Niichan von MariLuna ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4   Krang sitzt in seinem Labor gerade an der Auswertung seines neuesten Experiments und grinst bis über beide nicht vorhandenen Ohren als er hört, wie sich die Tür hinter ihm zischend öffnet. Hat er Shredder gut dressiert oder nicht? Der kommt sogar freiwillig zum Anschiss. Aber ausnahmsweise will er heute mal nicht schreien. Auch für ihn war es eine schlimme Zeit, zweiunddreißig Stunden lang nur darauf zu warten, dass Shredder wieder in seinem Körper aufwacht. Niemand von ihnen hier wusste, was geschehen war, aber sie alle befürchteten das Schlimmste. Rocksteady und Bebop hat das fast verrückt gemacht und ihn selbst beinahe auch. Sie waren so absolut voneinander abgeschnitten – so etwas möchte Krang nie wieder erleben. Krang gesteht es sich nicht gerne ein, aber er hat bei diesem Experiment zu vorschnell gehandelt und nicht alle Eventualitäten genug durchdacht. Sie hatten Glück – sehr viel Glück, dessen ist er sich bewusst. Und deshalb ist es auch nicht schlimm, wenn er heute mal etwas Gnade walten lässt. So ein kleines bißchen... „Ah, Shredder, gut, dass du kommst. Bevor wir anfangen – bitteschön, ich glaube, das gehört dir.“ Vielsagend deutet er auf einen der Labortische. Dort liegen ein Paar knöchelhohe Kampfstiefel und ein ledernes Portemonnaie. Shredder schluckt einmal sichtbar, als er einen Blick darauf wirft und greift nur zögernd danach – zumindest nach der Brieftasche. Die Stiefel lässt er erst einmal dort liegen. „Du hast deine Tüte aus dem Krankenhaus in der Zentrale vergessen“, erklärt Krang,während er Shredder dabei zusieht, wie dieser den Inhalt der Brieftasche kurz überprüft und sie dann in seiner Hosentasche verschwinden lässt. „Das ist leider alles, was noch brauchbar war. Diese Unsitte irdischer Krankenhäuser, die Kleidung immer aufzuschneiden, werde ich wohl nie verstehen.“ „Danke“, meint Shredder nur leise. Er sieht etwas blaß aus. Krang hat plötzlich gar keine Lust mehr, ihn richtig zusammen zu stauchen. „Helm, Umhang und Rüstung waren nicht dabei. Haben wohl die Turtles“, schließt Krang messerscharf aus den Umständen. Diesmal nickt Shredder nur stumm. Krang mustert ihn einen Moment einfach nur abwartend. Aber anscheinend scheint sein Kompagnon nicht daran interessiert, ihm mehr zu sagen als in den paar Minuten, bevor er zur Erde zurückeilte – nämlich dass er beim Kampf gegen die Turtles verletzt und von diesen dann in ein Krankenhaus gebracht wurde, wo er - beziehungsweise sein Duplikat – schließlich starb. Krang seufzt innerlich genervt auf. Nun denn, dann mal weiter zum wirklich wichtigen Tagespunkt. „Setz dich." Vielsagend deutet Krang auf den Behandlungsstuhl neben sich. Das einzige, was das Ding von dem in einer Zahnarztpraxis unterscheidet, ist die rote Velours-Polsterung und die außerirdische Technik im Inneren. Shredder zögert einen kurzen Augenblick, bevor er sich in den Stuhl setzt, aus dem er zweiunddreißig Stunden lang nicht aufgestanden ist und Krang macht sich sofort eine entsprechende Notiz auf seinem Datenpad. Ein Knopfdruck und der Sensorhelm senkt sich auf Shredders Schädel. Jetzt zuckt Shredder sichtbar zusammen. Wieder schreibt Krang etwas in seinen Minicomputer. Der Helm benötigt einige Minuten, um sich mit dem Computer zu synchronisieren und Krang nutzt die Zeit, um mal ein ernstes Wort mit seinem Kompagnon zu reden. „Bevor wir anfangen, will ich wissen, wieso du in Drei Teufels Namen deinen Bruder hier anschleppst?" Shredder besitzt wenigstens so viel Anstand, eine zerknirschte Miene zu ziehen. „Das war eine spontane Entscheidung." „Das ist mir klar. Aber warum?" Shredder zögert einen Moment und reibt sich nervös über den rechten Handrücken, als spüre er dort noch immer die Infusionsnadel, die in der Vene seines Duplikats gesteckt hat. Noch bevor er ein Wort gesagt hat, weiß Krang, dass es eine ehrliche, aber auch etwas ausweichende Antwort sein wird. Shredder ist