When I see you again von Puraido (Dabi & Fuyumi) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Fuyumi fand sich in einer der dunklen Seitengassen wieder. Sie wusste nicht, was sie hierher getrieben hatte. Sie hatte einen Blick auf eine Person erhaschen können, die ihr entfernt bekannt vorkam. Es war wirklich nur ein kurzer Augenblick gewesen. Sie wusste nicht, warum sie hier war. Sie sollte wirklich umdrehen und gehen. Sie vernahm einige Stimmen, sie kamen von weiter hinten aus der Gasse. Ihre Schritte verlangsamten sich und sie bewegte sich vorsichtig auf die Abzweigung zu. Hinter der Ecke waren Personen. Fuyumi wusste, dass sie wirklich umkehren sollte. Sie hatte hier nichts verloren. Sie wollte doch sowieso zu ihrer Mutter. Sie würde zu spät kommen. Komm schon, Fuyumi, dreh um. Mutter wartet … Allerdings drehte sie sich nicht um. Ihre Schritte wurden noch langsamer und vorsichtig lugte sie um die Ecke. Sie konnte nur vage etwas ausmachen, doch die Person, der sie gefolgt war, stand dort. Fuyumi konnte nur die Rückseite der Person sehen. Schwarzes, stacheliges Haar, ein schwarzer, langer Mantel. Dem Mann gegenüber stand eine weitere Person. „… was für ein Scheiß, Mann, was glaubst du eigentlich, wer du bist, Kleiner?“, kam es von der zweiten Person. „Mach dass du weg kommst“, der Mann stieß den Schwarzhaarigen unsanft zurück. „Ich hab mich wohl getäuscht. Abschaum wie dich brauchen wir nicht“, konnte Fuyumi vernehmen, ehe plötzlich alles in grelle blaue Flammen getaucht war. Ein gigantischer Schwall Hitze kam auch in ihre Richtung und schnell wich sie zurück. Ihr Rücken presste sich gegen die Wand des Hauses. Ihre Augen waren vor Schock geweitet. Ihr ganzer Körper zitterte vor schierer Angst, als sie halbwegs realisierte, dass sie gerade beobachtet hatte, wie jemand getötet wurde. Sie hatte ihr ganzes Leben lang mit Feuer zu tun gehabt. Sie wusste, wie gefährlich es sein konnte, sie hatte gesehen, was ihrem Bruder passiert war … Sie hatte gesehen, was ihr Vater getan hatte. Sie konnte den Gestank von verbranntem Fleisch wahrnehmen, der Geruch zog zu ihr herüber. Übelkeit stieg in ihr auf. Sie musste hier weg. Sie musste irgendetwas unternehmen! Einen Helden rufen … Die Polizei … irgendwas! Aber sie stand wie festgefroren da. Sie konnte sich keinen Millimeter mehr bewegen. Voller Panik hielt sie den Atem an, als sie hörte, wie sich Schritte ihrer Position näherten Ihr Körper zitterte noch heftiger. Er würde jetzt kommen, um sie auch auszuschalten. Die Schritte waren jetzt ganz nah und es würde sich nur noch um Sekunden handeln, bis er sie erreicht hatte. Sie schielte aus den Augenwinkeln zur Seite hinüber. Schwarzes Haar kam nun zum Vorschein und wenige Sekunden später sah sie, wie sich eine mit blauem Feuer überzogene Hand in ihre Richtung ausstreckte. „Hab ich dich“, ertönte seine Stimme. Mit einem erstickten Schrei stolperte Fuyumi seitwärts, weg von ihm. Sie konnte nicht klar denken, allerdings schaffte sie es irgendwie ihr Quirk zu aktivieren und eine Mauer aus Eis vor sich aufzubauen. Sie landete auf dem Boden und kauerte sich zusammen. Das Feuer traf auf ihre Eiswand und schmolz es in Sekunden. Sie saß noch immer auf dem Boden. Eine Hand vor die Brust gepresst, als zwischen den Flammen, dem Rauch und dem schmelzenden Eis die Silhouette des Mannes zum Vorschein kam. Er trat durch den Rauch und Fuyumi konnte nun einen genaueren Blick auf ihn erhaschen. Blaue Augen bohrten sich in ihre. Sie erblickte ein zerteiltes Gesicht, die untere Hälfte war zernarbt und von einem dunklen violett. Der verbrannte Teil wurde mit Klammern am gesunden Teil seines Gesichts festgeheftet. Er starrte von oben auf sie herab, musterte sie genau. Er hatte erneut die Hand erhoben, doch das Feuer blieb diesmal aus. Fuyumi war erstarrt, Tränen rannen über ihr Gesicht und ihr Herz raste. Doch plötzlich weiteten sich die Augen ihres Gegenübers, er hob die Augenbrauen an und sein Blick war nun viel mehr ungläubig. