Was im frühlingshaften Palastgarten nicht alles geschehen kann... von Mondsicheldrache (The Vessel and the Fallen Sidestory 1) ================================================================================ Kapitel 8: Unerwünschte Gesellschaft ------------------------------------ *-*. Nachdem gefühlte Stunden später auch das letzte Mitglied der nun tropfnassen Kinderschaar aus dem Waschzuber gestiegen oder im Falle der Kleinen gehoben worden war, zeigte das ehemals klare, nach Kirschblüten duftende Wasser eine unappetitlich-gräuliche Färbung. Ein unübersehbarer Beweis dafür, dass alle ein Bad dringend nötig gehabt hatten. „So, dann können wir endlich raus und Verstecken spielen!“, jubelte Hakuren aufgeregt und sprang munter herum. Koumei, den die Dienerinnen als letzten in den Zuber gezwungen hatten, da er sich bitterlich weinend gegen die Wäsche gewehrt hatte, sah prompt noch bemitleidenswerter aus. Seine feuchten Haare entzogen seinem kleinen Körper selbst das letzte bisschen Wärme. Fröstelnd umklammerte er Kouens rechte Hand, während Kourin und Koujaku beide dessen Linke in Beschlag genommen hatten. Hakuyuu schüttelte streng den Kopf. Sein kleiner Bruder hatte wirklich keine Ahnung von Kleinkindern. „Nein, erst müssen die Kleinen ihren Mittagsschlaf halten und wie gesagt, wir müssen uns nach diesem lächerlichen Massaker am Esstisch umziehen“, widersprach er ihm. Natürlich stieß diese Äußerung auf wenig Freude. „Was?“, schrie der jüngere Bruder entsetzt. „Mittagsschlaf?! Den braucht doch niemand!“ Verdammt, er wollte doch so gerne mit seinen Cousins und Cousinen Verstecken spielen und nun musste ihm Hakuyuu mal wieder jeglichen Spaß verderben! Böse stemmte er die Hände in die Seiten, bereit für noch heftigeren Protest, doch plötzlich bemerkte er, dass Hakuyuu tatsächlich nur das Offensichtliche ausgesprochen hatte. Es fiel ihm schwer, es sich einzugestehen, aber der erste Prinz sagte die reine Wahrheit. Die drei kleinen Kinder wirkten so müde, dass sie sich kaum mehr auf den Beinen halten konnten. Sie hatten ja auch wahrhaft genug Aufregung für heute erlebt! Und als Koumei schließlich jämmerlich fiepte: „Wenn ich nicht sofort ins Bett kann, muss ich sterben! Wirklich!“ sah Hakuren ein, dass er sich vielleicht damit zufrieden geben sollte. Obwohl er sich nicht im Geringsten schläfrig fühlte, fasste er einen, seiner Meinung nach sehr klugen, Entschluss: Dann schlafe ich auch! So kommt wenigstens keine Langeweile auf. Und wenn wir wieder aufwachen, wird gespielt! Allerdings kam ihm dieser Gedanke zu peinlich vor, um ihn laut auszusprechen. Was sollten Kouen und Yuu von ihm halten, wenn er sich neben die Winzlinge zur Ruhe bettete? Dass er ebensolch ein Kleinkind darstellte oder schwach war? Wie jämmerlich. Sie sollten es besser nicht erfahren. Kaum hatte er dies beschlossen, führte ein Dienstmädchen Koumei, Kourin und Koujaku davon. Der einzige, der darüber glücklich erschien, war natürlich Erstgenannter. Sogar Hakuren hatte inzwischen begriffen, dass für ihn Schlaf unersetzlich und hochheilig war. Irgendwie süß, aber vor allem nervig. Wie sollte man denn so mit ihm spielen außer in der Nähe eines warmen Bettes, in dem er sich Notfalls ausruhen konnte? Es war zum verrückt werden. Sehnsüchtig sah er seiner jungen Verwandtschaft nach. Bedauernd, dass er nicht direkt hinter der müden Bande her schlurfen konnte, heftete er sich an die Fersen der anderen beiden. Hakuyuu redete bereits zufrieden mit Kouen: „Nun, da es momentan nicht allzu viel zu tun gibt, müssen wir uns eine Beschäftigung überlegen. Ich habe bereits eine Idee: Wir können uns solange in die Bibliothek setzen, was hältst du davon, Kouen?