Crush on you von Dolly-Bird ================================================================================ Kapitel 7: Erste Übernachtung ----------------------------- Bei mir zu Hause angekommen sah Sebastian sich neugierig um. „Ich hol noch was zu trinken“, sagte ich unsicher und ging in die Küche. Dort lehnte ich mich mit der Hüfte an die Arbeitsplatte und atmete kurz durch. Ich war jetzt tatsächlich mit Sebastian zusammen! Und würde heute mit ihm schlafen! Also nicht die Art von miteinander schlafen, sondern einfach nur schlafen. Ich war total aufgeregt und versuchte, mich zu beruhigen. Schließlich wartete mein Freund auf mich. Ich grinste dämlich, nahm eine Flasche Wasser und zwei Gläser und ging zurück in den Eingangsbereich. Dort stand Sebastian wie bestellt und nicht abgeholt und lächelte mir entgegen. Schweigend führte ich ihn nach oben in mein Zimmer. „Da ist das Bad und das hier ist mein Zimmer“, mit diesen Worten öffnete ich die Tür und war froh, relativ ordentlich zu sein. Wie peinlich wäre es gewesen, wenn ich meinem Freund einen Saustall präsentieren würde? Das wäre ein toller erster Eindruck. „Brauchst du Sachen zum Wechseln?“, fragte ich, bevor mir klar war, dass meine Kleidung Sebastian nicht passen würde. Dieser winkte jedoch nur ab. „Ich schlafe mit Unterwäsche und T-Shirt.“ Mit diesen Worten begann er auch schon, sich auszuziehen. Sprachlos sah ich ihm dabei zu. Als Sebastian soweit ausgezogen war und seine Sachen ordentlich auf meinen Schreibtischstuhl gelegt hatte, grinste er mich an. „Willst du dich nicht ausziehen?“ „Oh! Äh, doch! Natürlich!“ Mit roten Wangen drehte ich mich weg. Als ich meine Jeans auszog, wurde mir bewusst, dass Sebastian meine Unterwäsche sehen würde! Er selbst trug diese anliegenden Boxershorts, die seinen Hintern unglaublich gut betonten. Was würde er dann über meinen weniger erotischen Slip denken? „Soll ich dir helfen?“, fragte er mich und stand plötzlich hinter mir. Ohne meine Antwort abzuwarten, ergriff er den Saum meines Pullis und zog ihn mir über den Kopf. Jetzt wirklich rot stand ich da, mit Slip und Unterhemd. „Süß“, flüsterte Sebastian und zog mich an ihn, um mich zu küssen. Ehe ich mich versah war ich auch das Unterhemd los. „Ich ähm …“, unsicher wand ich mich. Schnell ging ich zu meinem Bett und nahm meinen Schlafanzug. Ich war mir zwar nicht sicher, was Sebastian dazu sagen würde, aber damit schlief ich nun mal immer noch am besten. Doch ich hatte mir umsonst Sorgen gemacht. Er lächelte nur liebevoll und zog mich dann zu sich. „Ah! Willst du noch Zähne putzen?“ Fiel mir plötzlich ein. Ich zerstörte damit zwar die Stimmung, aber das war mir eben wichtig. Nachdem wir gemeinsam Zähne geputzt hatten, wie ein frisch verheiratetes Ehepaar, gingen wir wieder in mein Zimmer. Sebastian setzte sich auf mein Bett und schaute mir zu, wie ich meine Kleidung aufräumte. Als ich mich zu ihm setzte, fragte er: „Willst du die nicht zum Schlafen abnehmen?“ Verwirrt schaute ich Sebastian an, als mir einfiel, was er meinte. Ich stotterte unsicher und wehrte ab. Ich wollte ihn schließlich nicht noch mehr verschrecken. „Ciel“, sagte er ernst, „du musst dich damit nicht quälen. Das ist bestimmt unangenehm beim Schlafen und egal, was du darunter verbirgst, es macht mir nichts aus. Du kannst auch das Auge geschlossen halten, bis das Licht aus ist. Im Dunkeln kann ich sowieso nichts erkennen.“ Liebevoll gab er mir einen Kuss und ich kaute unsicher auf meiner Unterlippe. Recht hatte er natürlich. Unsicher löste ich den Knoten und hielt mein rechtes Auge geschlossen. Sebastian rutschte nach hinten zur Wand und ich löschte das Licht, dann legte ich mich auch hin. Sofort wurde ich an den Körper hinter mir gezogen. Mein Herz raste. „Gute Nacht“, flüsterte Sebastian, dessen Herz ich deutlich an meinem Rücken schlagen spürte. Mit geschlossenen Augen drehte ich mich um, um mich an seine Brust zu kuscheln. Es beruhigte mich, dass nicht nur ich aufgeregt war. „Nacht“, murmelte ich und atmete durch die Nase, möglichst unauffällig, seinen Geruch ein. Ich fühlte mich so wohl und geborgen, dass ich schnell einschlief, ohne es zu merken. Als ich am nächsten Morgen aufwachte fühlte ich mich unfassbar wohl und geborgen, wie in einem Kokon. Zufrieden kuschelte ich mich an die Brust der Person neben mir und genoss die Wärme. Erst, als mein Verstand langsam wach wurde, fragte ich mich, wann Celest in mein Bett gekrochen war. