Home, Sweet Home! von Tiaiel ================================================================================ Kapitel 6: At Night ------------------- Die Stunden vergingen und inzwischen war auch Mokuba wieder nach Hause gekommen, sodass die beiden Kaibabrüder zusammen Abendbrot aßen. Ihr Gast fehlte jedoch am Tisch. „Wo ist eigentlich Jonouchi? Hat er gar keinen Hunger?“, fragte Mokuba, nachdem der Blonde nicht zum Essen erschienen war. „Ich habe ihn vorhin erst mit ein paar Windbeuteln in der Hand gesehen“, erwiderte sein Bruder daraufhin schmunzelnd, „Ich denke nicht, dass er noch Hunger hat.“ „Ah, okay. Deswegen sind auch keine mehr für mich übriggeblieben“, nörgelte dieser gespielt böse. „Wir können morgen nochmal beim Bäcker vorbeifahren.“ „Und gleich ein paar Sachen zum Grillen einkaufen?“, beendete Mokuba den eigentlich bereits beendeten Satz seines Bruders. „Dann könnten wir den neuen Grill endlich mal einweihen.“ Kaiba ließ es sich durch den Kopf gehen. Der letzte Grillabend war schon eine Weile her und so wie der Jüngere ihn anstrahlte, war es definitiv viel zu lang. Also nickte er die Idee ab. „Ich wette Jonouchi wird sich auch dafür begeistern lassen“, freute sich Mokuba. „Falls er bis dahin aus seinem Zimmer gekrochen ist“, fügte der Brünette noch schmunzelnd hinzu. Mokuba beschlich das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Was war es wohl? Im obersten Geschoss des Hauses wiederum verbrachte der Blonde seine Zeit mit Grübeleien, wie das Ganze jetzt weiterlaufen sollte. Dabei ist so etwas doch früher nie passiert, wenn sie allein waren.   ‘Früher… Allein… Nur wir zwei… Moooment mal…‘ Er begann nachzudenken. Es gab zu keiner Zeit eine Situation, in der er und Kaiba allein waren. Sei es Mokuba, Yuugi oder wer auch immer. Bei jedem Zusammentreffen war jemand dabei. Und immer, ja wirklich IMMER haben sie sich in die Haare bekommen. Ein Wort, eine Geste oder auch nur ein Blick reichte aus, um ein hitziges Gefecht mit aller Leidenschaft vom Zaun zu brechen. Zum Leidwesen von Jonouchi hatte natürlich stets Kaiba die Nase vorn. Erschreckenderweise auch jetzt wieder, wie der Blonde kurz darauf resignierend feststellen musste. ‘Doch halt. Auch daraus ergeben sich Möglichkeiten‘, dachte er bei sich, ‘Er findet es amüsant, wenn ich ihm auf dem Leim gehe? Dann drehen wir den Spieß jetzt mal um. Das Spiel spiele ich mit...‘ „...und dann beweise ich ihm, wer hier wessen Herr und Meister ist!! Von wegen Drittklassiger Duellant! Köter! Schoßhund!“, beendete er den gedanklich begonnenen Satz. Ein Feuer loderte in seinen Augen auf als er diesen Entschluss fasste und er brannte förmlich für diese mehr als nur geniale Idee. „Der wird sich noch wundern wozu ein Katsuya Jonouchi fähig ist! Muhahahahaaa!!“, freute er sich siegessicher und stemmte die Hände in die Hüften, um seinem schadenfrohen Gelächter mehr Ausdruck zu verleihen. Just in diesen Moment klopfte es an der Zimmertür und ließ ihn erschrocken zusammenfahren. Das kam unerwartet. „Du hast das Abendessen verpasst. Mokuba und ich haben dich schon vermisst“, hörte er Kaiba hinter der Tür sprechen. Ob er ihn wohl gerade gehört hatte? In seiner Stimme klang ein undefinierbarer Ton mit. „Oder bist du noch satt von den Windbeuteln? Ich jedenfalls fand sie äußerst… süß“, war die verschmitzte Fortsetzung dazu und jetzt war sich der Blonde sicher, dass er es mit einem fiesen Grinsen im Gesicht sagte. Jonouchi ärgerte sich innerlich, dass er darauf nicht sofort den passenden Konter fand, sodass der Hausherr wieder das Wort ergriff. „Hat es dir die Sprache verschlagen? Nun, du weißt ja wie der Kühlschrank funktioniert“, hörte er ihn sagen als er im Begriff war, wieder nach unten zu gehen. „Wenn ich mal wüsste wie DER Kühlschrank funktioniert, wäre es viel einfacher“, murmelte