“ Natürlich hatte dieser nichts anderes im Sinn, als dem Prinzen zuzustimmen. „Das ist eine hervorragende Idee, Hakuyuu!“, bestätigte er und schritt neben ihm her, wobei er sehr kaiserlich wirkte. Viel vornehmer, als Hakuren es je könnte. Beleidigt tappte er hinterher. Er wollte nicht in die Bibliothek, sie hatten hier im Palast zwar gleich mehrere davon, aber er kannte die staubigen Räume zur Genüge. Och, wie öde… Kannte man eine, kannte man alle. Schriftrollen langweilten Hakuren generell immer zu Tode. Na gut, deshalb hatte er ja auch einen meisterlichen Plan. Sollten die beiden Älteren alleine gehen, sie würden ihn ohnehin nicht vermissen. Während sie sich munter schwatzend in die Bibliothek begaben, bemerkte keiner der beiden, dass Hakuren plötzlich einen gänzlich anderen Weg einschlug. Nämlich zu den Gemächern der Gäste. Aber mittlerweile hegte er nicht mehr die Absicht, an ihrer Seite im Reich der Träume zu versinken. Es konnte doch nicht angehen, dass Koumei und seine Schwestern einen Teil des Tages einfach verschliefen! Das musste er dringendst verhindern! So schlich er sich still und heimlich davon. Überraschenderweise wurde er kurz darauf doch noch halbherzig vermisst, ehe Kouen und seinem Bruder auffiel, dass sie sich ohne ihn ungestört und einfach viel besser unterhalten konnten. Und so kümmerte es keinen, wo der zweite Prinz seine wohlverdiente Mittagspause zu verbringen gedachte… Hakuren unterdessen benötigte nicht lange, um seine restliche Verwandtschaft aufzuspüren. Kaum befand er sich im Gang, der zu den Gastgemächern der drei kleinen Kinder führte, vernahm er Koujakus aufgedrehtes Kieksen: „Ich kann nicht schlafen! Ich muss mit meinen Puppen spielen! Jetzt! Und ich habe Hunger, bring mir was zu essen!“ Natürlich befanden sich die beiden Schwestern nicht alleine auf ihrem Zimmer, sondern waren wohl wieder in der Obhut einer Zofe. „Junge Dame, die Mittagsruhe ist in Eurem zarten Alter unabdingbar! Seht Euch doch Eure Schwester an, sie liegt bereits friedlich im Bett und freut sich über die Erholung“, versuchte eine strenge Frauenstimme Koujaku zu bändigen. „Ich will mich aber nicht erholen! Ich will essen! Und spielen, sofort!“, keifte das kleine Spatzenmädchen. „Ihr könnt spielen, wenn Ihr euch ausgeruht habt. Außerdem habt ihr grade erst an einem festlichen Bankett teilgenommen. Es wäre eine Beleidung für Euren kaiserlichen Onkel, wenn Ihr nach seiner Gastfreundschaft immer noch hungrig seid. Ganz zu schweigen davon, dass eine feine Dame ihren Appetit zügeln können sollte!