Crush on you von Dolly-Bird ================================================================================ Kapitel 6: Drittes Date - Teil 2 -------------------------------- Als ich meine Augen öffnete, blinzelte ich irritiert. Wo war ich? Langsam hob ich meinen Kopf und starrte verwundert auf die Themse. „Na, wieder wach?“, fragte mich eine Stimme neben mir und ich drehte verwirrt meinen Kopf. Sebastian lächelte mich an und strich mir dann eine aschblaue Haarsträhne hinters Ohr. „Hast du gut geschlafen?“ Langsamen kamen meine Erinnerungen zurück. Ich war mit Sebastian im Tower of London gewesen und als wir alles angeschaut hatten, hatten wir uns draußen auf eine Bank gesetzt. Augenblicklich wurden meine Wangen heiß und ich wendete peinlich berührt meinen Blick ab. Ich war doch tatsächlich eingeschlafen! An Sebastians Schulter! „Wie … wie lange war ich weg?“, fragte ich mit brüchiger Stimme. Mein Hals war ganz trocken, also kramte ich in meinem Rucksack nach meiner Wasserflasche und trank erst mal einen großen Schluck. „Nur etwa eine halbe Stunde.“ „Was?!“ Entsetzt sah ich ihn an und riss meine Augen auf. Das rechte schloss ich direkt wieder, wozu ich aber meine Augenklappe etwas anheben musste. Ich fand es immer sehr unangenehm, wenn ich versuchte, mein Auge darunter zu schließen. Es fühlte sich irgendwie einfach seltsam an. Sebastian beobachtete mich dabei und fast rechnete ich damit, dass er fragen würde, was sich darunter verbarg, doch nichts dergleichen geschah. Er lächelte mich einfach nur liebevoll an und gab mir einen sanften Kuss auf den Mund. „Wie wäre es noch mit einem leckeren Burger?“, fragte er mich grinsend. Perplex blinzelte ich ihn an, die Frage kam unerwartet. „Was für eine Frage!“, lachte ich und stand auf, „ich kenne einen guten Laden. Dafür müssen wir aber erst noch ein Stück mit der Bahn fahren.“ „Dann los!“ Sebastian stand auch auf, nahm meine Hand in seine und gemeinsam gingen wir zur nächsten Station. Es war angenehm, wie unsere Finger sich ineinander verhakt hatten. Ich warf ihm ein glückliches Lächeln zu und in meinem Bauch kribbelte es. Konnte ich das als Zeichen sehen, dass er mich auch mochte? Dass aus uns ein Paar werden könnte? Sebastian erwiderte mein Lächeln und drückte meine Hand kurz fester. „Welche Linie müssen wir nehmen?“, fragte er mich und holte mich damit kurz von Wolke 7. „Ähm …“, sagte ich wenig intelligent und überflog den Fahrplan. „Ah, die hier. Wir müssen nach Westminster!“ Kaum kamen wir an den Gleisen an, fuhr die Bahn auch schon weg. Ich warf einen Blick auf die digitale Anzeige und seufzte genervt. „Na toll, die nächste kommt erst in zehn Minuten.“ Sebastian zog an meiner Hand, sodass ich direkt vor ihm stand. „Das macht doch nichts, ich weiß schon, wie wir uns die Zeit vertreiben können.“ In seiner Stimme schwang ein anzüglicher Unterton mit und ich fragte unschuldig: „Ach, und wie?“ Als Antwort zog er mich noch näher an sich und küsste mich. Mein Auge fiel fast automatisch zu und nur zu gerne erwiderte ich den Kuss. Dieses Mal war ich es, der seine Zunge in den fremden Mund schob. Zwar war ich noch unsicher, ob ich es auch richtig machte, aber Sebastians Erwiderung und leises Seufzen machten mir Mut. Ich drückte mich noch enger an ihn und vergaß alles um uns herum. Erst das hochfrequente Pfeifen, das die nächste Bahn ankündigte, holte uns zurück in die Realität und wir lösten uns langsam voneinander. Eine dünner Faden Speichel hing noch zwischen unseren Lippen. Allerdings teilte sich auch dieser, als wir uns umdrehten, um einzusteigen. Nicht, dass wir noch mal auf die nächste Bahn warten mussten. Es würde mir zwar nichts ausmachen, aber irgendwie hatte ich auch Hunger und der beste Platz zum Knutschen war hier auch nicht. Zu unserem Glück war der Wagon, in den wir stiegen, fast leer und so konnten wir uns setzen. Sebastian legte einen Arm um meine Hüfte und hielt mich ganz nah neben sich. Ich genoss seine Nähe. Ich fühlte mich einfach rundum wohl neben ihm. Als unsere Station als nächste angezeigt wurde, machten wir uns bereit, auszusteigen. Als die Bahn in Westminster hielt, stiegen wir aus und verließen die U-Bahn-Station. Draußen