ein Mann, dem man gewisse Dinge aus der Nase ziehen muß, aber eigentlich will er darüber reden. Krang hat gelernt, damit umzugehen. „Ich war mir nicht sicher, ob er da ist", meint Shredder dann leise. „Ich meine, wir reden hier von meinem kleinen Bruder, einem Vollblutcop. Ich bin nicht gut für seine Karriere. Es sei denn, er verhaftet mich." Um seine Mundwinkel spielt ein bitteres Lächeln und dann sieht er Krang gerade in die Augen und rechtfertigt sich: „Ich bin ja nur zurück gegangen, um die Leiche los zu werden." Krang mustert ihn eine Weile, tippt derweil etwas auf seinem Pad und will dann wissen: „Was hat dich auf die Idee gebracht, er wäre dort?" Ein kurzer Piepston und ein blinkendes grünes Licht verraten ihnen, dass der Helm jetzt den Scan startet, doch Shredder achtet nicht darauf. Er denkt noch über seine Antwort nach. „Ich weiß nicht...", gibt er dann stockend zu. „Ich glaubte, ich hätte ihn gehört. Und gefühlt, wie er meine Hand hielt. Aber", fügt er gedankenverloren hinzu, „hauptsächlich war es wohl reines Wunschdenken." Krang mustert ihn aus verengten Augen. Es klingt, als versuche sich Shredder da selbst von etwas zu überzeugen, obwohl er es eigentlich besser weiß. „Was hast du noch gefühlt, da im Krankenhaus?" hakt Krang behutsam, aber neugierig nach. Shredder ist die Frage sichtlich unangenehm. Er nagt kurz an seiner Unterlippe herum und seine Finger spielen nervös mit dem Saum seines T-Shirts. Und Krang weiß, jetzt kommt etwas, wonach er eigentlich nicht gefragt hat, was Shredder aber loswerden möchte. „Furchtbare Kopfschmerzen. Und...", er stockt und holt dann einmal tief und zitternd Luft, „...es war wie dieses Gefühl, wenn du zu lange unter Wasser bist und dir die Luft knapp wird. Aber", fügt er ironisch hinzu, „kein weißes Licht oder Ahnen, die auf einen warten." „Sondern? Wie war es?" „Schmerzen und Panik und dann ... " Sekundenlang starrt Shredder einfach nur vor sich hin und schüttelt dann den Kopf, als wolle er unangenehme Gedanken abschütteln. „Nichts. Da war nichts. Und dann bin ich hier aufgewacht." Krang schweigt einen Moment und wirft einen Blick auf sein Pad, das ihm den Scan von Shredders Hirn zeigt. Der Mandelkern zeigt eine gewisse erhöhte Aktivität, genau wie der präfrontale Kortex, aber das war zu erwarten bei einer solchen Nahtoderfahrung. „Und jetzt?" erkundigt er sich wieder geschäftsmäßig werdend. „Funktioniert alles so, wie du es gewohnt bist? Gehorcht dir dein Körper oder fühlst du dich in ihm fremd?" „Nein, alles bestens. Das ist ja auch mein Körper." „Bist du sicher?" Shredder stockt für eine Sekunde der Atem, doch dann schießt er dem Alien einen bitterbösen Blick zu. „Krang, was soll das?" Dieser zeigt mit seinen Tentakeln das Äquivalent zu einem Schulterzucken. „Ich frage ja nur", erwidert er betont unschuldig. „Wenn du keine Unterschiede zwischen dem Duplikat und deinem echten Körper feststellen konntest, wie willst du dann wissen, dass der hier jetzt wirklich deiner ist?" Shredder öffnet schon den Mund, um etwas Gesalzenes darauf zu erwidern, doch dann zögert er. „Weil...", meint er schließlich und legt die Stirn in tiefe Denkfalten, „weil ich in dem hier aufgewacht bin und mich sofort wie... das klingt total blöd, aber wie Zuhause gefühlt habe. Das war wie ...", er hält inne, sucht nach dem richtigen Wort und entscheidet sich dann für ein erstaunt klingendes: „... heimkehren." Krang blinzelt überrascht und macht sich wieder Notizen. „Du sprichst wirklich viel von Gefühlen. Du fühlst dies, du fühlst das...", Krang bemüht sich um Neutralität, doch in seinem Tonfall schwingt ein Hauch von Belustigung mit. „Kann ich also davon ausgehen, daß, rein objektiv betrachtet, der Transfer einwandfrei funktioniert?" Shredder denkt kurz darüber nach und nickt dann. „Ja, dem würde ich zustimmen." „Du warst also nicht geistig umnachtet, als du deinen Bruder hierher gebracht hast? Also, nicht mehr als sonst?" „Sehr witzig, Krang", schnaubt Shredder