Mephisto von lunalinn (denn sie wissen nicht, was sie tun) ================================================================================ Prolog: Feuerland ----------------- Panische Schreie hallten durch das kleine Dorf hinter den Blättern, welche inzwischen nur noch Asche waren. Wo einst mächtige Bäume mit ihren dichten Kronen und schützenden Ästen den Platz vor neugierigen Blicken abgeschirmt hatten, fanden sich nur noch verkohlte Stümpfe. Kein Stein lag mehr auf dem anderen, die aus Holz gefertigten Hütten waren niedergebrannt worden und die Erde war mit dem Blut der unzähligen Leichen getränkt. Als hätte der Teufel einen Fluch ausgesprochen, fiel das rote Licht der untergehenden Sonne auf den Unglücksort und beobachtete die schrecklichen Verbrechen, die begangen wurden. Noch immer und keiner wusste, wie lange noch. Es waren schließlich nur noch die Frauen und Kinder, die übrig geblieben und gefangen genommen worden waren. Zusammengepfercht wie Tiere, mit verbundenen Augen und gefesselten Händen und Füßen kauerten sie am Boden, wimmerten und klagten ihr Leid dem Himmel. Einige hatten das Glück, sofort zu sterben, andere wurden gepackt, entehrt und gefoltert, bevor man sie hinrichtete. Jede halbe Stunde eine weitere und zwischendurch nahm man sich der Kinder an, wobei diese einen relativ schnellen Tod starben. Mit der Teufelsbrut hielt man sich nicht auf. Er saß im hohlen Stamm eines halb verkohlten Baumes, lauschte den Geräuschen von außen und erahnte, was dort geschah. Sein kleines Herz pochte schnell wie das einer Maus, sein Atem ging abgehackt, doch er hielt die Hände auf den Mund gepresst, damit kein Laut entwich. Warte hier…geh nicht raus! Ich hole deinen Bruder! Es waren die letzten Worte seiner Mutter gewesen, denn vor wenigen Minuten hatte er ihre Schreie gehört und instinktiv wusste er, dass sie es nicht überlebt hatte. Doch wo war sein Bruder? Die Angst um das Leben des Jüngeren und um sein eigenes ließen ihn keinen klaren Gedanken fassen. Möglicherweise hatte ihre Mutter auch ihn versteckt? Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr, bitte vergiss das nie! Tränen rannen seine blassen Wangen hinab, als er an die zärtlich gesprochenen Worte dachte und der Verlust schnitt tief in seine junge Kinderseele. Immer wieder zerrissen die Schreie seiner Verwandten die Stille und er zuckte jedes Mal zusammen. Wenn sie ihn hier fanden, würden sie ihn umbringen wie die anderen Kinder. Was war nur mit seinem Bruder geschehen? Warum hatten Vater und Mutter sterben müssen? Weil sie anders waren? Es wurde leiser, Stunden vergingen und er zitterte wie Espenlaub in seinem Versteck. Die Nacht brach herein, legte sich wie ein Schleier über das verwüstete Dorf, das einmal sein Zuhause gewesen war. Doch nun war es nur noch ein Albtraum, an den er sich nicht erinnern wollte. Leise weinend machte er sich noch kleiner als vorher und schloss die Augen, traute sich nicht, sein Versteck zu verlassen. Er würde noch den ganzen nächsten Tag dort sitzen bleiben, ehe ihn der Überlebenstrieb zwingen würde, hinauszugehen. Und er würde sich wünschen, er wäre wie seine Familie an diesem Tag gestorben. Kapitel 1: So rot ----------------- Der Winter war über das Land hereingebrochen, hatte die Bäume ihrer Blätter beraubt und die Felder unter sich begraben. Auch wenn zurzeit kein Krieg herrschte, setzten Kälte und Hunger den Menschen immer mehr zu, so dass Vertrauen als kostbares Gut galt. Jeder war sich selbst der nächste, Diebstahl lag an der Tagesordnung und man konnte von Glück reden, wenn es nur dabei blieb. Hoshigaki Kisame machte all das wenig aus, denn als Söldner waren ihm Moral und Ehre ohnehin fremd. Die Fürsten heuerten Leute wie ihn dafür an, ihre Kämpfe auszutragen oder Störenfriede zu beseitigen. Es war immer das gleiche Spiel, schon seit er sechzehn Jahre alt war und bis heute hatte sich nichts geändert. Derjenige, der am besten zahlte, konnte sich seiner Loyalität sicher sein – zumindest für eine Weile. Kisame hatte schon von seinem Lehrmeister beigebracht bekommen, dass es negativ war, wenn man zu viel Aufmerksamkeit erregte und dieser Aussage konnte er nur beipflichten. Vor allem da er schon durch sein Äußeres unangenehm auffiel, was bei seiner Statur und den an einen Haifisch erinnernden Gesichtszügen auch kein Wunder war. Er war überdurchschnittlich groß und dennoch agierte er sehr schnell, wenn es drauf ankam. Sein Kampfstil mochte aggressiv sein, doch war er kein unkontrollierter Dummkopf, sondern in der Lage wenn nötig eine wirksame Strategie zu entwickeln. Insgesamt machte ihn das zu einem gefährlichen Gegner und das war auch der Grund, weshalb er sich niemals lange kaufen ließ. Sobald er das Geld erhalten hatte, war er wieder verschwunden, um sich einen neuen Auftraggeber zu suchen. Das war sicherer. Ungünstig an dieser Jahreszeit war eigentlich nur, dass die Aufträge abnahmen. Die Leute hatten ihre eigenen Kleinkriege und so nutzte Kisame den Winter zumeist, um sich selbst eine Pause zu gönnen. Irgendein abgelegenes Dorf, wo er abseits eine heruntergekommene Hütte einnahm – niemand scherte sich um ihn, solange er zahlte. Das war das kleinste Übel, denn die Leute erwarteten einen geringen Lohn. Normalerweise vergingen die Tage und Nächte schnell, wenn man sich ein wenig in den Kneipen amüsierte und sich mit etwas Glück in weiblicher Gesellschaft befand. Viele Frauen waren so arm, dass sie für ein bisschen Bares freiwillig mit aufs Zimmer kamen. Niemand hatte je behauptet, dass das Leben fair sein würde, nicht wahr? Es war später Nachmittag, als er sich durch den Schnee schlug, um seine Vorräte aufzustocken. Als er jedoch im Dorf ankam, hatte sich auf dem kleinen Marktplatz bereits ein Pulk aus Menschen gebildet, die alle heftig zu diskutieren schienen. Er runzelte die Stirn, zog den weiten Kragen seines Mantels noch etwas höher, ehe er sich unter die Menge mischte, um dem aufgeregten Geschnatter zu lauschen. Möglicherweise konnte er wichtige Informationen herausfiltern, die ihm später noch von Nutzen sein würden. Tatsächlich drangen einzelne Gesprächsfetzen zu ihm hindurch, doch sie verwirrten ihn eher, als dass sie ihm etwas brachten. „…ein wahres Massaker!“ „…die Nachricht…bereits bis hierher vordringt…“ „Unmenschen…eine Bedrohung…“ „…endlich können wir uns wieder sicherer fühlen.“ „Teufel!“ Kisame war noch nicht lang genug in dieser Gegend, um sich einen Reim daraus machen zu können, aber allem Anschein nach hatte es ein Blutbad gegeben. Dabei hatte er gedacht, dass der Krieg fürs Erste vorbei wäre, doch dem schien nicht so. Möglicherweise hatte es einen Aufstand gegeben, der die Fürsten zum Handeln gezwungen hatte, doch er wagte nicht, direkt danach zu fragen. Neugierde war niemals gut und da die Leute regelrecht erleichtert schienen, dass die so genannten Teufel endlich beseitigt waren, entschied er, dass er sich vorerst besser nicht einmischen würde. Eventuell würde er am Abend noch einmal runter ins Dorf kommen und irgendeinen betrunkenen Dorfbewohner ausquetschen. Alles zu seiner Zeit. Als er wieder bei der Hütte ankam, dämmerte es bereits am Horizont und es bestand kein Zweifel daran, dass es bald dunkel werden würde. Rot-goldenes Licht bahnte sich einen Weg durch den dichten Wald, brachte den Schnee zu seinen Füßen zum Glitzern. Kisame wollte gerade durch die Tür treten, als ihn etwas inne halten ließ – etwas, das nichts mit der Sonne zu tun hatte. Er zog die Brauen zusammen, kniete sich dann kurzerhand hin, um seine fragwürdige Entdeckung genauer zu überprüfen. Rote Spuren hatten sich in den Schnee gefressen und auch wenn es das Blut irgendeines toten Tieres hätte sein können, fühlte sich Kisame beunruhigt. Vielleicht weil von dem verwundeten Tier keine Federn oder Fellbüschel zurückgeblieben waren…oder aber weil die Abdrücke eindeutig von menschlichen Füßen stammten. Sicher hätte er das ignorieren können, doch die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass man eine potenzielle Gefahrenquelle lieber ausschaltete. Also folgte er den Spuren, die ihn nur noch dichter in den Wald führten; vielleicht handelte es sich auch nur um ein verirrtes Kind aus dem Dorf. Seine Fährte verlor sich abrupt und Kisame vermutete, dass der Verwundete seine Spur an dieser Stelle verwischt haben musste, vielleicht mit einem Zweig oder dergleichen. Jedenfalls kam er ab hier nicht weiter, verharrte an Ort und Stelle, lauschte auf verdächtige Geräusche. Eine schwarze Krähe hockte auf einem der Bäume, stieß ein lautes Krächzen aus, doch ansonsten war es schon beinahe gespenstig ruhig. Er horchte auf, als links von ihm ein Knacken ertönte, wandte augenblicklich den Kopf zur Seite. Besonders vorsichtig näherte er sich der Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Ein paar Sträucher nahmen ihm die Sicht, doch er ließ sich davon nicht abhalten, schob das Gestrüpp beiseite. Wieder fand er Blutspuren im Schnee, welche keinen Zweifel daran ließen, dass er auf dem richtigen Weg war. Und tatsächlich fand er nur wenige Meter weiter eine zusammengerollte Gestalt, welche sich halb hinter einem gefällten Baumstamm verbarg, vor. Kisame vermutete, dass es sich wegen der langen Haare um ein Mädchen handelte, doch das hieß nicht, dass er sich Unvorsichtigkeit leisten konnte. Manch einer mochte Frauen verhöhnen, allerdings wäre dies nicht das erste Mal, dass sich eine ordentlich zur Wehr setzte. Er kniete sich neben die Kleine, welche auf der Seite lag und die Arme um den schlanken Körper geschlungen hielt. Ihre Kleidung war arg zerrissen, sodass an einigen Stellen helle, blutverschmierte Haut hervorblitzte. „Hey.“ Keine Reaktion. War sie bewusstlos? Kisame hob die Hand, um den Vorhang dunkler Strähnen beiseite zu schieben und einen Blick auf ihr Gesicht zu erhaschen. Im nächsten Moment zuckte er zurück, stieß einen lauten Fluch aus – das kleine Aas hatte ihn doch tatsächlich gebissen! Er knirschte mit den Zähnen, erwiderte den Blick der dunklen Augen zornig. „Was fällt dir ein?!“, grollte er wütend und verspürte nicht übel Lust, ihr ins Gesicht zu schlagen. Er widerstand dem Drang; ein Schlag von ihm würde dafür sorgen, dass sie nicht so schnell wieder aufstand. Wie alt mochte sie sein? Fünfzehn? Sicher schon im heiratsfähigen Alter und somit war es ziemlich töricht von ihren Eltern, sie aus den Augen zu lassen. Aber vermutlich war sie sowieso nicht mehr als ein Straßenkind und die galten bekanntlich als Freiwild. Hübsch war sie zweifellos, vor allem die durchdringenden Augen unter den langen Wimpern stachen dabei hervor. Hohe Wangenknochen, eine gerade Nase und schmale Lippen, die sie soeben fest aufeinander presste. So giftig wie sie ihn fixierte, schien sie jedoch nicht so sanft zu sein, wie ihr Äußeres vermuten ließ. „Hör mal, Mädchen“, versuchte er es ruhig. „Was hältst du davon, mit mir zu kommen? Ich kann dir einen Platz zum Schlafen und etwas zu essen anbieten. Dann sehen wir weiter, hm?“ Sie würde das Angebot nicht sicher nicht auszuschlagen; schließlich zitterte sie erbärmlich in der zerfledderten Kleidung und gegessen hatte sie sicher auch seit einer Weile nichts mehr. Entgegen seiner Erwartungen verengte sie ihre Augen zu schmalen Schlitzen, erdolchte ihn praktisch damit. „Lieber sterbe ich“, erwiderte sie mit einer Stimme, die eindeutig zu tief für ein Mädchen war und Kisame innehalten ließ. „Du…bist ein Junge?“, entkam es ihm nach einigen peinlichen Sekunden des Schweigens und sein Gegenüber nickte knapp. Das kam unerwartet und zuerst wusste Kisame nicht, wie er sich nun verhalten sollte. Der Knabe rutschte mühsam ein Stück von ihm weg, biss sich dabei auf die spröden Lippen, um keinen Laut von sich zu geben. Anscheinend hatte er sehr wohl verstanden, was Kisame da vorhin angedeutet hatte. Im Leben gab es nichts umsonst, aber wenn er sich den Jungen so ansah, konnte er vielleicht eine Ausnahme machen. Zumindest konnte er ihn sich eine Weile aufwärmen lassen, das wäre wohl fair. „Also gut“, meinte er und packte ihn am Oberarm, um ihn hochzuziehen. Der Junge keuchte erschrocken auf, wagte es sogar, nach ihm zu schlagen, doch Kisame war schneller und warf ihn sich mit einem Ruck über die Schulter. Da konnte er sich noch so winden und seinen Rücken mit den Fäusten bearbeiten, es würde ihm nichts bringen. Wie undankbar. Als er den Jungen endlich in seine Hütte geschafft hatte, hatte dieser aufgehört, sich zu wehren, was wohl an der zunehmenden Erschöpfung lag. Nicht besonders sanft legte er ihn auf dem Boden ab, musterte ihn ein paar Sekunden. Dann verschwand er nach draußen, um etwas Schnee in eine Holzschüssel zu schöpfen. Als er zurückkam, war der Junge noch nicht wieder Bewusstsein, sodass Kisame die Chance nutzte, um die Stofffetzen nach oben zu schieben. Die Verletzungen am Oberkörper machten keinen lebensbedrohlichen Eindruck, auch wenn ihm der Schnitt unterhalb der Rippen zu denken gab; war er mit einem Schwertkämpfer aneinander geraten? Sei es drum, er griff nach dem Tuch und tunkte es in den geschmolzenen Schnee, um ihm das Blut vom Körper zu waschen und ihn dann zu verbinden. Es kam erst wieder Bewegung in den Jungen, als er sich der Hose widmete, ihm diese von den Hüften schieben wollte. „Reiß dich mal zusammen“, brummte er genervt. Der Junge keuchte schwer, windete sich und schlug wieder nach ihm. Da hatte er sich ja was ins Haus geholt. Um ihn ruhig zu stellen, setzte sich Kisame auf seine Beine und drückte seine Hände neben seinen Kopf. Der erschöpfte Leib war nur noch in der Lage zu zucken, während er ihn panisch anblickte. „Ruhig jetzt!“, ermahnte Kisame ihn ernst. „Ich habe nicht vor, dir etwas zu tun, verstanden?“ Gut, angesichts dessen, dass er sich eine kleine Gegenleistung erhofft hatte, konnte er den Jungen sogar verstehen. Die schwarzen Augen blickten ihn gehetzt an, der schmale Körper zitterte heftig unter ihm. Nein, er vertraute ihm kein Stück. Warum auch? „Ich gebe dir mein Wort, dass ich mir nur die Wunden ansehe. Ich werde nichts tun, was du nicht willst. “ Ihm entging nicht, wie sich der Junge unter ihm anspannte, noch stärker bebte. Sein Blick flackerte verzweifelt durch den Raum, ehe er plötzlich die Augen schloss und die Lippen fest zusammenpresste. Kisame begriff nicht sofort, dass er aufgab, doch er bewegte sich nicht mehr. Er blieb einfach nur liegen und atmete geräuschvoll durch die Nase. Ein paar Sekunden beobachtete Kisame ihn nur, doch dann ließ er seine Hände los. „Wie alt bist du?“, fragte er beiläufig und stieg wieder von ihm runter. Die Antwort ließ auf sich warten, aber Kisame gab ihm die Zeit, um seine Gedanken zu ordnen. Gewissenhaft fuhr er fort, den Jungen zu säubern, was diesen immer wieder zusammenzucken ließ. „…dreizehn.“ Noch jünger als er ihn geschätzt hatte und damit wirklich noch ein Kind. „Wie heißt du?“, erkundigte er sich ungerührt weiter. Anstatt ihm zu antworten, wollte sich der Junge wieder auf die Seite drehen, doch Kisame hielt ihn davon ab. „Itachi.“ „Wo sind deine Eltern?“ „Mir ist kalt.“ „Danach habe ich nicht gefragt“, gab der Ältere zurück, holte aber trotzdem eine Decke, in die er ihn wickelte. Itachi setzte sich vorsichtig auf, den Blick gesenkt haltend. Seine Lippen formten lautlos ein Wort – und Kisame verstand. Tot. Demnach war der Junge nun ein Waisenkind und Kisame wusste, dass sich niemand um ihn kümmern würde. Die Leute hatten ihre eigenen Probleme, da war kein Platz für ein weiteres hungriges Maul. „Was ist passiert?“ „Es…gab einen Angriff auf unser Dorf“, nuschelte Itachi und kauerte sich in der weichen Decke noch mehr zusammen. Er wirkte in dem Moment so verloren, dass sich etwas in Kisames Brust regte – war das etwa Mitgefühl? Eigentlich sollte er so etwas gar nicht mehr fühlen können, hatte er doch schon zu viel in seinem Leben gesehen. Trotzdem hinderte ihn das Gefühl daran, dieses Kind weiter auszufragen oder es einfach wieder hinaus in die Kälte zu werfen. Stattdessen erhob er sich, um wie geplant runter ins Dorf zu gehen. Der Junge ging sofort wieder auf Abwehr, schien Schlimmeres zu erwarten. „Beruhig dich schon, ich mach ja gar nichts“, brummte er, doch so recht glauben wollte Itachi ihm wohl nicht. „Ich geh noch mal runter ins Dorf…du kannst hier bleiben und dich ausruhen.“ Unsicherheit flackerte in seinem Blick auf, doch Kisame schenkte dem keine Beachtung, sondern deutete auf den Beutel, den er zuvor neben der Tür abgelegt hatte. „Darin ist was zu essen. Nimm dir, was du brauchst.“ Er wusste selbst nicht, warum er so großzügig zu einem Jungen war, wenn er sich doch keinen Nutzen von ihm erhoffte. Sicher konnte man sich auch von einem Knaben Befriedigung holen, doch nachdem er diesem schon versprochen hatte, ihn nicht gegen seinen Willen zu berühren…kam er sich schäbig vor, es auch nur zu versuchen. Vielleicht war er ja doch nicht so verkommen, wie er selbst von sich dachte. Er warf einen letzten Blick über die Schulter, sah in Itachis blasses Gesicht, aus dem ihm die dunklen Augen entgegen starrten. Kopfschüttelnd wandte er sich ab und schloss die Tür hinter sich. Die Kneipe unten im Dorf war an diesem Abend recht gut besetzt und Kisame vermutete, dass das an den Neuigkeiten liegen mochte. Tratsch und Klatsch hatten die Leute schon immer zusammengeführt und auch jetzt schien dies der Fall zu sein. Der fette Wirt schenkte ihm eifrig ein, kaum dass er sich an die Bar gesetzt hatte und er schien in ungewohnt guter Laune zu sein. „Gibt’s was zu feiern?“, erkundigte sich der Hüne, nachdem er gezahlt hatte und der Mann hielt inne. „Das fragst du noch? Hast du es denn noch nicht gehört, Fremder?“ „Gehört?“ Es war immer besser, wenn man sich dumm stellte und zudem schien der Wirt einer zu sein, der sich am liebsten selbst reden hörte – so auch jetzt. „Der Uchiha-Clan ist gefallen!“ Kisame war erst seit Kurzem in der Gegend, hatte eine weite Reise hinter sich und von daher war es nicht verwunderlich, dass er noch nie von besagtem Clan gehört hatte. Der Wirt schien ihm das nicht übel zu nehmen, viel mehr konnte er es kaum erwarten, ihm mehr zu erzählen. Kisame hörte aufmerksam zu, ignorierte die tanzenden und johlenden Leute um sich herum. „Die Uchiha sind wahre Teufel, musst du wissen! Sie sind verschlagene Hunde, die über mysteriöse Zauberkräfte verfügen! Ihretwegen müssen wir Hunger leiden!“ „Hexerei also“, meinte Kisame und bemühte sich, ehrfürchtig zu klingen. An so ein Gewäsch glaubte er nämlich nicht – Zauberkräfte? Das war ja lächerlich, so etwas gab es da, wo er her stammte, überhaupt nicht. Aus Erfahrung wusste er außerdem, dass die Menschen gern Schuldige für ihre Not suchten und diese ominösen Uchiha kamen da sicher wie gerufen. „Aber nun ist das vorbei!“, verkündete der Wirt feierlich und schenkte ihm großzügig nach. „Ihr Aufenthaltsort wurde endlich aufgespürt und man hat sie allesamt ausgerottet! Welch ein Segen!“ Ein paar angeheiterte Männer grölten, als sie das hörten, und hoben synchron ihre Schälchen, ehe sie diese an die Lippen setzten und herunter stürzten. Kisame tat es ihnen gleich, wenn auch nur, weil er keinen falschen Eindruck vermitteln wollte. Der Wirt schien sich noch nicht gänzlich ausgelassen zu haben, denn er berichtete ihm noch weiter. Davon, dass die Uchiha angeblich die Herzen von Menschen verspeisen und Jungfrauen entführen würden. Dass sie direkt aus der Hölle kämen und deshalb Feuer speien konnten. Kisame fand diese Geschichten schlicht und ergreifend lächerlich. „Und woran erkennt man sie?“, hakte er nach, woraufhin ihn der Wirt verdutzt ansah. „Na, an ihren roten Augen natürlich!“, platzte es dann aus ihm heraus und der Hüne musste sich ein Grinsen verkneifen. Rote Augen also…na, das wäre ja wirklich sonderbar. Kurz war ihm der Gedanke gekommen, Itachi könnte vielleicht aus diesem Clan stammen, aber das verwarf er sofort wieder. Denn selbst wenn es so sein sollte, war er doch nur ein harmloses Kind…und die roten Augen fehlten auch. Als er nach einigen Stunden zurück in die Hütte kam, lag Itachi in seine Decke gewickelt auf dem Boden und schien eingeschlafen zu sein. Wenn Kisame ehrlich war, hatte er nicht mal damit gerechnet, dass er noch da sein würde. Andererseits hatte er keine große Wahl in seiner Situation… Kisame setzte sich im Schneidersitz neben den Jungen, betrachtete ihn noch einmal ausgiebig. Was er sah, war ein zierliches, verletztes Kind, das einfach nur überleben wollte. Ein bitteres Lächeln legte sich auf Kisames Lippen, als ihm bewusst wurde, dass er wohl doch ein bisschen mehr Sake getrunken hatte, als gut war. Es kam selten vor, dass ihn Alkohol melancholisch stimmte – und er hasste das. Alles wegen einem Jungen, der ihm fremd war. Richtig lächerlich. Beinahe so lächerlich wie die Geschichten vom Uchiha-Clan. „Teufel, huh?“, murmelte er in die Stille hinein. Er beugte sich vor, um Itachis Gesicht besser sehen zu können, doch der Mond spendete wenig Licht durch das Fenster. Gedankenverloren strich er ihm die Haare aus der Stirn, schalt sich jedoch sogleich einen Narren. „Als ob ein Kind wie du gefährlich i-“ Er hatte seine unsinnigen Selbstgespräche gerade erneut begonnen, als ein plötzlicher Ruck durch den zusammengerollten Körper vor sich ging – und ihn etwas am Handgelenk traf. Fluchend wich er zurück, presste die Finger auf die Stelle seiner Haut, die wie Feuer brannte. Was zur Hölle war da eben passiert?! Kisame fuhr herum, suchte in der Finsternis nach dem Jungen und – fühlte sich im nächsten Moment wie gelähmt. Rote Augen glommen in der Dunkelheit auf, leuchtend wie zwei Rubine und Kisame erinnerte sich wieder an die Worte des Wirts. Das Geschwätz von Zauberkräften und Teufeln, das er für blanken Unsinn gehalten hatte, erschien ihm mit einem Mal viel glaubwürdiger. „Was zur Hölle…“, murmelte er fassungslos. Sollte das Gerede der Leute letztendlich doch stimmen? Kein Wort drang über die Lippen des Jungen, er bewegte sich auch nicht, beinahe so, als sei er eine Statur. Kam es ihm nur so vor oder wurden die roten Augen noch eine Spur leuchtender? Das Brennen an seinem Handgelenk nahm zu und es verstörte ihn so sehr, dass ebenfalls nur da stehen konnte. „Was…was hast du da eben gemacht?“, fand er seine Stimme wieder und konnte nicht verhindern, dass sich ein zorniger Unterton einschlich. „Ist das der Dank für-“ Bevor er zu Ende sprechen konnte, verlosch das rote Glühen mit einem Mal und der Junge huschte wie ein Schatten an ihm vorbei. Reflexartig griff er nach ihm, erwischte den dünnen Arm des Kindes und – gleich darauf schoss der brennende Schmerz auch durch seine Handfläche. Es dauerte keine drei Sekunden, bis er ihn losließ und zurücktaumelte. In seinen Ohren rauschte es, sodass er das hektische Zuschlagen der Tür nur aus weiter Ferne vernahm. Er war weg. Kapitel 2: Sag dem Teufel ------------------------- In den nächsten Tagen kehrten seine Gedanken wiederholt zu dem Jungen zurück. Er fragte sich, wohin dieser gegangen sein mochte. Vermutlich hatte er sich im Wald verkrochen und war inzwischen erfroren, denn wo sollte er auch sonst hin? Auch wenn die Leute keinen Teufel in ihm sahen, würden sie ihn bestimmt nicht aufnehmen. Kisame war sich mittlerweile sicher, dass er sich die roten Augen eingebildet hatte, was er dem Alkohol zuschieben musste. Die geröteten Stellen auf seiner Haut, dort, wo der Junge ihn berührt hatte, konnte er sich zwar nicht erklären, aber Zauberei? Es musste ein Trick gewesen sein. Der Junge hatte Angst bekommen, weil er ihm während des Schlafs zu nahe gekommen war, und sich gewehrt. Mit grimmigem Blick griff er nach seiner Hose und dem dazu gehörigen Oberteil, ehe er sich auch noch den Mantel überzog. Das seltsame Kind konnte ihm völlig egal sein, er würde es mit Sicherheit nie wiedersehen. Also sollte er auch keinen weiteren Gedanken mehr daran verschwenden. Dieses Vorhaben gelang Kisame jedoch nur teilweise; er streifte des Öfteren durch die Wälder, entweder um sein Abendessen zu fangen oder um seinen Platz zu sichern und das erinnerte ihn unwillkürlich an diese merkwürdige Begegnung. Zwischendurch war wieder Schnee gefallen, so viel, dass die blutigen Spuren des Jungen längst unter den Massen begraben waren. Wie der Junge selbst, wenn dieser tatsächlich in der Kälte geblieben war. Dem Dorf blieb Kisame in den folgenden Tagen fern, auch wenn ihn die Kneipe gelegentlich lockte. Sake mochte schön und gut sein, aber er machte ihn redselig und das konnte er nicht gebrauchen. Sicher, er konnte sich kontrollieren, aber er war ein auffälliger Typ, an den sich die Menschen erinnerten. Das war ungünstig und aus diesem Grund zeigte er sich den Leuten nur, wenn es notwendig war. Söldner mochten in der Regel gut bezahlt werden, aber in der Gesellschaft waren sie verpönt. Niemand wollte solchen Menschen wie ihm gern Asyl bieten, weswegen es klug war, sich möglichst bedeckt zu halten. Dass ihm das Kämpfen im Blut lag, hatte nicht nur er selbst erkannt, sonst wären seine Aufträge nicht so zahlreich. Leider machte man sich mit diesem Beruf auch viele Feinde und so war es klüger, sich zurückzuziehen und die Zeit verstreichen zu lassen. Allerdings brauchte er trotz allem Lebensmittel und nicht immer lief seine Jagd so gut, wie er es sich erhoffte. Deshalb blieb ihm letztendlich nichts anderes übrig, als wieder runter ins Dorf zu gehen. Bei diesem Besuch konnte er auch gleich ein paar Gerüchte aufschnappen. Es war immer von Vorteil, wenn man auf dem aktuellen Stand war – auch wenn dies bei diesen Hinterwäldlern eher unwahrscheinlich war. Die glaubten lieber an Teufel. Lächerlich. Zu seiner Verwunderung erwartete ihn ein noch größerer Tumult im Dorf, als er es sich vorgestellt hatte. Der Marktplatz war so gut besucht, dass er die Leute beiseiteschieben musste, um sich einen Weg durch die johlende Menge zu bannen. Kisame runzelte die Stirn, schubste eine ältere Frau, welche kreischend die Hände in die Luft gereckt hatte, von sich und ging weiter, ohne dem Gezeter noch mehr Beachtung zu schenken. Was zur Hölle war hier eigentlich los? Gleichermaßen interessiert und misstrauisch versuchte er, in das Zentrum der Meute vorzudringen, was ihm dank seiner Statur auch gut gelang. Dennoch konnte er nicht genug überblicken, sodass er sich weiter nach vorn kämpfte, wo ihn ein Anblick erwartete, mit dem er nicht gerechnet hatte. Im Zentrum des Menschenauflaufs hatten sich einige Personen versammelt, die durch ihre bodenlangen, schwarzen Roben hervorstachen. Sie hielten weiße Papierfetzen in den Händen, Rosenkränze und murmelten unverständliches Zeug vor sich hin. Es glich einem Singsang und er wusste nicht, was er von dieser Scharade halten sollte. Vermutlich kam er einfach von zu weit her, als dass ihm die merkwürdigen Riten anderer Regionen hätten bekannt sein können. Er hätte den Schauplatz spätestens jetzt verlassen und seines Weges gehen sollen, doch etwas…oder besser jemand hielt ihn davon ab. Kisame traute seinen Augen kaum, als er die zierliche Gestalt, welche ihm schon die ganze Zeit nicht mehr recht aus dem Kopf gehen wollte, erfasste. Man hatte eine Art hölzernen Altar in der Mitte platziert und auf diesem lag rücklings der schmächtige Körper des Jungen, den man an Händen und Füßen festgebunden hatte, sodass er sich kaum noch rühren konnte. Hatte er in der Nacht, in der er verschwunden war, noch sein zerfleddertes Hemd getragen, so war er nun splitternackt. Zittrig hob und senkte sich die flache Brust, welche alte und neue Verletzungen aufwies. Die schmalen Lippen, welche er fest aufeinander gepresst hatte, schimmerten aufgrund der Kälte bläulich. Kisame fragte sich unweigerlich, wie er so lange überlebt hatte, dort draußen allein im Wald. Vermutlich hatte er sich ins Dorf geschlichen, um an wärmende Kleidung und Nahrung zu kommen; eben das musste ihn in diese Situation gebracht haben. Dadurch, dass man seine Arme über seinem Kopf zusammengezurrt hatte, stachen die Rippen noch deutlicher hervor. Einen Blick in die dunklen Seelenspiegel des Jungen konnte er nicht erhaschen, da man ihm diese mit einem Tuch verhüllt hatte. Kisame konnte nur erahnen, welche Ängste das Kind in seiner Lage auszustehen hatte, blind, halb am Erfrieren und diesen Verrückten ausgesetzt. Einer der Männer, ein fettleibiger, älterer Kerl mit schwarzer, turmartiger Kopfbedeckung, der hinter dem Jungen stand, hob schließlich beide Arme in die Luft und sofort wurde es ruhiger. Einzig der geflüsterte Singsang verebbte nicht, hielt die Atmosphäre weiterhin auf Spannung, während der Priester oder was immer er auch darstellen sollte zu sprechen begann. „Willkommen, ihr guten Leute!“, rief er mit einer heiseren, krächzenden Stimme. „Tragt keine Furcht in euren Herzen, denn wir haben einen der entkommenden Teufel gefangen! Er ist im Moment nicht in der Lage, uns zu schaden!“ Kisame hörte nur mit halbem Ohr zu, sein Blick lag wie gebannt auf dem schwach zuckenden Leib. Die schwarzen Haare lagen unordentlich um das aschfahle Gesicht des Kindes, dessen Hände und Füße sich immer wieder gegen die Fesseln stemmten. Dadurch schnitten sich die Seile jedoch nur tiefer ins Fleisch, sodass er sich zusätzliche Schmerzen zufügte. „…er mag die Gestalt eines unschuldigen Jünglings tragen, aber wir wissen, was sich darunter verbirgt! Wir kennen diese Ungeheuer, die unsere Felder verderben und unsere Kinder stehlen, um sie zu entehren und zu verschlingen!“ Kaum waren die Worte gesprochen, reckten mehrere Leute die Fäuste in die Luft und schrien ihre Zustimmung heraus. Je weiter der Priester sprach, umso mehr wurde die aggressive Stimmung um ihn herum angeheizt. Der Hass auf den Jungen, Itachi, wurde präsenter, man schien danach greifen zu können. „Und wir werden nicht ruhen, bis wir jedes dieser Monster ausgerottet haben!