atmete ich erst einmal die frische Luft ein. Auch, wenn es nicht unbedingt stickig war da unten, es war kein Vergleich zu draußen. Hand in Hand gingen wir los. Es fühlte sich toll an. Wenn uns Mädchen entgegen kamen und unsere ineinander verschränkten Hände sahen, kicherten und tuschelten sie. Ein Passant warf uns einen schrägen Blick zu, aber die meisten beachteten uns nicht weiter. Ehrlich gesagt war ich froh darüber. Wäre ich ein Mädchen, würde schließlich auch niemand etwas sagen. Erst, als wir das Lokal erreichten, ließen wir uns los. Schließlich konnten wir schlecht nebeneinander durch die Tür gehen. Kaum waren wir eingetreten, kam uns schon ein Kellner entgegen und zeigte uns eine ganze Auswahl an Tischen. Zu unserem Glück war es noch vor der üblichen Stoßzeit, so würden wir auch nicht lange auf unser Essen warten müssen. Während wir uns einen Tisch aussuchten, schaute Sebastian sich neugierig um. Die Einrichtung war überwiegend in dunkelbraunem Holz gehalten, selbst der Boden und die Deckenbalken. Es wirkte einladend und gemütlich und war dank der großen Fenster nicht zu dunkel. „Warst du schon mal hier?“, fragte ich Sebastian, nachdem wir uns an einen Zweiertisch gegenüber gesetzt hatten. „Nein, aber ich bin normalerweise auch nicht in dieser Gegend.“ Bevor ich noch etwas sagen konnte, kam der Kellner mit Karten und nahm unsere Getränkebestellung auf. Sebastian schlug die Karte auf und überflog sie kurz. „Was kannst du mir empfehlen?“, fragte er grinsend. Hab ich schon mal erwähnt, dass er damit noch unwiderstehlicher aussah? Ich riss mich zusammen, sonst hätte ich mein Gegenüber einfach nur angestarrt, und sagte, ohne überlegen zu müssen: „Den Bacon-Cheese-Burger!“ Sebastian klappte die Karte zu. „Dann nehme ich den.“ „Also … Du kannst auch einen anderen nehmen“, sagte ich unsicher, aber er lächelte mich nur an. „Mit Bacon und Käse kann man doch gar nichts falsch machen, außerdem ist das mein Favorit.“ Er zwinkerte mir zu, sodass ich wieder mindestens rosa anlief. Zum Glück kam in diesem Moment der Kellner und brachte uns unsere Getränke und nahm gleich unser Essen auf. Ich trank einen großen Schluck kalte Cola und hoffte, meine Gesichtsfarbe würde sich dadurch wieder normalisieren. „Also, wie hat dir der Tower gefallen?“, fragte Sebastian grinsend. „Es war toll! Danke, dass du mich da rein geschleift hast“, lächelte ich. Ich hatte den Tower zwar schon oft von außen gesehen, aber nie das Bedürfnis gehabt, tatsächlich rein zu gehen. „Was ist los?“, fragte Sebastian. Ich schreckte auf und sah ihn kurz verwirrt an. Ich war, ohne es zu merken, in Gedanken versunken gewesen. „Die Geschichte mit den Prinzen geht mir irgendwie nahe.“ „Obwohl es schon über 500 Jahre her ist?“, Sebastian klang nicht überrascht, sondern eher mitfühlend. „Was für ein Mensch muss das gewesen sein, der aus Machtgier Kinder tötet?“ „Das weiß ich nicht“, sagte Sebastian und drückte meine Hand, die auf dem Tisch lag. Er lächelte mich aufmunternd an und ich erwiderte es. Dann wurden auch schon unsere Burger gebracht. Allein bei dem Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen. Wir wünschten uns einen guten Appetit und fingen an zu essen. „Köstlich!“, sagte Sebastian zwischen zwei Bissen und ich stimmte ihm nur nickend zu. Obwohl wir während unserer Besichtigungstour gegessen hatten, waren wir beide wohl hungriger gewesen, als gedacht. „Hast du noch Lust auf einen Spaziergang?“, fragte Sebastian mich, als wir am Eingang der U-Bahn-Station standen. Es dämmerte zwar schon ein kleines bisschen, aber da es noch dauern würde, bis es dunkel war, stimmte ich lächelnd zu. Ich genoss es sehr, Zeit mit Sebastian zu verbringen. Und selbst wenn es dunkel wurde, konnte ich mich abholen lassen. Ein wenig schüchtern ergriff ich Sebastians warme Hand, dieser erwiderte sofort den Druck. Schweigend gingen wir über die Brücke und bogen dann nach rechts ab, um direkt an der Themse entlang zu laufen. Ein paar Menschen saßen auf den Bänken, die an der Seite standen. „Was denkst du, was da drin ist?