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen tiefer ins Gesicht. Ich hatte gestern ein Date mit Sebastian gehabt. Wir waren im Tower, dann essen, spazieren und … Schlagartig fiel mir ein, dass nicht mein Zwilling neben mir lag, sondern Sebastian! Erschrocken saß ich kerzengerade im Bett und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Guten Morgen“, lächelte er und streckte seine Hand aus, um mich zu ihm zu ziehen. Eher zufällig wanderte mein Blick zu meinem Nachtisch, auf dem meine Augenbinde lag. Es dauerte einen Herzschlag lang, dann hatte mein Gehirn die Informationen verarbeitet und erschrocken legte ich meine Hand auf mein rechtes Auge. Das hatte er doch nicht sehen sollen! „Du musst es nicht verstecken, ich hab es schon gesehen“, sagte Sebastian ruhig und zog sanft, aber bestimmt, meine Hand wieder weg. „Findest du es nicht … abstoßend?“, fragte ich zutiefst verunsichert. Nun war es an meinem Gegenüber, sich aufzusetzen und mich verwirrt anzusehen. „Nein, wieso auch? Es macht dich zu etwas Besonderem.“ Sollte das nun etwas Gutes sein? Zweifelnd sah ich ihn an. „Du hast wirklich keinen Grund, dich zu verstecken.“ Sebastian lächelte mich liebevoll an. Ich wartete auf die Frage, wie das passiert sei, doch sie kam nicht. Nach einer Weile hielt ich es nicht mehr aus: „Willst du nicht wissen, wie es passiert ist?“ „Natürlich! Aber da du dein Auge versteckst, gehe ich davon aus, dass es dir unangenehm ist, darüber zu reden.“ Sprachlos sah ich ihn an. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit so einer Antwort. Plötzlich fühlte ich mich gar nicht mehr so unwohl ohne Augenbinde. „Eigentlich gibt es nicht viel dazu zu erzählen“, begann ich, „als ich zehn war, wurde ich von einem Auto angefahren. Ein paar Glassplitter waren in mein Auge eingedrungen, seit dem bin ich halbblind auf diesem Auge. Daher ist es auch fliederfarben.“ „Das tut mir leid“, sagte Sebastian ehrlich. Doch ich winkte ab: „Muss es nicht. Das ist nun sieben Jahre her, ich hab gelernt damit zu leben und ich bin nicht völlig blind. Ich sehe rechts ziemlich unscharf ohne Brille und die Leute starren mich oft an, deswegen trage ich, wenn ich nach draußen gehe, eigentlich immer die Augenbinde.“ Ich war ehrlich selbst überrascht über meine Offenheit. Noch nie hatte ich das jemandem außerhalb meiner Familie so offen erzählt. Sebastian belohnte mich mit einem liebevollen Kuss. Es schmeckte komisch, da wir beide erst aufgewacht waren, aber es war seltsamerweise nicht unangenehm. Plötzlich wurde meine Tür geöffnet und Celest kam rein: „Ciel, bist du schon wach? Ich mach gleich – oh, ich störe wohl.“ Er grinste verschmitzt und wollte schon wieder gehen, aber ich hielt ihn auf. „Das ist nicht so, wie du denkst!“ „Seid ihr jetzt zusammen?“, fragte er unverblümt und ich strahlte regelrecht, als ich seine Frage bestätigte. „Das freut mich! Also, ich mach dann Frühstück, wenn ihr auch wollt.“ Ich nickte und mein Zwilling verschwand. „Das ist doch okay für dich, oder?“, fragte ich nun doch unsicher Sebastian. Es gab schließlich Menschen, die frühstückten nicht. Für mich war das unvorstellbar, aber vielleicht gehörte mein Freund – wie das klang – auch zu dieser Sorte. „Natürlich“, lachte er leise und stand dann auf. „Komm, helfen wir deinem Bruder.