“ Kisame bemerkte, wie der festgebundene Körper mehr in Bewegung geriet, allmählich setzte wohl die Panik bei ihm ein. Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedachte, dass hier gerade sein Tod prophezeit wurde. „Wir werden das Böse aus ihm herauspressen! Ihn läutern! Wir werden diese Missgeburt reinigen, auf dass sie uns selbst nach ihrem Tod nichts mehr anhaben kann!“, redete sich der Alte in Rage. Geifer flog ihm aus dem Mund, benetzte die angespannten Züge des Jungen, doch dessen Haut glänzte ohnehin bereits. Trotz der Kälte rannen ihm die ersten Schweißtropfen über die Stirn, wurden von dem Stofftuch aufgefangen. Derweil zog der Priester etwas unter seine Robe hervor und bei genauerem Hinsehen erkannte Kisame die kleine, aus Eisen gefertigte Zange. Die Vermutung, was es damit auf sich hatte, wurde sogleich bestätigt, als der Mann eine der bebenden Hände des Jungen erfasste und ihn mit genügend Druck auf die Innenfläche dazu zwang, die zarten Finger zu spreizen. „Bekenne dich zu deinen Sünden, Uchiha! Gestehe, dass du aus der Hölle kommst und diesen Menschen Schaden zugefügt hast!“, fauchte der Alte und beugte sich dabei über das wehrlose Kind. Dieses verspannte sich merklich, doch kein Laut drang über die geschlossen Lippen, sodass der Priester nicht länger zögerte. Er begann mit dem kleinen Finger, setzte die Zange tief am Nagel an, ehe er diesen mit einem kräftigen Ruck herauszog. Fest biss sich der Kleine auf die Lippe, gab ein unterdrücktes Ächzen von sich, doch ansonsten blieb er still. Unzufrieden stellte der Mann dieselbe Frage noch einmal und als darauf erneut keine Antwort folgte, wiederholte er die Prozedur mit der Zange. Rohes Fleisch blitzte aus den Fingerspitzen hervor, durchnässt von Blut und Wundwasser, doch es brachte ihn dennoch nicht zum Schreien. Kisame hatte damit gerechnet, dass er spätestens beim dritten Nagel flehen würde, dass es aufhören möge, doch anscheinend war der Kleine härter im Nehmen als erwartet. Zwar zitterte er am ganzen Körper wie Espenlaub, doch den Mund hielt er geschlossen. „Der Dämon ist stark!“, rief der Priester aus, so als wollte er sich damit für die ausbleibenden Schreie entschuldigen. „Er verspottet uns! Doch lassen wir uns das gefallen?!“ Angestachelt schrien die Leute durcheinander, drohten mit den Fäusten und kein Einziger schien Mitleid mit dem Opfer zu haben. Diesem wurden soeben die beiden letzten Nägel gezogen, doch mehr als ein Wimmern blieb aus. Kisame fühlte obgleich des grausamen Szenarios doch so etwas wie Respekt für den Jungen, denn er war sicher, dass einige erwachsene Männer sich nicht so hätten beherrschen können. Jedoch machte er seinen Peiniger damit nur wütender, sodass dieser ihm schlussendlich mit der Zange ins Gesicht hieb. Die Haut an der rechten Wange platzte des kräftigen Schlages wegen sofort auf und das Blut bildete einen grellen Kontrast zur aschfahlen Haut. Dennoch blieb das Kind still, zerbiss noch immer seine bereits geröteten Lippen. „Gestehe, du Scheusal!“, zischte der Priester und riss an den schwarzen Strähnen. „Gestehe endlich deine Taten, du Miststück!“ Kisame war drauf und dran, dieser Farce den Rücken zu kehren, denn ihm kam allmählich die Galle hoch. Erwachsene Menschen standen in einem Kreis und sahen mit Begeisterung zu, wie ein verdammtes Kind misshandelt wurde. Er mochte kein Unschuldslamm sein, aber das hier war Folter aus purem Sadismus. Davon abgesehen, dass dem Jungen auch ein Geständnis nicht würde helfen können. Inzwischen hatten zwei andere Männer, die ebenfalls in schwarze Roben gehüllt waren, auf Geheiß des Priesters damit begonnen, mit Peitschen auf den Körper Jungen einzuschlagen. Wann immer das Leder auf die zarte Haut prallte, rote Striemen hinterließ, bäumte sich der Körper Itachis auf, warf sich gegen die Fesseln – und die Menge brach in Jubel aus, als der erste Schrei über seine Lippen glitt. Seine Stimme klang verzerrt, von Schmerz gepeinigt und abgehackt, eine Tortur für die Ohren. Die geschundene Haut platzte unter den Hieben auf, ließen ihn sich in seiner Qual winden. Ziellos wurde auf ihn eingeprügelt, so dass bald keine Stelle mehr unversehrt war und die Bewegungen des Jungen erlahmten allmählich. Es war abzusehen, dass er schon bald in Ohnmacht fallen würde, wenn man ihn weiter bearbeiten würde. Jedoch schien auch der Priester diesen Ausgang abzusehen, denn er befahl seinen Lakaien aufzuhören. Abermals richtete er seinen Blick auf die Menge, hob die Hände, als wollte er sie alle umarmen. „Wir haben ihn beinahe bezwungen! Der Dämon ist geschwächt, er wird sich uns bald ergeben…doch wollen wir ihn so einfach davon kommen lassen?! Ich sage, es reicht nicht!“ Kisame schnaubte, als um ihn herum die Leute die Worte des Mannes wiederholten, wohl keinen Zweifel daran hegten, dass das hier richtig war. Wie Schafe folgten sie ihrem Hirten… „Rache für unsere Kinder!“, brüllte der Alte und seine Augen traten hervor, als würden sie jeden Moment aus den Höhlen quellen. „Wir werden ihn auf dieselbe Weise strafen! Wir werden ihn in der gleichen Schande baden, ihm dieselbe Demütigung zuteilwerden lassen!“ Kisame erstarrte innerlich, doch außer ihm schien niemand Bedenken zu haben, als die beiden Männer, die den Uchiha schon zuvor geschlagen hatten, dessen Fußfesseln lösten. Es sagte auch niemand etwas, als einer von ihnen seine Robe anhob, während der andere die Schenkel des Jungen auseinander drückte. Wie auf Kommando zappelte das Kind wie von Sinnen, warf sich gegen die Fesseln und gab dabei Laute von sich, die nicht mehr menschlich klangen. Schiere Panik schien von ihm Besitz ergriffen zu haben, der Kopf flog hin und her, doch die Verzweiflung würde ihm nicht helfen. Unberührt fing der Priester an zu beten, so als höre er den Jungen gar nicht. Reflexartig spannte sich jeder Muskel im Körper des Hünen an und er ertappte sich bei dem Gedanken, loszustürmen und dem Jungen zu helfen. Ein wahnsinniger Gedanke, denn in diesem Fall hätte er diese ganzen Verrückten gegen sich. Die würden ihn als Ketzer abstempeln und sie beide hinrichten – das würde nichts bringen. Doch gerade als er sich damit einigermaßen beruhigt hatte, schaffte es das Kind, den Stofffetzen von seinem Kopf zu streifen. Erschöpft kippte er zur Seite, die Nasenflügel bebten bei jedem Atemzug, die Lippen vermochten nicht mehr aufeinander zu ruhen und…diese Augen. Kisame erstarrte, als sich die dunklen Seen mit all ihrer Verzweiflung auf ihn richteten und ihn nicht mehr losließen. Die dichten Wimpern zuckten leicht, betonten das, trotz aller Blessuren, hübsche Gesicht. Und…tatsächlich gab es da noch einen verfluchten Hoffnungsschimmer unter den flatternden Lidern und dieser schien ausgerechnet auf ihm zu liegen. Die dunklen Perlen schienen ihn stumm anzuflehen, bohrten sich in seinen Blick und Kisame begriff langsam, dass er sich dem nicht entziehen konnte. Es war vollkommen irrsinnig, sich für dieses Balg in Gefahr zu bringen, und er war Egoist, das hier brachte ihm nichts. Doch dann sah er wieder in diese Augen…und plötzlich hatte er seinen Nebenmann zur Seite geschubst, um nach vorn zu gelangen. Die Geschehnisse schienen an ihm vorbeizuziehen, als er noch während des Laufens sein Katana aus der Scheide zog. Bevor der Mann wusste, wie ihm geschah, durchtrennte ihm die Klinge den Hals, glitt widerstandslos durch das Fleisch. Die Hände ruhten noch zuckend an den hellen Innenschenkeln des Jungen, als ihm das Haupt geräuschlos von den Schultern glitt, mit einem gedämpften Laut zu Boden fiel. Es interessierte ihn nicht, dass ihn der Uchiha mit geweiteten Augen anstarrte, ebenso wie der Rest des Pulks, welcher die Aktion fassungslos mitangesehen hatte. Die Gesänge hatten gestoppt, keiner rührte sich mehr; sie starrten entweder auf ihn oder die Leiche zu seinen Füßen. Grabesstille. Es war der fette Priester, der sich als erster wieder fasste und mit wutentbrannter Mimik schrie: „Tötet ihn!! Das Ungeheuer hat ihn verhext! Er ist einer von ihnen!“ Die Worte waren wie ein Stichwort und Kisame verlor nicht länger Zeit damit, einfach nur in der Blutlache rumzustehen. Ruppig stieß er den zweiten Mann beiseite, sodass dieser zu Boden fiel, direkt neben dem abgetrennten Haupt seines Kollegen landete. Würgend krabbelte er davon, doch Kisame hatte seine Aufmerksamkeit längst auf den fetten Priester gerichtet. Dieser zückte plötzlich einen Dolch, welchen er zuvor in seinem Gewand versteckt hatte, und hob diesen über den Adamsapfel des Jungen, um diesen zu durchstoßen. „Du kommst mir nicht davon!“, schrie er in seinem Wahn und Kisame wusste, dass er zu spät da sein würde. „Fahr zur Hölle!“ Die fleischigen Hände schlossen sich fester um den Griff, stießen zu – nur um wenige Zentimeter über der Gurgel des Jungen zu stoppen. Wie gelähmt stand er da, die Adern traten an seiner Schläfe hervor und die Lippen bewegten sich stumm. Kisame verharrte für einen Moment in seiner Position, das Schwert noch zum Schlag erhoben und mit der anderen Hand hielt er einen der Mitläufer am Kragen gepackt. Ungläubig sah er zu dem Jungen, dessen Iriden die Farbe von getrocknetem Blut angenommen hatten. Rot glommen sie auf, bohrten sich in den erschrockenen Blick des Priesters…und dann schrie dieser auf einmal auf. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg Kisame in die Nase und als der Priester das Messer zur Seite warf, erkannte er, dass dessen Hände zahlreiche Brandblasen aufwiesen. Die Haut war wund und eitrig, schien sich immer mehr aufzublähen, wanderte die Unterarme hoch und breitete sich dort aus. Kisame zweifelte bereits an seinem Verstand, doch auch die restlichen Leute starrten den Gepeinigten fassungslos an. Das hier ging definitiv nicht mit rechten Dingen zu! Entsprachen die Gerüchte letztendlich doch der Wahrheit? Jedoch litt wohl nicht nur der alte Mann, denn als Kisame den Blick wieder auf das Kind richtete, erkannte er, dass sich auf seinen Wangen rote Tränenspuren gebildet hatten. Der Lebenssaft kam direkt aus den nun wieder dunklen Augen, welche so viele Gefühle wiederspiegelten, dass ihm ganz schlecht davon wurde. Da war Schmerz, Scham, Angst…und ein letzter Funken Hoffnung, der nach wie vor auf ihm ruhte. Scheiße, er konnte den Bengel nicht hier lassen, Teufelsbrut hin oder her – und wenn er dabei drauf ging! Grob schlug er die Hände, welche nach ihm griffen, beiseite und kämpfte sich mühsam zu dem Opfer vor, hieb dessen Fesseln mit seinem Katana durch. Ihre Blicke trafen sich, nur wenige Sekunden, ähnlich einer stillen Übereinkunft, ehe er sich den geschwächten Jungen mit einem Ruck über die Schulter warf. Zu seinen Füßen wand sich kreischend der Priester, doch er ignorierte ihn, hob erneut sein Katana, um sich gegen die aufgebrachten Dörfler zu verteidigen. Die Stirn des Uchihas tippte sachte gegen seinen Rücken, die Glieder wurden noch schlaffer und es ließ ihn stutzen. „Wehe, du stirbst jetzt!“, knurrte er, den Blick auf die Meute vor sich gerichtet. Der Junge gab keine Antwort, doch wenigstens atmete er noch und das reichte ihm vorerst. Auch wenn er nicht damit rechnete, dass sie hier lebend wieder rauskamen. Vielleicht mit zweifelhaftem Glück, immerhin war mit Sicherheit keiner dieser Männer richtig ausgebildet. Sei es drum, er war niemand, der aufgab und so warf er sich mit Kind und Schwert in das Getümmel. Aussichtslos beschrieb seine Situation wohl am besten, als er wenig später mit dem Rücken zur Wand stand und sich mit aller Kraft gegen die aufgebrachten Dörfler verteidigte. Der Junge befand sich direkt hinter ihm, hielt die Augen krampfhaft geschlossen, während er in seinem Schutz auf dem Boden kauerte. Mittlerweile war der Schnee zu seinen Füßen blutgetränkt und die Erschöpfung meldete sich, ließ seine Bewegungen erlahmen und seine Aufmerksamkeit abschweifen. Wie lange stand er hier schon und verteidigte sich und das Kind mit allen Mitteln? Anfangs war es noch relativ einfach gewesen, da nicht alle bewaffnet gewesen waren, doch die Leute waren ausgeschwärmt und sei es nur, um sich einen Hammer zu holen, mit dem sie ihm eventuell den Schädel zertrümmern konnten. Kisame wusste nicht, wie viele Hälse er umgedreht, wie viele Herzen durchstoßen oder wie viele Schädel er zertrümmert hatte. Er wusste nur, dass er selbst zu viel abbekommen hatte, auch wenn es wohl nur oberflächliche Wunden waren und er nicht gerade zimperlich reagierte. Jemand hatte ihm die Faust gegen die Schläfe gedonnert, ihm eine Platzwunde zugefügt und das Blut lief ihm immer wieder in die Augen. Einer hatte ihm seinen Hammer direkt zwischen die Rippen gerammt und mindestens eine war gebrochen, denn das Atmen fiel ihm schwer. Allmählich hatten sie ihn soweit mürbe gemacht, dass er selbst nicht mehr daran glaubte, heil hier rauszukommen. Es waren zu viele und auch wenn er zahlreich getötet hatte, so nützte es ihm im Endeffekt nicht viel. Nicht, dass er aus diesem Grund aufgeben würde, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis man ihn niederringen würde – und mit dem Kind als Last hatte er noch weniger Chancen. Der nächste Hieb traf wieder seinen verletzten Kopf, weil er nicht reagiert, das Schwert gerade im Brustkorb eines jungen Mannes zu seiner Linken stecken hatte. Ein Tritt gegen seine Beine ließ ihn vollends das Gleichgewicht verlieren und um ein Haar wäre er auf den Jungen gefallen. Dieser japste erschrocken auf, blickte sich panisch zu allen Seiten um und auch er schien zu begreifen, dass es vorbei war. „Tötet sie! Alle beide! Der Teufel hat ihn in seinem Besitz! Sie sind verflucht!“, schrien die übrig gebliebenen Priester. Ihr Anführer war vermutlich längst niedergetrampelt worden, doch als er ihn das letzte Mal gesehen hatte, war sein Gesicht ohnehin nur noch eine Masse aus verbranntem Fleisch gewesen. Zornig schaute er zu dem Jungen runter, welcher sich zitternd an seinen Rücken drückte. Wütend griff er nach hinten, zerrte unwirsch an seinen dunklen Haaren, woraufhin ein schmerzerfülltes Keuchen ertönte. „Setz deine verfluchten Teufelskräfte ein, Junge, sonst gehen wir hier drauf!“, grollte er und schüttelte ihn durch. Bevor er sich jedoch noch weiter auf ihn konzentrieren konnte, wurde ihm der kalte Stahl eines Katanas gegen die Kehle gepresst und er stockte. Umzingelt traf ihre Situation wohl am besten und er knirschte mit den Zähnen, schmeckte sein Blut in seinem Mund. „Richtet sie für ihre Verbrechen!“, ertönte wieder ein Ruf. „Rächt eure Familien, eure Freunde!“ Mit der bloßen Faust schlug er das Schwert beiseite, kümmerte sich dabei nicht um die Wunde, die er sich zufügte, sondern sprang wieder auf die Beine. Und wenn sie ihn in tausend Stücke schneiden mussten, er würde sich nicht freiwillig ergeben. Er würde kämpfend sterben, so wie er es immer gewollt hatte. Der Junge hinter ihm gab gar keinen Mucks mehr von sich, aber darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Doch gerade als ihm der Gedanke kam, dass es vielleicht gnädiger wäre, wenn er dessen Leben beendete, bevor diese Geisteskranken ihn wieder auf den Altar schnürten, um ihn aufgrund ihrer lächerlichen Rache zu vergewaltigen und danach hinzurichten, ertönte ein Schrei. Es war der Schrei einer Frau, welche mit geweiteten Augen gen Himmel zeigte…und was dort zu sehen war, ließ sogar ihn erstarren. Die Stille, die sich plötzlich über den Platz gesenkt hatte, wurde von einem lauten Krächzen gebrochen. Normalerweise hätte Kisame einen Schwarm Krähen nicht als beunruhigend empfunden, allerdings handelte es sich hierbei nicht um ein paar schwarze Vögel. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so viele Viecher auf einmal gesehen zu haben. Die dunklen Schwingen bedeckten den Himmel, ähnlich einer Unwetterfront, die aufzog. Gut hundert Augenpaare richteten sich auf den Pulk unter ihnen und Kisame stutzte, als ihm auffiel, dass die Tiere immer tiefer flogen. Im nächsten Moment schossen die Krähen im Sturzflug herunter, mit den scharfen Klauen voran und mit einem eindeutigen Angriff. Das laute Krächzen mischte sich mit den Angstschreien der Leute, als die Vögel mit Krallen und Schnäbeln nach ihren Gesichtern hieben. Als hätte man mit einem Stock in ein Wespennest gestochen, schwärmten die Krähen aus, machten vor niemandem Halt und Kisame duckte sich gerade noch rechtzeitig, bevor das Vieh ihm die Krallen in die Augen jagen konnte. Andere hatten nicht so viel Glück, wie zum Beispiel eine junge Frau, die sich schreiend die Hände auf die zerfleischten, leeren Höhlen drückte. „Scheiße!“, entfuhr es ihm und er taumelte zurück, wäre beinahe über das Kind gestolpert, welches regungslos im kalten Schnee lag. Kisames Kiefer mahlte geräuschvoll, als er sich runterbeugte und den Jungen an der Schulter packte, um ihn grob daran zu rütteln. Dieser schaute aus fiebrig glänzenden, pechschwarzen Seen zu ihm hoch, zitterte sofort wieder am ganzen Leib. „Warst du das?!“, zischte der Hüne und zeigte auf das blutige Schauspiel. Der Uchiha folgte seinem Blick, schüttelte dann nur langsam den Kopf und Kisame bemerkte, wie eiskalt der Körper war. Murrend hob er das nackte Bündel auf seine Arme, drückte es an sich und sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Er fuhr herum, als über ihm Flügelschlagen und ein bedrohliches Krächzen ertönte – und er sah nur noch, wie der schwarze Schatten auf ihn zuraste. Reflexartig kniff er die Augen zusammen, drehte den Kopf seitlich, um sein Gesicht zu schützen…doch der erwartete Schmerz blieb aus. Etwas drückte seine Schulter, ein kaum nennenswertes Gewicht und als er aufschaute, sah er, dass sich die Krähe auf ihm niedergelassen hatte, die roten Iriden fest auf den Jungen in seinen Armen gerichtet. Dessen nun ebenfalls wieder glühende Rubine fixierten den Vogel, während sich die blutigen Finger in den Stoff seiner Kleidung verkrallten. Kisame verstand nicht länger, was hier vor sich ging…es musste Hexerei sein. Kaum hatte er den Gedanken gesponnen, fegte plötzlich eine Feuersalve über den Platz, schmolz den Schnee innerhalb von Sekunden weg und setzte die Unglücklichen, welche im Weg standen, in Brand. Das Chaos um sie herum nahm zu, Panik brach aus und nun schien keiner mehr kämpfen zu wollen. Kisame blieb mit dem Rücken zur Wand stehen, als er sah, wie ein kleiner Junge umgestoßen und in kurzer Zeit totgetrampelt wurde. Abermals fegte die Flammen wie aus dem Nichts auf die Menschen zu und Kisame vernahm den Geruch von verbranntem Fleisch, spürte die Hitze bereits, obwohl er bis jetzt noch außerhalb der Reichweite stand. Hart schluckte er, wich noch weiter zurück, denn er selbst bezweifelte mittlerweile, dass er gegen diese Macht bestehen konnte. Das hier ging nicht mit rechten Dingen zu. Und dann sah er es…eine Gestalt in glänzend roter Rüstung, mir rabenschwarzem Haar und sie bewegte sich unmenschlich schnell durch den Pulk. Eine Sichel bohrte sich durch Eingeweide, ließ Knochen splittern und nahm ein Leben nach dem anderen. „Der Dämon!“, drangen die Schreie an seine Ohren. „Er wird uns alle umbringen!“ Erneut loderten die Flammen empor, verschlangen die Leute, die bereits auf der Flucht waren und ließen nur rußgeschwärztes Fleisch übrig. Kisame schluckte, als sich der Verantwortliche dieses Massakers auf ihn zu bewegte und gleichzeitig spreizte die Krähe auf seiner Schulter ihre Schwingen, krächzte schrill, ehe sie davon flog. Es handelte sich um einen Mann Ende Dreißig, der über seine schwarzen Kleidung die Rüstung eines Samurais trug. Auf seinem Rücken hatte er einen riesigen Fächer befestigt und die Kette daran führte zu der blutbefleckten Sichel, welche er in der Hand hielt. Er stand aufrecht, mit erhobenem Kopf und der harte Blick leuchtend roter Augen drückte puren Hass aus. Die Züge waren nicht so feminin wie die des Jungen, doch er erkannte dennoch eine gewisse Ähnlichkeit. Die schwarze Mähne reichte ihm bis zum Hintern, stand wild in alle Richtungen ab. Schatten lagen unter seinen Augen, so als hätte er nächtelang nicht geschlafen, doch es ließ ihn nicht weniger bedrohlich wirken. Dieser Mann war zum Töten gekommen, das merkte man seiner Ausstrahlung an. Ihre Blicke trafen sich, keiner von ihnen beiden sagte etwas, sie musterten einander bloß, doch dann trat der unbekannte Krieger vor. Kisame wusste, dass er sterben würde, wenn er es auf einen Kampf anlegte. Erstens war der Mann vor ihm nicht normal und zweitens nahm seine Erschöpfung immer mehr zu. Die Sichel wurde über den Kopf des Fremden gehoben, ein mörderisches Funkeln trat in die hasserfüllten Augen und Kisame begriff, dass es wegen dem Jungen in seinen Armen war. Dieser zuckte nur noch schwach, die Kälte und die Schmerzen schienen ihn langsam dahinzuraffen. Dachte dieser Dämon, dass er dem Kind das angetan hatte? Wohl kaum oder? Vermutlich war es ihm einfach nur egal, er wollte jeden hier tot sehen. Bevor sich die Waffe jedoch in seinen Körper graben konnte, erschien erneut eine Krähe wie aus dem Nichts und ließ sich auf der Schulter des Unbekannten nieder. Dieser hielt daraufhin inne und es machte den Eindruck, als lauschte er dem Krächzen des Vogels, welcher aufgeregt mit den Schwingen raschelte. Verrückt. Erneut bohrte sich der Blick des Mannes in den seinen, abschätzend und immer noch verächtlich, doch dann befestigte er die Waffe an seiner Seite und deutete mit einem Nicken auf den Jungen. „Gib ihn mir zurück.“ Die Stimme dröhnte dunkel und unheimlich machtvoll in seinen Ohren wieder, ließ keine Widerrede zu. Zurück…also gehörte auch dieser Kerl zu diesem angeblichen Clan von Teufeln. Teufel…ja, das mussten sie in der Tat sein und dennoch verspürte Kisame keine Angst. Weder vor dem Kind, noch vor dem Mann, welcher sich ihm nun so vorsichtig näherte, als glaubte er an eine Falle. Unweigerlich sträubte er sich dagegen, den Jungen einfach wegzugeben, immerhin hatte er sein Leben für ihn riskiert. „Gib ihn mir!“, zischte der Dämon nun und die Luft um ihn herum schien zu flimmern. Kisame schluckte den Kloß in seinem Hals nur mühsam herunter, doch er wich nicht zurück. Woher diese plötzliche Besessenheit von dem Kind in seinen Armen kam, das wusste er selbst nicht. Er wollte es noch immer verteidigen. Doch gerade als der Krieger erneut zu seiner Waffe greifen wollte, legte sich eine kleine Hand auf die seine, ließ sie beide innehalten. Die Finger, deren Nägel fehlten, zitterten heftig, der Atem ging stockend, doch der Blick war so eindringlich wie eh und je. So beeindruckende Augen, nicht nur der Form oder Farbe wegen, hauptsächlich war es die Willensstärke in den tiefschwarzen Perlen, die ihn gefangen nahm. Ein mühseliges Nicken folgte und Kisame verstand, was er ihm sagen wollte…was er tun sollte. Als er dem Mann mit den Teufelsaugen das Bündel überreichte, hatte er nicht das Gefühl, man nehme ihm eine Last von den Schultern, nein, es war beinahe so, als hätte er etwas Wertvolles verloren. Möglicherweise war es die Macht, die von beiden gleichermaßen, wenn auch auf verschiedene Weise, ausging. Kein Mensch konnte so einer Verlockung wiederstehen. War es dieser Gedanke, der ihn den Abschied nicht so gleichgültig nehmen ließ? Der Krieger jedoch verhinderte jede Chance auf eine letzte Kommunikation, lediglich der Blick des Bengels brannte sich ein letztes Mal in den seinen, ehe sich die Lider erschöpft schlossen. Beim nächsten Wimpernschlag waren die beiden verschwunden, als hätte sie der Erdboden verschluckt und alles was blieb, waren die Krähen, die sich an dem Fleisch der zugerichteten Leichen labten. Kapitel 3: Abgesang ------------------- „Lasst sie nicht entkommen!“ Laut hallte der Schrei über die von Gras bewachsene Fläche, welche den beiden Personen keinen Schutz durch Bäume oder dergleichen gab. Die Gegend war unvorteilhaft, doch das hatten sie vorher gewusst, sich ausreichend informiert und besprochen, wie sie vorgehen würden. Sie hatten darauf gesetzt, dass sie schnell genug und vor allem unbemerkt aus dem Schloss kommen würden. Allerdings hatte nicht alles so funktioniert, wie sie es sich erhofft hatten und als Resultat hatten sie einen Kameraden verloren und wurden gejagt wie Freiwild. Zumindest hatten sie ihr Ziel erreicht, dem Feudalherrn mit einem sauberen Hieb den Kopf von den Schultern getrennt und damit war ihnen der Lohn sicher. Doch was brachte ihnen das Geld, wenn sie hier sterben würden? „Stehen bleiben, ihr dreckigen Bastarde!“ Hoshigaki Kisame hätte beinahe aufgelacht, doch das hätte ihm höchstens Seitenstiche eingebracht und ihn somit am Laufen gehindert. Glaubte ihr Verfolger allen Ernstes, dass sie sich von ihm und seinen Männern freiwillig festnehmen lassen würden? Für den Mord an einem solch wichtigen Mann würden sie ihnen keinen schnellen Tod gönnen. Er hatte in den letzten sieben Jahren viele gefährliche Missionen hinter sich gebracht, sich gar einer Gruppe von Söldnern angeschlossen, doch nie war er dem Tode so nahe gewesen, wie an jenem Tag, als er diesem Jungen begegnet war. Mittlerweile war die Erinnerung nicht mehr allzu präsent, doch sie stieg gelegentlich noch in ihm auf. Vor allem die beeindruckenden, tiefschwarzen Seen waren ihm im Gedächtnis geblieben und er war sicher, dass er diese Augen niemals vergessen würde. „Verdammt, Sempai! Die kommen immer näher!“ Der Ausruf seines Begleiters ließ ihn herumfahren und tatsächlich hatten die Krieger des ermordeten Feudalherrn sie beinahe eingeholt. Das war alles die Schuld von diesem Schwachkopf Yura! Er hatte Nagato gleich gesagt, dass er diesen zwielichtigen Typen nicht dabei haben wollte, doch ihr Anführer hatte nur auf dessen nützliches Wissen hingewiesen. Immerhin war der Kerl ja ein wichtiger Informant und diente Sasori schon seit Jahren, doch im Endeffekt hatte auch Yuras Kenntnis über den Aufbau des Anwesens nicht verhindern können, dass sie zu früh entdeckt worden waren. Mehr noch, es war seine Dummheit gewesen, die sie in diese Bedrängnis gebracht hatte – wobei er nicht sicher war, ob der andere nicht absichtlich so unvorsichtig gehandelt hatte. Den Lärm, den der Mistkerl gemacht hatte, hatte dafür gesorgt, dass sie von einer Sekunde auf die andere umstellt worden waren. War Yuras angeblicher Fauxpas also nur eine Finte gewesen? Vielleicht hatte man ihm etwas geboten, dafür dass er sie ans Messer lieferte? Der Mann war ziemlich unruhig gewesen, fast schon nervös und nach dem Mord an dem Fürsten war ihm unweigerlich der Angstschweiß ausgebrochen. Wenigstens hatte der Idiot seinen vermeintlichen Verrat mit dem Leben bezahlt, sonst hätte Kisame ihn spätestens jetzt beseitigt. Ihre Verfolger hätten sie sicher bald eingeholt und dann wäre es vorbei mit ihnen beiden, waren sie doch allein von dieser Hetzjagd erschöpft. Blut klebte an ihrer Kleidung, lieferte den Beweis für ihre Tat und selbst wenn dem nicht so gewesen wäre, es hätte keine Rolle gespielt. Diese Kerle waren wie Bluthunde und nun, da der Fürst tot war, gehorchten sie dessen Sohn. Es wäre ein Wunder, wenn sie sie nicht während der Flucht töten, geschweige denn ihnen eine Anhörung ermöglichen würden. Kisame hob den Kopf, als eine Brücke in sein Sichtfeld kam, und augenblicklich veränderte sich die aussichtslose Lage. Ein Pfeil surrte an seinem Kopf vorbei, streifte seine Wange und er spürte die warme Flüssigkeit aus der Wunde treten. Bitter grinsend fuhr er sich mit der Zunge über die Haut, schmeckte den eisenhaltigen Geschmack, während er Suigetsu einen Wink gab. „Renn – bleib ja nicht stehen und dreh dich nicht um!“, grollte er keuchend und der Junge nickte, wenn auch mit skeptischem Blick. Es war ihm anzusehen, dass er alsbald keine Kraft mehr haben würde, und so drängte die Zeit noch mehr. Er hörte das Hufgetrappel der Pferde, welche von ihren Reitern getrieben wurden, bis ihnen der Schaum aus dem Maul tropfte. Hierbei wurde keiner geschont, man musste sie erwischen, sonst blühte den Kriegern ebenfalls Strafe. „Sempai, du-“ „Klappe halten und rennen!“, unterbrach er ihn harsch und blieb dicht hinter ihm, schützte ihn somit mit seinem breiten Kreuz. Die Brücke kam näher und auch wenn es knapp werden würde, so war es dennoch zu schaffen. Er trieb seinen Mitstreiter weiter an, warf immer wieder einen Blick über die Schulter, um ihre Chancen abzuschätzen. Ein plötzlicher Schmerz in seiner Wade ließ seinen Körper nach vorn rucken, doch er blieb nicht stehen, obgleich er innerlich bebte. Er musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass einer der Pfeile seine Wade durchbohrt hatte. Er würde nicht schnell genug sein, immerhin stolperte er bereits jetzt mehr davon, als dass er noch richtig rannte. Dennoch versuchte er es wenigstens, ignorierte das grausige Ziehen in seinem Fleisch und das Blut, welches seine Hose durchnässte. Jeder Schritt jagte ihm Schweißperlen über die Stirn, doch er blieb ruhig, ließ den Jungen nicht merken, dass etwas nicht in Ordnung war. Weitere Pfeile wurden auf sie geschossen, zischten an ihnen vorbei und Kisame keuchte auf, als einer seine Schulter traf. Der Laut ließ Suigetsu herumfahren und die violetten Iriden weiteten sich vor Schock, der Mund öffnete sich automatisch, doch der Ältere schüttelte nur den Kopf. „Nicht umdrehen, renn!“, bellte er ihn an und langte nach hinten. Noch während sie in Bewegung waren, haderte er mit sich, ob er den Pfeil herausziehen sollte, um den Schmerz zu mildern. Allerdings wusste er ebenso gut, dass er daran verbluten konnte, wenn er nicht rechtzeitig versorgt wurde und inzwischen waren die Krieger des Feudalherren so nahe, dass er das Schnauben ihrer Pferde vernehmen konnte. Wie bitter…so kurz vor dem Ziel. Er schubste den Jungen mit einem kräftigen Schlag auf den Rücken nach vorn und dieser taumelte, hielt sich am Pfosten der Brücke fest, ehe er entgegen seines Verbots zu ihm nach hinten schaute. Kisame grinste breit, während er sein Schwert zog und sich vor seinen Begleiter stellte, welcher ihn ungläubig ansah. „Kisame-sempai…hör auf damit!