“, fragte ich und deutete auf ein sehr großes, blaues Gebäude, das scheinbar nur aus Fenstern bestand. Noch dazu sah es aus, als wären verschiedene Würfel einfach kreuz und quer aufeinander gestapelt worden. „Das ist das Ausbildungsgebäude für Fensterputzer“, sagte Sebastian ernst. „Ernsthaft?“, fragte ich ungläubig und starrte ihn an. „Nein, ich mach nur Spaß“, lachte er und zog mich zu sich, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. Ich spürte, wie ich rot wurde und senkte meinen Kopf ein wenig. „Es war wirklich schön heute“, sagte ich leise, um die angenehme Stille zu durchbrechen. Es war schön, mit Sebastian zu schweigen, aber ich wollte mich mit ihm unterhalten und seiner wohlklingenden Stimme lauschen. Allerdings wusste ich nicht so recht, über was. „Freut mich, dass es dir gefallen hat“, lächelte er mich an und blieb stehen. „Was ist los?“ Plötzlich schien er unsicher zu sein und kaute auf seiner Unterlippe. „Ciel … Also-“, fahrig fuhr er sich durch seine schwarzen Haare und wirkte gar nicht mehr so selbstsicher wie sonst. Ich versuchte, den dicken Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken. Wollte er mir jetzt sagen, dass er mich doch nicht so mochte und wir das besser sein lassen sollten? „Ich fand es auch sehr schön und hab die Zeit mit dir sehr genossen.“ Ich spürte, wie sich die ersten Tränen in meinen Augen sammelten. Wieso hatte er mich heute Mittag noch geküsst, wenn er mich nun doch nicht wollte? „Ciel“, riss er mich aus meinen trüben Gedanken und ich schaute ihn mit leicht verschwommenem Blick an. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Sebastian etwas gesagt hatte. Er nahm meine zweite Hand in seine und sagte lächelnd: „Ich bin gerade dabei, mich in dich zu verlieben. Möchtest du mein fester Freund sein?“ Warte. Was?! Mit aufgerissenen Augen starrte ich ihn sprachlos an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Mein Herz geriet ins Stolpern, nur um danach schnell und heftig gegen meine Rippen zu pochen. „Ja“, krächzte ich. „Ja, natürlich will ich!“ Sebastian zog mich an sich und wir küssten uns sanft und liebevoll. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie glücklich ich war! Ich konnte auch nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, als wir uns voneinander lösten, aber es war recht dunkel und unsere Lippen rotgeküsst und geschwollen. Atemlos schaute ich in Sebastians schöne, rotbraune Augen und lächelte verliebt. Er strich mir ein paar Strähnen hinters Ohr und erwiderte mein Lächeln. „Kommst du noch mit zu mir?“ Diese Frage hatte meinen Mund verlassen, bevor mein Gehirn überhaupt so weit war. Augenblicklich wurde ich feuerrot, sogar meine Ohren! Zum Glück war es schon dunkel, so konnte Sebastian es höchstens erahnen. Dieser lachte leise. „Hast du es plötzlich so eilig?“ Wenn möglich wurde ich noch röter und stammelte vor mich hin. „Ich wollte dich nur aufziehen“, kicherte Sebastian. Wieder ernst fragte er: „Aber denkst du nicht, dass es noch etwas früh dafür ist?“ Heftig schüttelte ich meinen Kopf, sodass meine aschblauen Haare nur so flogen. „So hab ich das doch gar nicht gemeint! Aber es ist doch schon spät und dunkel, da möchte ich nicht, dass du allein nach Hause gehst.“ Sebastian hob skeptisch eine Augenbraue. „Wir müssen doch sowieso mit der Bahn fahren.“ „Ich kann meinen Cousin bitten, uns abzuholen.“ „Und was werden deine Eltern dazu sagen?“ „Die wissen, dass ich schwul bin und sind auf Geschäftsreise.“ „Soso“, sagte Sebastian mit anzüglichem Unterton. Ärgerlich boxte ich ihm leicht gegen den Oberarm. „Mein Bruder ist aber da und der schläft direkt nebenan! Du kannst aber auch gerne im Gästezimmer schlafen.“ „Okay, überzeugt. Aber nur, wenn ich bei dir im Bett schlafen darf.“ Er zwinkerte mir zu und ich stimmte mit weichen Knien zu. Mit flatterndem Herzen rief ich Edward an, der missmutig zustimmte. Er wohnte mit seiner Familie nicht weit von uns. Noch dazu fuhr er lieber nachts noch mal los, bevor ich mich in der U-Bahn-Station rumtrieb. Auch, wenn ich in Begleitung war. ~~~~~~~~~~~~~~~ Der Ausflug in den Tower hat euch wohl doch nicht so gefallen :/ Diese Geschichte neigt sich nun langsam dem Ende zu, es wird nur noch ein Kapitel folgen und der Epilog. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)