“ Eigentlich hätte ich gerne noch etwas im Bett gekuschelt, aber Sebastian hatte recht. Außerdem drückte meine Blase. „Geh schon mal vor, ich muss noch kurz ins Bad“, sagte ich und verschwand in eben dieses. Ich wunderte mich, dass Sebastian nicht auch musste. Was ich nicht wusste, war, dass dieser schon war, als ich noch geschlafen hatte. Daher hatte Celest auch gedacht, ich sei schon wach, weil er jemanden im Bad gehört hatte. Als ich die Küche betrat roch es köstlich und die beiden unterhielten sich angeregt. Da ich nicht wie bestellt und nicht abgeholt rumstehen wollte, nahm ich mir erst mal eine Tasse aus dem Schrank und bereitete mir einen kalten Kaba zu. Es ging doch nichts über Kaba am Morgen! Da Sebastian schon versorgt war und mit Celest den Tisch deckte, setzte ich mich einfach und ließ mich ausnahmsweise mal bedienen. „Und wie war es gestern?“, fragte mein Bruder, als wir zu dritt am Tisch saßen. „Sehr interessant! Ich hätte nicht gedacht, dass es im Tower so viel zu sehen gibt“, sagte ich immer noch begeistert. „Echt? Lizzy will mich auch schon lange da rein schleppen. Vielleicht sollte ich es mir doch mal anschauen“, überlegte Celest laut. Wir unterhielten uns noch eine Weile über alles Mögliche, als plötzlich die Stimme unserer Mutter ertönte: „Wir sind wieder da!“ Augenblicklich wurde ich blass. Sie wollten doch erst morgen wieder kommen! Zwei Herzschläge lang war ich versucht, Sebastian einfach unter dem Tisch zu verstecken, dann suchte mein Gehirn fieberhaft nach einer Ausrede, wer er ist und wieso er mit uns beim Frühstück sitzt, wo meine Eltern ihn doch nicht kannten. „Oh, Besuch? Hallo, mein Name ist Rachel und das“, sie deutete auf unseren Vater, „ist mein Mann Vincent.“ Sebastian war aufgestanden um ihr die Hand zu reichen. „Hallo, ich bin Sebastian, Ciels Freund.“ Er schüttelte auch unserem Vater die Hand, während ich auf meinem Stuhl kleiner wurde. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt. „Seit wann seid ihr denn zusammen? Und warum weiß ich davon nichts?“, fragte meine Mutter direkt und ich wünschte mir ein Loch, in dem ich versinken konnte. Mein Vater lächelte ruhig und schenkte für sich und meine Mutter je eine Tasse Tee ein, dann setzte auch er sich an den Tisch. „Seit gestern“, grinste Sebastian. „Dann willkommen in der Familie, Sebastian!“ Mein Vater lächelte ihn freundlich an und meine Mutter strahlte. Celest versuchte ein Lachen zu unterdrücken, da mir die ganze Situation offensichtlich peinlich war. Meine Eltern wussten zum Glück, dass ich schwul bin. Selbst mein Coming Out damals war mir nicht so unangenehm gewesen wie das gerade. Celest und ich hatten das Glück mit sehr liebe- und verständnisvollen Eltern aufzuwachsen. Klar, es gab manchmal auch Streit, doch wir versöhnten uns und reflektierten dann über unsere Fehler, um es beim nächsten Mal gar nicht so weit kommen zu lassen. Als Kinder war das ganz normal für uns, erst später hatten Celest und ich erfahren, dass unsere Eltern gerade bei solchen Sachen die Ausnahme waren. „Was machst du beruflich, Sebastian?“, fragte mein Vater ihn und holte mich damit aus meinen Gedanken. „Ich studiere Medizin im dritten Semester.“ Ach so? Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn nie gefragt hatte, was er eigentlich studierte. Am liebsten wäre ich schon wieder im Boden versunken. „Dann willst du Arzt werden?“, fragte meine Mutter. Wann waren sie eigentlich zum Du gekommen? „Ja, genau genommen Chirurg. Mein Vater ist Chefarzt, da wurde es mir quasi in die Wiege gelegt. Langfristig möchte ich mich aber in die Forschung.“ Mein Vater nickte anerkennend. Gut, meine Eltern schienen Sebastian zu mögen. Erleichtert atmete ich möglichst unauffällig aus. ~~~~~~~~~~~~~~~ Nun ist das Geheimnis, was sich unter Ciels Augenbinde verbirgt, auch gelöst. Für die, die "Glücklich sein" verfolgen / verfolgt haben: in meinem Profil findet ihr jetzt eine kleine Übersicht, wie weit ich mit der FF bin. Da ich zur Zeit aber kaum Zeit zum Schreiben habe, wird es wohl noch etwas dauern, bis es weiter geht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)