Das Schweigen hat ein Ende von lulubluelau (Ein Hiwatari hält sein Wort) ================================================================================ Kapitel 4: Wiedersehen ---------------------- Es waren nicht viele Menschen im Suke6 Dinner, und als Hiromi atemlos und mit zerzaustem Schopf im Eingangsbereich des Restaurants stand, hatte Takao sie schnell ausgemacht.   Mit lautem, langgezogenem Ton schoben die Stuhlbeine über den dunklen Holzboden, als Takao sich mit einem Rück erhob und zielgerichtet zu der jungen Japanerin aufschloss.   Schluchzend und vor Kälte schlotternd fiel Hiromi ihrem alten Freund in die Arme und drückte ihr gerötetes Gesicht vor Kummer und Scham in den dunkelblauen Pullover ihres Gegenübers.   «Ich hätte es besser wissen müssen.» wimmerte sie. «Ich hab dich einfach warten lassen. Es tut mir so leid, ich …» ihre Stimme brach jäh ab. Behutsam legte Takao seine Arme und Hiromis bebenden Oberkörper und drückte sie an sich. Er war warm, roch nach einem dieser herrlichen Männerdüfte und der Stoff seines Pullovers war unglaublich weich. Sie hatte diesen Kerl vermisst. Sehr sogar.   Manabu schloss gerade zu ihnen auf, als Takao ihre innige Umarmung auflöste, seine Hände sachte auf ihre Schultern legte, und ihr einen prüfenden Blick zuwarf.   «Danke dass du gekommen bist.» sprach er mit ruhiger Stimme und wirkte mit einem Male unglaublich müde. Takao hatte den ganzen Tag über gelitten, dass sah Hiromi ihm an. Denn auch wenn ein aufrichtig echtes Lächeln auf seinen Lippen lag, so war sein Blick zerstreut und seine Gesichtszüge angespannt. Manabus Hand auf ihrem Rücken liess sie sich um ihre eigene Achse drehen. Der an der letzten WM noch so kleine Kerl war in den vergangenen 6 Jahren wie Unkraut in die Höhe geschossen und überragte mit einer stattlichen Grösse von 1,87 Meter sogar Kai.   Verlegen dreinschauend breitete er seine Arme aus und begrüsste die Japanerin mit einer festen Umarmung. An Tisch 3 angekommen wischte Hiromi sich den letzten Rest ihres verschmierten Mascaras aus dem Gesicht. Was folgte war ein Moment der Stille. Ein Wiedersehen unter solchen Umständen hatten die 3 sich in ihren schlimmsten Vorstellungen nicht auszumalen gewagt. Manabu tat schliesslich den ersten Schritt, als er sich aus seiner Starre löste, die Tageszeitung auf dem Tisch auslegte und seinen Laptop hochfuhr. «Ich bedaure es, dies so direkt aussprechen zu müssen, aber Kais Unfall ist definitiv keine Erfindung der Medienwelt.» sprach er mit ernster Stimme.   Bedrückt senkte Hiromi ihren Blick und starrte auf ihre kalten Hände, welche vor ihr auf der Tischplatte ineinandergelegt ruhten. Takao neben ihr schluckte schwer.   «Weisst du genaueres über seinen Zustand? Was hat Yuriy gesagt?» durchbrach Takaos Stimme die kurze, beklemmende Stille.   Resignierendes Kopfschütteln seitens Manabu. «Nichts genaueres. Nur, dass es schlimm um Kai steht.»   «Was ist mit den anderen?» fand Hiromi ihre Worte. «Wissen Max und Rei bescheid?» Takao seufzte. «Rei hab ich erreicht. Er fliegt auf eigene Faust nach Moskau. Wenn ich es recht im Kopf habe, dann sitzt er jetzt wohlmöglich schon im Flieger.»   Hiromis Herz zog sich für einen kurzen Moment schmerzlich zusammen. Hätte sie doch nur früher auf Takaos Anrufe reagiert, dann sässen sie jetzt wohlmöglich auch schon im Flugzeug. Ihr schossen die Tränen in die Augen, während sie sich schmerzhaft auf die Unterlippe biss. Ganz kurz nur blitzte Kais Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. Sie sah seine markanten Gesichtszüge, die amüsiert funkelnden Augen, seinen Mund, den er zu einem leichten Lächeln verzogen hatte und spürte wie … Völlig unvermittelt legte Takao seine warme Hand auf die ihren woraufhin Hiromi, aus den Gedanken gerissen, den Kopf hob und seinen Blick zerstreut und kummervoll entgegnete. «Hätten wir einen früheren Flug in Aussicht gehabt, dann sässen wir bereits in der Luft. Die erstbeste Maschine fliegt jedoch erst nach Mitternacht.»   