“, fuhr er ihn an, wollte zu ihm stoßen. „Wir können zusammen fliehen!“ Doch der Hüne schüttelte nur den Kopf, denn die Reiter waren bereits von ihren Pferden gestiegen, näherten sich ihnen, während die Schützen ihre Bögen spannten. Sie würden sie erwischen, da gab es keinen Zweifel mehr, doch Kisame hatte nicht vor, sich ihnen zu ergeben. „Verschwinde!“, grollte er und der andere zuckte zusammen. „Ich werde sie so lange in Schach halten, bis du am anderen Ende angekommen bist.“ Es war ein Versprechen und gleichzeitig ein Abschied, das musste auch der Junge erkennen, denn dieser sog scharf die Luft ein. Kisame wusste sehr wohl um den Sturkopf seines Kameraden, doch wenn dieser es wagte, sich gerade jetzt quer zu stellen… „Ich werde dich nicht-“ „Hau endlich ab!“, fiel er ihm ins Wort und erhob so aggressiv seine Stimme, dass der Jüngere unweigerlich zurückwich. „Geh!“ Es gab keine andere Möglichkeit und sie mussten nicht beide sterben. Davon abgesehen stand der Junge irgendwie unter seinem Schutz, er war jünger als er und nicht verletzt. Wenn schon einer von ihnen sterben sollte, dann entschied Kisame, dass er es sein würde. Selbst wenn sie über die Brücke kämen…mit dieser Verletzung würde er Spuren hinterlassen, er würde Suigetsu zur Last fallen, weil er bald nicht mehr richtig würde laufen können. Da starb er lieber einen ehrenhaften Tod im Kampf. „Geh endlich.“ Der erschöpfte Tonfall schien der richtige zu sein, denn auch wenn es dem anderen schwer fiel, so gehorchte er ihm nun. Kaum dass Suigetsu sich abgewandt hatte, wurden erneut Pfeile auf ihn geschossen und er wehrte sie hastig mit dem Schwert ab, ignorierte, dass er gestreift wurde. Was nicht weniger gefährlicher war, war die Klinge eines Schwertes, welcher Kisame im nächsten Moment ausweichen musste. Knurrend wie ein wilder Hund preschte er ungeachtet seiner Verletzungen vor, hieb mit seinem eigenen Schwert nach seinem Gegner und trennte ihm den Schwertarm ab. Der Schrei des Kriegers hallte über den Platz, während er auf die Knie sacke und sich den blutigen Stumpf hielt. Weitere Männer kamen hinzu, er hörte die zornigen Rufe des Hauptmannes und warf einen letzten Blick über die Schulter. Gut, der Junge war fast drüben, so gut wie in Sicherheit also. Ein grimmiges Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus und als er sich umdrehte, musste er sogleich einen Schlag parieren. Eine Faust traf auf seinen Kiefer, allerdings zu schwach, um ihm diesen zu brechen, sodass er das Blut in seinem Mund schluckte und selbst zulangte. Die Nase gab unter seiner Kraft nach, er hörte das verräterische Knacken und ein Tritt beförderte den jaulenden Mann nach hinten. Kisame holte aus, spürte das schmerzhafte Ziehen des Pfeils in seiner Schulter und durchtrennte dann die Seile der Brücke…doch das Gebilde aus Holz und geflochtenen Stricken gab nicht sofort nach, kippte lediglich ein wenig. Der Hüne grollte, wich dem nächsten Krieger aus, packte ihn noch in der Bewegung im Genick und stieß ihn die Klippen runter, vernahm den gellenden Schrei. Noch in derselben Drehung kappte er die andere Seite der Hängebrücke und diese fiel endgültig in die Tiefe. Er sah, wie Suigetsu kurz zögerte, dann aber die Beine in die Hand nahm und in dem dichten Wald verschwand. Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf seine Züge und es verblasste nicht, als er sich umdrehte, feststellte, dass er umzingelt worden war. Nun, alles musste einmal enden…aber er entschied, auf welche Weise und so erhob er sein Katana wieder, warf sich in den Kampf. Als Kisame später aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Das Letzte, an das er sich erinnerte, war, wie ihm jemand den Griff des Katanas in den Nacken gerammt hatte. Es hatte mindestens fünf weitere kräftige Schläge auf seinen Kopf gebraucht, um ihn in die Ohnmacht zu treiben. Unruhig leckte er sich das Blut von den Lippen, realisierte seine Lage, auch wenn er in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Man hatte seine Handgelenke mit massivem Eisen rechts und links neben seinem Kopf festgekettet, ebenso wie ein eiserner Ring um seinen Hals lag, ihm das Atmen erschwerte. Zudem trug er nur noch sein Untergewand am Körper, der obere Bereich lag frei und er ahnte, dass man ihn vor seinem Tod noch ordentlich in die Mangel nehmen würde. Was auch kommen würde, er würde seine Mitstreiter sicher nicht verraten, sich eher die Zunge abbeißen, als dies zu tun. Kisame versuchte herauszufinden, ob er allein in dem Kerker war, doch er konnte nicht genug erkennen. Still horchte er auf Laute, doch außer dem Fiepen der Ratten und dem Tropfen von Wassers vernahm er nichts. Es war kalt und feucht, doch der Hüne war niemals wirklich empfindlich gewesen. Schlimmer war das Brennen der Wunden, vor allem Schulter und Wade; Kisame vermutete, dass man ihm Salz in die Verletzungen gestreut hatte, um sein Leiden zu vergrößern. Die Pfeile steckten jedenfalls nicht mehr in seinem Fleisch. Feiner Schweiß klebte an seiner Stirn, doch noch konnte er ausharren, wusste, dass es schlimmer kommen würde. Unweigerlich versuchte er, seine Position zu verändern, doch das führte nur dazu, dass seine steifen Glieder noch mehr schmerzten. Etwas Warmes sickerte ihm den Nacken hinab Richtung Rücken und er vermutete, dass es das Blut einer Platzwunde an seinem Hinterkopf war – das hätte zumindest das unangenehme Pochen erklärt. Er ließ den Kopf hängen, atmete entnervt aus, während er den Blick schweifen ließ. So sah also sein Ende aus? Wenigstens hatte er sich im Kampf überwältigen lassen, das war vertretbarer als beispielsweise im Schlaf erschlagen zu werden. Er hing noch eine ganze Weile einfach nur da und rief sich verschiedene Ereignisse seines Lebens in Erinnerung. Unweigerlich stellte sich ihm die Frage, was wohl aus dem Jungen von damals geworden war. Ob er seinen Wunden erlegen war? Nein. Nach allem, was das Kind erduldet hatte, würde es sicher kein solch erbärmliches Ende gefunden haben. Dieses andere Monster hatte ihn mitgenommen, vermutlich versteckten sie sich irgendwo vor den Leuten. Kisame schnaubte leise, hielt dann inne, denn in diesem Moment wurde knatschend die schwere Tür geöffnet und das grelle Licht einer Fackel blendete ihn. Es waren vier Männer, die sich nun vor seiner Zelle aufbauten und ihn wie ein gefangenes Tier musterten. Zwei von ihnen waren einfache Krieger und sie entzündeten noch mehr Fackeln an der Wand, sodass der Raum in rötliches Licht getaucht wurde. Der kleinste von ihnen war zweifelsohne der Fürstensohn, das verrieten die teuren Gewänder, die den schmächtigen Körper vermutlich größer wirken lassen sollten. Die halbe Portion vor ihm konnte nicht viel älter als Suigetsu sein, ein Grünschnabel, der kaum in der Lage war, den Posten seines Vaters ausreichend zu füllen. Wahrscheinlich stand aus dem Grund dieser Kerl an seiner Seite, ebenfalls in edle Gewänder gekleidet. Sein Berater? „Du wirst für den Tod meines Vaters bezahlen!“, zischte der Knirps ihn an, doch es amüsierte Kisame lediglich. Allein einem Feind so viele Emotionen zu offenbaren, zeugte von schierer Unerfahrenheit; der Junge würde noch einiges lernen müssen. „Nur zu!“, provozierte er ihn grinsend. „Ich kann es kaum erwarten.“ Das Gesicht des Fürstensohnes lief puterrot an und er schien ihn schon anschreien zu wollen, doch bevor es dazu kam, legte ihm der Ältere die Hand auf die Schulter. Beschwichtigende Worte wurden gemurmelt, doch sie beruhigten den Jungen nicht. „Junger Herr…lasst Euch von diesem Abschaum nicht provozieren. Er ist es nicht wert.“ „Lass mich! Er soll bluten! Ich will, dass er hingerichtet wird!“ „Zuerst sollten wir ihm noch Informationen über seinen Auftraggeber entlocken, junger Herr.“ „Das…das weiß ich selbst! So sei es! Foltert ihn! Die ganze Nacht soll sein Blut fließen für seine Tat! Und wenn er bis morgen nicht geredet hat, dann wird er in der Öffentlichkeit hingerichtet! Sein Kopf soll rollen!“ Kisame hob spöttisch eine Braue, als der Knirps sich so aufplusterte und seinem Berater schien es wirklich schwer zu fallen, ihn nicht zu schelten. Den Bengel zu erziehen, würde sicher eine spaßige Angelegenheit werden, um die er ihn nicht beneidete. Köpfen also? Na dann… „So soll es geschehen.“ Anfangs hatte ihn der Knirps noch ausgefragt, ihn angeschrien und einmal hatte er sogar wie ein bockiges Kind mit dem Fuß aufgestampft. Es war ihm anzumerken, dass er es nicht gewohnt war, dass man ihn nicht ernstnahm, beziehungsweise ihn auch noch verhöhnte. Irgendwann schien er müde geworden zu sein und war gegangen – doch die Folter würde nicht vor dem Morgengrauen enden. Kisames Haut war mittlerweile von roten Striemen übersät und immer wieder rieb man ihn mit Salz ein, sodass er das Gefühl hatte, er würde verbrennen. Mindestens zwei Rippen mussten gebrochen sein, wenn er das Stechen richtig beurteilte und er wollte gar nicht wissen, wie sein Gesicht aussah, so taub wie sich dieses anfühlte. Sein linkes Auge war durch die Schläge angeschwollen, sodass er nur noch verschwommen sah, doch was ihn alarmierte, war das Gerede darüber, ihn mit glühendem Eisen zu bearbeiten. Bisher war es ihm gelungen, sich ruhig zu verhalten, die Schmerzen stumm zu erdulden. Ab und zu hatte er ein Ächzen von sich gegeben, zischend ausgeatmet oder gequält gestöhnt, doch er war weder ohnmächtig geworden noch hatte er geschrien. Natürlich nicht, immerhin war er kein Schwächling. Unweigerlich tauchte wieder der Junge von damals vor ihm auf, wie er auf dem Altar gelegen und jede Qual erduldet hatte. Ein bitteres Grinsen legte sich auf die Lippen des Hünen, während sich der kalte Schweiß auf seiner Stirn mit dem warmen Blut vermischte und ihm wie Suppe über die Haut lief. Ihm war schwindelig und die Muskelkrämpfe setzten immer wieder ein, materten ihn zusätzlich. „Sieh dir den an!“ „Wenn er noch grinsen kann, sind wir wohl noch zu sanft mit ihm.“ „Tse…hol die Kohlen. Das Grinsen treiben wir ihm noch aus, bevor er hingerichtet wird!“ Kisame ließ den Kopf sinken, spürte, wie sich sein Nacken spannte und sich der Schmerz die Wirbelsäule herunterzog. Dennoch grinste er weiter, als gäbe es seine Qualen gar nicht; anscheinend würde sein Ende doch noch richtig interessant werden… Als die Sonne aufging und man ihn holte, war der Rücken des Hünen nur noch eine einzige pochende Wunde. Durch die glühenden Eisen war seine Haut wund und empfindlich, sodass schon eine leichte Berührung unheimliche Schmerzen verursachte. Natürlich kümmerte das niemanden, als man seine Handgelenke hinter seinem Rücken zusammenband und ihn aus dem Kerker nach draußen zu dem Ort seiner Hinrichtung führte. Ironischerweise schien die Sonne an diesem Morgen, beinahe so, als wollte sie ihn verhöhnen, wie er den Fürstensohn verspottet hatte. Das grelle Licht brannte in seinen Augen, die sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, und er blinzelte ein paar Mal angestrengt, konnte nicht sofort etwas erkennen. Jeder Schritt brachte ihn beinahe zu Fall, da sich die Wunde an seinem Bein entzündet hatte. Seine Hose war mittlerweile gänzlich rot gefärbt und hing in Fetzen an seinem Lendenbereich hinab. Ein kräftiger Ruck nahm ihm seinen Halt und ließ ihn einknicken, sodass er nun vor dem hohen Abschaum kniete, den Blick angestrengt auf den Boden gerichtet. Verzierte Steinplatten mit dem Wappen des Feudalherren, den sie beseitigt hatten. „Steh auf, du Scheusal!“, wurde er angeherrscht und hätte über die Bezeichnung beinahe gelacht. Er hatte schon schlimmere Beleidigungen als diese erduldet, von daher prallte das Gesagte an ihm ab. Unter den Augen der Menge raffte er sich auf, tat dies bedeutend langsamer als nötig, ehe er noch während er auf halber Höhe war ohne Vorwarnung herumfuhr und seinem Hintermann, der den Strick seiner Fesseln hielt, den Kopf geradewegs in den Kehlkopf rammte. Für diese schnelle Bewegung musste er seine letzte Kraft zusammennehmen, doch das war es wert, als er sich mit erhobenem Haupt aufrichtete und dem edlen Knirps dreist in sein dummes Gesicht grinste, während der Mann zu seinen Füßen lag und schnappartig atmete. „Steht nicht nur so da! Lasst nicht zu, dass er mich verspottet, ihr Pack! Fangt ihn und bringt ihn endlich um!“, fuhr der Junge auch sofort auf und vergeblich versuchte sein Berater, ihn wieder zum Sitzen zu bringen. Die Menge um ihn herum tuschelte aufgeregt, während zwei weitere Krieger zu ihm eilten, um ihn erneut in Gewahrsam zu nehmen. Kisame wehrte sich nicht mehr, schließlich war das kein Fluchtversuch gewesen. Ihm war klar, dass er keine Chance hatte, hier lebendig rauszukommen. Grob wurde er nach vorn gezogen, zum Pranger, wo man vorhatte, ihm den Kopf von den Schultern zu trennen. Während er allerdings an der Menschenmenge vorbei stolperte, ließ es sich einer der Lakaien nicht nehmen, noch mal mit einer Peitsche auf seinen wunden Rücken einzuschlagen. Kisame keuchte auf, als ihn der dritte Schlag traf und seine Sicht verschwamm wieder, schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen und sein Magen drehte sich um. Schon in der Nacht war ihm die Magensäure hochgekommen, doch er hatte sie mit Überwindung wieder runtergeschluckt – soweit kam es noch, dass er sich diese Blöße gab. Er ächzte leise, als man ihn gewaltsam herunterdrückte, wieder in die Knie zwang und seinen Kopf, schon mal in den Pranger steckte. Die Fesseln der Handgelenke wurden gelöst und dann ebenfalls in dem Gestell aus Holz festgemacht. Kisame fragte sich unweigerlich, ob er im Besitz seiner vollen Kräfte nicht in der Lage sein würde, sich zu befreien und der Gedanke ließ ihn heiser auflachen. Erneut wurde er dafür mit der Peitsche geschlagen und er spürte, wie die ersten Wunden wieder aufbrachen, das warme Blut seine Wirbelsäule hinablief. Kisame ließ seinen Blick über die Menge schweifen, versuchte die verschiedenen Ausdrücke der Menschen zu deuten. Einige sahen gespannt aus, andere wirkten verstört und wieder andere waren wohl ebenso erzürnt wie der Sohn des ermordeten Feudalherrn. Kisame konnte nicht sagen, ob er ein guter Herr gewesen war, denn er hatte nicht gefragt, als er den Auftrag angenommen hatte. Es interessiere ihn auch gar nicht, das war seine Arbeit und fertig, mehr gab es nicht zu sagen. Der Knirps begann derweil mit seiner langweiligen Rede und Kisame hörte aus Prinzip weg, während er sich an sein Bewusstsein klammerte. Schwer atmend versuchte er, sein Kreuz zu entlasten, indem er seine Haltung veränderte, doch das war unmöglich, so dass er es aufgab. Erschöpft wollte er den Kopf wieder sinken lassen, als ihm etwas aus den Augenwinkeln heraus auffiel und innehalten ließ. Halluzinierte er jetzt schon oder war das tatsächlich eine Krähe, die da auf dem Vorsprung saß und ihn angaffte? Wahrscheinlich freute sich das Vieh schon darauf, sich an seinem toten Fleisch zu laben, wenn man mit ihm fertig war. Er lächelte zynisch, als er daran zurückdachte, wie an jenem Tag der gesamte Himmel von diesen schwarzen Aasgeiern bedeckt worden war. Es erschien ihm auch noch all diesen Jahren noch zu unwirklich, als dass es real hätte sein können. „…und aus diesem Grund wird dieser Bastard nun seiner gerechten Strafe zugeführt!“ Seine Aufmerksamkeit löste sich von dem Vogel, welcher ihn aus rötlich schimmernden Iriden heraus fixiert hatte, und richtete sich wieder auf das Balg, das immer noch auf der Tribüne stand und sich wichtigmachen wollte. Zumindest schien die Rede zu Ende zu sein, denn die beiden Lakaien des neuen Fürsten traten nun neben ihn – einer zog sein Schwert und Kisame erkannte mit nur einem Seitenblick, dass die Klinge nicht scharf genug war, um das Ganze schnell und sauber zu beenden. Man würde ihm seinen Kopf von den Schultern hacken…und er war sicher, dass dies Absicht war. Bitter blickte er wieder in die Menge, erkannte, dass die Krähe dort nicht mehr saß; wahrscheinlich kreiste sie bereits über ihm, doch es war ihm aufgrund der Fixierung nicht möglich, hochzuschauen. „Lasst ihn für den Tod meines Vaters büßen!“ Er nahm wahr, wie das Katana angehoben wurde, stellte sich vor, wie die Klinge im Licht blitzte und…wie sie mit seinem Blut getränkt werden würde. Es hätte ihm besser gefallen, aufrecht zu stehen, ebenfalls eine Waffe in der Hand. Er hörte, wie das Schwert durch die Luft sauste, jeden Moment auf seine Haut treffen und sich durch sein Fleisch schneiden würde. Jedoch blieb der erwartete Schmerz aus und stattdessen landete das Katana mit einem leisen Klirren neben ihm auf dem Boden. Ein Schrei ertönte, doch er konnte nicht sehen, was geschah. Die Menge begann aufgeregt zu tuscheln, Kinder zeigten mit dem Finger in seine Richtung und einigen stand der Schreck ins Gesicht geschrieben. Er vernahm ein Krächzen, Flügelschlagen und spannte sich an, tauchten die Bilder von damals vor seinem geistigen Auge auf. Plötzlich schien die Sonne verschwunden zu sein, dunkle Schatten legten sich über den Platz, als würde ein Unwetter über sie hereinbrechen. „Seht doch nur!“ „Aber…es ist doch Tag…“ „Der Mond!“ „Was zur Hölle ist das?!“ Kisame riss mit letzter Kraft den Kopf hoch, sodass sich das Holz in seinen Nacken rammte, doch das war es ihm wert. Der Himmel war nicht mit dunklen Wolken bedeckt…er war vollkommen schwarz. Rote Schlieren zogen sich ähnlich einem Strudel aus warmem Blut durch diese Finsternis und dann…war da tatsächlich ein Mond. Ein roter Mond, der so grell strahlte, dass er durch den Anblick regelrecht hypnotisiert wurde. Doch er schien nicht der einzige zu sein, denn alle hatten sie die Köpfe gehoben und starrten wie gebannt hinauf zu diesem Schauspiel. Selbst der Sohn des Feudalherren oder sein Berater hatten keinen Blick mehr für ihn…sie alle starrten hinauf und rührten keinen Muskel mehr. Kisame spürte, wie ihm schwindelig wurde, sein Kopf dröhnte, als hätte man ihm erneut eins übergezogen und dann war da diese Müdigkeit, die ihn schwerfällig blinzeln ließ. Schritte ertönten neben ihm, leise Schritte, die er nur hörte, weil niemand sonst einen Laut von sich gab. Er stöhnte leise, kämpfte so gut es ging gegen diese seltsame Lähmung an, die ihn wie eine Krankheit befallen hatte. Nicht jetzt…er wollte auf keinen Fall in diesem Moment das Bewusstsein verlieren, wollte sehen, wer für dieses unheimliche Spektakel verantwortlich war. Keuchend hob er den Kopf, die Lider bereits halb gesenkt und es bereitete ihm Mühe, sich diesem Drang nach Schlaf nicht zu ergeben. Die Schritte verstummten neben ihm und schwach drehte Kisame den Kopf zur Seite, sah jemanden neben sich knien. Seine Sicht war bereits so stark eingeschränkt, dass er nur einen Schemen erkannte. Eine Gestalt, deren Körper und Gesicht durch einen langen Mantel verhüllt war, sodass er nichts erkennen konnte. Nichts außer zwei glutroten Iriden, die ihn gezielt anfunkelten…und dann versank alles um ihn herum in Finsternis. Kapitel 4: Traum vom Tod ------------------------ „Sie sind immer noch nicht wieder zurück, Nagato.“ Der Rothaarige, dessen Blick bis eben noch auf einer Karte verweilt hatte, sah aus seinen grauen Iriden auf, als er die sanfte Stimme vernahm. Er hatte sie nicht kommen hören, aber das wunderte ihn nicht, immerhin war diese Frau eine ausgebildete Attentäterin, die ihre Zielpersonen aus dem Hinterhalt heraus erledigte. Doch es beunruhigte ihn nicht, im Gegenteil, denn sie war die Einzige, der er vollkommen vertraute, kannte er sie doch bereits seit Jahren. Er seufzte leise, richtete sich dann aus seiner gebeugten Position auf und ließ die Schultern ein wenig zurückrollen. Die Beine blieben unbewegt und merkwürdig abgeknickt seitlich liegen. „Ich hätte sie vielleicht doch nicht zu dritt losschicken sollen“, murmelte er und legte die Hand ans Kinn, woraufhin sich die junge Frau neben ihn auf den mit Tatami ausgelegten Boden kniete. „Du hattest keine Wahl.“ Das mochte stimmen, immerhin waren die anderen noch auf Missionen gewesen und er hatte keinen früher abziehen können. Davon abgesehen war es üblich, dass sie zu zweit agierten – Yura zählte nicht wirklich zu ihrer Truppe, war bloß eine Marionette Sasoris gewesen. Die Auftraggeber hatten auch nicht länger warten können und so hatte er Kisame und Suigetsu allein losgeschickt. „Es ist keine leichte Aufgabe“, überlegte er laut und Konan zu einer Seite nickte. Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie sie mit ruhigen Händen nach der Teekanne griff und ihm nachschenkte. Unaufgefordert reichte sie ihm den Becher und ihre Miene blieb dabei so ausdruckslos wie immer; Emotionen zeigte diese Frau selbst in seiner Gegenwart nur selten. „Danke.“ Sie erwiderte nichts darauf, sondern beugte sich über die Karte, mit der er sich zuvor noch beschäftigt hatte. Ein paar Stellen hatte er mit einem Kohlestück markiert und sie wusste, dass das ihre nächsten Ziele sein würden. „Kakuzu und Hidan werden morgen zurückkommen, Sasori und Deidara brauchen sicher noch eine Woche“, wisperte er halb in Gedanken versunken und Konan legte den Kopf schief. „Die anderen beiden?“ „…sind schon zu lange unterwegs und sollten daher jeden Moment hier sein.“ Sorgen tat er sich dennoch nicht, immerhin wusste er, dass er sich auf die zwei verlassen konnte. Zumal einer von ihnen aus dem Gebirge stammte, sich mit den kalten Temperaturen auskannte und ebenso mit all den anderen Gefahren, die sie dort zu erwarten hatten. „Ich verstehe.“ Nagato nickte, nachdem er an dem Becher aus Ton genippt und diesen wieder neben sich platziert hatte. Er fühlte sich erschöpft, obwohl er die meiste Zeit nur hier drin saß, Pläne schmiedete und die Aufträge verteilte, doch einer musste es tun und er war nun mal der Nutzloseste, seit diesem Unfall... Gerade wollte er wieder das Wort ergreifen, als die Tür mit einem lauten Geräusch aufgerissen wurde und sie beide sahen auf. „Sie haben Kisame-sempai erwischt!“ Sowohl Konan als auch Nagato weiteten ihre Augen, als sie das Ausmaß der Worte begriffen; Kisame war einer ihrer erfahrensten Männer und zudem auch noch einer der loyalsten. Dennoch gehörte der Einsatz ihres Lebens zu ihrer Arbeit als Söldner und sowohl Nagato selbst, als auch seine Freundin wussten dies. Sie wussten es viel zu gut, so dass sich ihre Mienen recht schnell wieder glätteten, die Emotionen daraus verbannten. „Wir müssen dahin und ihn holen!“, ereiferte sich Suigetsu, der auf den ersten Blick unverletzt schien. „Die bringen ihn um!“ Wenn sie es denn nicht schon längst getan hatten, doch das hing wohl davon ab, ob sie ihre Mission zufriedenstellend erfüllt hatten. Nagato räusperte sich, um die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu ziehen und dieser blickte verstört zu ihm. „Wo ist Yura?“ „Dieser Verräter ist tot, aber das-“ „Habt ihr den Auftrag erledigt?“ „Was?!“ „Antworte.“ „Ja…haben wir.“ „Dann werden sie nicht zimperlich mit ihm umgehen. Vermutlich ist er bereits ebenfalls tot.“ Er bemerkte die bernsteinfarbenen Iriden, die ihn beobachteten, doch die Lippen der jungen Frau blieben verschlossen. Sie schien ihn zu verstehen, doch nichts anderes hatte er auch von ihr erwartet. Kisame war für sie ein wichtiger Kamerad und auch wenn sie es nicht zeigten, so war diese Nachricht ein herber Schlag. Allerdings waren sie beide durch die Erlebnisse ihrer Vergangenheit abgeklärter geworden. Sie wussten, dass man toben, schreien und um sich schlagen konnte…und dennoch änderte es rein gar nichts. Suigetsu war jünger als sie beide und auch wenn ihm der Verlust geliebter Menschen nicht unbekannt war, so konnten sie von ihm nicht dieselbe Einstellung erwarten, die sie beide sich angewöhnt hatten. Davon abgesehen, dass Kisame so etwas wie einen älteren Bruder für Suigetsu darstellte – immerhin hatte er den leiblichen sehr früh verloren. Natürlich reagierte er impulsiver auf einen Verlust als sie beide. „Das kannst du nicht wissen!“, fuhr er ihn an. „Wir müssen zurück und ihm helfen!“ „Nein“, erwiderte er gewohnt ruhig. „Wenn wir das tun, bringen wir uns nur selbst in Gefahr. Kisame ist loyal, er wird also kein Wort verraten…finde dich schnell damit ab. Wir werden einen Ersatz für ihn auftreiben.“ Es mochte kalt und gefühllos klingen, doch Nagato trug Verantwortung und er würde nicht zulassen, dass noch mehr seiner Mitstreiter starben. Jemand musste diese Leute zusammenhalten und diese Person war er. Deshalb musste er rational handeln und durfte sich nicht von seinen Gefühlen leiten lassen. „Einen Ersatz?! Spinnst du komplett?!“, zischte Suigetsu und seine Fassungslosigkeit überraschte Nagato nicht. „Kisame hätte es ebenso gewollt.“ Konan senkte neben ihm den Blick, die schlanken Finger rieben leicht über die Matte, aber ansonsten ließ sie keinen Unmut erkennen. Sie hielt sich raus, doch er wusste, dass sie seine Meinung teilte, obwohl sie ebenfalls Kisames Verlust bedauerte. „Ich bitte dich, dich zu beruhigen und dich auszuruhen“, sprach Nagato weiter. „Akatsuki kann nur als Gruppe bestehen…ich fühle mit dir, aber ich bitte dich, nicht überzureagieren. Andernfalls wird das Konsequenzen haben.“ Und dieser letzte Satz war kein gut gemeinter Rat mehr, sondern eine erste Warnung. Wenn er nicht mehr als autoritäre Führungsperson anerkannt wurde, würde die Truppe auseinander brechen und das würde er verhindern. Konan neben ihm spannte sich merklich an und er wusste, dass sie dazwischen gehen würde, sollte Suigetsu auch nur eine einzige falsche Bewegung in seine Richtung machen. Er wusste, dass sie stets ein paar Senbon in ihrem Haar und ihrem Gewand versteckte. Zögern würde sie nicht, egal, um wen es sich handelte. „Konsequenzen“, wiederholte der Jüngere verächtlich und wandte sich ab. „Du kannst mich mal!“ Und mit diesen Worten verließ er die Hütte, knallte die Tür hinter sich zu. Nagato atmete durch, schüttelte leicht den Kopf über diese Sturheit, auch wenn er sie nachvollziehen konnte. „Behalte ihn bitte im Auge. Ich will nicht, dass er Dummheiten begeht.“ Dieses Mal war es kein Befehl, sondern eine Bitte, denn Konan hatte ebenso einen besonderen Stellenwert für ihn, wie er für sie. Und als sie mit einem Nicken aufstand, wusste er, dass er sich auf sie verlassen konnte. Vertrauen war so selten in dieser Welt und deshalb umso kostbarer. Er seufzte abermals, hoffte nur, dass man Kisame nicht zu sehr gefoltert hatte und dass er wenigstens im Kampf gestorben war, so wie er es sich immer gewünscht hatte. Vielleicht hätte er für ihn gebetet, wenn er gläubig gewesen wäre – doch das war er nicht. Schon lange nicht mehr. Das Erste, das Kisame wahrnahm, nachdem er aus seiner Ohnmacht erwachte, war der reißende Schmerz in seinem Rücken. Es fühlte sich so an, als würde man ihm erneut glühende Eisen in die Haut schlagen; hatte man ihn zurück in den Kerker gebracht, um seine Qualen zu verlängern? Dazu kam diese Hitze, die in seinem Körper tobte und ihn innerlich zu verbrennen schien. Seine geschwollenen Lider zuckten unruhig, während sie sich blinzelnd hoben und er etwas zu erkennen versuchte. Rötliche Schemen flackerten an den Holzwänden…er lag bäuchlings auf einer Bambusmatte. Jemand hatte ihn bis auf eine Decke, die über seinem Hinten lag, ausgezogen. Unruhe kam in ihm auf, als er seine steifen Arme zu bewegen versuchte, sich aber nicht viel rührte und er begriff, dass man ihn abermals gefesselt hatte. Leise murrend sah er auf seine Hände, die mit einem dünnen Seil zusammengebunden worden waren. Ein strenger Duft stieg ihm in die Nase, doch er konnte ihn nicht zuordnen. Kisame drehte den Kopf schwach auf die Seite, ächzte leise, als sich etwas in seine Haut bohrte, und er hielt sofort inne. Er konzentrierte seine benebelten Sinne, vernahm das Knistern des Feuers und…jemanden an seiner Seite, der ihn quälte. Plötzlich war alles wieder da, was er in den letzten Stunden erlebt hatte…die Folter…der Gang zur Hinrichtung und letztendlich der rote Mond. Er war ohnmächtig geworden, als sich diese verhüllte Person neben ihn gehockt und ihn mit diesen roten Teufelsaugen angestarrt hatte. Teufelsaugen…er erstarrte, kaum dass er den Gedanken realisiert hatte. Da bohrte sich kein Eisen in seine Haut, nein, irgendjemand kniete neben ihm und verteilte etwas auf seinen Wunden. Die Paste brannte wie Salz auf seiner geschundenen Haut, doch außer einem gequälten Stöhnen verbiss er sich jeden Laut. Diese seltsame Krähe, die ihn angestarrt hatte, und diese glutroten Teufelsaugen…hatte er das alles nur geträumt? Ihm war schwindelig und übel, in seinen Ohren dröhnte es…waren die Schmerzen dafür verantwortlich? Sah er Dinge, die es nicht gab? Schweiß rann ihm von der Schläfe über die Wange und er ließ das Kinn erschöpft auf die Matte sinken. „Wer…bist du?“, krächzte er mit rauer Stimme und die Berührungen stoppten für ein paar Sekunden. Es erfolgte keine Antwort, die Person fuhr lediglich fort, seine Wunden mit diesem Zeug einzureiben. Leise knurrte er, doch die Aufregung führte nur dazu, dass schon wieder schwarze Punkte vor ihm tanzten. „Du bist…der Junge von damals oder?“, raunte er schwach, doch dieses Mal unterbrach der Fremde seine Arbeit nicht. Mit absoluter Ruhe drückte er seine Fingerkuppen in die Wunden, strich die überstehenden Reste der Paste mit der Handfläche glatt. Schweißperlen rannen seine Stirn hinab und er biss sich so fest auf die Lippen, um seine Laute zu dämpfen, dass er bald den eisenhaltigen Geschmack in seinem Mund schmeckte. Reden, erinnerte er sich, versuchte die richtigen Worte zu finden, bevor er erneut das Bewusstsein verlor. Der Name des Jungen…wie war er noch gleich gewesen? „Willst anscheinend…wieder nicht reden“, murmelte er abgehackt und blickte auf die Fesseln um seine Handgelenke. In diesem Moment fiel ihm der Name des Jungen ein und reflexartig bäumte er sich auf, wollte den Kopf nach hinten drehen, auch wenn es wehtat. Grob wurde er zurückgedrückt, unten gehalten und ihm entging das scharfe Einatmen nicht. „Itachi!