er gegen die verschlossene Tür. Damit hatte er natürlich nicht das Gerät für die Kühlung von Lebensmitteln gemeint, sondern den Herrn Firmenchef auf der anderen Seite der Tür. „Und bevor ich es vergesse“, hörte er Kaiba noch sagen, „Die Sachen, die ich dir rausgesucht hatte, liegen übrigens noch immer in meinem Zimmer. Du kannst sie dir gern abholen“, waren die abschießenden Worte und man hörte ihn die Treppenstufen hinabsteigen. ‚Das hatte ich schon völlig verdrängt‘, jammerte der Blonde in sich hinein. Die Alternative war, neben den Sachen die er gerade trug, nur noch seine Badehose im Rucksack. Der Gedanke mochte ihm irgendwie nicht ganz gefallen. Als würde man ein Schaf vor einen hungrigen Wolf setzen und sagen friss es nicht. Aber auch dafür würde sich eine Lösung finden. Was ihn jetzt mehr ärgerte war, dass er nichts auf Kaibas Aussage erwidern konnte. Sonst spuckte sein Gehirnkasten doch auch immer zuverlässig irgendwas aus. ‚Ich darf mich davon nicht irritieren lassen, sonst wird das nichts mit Spieß umdrehen‘, grübelte er in sich hinein. Ein heldenhafter und legendärer Plan, der seinesgleichen suchte, musste her. Die Zeit war gekommen, in der er sich endlich erfolgreich gegen Seto ‘Schnösel‘ Kaiba behaupten würde! Und so begann ein langer Abend für den Blondschopf, in dem er die wildesten Theorien und Möglichkeiten abwägte, in der Hoffnung auf Erfolg. Es würde sicher einen Weg geben, Mister Perfect aus dem Konzept zu bringen. Er musste ihn nur finden. Derweil schlug die Uhr bereits das elfte Mal zur vollen Stunde und Mokuba begab sich, nachdem er unten im Wohnzimmer beim schauen seiner Lieblingsserie eingeschlafen war, langsam ins Bett. Auf dem Weg dorthin bemerkte er, dass bei seinem Bruder im Zimmer noch Licht flackerte und ging hinein. Es war das Flimmern des Monitors, auf den der Brünette wie gebannt starrte und nebenbei ein paar Tasten anschlug. Ohne Laptop ging es bei ihm eben nicht, ähnlich wie ‚Nur mal kurz arbeiten‘. Als er Mokuba bemerkte, der sich verschlafen die Augen rieb, ließ er von seiner Beschäftigung ab und wandte sich um. „Arbeitest du so spät etwa noch?“, murmelte der Schwarzhaarige verträumt. „Nur eine Kleinigkeit. Ich bin gleich damit fertig“, war die kurze Antwort. Das Wort ‚gleich‘ war dabei auch als relativ zu betrachten. „Alles klar. Ich geh dann mal ins Bett. Mach nicht mehr so lange. Oder wenigstens mal eine Pause zwischendurch“, waren die letzten Worte, wohl wissend, dass es sich wie immer hinziehen würde. „Schlaf gut“, entgegnete der Brünette daraufhin mit einem freundlichen Lächeln, woraufhin Mokuba mit einem müden „Gute Nacht“ antwortete und das Zimmer wieder verließ. Kaiba beschloss, sich wenigstens die versprochene Pause zu gönnen. Wenn sein Brüderchen nicht ab und an auf ihn Acht geben würde, bestünde sein Leben sicher nur noch aus Arbeit. Also machte er es sich auf seinem Bett gemütlich und schloss für einen vermeintlich kurzen Moment seine Augen. Etwa zur gleichen Zeit konnte ein gewisser Blondschopf seinen knurrenden Magen nicht mehr länger im Zaum halten und schlich sich bedächtig wie ein Stubentiger nach unten in die Küche. Wohl darauf bedacht, keinen der Bewohner auf sich aufmerksam zu machen. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf das Zimmer des CEO, dessen Tür einen Spalt offen stand und ein flackerndes Licht dahinter hervor schien. In der Küche angekommen, begab er sich auch gleich auf Futtersuche. Als er den Kühlschrank öffnete lief ihm schon das Wasser im Mund zusammen, so viele Möglichkeiten boten sich ihm. Das schrie geradezu nach einem reichlich belegten Sandwich. Beinahe sabbernd sammelte er allerlei Zutaten zusammen und begann sich das Sandwich seiner Träume zusammenzubasteln. Tomaten, Salami, Käse, Mayonnaise und Co. landeten zwischen den zwei Toasthälften und Jonouchi hätte schwören können, noch nie so einen Hunger verspürt zu haben. Gerade fertig musste er erst einmal einen ordentlichen Bissen nehmen, den er genüsslich verspeiste. Dann konnte er auch in Ruhe die verstreuten Zutaten wieder in den Kühlschrank bugsieren. Im Moment, als er den selbigen schloss, bekam er jedoch den Schreck seines Lebens und hätte sich fast am letzten Krümel von seinem Happen verschluckt. Denn direkt hinter der Tür stand plötzlich Mokuba. „Sorry. Hab ich dich erschreckt?