Sie nickte um ihm zu signalisieren, dass sie ihn verstanden hatte – ihre Tränen konnte sie damit jedoch nicht zurückhalten. Mit bibberndem Kinn schloss sie die Augen, woraufhin dicke Tränen über ihre Wangen kullerten. «Was ist mit Max?» versuchte Hiromi die ungewollte, ja für sie gar beschämt anfühlende Aufmerksamkeit von sich wegzulenken, was ihr mehr schlecht als recht gelang. Nun war es Takao der machtlos den Kopf schüttelte und sich mit der Hand gedankenverloren durch seine volle, dunkle Haarpracht strich.   «Keine Spur von Max.» erwiderte er matt und legte ein, für Takaos Verhältnisse, unsagbar entmutigtes Lächeln auf. Hiromi hielt inne und schenkte Takao einen irritierten und zugleich besorgten Blick. «Was hat das zu bedeuten?»   Takao zog die Schultern hoch. «Ich weiss es auch nicht. Über sein Mobiltelefon ist er nicht weiter erreichbar, die All Starz wissen von nichts und Judy hat seit einem Jahr keinen Kontakt mehr zu ihm.» «Judy hat was?!» erwiderte Hiromi ungläubig und sah zwischen Takao und Manabu hin und her. Bedürftig wischte sie sich dabei die nassen Bahnen von den Wangen.   «Keine Ahnung. Vielleicht gab es Streit. Wer weiss das schon.» versuchte Manabu die Frage zu beantworten, obwohl auch er nur mutmassen konnte.   «Und jetzt?» fragte Hiromi unsicher. «Wir haben unser möglichstes versucht. Ich denke mehr können wir im Moment nicht tun.» antwortete Manabu resigniert. Die Antwort schien für Takao mehr als nur unbefriedigend zu sein – bei Manabus Worten versteifte sich seine Haltung nahezu direkt. Was folgte war eine erneute, betretene Stille. Takao mahlte mit dem Kiefer und fixierte einen wahllosen Punkt auf dem Tisch. Unruhige tippte er dabei mit den Fingerkuppen auf die polierte Holzplatte.   «Was heisst das für unseren Plan?» Hiromis Stimme wurde bei jeder Frage unsicherer. Die Jungs hatten vor ihrer Ankunft im Suke6 über eben dieses Thema gestritten, das spürte sie genau. «Wir werden heute Nacht nach Russland fliegen. Max können wir auch von Moskau aus erreichen.» erwiderte Manabu bestimmend und erntete dafür einen scharfen Blick seitens Takao. Der sture Japaner wollte und konnte niemanden einfach so im Ungewissen lassen – das ging gegen seine Prinzipien.   Takao schnaubte, reckte seinen Hals und wollte gerade zu einem bissigen Kommentar ansetzen, doch Hiromis plötzliche Berührung kam dem zuvor. Gerade noch bevor er seine strapazierten Nerven endgültig verlor, drückten ihre kühlen Hände die Seinen, und ihre Augen schrien vor Kummer. «Takao bitte. Ich … Wir müssen da hin.» ihre Stimme bebte und dicke Tränen kullerten über ihre geröteten Wangen.   Der Blick in ihre Augen offenbarte ihm so unendlich viel Leid, dass Takao für einen kurzen Moment schlichtweg die Worte wegblieben.   «Hiromi. Hey. … Jetzt beruhig dich doch bitte.» setzte er sanft an und strich ihr mit seinem breiten Daumen über die Wange. «Ich will auch so schnell wie möglich nach Russland, aber wir können Max nicht einfach …» «Takao …» unterbrach sie ihn heiser. «… du verstehst das nicht. Ich muss, ich m-muss da hin. Wir, ich …» zum zweiten Mal an diesem Abend brach ihre Stimme ab. Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.   Takao zögerte keinen Moment, legte den Arm um Hiromi und zog die kleine Japanerin beherzt an seine Seite. Er seufzte geschlagen und wechselte dabei einen vielsagenden Blick mit Manabu. Sie würden heute fliegen, keine Frage.   «Keine Sorge Hiromi. Vor das du dich versiehst sind wir da.» versuchte Manabu sie von der anderen Tischseite aus zu beruhigen. Sie nickte schluchzend, drehte den Kopf zu Takaos Schulter hin und vergrub ihr Gesicht in seinem Pullover. Mit ruhigen Bewegungen strich er über ihren Arm und spürte bei jeder Berührung, wie unglaublich stark dieses elendige Geschehnis die Japanerin heimsuchte.   Tröstend drückte er ihr einen Kuss auf den braunen Schopf und suchte ihren traurigen Blick. «Vergiss eins nicht Hiromi. Hier geht es um Kai – und den kriegt man nicht so schnell klein.»   Was Takao da bloss so sicher machte …   Hosted by Animexx e.V. 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