Amarax von Carnifex232 (Das Königreich der Drachen) ================================================================================ Kapitel 1: "Das erste Kapitel, oder: Warum ich nicht mit Fremden reden soll" ---------------------------------------------------------------------------- "Noel? Räumst du bitte noch das Geschirr wieder weg? Ich gehe schon mal hoch Essen machen.", rief Christian in die Tiefen des Ladens hinein. Das sollte nicht so poetisch klingen wie es das jetzt vielleicht hat, aber es passte ganz gut. Eigentlich war das Geschäft ja nicht groß, trotzdem konnte man sich super darin verlaufen. Ich kannte den Laden allerdings wie meine Hosentasche und fand den Weg zum Tresen natürlich sofort. "Klar." Ich nahm vorsichtig den Karton mit dem alten Geschirr, während Christian bereits nach oben ging. Eine ältere Kundin hatte sich das Geschirr kurz vor Ladenschluss noch angesehen um es mit ihrem eigenen Geschirr, dass sie wieder aufstocken wollte, zu vergleichen, war allerdings ohne Kauf wieder gegangen. Ich verfrachtete den Karton in einem Regal ganz am anderen Ende des Raumes und ließ meinen Blick über die daneben stehenden Kartons gleiten, als ich plötzlich die Ladentür hörte. "Wir haben geschlossen!", rief ich laut und ging zurück zum Tresen. Vor der Tür standen drei Personen, zwei Frauen und ein Mann. "Wir haben schon geschlossen.", wiederholte ich und bedeutete dem Trio stumm, das Geschäft zu verlassen. Der Mann trat jedoch auf mich zu und verbeugte sich knapp. "Noel.", sagte er nur. Ich runzelte verwundert die Stirn. "Kennen wir uns?", fragte ich, doch ohne seine Antwort abzuwarten ging ich an ihm und den beiden Frauen, die leicht knicksten, vorbei und öffnete die Ladentür. "Bitte sehr, der Ausgang!" Ich hörte Schritte auf der Treppe von oben und kurz darauf hörte ich auch Christians Stimme. "Tut mir leid, wir haben schon geschlossen." "Das weiß ich, Christian." Als Dad den Mann sah blieb er am Fuß der Treppe wie erstarrt stehen. Er brauchte einen Moment, sich zu fassen, schloss kurz die Augen und atmete stoßartig aus und kam dann zu uns. "Maximo Rhuge." Sein Tonfall klang distanziert und kühl, überhaupt nicht so, wie er sonst war. Maximo deutete eine Verbeugung an. "Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen." "Und ich nicht damit, dich hier zu sehen!" Ein stummer Konflikt brach zwischen den beiden aus, der nur mit ihren Blicken geführt wurde. Die Luft wurde immer dicker, metaphorisch gesehen, Leute, und ich bereitete dem ganzen ein energisches Ende, in dem ich Maximo zurück Richtung Tür schob. Was nur minimal ging, denn der Kerl war stärker als er aussah, er blieb wie ein Baum stehen. Dabei sah er aus wie ein Grashalm... "Was tust du hier?" Christian griff das Gespräch wieder auf, als sei nichts gewesen und ich wich von Maximo zurück. "Ich bin wegen des Prinzen hier.", erklärte Maximo in dem gleichen kühlen Tonfall. Christian kniff die Lippen zusammen, erwiderte darauf aber nichts. "He-Hey. Ich weiß, ihr kennt euch, aber wir haben wirklich schon geschlossen." "Ich denke, Christian wird da gerne eine Ausnahme für uns machen.", meldete sich jetzt die Frau zu Wort. "Ach wird er das?" Vermeintlich interessiert hob ich die Augenbrauen. "Ich verstehe nicht, wie ihr ihn herum kommandieren wollt, wo dieser Laden ihm gehört." Die