“ Oh je, das klang nicht erfreulich. Eigentlich wäre Hakuren zu gerne zu den beiden Mädchen in den Raum gehuscht, weil er Koujaku für eine spaßige Gesellschaft hielt. Vielleicht würde sich sogar Kourin als ungeahnt aufregend entpuppen. Eine lustige Kissenschlacht ließe sich mit den Schwestern sicherlich veranstalten. Doch diese alte Anstandshexe würde ihn hochkant wieder rauswerfen, sobald er seine Nase durch die Tür steckte. Das wollte er nun wirklich nicht. Vielleicht hätte er bei Koumei mehr Glück? Der Kleine brauchte bestimmt keine Betreuung, um sich schlafen zu legen, so gerne wie er Nickerchen hielt. Also schlich sich der junge Prinz verstohlen an dem Gemach der Mädchen vorbei, um nach seinem Cousin zu schauen. Vorsichtig klopfte er an die Tür. Stille. Ob der Winzling schon schlief? Wie langweilig! Plötzlich vernahm Hakuren ein Rascheln. Ganz leise, kaum zu hören. „Koumei?“, zischte er, um nicht von der Zofe entdeckt zu werden. Keine Antwort. Schließlich hielt es der Kaisersohn nicht länger aus und stürzte sich ungeladen in das Gästezimmer. Sofort umfing ihn behagliche Wärme. Er hatte gar nicht bemerkt, wie kalt es auf dem Gang gewesen war, bis er in den beheizten Raum gesprungen war. Wirklich angenehm. Hier würde er bleiben, hier gefiel es ihm. Ein schönes großes Bett, hübsche Einrichtung, eine schwelende Kohlepfanne… die überall herumliegenden Bücher konnte er getrost ausblenden. Eines fehlte jedoch: Von seinem Cousin gab es keine Spur. „Koumei?“, murmelte Hakuren ratlos. Weshalb fand er ihn nicht selig schlafend vor? Wo war er bloß? Da entdeckte er den verräterischen Hubbel unter der ansonsten ordentlich gefalteten Bettdecke. Begeistert warf er sich daneben, was ein lautes Quietschen und Knarzen erzeugte und das Bettgestell beinahe zum Einsturz brachte. „Meichen! Aufstehen!“, forderte der zweite Prinz beschwingt und riss die schwere Decke bei Seite, wobei einige Bücher polternd zu Boden fielen. Darunter kam ein zerzaustes, aber ganz und gar menschliches Knäuel aus roten Haaren und weißen Roben zum Vorschein. Roséfarbene Augen blitzten ihn zu Schlitzen verengt ungehalten an. Hakuren hielt strahlend inne. Oh, Koumei war schon wach! Großartig! Dann konnten sie sofort miteinander spielen. Doch der Rothaarige liebte seine Mittagsruhe offenbar sehr, denn schneller als man es vermutet hätte, war er irgendwie wieder unter die Laken gekrochen und blinzelte abweisend aus der Dunkelheit hervor. Hakuren durchlebte wohl ein Déjà-vu. Hatte sich ihr Verhältnis seit der ersten Begegnung etwa nicht verbessert? „Meichen, warum hast du mir eben nicht geantwortet?“, fragte der Prinz vorwurfsvoll, während er mühsam versuchte, den Kleinen aus der finsteren Höhle hervor zu zerren. „Will nicht…“, winselte Koumei nur und sträubte sich mit aller Kraft, indem er seine schmalen Händchen fest in dem edlen Stoff vergrub. Wenn er wollte, besaß er einen sehr starken Klammergriff. Irgendwann gab Hakuren enttäuscht auf. „Wieso versteckst du dich denn vor mir? Ich bin doch dein Freund! Wir könnten jetzt so gut spielen, was hältst du von einer Kissenschlacht?“ Koumei zog sich noch tiefer in sein lichtloses Reich zurück. „Och komm, bitte, nur kurz. Komm schon raus, Mei!“, bettelte Hakuren. Die Antwort war ernüchternd: „Ich muss erst meinen Mittagsschlaf halten, sonst schaffe ich es nicht.“ „Aber so eine Kissenschlacht ist doch nicht anstrengend!“, protestierte der Ältere. „Doch!“, fiepte Koumei überraschend laut. Nach diesem vehementen Ausruf drang kein Laut mehr über seine Lippen. Fieberhaft überlegte Hakuren, was er tun musste, um seinen Willen zu erhalten, doch ihm fiel einfach keine Lösung ein. Koumei schwieg wie ein Grab, hatte sich in den Tiefen des mächtigen Deckenbergs versteckt und ließ sich nicht wieder ins Freie locken. „Alter Spielverderber!