“, entkam es dem Hünen schwer atmend, da die Erschöpfung an ihm nagte. „Du bist doch Itachi…oder?“ Eine Weile kam nichts, dann knarrte der Boden plötzlich und die Finger lösten sich von seinem Rücken. Leise Schritte ertönten neben ihm und ein Paar Füße trat in sein Sichtfeld, als sich die Person vor ihn kniete. Es bereite Kisame Mühe, den Kopf zu heben, doch er wollte ihn sehen. Es war schwierig, denn eines seiner Augen war dermaßen geschwollen, dass er mehr einseitig sehen konnte. „Du fieberst.“ Kisame erinnerte sich an diese samtene Stimme, doch nun klang sie tiefer. Eine simple Feststellung und doch jagte ihm diese Stimme einen Schauer über den Rücken. Eine warme Hand legte sich unter sein Kinn, hob dieses an, so dass es ihm leichter fiel, hochzuschauen. Die Kapuze seines Umhangs rutschte langsam herunter, gab den Blick auf ein jugendliches Gesicht frei. Es wurde von feinen, schwarzen Strähnen umrahmt, welche im Nacken zu einem losen Zopf zusammengefasst waren. Die femininen Züge waren ihm geblieben, verliehen ihm eine Anmut, die sich in seiner ganzen Haltung wiederspiegelte. Seine Augen waren immer noch das Eindrucksvollste an ihm, doch hatten die dunklen Tiefen damals so viele verschiedene Emotionen gezeigt, wirkten sie nun erstaunlich abgeklärt. Die Lider mit den langen Wimpern hielt er halb gesenkt, während er auf ihn herabschaute. Er hielt inne, als sich die zuvor noch dunklen Iriden plötzlich färbten, diesen alles verzehrenden, blutroten Farbton annahmen und sich in seinen Blick bohrten. Teufelsaugen. „Schlaf.“ Erneut ertönte die sanfte Stimme, auch wenn ein eindeutiger Befehl in ihr mitschwang, und Kisames Augen schlossen sich gegen seinen Willen. Die Ungewissheit, ob er wirklich in Sicherheit war, wurde von der Dunkelheit verschluckt. Kapitel 5: Das Rätsel --------------------- Dunkler Rauch stieg am blauen Himmel auf und verwandelte ihn in ein Meer der Finsternis. Die starken Bäume, welche sie sonst schützend geborgen hatten, waren kahl geworden, die Äste knarrten, beugten sich dem Wind, als wollten sie nach ihnen greifen. Schreie…so viele verschiedene Schreie, ob von Kindern, Frauen oder Männern. Blut floss, färbte den Schnee unter seinen nackten Füßen rot, während er durch diesen rannte, die zierliche Hand im Griff einer Frau. Ihr langes schwarzes Haar, welches sonst so gepflegt und glänzend war, hing ihr in Strähnen ins Gesicht, so dass er ihren Ausdruck nicht erkennen konnte…doch er wusste, dass sie panisch war. „Bleib nicht stehen!“, keuchte sie und er wusste, dass sie um ihrer beider Überleben kämpfte. Flammen züngelten empor, ein Element, das ihm so vertraut war und ihn dennoch zu diesem Zeitpunkt in Angst versetzte. Sie brannten ihr Zuhause nieder…doch warum taten sie das? „Warum, Okaa-san?“, wisperte er mit erstickter Stimme und war für einen Moment unachtsam. Ihre Hand entglitt ihm, als er auf dem Schnee ausrutschte und fiel, das kalte Nass in seinem Gesicht spürte. Sie schalt ihn nicht, sondern kniete sich ohne zu zögern zu ihm herunter, hob ihn auf ihre Arme und drückte ihn an sich, ehe sie weiter rannte. Er suchte Schutz bei ihr, ließ sich tragen, obwohl er schon viel zu groß dafür war. Ihr vertrauter Geruch beruhigte ihn, ihre Wärme ließ ihn sich geborgen fühlen, so wie es immer gewesen war. „Weil wir anders sind…“, flüsterte sie zurück und etwas Feuchtes tropfte auf seine Wange. „Ich liebe dich so sehr, mein Schatz.“ In diesem Augenblick ertönte wieder ein Schrei… Kisame fuhr schweißgebadet in eine senkrechte Position hoch, beugte sich keuchend vornüber, während er sich durch das zause Haar fuhr. Seine Muskeln bebten regelrecht und er musste sich erst orientieren, bevor er begriff, dass das soeben nur ein Traum gewesen war. Ein dummer Albtraum. Nichts Reales. Nicht mal eine Erinnerung oder dergleichen. Das eben war nicht seine Mutter gewesen. Er hatte niemals Eltern gehabt, war mit anderen Waisenkindern aufgewachsen Für einige Sekunden saß er nur da und blickte vor sich hin, versuchte, seine wirren Gedanken zu ordnen. Es war so viel passiert, dass er selbst jetzt noch vollkommen überfordert war – ähnlich wie damals. Ja, damals…als er Itachi getroffen hatte. Kisame stieß ein leises Seufzen aus, ehe er sich umblickte und erkannte, dass er allein war. Na gut…probeweise ließ er die Schultern kreisen, zog das Bein an, welches von einem Pfeil getroffen worden war, und stellte überrascht fest, dass der Schmerz zu ertragen war. Dafür fühlte sich sein Rücken immer noch an, als hätte ihm jemand die Haut von den Knochen geschält; da würden mit Sicherheit viele weitere Narben zurückbleiben. Kurz tastete er sein Gesicht ab, doch die Schwellung schien zurückgegangen zu sein, immerhin konnte er wieder sehen. Er sah kurz an sich herunter, nahm zur Kenntnis, dass die Bandagen ordentlich angelegt worden waren. Nun…und dass er unter der Decke unbekleidet war. Andererseits war seine Hose vermutlich wirklich nicht mehr zu retten gewesen, von daher nahm er das fürs Erste so hin. Gefesselt war er zumindest nicht mehr, also konnte er sich im Notfall wehren. Wobei er nicht glaubte, dass ihm der Junge Schlechtes wollte, denn sonst hätte er ihn dort lassen und ihm beim Sterben zusehen können. Kisame schnaubte, machte sich dann daran, sich trotz der Schmerzen in seinem Rücken aufzurichten – immerhin schien die Nacht schon vorbei zu sein. Durch das einzige Fenster schien Licht und er konnte etwas Grünes erkennen, vermutlich die Blätter der Bäume. Warten konnte er nicht länger, nicht nur, weil er Itachi bei klarem Verstand wiedersehen wollte, sondern auch, weil sich seine Glieder unangenehm steif anfühlten. Hatte er vielleicht länger geschlafen, als angenommen? Kisame stutze, als in ihm zusätzlich die Frage aufkeimte, wie der schmächtige Junge ihn hierher geschafft hatte. Immerhin wog er gut über achtzig Kilo, es war kein Leichtes, ihn zu tragen. Er würde später danach fragen, wenn er ihn gefunden hatte, aber zuvor sollte er sich wohl lieber bekleiden. Seine grünen Augen richteten sich auf den Stapel direkt neben seinem Lager. Die Frage nach Kleidung hatte sich wohl soeben erledigt, doch er wollte sich zuvor ordentlich waschen, da der Geruch von frischem Schweiß an seiner Haut klebte. Als er mit vorsichtigen Schritten hinaustrat, hatte er sich zumindest die Decke umgelegt, um nicht vollkommen nackt zu sein. Weniger aus Schamgefühl, sondern mehr, um niemanden zu erschrecken. Auf den ersten Blick sah er nur Bäume und Sträucher um sich herum, kaum dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte; anscheinend war er wirklich in den tiefsten Wald verschleppt worden. Bei jeder Bewegung jagte das Brennen durch seinen Rücken, er spürte wie sich die verletzte Haut spannte und er ahnte, dass es eine Herausforderung werden würde, sich zu waschen. Außer einigen Eichhörnchen und Kaninchen begegnete ihm niemand. Gut, so wusste er zumindest, was es zum Abendessen geben würde. Kisame hielt inne, als er ein leises Plätschern vernahm, das ihm verriet, dass eine Wasserquelle nicht weit entfernt sein konnte. Er sollte Recht behalten, denn es dauerte nur ein paar Minuten, bis sich ein ungewöhnlich klarer See vor ihm erstreckte. Das Wasser schimmerte unter den Sonnenstrahlen, die sich auf der Oberfläche spiegelten. Der Hüne legte die Kleidung beiseite, wollte sich gerade die Decke vom Körper streifen – als ihn das Gefühl, nicht allein zu sein, innehalten ließ. Instinktiv glitt sein Blick zur Seite und er spannte sich an, da er mit einem Feind rechnete, gegen den es sich zu verteidigen galt. Als er die Person, die dort ein Stück entfernt am Ufer saß und die Beine im Wasser baumeln ließ, erkannte, wich die Anspannung allerdings aus seinem Körper. Anscheinend musste er das Teufelskind nicht länger suchen. Da er nicht davon ausging, dass der Junge ihm zur Hilfe gekommen war, um ihm jetzt etwas anzutun, ließ er seine Vorsicht fallen und bewegte sich auf ihn zu. Vermutlich war er längst bemerkt worden und dennoch blieb der andere mit dem Rücken zu ihm sitzen. Kisame erinnerte sich noch gut daran, was damals in der Hütte passiert war, als er nach ihm gegriffen hatte. Nein, auf noch mehr verbrannte Haut konnte er wirklich gut verzichten, so dass er nur langsam auf ihn zuging. „Du hättest liegen bleiben sollen.“ Er blieb reflexartig stehen, als die samtene Stimme ertönte. Unschlüssig blickte er Itachis Rücken an, nicht ganz sicher, was er dazu sagen sollte, weswegen er bloß die letzten Schritte überwand und sich in höflichem Abstand neben ihn ans Ufer setzte. „Vermutlich“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Es war nicht so einfach, sich neben ihm niederzulassen, jede Bewegung jagte Schmerzen durch seinen Körper. Das Teufelskind würdigte ihn nicht eines Blickes, sondern schaute weiter in die Ferne. Kisame musterte ihn von der Seite, während er sein gesundes Bein ebenfalls ins Wasser schob – es fühlte sich angenehm kühl an. „Ist eine ganze Weile her, nicht wahr?“, versuchte er ein Gespräch anzufangen. Die frische Kleidung legte er neben sich ins Gras, wartete darauf, ob ihm der andere antworten würde. Recht wortkarg war er ja schon damals gewesen, dennoch war da etwas, das Kisame irritierte. Er konnte es nicht einmal genau benennen. „Sieben Jahre.“ Abermals fielen die Worte kurz angebunden und abweisend aus – vielleicht war es genau das, was Kisame störte. Da lag keine Emotion in Itachis schönem Gesicht, ebenso wenig wie in seiner Tonlage. „Wenn du das so genau weißt, scheine ich dir ja noch ganz gut im Gedächtnis geblieben zu sein“, meinte er belustigt, um die Situation etwas aufzulockern. Kein Muskel zuckte in Itachis Mimik und er schien dies auch nicht besonders erheiternd zu finden. „Ich meine, du bist nach all den Jahren hergekommen und hast mir das Leben ge-“ „Um meine Schuld zu begleichen“, unterbrach Itachi ihn knapp. Für ein paar Sekunden verschlug es Kisame die Sprache, sodass er den anderen nur verdutzt ansehen konnte. Nicht, dass es an der Begründung etwas auszusetzen gab, schließlich war das ja vollkommen in Ordnung. Es war mehr die Art, wie das Teufelskind mit ihm sprach – es kam Kisame vor, als sei der Umstand, dass er ihm damals geholfen hatte, ein lästiges Übel. Er wollte etwas einwenden, doch der Jüngere erhob sich plötzlich, streifte ihn nur flüchtig mit seinen dunklen Augen, ehe er sich abwandte. „Du solltest diesen Ort bald verlassen.“ Mit diesen ernst gesprochenen Worten ließ er ihn zurück, drehte sich kein einziges Mal zu ihm um. Schon wieder überkam Kisame das unangenehme Gefühl, er wäre hier nicht erwünscht – genau genommen hatte Itachi ihm das ja soeben mitgeteilt. Sein Kiefer malmte, während er sich vorsichtig aus der Decke schälte, um in den See zu steigen. Was auch immer in Itachis Kopf vorging, so leicht würde er sich nicht abspeisen lassen. Schließlich hatte er noch viele Fragen offen und außerdem kam er hier nicht so schnell weg. Es mochte ihm besser gehen, doch er war längst nicht soweit wiederhergestellt, dass er einen längeren Fußmarsch oder Ritt hinter sich bringen konnte. Nein, darüber mussten sie noch einmal reden. Später… Als er zurück zur Hütte kam, befürchtete er jedoch, dass der Junge gar nicht dort sein würde, immerhin hatte er ja deutlich gemacht, dass er nicht länger erwünscht war. Er runzelte die Stirn, als ihn die Stille empfing und er strich sich ein paar feuchte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Die Kleidung, bestehend aus einer schwarzen Hose und einem weiten, blauen Gewand, passte überraschend gut, zumindest spannte sie nirgends. Bei Gelegenheit sollte er wohl noch um festes Schuhwerk bitten… Er öffnete die Tür und spähte in die Hütte hinein, jedoch war diese leer. Großartig…musste er ihn schon wieder suchen? Gemessen an seinen freundlichen Worten ging der andere ihm vielleicht absichtlich aus dem Weg. „Wenn du weiter so viel herum läufst, gehen deine Wunden wieder auf.“ Die ruhige Stimme hinter ihm ließ ihn herumfahren und tatsächlich stand da der Junge vor ihm, hielt einen Weidenkorb in der Hand. Er konnte verschiedenes Gemüse darin entdecken, auch ein paar Beeren und Kräuter. „Keine Sorge“, erwiderte er mit einem schiefen Grinsen. „Bin hart im Nehmen.“ „Du hattest hohes Fieber.“ „Kann sein…“ „Du hast halluziniert und warst kaum ansprechbar.“ „Ah…und wie lange?“ „Fünf Tage.“ „…was?!“, entfuhr es dem Hünen bei diesen Worten lauter als beabsichtigt. Das Teufelskind hob bei seinem Ausbruch eine Braue, äußerte sich aber nicht weiter dazu, sondern ging, mit mehr Abstand als nötig gewesen wäre, einfach an ihm vorbei in die Hütte. Kisame starrte ihm hinterher, fühlte sich, als hätte man ihm soeben eine verpasst. Fünf Tage?! Er hatte fünf Tage hier herumgelegen und sich pflegen lassen? Der Junge musste sich die ganze Zeit um ihn gekümmert haben und sich dessen bewusst zu sein, rief ein eigenartiges Gefühl in ihm hervor. Ja, er war dankbar, doch es war auch genauso befremdlich, jemandem auf diese Weise ausgeliefert zu sein. Zu wissen, dass man ihn gewaschen und gefüttert, ihm beim Verrichten der Notdurft geholfen hatte. Fünf Tage…nicht zu fassen. „Komm rein und setz dich.“ Er blickte auf, als der andere ihn plötzlich wieder ansprach, dabei aber seinen Blick mied. Innerlich seufzend folgte er der Aufforderung und musterte das Seitenprofil des anderen ein paar Sekunden lang. Er nahm den gesenkten Wimpernkranz zur Kenntnis, verfolgte die gerade Nase bis runter zu den geschwungenen Lippen, die mit einem leichten Abstand aufeinander ruhten. Er beobachtete, wie er sich neben die Matte kniete, auf der er fünf Tage lang gelegen haben sollte. Obwohl er so scheinbar ruhig da saß, wusste Kisame, dass er angespannt sein musste. Man konnte es spüren, wenn man explizit darauf achtete, wie die Finger in seinem Schoß immer wieder zuckten. Wie die dunklen Iriden nie lange auf einer Stelle verweilten…richtig, seine Augen. Die Augen des Teufels. „Ich werde mir deinen Rücken ansehen.“ Kisame hob eine Braue, doch er gehorchte, setzte sich auf die Matte, mit dem Rücken zu ihm und öffnete sein Gewand wieder, ließ es über die Schultern fallen. Die ersten paar Sekunden wurde er nur begutachtet, keine einzige Berührung erfolgte und wieder konnte er Itachis Anspannung förmlich riechen. Als er endlich die kalten Fingerspitzen auf seinem Rücken spürte, musste er vor Schmerz leise keuchen. Das Wasser hatte die ohnehin wunde Haut noch empfindlicher gemacht, die Krusten aufgeweicht und er spürte Itachis bohrenden Blick in seinem Nacken. Anscheinend war er zu lange drin geblieben, hatte das Wasser ein wenig zu sehr genossen. Allerdings kam von dem Jüngeren kein Vorwurf, er blieb still, als er etwas aus dem Korb holte und es dauerte nicht lange, bis Kisame erneut mit der Feuerpaste gequält wurde. Im ersten Moment kühlte das Zeug, war fast angenehm, doch das hielt nicht lange an. Seine Haut musste ziemlich entstellt sein, wenn er nach dem Schmerz ging, der nach fünf Tagen noch durch seinen Körper jagte. Sei es drum, immerhin hatte er auf diese Weise das Teufelskind wiedersehen können. Da waren so viele Fragen, die er ihm stellen wollte…schon seit dem Tag, an dem er sich für dieses Kind eingesetzt hatte und deswegen um ein Haar umgebracht worden wäre. Er musste wieder an den Traum denken, den er gehabt hatte… Davon abgesehen gab es noch mehr, das ihn einfach nicht in Ruhe ließ...zum Beispiel der Krieger, der ihnen damals geholfen und den Jungen mitgenommen hatte. Was war aus diesem Ungeheuer in Menschengestalt geworden? Lebte er noch? Und wenn ja, warum war Itachi dann nicht bei ihm? Dessen feingliedrige, aber kräftige Hände bahnten sich einen Weg über seine Haut, schmierten die Paste dünn auf die aufgeweichten Krusten. Kisame biss die Zähne zusammen, riss sich wirklich am Riemen. Es wurde nicht wirklich besser, als die Behandlung kurzzeitig stoppte und ihm etwas auf den Rücken gedrückt wurde, bevor ein sauberer Verband angelegt wurde. „Was war das eigentlich für ein Zauber?“, stellte er eine seiner vielen Fragen. Sein Blick heftete sich auf einen Punkt an der Wand, während er auf eine Antwort wartete. Er vernahm wieder diesen strengen Geruch…vermutlich handelte es sich dabei um Kräuter. „…ich weiß nicht, wovon du redest.“ Kisame schnaubte, machte damit deutlich, dass seine Worte Unsinn waren. „Das ist nicht wahr“, widersprach er und sah ihn über seine Schulter hinweg ernst an. „Du hast etwas gemacht…diesen roten Mond hab ich mir nicht eingebildet.“ Doch der Uchiha schwieg beharrlich, hielt den Blick gesenkt, während er den Verband weiter um seinen Oberkörper wickelte und ihn schließlich festmachte. Zweifellos wich er ihm mit Absicht aus, aber er konnte ihn nicht zwingen, mit ihm zu sprechen, auch wenn es Kisame wurmte. „Du solltest dich ausruhen.“ Kisame hielt inne, als sich Itachi erhob, und er legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufsehen zu können. Immer noch mied er weitgehend den Blickkontakt zu ihm und der Hüne erinnerte sich an damals, als er auf diesem Altar gelegen hatte. Da hatten sich die dunklen Augen geradezu in die seinen gebrannt. Etwas Intensiveres hatte er seither nie wieder gespürt – es war ihm durch Mark und Bein gegangen, hatte etwas in ihm getroffen, das er für nicht existent gehalten hatte. „Ich komme heute Abend wieder“, riss ihn das Teufelskind aus seinen Gedanken und Kisame stutzte. „Warte doch mal!“ Er wollte sich aufraffen, ihn nicht so einfach gehen lassen, doch da war der Uchiha schon aus der Hütte verschwunden. Er knurrte frustriert und lehnte sich an die Wand in seinem Rücken, belastete dabei jedoch die Wunden, so dass er rasch wieder davon abrückte. Er legte sich nun bäuchlings auf die Matte, auf der er die letzten fünf Tage verbracht hatte…fünf Tage. Ob ihn jemand suchte? Nein und das war nur zu verständlich. Er selbst hätte seinen Leuten davon abgeraten, wüsste er nicht über die Situation Bescheid. Wäre das Teufelskind nicht gekommen, um ihm das Leben zu retten, wäre das Unvermeidliche eingetroffen. Kisame schloss die Augen, würde sich noch ein wenig ausruhen – sich den Kopf zu zermartern, brachte im Moment nichts. Er musste wohl etwas mehr Geduld haben, auch wenn es ihm schwer fiel. „Tsunade-shishou!“ Ein lautes Fluchen, etwas klirrte und im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen. Verdutzt blickten grüne Augen drein, doch dann siegte die Erkenntnis, dass wohl alles beim Alten war. Die Frau mittleren Alters wischte sich die blonden Haare aus der Stirn und stemmte sich schwerfällig von dem kleinen, runden Tisch hoch, auf dem sie bis eben gelegen hatte. Verschlafen sah sie zu dem Mädchen, welches nun die Arme verschränkte und sie tadelnd ansah. „Es ist mitten am Tag, Shishou!“, wies sie auf das Offensichtliche, doch die Ältere gähnte lediglich, streckte sich einmal. Nebenbei wurde nach der leeren Sake-Flasche gegriffen und diese wieder auf dem Tisch abgestellt. „Hm…was gibt es, Sakura?“, fragte die, die man Tsunade nannte, in altbekannter Katerstimmung. Die Gefragte schüttelte seufzend den Kopf darüber, wobei ihre langen Haare, die in der Farbe von Kirschblüten leuchteten, um ihren zierlichen Körper wirbelten. Dann jedoch wurde sie ernst, immerhin war sie wegen einer wichtigen Neuigkeit zu ihrer Meisterin geeilt. „Es wurde schon wieder…eine junge Frau aus dem Dorf überfallen“, murmelte sie und senkte betreten den Blick. Tsunades Miene wurde augenblicklich kühler, ihre Haltung gerader, während sie wartete, dass Sakura weitersprach. Das war doch gewiss nicht alles. „Dasselbe wie beim letzten Mal…und es ist schon die dritte Frau in kurzer Zeit. Wer auch immer diese furchtbaren Dinge tut, er scheint selbstsicherer zu werden.“ „Kampfspuren?“ „Ja, es sind…Kratzspuren und die Frau wurde ebenfalls gebissen, so als wäre sie von einem wilden Tier angefallen worden.“ Tsunade knurrte leise, kaute auf ihrem Daumennagel herum, während sie finster vor sich hin sah. Das war doch nicht mehr normal und ebenso dass keiner bisher herausgefunden hatte, was sich da abspielte. „Wer hat sie behandelt?“ „Ino war gerade in der Nähe…sie sagt, dass sich das Opfer an nichts erinnert.“ „Niemand hat etwas gehört?“ „Sie wohnt bei ihren Eltern, doch die haben nichts bemerkt.“ Das war eigenartig und so langsam schürten sich die Gerüchte, die man in Umlauf gebracht hatte. Nun gut, sie glaubte nicht an das so genannte Ungeheuer, das sich tief im Wald versteckte und des Nachts arme Mädchen in ihren Betten überfiel. Da musste ein Mann am Werke sein, doch wie geschickt musste er sein, dass er es schaffte, jedes Mal ungeschoren davon zu kommen? Tsunade hätte viel darum gegeben, diejenige sein zu dürfen, die dieses Schwein überführte und nebenbei hätte sie ihm alle Knochen gebrochen. Doch vermutlich sollte sie sich glücklich schätzen, dass dieser gottlose Bastard ihre Mädchen bisher verschont hatte. Vielleicht fürchtete er sich auch vor Frauen, die sich wehren konnten, denn auch wenn es in ihrem Tempel viele schöne Frauen gab, so war keine zart besaitet. Tsunade lehrte nicht nur das Heilen und den Umgang mit den richtigen Kräutern, sondern auch Kampfkunst. Es war ihr ungemein wichtig, dass ihre Schülerinnen beides beherrschten. „Tsunade-shishou?“ Sie blickte auf, erkannte die Sorge in Sakuras grünen Augen und auch sie wusste nicht, was in dieser Hinsicht zu tun war. Sie mussten das wohl oder übel anderen Leuten überlassen, auch wenn es sie wurmte. „Sag den anderen, sie sollen wachsam sein.“ Sakura runzelte die Stirn. „Glaubt Ihr an dieses Monster?“ „In der Tat, das tue ich“, erwiderte die ältere Frau und schüttelte die Sake-Flasche leicht, fixierte den letzten Tropfen darin. „Ein Monster in Menschengestalt.“ Kapitel 6: Abendlied -------------------- Es musste schon späte Nacht sein, als Kisame von einem Geruch geweckt wurde, der ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Dass er überhaupt so tief eingeschlafen war, schob er auf seine Verfassung, denn normalerweise passierte ihm so etwas nicht. Als Söldner musste man stets auf der Hut sein – nicht nur vor seinen Feinden, sondern auch vor seinen Auftraggebern. Etwas peinlich war es daher schon, dass er nicht einmal bemerkt hatte, dass er nicht länger allein war. Er richtete sich auf, stützte sich auf seinen Knien ab, während er zur Feuerstelle sah, an der das Teufelskind saß. Über den knisternden Flammen hing ein Topf, in welchem der Junge rührte und damit erklärte sich auch dieser leckere Geruch. Wie auf Kommando knurrte sein Magen, ließ den anderen aufblicken. Schatten tanzten auf seinem blassen Gesicht, doch seine Mimik blieb steinern – ob er überhaupt lächeln konnte? Nun, wenn er so an die damaligen Erlebnisse dachte, sollte es ihn wohl nicht wundern, wäre er nicht dazu fähig. Kisame war schon vor sieben Jahren ein erwachsener Mann gewesen und selbst für ihn war dieser Tag heftig gewesen. Ihm wurde unweigerlich ein wenig unwohl, kaum dass ihm auffiel, dass der Uchiha die dunklen Augen verengte – beinahe so, als könnte er seine Gedanken lesen und wäre nicht begeistert von diesen. Im selben Moment ärgert er sich über seine eigenen Hirngespinste – diese ganzen abnormalen Vorfälle schienen ihn langsam verrückt zu machen. „Was gibt’s denn?“, überspielte er die unangenehme Situation und setzte sich dem Jüngeren gegenüber. Die Flüssigkeit sah recht dickflüssig aus für eine Suppe und er erkannte das Gemüse aus dem Korb darin. Pilze, Rettich, Möhren…allerdings wunderte es ihn doch ein wenig, dass anscheinend weder Fleisch noch Fisch verwendet wurden. Wenn man in einem Wald lebte, wie es auch bei ihm zurzeit der Fall war, war die Aussicht auf Beute die meiste Zeit über groß. Anstatt einer Antwort nahm Itachi die Kelle in die Hand und schöpfte ihm etwas in eine kleine, aus Ton gefertigte Schüssel, ehe er sie ihm reichte. Kisame nahm sie dankend und ohne zu zögern entgegen, denn er glaubte nicht, dass das Essen vergiftet sein würde. Normalerweise war er da misstrauisch, doch es würde in diesem Fall keinen Sinn machen; der Junge hatte genügend Gelegenheiten gehabt, ihn zu töten, und bisher hatte er ihm lediglich das Leben gerettet. „Hm, dann mal guten Appetit…“, brummte er und setzte die Schüssel vorsichtig an die Lippen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie hungrig er die ganze Zeit gewesen war. Die heiße Suppe wärmte ihn von innen heraus, tat seinem Magen, der durch die letzten Tage vermutlich an Flüssignahrung gewöhnt war, ziemlich gut. Sie schmeckte entgegen seiner Befürchtung auch nicht fade, was sicherlich an den zerkleinerten Kräutern lag, deren Namen ihm aber nicht einfallen wollten. Ohnehin kannte er sich mit solchen Dingen eher spärlich aus, gerade so, dass es zum Überleben reichte. „Die ist gut“, bemerkte er und sah zu seinem Gegenüber. „Wenn es mir besser geht, revanchiere ich mich und fange uns ein paar Kaninchen.“ Itachi ließ die Schüssel in seinen Händen ein Stück sinken, maß ihn mit einem undefinierbaren Blick. „Das wird nicht nötig sein.“ Kisame war nicht sicher, was er damit meinte, so dass er ihn zuerst irritiert anblickte. „Ich hab schon verstanden, dass du mich möglichst schnell loswerden willst“, meinte er und zuckte die breiten Schultern. „Aber ernsthaft, ein paar Tage muss ich schon noch hier bleiben, das-“ „Das meinte ich nicht.“ Die Worte sorgten nicht dafür, dass Kisame klarer wurde, wo das Problem lag. Wollte er nichts von ihm annehmen, weil er ihm nicht traute? Verständlich wäre es irgendwie, auch wenn Kisame geglaubt hatte, dass er die Ausnahme wäre. Sie hatten sich zwar sieben Jahre nicht gesehen und waren auch nicht das, was man Bekannte oder Freunde nannte – dennoch war da etwas zwischen ihnen. Etwas, das Kisame nicht ganz deuten konnte und das er von seiner Seite aus als Interesse, vielleicht auch Faszination beschrieben hätte. Und Itachi…na ja, er hatte ihm geholfen, nicht wahr? „Ich esse keine Tiere.“ Kisame starrte ihn an, nicht wissend, was er darauf erwidern sollte. „Du isst kein Fleisch? Nicht mal Fisch?“, hakte er nach und das Teufelskind nickte knapp, wandte sich dann wieder seiner Suppe zu. „Und…wie kommst du auf so etwas?“, ließ er nicht locker. Er hatte nicht mit einer Antwort gerechnet, so wortkarg, wie der Junge war, doch dieser überraschte ihn. Nachdem er seine leere Schüssel auf dem Boden abgestellt hatte, erwiderte er seinen Blick endlich einmal länger als zwei Sekunden. „Ich verabscheue es, zu töten.“ Obwohl das Teufelskind weiterhin ruhig sprach, als hätte es die Worte auswendig gelernt, schien es in seinen dunklen Augen zu lodern. Da brannte ein finsteres Feuer in ihm, das Kisame keinesfalls nähren wollte – wenngleich ihn die Antwort verblüffte. Deswegen verzichtete er auf Fleisch und Fisch? Weil er nicht töten wollte? Anscheinend widerstrebte es ihm aber genauso, sein Essen töten zu lassen, wenn er sein Angebot ablehnte. „Warum hast du mir geholfen?“, wechselte er das Thema. Der Jüngere blickte ihn still an, ehe er den Blick auf den Topf über der Feuerstelle richtete. Die Finsternis war aus seinen schwarzen Augen gewichen, als hätte es sie nie gegeben. „Ich denke, das weißt du.“ Kisame brummte unzufrieden, vor allem weil die Tonlage so monoton klang, als hätte er den Satz auswendig gelernt. „Vielleicht will ich es ja von dir hören?“, entgegnete er daher provokant. Natürlich konnte er sich alles zusammenreimen, aber das war auch nicht der Grund für seine Fragen; er wollte den Uchiha aus der Reserve locken. „Ich begleiche meine Schulden“, hörte er ihn sagen und musste schmunzeln. „Willst du damit sagen, dass du all die Jahre nur drauf gewartet hast, dass ich in Schwierigkeiten gerate, um dich bei mir zu revanchieren?“ Damit hatte er ihn anscheinend erwischt, denn ihm entging nicht, wie das Teufelskind kurz die Lippen zusammenpresste. Ob der andere bemerkte, dass er die Finger in seinem Schoß unablässig knetete, nun, wo er die Schüssel nicht mehr hielt? „Zufall“, erwiderte er plötzlich recht flapsig für seine Verhältnisse. Vielleicht ärgerte er sich darüber, dass Kisame ihn durchschaut hatte? Jedenfalls reagierte er zur Abwechslung mal, auch wenn der Hüne diesen kleinen Erfolg still verbuchte. „Zufall…“, wiederholte er langsam. „Na schön.“ Dass er ihm das nicht abnahm, war ihnen beiden klar, doch der Uchiha zog es vor zu schweigen. Was sollte dieser auch sagen? Dass er ihn offenbar von einem seiner Aasgeier hatte beobachten lassen? Der schwarze Vogel war ihm von Anfang an nicht geheuer gewesen und Kisame fragte sich unweigerlich, wie lange er ihn wohl schon im Visier gehabt hatte. Erst einmal würde er es diesbezüglich dabei belassen, das Gespräch allerdings weiter am Laufen zu halten versuchen. „Bist du hier aufgewachsen?“ Auch nach all den Jahren faszinierte ihn dieses Teufelskind und es gab so vieles, was er über ihn wissen wollte. „Mit diesem Monster?“ Für diese Bezeichnung fing er sich einen Blick aus purem Eis ein und er wünschte sich, es wäre ihm nicht herausgerutscht. Dennoch fand er Monster doch recht passend, wenn er sich die Ereignisse zurück ins Gedächtnis rief. Er würde diesen Mann mit der wilden Mähne ebenfalls nicht mehr vergessen, doch im Gegensatz zu Itachi war ihm der andere nicht positiv in Erinnerung geblieben. Wie seine Feuersalven war der Mann über das Schlachtfeld gefegt, während der Hass in seinen roten Augen alles um ihn herum verbrannt hatte. Nein, er legte es nicht darauf an, diesem Kerl noch einmal zu begegnen, aber Itachi musste er etwas bedeuten. „Hat er dich gut behandelt?