“, sprach er den zu Stein Erstarrten an, welcher in diesem Moment nochmal neu lernte zu atmen. “Du bist ja auch noch wach. Ich dachte erst, ich hab vergessen das Licht auszumachen.“ „Ja, ich gönne mir noch einen Mitternachtssnack“, entgegnete der Blondschopf. „Stimmt. Wieso warst du zum Abendessen gar nicht runter gekommen?“ Ja, das interessierte ihn natürlich mitten in der Nacht. „Das war heute so nervenaufreibend, da bin ich wohl eingeschlafen und spät erst wieder wach geworden“, grinste er verlegen, wohl wissend, dass nicht alles davon der Wahrheit entsprach und nervenaufreibend das absolut passende Wort für diesen Tag gewesen ist. Mehr musste er auch dazu nicht wissen. ‚Kaiba wird ja wohl auch nichts weiter dazu gesagt haben‘, dachte er bei sich. „Aber das ihr beide euch an den ganzen Windbeutel vergriffen habt, war gar nicht nett. Ich hatte mich total darauf gefreut, die von unserem Lieblingsbäcker mal wieder zu essen. Morgen will ich auf jeden Fall auch etwas davon ab haben!“, war die fordernde Aussage zu diesem schwerwiegenden Vergehen. ‚Vergriffen… Etwas davon abhaben…‘, ging es dem Blonden durch den Kopf, ‘Von dem was da passiert ist, muss er nichts „abhaben“. Das werd ich Kaiba auf jeden Fall heimzahlen!‘ Wenn Mokuba nur wüsste, wovon er da sprach. Dieser Tag wird als „Windbeutel-Affäre“ in Jonouchis Lebensgeschichte eingehen und in seinen Memoiren schriftlich festgehalten. Hoffen wir nur, dass Kaibas kleiner Bruder diese niemals lesen wird. Der Blonde nickte ihm bejahend zu, was Mokuba zufrieden zu stellen schien. “Sehr gut. Also dann, gute Nacht“, schmunzelte der Schwarzhaarige. „Gute Nacht“, war die kurze Antwort darauf und ließ Jonouchi aufatmen. Jetzt konnte er sich in Ruhe dem Objekt seiner Begierde widmen: Das Sandwich seiner Träume. Sein Magen erinnerte ihn in eben jenem Moment auch noch einmal deutlich daran. So verspeiste er genüsslich den Mitternachtsimbiss und lehnte sich nach getaner Arbeit zufrieden in seinem Stuhl zurück. Verhungert ist er heute jedenfalls nicht. Obwohl es sich anfühlte als wäre er knapp davor. Der eine Windbeutel vom Nachmittag machte ihn nicht glücklich. Den, den er aus Kaibas Hand gefuttert hatte. Wie ein Hund, der sein Leckerli bekam. Innerlich verpasste er sich für diese Kurzschlussreaktion eine saftige Ohrfeige. Wenn es ums Essen ging, setzte offenbar sein Verstand aus. Eine andere Erklärung gab es dafür einfach nicht. Da fiel ihm doch noch etwas vermeintlich Wichtiges ein. Erwähnte Kaiba da vorhin nicht noch die Klamotten, welche noch in seinem Zimmer für ihn lagen? ‚Wieso hab ich die vorhin nicht gleich mitgenommen‘, jammerte er gedanklich. ‘Aber wenn ich mich nach unten schleichen kann, ohne dass mich jemand bemerkt, könnte ich doch vielleicht…‘ Der Plan nahm in seinen Gedanken immer mehr Gestalt an und er wollte es auf einen Versuch ankommen lassen. Somit schlich er sich, nachdem er unten alle Lichter ausgeschaltet hatte, mit bedächtigen Schritten die Stufen nach oben in den ersten Stock. Noch immer war die Tür zu Kaibas Zimmer angelehnt und das Leuchten des Monitors zu sehen. Das Schicksal forderte ihn gerade dazu auf, hineinzugehen. Vermutlich ist das Schicksal aber auch ein mieser Verräter. Heimlich, still und so leise er konnte öffnete Jonouchi die Tür etwas