“, grunzte der Schwarzhaarige und wollte grade aufstehen, um vielleicht doch bei den Mädchen vorbei zu schauen, als ihm eine wahrhaft gute Idee kam. „Weißt du Mei, es ist nicht schlimm, wenn du jetzt erst mal schlafen möchtest. Ich bleibe einfach hier, halte mit dir Mittagsschlaf und wenn wir dann aufwachen, gehen wird direkt zum Verstecken spielen nach draußen, damit wir genug Zeit haben, bevor es dunkel wird. Was sagst du dazu?“ Als eine Entgegnung abermals ausblieb, lüpfte er die Decke und blickte in das unglücklichste Gesicht, das er je gesehen hatte. Die großen Augen waren nicht mehr als zwei schlaffe Schlitze, die Mundwinkel hingen schmollend nach unten und die Narben um Koumeis Nase herum verliehen ihm auch kein aufgeweckteres Aussehen. Das ungebändigte Haar, welches wild von seinem Kopf abstand, setzte dem Anblick die Krone der Verwahrlosung auf. Nun gut, offenbar war Hakuren schlicht und ergreifend unerwünscht. Zu Koumeis Unglück bemerkte der freche Prinz überhaupt nichts davon. Fragend legte er den Kopf schief. „Ist etwas lo-?“ „Ren, Ren, Ren, Ren!“, kreischte es da und schon plumpste ein schwerer Knubbel mitten auf seinen Schoß. „Ich habe gehört, dass du hier bist und da wollten Kourin und ich unbedingt vorbei kommen“, jubelte Koujaku und umarmte ihn glücklich. Ob sie ihrer Zofe ausgebüxt waren? Die Kleine roch angenehm sauber von der Kirschseife, mit der die Diener alle Kinder nach dem eskalierten Mittagessen gewaschen hatten. Während seine Schwester sprach, konnte man Koumeis Laune ihren Tiefpunkt erreichen sehen. Mit jedem Wort des überdrehten Mädchens sanken die Mundwinkel des Jungen ein Stück tiefer. Wieder bekam Hakuren davon nichts mit. Stattdessen freute er sich unfassbar, die beiden Schwestern auch noch um sich zu haben. Als auch noch Kourin auf das große Bett kletterte, in welchem wohl noch mehr Kinder Platz gefunden hätten, stieß Koumei einen Laut der Empörung aus, wurde jedoch von Hakurens freudigem Ausruf übertönt: „Wie schön, dass ihr auch hier seid! Wollen wir jetzt alle eine Kissenschlacht machen?“ Ja, von Bettruhe hielt der zweite Prinz wirklich nichts. „Au ja, das wird toll!“, kreischte Koujaku euphorisch und sprang auf dem Schoß des älteren Jungen herum. Auch wenn Hakuren es sehr niedlich fand… es tat vor allem weh. Also bremste er das winzige Mädchen. „Es geht ja gleich los!“, beruhigte er sie, rang sie mit sanfter Gewalt nieder und kitzelte sie unterm Kinn. Koujaku kiekste vor Vergnügen, als sie sich nach Kräften wehrte. Ihre strampelnden Füßchen erwischten Koumei am Bauch, dessen gepeinigtes Wimmern jedoch im Eifer des Gefechts keinen interessierte. Kourin, der es anzusehen war, wie gerne sie in dieser Rangelei mitmischen würde, nickte ebenfalls mit leuchtenden Augen. „Sehr gerne stehe ich für eine Kissenschlacht bereit, Prinz Hakuren!“, piepste sie und lächelte ihn strahlend an. Mit einem Mal fand er sie gar nicht mehr so uninteressant. „In Ordnung, dann schnappt sich jeder ein Kissen und los geht‘s!“, kommandierte der zweite Prinz begeistert. Mit den Mädchen ließ sich aller Hand Lustiges anstellen. Und mit Koumei? Der hatte sich bereits winselnd unter der dicken Decke versteckt, als müsste er sich in seiner Burg vor feindlichen Kriegern verschanzen. Schlagartig ergriff Sorge das Herz des Prinzen. „Meichen, was hast du denn schon wieder?