“, erkundigte er sich und vernahm ein leises Schnauben. „Er ist Familie“, kam es zurück, als würde das alles erklären. „Familie…“, wiederholte er und musterte sein Gegenüber, der ihn immer noch so anfunkelte. „Ja. Er ist streng, aber er war immer gut zu Sa-“ Das Teufelskind brach mitten im Satz ab, als hätte er sich verplappert, doch er lenkte sofort um, als wäre nichts gewesen. „…zu mir“, schloss er und blickte wieder ins Feuer. Da war er ja eher skeptisch, aber das behielt er erst mal für sich, wollte nicht noch tiefer bohren. Der Junge machte denselben in sich gekehrten Eindruck wie früher, auch wenn er nicht mehr so leicht erschrak wie damals. Bevor er noch etwas sagen konnte, erhob sich der Uchiha. „Du solltest schlafen. Ich komme morgen wieder.“ „…du könntest mir noch etwas Gesellschaft leisten?“, schlug er vor und fing sich salopp einen Korb ein. „Nein.“ Ein bisschen mehr Freundlichkeit oder zumindest Höflichkeit hätte den Jungen nicht umgebracht, wie er fand, doch was blieb ihm anderes übrig, als die Abfuhr zu akzeptieren? Als die Tür hinter ihm zufiel, seufzte er leise, ehe er den Blick wieder auf den Topf über der Feuerstelle richtete. Nun…hungrig war er immer noch und Itachi hätte sicher nichts dagegen, wenn er sich den Rest genehmigte. Anscheinend hatte er auch nicht vor, zurückzukommen. Sei es drum…er würde schon noch mit ihm warm werden. Irgendwie… Itachi atmete tief durch, als er die Hütte hinter sich gelassen hatte, und für einen Moment bröckelte seine stoische Fassade. Dass es so schwer für ihn sein würde, sich in Gegenwart des Hünen zusammenzunehmen, hatte er nicht erwartet. Vermutlich war das einfältig von ihm gewesen, schließlich war dieser Mann nicht wie andere. Nicht für ihn. Was dieser Mensch vor sieben Jahren für ihn getan hatte, würde er ihm nie zurückzahlen können. Wovor er ihn bewahrt hatte...allein die Erinnerung daran ließ ihm speiübel werden und er wünschte sich nicht zum ersten Mal, er könnte sie aus seinem Gedächtnis tilgen. Wie so vieles, das damals geschehen war. Dinge, die nicht hätten passieren dürfen und die immer noch Grund dafür waren, dass er nachts von Albträumen geplagt wurde. Er hielt inne, als ihm der brennende Schmerz in den Handflächen bewusst machte, dass sich seine Fingernägel in die Haut bohrten. Sieben Jahre und es fiel ihm immer noch schwer, damit umzugehen. Wenigstens hatte er sich bei diesem Mann zusammenreißen können, ihn bewusst auf Distanz gehalten und ihm zu verstehen gegeben, dass er bald verschwinden sollte. Auch wenn er sicher war, dass Kisame ahnte, dass er bei seiner Behauptung, ihre erneute Begegnung wäre Zufall gewesen, gelogen hatte. Was hatte er ihm gesagt? Er hätte nur seine Schulden begleichen wollen? Es war wohl besser, wenn der Hüne dies glaubte. Itachi musste achtgeben, dass er sich nicht in etwas hineinmanövrierte, aus dem es im Nachhinein kein Entkommen mehr gab. Schließlich war er schon ein Risiko eingegangen, ihn hierher zu bringen. Dabei neigte er sonst nie zu Entscheidungen, die er nicht gründlich durchdacht hatte… Nun gut, es war nicht zu ändern und wie er bereits festgestellt hatte, hatte er bislang alles im Griff. Sich den Kopf darüber zu zerbrechen, würde es nicht einfacher machen. Er seufzte leise, machte sich auf den Rückweg; immerhin warteten sie bestimmt schon auf ihn. Bevor er jedoch weit gekommen war, vernahm er die Präsenz einer vertrauten Person hinter sich, hörte gleich darauf Schritte, die ihn inne halten ließen. „Und ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt.“ Allein die raue, tiefe Stimme heischte den meisten Leuten Respekt ein und dies war eines der Phänomen um diesen Mann, der so viel älter als er selbst war und doch keinen Tag gealtert schien. Itachi spürte, wie ihn die Nervosität überkam und das passierte nicht oft…nicht in Gegenwart dieser Person. Er war nicht aufmüpfig, das war er nie gewesen, doch dieses Mal hatte er sich bewusst über das hinweg gesetzt, was der Ältere ihm befohlen hatte. Er war nicht sein Vater oder sein Onkel, dennoch waren sie über mehrere Ecken verwandt. Itachi spürte, wie sich die von unzähligen Kämpfen schwieligen, vernarbten Finger um seine Schulter schlossen. „Ich hatte dir gesagt, dass ich nicht möchte, dass du dich diesem Menschen näherst.“ Vermutlich hätte er sich rechtfertigen sollen, doch er wollte nicht vorgreifen, ließ den anderen erst einmal ausreden. „Anstatt meine Bitte zu beherzigen, führst du ihn hierher“, fuhr der Mann fort und drehte ihn mit einem Ruck zu sich herum. „Hierher, wo nicht nur wie beide leben, sondern auch dein Bruder, Itachi.“ Er wusste, dass er eine Grenze überschritten hatte, das entnahm er diesem eisigen Blick, mit dem er fixiert wurde. Bei der Erwähnung seines Bruders durchzuckten ihn Schuldgefühle, denn der Ältere hatte Recht. „Madara…er ist keine Gefahr“, beschwor er ihn dennoch und die rot glühenden Augen seines Gegenübers verengten sich. „Menschen sind keine Gefahr? Ich erinnere mich daran, dass sie dich einst auf einem Altar festbanden, um dich zu foltern und letztendlich zu schlachten wie Vieh.“ Die Worten fühlten sich wie Peitschenhiebe auf seiner Haut an und er spürte mit jedem weiteren, dass er kleiner wurde. Weil er keine Argumente hatte, die dagegen sprachen…weil es die schreckliche Wahrheit war. Aber er riss sich zusammen, denn er hatte wissentlich gegen Madaras Verbot gehandelt, nun musste er zu seiner Entscheidung stehen. „Er wird bald gehen. Ich sorge dafür, dass er verschwindet“, gab er zurück, doch Madara schnaubte bloß höhnisch. „Überschätz dich nicht…und unterschätze vor allem die Menschen nicht. Ich habe dieses Thema bereits zur Genüge mit dir ausdiskutiert, Itachi.“ „Und ich war anderer Meinung.“ „Deine Meinung tut hier aber nichts zur Sache.“ „Ich schulde ihm mein Leben.“ „Du schuldest mir dein Leben, mein Junge“, korrigierte der Ältere ihn scharf und Itachi zögerte, bevor er wieder das Wort ergriff. „…ihm ebenso. Ohne ihn wäre ich-“ Ein Klatschen und der scharfe Schmerz in seiner Wange ließen ihn zusammenzucken, sich für wenige Sekunden wie gelähmt fühlen. Vorsichtig führte er die Hand zur geröteten Stelle, während Madara die eigene sinken ließ. Es brannte, doch schlimmer war die Demütigung…und das schlechte Gewissen. Grob wurde sein Kinn gepackt und hochgerissen, sodass er ihm in die Augen sehen musste. „Vergiss nie, wer sowohl dich als auch deinen Bruder aufgenommen hat, Itachi“, wisperte Madara warnend. „Meine Gutmütigkeit kennt Grenzen…vor allem wenn es um so wichtige Dinge geht. Du hast dich in Zukunft meinen Entscheidungen zu beugen. Haben wir uns verstanden?“ Es wäre unklug gewesen, ihm in diesem Moment auch noch zu widersprechen und Itachi respektierte diesen Mann zu sehr, als dass er dazu noch den Mut gehabt hätte. Er senkte den Blick, nickte knapp zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Madara hatte Recht; er hatte Sasuke und ihn aufgenommen, als sie schutzlos gewesen waren. Er hatte sich um sie gekümmert und ihnen gezeigt, wie sie mit ihren Fähigkeiten umgehen konnten. Zudem war er Familie…der winzige Rest, der ihnen noch geblieben war. „…verstanden“, erwiderte er bedächtig und Madara atmete hörbar aus. Die rauen Finger streckten sich nach ihm aus, wischten seine Hand beiseite, um selbst über die glühende Haut zu streicheln. Itachi bewegte sich nicht, ließ es geschehen, obwohl ihm Berührungen jeglicher Art auch nach all den Jahren immer noch unangenehm waren. Bei Sasuke und Madara konnte er damit einigermaßen umgehen, aber er war nun einmal seit jenem Tag gebrandmarkt. „Denk daran, dass ich nur das Beste für euch beide will“, murmelte er und blickte ihn fest an. „Wir sind die Letzten unseres Clans.“ Er wusste es und er glaubte ihm, dass er es nur gut meinte. Recht hatte er ja auch, mit dem was er sagte. Es war nur…dass dieser Mann einen besonderen Stellenwert für ihn hatte. Wegen damals. Nun war seine Schuld beglichen und sobald Kisame wieder richtig laufen konnte, würde er ihn fortschicken. „Also gut“, schloss Madara und wandte sich zum Gehen um. „Schick ihn so bald wie möglich weg…sonst erledige ich das Problem für dich.“ Die unterschwellige Drohung war nicht zu überhören und er nickte, wusste, dass es ihm ernst war. „Werde ich.“ Madara sagte nichts mehr und als Itachi blinzelte, war er bereits verschwunden. Stille kehrte wieder ein und er verweilte noch ein paar Sekunden an dieser Stelle des Waldes. Madara hatte nicht Unrecht; Kisame konnte zu einer Gefahr sie alle werden. Er würde sich an die Anweisungen des Älteren halten, hatte dies ja sowieso vorgehabt. Sobald die Wunden des Hünen einigermaßen abgeheilt waren und dieser ausreichend gestärkt war, würde er ihn wegschicken. Danach würden sie sich nie wiedersehen. So war es das Beste…für jeden von ihnen. Kapitel 7: Besser du rennst --------------------------- Hunger…er hatte solchen Hunger. Er wollte laufen, rennen, den Boden unter seinen Pranken spüren und die Welt an sich vorbeiziehen sehen. Er wollte zerreißen, zerfetzen, beißen…in das zarte Fleisch. So groß war sein Hass auf diese Gestalten, die sich Menschen nannten. Oh so unbeschreiblich groß…und er übernahm die Kontrolle, wann immer er konnte. Viel zu selten…so selten kam er heraus, doch er wusste, seine Zeit würde kommen. Er spürte die Präsenz des roten Mondes bereits…und er wusste, dass er irgendwann frei sein würde. Frei aus diesem Gefängnis, das ihn seiner Gelüste beraubte. Nicht mehr lange und er würde seine Fänge und Krallen in das Fleisch dieser Unwürdigen schlagen…nicht mehr lange… „Oi, Nii-chan!“ Die krampfhaft geschlossenen Lider öffneten sich schlagartig, als die ihm nur zu vertraute Stimme ertönte und er fuhr hoch, erhob sich aus der liegenden Position, in der er sich soeben noch befunden hatte. Die himmelblauen Augen waren geweitet, er spürte sein Herz in seiner Brust rasen und den Schweiß von seiner Stirn tropfen. Es knirschte, als sein Kiefer malmte, während sich seine gebräunten Finger in das Gras verkrallten, in dem er saß. Die unheimliche Stimme in seinem Kopf war verstummt…stattdessen hörte er hektische Schritte, sah einen Jungen im Alter von zwölf Jahren auf ihn zu rennen. Er musste sich beruhigen, zwang sich zu einem schiefen Grinsen, als der Junge vor ihm zum Stehen kam. „Hey, hast du etwa geschlafen, Naruto-nii-chan?! Das gibt’s doch nicht!“, plusterte sich der Knirps auf und der angesprochene Blondschopf erhob sich langsam. Geschlafen…eigentlich hatte er nur ein wenig gedöst, nachdem er am Wasserfall trainiert hatte. Diese Albträume wurden immer schlimmer, suchten ihn sogar schon tagsüber heim, doch er ließ sich nichts davon anmerken. „Mecker nicht so rum, du Giftzwerg!“, erwiderte er bloß und gähnte einmal, wich dem Blick des Jungen aus. „Was fällt dir ein?! Ich bin der Enkel des ehrenwerten Shogun, du Blödmann!“ Narutos Augenbraue zuckte einmal, ehe er ausholte und dem ehrenwerten Enkel eine Kopfnuss verpasste, die diesen zum Aufjaulen brachte. „Au! Spinnst du?! Was sollte das denn?!“, regte sich dieser auf und der Blonde schnaubte. „Selbst schuld! Du bist viel zu frech, Konohamaru! Und überhaupt…ich dachte, der Opa hätte dir verboten, dich mit mir abzugeben?“ Es war kein Geheimnis, dass der Waisenjunge mit den wild abstehenden Haaren schlechter Umgang war. Ein vom Dämon besessenes Kind nannten sie ihn und er erinnerte sich noch gut daran, wie sie versucht hatten, ihm dieses angebliche Monster auszutreiben. Sie hatten ihn in geweihtem Wasser ertränken wollen, hatten ihn fasten lassen, um ihn innerlich zu reinigen…doch eigentlich war es bloß Folter gewesen und am Ende hörte er die Stimme immer noch. Mittlerweile redete er nicht mehr darüber, schließlich war er durch seine Mutter, die man aufgrund ihrer roten Haare eine Hexe genannt hatte, schon genug in Verruf geraten. Nicht, dass er ihr die Schuld dafür gab, doch er brauchte nicht noch mehr Schwierigkeiten. „Das war gar nicht Jii-san, sondern seine blöden Berater!“, moserte der Jüngere und verschränkte die Arme. Naruto schnaubte leise, musste ihm aber wohl Recht geben; der Shogun hatte seinen Vater sehr geschätzt, auch nachdem dieser eine Hexe geschwängert hatte. Bei seiner Geburt waren seine Eltern ums Leben gekommen, auch wenn ihm niemand etwas über die genauen Umstände sagen wollte. Sarutobi Hiruzen, der Shogun, hatte ihn in den ersten Jahren unter seine Fittiche genommen, aber irgendwann hatte die Hetze gegen ihn überhandgenommen, so dass er nicht mehr sicher gewesen war. Aus diesem Grund hatte ihn der Alte aus der Stadt verband und ihn angewiesen, in den Wäldern Schutz zu suchen. Tatsächlich kam es nun viel seltener vor, dass man ihm hinterherrannte und ihn mit Steinen bewarf. Dennoch war sein Schicksal bitter, denn es verdammte ihn zur Einsamkeit…auch wenn Konohamaru ihn immer noch heimlich besuchte. „Ja, ja…erzähl mir lieber, was es Neues gibt!“ Der Kleine legte den Kopf auf die Seite und musterte ihn nachdenklich, ehe er wieder den Mund aufmachte. „In den umliegenden Dörfern sind schon wieder Frauen überfallen worden! Man redet von einem Monster!“ Dieser Begriff ließ Naruto merklich schaudern, denn er dachte sofort wieder an das Ding, dessen Stimme ihn verfolgte und quälte. Manchmal sah er es sogar in seinen Träumen…es hatte Ähnlichkeit mit einer Katze oder einem Hund…und es besaß rötliches Fell. Rot…wie die Haare seiner Mutter es gewesen waren und er schluckte hart. „Die meinen, dass du das gewesen wärst“, nuschelte der Junge und blickte nervös zu ihm auf. „Aber ich glaube das natürlich nicht! Die sind doch doof!“ Manchmal war Naruto nicht sicher, ob nicht etwas an den Anschuldigungen dran war – immerhin dämmerte er öfter mal weg und fand sich dann an fremden Orten wieder. Nicht selten klebte dann Blut an seinen Händen und seiner Kleidung…einmal hatte er den eisenhaltigen Geschmack sogar in seinem Mund wahrgenommen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, doch er erinnerte sich nie. „Schwachsinn!“, murrte er nur, wollte Konohamaru nicht verschrecken. „Genau! Die haben ja nicht mal Beweise! Aber…ich würde mich trotzdem von den Menschen hier in der Umgebung fernhalten…manche sind ziemlich…wütend.“ Naruto konnte nicht bestreiten, dass er nicht schon mal in die Frauenbäder gespäht hatte. Er war jung und neugierig auf das weibliche Geschlecht, doch niemals hätte er einer Frau Gewalt angetan. Er nicht…doch was war mit dem anderen? War er in der Lage, eine Frau auf solche Weise zu schänden? Allein der Gedanke löste Übelkeit in ihm aus, denn er verabscheute das, was der Unbekannte diesen Mädchen tat. Nein, selbst wenn er nicht bei sich war, er würde niemals eine Frau gegen ihren Willen anfassen! Geschweige denn sie blutig kratzen und beißen…nein! „Ist gut…danke für den Tipp, Kleiner!“ Er grinste gespielt fröhlich und wuschelte ihm durchs Haar, woraufhin der Jüngere zurückgrinste. „Schon gut“, meinte er und winkte ab. „Bring mir lieber ein paar neue Kampftechniken bei! Los!“ „Sei nicht so unverschämt, du Rotznase!“ „Ich bin keine Rotznase, du Blödmann!“ Nun…vielleicht war er ja wirklich schlechter Umgang, schoss es Naruto in den Sinn, als er Konohamaru lachend die Zunge rausstreckte. Doch besser ein liebenswerter Unruhestifter als ein herzloses Monster. Es entging Kisame nicht, dass ihm das Teufelskind in den nächsten Tagen noch viel konsequenter aus dem Weg ging. Ob er etwas Falsches gesagt hatte, wusste er nicht, er konnte auch nicht nachfragen, da er jedes Mal direkt abgeblockt wurde. Itachi kam, sah nach seinen Wunden und kümmerte sich darum, dass er Nahrung und Wasser hatte. Dann verschwand er wieder in den Wäldern und allmählich begann dieses Verhalten an Kisames Nerven zu kratzen. Er war ein recht gesprächiger Typ und gerade in seinem angeschlagenen Zustand, in dem er weitgehend zur Untätigkeit verdammt war, langweilte er sich schnell. Sicher, er hätte ihn schlimmer treffen können und er wollte sich nicht beklagen, aber ein wenig Gesellschaft wäre ihm ganz recht gewesen. Vor allem da er nicht mal einen Bruchteil seiner offenen Fragen hatte stellen können. Fragen, die ihn schon seit jenem Tag beschäftigten, und nun hatte er endlich die Gelegenheit auf Antworten. Ein tiefes Seufzen entwich ihm, während er den Blick durch die Hütte schweifen ließ…und einen Entschluss fasste. Zwar sollte er es, auch laut dem Rat des Teufelskindes, ruhig angehen lassen und in der Nähe der Hütte bleiben, doch sein Kreislauf musste langsam wieder in Schwung kommen. Wenn er sich die ganze Zeit nur ausruhte, würde es umso schwieriger werden, wieder in Form zu kommen. Seinem Bein ging es sehr viel besser und sein Rücken würde durch einen Spaziergang nicht beeinträchtigt werden. Er stemmte sich hoch, streckte sich vorsichtig, ehe er seinen Unterschlupf verließ und hinaustrat. Durch die grünen Baumkronen bahnte sich goldenes Sonnenlicht, das warm auf seine Haut traf. Ein paar Vögel zwitscherten über ihm, doch einen Raben konnte er diesmal nicht entdecken. Vielleicht war er diesbezüglich ein bisschen paranoid geworden, doch wenn man bedachte, was bisher alles geschehen war, konnte man ihm das wohl nicht verübeln. Mit dem Schuhwerk, das Itachi ihm auf seine Bitte hin mitgebracht hatte, war es gleich viel angenehmer, seine Umgebung zu erkunden. Eigentlich besaß Kisame eine ausgeprägte Orientierung, doch in diesem Wald wollte er sich nicht darauf verlassen. Es war ihm vor einigen Tagen, als er sich zum See aufgemacht hatte, nicht sofort aufgefallen. Vermutlich, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz aufnahmefähig gewesen war, aber die Pflanzen in diesem Gebiet erschienen ihm größer, als es normal gewesen wäre. Vor allem die Bäum besaßen eine imposante Höhe und Breite, wie Kisame sie noch nie zuvor gesehen hatte. An manchen Stellen waren ihre Blätterkronen so gewaltig, dass kein Licht hindurchfiel…genau genommen, je weiter er sich vorwagte. Es kam ihm so vor, als würde es um ihn herum immer stiller werden, selbst die Laute der Vögel verstummten allmählich. Da waren keine Pfade, die ihm einen Weg hätten weisen können oder ihm ein wenig Orientierung vermittelt hätten. Wie hatte er beim letzten Mal so einfach den See finden können? Vermutlich Glück…und wo er gerade darüber nachdachte, fiel ihm noch etwas ein; wie hatte Itachi es nur geschafft, ihn an diesen Ort zu bringen? Bei seinem Gewicht konnte das alles nicht mit rechten Dingen zugehen – andererseits sollte ihn das wohl nicht wundern. Kisame schnaubte leise, spürte, wie die Erschöpfung an ihm zu nagen begann; vielleicht sollte er umkehren und dabei hoffen, dass er sich nicht verlaufen würde. Wenn das Teufelskind ihn nicht in der Hütte vorfand, würde es ihn möglicherweise suchen…und sei es nur, um ihm erneut mitzuteilen, dass er hier nichts verloren hatte. „Wenn du da lang gehst, verirrst du dich noch tiefer.“ Kisame fuhr herum, als er die fremde Stimme vernahm. Schnarrender als die des Teufelskindes mit einem seltsamen Unterton darin. Im spärlichen Licht des Waldes fiel es ihm schwer, jemanden zu entdecken. Erst jetzt fiel Kisame ein, dass er keine Waffen bei sich trug – und er schalt sich innerlich für seine Fahrlässigkeit. „Zeig dich!“, forderte er seinen unerwarteten Beobachter auf. Ein paar Sekunden blieb es still, niemand antwortete ihm und Kisame verengte die Augen, ließ den Blick schweifen. „Schau doch einfach mal nach oben.“ Kisame folgte der Aufforderung, kaum dass er sie vernommen hatte – und kurz war er wie erstarrt. Er wusste nicht, mit was er gerechnet hatte, doch sicher nicht mit einem zweiten Teufelskind. Zumindest vermutete er das, denn der Junge, der dort oben auf einem Ast saß, wies eine unverkennbare Ähnlichkeit zu Itachi auf. Es waren dieselben schwarzen Augen, wenngleich in ihnen ein ganz anderer Ausdruck lag – nämlich pure Verachtung. Ein Blick in das durchaus hübsche Gesicht des Jungen, den er um die 16 Jahre schätzte, machte deutlich, was dieser von ihm hielt. Seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten und wirkten ein wenig struppig, die schmalen Lippen hoben sich im Vergleich dazu kaum von seiner blassen Haut ab. Er trug sein Gewand recht offen, so dass man die fein definierte Brust sehen konnte, und eine Art blauen Rock, der von einem groben Strohseil gehalten wurde, über der schwarzen Hose. Kisames Blick blieb kurz an dem Katana hängen, welches an der Hüfte des Jungen festgemacht war, ehe er ihm wieder in die Augen schaute. „Menschliche Sinne sind wahrlich erbärmlich.“ Wenn er bis eben noch an der Verwandtschaft zu Itachi gezweifelt hatte, so hatte sich dies wohl erledigt. Kisame verengte die grünen Augen, während er dem Blick des vorlauten Bengels standhielt. „Anscheinend hat man dir keine Manieren beigebracht, Junge“, erwiderte er und traf damit einen Nerv. Zumindest verfinsterte sich die Miene des Fremden bei seinen Worten und Kisame wunderte es nicht einmal, als sie für Sekunden rot aufglommen. „Pass besser auf, was du sagst…“, wurde er gewarnt. „Aus diesem Wald sind bisher nicht viele lebend zurückgekehrt.“ Kisame vermutete mal, dass dies unter anderem an dem Monster, das Itachi aufgezogen hatte, lag. Vielleicht sollte er froh sein, dass er nicht auf diesen Mann getroffen war, sondern es nur mit einem halben Kind zu tun hatte. „Ich suche jemanden“, teilte er ihm mit, ohne auf die Drohung einzugehen. „Vielleicht kannst du-“ „Ich weiß genau, wen du suchst“, fiel ihm der Junge scharf ins Wort. „Kehr um und verschwinde von hier!“ Nun, das war eine deutliche Antwort. Da der Junge mit großer Wahrscheinlichkeit mit Itachi verwandt war, gab es sicher Gründe für sein unverschämtes Verhalten. Trotzdem ärgerte es den Hünen, denn schließlich bemühte er sich, die abfälligen Bemerkungen zu ignorieren. Er hatte kaum zum Sprechen angesetzt, da sprang der Junge von seinem Ast, landete aber direkt vor ihm auf den Füßen. Seine Hand legte sich direkt an den Griff des Katanas, wobei sich seine Iriden blutrot färbten. „Merk dir eines“, begann sein Gegenüber mit schneidendem Ton. „Ich bin nicht so nachsichtig wie mein Bruder. Bleib und ich werde dich töten.“ Kisame starrte ihn an, nahm die Information zwar auf, doch seine Augen hefteten sich auf die Finger des Jungen, die sich um den Griff schlossen. Geschwister waren sie also – und er wusste direkt, welchen Bruder er sympathischer fand. Nach dieser Ansage war es wohl besser, wenn er tatsächlich verschwand – andererseits wäre das auch ziemlich feige. Kisame atmete durch, versuchte die aufkeimende Wut zu unterdrücken und es ruhig angehen zu lassen. Sicher, das war nur ein Halbwüchsiger, doch Itachi hatte mit 13 Jahren bereits beängstigende Fähigkeiten gehabt und er hatte keine Ahnung, wie stark diese bei dessen Bruder ausgeprägt waren. Daher hob er beschwichtigend die Hände, in der Hoffnung, der andere würde ihm zuhören. „Hör mal, Junge, ich habe nicht vor-“ Kisame konnte nicht mal den Satz zu Ende bringen, da der andere in dieser Sekunde das Katana aus der Scheide zog und auf ihn zu preschte. Nein, der hielt nichts von leeren Drohungen, doch Kisame fasste sich schnell genug, wich dem Angriff seitlich aus und packte den Jungen am Handgelenk. Vielleicht war der Kleine schnell und besaß unheimliche Fähigkeiten, aber der Hüne verfügte über genügend Kampferfahrung und zudem über die Kraft, Knochen zu brechen. Das Katana fiel dem Jungen zwar durch den schmerzhaften Druck aus der Hand, jedoch musste Kisame die linke Faust abfangen, die auf sein Gesicht zuraste. Hass pulsierte in den roten Augen, ließ keinen Zweifel, dass der Junge darauf brannte, ihn umzubringen. „Du machst mich langsam wirklich wütend, Junge!“, grollte er erzürnt und ohne ihn loszulassen. Ein viel zu berechnendes, kühles Lächeln legte sich auf die schmalen Lippen und es machte Kisame stutzig, dass er sich nicht sonderlich wehrte. „Zeigst du also endlich dein wahres Gesicht, ja?“ Wie Gift wurden ihm die Wörter entgegen gespuckt und der Hüne musste sich zusammennehmen, um ihm keine zu verpassen. Wer wurde hier denn die ganze Zeit beleidigt und sogar angegriffen? Dieses Balg wagte es allen Ernstes, ihn als den Bösen hinzustellen? „Letzte Chance“, wurde er angezischt. „Lass mich los und verschwinde!“ Sollte das ein schlechter Scherz sein? Er quetschte die Handgelenke so fest zusammen, dass der Junge das Gesicht verzog. „Jetzt pass mal auf, du-“ Im Nachhinein konnte Kisame kaum beschreiben, was passiert war. Er spürte nur, wie sich der Schmerz mit einem Schlag in seinem gesamten Körper entlud und ihn der Schock darüber lähmte. Ein unkontrolliertes Zucken befiel ihn und er klappte zusammen, blieb hektisch atmend auf dem Boden liegen. Nicht mal seine Zunge wollte ihm gehorchen, während er sich zusammenkrümmte und nach Luft schnappte. Was zur Hölle…? „Ich hatte dich gewarnt.“ Er bekam aus den Augenwinkeln verschwommen mit, wie sich der Junge in aller Seelenruhe nach seiner Waffe bückte und diese aufhob. Keuchend grub er die Finger ins Gras, versuchte sich zu beruhigen, doch sein Herz raste. Teufelskräfte. Zweifellos. „Aber du wolltest nicht auf mich hören“, fuhr das Balg fort und trat ihm nicht gerade zimperlich in die Seite. „Mein Bruder mag ja dem Irrtum erliegen, dass man dir trauen kann…“ Kisame kniff kurz die Augen zusammen, bemüht, sich zusammenzunehmen; andernfalls würde er gleich Bekanntschaft mit der scharfen Klinge machen. Der Junge meinte das hier bitterernst. „…aber das Risiko gehe ich nicht ein. Das war’s dann.“ Kisame reagierte so schnell, wie es in seiner Situation ging, als er dem anderen mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, gegen die Beine trat. Es reichte, um ihn zu Fall zu bringen, da er wohl nicht damit gerechnet hatte. Das Gefühl kehrte glücklicherweise in seinen Körper zurück, wenn er auch immer noch benommen war. „Du verdammter…!“, hörte er den Jungen zischen, der sich sofort wieder aufrappelte und nach seinem Katana greifen wollte. Kisame warf sich regelrecht auf ihn, presste ihm mit seinem Gewicht die Luft aus den Lungen. Ihm war so übel, dass er glaubte, sich übergeben zu müssen – nur würde ihn das nicht retten. Was auch immer das Balg vorhin getan hatte, tat er es noch einmal, wäre es das für ihn, so dass er ausholte, um auf ihn einzuschlagen. Ein lautes Krächzen ließ ihn zuckend innehalten und auch der Junge unter ihm erstarrte. Flügelschlagen drang an seine Ohren und er stockte, als ihn etwas an der Wange traf. Ein feines Rinnsal Blut sickerte langsam über diese, lenkte ihn ausreichend ab, so dass ihn der Junge von sich schubsen und Abstand zu ihm gewinnen konnte. Der schwarze Vogel zog seine Kreise über ihnen beiden, ehe er an Kisame vorbei schoss und sich auf der Schulter seines Besitzers niederließ. Eigentlich hatte sich der Hüne die ganze Zeit erhofft, das Teufelskind zu finden – in diesem Moment war er nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte. Itachis rote Augen funkelten ihn auf eine Weise an, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Es schien beinahe so, als würde die Luft um ihn herum flimmern. Seine Schritte waren kurz und zügig, die Fäuste an der Seite geballt und seine gesamte Haltung gespannt wie die Sehne eines Bogens. Dermaßen zornig hatte Kisame ihn noch nie gesehen – und er hätte auch gut darauf verzichten können. „Steh auf, Sasuke.“ Seine Stimme hatte jegliche Sanftheit verloren, als er sich an seinen Bruder wandte, und der Hüne war schlichtweg erleichtert, dass er selbst nicht Flammen aufging. Sasuke hieß das Balg also…und eben dieser erhob sich nun, erwiderte den glühenden Blick seines Bruders nicht minder wütend. „Was denkst du, was du hier tust?“ Es klang nicht mal wie eine Frage, sondern mehr wie ein Vorwurf, woraufhin Sasuke abfällig schnaubte. „Wonach sieht es denn aus?“ Itachi verengte seine roten Augen, so dass sie deutlich schmaler wirkten, was seinen Bruder aber nicht sonderlich zu beeindrucken schien. Gut, sie waren Familie, aber dennoch fand Kisame diese Seite an dem Teufelskind unheimlich. So offen gezeigter Zorn wollte nicht zu ihm passen. „Ich hatte dich angewiesen, ihm fernzubleiben.“ „Ja, solange, wie du dich mit ihm in dieser Hütte verschanzt“, knurrte Sasuke uneinsichtig. „Ihm scheint es gar nicht so schlecht zu gehen…das eben ist dir nicht entgangen, oder?“ „Es reicht.“ „Ach ja?! Meinst du wirklich?!“ Kisame sah von einem zum anderen, hielt es jedoch für besser, sich nicht in dieses Gespräch einzumischen. Dass keine Funken sprühten beziehungsweise Flammen hoch loderten, erschien ihm wie ein Wunder. Noch wusste der Hüne nicht, ob es positiv war, dass Itachi ihn inzwischen keines Blickes mehr würdigte. „Du bringst diesen Kerl hierher, kümmerst dich um ihn…verdammt noch mal, Nii-san! Es ist sieben Jahre her! Du kennst diesen Typen kaum! Hast du alles vergessen?!“ Das Feuer in Itachis Augen flackerte bei diesen Worten und man merkte ihm an, dass es ihn traf, auch wenn er sich sofort wieder fasste. Einige Sekunden erwiderte er den Blick seines Bruders stumm, dann färbten sich seine Iriden wieder schwarz. Kisame fand, dass er plötzlich einen sehr erschöpften Eindruck machte und es schien auch Sasukes Wut zu dämmen. Vermutlich waren ihm die Worte rausgerutscht, so dass ihm erst jetzt auffiel, was sie bewirkten. „Ich werde nie vergessen, Sasuke“, gab der ältere Uchiha matt zurück. Kisame bemerkte, dass sein Bruder etwas sagen wollte, sich schließlich aber nur auf die Unterlippe biss. „Ich habe dir bereits erklärt, dass ich eine Schuld begleiche...er wird diesen Wald bald verlassen. Ich möchte, dass du das akzeptierst.