Frau senkte minimal den Kopf. "Verzeiht, Hoheit." Ich blinzelte irritiert, schüttelte dann aber nur den Kopf. "Schön, dann können jetzt ja alle gehen." "Das geht nicht, Noel. Sie wollen dich mitnehmen." Häh??? Können mal bitte alle aufhören so kryptische Sachen von sich zu geben?! "Wieso denn bitte?", drückte ich meine Verwirrung etwas weniger unfreundlich aus, als ich es ursprünglich vorgehabt hatte. Christian seufzte resigniert und fasste sich an den Nasenrücken, als hätte er Kopfschmerzen und hoffte, sie damit los zu werden. "Weil Ihr hier nicht hingehört!", wandte Maximo sich wieder mir zu. Seine Art mich im Plural anzusprechen störte mich gewaltig, trotzdem ging ich nicht darauf ein. "Klar gehöre ich hier hin.", widersprach ich schnaubend. "Hier wohne ich, hier gehe ich zur Schule, hier ist meine Familie!" "Eure Familie, ja? Ihr wisst gar nichts über Eure Familie!" Die Bestimmtheit, mit der Maximo das sagte, überraschte mich und ließ mich verstummen. "Ihr kennt Eure Familie gar nicht! Christian ist nicht im mindesten mit Euch verwandt!" "Das weiß ich.", gab ich in dem gleichen energischen Tonfall zurück, den auch er anschlug. "Und trotzdem kümmert er sich um mich als wäre er es!" Maximos Blick wurde kurz unsicher. "Kein Gefangener?", fragte er überrascht. Christian stöhnte genervt. "Genau, die Königin vertraut mir ihr Kind an, damit ich es wie einen Gefangenen behandle!" Der Sarkasmus war schwer zur überhören. "Natürlich ist er das nicht! Ich habe nur auf ihn aufgepasst, ihn groß gezogen." Maximo war sichtlich überrascht und auch seine Begleiterinnen schienen, als wüssten sie nicht, was sie jetzt tun sollten. "Ich..." Maximo musste erst nochmal über seine Wortwahl nachdenken. "Als wir Noel hier gefunden hatten, mit der Tatsache dass du ein Verstoßener bist... Naja, es ist nicht weit her geholt." "Es ist gewaltig weit her geholt.", murrte ich, doch Christian bat mich mit einem Blick leise zu sein. "Ihr bringt ihn wieder zurück?" "Er ist alt genug. Und er hat eine Aufgabe!" Jetzt war es an Christian, überrascht zu gucken. Maximo nickte. "Es gibt eine Prophezeihung." Christian nickte ebenfalls, als wüsste er ganz genau was das heißt. Ich starrte beide abwechselnd an und fragte mich ernsthaft, wie ich schnell und ungehindert das Treppenhaus nach oben kommen konnte um eine bekannte dreistellige Nummer zu wählen. "Gut. Allerdings werde ich mitkommen!" Maximo wollte protestieren doch Christian schnitt ihm das Wort ab. "Alice hat ihn mir anvertraut. Ich werde dieses Amt erst niederlegen, sobald er bei ihr und in Sicherheit ist." Maximo schürzte die Lippen, gab sich aber geschlagen. "Wir warten im Auto." Damit gingen er und die Frauen raus. "Pack deine Sachen, Noel!", sagte Christian knapp und lief bereits nach oben, ich folgte ihm immer zwei Stufen gleichzeitig nehmend. "Wieso? Wer waren die und wo wollen wir denn jetzt hin?" "Das erkläre ich dir unterwegs, Noel! Maximo hasst es, lange zu warten. Normalerweise würde das Anlass genug für mich sein, zu trödeln, aber wir müssen uns wirklich beeilen!" Tja, und wie bereits gesagt hatte ich nicht viele Freunde hier, oder Feinde. Allgemein Menschen, mit denen ich viel zu tun hatte. Mein plötzliches darauf folgendes Verschwinden fiel demnach niemandem auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)