“, fragte er bekümmert und versuchte, den schweren Stoff beiseite zu schieben, aber sein kleiner Cousin hatte sich bereits so fest darin eingewickelt, dass es ihm nicht recht gelingen wollte. Egal, wie sehr er zog und zerrte, nicht einmal eine rote Haarsträhne löste sich aus dem Knoten. Hoffentlich erstickte der Winzling nicht in diesem festen Knäuel. „Lebst du überhaupt noch?“ „Lass ihn, Mei hasst Kissenschlachten“, empfahl Kourin schnippisch und versetzte ihrem eingewickelten Bruder einen Knuff. „Er ist eingeschnappt, weil wir in sein Zimmer gekommen sind und jetzt in seinem Bett liegen. Das mag er nicht. Mei will immer nur alleine sein und langweilige Bücher lesen. Aber eigentlich schläft er nur. Er ist ein ziemlich nutzloser Bruder, man kann einfach nichts mit ihm anfangen.“ „Oh…“, machte Hakuren. Mit einem Mal war er ziemlich betreten. Zwar wollte er sich mit seinen Cousinen mal so richtig balgen, was vor allem daran lag, dass er bei Hakuyuu meist den Kürzeren zog, aber wenn Koumei ernstlich beleidigt war… Er konnte es sich unmöglich mit dem kleinen Zottel verscherzen. Sie waren immerhin bereits echte Freunde geworden! Plötzlich sprang Koujaku auf seinen Rücken. „Lass uns endlich anfangen!“, schrie sie voller Vorfreude in sein Ohr und biss ihn dann ohne Vorwarnung in den Hals. „Aua!“, rief der Prinz erschrocken. Mit diesen scharfen Zähnchen hatte er nicht gerechnet. Doch ehe er das Mädchen von sich herunter zerren konnte, hatte es bereits von sich aus losgelassen und sich auf Kourin gestürzt. Sofort begannen sie in einem wilden Gewirr von Armen und Beinen auf dem ausladenden Bett herum zu rollen. Langsam aber sicher staunte selbst Hakuren über ihren Übermut und diese unendliche Energie. Kein Wunder, dass Koumei nicht damit zurechtkam, wenn schon der Prinz die Mädchen als hyperaktiv abstempelte. Natürlich wusste er nicht, was dieses Wort bedeutete, aber die Palastdienerinnen hatten ihn aufgrund seines ungestümen Temperaments oft ebenso bezeichnet und er nahm an, dass der Begriff noch viel besser zu seinen kämpferischen Cousinen passte. Immerhin beschäftigten sich die beiden Streithennen so gut miteinander, dass sie Hakuren darüber völlig vergaßen. Also beschloss er, wieder Frieden mit Koumei zu schließen. Sanft klopfte er auf den Deckenberg und tatsächlich spürte er unter den Stoffmassen eine kaum merkliche Bewegung. Sein Cousin lebte noch! Was für eine Erleichterung. „Meichen“, säuselte er so verlockend er konnte, „wieso kommst du nicht heraus? Wir müssen auch nicht raufen. Ich kann euch stattdessen eine Geschichte erzählen, damit ihr besser einschlaft. Was hältst du davon?“ Das Knäuel bewegte sich stärker. „Ich will aber jetzt schlafen! Sonst sterbe ich!“, klagte es so jämmerlich, dass Hakuren vor Mitleid beinahe die Tränen kamen. „Oh Meichen, du Armer! Ich drücke dich ganz fest, dann geht es dir wieder gut! Komm doch mal her! Bitte!