“ So trotzig, wie Sasuke seinen Bruder anblickte, wirkte er viel kindlicher als zuvor. „Du bist zu weich“, murrte er, doch auch seine Augen verloren den roten Farbton langsam. „Zu gutmütig. Das warst du immer – und der da hat das nicht verdient!“ Ein verächtlicher Blick wurde ihm zuteil und Kisame spürte erneut die Wut in sich hochkochen. Nein, er konnte dieses Balg kein bisschen leiden, auch wenn er wohl erkannte, dass er sich um Itachi zu sorgen schien. Zwar auf eine sehr extreme Art und Weise, aber angesichts dessen, was in der Vergangenheit passiert war… „Das hat damit nichts zu tun“, erwiderte Itachi ruhig aber bestimmt. „Geh jetzt. Wir reden später darüber.“ Sasuke sah nicht so aus, als wollte er sie beide allein lassen, doch er erkannte, dass sein Bruder ihm keine Wahl lassen würde. Zumindest blickte er ziemlich zerknirscht drein, atmete dann genervt aus. „Von mir aus…“ Er schob sein Katana wieder in die Scheide zurück, ehe er ihnen den Rücken kehrte. Bevor er allerdings verschwand, warf er ihnen noch mal einen Blick über die Schulter zu. „Vergeude nicht zu viel Zeit mit ihm. Ich warte auf dich.“ Itachi nickte bloß, sah ihm nach, bis er aus ihrer Sicht verschwunden war. Tief ausatmend streichelte er dem Raben, der noch immer auf seiner Schulter thronte, zärtlich durch das schwarze Gefieder. Das Tier krächzte und pickte einmal nach den losen Haarsträhnen, bevor es sich abstieß und davon flog. Kisame räusperte sich, kam, immer noch etwas wacklig auf die Beine, was dem Teufelskind nicht entging, so abschätzend, wie er gemustert wurde. Es war schwer zu sagen, ob er ihm noch zürnte, aber das würde er wohl gleich herausfinden. „Um das richtigzustellen“, fing er an, als Itachi nichts sagte. „Der kleine Mi…dein Bruder hat mich zuerst angegriffen. Er hat irgendwas gemacht…so wie du damals, aber trotzdem anders! Ist schwer zu beschreiben…aber ich konnte mich nicht mehr bewegen, war wie gelähmt! Ich musste mich verteidigen, bevor er mich noch mal umzubringen versucht!“ Itachi hob eine Braue, maß ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. Glaubte er ihm? Schließlich hatte er seinen Bruder vorhin in die Schranken gewiesen, anstatt ihn in Flammen aufgehen zu lassen…das war positiv, nicht wahr? „Mag sein“, gab Itachi schließlich ernst zurück. „Trotzdem werde ich so etwas kein zweites Mal dulden. Du hättest die Hütte gar nicht verlassen sollen.“ „Konnte ja schlecht vorher wissen, dass dein Bruder so darauf brennt, mich umzubringen…“, gab der Hüne sarkastisch zurück. Itachis Blick verfinsterte sich daraufhin, doch seine Äußerung schien nicht der Grund dafür zu sein. Jedenfalls nicht ausschließlich. „Auch er hat viel durchgemacht…und er war wesentlich jünger als ich“, verteidigte er Sasuke. „Ich heiße nicht gut, was er getan hat, aber solltest du jemals wieder versuchen, Hand an ihn zu legen, wirst du das bereuen.“ Kisame verbiss sich einen entsprechenden Kommentar, auch wenn er seinen Zorn herunterschlucken musste. Ausnahmsweise war er sich wirklich keiner Schuld bewusst, doch Itachi machte nicht den Anschein, als würde er darüber diskutieren wollen. „Ist angekommen“, brummte er deswegen. „Auch wenn ich nicht verstehe, warum du so viel Verständnis für ihn hast. Ist nicht so, als hättest du nicht viel Scheiße erlebt, oder?“ Itachi presste kurz die Lippen aufeinander und Kisame bereute fast, es angesprochen zu haben. Es musste unnagenehm sein, daran erinnert zu werden. Kisame war dabei gewesen, er hatte es mitangesehen, doch er selbst war nicht auf einen Altar geschnürt worden. „Folge mir“, lenkte der Uchiha ein, ohne darauf einzugehen. „Ich bringe dich zurück zur Hütte…du kannst doch laufen?“ Der Hüne stutzte, wollte schon leichtsinnig bejahen, doch dann verstand er, warum Itachi fragte. Natürlich kannte er Sasukes seltsame Kräfte und ihm war sicherlich nicht entgangen, dass Kisame immer noch etwas zittrig war. Es würde schon gehen… „Ja, keine Sorge“, wiegelte er daher ab. Itachi schien das zu reichen, auch wenn sein Blick skeptisch blieb, doch er fragte kein weiteres Mal. Wortlos folgte Kisame dem Teufelskind, auch wenn er nun noch mehr Fragen als zuvor hatte, aber er würde geduldig sein…und abwarten. „…denkst du nicht, du solltest langsam akzeptieren, dass er tot ist?“ Der junge Mann schnaubte, während er einen Stein über die Wasseroberfläche springen ließ, dem leisen Plätschern lauschte. Ein Seufzen erklang neben ihm und er hörte ein Rascheln, das bedeutete, dass sich die junge Frau neben ihm nieder ließ. Der Steg war zwar schmal, doch zwei Personen passten auf diesen, so dass sie nebeneinander sitzen konnten. Eigentlich wollte er keine Gesellschaft, von ihr schon gar nicht, immerhin war sie einverstanden damit, dass man Kisame so einfach abschrieb. Sie hatte nicht widersprochen, als Nagato seine Entscheidung getroffen hatte. „Er ist nicht tot.“ Davon war er überzeugt. Jemand wie Kisame würde sich nicht einfach so töten lassen, auch wenn es hoffnungslos aussah. Doch keiner hörte ihm zu, niemand teilte seine Meinung oder es war ihnen egal. Nagato war es nicht wichtig, immerhin hatte er noch mehr Leute, die ihn ersetzen würden…als ob irgendjemand Kisame würde ersetzen können. Sasori und Deidara scherte es auch nicht, die stritten lieber über ihre albernen Ansichten von Kunst, als einen Kameraden zu suchen. Kakuzu dachte wie immer nur an die Einnahmen, Hidan verspottete ihn als Weichei, von wegen er sollte es wie ein Mann nehmen...wenn wenigstens Zabuza und Haku aus dem Gebirge zurückkommen würden… Zabuza war ein alter Freund von Kisame, die beiden schätzten einander und sicher hätte dieser ihn unterstützt. Oder er hätte Kisame zumindest Respekt gezollt, Suigetsu auf die Schulter geklopft und ihm damit seine Art des Trosts gespendet. Das hätte wenigstens ein bisschen geholfen, sein Schuldbewusstsein zu schwächen, aber so…fühlte er sich wie das Letzte. „Suigetsu…es ist nicht möglich, dass er den Kriegern entkommen ist. Du hast selbst gesagt, die Brücke wurde gekappt.“ Er blickte auf, sah in Konans Bernsteine, welche ihn ruhig und mit einer Spur Bedauern fixierten. Sie teilte Nagatos Meinung, das hatte sie immer getan und auch, wenn es vielleicht unfair war, weil er die Beziehung der beiden nicht genau kannte, verurteilte er sie dafür. Dafür dass sie ihm folgte wie ein Schatten und ihm nicht mal die Einsamkeit gönnte. „Was weißt du schon“, brummte er stur und sah wieder aufs Wasser, flippte einen zweiten Stein auf die Oberfläche und sah ihm beim Tanzen zu, bis er schließlich versank. „Ich weiß, wie schwer es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren.“ Ihre samtene Stimme klang schwer und er vernahm die Traurigkeit darin, wollte erst nachfragen, doch dann sagte er sich, dass das nicht seine Sache war. Wen auch immer Konan betrauerte…wen sie verloren hatte, es sollte ihm gleich sein. Er hatte mit sich selbst zu kämpfen und so blieb er stumm. Nach einiger Zeit hörte er, wie sie sich erhob und mit fast lautlosen Schritten von dannen schritt…ihn endlich wieder der Einsamkeit überließ. Der nächste Stein hüpfte nicht übers Wasser; er versank jämmerlich in den dunklen Tiefen. Kapitel 8: So fern so nah ------------------------- Es war später Nachmittag, als sich die junge Frau aus dem Tempel nach draußen schlich, um in den Wäldern nach Kräutern zu suchen. Zwar war es Sakura nicht direkt verboten worden, hinauszugehen, doch ihre Meisterin verlangte seit den grausamen Vorfällen, dass sie mindestens zu zweit unterwegs sein sollten. Normalerweise hätte sie nichts dagegen gehabt, mit Ino loszuziehen, immerhin war diese ihre beste Freundin und auch Hinata und TenTen mochte sie sehr gern, doch es hatte schon einen Grund weshalb sie keine der beiden mitgenommen hatte. Ihre Gedanken kreisten wieder um die Überfälle, die ihr auch des Nachts keine Ruhe ließen. Sakura konnte sich wehren, sie war sowohl in der Heilkunst als auch im Kampf ausgebildet worden, doch es änderte nichts daran, dass sie eine Frau war. Männer waren körperlich stärker als Frauen und wenn sie nicht schnell genug reagierte oder in einen Hinterhalt geriet, würde ihr nur Glück helfen. Sie war sich dessen bewusst und ebenso, dass Angst keine Schwäche sein musste. Vorsicht war in Zeiten wie diesen geboten. Doch nicht nur die eigene Unversehrtheit beschäftigte sie, denn Tsunade und ihre Schülerinnen waren den Opfern dieser Verbrechen näher als sonst jemand. Sie waren diejenigen, die Wunden reinigten, Salben auftrugen und Verbände anlegten. Sie waren diejenigen, die einfühlsam nachfragen mussten, was geschehen war und damit oft Tränen heraufbeschworen. Sie hatten Trost zu spenden, obwohl Worte niemals vergessen machen konnten, was diesen Frauen passiert war. Frauen, die in manchen Fällen nicht älter als sie selbst waren. Nicht selten kamen die Betroffenen nicht mit ihrem Schicksal zurecht, isolierten sich oder nahmen sich das Leben. Vor allen wenn ein Kind daraus entstand und Sakura wusste nicht, was sie getan hätte. Ein aus einer Vergewaltigung entsprungenes Kind zu lieben, das konnte sie selbst sich nur schwer vorstellen. Sakura war kein naives Mädchen, auch wenn ihr niemals Schaden zugefügt worden war. Ihre Eltern hatten sie liebevoll erzogen, sie hatte eine gute Ausbildung erhalten und konnte sich zur Wehr setzen. Sie war nicht auffallend hübsch, da machte sie sich nichts vor, denn auch, wenn sie nach außen hin selbstbewusst auftrat, beneidete sie Ino insgeheim um ihre Schönheit und Hinata um ihre Kurven. Mittlerweile hatte sie das für sich akzeptiert, denn ändern konnte sie es ohnehin nicht und außerdem besaß sie neben ihrem scharfen Verstand laut ihrer Meisterin herausragende Fähigkeiten in der Heilkunst. In einer Angelegenheit würde sie jedoch wohl niemals so vernünftig werden, wie es von vielen gewünscht war. Es war nichts Besonderes, wenn Eltern ihre Töchter verheirateten, um eine gute Partie zu gewinnen. Oftmals hatten die jungen Frauen und Männer kein Mitspracherecht, wurden schon als Kinder einander versprochen und mussten sich dann mit dieser Entscheidung abfinden. Sakura hatte das Glück, dass ihre Eltern diesbezüglich ihr die Wahl überließen. Sie wusste, dass diese sich selbst aus freiem Willen hatten trauen lassen und genau das wollte sie auch. Sie glaubte daran, dass eines Tages der Richtige kommen würde und sie wusste einfach, dass sie ihn auf den ersten Blick erkennen würde. Irritiert hielt sie inne, als sie ein Rascheln aus dem Dickicht vernahm und augenblicklich griff sie mit der freien Hand an ihre Seite, schloss die Finger fester um das Tantō, welches sie stets in ihren Gewändern versteckt mit sich trug. Möglicherweise handelte es sich nur um ein Tier, doch sie war besser übervorsichtig. Sakura schluckte leicht, als das Rascheln erneut ertönte, behielt aber ihre Fassung. Lass es nur ein Tier sein…bitte. Die grünen Augen hefteten sich auf die Stelle, aus der sie das Geräusch vermutete und nervös glitten die Fingerkuppen über den Griff ihrer Waffe, bereit, es jeden Moment einsetzen zu müssen. Sakura überkam eine unangenehme Gänsehaut, als sie instinktiv spürte, dass sie nicht länger allein war. Sie musste handeln, schnell sogar, bevor – „Kyaaaaaaah!!“ Ein lauter, schriller Schrei entwich ihr, als sich zwei Arme um ihren Oberkörper schlangen und sie ließ den Korb fallen, überlegte nicht länger. Reflexartig rammte sie der Person den Ellenbogen in den Magen, hörte ein Aufkeuchen hinter sich. Sie nutzte genau dieser Sekunde, um seinen Arm, der immer noch um ihren Körper lag, zu packen und ihn mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, mit einem geübten Griff nach vorn über ihre Schulter zu werfen. Ihr glücklicherweise nicht allzu schwerer Angreifer landete auf dem Rücken und sie würdigte ihn nicht mal eines Blickes, zog in blinder Panik ihr Tantō und machte sich bereit, es ihm in die Kehle zu rammen. „Du mieses-“ „S-Sakura-chan! Nicht!“ Der Ausruf ließ sie in ihrer Bewegung innehalten und sie stockte über ihm, die Waffe bereits in der Hand und den Fuß auf seinem Brustkorb. Erst jetzt schaute sie ihn richtig an, blinzelte irritiert; blondes Haar, blaue Augen…sie japste auf, machte schnell einen Schritt zurück. „N-Naruto! Du…du Idiot!“, keifte sie dann los und steckte ihren Dolch weg, um ihm aufzuhelfen. „Was fällt dir ein, dich so an mich heranzuschleichen! Ich…ich hätte dich töten können! Bist du wahnsinnig, mir so einen Schreck einzujagen, du blöder Kerl?!“ War sie soeben noch sehr blass im Gesicht gewesen, so glühten ihre Wangen nun vor Aufregung und auch Scham, da sie ihn mit etwas Pech wirklich schwer hätte verletzen können. Der Schuldige zog die Nase kraus, murrte eine leise Entschuldigung. „Ich weiß ja und ich wollte dich auch nicht…na ja, eigentlich wollte ich dich schon erschrecken. Aber es war nicht böse gemeint! Wirklich nicht, Sakura-chan!“, versicherte er ihr schnell, als sich ihre Miene gefährlich verfinsterte. Dass mit ihr nicht zu spaßen war, wenn sie wütend war, das wusste der blonde Chaot vor ihr besser als jeder andere. Sie kannten sich schon eine ganze Weile, damals hatte sie noch nicht im Tempel gelebt, sondern im Dorf mit ihren Eltern. Von klein auf hatte man ihr beigebracht, das verhexte Waisenkind zu meiden, ja nicht einmal mit ihm zu sprechen. Vom Teufel besessen sollte der Junge sein und sie hatte den Erwachsenen geglaubt. Mit der Zeit lernte man, dass nicht alles, was die Älteren einem eintrichterten, tatsächlich der Wahrheit entsprach. Es war Tsunade gewesen, die ihr beigebracht hatte, sich ihre eigene Meinung zu bilden und das nicht nur im Bezug auf Naruto. Allerdings war er wohl so etwas wie der Beginn ihres Wandels gewesen und recht schnell hatte sie ihn ins Herz geschlossen. Sie seufzte leise, schüttelte den Kopf über seine Dummheit, die ihr soeben wirklich einen Schrecken eingejagt hatte. „In Zeiten wie diesen sollte man solche Scherze lieber unterlassen, Naruto“, murmelte sie und hob den Korb auf, der ihr heruntergefallen war. Sofort hatte sie seine Aufmerksamkeit und sie musste lächeln, als sie seinen neugierigen Blick bemerkte – ihre Wut konnte so schnell verrauchen, wie sie gekommen war. Gerade bei Naruto fiel es ihr schwer, lange böse zu sein. Dass er manchmal so ungehobelt war, war nicht seine Schuld, immerhin war er lange auf sich gestellt gewesen und Tsunade hatte ihr erzählt, dass der Junge seit den Vorfällen aus dem Dorf verstoßen worden war. Im Tempel konnte er auch nicht bleiben, immerhin war dieser in der Regel nur für Frauen und Kinder zugänglich, ein Ort der Zuflucht für das schwache Geschlecht und die Unschuldigen, wenn sie wohlmöglich unter dem Familienoberhaupt oder unter anderen Problemen litten. Manchmal machte Tsunade Ausnahmen, bei Schwerverletzten zum Beispiel, doch dabei blieb es auch. „Du hörst dich schon wie Baa-chan an“, erwiderte er genervt und lugte über ihre Schulter. „Mh…hast du mir was mitgebracht?“ Sie grinste fies, drückte den Korb an ihre Brust und kehrte ihm den Rücken. „Vielleicht…“ „Sakura-chan! Komm schon…in letzter Zeit muss ich mich von Pilzen und Beeren ernähren! Ich bin schon ganz ausgehungert!“ Sie seufzte entnervt, als er so übertrieben jammerte – wobei darin wohl auch ein Funken Wahrheit steckte. Immerhin durfte er die Stadt nicht mehr betreten, seit…ja, seit man ihn beschuldigte, die ganzen Mädchen überfallen zu haben. Sie musterte ihn aus den Augenwinkeln, wie er die Hände ringend da stand und ihr Mitleid zu erhaschen versuchte. Nein. Da stand kein Monster, sondern nur ihr Freund. Jemand, der zu solch schrecklichen Taten niemals fähig wäre. „Shizune hat ein paar Reiskuchen gemacht“, gab sie sich schließlich geschlagen und lächelte, als er Freudensprünge machte. Dieser Kindskopf würde nie erwachsen werden…aber auch das mochte sie an ihm. „Her mit den Reiskuchen, Sakura-chan!“ „Nicht so ungeduldig!“, mahnte sie, musste aber lächeln. „Ich habe einen Bärenhunger!“ „Den hast du doch immer!“ „Das stimmt doch gar nicht!“ „Sicher…“ Das Gerangel der beiden war niemals etwas Ernstes, es gehörte eben dazu und es tat auch Sakura mal ganz gut, sich von Narutos sonnigem Gemüt anstecken zu lassen. Keinem der beiden fiel das rote Augenpaar auf, welches sie aus dem Versteck der Baumkronen heraus aufmerksam beobachtete… Es war niemals einfach, wenn man sich für das Richtige entscheiden wollte. Vermutlich definierte jeder selbst, was man richtig fand, so dass es nicht möglich war, immer auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Als Itachi sich dazu entschieden hatte, Kisames Leben zu retten, hatte er das für sich für richtig befunden – aus mehreren Gründen. Nicht nur Madara hatte sich klar dagegen ausgesprochen und auch, wenn Itachi dies nachvollziehen konnte, so würde er seine Meinung in diesem Fall nicht ändern. Für einen Moment schloss er die Augen, genoss die letzten warmen Sonnenstrahlen auf seiner Haut – es wirkte beruhigend auf ihn. Bald würde die Sonne untergehen, denn der Himmel war bereits von rotgoldenen Streifen durchzogen, kündigte die Nacht an. Schließlich atmete er durch, hob die Lider wieder und setzte seinen Weg durch den Wald fort. Schon bald drang kaum noch Licht durch die dichten Baumkronen, doch im Gegensatz zu Kisame wusste er genau, wo er war. Itachi lebte schon so lange an diesem Ort, dass er seine Orientierung nicht mal in der finstersten Nacht verlieren würde. Nach einiger Weile blieb er stehen, ließ den Blick einmal über seine Umgebung schweifen, ehe er den außergewöhnlichsten Baum ins Auge fasste. Seine riesigen Wurzeln ragten an einigen Stellen aus der Erde, waren tief in dieser verankert, während sein Stamm ungefähr fünfmal so dick wie der der anderen Bäume um ihn herum war. Seine massiven Äste streckten sich in alle Richtungen aus, trugen grüne Laubblätter, die ihm die Sicht auf die Person, die er dort im Geäst vermutete, verbargen. Schon früher hatte sich sein Bruder oft hierher zurückgezogen, wenn er über etwas nachdenken wollte oder sich beruhigen musste. Obwohl er zweifellos zu Madara aufsah, war es nicht immer einfach zwischen ihnen Dreien – auch jetzt nicht. Die Vergangenheit hatte sie geprägt und Madara hatte nicht selten die Geduld für sie beide gefehlt. Er hatte sich wirklich bemüht, sich gut um sie zu kümmern, und Itachi war ihm unendlich dankbar dafür, doch ihr Onkel, wie sie ihn bezeichneten, hatte niemals Kinder gehabt. Er mochte Kinder nicht einmal sonderlich und plötzlich war er mit zwei traumatisierten Jungen konfrontiert gewesen, trotzdem er selbst so viele Lasten schulterte. „Wie lange willst du da noch rumstehen?“ Itachi lehnte den Kopf in den Nacken, als er die unfreundlich gestellte Frage vernahm. Innerlich seufzte er, doch verzog er keine Miene, während er den Baum hinauf kletterte. Sein Bruder saß mit verschränkten Armen auf einem der breiten Äste und hatte sich an den Stamm gelehnt, funkelte ihn finster an. Na ja, er hatte auch nicht erwartet, dass Sasuke das Thema einfach auf sich beruhen lassen würde. Itachi zog sich an selbigem Ast hoch, nahm in geringem Abstand ebenfalls auf diesem Platz, ehe er sich dem Jüngeren zuwandte. „Können wir darüber reden?“, fragte er ruhig, woraufhin der andere schnaubte. „Du hast vorhin genug gesagt.“ Manchmal vermisste Itachi den kleinen Jungen, der stets mit strahlenden Augen hinter ihm her getapst war. Damals war Sasukes größte Sorge gewesen, Itachi könnte keine Zeit für ihn haben, um mit ihm zu spielen. Allerdings war diese unschuldige Seite zusammen mit ihrer Welt in Flammen aufgegangen, hatte Hass und Wut Platz gemacht. Auch wenn er Sasukes Gefühle nur zu gut verstehen konnte, rüttelte das jedoch nicht an seiner Entscheidung. „Wenn du einen Menschen deiner Familie vorziehst, hat Madara wohl doch Recht!“ Itachi antwortete nicht sofort darauf, stattdessen maß er seinen Bruder mit einem langen Blick, den dieser zornig erwiderte. Dass ihr Onkel der Ansicht war, er würde den Menschen zu viel verzeihen und sie dadurch alle in Gefahr bringen, war kein Geheimnis. „Ich habe ihn euch nicht vorgezogen“, gab er zurück. „Du-“ „Ich hatte dich ausdrücklich darum gebeten, dich ihm nicht zu nähern“, fuhr Itachi bestimmt fort. „Du hast es ausgenutzt, dass er die Hütte verlassen hat und ihn angegriffen – denk nicht, dass ich das nicht weiß.“ Für einen kurzen Moment schien Sasuke der Wind aus den Segeln genommen zu sein, allerdings nicht lange. „Ich habe ihn gewarnt, Itachi! Ich habe ihm gesagt, dass er verschwinden soll – und dann hat er mich angegriffen! Tu nicht so, als sei er unschuldig! Das ist er nicht! Kein Mensch ist das!“, fauchte er dann zurück, doch Itachi ließ sich davon nicht aus der Fassung bringen. „Das habe ich auch nie behauptet“, erwiderte er und fühlte sich wieder so erschöpft. „Ich begleiche meine Schuld bei ihm, damit wir quitt sind. Danach wird er gehen.“ Mit Sasuke zu diskutieren, war das Letzte, was er wollte. Er erwartete kein Verständnis von dem Jüngeren, er wollte aber auch nicht, dass dieser sich einmischte. Weder Madara, noch Sasuke kannten Kisame, wie er ihn damals erlebt hatte. Sie wussten, was er für ihn getan hatte, doch sie steckten nicht in seiner Haut. Keiner von ihnen verdankte diesem Mann sein Leben. „Kannst du nicht verstehen, dass ich mir Sorgen mache?“ Itachi blickte auf, doch sein Bruder schaute ausweichend zur Seite, während er sprach. Die Wut war aus seiner Stimme gewichen, ließ ihn genauso erschöpft klingen, wie sich der Ältere fühlte. Eigentlich sollten sie nicht streiten, schon gar nicht deswegen, doch Itachi wusste, dass die Situation festgefahren war. Zumindest solange, bis er Kisame wegschickte…und wahrscheinlich war es besser, wenn das bald geschah. „Sasuke…“, fing er an, aber die richtigen Worte wollten ihm nicht einfallen. „Was damals passiert ist, kann sich jederzeit wiederholen“, murmelte sein Bruder zerknirscht. Er konnte ihm nicht widersprechen, denn er hatte Recht. Es gab keine Garantie dafür, dass Kisame niemandem von ihnen erzählen würde und damit andere Menschen hierher führte. Trotz dieses Risikos hatte er ihn gerettet und hergebracht. Er hatte ihn nicht dort lassen können…und ihn woanders unterzubringen, war keine Option gewesen, weil er den Leuten nicht vertraute. Er hatte sich entscheiden müssen, aber er hatte nicht gewollt, dass Kisame überhaupt von Sasuke erfuhr. Soweit es möglich war, hatte er eventuelle Konsequenzen allein auf sich nehmen wollen – auch wenn das vielleicht leichtsinnig gewesen war. „Ich kann dich nicht noch mal verlieren.“ Seine Brust zog sich bei den Worten schmerzhaft zusammen und obwohl er an dem damaligen Geschehen keine Schuld trug, fühlte er sich schlecht. Nein, vergessen würde er es nie – dazu saß der Vorfall mit all seinen Folgen einfach zu tief. Seine Hand zuckte leicht, doch er zögerte, seinen Bruder zu berühren, obwohl der Impuls, ihn in den Arm zu nehmen, da war. Wann hatte er das das letzte Mal getan? Sasuke sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an, lange und intensiv, was den Älteren dazu brachte, ihm die Hand auf das angewinkelte Bein zu legen. „Das wirst du nicht“, sagte er, obwohl er wusste, dass man so etwas nicht versprechen konnte. Sasuke musterte ihn weiter, blickte dann kurz zu der Hand auf seinem Knie und seufzte schließlich. „Ja, Nii-san“, hörte er ihn brummen. „Das habe ich schon mal gehört.“ Itachi erwiderte nichts darauf, aber er verstand. Immerhin schien der Groll etwas gewichen zu sein, denn sein Bruder richtete sich auf, um näher zu ihm zu rutschen, bis er neben ihm saß. Es waren Situationen wie diese, in denen sich Itachi furchtbar unbeholfen vorkam…fast schon hilflos. Umso mehr bedeutete es ihm, als er spürte, wie sich der Jüngere leicht gegen ihn lehnte, den Kopf auf seiner Schulter ruhen lassend. „Sei einfach vorsichtig.“ Itachi nickte kaum merklich, während die innere Anspannung langsam wich, so dass er die Nähe genießen konnte. Sasukes zerzaustes Haar kitzelte seine Wange, als er sich gegen ihn sinken ließ. Es war alles gesagt worden. Kapitel 9: Kyrie ---------------- Es war schon auf gewisse Weise frustrierend, wie sein Vorhaben, mehr über das Teufelskind herauszufinden, jedes Mal scheiterte. Die kleine Eskalation mit Itachis Bruder hatte natürlich nicht gerade dazu beigetragen, dass sich ihr Verhältnis zueinander auflockerte. Kisame ärgerte sich über sich selbst, auch wenn er wusste, dass er von Sasuke absichtlich provoziert worden war. Dieses Balg hatte es drauf angelegt, dass er die Beherrschung verlor, um Itachi gegen ihn aufzuhetzen. Ob er ihn tatsächlich hatte töten wollen? Nun, unmöglich war das sicher nicht. Da war so viel Hass und Wut in den Augen des Jungen gewesen und auch, wenn der Hüne dies zum Teil verstehen konnte, so rechtfertigte das dennoch nicht alles. Leider schien Itachi trotzdem nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen zu sein, denn nach wie vor mied er seine Nähe. Er versorgte zwar seine Wunden und kümmerte sich um etwas zu essen, doch mehr konnte er anscheinend nicht von ihm erwarten. Es war schwierig, unter diesen Umständen mit ihm warm zu werden – und dabei ließ Kisame keine Gelegenheit aus, mit ihm zu reden. Allerdings konnte er das Teufelskind nicht zwingen, bei ihm zu bleiben, und nachdem sein letzter Ausflug so katastrophal geendet hatte, wollte er sein Glück kein zweites Mal austesten. Nicht, dass er am Ende noch auf dieses Monster traf…damit wäre sein Todesurteil zweifellos besiegelt. Nun gut, indem er hier rumsaß und nichts tat, würde er auch nicht mehr erreichen. Kisame stemmte sich vom Boden hoch, wobei er bemerkte, dass es ihm schon viel besser gelang. Mit was auch immer ihn das Teufelskind behandelte – es half. Mit dem Vorhaben, sich in den Schatten der Bäume zu setzen und zu warten, öffnete er die Tür, stutzte jedoch, kaum dass er dies getan hatte. Warten musste er dann wohl nicht mehr. Kurz musterte er den Uchiha, der ebenfalls aufschaute, während unter den Baumkronen sitzen blieb. Er hatte die Beine an die Brust gezogen und den Kopf auf die Knie gelegt, schien in Gedanken versunken gewesen zu sein, bis Kisame ihn gestört hatte. Ob das mit ihm zusammenhing? Kisame wusste es nicht, aber er wollte auch nicht sofort nachfragen. Stattdessen setzte er sich ihm in höflichen Abstand gegenüber, wobei ihm nicht entging, wie sich Itachis Haltung straffte. Er blieb zwar sitzen, doch er richtete seinen Oberkörper auf, lehnte diesen an den Stamm in seinem Rücken. „Überwachst du mich?“, fragte er scherzhaft, was aber nicht die erhoffte Reaktion hervorrief. Kein Muskel zuckte in Itachis hübschem Gesicht, die dunklen Augen waren fest auf ihn gerichtet. „In diesem Fall würde ich wesentlich subtiler vorgehen“, hörte er ihn leise sagen. „Mithilfe von einem deiner gefiederten Freunde?“, erkundigte sich der Hüne, woraufhin Itachi zögerte. „…möglich“, gab er schließlich zu, was Kisame grinsen ließ. „Also gibst du zu, dass du mich schon vorher hast beobachten lassen?“ An diesem Punkt wurde Itachis Reaktion interessant. Zuerst öffnete er den Mund, doch es kam kein Wort über seine Lippen, sodass er ihn schnell wieder schloss. Man sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte, auch wenn er lediglich den Blick senkte, ihm somit auswich. Andererseits war das ziemlich viel Mimik für das Teufelskind und Kisame zog seine Schlüsse für sich, wollte es nicht weiter in Verlegenheit bringen. „Schon gut“, lenkte er daher ein und winkte ab. „Ich sollte dir wohl dankbar dafür sein.“ Itachi schwieg, wobei er den Blick immer noch auf seine Kniescheiben gerichtet hielt. Wenigstens sprang er nicht auf und verschwand einfach. „Auch wenn du sagst, dass du nur deine Schuld begleichen wolltest – das war deine eigene Entscheidung, nicht wahr? Du hättest es nicht tun müssen.“ Wenn man bedachte, dass Itachis Familie deswegen so aufgebracht war, hätte er sich wahrscheinlich eher einen Gefallen damit getan, ihn sterben zu lassen. Dennoch hatte er sich dafür entschieden, ihm das Leben zu retten. Itachi atmete durch, ehe er den Blick wieder hob und ihm in die Augen sah. „Du redest ziemlich viel…“, bemerkte er, was Kisame schnauben ließ. „Entschuldigung…“ Eigentlich tat es ihm kein bisschen Leid, schließlich musste das Gespräch ja irgendwie am Laufen gehalten werden. Itachi musterte ihn für ein paar Sekunden still – sicherlich war ihm der sarkastische Unterton nicht entgangen. „Warum sind meine Gründe für dich so wichtig?“, fragte er dann. „Es ändert nichts.“ Gut, damit mochte er Recht haben. Kisame zuckte die breiten Schultern, woraufhin sich sein Rücken wieder beschwerte; ganz genesen war er eben doch nicht. „Du kannst mir meine Neugierde nicht vorwerfen, oder? Ich meine…das alles ist sieben Jahre her. Das ist eine verdammt lange Zeit und jetzt sitzen wir hier. Ich hatte damals keine Gelegenheit, dich so vieles zu fragen…aber ich habe es nie vergessen.“ Und er hatte Itachi niemals vergessen. Das Gefühl, wie er ihn in seinen Armen gehalten hatte…und loslassen musste. Dies behielt Kisame allerdings lieber für sich, denn er konnte sich vorstellen, dass der andere das falsch verstehen würde. Schon jetzt wirkte der Uchiha wieder in sich gekehrter, weswegen Kisame sich entschied, das Thema auf sich zu lenken. „Ich habe nicht vor, dich auszuhorchen, falls du denkst“, meinte er daher. „Wenn du willst, kannst du mich auch etwas fragen.“ Itachi schien von der Aufforderung überrascht, denn er sagte zuerst nichts, maß ihn nur mit einem seiner durchdringenden Blicke. Wie jedes Mal bekam Kisame eine Gänsehaut, wenn er ihn auf diese Weise ansah. Mit diesen dunklen Augen, die bereits in den Schlund der Hölle geblickt hatten. „Ich bin als Waisenkind in einem kleinen Fischerdorf aufgewachsen“, begann er, als Itachi immer noch still blieb. „Gab einige wie mich dort, die ihre Eltern verloren haben oder aus anderen Gründen allein waren. Die Leute im Dorf haben uns geduldet, solange wir ihnen keine Schwierigkeiten gemacht und uns selbst versorgt haben. War nicht immer einfach, aber in der Gruppe war das Überleben eher möglich, als ganz auf sich allein gestellt zu sein.