weiter und sah, das keiner vor dem Laptop saß. Dessen kaltes Licht erhellte den Raum gerade genug, dass er das Nötigste erkennen konnte. So auch die Umrisse des CEO, der auf dem Bett lag und zu schlafen schien. Da er ihm jedoch mit dem Rücken zugewandt war, konnte er sein Gesicht nicht sehen und es nur vermuten. Also schlich er sich zum zweiten Mal an diesem Tag in das fremde Zimmer. Glücklicherweise lag der kleine Wäschestapel noch an eben jenem Platz, wo er bereits am Morgen zu finden war. Jonouchi stahl sich beinahe lautlos in das dunkle Zimmer hinein, in dem nur das leise rauschen des Laptops zu hören war, fixiert auf die Sachen, die zum Greifen nah auf dem Nachttisch lagen. Er streckte die Hände aus als plötzlich ein Rascheln die vermeintliche Stille durchbrach. Sofort schaute er mit dem trügerischen Gefühl ertappt worden zu sein zum Bett und befürchtete das Schlimmste. Sein Herz schlug bis zum Hals und ein Prickeln durchfuhr seinen Körper als er bemerkt hatte, dass Kaiba sich zu ihm gewandt und am Handgelenk gepackt hatte. In seiner Bewegung so kurz vor dem Ziel erstarrt, sah der Blonde in das Gesicht seines Gegenübers. Die Distanz zwischen beiden hatte sich um ein Vielfaches verringert. Dennoch brauchte Jonouchi einige Momente um festzustellen, dass der Hausherr offenbar gar nicht munter war. Er schlief seelenruhig und entspannt. Sein Atem ging kaum hörbar und einige freche Strähnen fielen ihm wild ins Gesicht. Es war ein ungewohnter Anblick, wo er doch sonst so akkurat darauf achtete, dass jedes Haar an seinem Platz saß. Auch wenn der Blonde sehr wohl wusste, dass auch Kaiba nur ein ganz normaler Mensch war, wurde es ihm in diesem Moment erst wirklich bewusst. Ein leiser Seufzer war zu hören und das Klopfen von Jonouchis Herzen wurde mit einem Schlag gefühlt um das Doppelte schneller und lauter, sodass er Angst hatte, dass es den Schlafenden aus dem Land der Träume reißen könnte. Wenn er hier weiter wie angewurzelt stehen blieb, würde die Gefahr aufzufliegen immer größer. Er versuchte seinen Arm aus der Hand des Anderen zu winden. Das bewirkte jedoch genau das Gegenteil und der Brünette zog dessen Arm nur noch näher an sich heran. Innerlich fluchend lag er schon halb mit auf dem Bett. Kaiba war so nah, dass er beinahe seinen Atem spüren konnte. Um so mehr er versuchte zu entkommen, um so schlimmer wurde es. Er hatte ihn in einem Moment der Schwäche erwischt, ohne dass der Brünette es wusste. Zumindest sofern er nicht doch gleich die Augen aufschlug. Jonouchi wusste sich nicht zu helfen und blieb resignierend auf dem Bett liegen. Vielleicht passierte ein Wunder und Kaiba entließ ihn im Schlaf wieder aus seinem Klammergriff. Unwahrscheinlich. Gefangen in dieses Situation ließ er seine Gedanken schweifen und versuchte sich etwas zu beruhigen bevor sein Herz noch aus der Brust sprang. Er schaute in das Gesicht vom friedlich schlafenden Dornröschen. Wäre es doch schön, wenn ihn auch nur der wahren Liebe Kuss wecken konnte. Aber wir sind hier nicht im Märchen und Kaiba ist keine Prinzessin. Wobei er die Damenwelt durchaus verstehen konnte: Er war schon ein attraktiver Mann (für die Frauen versteht sich), hatte Geld, ein eigenes Unternehmen. Wenn der Charakter nur nicht so verdorben wäre. Und das in jeder Hinsicht. Jonouchi seufzte kaum hörbar. Das warten wurde von Minute zu Minute ermüdender. Zwar wusste er, dass er sich hier schnellstmöglich vom Acker machen musste, aber es ging und ging nicht vorwärts. Ab und an schlossen sich sogar seine Augen für ein paar Sekunden. Und irgendwann kam der Punkt, an dem es ihm fast egal war, ob er erwischt werden würde. Seine schweren Lider konnten sich doch bestimmt einen Moment ausruhen. Nur einen ganz kleinen Moment. To Be Continued… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)