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, allerdings blieb er stumm. Fuyumi war verwirrt, sie konnte seine Reaktion nicht wirklich deuten. Was war mit ihm? Warum zögerte er? Er bewegte sich nun wieder. Er trat einen Schritt vor und ging in die Hocke. Er streckte die Hand nach Fuyumi aus und umfasste ihr Kinn. Fuyumi konnte noch immer die Hitze des Feuers auf seinen Fingern spüren. Er drehte ihren Kopf leicht hin und her. Dann, ganz plötzlich, als ob er der jenige war, der sich verbrannt hätte, zog er seine Hand zurück. Sie konnte hören, wie er scharf die Luft einsog. Noch mehr Verwirrung durchflutete Fuyumi. Was hatte er bloß? Sie sah ihn noch immer an. Diese Augen … *** „Nicht gut genug, steh gefälligst auf! Worauf wartest du noch? Du bist so eine Enttäuschung!“, vernahm sie die Stimme ihres Vaters. Sie lugte vorsichtig in den Trainingsraum hinein. Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie die Tortur erblickte, durch die ihr älterer Bruder gerade ging. Seine Arme waren mal wieder stark verbrannt, die Hitze seines eigenen Quirks war zu viel für ihn. Der gesamte Raum stank nach verbranntem Fleisch. „Du wirst niemals ein Held werden. Du bist jämmerlich, eine Platzverschwendung“, warf ihm Enji vor. Fuyumi sah, wie sich ihr Bruder langsam wieder aufrichtete. Blut lief ihm am Mundwinkel hinunter. Sein ganzes Gesicht war geschwollen. „Vielleicht sollte ich doch schon damit anfangen, Shoto zu trainieren. Er ist immerhin schon fünf“, überlegte Enji. Ihr Bruder knurrte daraufhin auf. Fuyumi wusste, dass er dass auf keinen Fall wollte, er tat immer alles um seine jüngeren Geschwister vor Enji zu beschützen, auch wenn das hieß, dass er durch stundenlanges qualvolles Training durchmusste. Er stand wieder aufrecht, seine roten, stacheligen Haare waren noch wirrer als sonst, seine Hände zitterten leicht, dennoch flammten sie Sekunden später wieder auf. Blaues Feuer umspielte seine Hände. Es sah auf die Entfernung wunderschön aus, aber Fuyumi wusste, dass es ihrem Bruder nichts als Schmerzen bereitete. „Hast es ja doch noch geschafft, dich aufzurichten, Touya“, kam es abfällig von Enji. Er ließ seine Arme ebenfalls aufflammen. „Dann komm!“ Fuyumis Hände zitterten, als sie mit ansah, wie ihr älterer Bruder erneut wenige Sekunden später fix und fertig und mit weiteren Verbrennungen auf der Matte lag. *** Touya saß neben ihr im Schneidersitz auf dem Boden, seine verbrannten Arme hielt er von sich weg, sie zitterten stark und er hatte sicherlich schmerzen, sie oben zu halten. So gut sie konnte kühlte Fuyumi seine Verbrennungen. Der Arzt würde erst in einigen Minuten eintreffen. Sie hatten ihren ganz privaten Doktor, er besaß ein Heil-Quirk, wahrscheinlich wurde er sehr gut von Enji dafür bezahlt, nichts zu hinterfragen oder etwas von den ständigen Verletzungen an die Öffentlichkeit zu tragen. „Danke“, murmelte Touya, während sie noch immer dabei war, seine Arme zu kühlen. – „Doch nicht dafür. Du versuchst immer, uns zu beschützen. Es tut mir Leid, das ich nicht mehr machen kann, Touya“, kam es traurig von ihr. Er lächelte sie schwach an. „Schon gut, solange euch nichts passiert, kann ich es ertragen“, seine blauen Augen blickten direkt in ihre grauen … Sie erwiderte sein Lächeln, auch wenn es ihr schwer fiel, dabei nicht loszuheulen. *** „Touya?“, fragte sie leise. „Bist du das wirklich?“, ihre Stimme brach mehrmals. Sie war noch immer maßlos schockiert. Sie konnte sehen, wie er sich anspannte. Sie hatte Touya schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Er war irgendwann aufs College gegangen und kam nur noch selten nach Hause. Bei einem seiner Besuche erfuhr er, dass Shoto auf Grund des vielen Trainings im Krankenhaus lag. Er war losgegangen um Enji zu konfrontieren und seitdem war er verschwunden. Ihn so zu sehen, all diese Verbrennungen … „Was ist passiert?“, hörte sie sich leise fragen. Sie merkte es kaum, aber sie hatte sich jetzt vorgebeugt und ihre Hand streckte sich in seine Richtung aus. Ganz vorsichtig berührten ihre Fingerspitzen die verbrannte, abgestorbene Haut seines Gesichts. Relativ schnell wandte er sein Gesicht ab, seine Hand umschloss ihre. „Eine Menge“, murmelte er lediglich. Er sah sie dabei nicht an. „Du musst gehen“, damit stand er auf und wollte weggehen. Plötzlich kehrte wieder leben in Fuyumis Körper, ihr Bruder war da, ihr Bruder den sie solange nicht gesehen hatte. Und er wollte schon wieder verschwinden. „Touya, warte!