sein Atem ist ein heißer, sanfter Lufthauch auf Kazuos nasser Haut und jagt ihm einen anregenden Schauer übers Rückgrat. „Niichan?“ irritiert dreht Kazuo den Kopf, schielt nach hinten und verrenkt sich gleichzeitig den linken Arm in dem Bestreben, ihm durch den dunklen Haarschopf zu streicheln. „Was ist los? Saki?“ Shredder seufzt einmal schwer. „Es tut mir leid, daß ich dich da mit reingezogen habe. Diese Dimension ist schrecklich. Die sind alle wahnsinnig hier.“ „Ich weiß nicht...“, gibt Kazuo vorsichtig zurück. „Es gibt Gegenden auf der Erde, da ist es auch nicht besser. Ich bin nicht naiv, Niichan. Ich bin Polizist, ich bin einiges gewohnt. Ich kann damit umgehen.“ Es gibt ganz andere Dinge, mit denen er nicht umgehen kann – einen niedergeschlagenen Bruder zum Beispiel. Langsam dreht sich Kazuo um, ohne sich dabei jedoch aus Shredders Umarmung zu befreien. Behutsam legt er ihm beide Hände ums Gesicht und sieht ihm tief in die Augen, die – wie befürchtet – wieder so traurig sind. „Du bist mein. Wo du bist, da bin auch ich. Ende der Diskussion.“ Anders als sonst wartet er auf eine Reaktion, und erst, als diese in Form eines zaghaften Nickens erfolgt, besiegelt er seine Worte in altbewährter Weise mit einem Kuß. Oh, Saki schmeckt so gut! Seine Lippen, seine Zunge, seine Körperwärme und sogar die Art wie er atmet – all das ist ihm so sehr vertraut, dass es regelrecht schmerzt, eine bittersüße Mischung aus damals und heute. Zuhause. Es fühlt sich an wie Zuhause! Die Schmetterlinge in seinem Bauch erwachen wieder und werden zu einer schweren, trägen Wärme in seinem Unterleib. Noch verbergen Wasser und Schaum, wie es um ihn steht, aber das wird nicht lange so bleiben. Als er den Kuß beendet, weiß er daher nicht, ob es am heißen Wasser, seiner steigenden Erregung oder ganz einfach nur an diesem atemraubenden Kuß liegt, daß ihm leicht schwindelig geworden ist. „Zieh dich endlich aus“, befiehlt er schließlich mit lustgetränkter, rauher Stimme und zupft vielsagend an Sakis Shirt herum. „Schnell. Beeil dich. Und dann komm rein zu mir.“ Zuerst starrt ihn Shredder einfach nur an. Er benötigt eindeutig etwas länger, bis zumindest ein Teil seines Verstandes aus diesem Kuß zurückgekehrt ist, aber selbst als er tatsächlich beginnt, sich das Shirt über den Kopf zu ziehen, handelt er Kazuos Empfinden nach noch viel zu langsam. Hastig und sehr, sehr ungeduldig, hilft er deshalb seinem Niichan, sich aus seiner Kleidung zu befreien: erst das T-Shirt, dann Jeans und Unterwäsche. Zum Glück ist er schon barfuß, noch mehr verschwendete Zeit könnte Kazuo wirklich nicht ertragen! Unter heißen, wilden Küssen und atemlosen Liebesschwüren zieht er ihn dann endlich zu sich in das Wasserbecken...     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)