“, rief er betroffen. Überraschenderweise wurde sein Flehen eher erhört, als sein Locken. Vorsichtig lugte der Rotschopf zwischen den Falten der Decke hervor. Er sah wirklich todmüde aus. Hakuren schämte sich prompt, dass er so ein Theater veranstaltet hatte. Entschuldigend streichelte er dem Kleinen über den Kopf und schaffte es endlich, ihn aus seiner Höhle zu locken. Zitternd vor Mattigkeit brach sein Cousin über Hakurens Knien zusammen und der Prinz war sehr wütend auf sich selbst. Wie blöd er gewesen war! Koumei brauchte den Schlaf dringendst und er hatte vorgehabt, sich eine erbarmungslose Kissenschlacht mit dessen Schwestern zu liefern, die immer noch vor Wonne jauchzend miteinander rangen! Das würde nun nicht mehr möglich sein. Nein, jetzt war Schluss mit dem Chaos. „He ihr beiden, hört mal grade zu!“, rief der Prinz zu ihnen hinüber. Sofort krabbelten Kourin und Koujaku an seine Seite und blickten hochachtungsvoll zu ihm auf. Ach, sie waren alle drei so liebenswürdig! Schnell rief sich der Junge in Erinnerung, dass er sich nicht von ihren treuherzigen Hundeblicken einlullen lassen durfte. Nein, er musste ihnen eine wichtige Planänderung mitteilen! „Wisst ihr was, ich habe eine viel bessere Idee, als Kissenschlachten! Ich werde euch eine Gutenachtgeschichte erzählen!“, verkündete er höchst selbstzufrieden. Jetzt hatte er endlich die Aufmerksamkeit aller Kou-Geschwister. Wobei, Koumei döste bereits auf seinem Schoß und sah endlich einigermaßen zufrieden aus. Nun gut, eigentlich glich er mit seinem tropfenden Mundwinkel eher einem qualvoll dahinsiechenden Todkranken, der sich mit letzter Kraft an das Leben klammerte. Aber Hakuren fand den Anblick seines schläfrigen Gesichts einfach nur niedlich - in etwa so, wie andere Menschen auch Hunde mit faltiger oder zerknautschter Schnauze drollig fanden - und tätschelte den Kopf des Kleineren. „Kommt, wir legen uns jetzt alle ganz gemütlich unter die Decke und kuscheln uns zusammen!“, befahl er. Koujaku und Kourin krochen schnurstracks an seine Seite. Doch dann regte sich Koumei wieder. Ungehalten befreite er sich von Hakuren und rollte auf die linke Seite des Bettes, wo er ihnen den Rücken zudrehte und sogleich tief und fest schlief. Bedauernd wollte Hakuren ihm nach, doch Koujaku nutzte die Gunst der Stunde, um sich über seinem Bauch zusammenzurollen, während Kourin sich an seine rechte Seite drückte. Als der Prinz vehement gegen diese Belagerung protestieren wollte, weil er doch Koumei nicht einfach allein lassen konnte, fläzte sich Koujaku noch schwerer über ihn. Wie besitzergreifend! Schließlich bemerkte er, dass seine Geschichte heute wohl von niemandem mehr gehört werden wollte. Die drei Geschwister schliefen bereits. Aber es kümmerte ihn nicht, denn die beiden an ihn gekuschelten Mädchen gaben ihm ein herrliches Gefühl von Behaglichkeit. Ihr fremder und zugleich vertrauter Geruch erinnerte ihn daran, wie gerne er früher zwischen seinen Eltern geschlafen hatte. Ja, Hakuren fühlte sich angenehm warm und geborgen. Es dauerte nicht lang, da war auch er in einen leichten Schlaf gefallen, der nur dadurch gestört wurde, dass er irgendwann einen leichten Stoß an seiner linken Seite spürte. Unter seinen halbgeschlossenen Augenlidern hervor linsend erkannte er Koumei, der nun doch zu ihm gekrochen war und sich im Schlaf vertrauensvoll an ihn schmiegte. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen versank der zweite Prinz abermals im Reich der Träume. *-*. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)