“, rief sie ihm hinterher, sie rappelte sich umständlich auf und stolperte vorwärts um ihn aufzuhalten. Sie erwischte seinen Mantel und klammerte sich in den Stoff. „Wo willst du hin?“ „Dabi“, murmelte er. – „Huh?“, Fuyumi verstand nicht, was er meinte. – „Mein Name ist jetzt Dabi. Du solltest jetzt besser gehen, bevor noch mehr von seinen Leuten auftauchen“, er deutete auf die noch immer vor sich hinkokelnde Leiche. Sie standen mittlerweile wieder in der Abzweigung, sodass Fuyumi den Körper erneut sehen musste. Geschockt sog sie die Luft ein und wandte den Blick ab. „W-warum hast du das getan?“, wollte sie wissen. – „Er passte nicht zu uns. Er war Abschaum“, kam es emotionslos von Dabi. Er sah über seine Schulter. „Das ist der Grund, warum du weg musst. Ich bin ein Schurke. Wäre doch fatal, wenn man dich mit mir sehen würde“, seine Stimme klang kalt, er wollte sie von sich wegstoßen. „A-aber …“, setzte Fuyumi stammelnd an, sie brauchte unbedingt antworten. Allerdings kam es nicht dazu, denn tatsächlich hatte der Typ noch Kumpels, die ihn jetzt suchten. – „Geh endlich“, kam es noch einmal von Dabi. Er erhob seine rechte Hand und ließ sie kampfbereit aufflammen. „Du willst das doch nicht sehen. Verschwinde von hier“, mit der linken Hand packte er sie an der Schulter und drückte sie von sich weg. „Hau. Ab.“ „Hey, da ist das Arschloch!“, rief einer der Männer und Dabis Aufmerksamkeit wandte sich wieder von Fuyumi ab. Er ging weiter in die Gasse hinein. Weg von ihr. Fuyumi hatte eine Hand ausgesteckt, um ihn aufzuhalten, aber das ging ins Leere. „Ich werde dir alles erzählen, wenn wir uns wieder sehen“, murmelte Dabi noch, ehe er sich ganz auf die Angreifer konzentrierte. Fuyumi wusste, was kommen würde und sie wusste auch, dass sie das nicht noch einmal ertragen konnte. Sie machte auf dem Absatz kehrt und rannte so schnell sie konnte aus der Gasse heraus. Sie rannte zurück auf die Hauptstraße und von da in Richtung der Klinik, in der sich ihre Mutter befand. Sie rannte den ganzen Weg, sich nicht darum kümmernd, was die anderen Leute vielleicht denken mochten. Noch immer liefen ihr Tränen über die Wangen. Schon wenige Zeit später brannte ihre Lunge, ihr Atem ging heftig und ihr Herz raste. Sie stolperte mehrere Male, ihre Beine zitterten, doch sie zwang sich, immer weiter zu rennen. Ihre Gedanken waren wirr, sie konnte es noch immer nicht begreifen, dass ihr Bruder ein Schurke geworden war und tatsächlich Menschen tötete, er war früher so lieb gewesen, hatte sich so sehr um ihr Wohlergehen gekümmert … Das passte nicht zu ihm, das war so falsch … Mehr Tränen flossen über ihr Gesicht, sie war fast blind dadurch. Schließlich kam sie bei der Klinik an. Sie hielt davor an, sie war vornüber gebeugt, die Hände hatte sie auf die Knie gestützt. Sie rang nach Luft. Sie wusste, dass sie sich beruhigen musste, bevor sie zu ihrer Mutter ging, sie wollte sie nicht auch noch aufregen. Sie zwang sich, sich zu beruhigen. Sie konnte jetzt nicht darüber nachdenken, sie durfte nicht. Sie legte ihre Hände an ihre Wangen und aktivierte leicht ihr Quirk. Sie kühlte sich ein wenig runter. Danach zog sie ihre Brille ab und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. Sie wusste, dass sie es nicht schaffen würde, wieder vollkommen normal auszusehen. Ihre Mutter würde höchst wahrscheinlich die Tränenspuren auf ihrem Gesicht bemerken. Sie musste sich wohl eine andere Erklärung dafür einfallen lassen. Sie war sich sicher, dass sie das konnte. Sie musste es, für ihre Mutter. Noch einmal tief Luft holend riss sie sich zusammen und betrat die Klinik. Sie würde Touya irgendwann wieder sehen, das hatte er selbst gesagt. Dann würde sie alle antworten von ihm bekommen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)