nur. „Warum hast du ihn mitgebracht, Shredder? Das interessiert mich wirklich. Für uns wäre es nur von Vorteil, wenn er denkt, du wärst tot. Ein Stückchen Ballast weniger, was dich behindert." „Kazuo war nie Ballast für mich!" widerspricht ihm Shredder sofort heftig. Krang wirft ihm nur einen wirklich merkwürdigen Blick zu, befreit ihn von dem Sensorhelm und reicht ihm dann ein weiteres Pad. „Füll bitte den Fragebogen aus", befiehlt er ihm. „Und danach geht's zum Reaktionstest. Du kennst das ja." Gehorsam nimmt Shredder das Pad mit den Fragen entgegen und macht sich an die Arbeit. „Erzähl mir was von deinem Bruder", fordert ihn Krang nach einer Minute auf. Shredder wirft ihm über dem Rand seines Pads einen überraschten Blick zu. „Was soll ich dir erzählen? Du hast doch miterlebt, wie er ist - damals, als er sich mit den Turtles verbündete und mich verhaften wollte." Er vertieft sich wieder in seinen Fragebogen. „Ich konnte ihn nicht da lassen, Krang", erklärt er plötzlich und fügt beinahe unhörbar, und mehr zu sich selbst, hinzu: „Kazuo gehört zu mir." Obwohl es nicht mehr als ein Wispern ist, hört Krang ihn trotzdem. Es klingt wie ein Schwur und beinhaltet zugleich eine deutliche Warnung. Krang lässt such sein Erstaunen nicht anmerken und setzt ein grimmiges Gesicht auf. „Ich bin nicht erfreut darüber, dass er hier ist." „Was du nicht sagst..." kommt es schnippisch zurück. „Du übernimmst die Verantwortung für ihn!" „Er stört dich nicht. Versprochen.“ Hätte Krang Augenbrauen, würde er sie jetzt in die Höhe ziehen. Er findet diese Wortwahl bemerkenswert. So redet man von einem Kind. Da er aber nicht davon ausgeht, dass Shredder seinen Bruder immer noch als Kind sieht, handelt es sich dabei wohl um einen durch jahrelangen Gebrauch verinnerlichten Satz. Faszinierend. „Er ruht sich erst einmal aus und dann bringe ich ihn nach Hause", verspricht Shredder. Nun, dafür benötigen sie ein Portal und sie haben kaum genug Energie für das Lebenserhaltungssystem und das weiß Shredder ganz genau – von daher weckt diese Antwort in Krang einen gerechtfertigten Groll. „Du gehst sehr sorglos mit meinen Energiereserven um, mein Bester!" Shredders Finger über dem Touchsreen hält bei Krangs scharfem Tonfall kurz inne und zittert leicht, doch dann hat sich der Mann wieder gefasst und wirft Krang einen kühlen Blick zu. „Krang, bitte, ich versuche hier deinen Fragebogen auszufüllen. Lenk mich nicht immer ab." Krangs Ärger verschwindet genau so schnell wie er gekommen ist – und genauso schnell, wie ihm einfällt, daß das letzte Wort hier im Techndrome, und zwar bei allem, besonders bei den Portalen, immer noch er, Lord Krang und niemand sonst, hat. Er holt einmal tief Luft. „Er ruht sich aus? Er schläft also? Schön. Und was ist mit dir? Wieso schließt du dich ihm nicht an? Du musst doch auch erschöpft sein.“ Jedenfalls verraten ihm das seine Scans. „Oh“, kommt es liebenswürdig zurück, „ich weiß doch, wie sehr du darauf brennst, mich zu untersuchen. Da wollte ich dich nicht enttäuschen. Außerdem bin ich mit der Reparatur der Energieleitung in Sektor H-37 noch nicht fertig. Also, laß uns jetzt diese Tests hinter uns bringen, damit jeder von uns wieder an seine Arbeit gehen kann.“ Mit diesen Worten gibt er Krang das Pad zurück, rutscht von dem Behandlungsstuhl und geht in einen anderen Teil des Labors, wo die Apparate für die Reaktionstests stehen. Krang notiert noch schnell etwas auf seinem Pad und folgt ihm dann. Er ist nicht so dumm, einen arbeitswütigen Shredder aufzuhalten, schließlich liegt im Technodrome mehr als nur eine Kleinigkeit im Argen – und außerdem hat jeder seine eigene Bewältigungsstrategie um mit so etwas klarzukommen wie es Shredder erlebt hat. Was nicht bedeutet, dass er nicht ein wachsames Auge auf diesen sturen Mann haben wird.     