“ Unweigerlich fragte sich Kisame, was Itachi überhaupt von den Menschen wusste, so gebannt, wie dieser ihm zuhörte. Der Uchiha war ein Kind gewesen, als man seine Heimat zerstört und seine Familie vernichtet hatte. Dann war er gefoltert und beinahe getötet worden…doch was war danach geschehen? Hatte sich sein Leben von da an ausschließlich in diesem Wald abgespielt? „Als ich älter wurde, reichte mir das nicht mehr, sodass ich das Dorf verlassen habe. Da war so eine Art innere Unruhe, die mich weggetrieben hat…vielleicht wollte ich auch einfach mehr sehen.“ Ihm entging nicht, wie Itachi für wenige Sekunden die Lider niederschlug. Interpretierte er zu viel hinein oder war das ein Zeichen? „Ich bin schließlich in einem Dojo gelandet und wurde von einem Kerl namens Suikazan Fuguki im Schwertkampf unterrichtet. Der Typ hat einiges auf dem Kasten gehabt, auch wenn man ihm das nicht angesehen hat. Hat früher unter einem Fürsten gedient, bis er sich zurückgezogen hat. Für mich war das nie etwas, den Hochrangigen Loyalität zu schwören. In dieser Welt wirst du zu schnell von den Mächtigen verraten, vor allem wenn es um Geld geht. Deswegen bin ich Söldner. Ich streiche den Lohn im besten Fall im Voraus ein, erledige meinen Auftrag und verschwinde, sobald es geht.“ Das Teufelskind zog die Brauen leicht zusammen, maß ihn mit einem skeptischen Blick. „Söldner“, wiederholte er langsam. „Das bedeutet, dass du für Geld tötest.“ Vielleicht war es unklug gewesen, ihm das zu erzählen, doch wenn er ihn beobachtet hatte, wusste er es ohnehin schon – oder er ahnte es zumindest. Davon abgesehen hatte Kisame nicht vor, ihn anzulügen, doch er hätte es eventuell noch etwas länger verschweigen können. „Unter anderem“, gab er zu. „Wir nehmen unterschiedliche Aufträge an, aber ja, das gehört zum Tagesgeschäft.“ Eigentlich musste Itachi nicht mal mehr etwas sagen; die Verachtung in seinen schwarzen Augen sprach Bände. Dabei hatte dieses Gespräch eigentlich dazu dienen sollen, dass sie sich annäherten, doch es wäre sowieso früher oder später Thema geworden. „Ich will gar nicht behaupten, dass ich ein guter Mensch bin – aber ganz ehrlich? Es gibt ebenso schlimmere Typen als mich…und bei euch ist das nicht anders, richtig? Du hast auch schon getötet.“ Obwohl Itachi die Courage hatte, seinen Blick nicht abzuwenden, musste es ihm schwer fallen; Kisame erkannte es an dem Flackern in seinen Augen. Das Teufelskind verabscheute es, zu töten, hatte es gesagt. Irgendwie glaubte er nicht, dass sich das ausschließlich auf Tiere bezog. „Um zu überleben, ja“, erwiderte Itachi nach einigen Sekunden. „Und dasselbe gilt für mich.“ Vermutlich hatten sie da unterschiedliche Auffassungen, so dass Diskussionen verschwendete Zeit wären. Itachi sah das offensichtlich ähnlich, denn er ging nicht weiter darauf ein, blieb still. „Hör zu“, brach er das Schweigen nach einigen Sekunden. „Ich weiß, dass du mich schnellstmöglich loswerden willst…du meidest mich immerhin, so gut es geht.“ Dass ihm der Uchiha nicht widersprach, hinterließ einen bitteren Beigeschmack, doch er redete einfach weiter. „Ich mache vermutlich nicht den besten Eindruck und ich weiß, dass du von Menschen im Allgemeinen nicht viel hältst…trotzdem wäre es fair von dir, wenn du mir eine Chance gibst.“ Wieder lag da diese Skepsis im Blick des Jüngeren, ehe dieser mit einer Gegenfrage antwortete. „Eine Chance?“ Kisame nickte mit ernster Miene. „Du kannst sagen, was du willst, aber du hast mir nicht nur geholfen, um eine Schuld zu begleichen.“ „…so?“, kam es desinteressiert zurück, ehe sich der Uchiha erhob. Anscheinend wollte er diesem Thema aus dem Weg gehen, indem er ihn hier sitzen ließ – nun, diesmal nicht. Kisame stand ebenfalls auf, wenn auch wesentlich weniger elegant als sein Gegenüber. Er überbrückte den Abstand zwischen ihnen schnell, packte nach Itachis Handgelenk, was diesen erstarren ließ. „Lass mich ausreden. Bitte.“ Kisame hatte damit gerechnet, sich die Finger an der hellen Haut zu verbrennen, doch nichts geschah. Itachis entgleister Ausdruck ließ vermuten, dass er zu erschrocken war, um zu handeln. Vorsichtig löste der Hüne seinen Griff und gleichzeitig glättete sich die Mimik des Teufelskindes, aber es blieb an Ort und Stelle stehen, blickte ihn abwartend an. „Wie lange versteckt ihr euch schon in diesem Wald, huh? Seit damals bist du mit Sicherheit nie wieder unter Menschen gewesen, oder?“ Etwas Abweisendes mischte sich in die dunklen Augen, machte deutlich, dass er gerade ein Tabu ansprach. Nicht, dass es ihn kümmerte, denn mit der rücksichtsvollen Art kam er offensichtlich nicht weiter. „Aus Gründen, die dir bekannt sein sollten, vermeide ich den Kontakt zu deinesgleichen lieber“, gab er kalt zurück. „Also wirfst du alle in einen Topf, so wie dein Bruder, ja?“ „Das habe ich nicht behauptet.“ „Und trotzdem tust du genau das. Du redest dich damit heraus, weil du nicht zugeben willst, dass du genauso neugierig auf mich bist, wie ich auf dich.“ Damit hatte er ihm den Wind aus den Segeln genommen, er sah es ihm an und es stimmte ihn zufrieden. Ja, er konnte Itachis Vorurteile nachvollziehen, aber sie sorgten dafür, dass er sich abkapselte. Wie viel von der Welt hatte er bisher gesehen? Er war ein Kind gewesen, als diese Leute seine Familie abgeschlachtet und ihn beinahe getötet hatten. Natürlich war das ein traumatisches Erlebnis, doch wie vielen Kindern erging es ähnlich? Das Leben ging weiter und nur, weil der Uchiha kein Mensch war, war er davon nicht ausgenommen. Itachi gab schließlich ein erschöpftes Seufzen von sich, aber zumindest wich er ihm nicht aus, sondern suchte seinen Blick. „Was erwartest du von mir, Kisame?“, fragte er mit bitterem Unterton. Der Angesprochene zuckte die breiten Schultern. „Ich fände es schon toll, wenn du mich nicht ständig allein hier sitzen lassen würdest. Du flüchtest ja regelrecht vor mir.“ Das konnte er wohl nicht leugnen und Kisame entging nicht, wie er mit sich haderte. Verständlicherweise, dennoch wollte er sich nicht weiter so abspeisen lassen. „Du wünschst also meine Gesellschaft.“ „So kann man das ausdrücken“, erwiderte er grinsend auf die stumpfe Feststellung. „Ich meine, wir beide sind damals fast von diesem Pulk aus Verrückten ermordet worden – wer könnte sich mehr zu erzählen haben als wir?“ Itachi schien seinen Humor nicht zu teilen und ja, Kisame wusste, dass es makaber war, so darüber zu reden. Andererseits kam er durch seine direkte Art vielleicht eher weiter, als durch zu viel Rücksichtnahme. Es war nicht so, dass er Itachi verspotten wollte, aber er wollte auch nicht immer auf der Stelle treten. Da waren so viele offene Fragen, die Kisame ihm stellen musste, damit er selbst endlich abschließen konnte…und musste es Itachi nicht ähnlich gehen? Sie waren praktisch Fremde, die durch diesen Vorfall miteinander verbunden waren. „Das ist eine sehr eigenartige…aber auch treffende Bezeichnung der Situation“, murmelte der Uchiha, bevor er leise seufzte. „Eine Chance also…meinetwegen.“ Klang ein wenig nach Resignation, aber immerhin schien er ihm nicht zu zürnen oder gleich wieder verschwinden zu wollen. Das war ein Anfang, auch wenn Kisame sich wohl lieber nicht zu viel erlaubte…oder erwartete. Dennoch, er ging auf ihn ein. Ein kleiner Schritt nach vorn. Es war schon wieder passiert. Nicht, dass jemand damit gerechnet hätte, dass es bald aufhören würde. Nicht einfach so, immerhin schien der Täter Spaß daran zu haben, seine Triebe ausleben zu können. Das neueste Opfer hieß Ayame – Sakura kannte sie, weil sie in der Nähe ihres Elternhauses wohnte. Eine nette, eher unscheinbare junge Frau, die dieses Schicksal einfach nicht verdient hatte. Niemand hatte so etwas verdient. Doch wenngleich sie mit jeder ihrer Patientinnen fühlte, so traf es sie dieses Mal mehr als sonst, auch wenn es sich nur um eine Bekannte handelte. Er hatte praktisch vor ihrer Haustür zugeschlagen. Sakura war froh, dass sie im Tempel lebte, denn dort fühlte sie sich um ein vielfaches sicherer als im Dorf. Der Grund dafür war Tsunade mit ihrem unerschütterlichen Willen und ihrer Kraft, die sich auf ihre Schülerinnen übertrug. Ihre Lehrmeisterin mochte viel Geld bei Spielen und für den Alkohol hinauswerfen, aber wenn es drauf ankam, war sie verlässlich und somit das Vorbild aller. Eine Frau, die sich nichts sagen ließ – schon gar nicht von Männern. Zumal sich die meisten auch nicht mit ihr anlegten; es hieß, dass sie einem Spanner bei einem Vorfall in einem Thermalbad mehrere Rippen gebrochen hätte. Sakura schmunzelte bei dem Gedanken an diese Geschichte, während sie fortfuhr, die dreckigen Laken im Fluss zu waschen. Auch dies musste schließlich erledigt werden, wobei sie sich gerade mehr nach einem Mittagsschlaf gesehnt hätte. Sie warf einen Blick zu Ino, welche mit ebenso wenig Elan wie sie selbst an die Sache heran ging. Auch sie hatte in der Nacht kaum Schlaf bekommen, Sakura wusste dies, immerhin teilten sie sich ein Zimmer. Sie wollte gerade die drückende Stille beenden, als sie bemerkte, dass Ino plötzlich wie erstarrt war. Ihre blauen Augen weiteten sich kurz, nahmen dann einen verträumten Ausdruck an und ihre Wangen röteten sich. Sakura runzelte die Stirn, folgte dem Blick ihrer Freundin und dann ließ sie reflexartig das Laken los. Was Inos Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, war die Person auf der anderen Seite des Flusses. Es handelte sich um einen jungen Mann, nicht viel älter als sie beide, mit kurzem, schwarzem Haar, das trotz der Nässe ein wenig abstand und einen auffallenden Kontrast zu der hellen Haut bildete. Er stand bis zu den Hüften im Wasser und schien sich zu waschen. Sakura spürte, wie ihr beim Anblick seines nackten, sehr gut gebauten Oberkörpers die Röte in die Wangen stieg. Selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, dass er sehr attraktiv war. Ihr Herz schlug schneller, als der Fremde den Kopf hob und direkt zu ihnen beiden rüber sah. Dunkle Iriden bohrten sich in die ihren und sie schnappte nach Luft, konnte nicht mal beschämt zur Seite sehen. Sakura beobachtete, wie er ihnen den Rücken kehrte und ungeniert aus dem Wasser stieg, ihnen dabei seinen Hintern präsentierte. „Hm…nicht schlecht“, hörte sie Ino neben sich sagen, während Sakura vor Scham im Boden versank. Sie wollte wegschauen, da sich so etwas absolut nicht gehörte, doch sie konnte einfach nicht. Stattdessen starrte sie ihn weiter an, auch dann noch, als er sich sein Gewand übergestreift hatte. Er nahm keinerlei Notiz mehr von ihnen beiden und vermutlich wäre er einfach gegangen, wenn Ino nicht in diesem Moment aufgesprungen wäre und zu ihm herüber gebrüllt hätte. Wie peinlich… „Hey du! Nicht so schüchtern, komm doch zu uns herüber! Huhu! Hier sind wir!“ „Ino!“, zischte Sakura, doch ihre Freundin winkte nun auch noch. „Was ist denn?“, fragte sie, ohne sie überhaupt anzusehen. „Tu nicht so, als hättest du ihm nicht auf den Hintern gestarrt! Ist doch nicht dabei, einen gutaussehenden Mann kennenzulernen.“ Dass dies für Ino kein Problem darstellte, war Sakura durchaus bewusst. Ihre Freundin liebte es, zu kokettieren, und dass sich das nicht für eine junge Frau gehörte, war ihr vollkommen gleich. Mit ihrem hübschen Gesicht, den langen, blonden Haaren und ihrer kurvigen Figur fiel sie den Männern immer direkt auf, weswegen es ihr an Verehrern nicht mangelte. Manchmal beneidete Sakura sie. „Siehst du? Er schaut wieder rüber!“, rief die Blondine verzückt und jegliche Erschöpfung von eben schien von ihr abgefallen zu sein. „Huhu!“ Sakura biss sich auf die Lippe, als der Fremde ihnen tatsächlich einen undefinierbaren Blick über die Schulter zukommen ließ. Schließlich kehrte er ihnen beiden aber den Rücken und verschwand in den Wäldern. Während Sakura ihre Enttäuschung für sich behielt, stöhnte Ino frustriert auf. „Was soll das denn? Hm…na ja, vielleicht ist er schüchtern.“ Sakura blickte ihm noch immer nach, fühlte sich wie gebannt. Aber vermutlich lag das einfach daran, dass sie noch nicht viele nackte Männer gesehen hatte – vielleicht war das der Schock. „Eh…Sakura, übrigens…das Laken schwimmt weg…“ „Was?! Oh nein!“ Und damit war der junge Mann fürs Erste aus ihrem Kopf gestrichen. Alberne Weiber… Er war wohl zu sehr in Gedanken gewesen, hatte die beiden zu spät bemerkt, sonst hätte sich ihnen gar nicht erst gezeigt. Sei es drum, schämen tat er sich für seine Blöße nicht, er war höchstens genervt von diesem Geplärre. Als ob er keine anderen Sorgen hatte… Sasuke schnaubte leise, während er die nächste Abzweigung nahm; in den Wäldern kannte er sich bestens aus. Seit Jahren lebte er dort mit dem kümmerlichen Rest seiner Familie, wobei da auch schon das Problem lag. Er hatte sich gegenüber Itachi so abweisend gezeigt, doch eigentlich sorgte er sich nicht weniger als Madara. Dieser Mann, den er gerettet hatte und für den er so ein absurdes Interesse hegte, war doch genau wie alle anderen Menschen. Schade, dass sein Plan, Itachi gegen ihn aufzuhetzen, misslungen war. Auch wenn sein Bruder der Ältere war, traute er diesem hinsichtlich mancher Entscheidungen nicht und auch Madara sagte oft, dass Itachi zu weich sei. Dabei hatte dieser doch mindestens so viel Grund, die Menschen zu hassen, wie Madara und er selbst. Sasuke hatte seine Mutter sterben sehen, bevor Madara ihn gefunden und in Sicherheit gebracht hatte. Bilder, die sich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten und die er niemals würde vergessen können. Ebenso wie Itachi heute noch ein Trauma von seiner Teufelsaustreibung hatte. Sein Bruder hatte nie mit ihnen darüber gesprochen, aber seine schrecklichen Wunden hatten ihre eigene Geschichte erzählt. Ebenso wie sein Verhalten, das darauf schließen ließ, dass ihm Unaussprechliches passiert war. Sasuke erinnerte sich daran, dass Madara seinen Bruder einmal gefragt hatte, ob sie ihn geschändet hätten. Vermutlich hatten sie beide gedacht, er würde schlafen, doch er hatte zugehört, sie heimlich beobachtet. Itachi war plötzlich kalkweiß geworden, hatte zu zittern begonnen und sein hervorgewürgtes Nein ließ erahnen, dass es sehr wohl zu etwas in der Art gekommen war. Madara war danach verstummt, hatte lediglich fest seine Schulter gedrückt. Es erklärte, warum Itachi zu Anfang nicht einmal ihn, seinen kleinen Bruder, in den Arm hatte nehmen können. Bei jeglichen Berührungen war er zusammengezuckt, hatte kaum noch gesprochen und sich zurückgezogen. Sasuke hatte damals nicht damit umgehen können, war zu verängstigt gewesen und hatte sich nach etwas Vertrautem gesehnt. Doch Itachi war selbst noch ein Kind gewesen und er hatte ihm nicht die Stütze sein können, die er gebraucht hätte. Es war ihrer beider Glück, dass es noch Madara gab, der sich um sie kümmerte. Er mochte kein Ersatz für ihre Eltern und des Öfteren mit ihnen überfordert gewesen sein, aber ohne ihn wäre keiner von ihnen beiden noch am Leben. Sie drei hatten so viel verloren, das sie geprägt hatte, und sie waren gezwungen, diese Vergangenheit mit sich herumzutragen. Der Wind fuhr ihm durch das noch feuchte Haar und er hielt inne, als er von irgendwoher ein Geräusch hörte. Ein wildes Tier? Nun, Furcht fühlte er nicht, immerhin war er nicht wehrlos und trug sein Katana im Gürtel. Schon aus Reflex griff er danach, zog die Waffe aber noch nicht, sondern blieb still und lauschte. Ein Schatten huschte hinter einem Baum hervor, doch Sasuke reagierte schnell. Er griff nach seinem Katana, zog es aus der Scheide und fuhr mit einer fließenden Bewegung herum, um seinem Angreifer den Griff in den Magen zu rammen. Die Person keuchte hörbar auf, fiel nach hinten und wenn Sasuke ernst gemacht hätte, hätte er diesem Kerl bereits den Schädel gespalten. Er schnaubte leise, schob seine Waffe weg und sah auf den Jungen herunter, welcher vor ihm lag und sich den Bauch hielt. „Dummheit muss wehtun“, murmelte der Uchiha und der andere knurrte. „Halt die Klappe, Teme!“, wurde er angefahren, während sich der Blondschopf aufsetzte. „Beinahe hätte ich dich gehabt!“ „Schwachsinn.“ „Ist es nicht, du…du…arg!“ „Sei lieber froh, dass ich dich nicht versehentlich mit der Klinge erwischt habe. Dann wärst du jetzt nämlich tot, Naruto.“ Der Angesprochene schnaubte, verschränkte die Arme wie ein bockiges Kind vor der Brust und starrte ihn finster aus seinen blauen Augen an. „Sowas Ähnliches meinte Sakura-chan letztens auch…müsst wohl alle auf mir rumhacken.“ „…wer?“ „Eine Freundin. Kennst du nicht.“ Sasuke runzelte die Stirn, ehe er dem Blonden die Hand reichte, welche zögernd ergriffen wurde. Sie teilten eine recht verschrobene Art der Freundschaft, wenn man es so bezeichnen mochte. Zumindest Naruto schien sie für Freunde zu halten. „Ich hoffe, du hast ihr nichts von mir erzählt…“ Sein Blick verdunkelte sich dabei, doch leider konnte man Naruto damit nicht beeindrucken. Manchmal brachte er ihn wirklich zur Weißglut und dabei kannten sie sich erst ein Jahr. „Nein, natürlich nicht. Was denkst du von mir?“, erwiderte der andere entnervt und Sasuke zog ihn nach der Antwort endlich hoch, nur um ihn gleich wieder loszulassen. Schon nach ihrem ersten Zusammentreffen hatte er ihm eingetrichtert, dass er niemandem erzählen sollte, dass er ihn hier traf. Desto weniger Leute von ihm wussten, umso besser. Ein weiterer Grund, warum es ihm nicht passte, dass diese beiden Weibsbilder ihn gesehen hatten. Madara reagierte immer sehr empfindlich darauf, wenn sich einer von ihnen beiden einen solchen Fauxpas leistete, also behielt er das lieber für sich. Ihr Onkel war aufgrund der Sache mit diesem Menschen, den Itachi aufpäppelte, sowieso schon gereizt genug. „Auch wenn ich nicht verstehe, was so schlimm daran sein soll. Vielleicht würdest du dich gut mit Sakura-chan verstehen?“, überlegte Naruto, winkte dann aber ab. „Obwohl…nachher verliebt sie sich noch in dich und ich bin abgeschrieben…“ „Aha.“ Eifersucht? Nun, er fragte lieber nicht nach, da ihn das Liebesleben des Blonden absolut nicht interessierte. Genau genommen interessierten ihn da ganz andere Dinge, aber die behielt er vorerst für sich. „Und du hättest sie auch nicht verdient! Sie ist nämlich voll hübsch und schlau und…“ Sasuke verdrehte die Augen, als der andere so ins Schwärmen geriet, und er war versucht, ihm den Mund zu verbieten. Allerdings…wurde er hellhörig, als er erwähnte, dass diese Sakura in Tsunades Tempel lebte. Nun, das interessierte ihn tatsächlich und so hörte er ruhig zu, merkte sich ausschließlich die wichtigen Informationen. Diese Freundschaft schien sich doch noch auszuzahlen… Kapitel 10: Ins Dunkel ---------------------- Bis auf das leise Knistern des Feuers in der kleinen Hütte war es ganz still und wenn er ehrlich war, genoss er die Behandlung, die in den letzten Tagen zu einer Art Ritual geworden war. Nun, wo seine Wunden allmählich abheilten, zuckte er nicht mehr unter jeder Berührung zusammen. An den strengen Kräutergeruch hatte er sich mittlerweile gewöhnt, ebenso wie an Itachis geübte Finger, die seinen Rücken vorsichtig untersuchten, bevor sie seine Verbände wechselten. Vielleicht bildete er sich das nur ein, aber es kam ihm so vor, als würde auch das Teufelskind weit weniger Hemmungen haben, ihn anzufassen. Nicht, dass das bisher zur Sprache gekommen wäre, aber er spürte, dass Itachi nicht mehr so angespannt wie zu Anfang war. „Deine Wunden verheilen gut“, hörte er ihn murmeln. „Ich denke, die Verbände sind nun nicht mehr nötig…so kann die Haut besser atmen.“ Kisame blickte an die Wand vor sich, an der das flackernde Feuer ihre Schatten in Bewegung brachte. Einerseits freute ihn das natürlich, andererseits haftete dieser bittere Beigeschmack an den Worten, denn es bedeutete, dass er ihn in Kürze fortschicken würde. Dabei wusste er immer noch kaum etwas über Itachi. Ihre Gespräche waren inzwischen nicht mehr so einseitig, doch meistens hatte Kisame Belanglosigkeiten angesprochen, um dem Uchiha nicht zu nahe zu treten. Er hatte sich nach der Sache mit Sasuke vorgenommen, Itachis Vertrauen zu gewinnen und das funktionierte nur, wenn er geduldig war und nicht mit der Tür ins Haus fiel. Es schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein, wenn er bedachte, wie der Uchiha mit den Fingern seine Schulterblätter nachzeichnete und weiter nach unten wanderte, dabei die Wunden mied. Kisame schauderte angenehm, schloss für ein paar Sekunden die Lider und ließ ihn machen. Die Berührung fühlte sich anders an als sonst, beinahe schon neugierig – doch dann zog Itachi seine Hände plötzlich zurück, so, als würde ihm bewusst werden, was er tat. Schade eigentlich. „Kann ich dich was fragen?“ Itachi antwortete nicht direkt, doch als Kisame den Kopf hob und ihm einen Blick über die Schulter zuwarf, nickte er. Gleichzeitig rückte er ein Stück von ihm ab, so dass der höfliche Abstand wieder gewahrt wurde, als sich der Hüne zu ihm herumdrehte. „Eure Kräfte – woher kommen die?“, stellte er eine der Fragen, die er lange zurückgehalten hatte. „Ich meine, die Leute damals nannten euch Teufel…aber wenn man mal die roten Augen ignoriert, unterscheidet ihr euch kaum von uns Menschen. Was hat es damit auf sich?“ Möglicherweise hatte er sich ja doch etwas zu weit vorgewagt, so wie sich Itachis Blick verfinsterte. Eine Weile schwieg er, die Hände in seinem Schoß ineinander verflochten. Als Kisame schon dachte, er würde sich gar nicht mehr äußern, hörte er ihn seufzen. „Wozu willst du das wissen?“, gab er zurück und bohrte seine schwarzen Augen in die seinen. Kisame runzelte die Stirn. „Wozu? Ich frage mich das, seitdem du damals mitten in der Nacht aus der Hütte gestürmt bist – was im Übrigen nicht die beste Idee war.“ „Was du nicht sagst…“, brummte der Uchiha sarkastisch. Mittlerweile wusste Kisame, dass sein Gegenüber nicht viel Humor besaß, doch den Sarkasmus beherrschte er ziemlich gut. Normalerweise amüsierte es ihn, aber dieses Thema stieß selbst ihm sauer auf. „Wie haben die dich überhaupt erwischt?“, fragte er weiter und biss sich sogleich auf die Zunge. Hatte er es nicht in kleinen Schritten angehen wollen? Nun hatte er bereits zwei Fragen gestellt, die sicher nicht leicht zu beantworten waren. Vorausgesetzt, Itachi wollte sich dazu überhaupt äußern. Dieser senkte den Blick wieder in seinen Schoß, rieb mit den Fingerkuppen über seinen Handrücken. „Die Kälte, der Hunger…welche Wahl hatte ich?“ „Du hättest nicht wegrennen sollen.“ Ein bitteres Lächeln legte sich auf Itachis Lippen und Kisame begriff, wie gedankenlos er geantwortet hatte. Wieso hätte er ihm auch vertrauen sollen, nachdem er ihm versehentlich seine Kräfte offenbart hatte? Wenn ihn ein ganzes Dorf verurteilt hatte, warum hätte Kisame es nicht tun sollen? Hatte er das nicht sogar? Wie hätte er ohne diesen Vorfall reagiert? Zumindest hätte er ihn nicht gefoltert, getötet…aber ihn vielleicht davon gejagt? Kisame war sich nicht sicher, denn es hatte ihn schlichtweg überfordert, dass die Gerüchte nicht bloß Aberglaube waren. Heute faszinierte es ihn mehr, als dass es ihn verstörte, doch er hatte auch Jahre Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen. „Manchmal war die Angst so mächtig, dass ich wie gelähmt war.“ Kisame blickte auf, als der Uchiha plötzlich weitersprach, wenn auch so leise, dass er ihn fast nicht verstanden hätte. Sein Blick wirkte abwesend, so als wäre er sich gar nicht mehr bewusst, wo er sich befand. Es war unangenehm, auch wenn er diese Situation zu verschulden hatte und gleichzeitig bewies es, dass Itachi ihm bis zu einem gewissen Grad vertraute. Trotzdem sie eigentlich nur dieser eine Vorfall miteinander verband. Sieben Jahre…und dennoch hatte er es nie vergessen. Nie würde er vergessen, wie sich alles in ihm gesträubt hatte, das Teufelskind loszulassen. Das Gefühl konnte er sich bis heute nicht erklären, doch es war auch jetzt noch präsent, äußerte sich nur anders. „Ich hatte nicht vor, dir irgendetwas anzutun“, nahm er das Gespräch wieder auf. „Ich meine, ja, du hast mich in dem Moment schon ziemlich erschreckt. Im Pub haben sie über euch geredet und ich dachte die ganze Zeit, die haben sie nicht mehr alle…bis du mir die Hand verbrannt hast.“ Itachi machte nicht den Eindruck, als würde er sich gern daran zurückerinnern, so wie er ihn ansah. Seine Finger verflochten sich ineinander, schienen nicht in seinem Schoß ruhen zu können. „…und warum nicht?“ Kisame stutzte bei der Frage, hatte auch nicht sofort eine Antwort darauf. Das Teufelskind verengte bei seinem Zögern die dunklen Augen, behielt ihn genau im Blick. „Diese Menschen, von denen du sprichst, hatten keine Skrupel, nachdem sie von unseren Fähigkeiten wussten. Keiner von diesen Menschen hätte das getan, was du getan hast.“ Dass er damit Recht hatte, war Kisame bewusst, denn niemand war eingeschritten. Alle hatten sie da gestanden und zugesehen. Entweder hatten sie seine Peiniger angefeuert oder dem Szenario einfach beigewohnt. Kisame erinnerte sich daran, wie er sich hatte abwenden wollen…und es nicht gekonnt hatte. „Du stellst mir jedes Mal viele Fragen“, hörte er Itachi leise sagen. „Das ist meine.“ Leider war das ausgerechnet die Frage, die Kisame sich selbst viele Male gestellt und selten eine Antwort gehabt hatte. Wie sollte er sich erklären? Wieso musste er das überhaupt? Das Teufelskind machte ihn fertig. Er seufzte tief, rieb sich den Nacken, ehe er zu seinem Gegenüber sah. „Was willst du von mir hören? Dass ich mir einen Nutzen davon versprochen habe? Dass ich aus Herzensgüte gehandelt habe?“, brummte er, doch Itachi fixierte ihn weiterhin. „Die Wahrheit.“ Sicher, was auch sonst, nur war das eben nicht so leicht. Kisame zuckte schließlich mit den breiten Schultern, ohne dem Blick des Uchihas auszuweichen. „Es hat sich eben richtig angefühlt“, erwiderte er schließlich. „Richtig“, wiederholte Itachi tonlos. „Wie konnte es sich richtig anfühlen, wenn du nichts von uns wusstest? Mir ist bekannt, was diese Leute über uns erzählt haben.“ Man konnte nicht überhören, dass ihm der Uchiha nicht glaubte – und wer konnte ihm das schon verübeln. „Ich habe nichts davon vergessen“, gab er zurück. „Eigentlich wollte ich mich raushalten…verschwinden.“ Itachi verschränkte nun die Arme, was ihn forscher wirken ließ, als er es war. Vielleicht suchte er auch nach einer Antwort, die ihm nicht gefiel, um einen weiteren Grund zu finden, ihn loszuwerden. Nicht, dass Kisame annahm, dass er das tatsächlich wollte, doch Misstrauen verschwand nicht grundlos. „Aber dann hast du mich angesehen“, fuhr er fort und merkte, wie der Uchiha innehielt. „Ich weiß, dass das dämlich klingt, aber…du hast da gelegen, in deinem Blut, umgeben von diesen Irren, die dir so viel angetan haben – und dann siehst du ausgerechnet mich an. Du hast dein letztes bisschen Hoffnung echt in jemanden wie mich gesetzt…oder?“ Itachis Blick flackerte bei seinen Worten merklich und er wurde etwas blasser. Eigentlich hätte er genauso gut schweigen können, denn eine Antwort erübrigte sich bei der Reaktion. Er hatte auf ihn gesetzt gehabt. Trotzdem er vor ihm geflohen war und sie sich kaum gekannt hatten. „Ja.“ Kisame hatte nicht damit gerechnet, dass er es so offen zugeben würde, wenn auch sehr einsilbig. Simpel, aber effektiv. Es erschien dem Hünen verrückt, dass das Teufelskind ihn als seinen letzten Ausweg gesehen hatte. Er war kein verdammter Held, der sein Leben für Fremde riskierte, das sah ihm nicht ähnlich. Wieso hatte er es damals getan? „Frag mich nicht, was in mich gefahren ist“, meinte er schließlich. „Dachte eigentlich, du könntest mir das sagen…“ Itachis Blick kühlte deutlich ab und Kisame biss sich auf die Zunge. Ja, er hatte wirklich ein Talent für Fettnäpfchen – zumindest schien das bei dem Teufelskind der Fall zu sein. „Ich dachte, du glaubst nicht an das Geschwätz der Leute?“ Ein schlechtes Gewissen würde er sich dennoch nicht einreden lassen. „Jetzt tu nicht so, als sei das so weit hergeholt“, erwiderte er ohne Umschweife. „Ich habe gesehen, was du mit dem Priester gemacht hast…und wie du Menschen, mich eingeschlossen, mit deinen Augen hypnotisiert hast. Warum sollte ich dir glauben, dass du mich nicht beeinflusst hast?“ Itachi erwiderte seinen Blick fest, während er zu einer Antwort ansetzte. „Mehr als mein Wort kann ich dir nicht geben.“ Irgendwie drehten sie sich im Kreis, jedenfalls kam es ihm so vor. Sie verstanden die Motive des jeweils anderen nicht und das nicht bloß, weil sie einander zu wenig kannten. Itachi mehr aus Misstrauen, Kisame eher aus der Neugierde heraus – aber das Ergebnis blieb dasselbe. Vermutlich würde sein nächster Vorschlag nicht auf Begeisterung treffen, doch er wollte es versuchen. Die Idee geisterte nicht erst seit ihrem Gespräch in seinem Kopf herum. „Du solltest mich begleiten.“ Itachi starrte ihn zunächst nur an, schien den plötzlichen Themenwechsel nicht nachvollziehen zu können. Das Feuer neben ihnen knisterte geräuschvoll, warf immer wieder unregelmäßige Schatten an die Wände. „Bitte?“ „Auf dem Weg zurück zu meinen Leuten“, führte Kisame es weiter aus. „Du solltest mit mir kommen – zumindest für eine Weile.“ Urteilte man nach Itachis Gesichtsausdruck, könnte man meinen, der Hüne hätte etwas ganz Furchtbares von ihm verlangt. Doch trotz der abweisenden Art und dem abschätzenden Blick war da noch etwas anderes. Etwas, das unter der kalten Fassade steckte. „…und wieso sollte ich das tun?