Shredder hat gerade seinen Arbeitsoverall aus dem Spind geholt und ist dabei, sich umzuziehen, da poltern Rocksteady und Bebop herein. Er gibt ein mißmutiges Schnauben von sich und zieht schnell den Reißverschluss hoch bis zum Hals. Außerhalb der Quartiere ist das Technodrome kein Ort, in dem Privatsphäre groß geschrieben wird, aber er dachte, er hätte seinen Mutanten in den letzten Jahren wenigstens etwas mehr Manieren beigebracht. „Krang hat also nicht gelogen! Du willst wirklich arbeiten?“ Shredder atmet einmal tief durch, setzt eine undurchdringliche Miene auf und dreht sich dann zu ihnen herum. Und da stehen sie – keine drei Schritte von ihm entfernt, die Arme vor der Brust verschränkt und mit finsterem Blick. „Natürlich“, entgegnet er kühl und greift nach seinem Werkzeugkoffer. „Ihr könnt mir gerne dabei helfen.“ Die beiden mustern ihn durchdringend von oben bis unten und dann verlangt Rocksteady zu wissen: „Fühlst du dich denn dazu imstande?“ „Danke“, kommt es abweisend zurück, „es geht mir gut.“ „Meinst du nicht, du solltest dich noch etwas ausruhen?“ „Nein.“ Die beiden wechseln einen unsicheren Blick, lassen ihn aber vorbei, als er sich zwischen ihnen hindurchzwängt – wenn auch sehr widerstrebend. Da sie aber genauso hartnäckig sein können wie Krang, folgen sie ihm. Er versucht, sie zu ignorieren und eilt einen Korridor entlang, dessen schlechte Beleuchtung wenigstens den noch schlechteren Zustand der Wände verbirgt . „Wo ist eigentlich dein Bruder?“ will Rocksteady wissen, nachdem sie ungefähr zehn Meter schweigend zurückgelegt haben. „In meinem Quartier und schläft.“ „Was ist, wenn er aufwacht und anfängt, hier herumzulaufen?“ „Überall herumschnüffelt?“ ergänzt Bebop und setzt dann beinahe anklagend hinzu: „Immerhin ist er ein Cop.“ „Wie lange soll er bleiben?“ hakt Rocksteady nach. „Und wann geht er wieder?“ setzt Bebop hinzu. Und dann wollen beide im Chor wissen: „Warum ist er überhaupt hier?“ Shredder platzt der Kragen. Abrupt wirbelt er auf dem Absatz herum und brüllt sie mit voller Lautstärke an: „Was geht euch das an? Das hat euch alles gar nicht zu interessieren! Wenn ihr nichts Sinnvolles mit eurer Zeit anzufangen wisst, dann geht mir aus den Augen, ihr Produkte eines Orks!“ Instinktiv zucken die beiden zurück. Erschrocken und verletzt starren sie ihn an. Shredder durchbohrt sie noch ein letztes Mal mit einem besonders bösen Blick, bevor er sich schwungvoll wieder umdreht und davonstiefelt. Diesmal folgen sie ihm nicht. Doch nach ein paar Metern hält er noch einmal inne, als würde ihm etwas einfallen. Er wirft einen Blick über die Schulter zurück. Die beiden Mutanten stehen immer noch da wie vom Donner gerührt und starren ihn an. „Mein Bruder ist für euch tabu, kapiert? Wenn ich höre, daß ihr ihm auch nur ein Haar gekrümmt habt, hänge ich euch an den Füßen auf und schäle euch das Fleisch von den Knochen.“ Er wartet noch ab, bis sie eingeschüchtert nicken und ihre Zustimmung murmeln, bevor er seinen Weg fortsetzt. Als er außer Sicht- und Hörweite ist, schluckt Bebop einmal schwer und meint dann an seinen Kumpel gewandt: „Ich mag es nicht, wenn er so ist.“ „Du kennst ihn doch, Schweinebacke“, tröstend legt Rocksteady ihm einen Arm um die Schulter. „Er ist einfach nur gestresst.“ Bebop nickt unglücklich und wirft einen bekümmerten Blick in die Richtung, in die Shredder verschwunden ist. Er wäre jetzt wirklich gerne bei ihm, auch wenn das bedeuten würde, dass er ihm bei den Reparaturen helfen müsste, aber die Erfahrung hat sie gelehrt, dass es für sie gesünder ist, ihrem Chefchen, wenn er in einem solchen Gemütszustand ist, nicht unnötig unter die Augen zu treten. Und weil Krang das auch weiß, hat er ihnen eine andere Aufgabe gegeben. „Komm“, schreckt ihn Rocksteadys Stimme dicht an seinem linken Ohr aus seinen Gedanken, „gehen wir ein paar Deckenplatten festschrauben. Und danach können wir für Chefchen ja was Schönes kochen, vielleicht hebt das seine Stimmung.“ Bebop grinst und gibt ihm einen begeisterten Kuss auf die Nasenspitze, denn das klingt doch mal nach einem Plan!   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)