“ „Weil du mehr über mich wissen willst, ebenso wie ich über dich. Hier bleiben geht ja nicht, richtig? Außerdem würde dir das auch nichts bringen. Du verschanzt dich seit Jahren in diesem Wald und hast ausschließlich negative Erfahrungen gemacht – die Welt ist aber nicht in schwarz und weiß geteilt. Komm mit mir und schau es dir selbst an.“ Man konnte dem Teufelskind ansehen, dass es seine Idee für vollkommen verrückt hielt. Vermutlich wollte es am liebsten direkt ablehnen, stattdessen haderte es sichtlich mit sich. „Ich…kann nicht“, kam es eine Spur zu zögernd, um ihm Glauben zu schenken. „Was du vorschlägst, ist…“ „Du hast mir doch dein Wort gegeben, dass du mich nicht verhext hast?“ Itachi biss sich auf die Unterlippe, nickte aber. „Und ich gebe dir meines, dass ich nicht vorhabe, dir zu schaden.“ „Darum geht es nicht.“ Kisame glaubte, dass es auch darum ging. Nicht ausschließlich vielleicht, aber sicherlich war die Furcht einer der Gründe für seine Ablehnung. „Ich kann dich nicht dazu zwingen, mit mir zu gehen. Was ich von dir verlangen kann, ist, dass du darüber nachdenkst. Schlaf ein paar Nächte drüber, rede meinetwegen mit deinem Bruder und deinem…Onkel...nur triff deine eigene Entscheidung.“ Anscheinend hatte der Uchiha mit einer längeren Diskussion gerechnet, so irritiert, wie er ihn ansah. Es konnte aber auch daran liegen, dass er von selbst seine Familie miteinbezogen hatte. Ob er sich damit nicht ins eigene Fleisch geschnitten hatte, würde er noch merken, denn mit Sicherheit waren die anderen beiden Teufel dagegen. Doch wie sagte man? Je mehr man gegen etwas anredete, umso mehr Widerwillen erzeugte man...und mit seinen Worten hatte er den Druck gemildert. Itachis liebreizende Verwandtschaft würde es ihm zweifellos ausreden wollen, von daher konnte er nur hoffen. „Meine eigene Entscheidung…“, wiederholte das Teufelskind betont langsam. Dabei brannte sich sein Blick mit solcher Intensität in seinen, als versuchte er, seine Gedanken zu lesen. Nicht, dass Itachi dazu imstande wäre…hoffte Kisame jedenfalls. „Du bist kein Kind mehr, oder?“ „Demnach nimmst du an, ich lasse mich bevormunden.“ „Wenn du das so nennen willst“, brummte der Hüne, zuckte mit den Schultern. „Ich dachte eher daran, dass mich deine Familie höchstwahrscheinlich lieber tot sehen würde – dein Bruder hat es ja schon versucht und dein Onkel hätte mich damals bestimmt auch nur zu gern in Asche verwandelt.“ Dass Itachi ihn nicht vom Gegenteil zu überzeugen versuchte, bedeutete wohl, dass er das genauso sah. Die schwarzen Augen lagen weiterhin auf ihm, als könnte er dadurch mehr über seine Intentionen erfahren, doch er wirkte wieder etwas entspannter. Das war ein gutes Zeichen. „Ich denke darüber nach.“ Tatsächlich ein sehr gutes Zeichen, wer hätte das gedacht? Er konnte sich nicht helfen, musste einfach grinsen, als er diesen kleinen Triumph für sich vermerkte. Wenn er ehrlich war, hatte er mit mehr Abneigung gerechnet, das hier war kein Nein. „Das war kein Ja.“ Kisame musste schmunzeln, als er das so trocken klarstellte. „Keine Sorge, das ist mir bewusst.“ „Warum grinst du dann?“, folgte die skeptische Frage, die Kisames Laune aber nicht trübte. „Nun, du hast gezögert…also hast du Interesse, nicht wahr?“ Das konnte der Uchiha kaum leugnen und so stockte er kurz, öffnete leicht den Mund, ohne etwas zu sagen. Der Hüne hörte ihn durchatmen, ehe er den Kopf schüttelte und sich erhob. „Es ist spät. Du solltest schlafen.“ Kisame wünschte ihm immer noch grinsend eine gute Nacht, während er ihm nachsah, bis er die Hütte verlassen hatte. Erst, als er allein war, rollte er sich auf die Seite, den Blick auf die schwächer werdenden Flammen gerichtet. Es mochte verrückt klingen, aber er hatte nicht das Gefühl, dass Itachi seinen Vorschlag ablehnen würde. Aus ihren leider sehr kurzlebigen Gesprächen hatte er sehr wohl die Neugierde des Teufelskindes vernommen…und er hoffte wirklich, dieses würde ihn nicht enttäuschen… Es war frisch draußen, als Sakura mitten in der Nacht den Tempel verließ. Die kühle Brise fuhr ihr durch das rosafarbene Haar und sie genoss es, schloss kurz die Augen. Bis eben war sie bei ihren Patientinnen gewesen, hatte sich um diese gekümmert und versucht, mehr über die Vorfälle herauszufinden. Natürlich wusste keine der Frauen, was genau passiert war…oder sie verdrängten es einfach so gut wie möglich. Nun, einen Vorwurf konnte man ihnen deswegen kaum machen. Sakura öffnete die mintgrünen Augen wieder, blickte hoch zum dunklen Nachthimmel, an dem der Vollmond leuchtete. Ihre Arbeit war für heute getan, Hinata hatte sie soeben abgelöst, doch schlafen würde sie wohl trotzdem nicht können. Da waren zu viele Gedanken, zu viele Sorgen und Ängste wegen dem, was da draußen lauerte. Sie ging ein paar Schritte über das Gelände, musste einfach ihren Kopf freibekommen, immerhin hielt sie sich fast ausschließlich im Tempel auf. Manchmal machten sie sich zu zweit auf Kräutersuche – eine Vorsichtsmaßnahme, auf die Tsunade aufgrund der Situation bestand, auch wenn sich Sakura nicht immer daran hielt. Vermutlich war sie zu leichtsinnig, doch da sie manchmal nach Naruto sah, umging sie die Regel in Ausnahmen. Sie hielt inne, als ihr ein Rabe auffiel, der auf dem Ast eines Baumes saß und sie mit seinen rot leuchtenden Augen fixierte. Sakura mochte diese Vögel nicht, man nannte sie nicht grundlos Unglücksboten, die immer zur Stelle waren, wenn jemand das Zeitliche segnete. Viele Leute bezeichneten sie als schwarze Aasgeier, die sich am Fleisch der Toten labten. Obwohl sie das Tier unheimlich fand, konnte sie sich nicht von seinem Anblick loseisen. Sie schauderte in ihrem blauen Yukata, bekam eine Gänsehaut…und fuhr erschrocken zusammen, als sich der Vogel laut krächzend von seinem Ast abstieß. Sie keuchte auf, sah dem Raben, der über ihren Kopf hinweg sauste, mit hektisch klopfendem Herzen nach. Gleichzeitig schalt sie sich eine Närrin; es war bloß ein Tier. Nichts, weswegen sie sich Sorgen machen musste. Vielleicht sollte sie lieber wieder reingehen, wer wusste schon, wer sich hier draußen rumtrieb. Ein plötzlicher Impuls ließ sie sich jedoch noch einmal umdrehen. Ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt, als sie jemanden in der Ferne zwischen den dicht zusammen gewachsenen Bäumen verschwinden sah. Nur ein Schatten im Mondlicht, sie konnte nicht mehr als Umrisse erkennen, doch es musste ein Mensch sein. Beim nächsten Wimpernschlag war er jedoch verschwunden. Sakura blieb wie erstarrt stehen, fixierte die Stelle, wo soeben noch jemand gestanden hatte. Jemand war hier gewesen, beim Tempel…hatte er oder sie sie beobachtet? Ihr wurde unwohl und sie haderte mit sich, ob sie nicht gleich zu Tsunade gehen sollte, um ihr davon zu berichten. Dann aber fragte sie sich, was sie ihr eigentlich erzählen wollte. Jemand war hier gewesen, ja, doch vielleicht handelte es sich nur um einen Reisenden, der lieber ungesehen durch die Wälder streifte und deshalb die Nacht bevorzugte. Es war nichts passiert. Wollte sie sich wirklich lächerlich machen, indem sie Tsunade mit so etwas beunruhigte? Ihre Meisterin war ohnehin schon wachsam genug und tat alles in ihrer Macht stehende, um die Mädchen im Tempel zu schützen. Sakura würde höchstens noch mehr Angst schüren und damit würde sie niemandem helfen. Nein, sie würde vorerst nichts sagen, sondern lieber wieder zu Bett gehen. Der Tempel war ein sicherer Ort, sie alle waren ausgebildet, also keineswegs hilflos. Sie wussten sich zur Wehr zu setzen und da dies bekannt war, würde auch niemand wagen, dort einzubrechen. Obwohl sie sich mit diesen Gedanken einigermaßen zu beruhigen versuchte, konnte sie in dieser Nacht dennoch kaum Schlaf finden. Kapitel 11: Meine Seele brennt ------------------------------ Die folgenden beiden Tage, die ins Land zogen, vergingen so schnell, dass er sich regelrecht an jede einzelne Sekunde klammerte. Woran dies lag, wusste er auch, ohne dass er großartig in sich gehen musste. Ähnlich einem Mantra hallte die Stimme des Hünen in seinen Gedanken wieder, ließ nicht zu, dass er an etwas anderes, als an seinen Vorschlag dachte. “Du solltest mich begleiten.“ Was für eine absurde Idee dies doch war, wenn man bedachte, wie übel die Menschen seinem Clan in der Vergangenheit mitgespielt hatten. Wieso sollte er sich unter sie mischen, mehr über sie erfahren wollen, wo ihn das wenige, das ihm noch gut im Gedächtnis geblieben war, beinahe getötet hätte. Er verengte die dunklen Augen, während er in dem klaren Seewasser sein Spiegelbild erblickte. Hatte Kisame eine Ahnung, was seine Worte bei ihm ausgelöst hatten? Seine bloße Anwesenheit erinnerte ihn an diesen schrecklichen Tag, den er so oft vergessen wollte und dennoch nicht dazu in der Lage war. Madara hatte Sasuke und ihm jedoch geraten, jene furchtbaren Erlebnisse nicht zu verdrängen, sondern sich ihnen zu stellen. Laut ihrem Onkel hatte man die Wahl, sich von seinem Schmerz zerreißen zu lassen oder ihn in sich aufzunehmen und in Hass umzuwandeln. Angeblich konnte dieser Hass ein Antrieb sein, um ihre Fähigkeiten zu stärken…ihr inneres Feuer brennen zu lassen. Hatte man Madara einmal kämpfen gesehen, hegte man keinen Zweifel mehr daran. Itachi bemerkte, wie sich seine Mimik bei dem Gedanken daran verzerrte, das rote Funkeln in seinen Augen glühen ließ. Seine eher sanften Züge erschienen dadurch viel härter als sonst, ließen ihn seinem Vater ähnlicher sehen, obwohl sowohl Sasuke als auch er nach ihrer Mutter kamen. Er tauchte die Hände in das kühle Wasser und klatschte es sich ins Gesicht. Tief atmete er durch, fühlte, wie die Tropfen über seine Haut rannen, bis sie zurück in den See fielen. Trotz allem, was man ihnen angetan hatte, konnte er sie nicht verabscheuen – nicht alle von ihnen. Kisame war der beste Beweis dafür, dass nicht alle Menschen gleich waren. Obwohl der Hüne seine Schattenseiten hatte, belog er ihn darüber nicht. Itachi war nicht einfältig genug, um nett formulierten Worten zu glauben – doch mit seiner Annahme, er hätte ihn bereits im Vorfeld beobachtet, lag er nicht falsch. Wie sonst hätte er so schnell vor Ort sein können? Es war nicht so, dass er niemals Interesse an der Welt, außerhalb dieses Waldes, gezeigt hätte, doch Kontakt zu den Menschen hatte er bisher strikt vermieden. Unweigerlich spürte er, wie seine Narben zu jucken begannen, und er widerstand dem Drang, sich zu kratzen, nur schwer. Abermals atmete er durch, wischte sich mit dem Ärmel über das noch feuchte Gesicht. Warum konnte er nicht einfach nein sagen, wo er doch wusste, dass das nicht gut enden konnte? Das Klügste wäre es, Kisame wegzuschicken und all das zu verdrängen. Itachi lehnte sich nach hinten, stützte sich mit den Händen auf der Wiese ab, während er den Blick über die Umgebung schweifen ließ. Auf der anderen Seite des Sees erblickte er eine Hirschkuh mit ihrem Kalb. Vorsichtig näherten sich die Tiere dem Wasser, wobei die Hirschkuh zuerst ihren Nachwuchs trinken ließ, dabei wachsam blieb. Dadurch, dass sich kaum eine Menschenseele hierher traute, mussten sie in diesem Gebiet nur wenige Feinde fürchten. Vor ein paar Jahren hatte sich ein Wolfsrudel in dieser Gegend niedergelassen, allerdings waren sie nach einer Weile Richtung Gebirge weitergezogen. Itachi vermutete, dass Madara daran nicht ganz unschuldig war, denn dieser stellte nach wie vor das gefährlichste Raubtier in diesem Wald dar. Gerüchte von Monstern waren schnell geschürt worden, sodass sich entweder unwissende oder lebensmüde Personen hierher verirrten – und den Tod fanden. Itachi konnte nicht behaupten, dass er in diesem Punkt mit Madara übereinstimmte; er selbst ließ die Menschen ziehen, sollten sie nur auf der Durchreise sein. Meistens reichte es, ihnen in der Nacht genügend Angst einzujagen, so dass sie den Wald eilig verließen. Sein Onkel hielt an seinen bevorzugten Methoden fest und auch, wenn Itachi dies anders sah, diskutierte er nicht mehr darüber. Er hielt inne, als die Hirschkuh und ihr Kalb alarmiert die Köpfe hoben und davon rannten. Im selben Moment spürte er die vertraute Präsenz hinter sich, drehte sich jedoch nicht um. „Die Zeit ist abgelaufen.“ Itachi erwiderte nichts darauf, blieb sitzen, während sich der Ältere neben ihm ins Gras fallen ließ. Er musste nicht nachfragen, konnte sich denken, was Madara meinte. Sie hatten eine Vereinbarung getroffen, damit sich sein Onkel raushielt, und nun, da es Kisame deutlich besser ging, würde er verschwinden müssen. Der Wind strich ihnen durch die langen Haare, brachte das ruhige Gewässer in Bewegung. Eine Weile saßen sie nur so da, bis Itachi die Stille unvermittelt brach. „Er hat mich gefragt, ob ich ihn auf seinem Rückweg begleite.“ Die Worte waren ihm über die Lippen geflossen, bevor er weiter darüber nachdenken konnte. Über was sollte er sich noch den Kopf zerbrechen? Es gab keinen Weg diese Option schön zu reden und Madara war zudem kein Freund von unnützem Drumherumgerede. Das darauffolgende Schweigen beunruhigte Itachi mehr, als der erwartete Sturm – andererseits konnte man bei Madara nie auf irgendetwas setzen, dazu war er zu unberechenbar. Sein Onkel blickte immer noch scheinbar gelassen auf die Oberfläche des Sees, doch Itachi bemerkte, wie sich seine Finger ins Gras gruben. So fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. „Und was hast du geantwortet?“, vernahm er die fast freundlich klingende Frage. Es konnte kein gutes Zeichen sein, dass Madara keine Anstalten machte, dagegen anzureden. Itachi versuchte, sich die aufsteigende Nervosität nicht anmerken zu lassen, denn das würde es bloß schlimmer machen. „Dass ich darüber nachdenke“, gestand er leise. Seit zwei Tagen dachte er darüber nach, was das Richtige wäre und was er wirklich wollte. Er hatte sich alle seine Bedenken durch den Kopf gehen lassen, sich daran erinnert, was damals passiert war…und trotzdem reichte es nicht für ein konsequentes Nein. Kisame hatte Recht gehabt, als er gemeint hatte, dass er interessiert war. Seine Befürchtungen reichten nicht aus, um dieses Interesse im Keim zu ersticken. Nach all den Jahren hatten sie einander erneut getroffen und er hatte die Zeit nicht ausreichend genutzt, um damit abschließen zu können. Was genau er sich von Kisame erhoffte, konnte er nicht sagen, aber er wollte mehr. Diese Gefühle verstörten ihn ebenso, wie sie ein bislang unbekanntes Feuer in ihm entfachten. Auch Madara schien dies zu bemerken, denn seine nächsten Worte glichen einem Eimer kalten Wassers. „So…du denkst darüber nach“, wiederholte er langsam. „Worüber genau? Darüber, welche neuen Foltermethoden sie sich ausgedacht haben? Wer weiß, vielleicht binden sie dich wieder auf einem Altar fest und führen ihren Exorzismus durch? Ich kann mich gut daran erinnern…du dich auch?“ Erst jetzt wandte Madara sich ihm zu und sein Gesicht war eine Maske blanken Hasses, die rot glühenden Augen brannten sich geradezu in seine eigenen. Itachi spürte, wie ihm das Gesagte für einen Moment die Kehle abschnürte und seinen Körper lähmte. Das war nicht fair. Es war widerlich und Madara tat es absichtlich, um diese Ereignisse wieder hervorzurufen. Als wären sie nicht bereits schmerzhaft genug gewesen… „Hör auf“, sagte er leise, aber es war keine Bitte. Madara gab ein freudloses Lachen von sich, so rau und kratzig, dass es einen schauderte. „Was ist denn?“, fragte er lauernd. „Ist dir das etwa unangenehm?“ Itachi verengte die schwarzen Augen, doch Madara beachtete das gar nicht, kam stattdessen mit einer kraftvollen Bewegung auf die Beine. Das grausame Lächeln auf seinen Lippen sahen Sasuke und er nur selten, meistens traf es Eindringlinge – und es war das Letzte, das sie sahen. Es missfiel ihm ebenso wie die Tatsache, dass Madara mit diesem Ausdruck auf ihn herabsah. „Du bist doch nicht naiv genug, zu glauben, die Menschen hätten sich geändert?“, fuhr er fort. „Wenn sie von deinen Fähigkeiten Wind bekommen…wenn sie merken, dass du nicht wie sie bist – was denkst du, werden sie tun?“ „Ich habe nicht vor, sie jemandem zu offenbaren“, gab er kühl zurück. „Du hast uns mehr als das gelehrt, nicht wahr?“ Schließlich hatte Madara sie auch im Nahkampf unterrichtet und ihnen gezeigt, wie sie mit verschiedenen Waffen umgingen. Sie waren keine hilflosen Kinder mehr, die eben erst das Feuer entdeckt hatten und es noch nicht beherrschten. Damals waren die Gegebenheiten gänzlich andere gewesen, sonst hätten sie ihn nie so einfach überwältigen können. „Du hast sie diesem Kerl offenbart, Itachi“, hörte er Madara raunen. „Dies mag nicht deine Schuld gewesen sein…und da er dein Leben gerettet hat, habe ich ihn auf deine Bitte hin bis heute nicht getötet. Allerdings…“ Madaras Lächeln wurde eine Spur breiter, während der Hass nach wie vor in seinen blutroten Augen flackerte. Sie waren Familie und Itachi wusste, dass sein Onkel ihn eigentlich nur schützen wollte, dennoch wappnete er sich innerlich für die nächsten Worte. „…bin ich sehr sicher, dass er bereits jemandem von uns erzählt hat. Ja, ich weiß, die Leute halten derlei Geschichten für Unsinn. Wenn du ihn jedoch begleitest, hat er einen lebenden Beweis an seiner Seite…und das könnte hässlich für dich enden. Du hast die widerliche Natur der Menschen am eigenen Leib erfahren. Denkst du, dein Kisame wird dich ein weiteres Mal schützen? Oder wird er dich an seinesgleichen verkaufen?“ Itachi erhob sich ruckartig und jegliche Beherrschung, zu der er sich bis eben noch ermahnt hatte, war aus seinem Körper gewichen. Seine Augen hatten denselben blutroten Farbton angenommen wie die seines Onkels und er spürte, wie Wut und Ekel durch seine Adern jagten. Das Flimmern in der Luft wurde stärker, versengte die ersten Pflanzen in seiner Reichweite. Madara bedachte dies mit einem nachdenklichen Blick, ehe er diesen wieder auf ihn richtete, mit der Zunge schnalzte. „Dein Urteilungsvermögen wird von deiner Sympathie für diesen Mann getrübt, Junge.“ „Mein Urteilungsvermögen“, wiederholte Itachi, wobei der Zorn in seiner Stimme vibrierte. “Was ist mit deinem, Madara? Alles, was du sagst, ist von Hass überschattet…am liebsten würdest du die ganze verdammte Welt niederbrennen!“ Madara gab einen Laut von sich, der an das Fauchen einer wütenden Katze erinnerte. „Und habe ich kein Recht dazu, nach allem, was uns diese ganze verdammte Welt angetan hat?! Was sie mit Izuna gemacht haben?! Mit euren Eltern?! Sie haben uns beinahe ausgerottet! Verdammt, Itachi, du warst ein Kind, als sie dir diese Sachen angetan haben! Wie kannst du ihnen verzeihen?! Wie kannst du irgendeinem dieser Menschen vertrauen und auch nur in Erwägung ziehen, mit ihm zu gehen?!“ Die Hitze nahm zu, je mehr sich auch Madara in Rage redete…je lauter er wurde, umso mehr wich Itachis eigene Wut. Was zurückblieb, war der Schmerz, den er seit Jahren mit sich herumtrug. Denselben Schmerz, den auch Madara und Sasuke niemals verwinden würden. Dass sie sich hier so anfeindeten, obwohl sie nur noch einander hatten…eine Familie waren, das hinterließ nichts als Bitterkeit und Bedauern in ihm. Es war nicht das, was er hatte erreichen wollen. „Okay…ich weiß zwar nicht, was hier los ist, aber ihr seid gerade dabei, unser Zuhause abzufackeln.“ Sie hielten gleichzeitig inne, fuhren zu der Person herum, die mitten in ihren Streit geplatzt war. Eigentlich hatte Itachi nicht nur mit Madara reden wollen, aber vielleicht war es gut, dass sein Bruder erst jetzt dazu kam. Er war nicht so naiv zu glauben, dass Sasuke besser darauf reagieren würde, weswegen ihn bereits jetzt die Resignation überkam. Wenigstens führte die Unterbrechung dazu, dass auch Madara seinen Zorn bändigte, ihn aber weiterhin anfunkelte. „Ja, Itachi…sag deinem Bruder, was du dir in den Kopf gesetzt hast. Ich bin sicher, er wird begeistert sein…“, zischte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. Sasuke runzelte die Stirn, sah von ihm zu Itachi. „Geht es wieder um den Menschen?“, wollte er dann entnervt wissen. „Falls ja, kann ich dir direkt sagen, dass ich das Thema satt habe. Wann verschwindet er endlich?“ Itachi versuchte das süffisante Grinsen seines Onkels zu ignorieren, was leider alles andere als leicht war. „In Kürze…“, formulierte er es behutsam, woraufhin Madara auflachte. „Das klingt doch gut“, erwiderte sein Bruder zufrieden, was es noch schwerer machte. „Ich…werde ihn vermutlich eine Weile begleiten.“ Die abrupte Stille gepaart mit Sasukes entgeisterter Miene kündigte einen zweiten Sturm an; gut, damit war zu rechnen gewesen. Da ihm die Affinität seines Bruders zum Blitzelement bekannt war, wunderte ihn das plötzliche Kribbeln auf seiner Haut nicht. Es hätte ihn nicht mal überrascht, wenn Sasukes rote Augen Funken gesprüht hätten. „Das ist ein Scherz.“ „Oh nein, das ist sein voller Ernst!“, half Madara nach, bevor er etwas sagen konnte. „Itachi ist der Ansicht, er müsse sich unter die Menschen mischen, um sich ein neues Bild von ihnen zu machen…“ „Ich habe nur-“ „Bist du von allen guten Geistern verlassen, Nii-san?!“, schnitt ihm Sasuke garstig das Wort ab. „Sasuke…“ „Nein, ernsthaft! Was soll denn noch passieren, damit du endlich kapierst, dass sie gefährlich sind! Das ist alles nur die Schuld von diesem Typen! Ich hätte ihn töten sollen, bevor er dir so einen Mist einredet!“ Itachis Augen wurden eine Spur schmaler, fixierten seinen Bruder, der seinem Blick jedoch standhielt. Er war eben kein kleines Kind mehr, das auf ihn hörte – zumal sich seine Meinung über die Jahre Madaras angepasst hatte. Das Problem war, dass Itachi dies sogar nachvollziehen konnte, auch wenn er geteilter Meinung war. „Ich wiederhole mich vielleicht, aber Kisame ist meine Angelegenheit. Niemand von euch beiden wird Hand an ihn legen. Das gilt nach wie vor.“ Sasuke gab ein verächtliches Schnauben von sich, wissend, dass er bereits einmal dagegen verstoßen hatte. „Du hast gesagt, dass du diesen Menschen nicht deiner Familie vorziehst – aber genau das tust du! Du willst uns verlassen und denkst dabei kein bisschen an uns! Seit dieser Kerl wieder aufgetaucht ist, geht es nur noch um ihn!“ „Sasuke, ich-“ „Spars dir!“, fauchte ihn sein Bruder an. „Ich will’s gar nicht hören! Es ist mir egal! Und wenn du gehst, bist du mir auch egal! Dann geh halt mit ihm mit, aber erwarte nicht, dass ich dir nachtrauere, wenn was passiert! Nicht schon wieder! Ich hab das alles so verdammt satt!“ Jedes Wort glich einem Messerstich, der seine empfindlichsten Punkte traf; er verlor langsam die Kraft für Gegenargumente oder Beschwichtigungen. Sasuke schien ihm auch nicht mehr zuhören zu wollen, denn er kehrte ihm den Rücken und stampfte so rasch davon, dass er nicht mal den Versuch machen konnte, ihn zurückzuhalten. Was ihm blieb, waren Schuldgefühle…und Madara, dessen hämisches Lächeln mittlerweile verschwunden war, stattdessen der Ernsthaftigkeit Platz gemacht hatte. „Ich kann dich offensichtlich nicht daran hindern, diesem Mann zu folgen.“ Itachi schwieg, während ihm der Gedanke kam, dass er sich eigentlich noch gar nicht entschieden hatte. Dass seine Familie direkt davon ausging, hatte ihn defensiv reagieren lassen. An einen neutralen Rat hatte er zwar von vornherein nicht geglaubt, dennoch hätte es so nicht laufen sollen. Obwohl es ihn mitnahm, konnte er die kleine Stimme in seinem Kopf, die ihm einflüsterte, dass er mit Kisame gehen wollte, nicht ausblenden. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, konnte er nicht anders wählen, denn er würde sich immer fragen, was geschehen wäre. In diesem Wald fühlte er sich sicherer, ja, hier war sein Zuhause, in dem er mit seiner Familie lebte…aber es war auch das Einzige, das er seit Jahren gesehen hatte. Jahrelang hatte er die Menschen gemieden, sie höchstens aus der Ferne beobachtet…und nun kam Kisame mit einer Option, die er bisher für unmöglich gehalten hatte. Es stimmte, er wollte mit ihm gehen. Nicht für immer, doch für eine Weile. „Ich muss das für mich tun, Madara“, erwiderte er ruhig und suchte den Blick seines Onkels. „Ich erwarte nicht, dass ihr das versteht…nur, dass ihr es akzeptiert.“ Madara gab ein verächtliches Schnauben von sich. „Du erwartest zu viel von uns“, gab er kalt zurück. „Wenn du gehst, ist es, wie Sasuke sagt. Sei dir der Konsequenzen bewusst.“ Itachi machte den Mund auf, um den etwas entgegenzusetzen, doch der Ältere hob die Hand zum Zeichen, dass es genug war. Ein seltener Anflug von Trotz keimte in ihm auf und er musste ihn mühsam unterdrücken, wissend, dass er es später bereuen würde. Es war alles gesagt worden, mehr konnte er nicht verlangen. Sich damit abzufinden, fiel ihm schwer, weil er so nicht hatte Abschied nehmen wollen, aber auch Madara ließ ihm keine Wahl, sondern wandte sich zum Gehen um. Zurück blieb die Bitterkeit…gepaart mit dem hässlichen Gefühl der Einsamkeit. Als Itachi einige Stunden später zurück zur Hütte kam, hatte er das wenige, das er auf der Reise brauchen würde, zusammengepackt. Es erschien ihm so unwirklich, dass er den Weg wie in Trance zurücklegte. Bestätig erinnerte er sich daran, dass dies seine Entscheidung war und er diese jederzeit widerrufen konnte. Er musste nicht mit Kisame gehen…doch es änderte nichts an der Tatsache, dass er es wollte. Tief atmete er durch, blieb ein paar Sekunden vor der Tür stehen, die Hand an das raue Holz gelehnt. Ob der Hüne schon schlief? Schließlich war es mittlerweile Nacht und Itachi hatte bereits angedeutet, dass er ihn bald fortschicken würde. Es war nur klug, seine Kräfte zu sparen, nun, wo er sich noch in sicherer Umgebung befand. Itachi schloss kurz die Augen, sammelte sich, während er das Gespräch mit seiner Familie Revue passieren ließ. Ein Grund für den morgigen Aufbruch war der, dass er nicht mehr dafür garantieren konnte, dass Madara oder Sasuke Kisame nichts, entgegen seiner unmissverständlichen Warnung, antaten. Sein Bruder hatte dies schon einmal versucht und nach ihrem Wortgefecht fürchtete er, dass sich der Jüngere in seiner Impulsivität zu einer Dummheit hinreißen lassen könnte. Es duldete keinen Aufschub mehr, weswegen er die die Hütte betrat. Zwar flackerte das Feuer noch, doch Kisame schien sich tatsächlich hingelegt zu haben. Kurz verweilte sein Blick auf dem unbekleideten, breiten Rücken, dessen Haut zahlreiche Narben aufwies. Die noch recht frischen Brandnarben stachen besonders hervor, wirkten immer noch geschwollen, obwohl sie gut verheilten. Seine eigenen Narben schienen bei dem Anblick wieder zu jucken, doch er verdrängte es, so wie er es stets tat. Wenn er mit Kisame reiste, könnte er dessen Wunden weiter im Blick haben, sollte es wider Erwarten Komplikationen geben – auch was sein Bein anging, mit dem angeblich aber alles wieder in Ordnung war. So lautlos wie möglich stellte er seinen Reisebeutel ab und setzte sich ans Feuer, wollte den Hünen nicht wecken. Er selbst würde wohl noch eine Weile wach bleiben, konnte sowieso nicht schlafen. Nicht jetzt, wo ihm der Streit mit seiner Familie nachhing. Schweigend zog er die Beine an, legte den Kopf auf die Knie, um eine bequemere Position einzunehmen – als sich Kisame mit einem Mal regte. Er beobachtete, wie sich der Ältere herumdrehte, dabei überraschenderweise sehr wach wirkte. Wobei…sollte ihn das wundern? Als Söldner musste man bestimmt auf der Hut sein, da die Leute einem nach dem Leben trachteten. Wie er die Menschen kannte, brauchten einige von ihnen vermutlich nicht mal diesen Grund. Kisames recht kleine, ungewöhnlich helle Augen, die ihn mit ihrem Ausdruck stets an die eines Raubtieres erinnerten, fixierten ihn ein paar Sekunden lang, ehe sie zu dem Beutel wanderten und zurück zu ihm. Erkenntnis leuchtete in ihnen auf und Itachi erahnte seine nächste Frage. „Du kommst mit?“ Es widerstrebte dem Uchiha, dies zu bejahen, denn das machte es noch endgültiger. Andererseits hatte er seine Entscheidung getroffen, weswegen es kein Zögern mehr geben sollte. Er nickte knapp, richtete den Blick wieder in die Flammen. „Wir brechen im Morgengrauen auf“, wisperte er tonlos. Kisame blieb daraufhin erstmal still, doch er spürte seinen Blick auf sich ruhen und wusste, dass diesbezüglich Rückfragen kommen würden. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie sich der Hüne erhob, um sich neben ihn ans Feuer zu setzen. „Wie haben sie es aufgenommen?“ Itachi zuckte mit den Schultern, ohne seine Haltung zu verändern oder mehr Abstand zu suchen. Stattdessen überdachte er seine Worte, nicht sicher, ob er darüber reden wollte. Vielleicht würde es ihm guttun, vielleicht nur das schlechte Gewissen bestärken. Er hatte keine Ahnung. „Sie heißen es nicht gut.“ Kisame hob eine Braue, stützte sich mit einer Hand am Boden ab und winkelte dabei ein Knie an. „Das war mir klar“, erwiderte er ehrlich. „Also habt ihr meinetwegen gestritten, hm?“ Itachi entwich ein leises Seufzen. „Auch“, gab er zu. „Sie machen sich Sorgen und damit sind sie nicht im Unrecht. Es war einfältig von mir, zu hoffen, sie würden es akzeptieren können.“ Insgeheim fragte er sich, ob er sich, würde es um Sasuke gehen, umsichtiger verhalten hätte. Vermutlich schon, immerhin setzte er bei solchen Meinungsverschiedenheiten auf Rücksicht und Vernunft. Dennoch wäre er auch nicht begeistert gewesen, würde Sasuke mit einem Fremden für einige Tage oder gar Wochen verschwinden. „Na ja“, hörte er Kisame brummen. „Ich würde lügen, wenn ich dir sage, dass ich mich nicht über deine Entscheidung freue. Trotzdem…tut mir leid, dass du meinetwegen Ärger mit den beiden hast.“ Ärger. Ja, das war eine nette Umschreibung dafür. „Nun, wie du bereits erwähntest…es ist meine Entscheidung. Ich hätte mich dagegen entscheiden und dieser Diskussion aus dem Weg gehen können.“ „Hast du aber nicht.“ „Nein. Habe ich nicht.“ Eigentlich wollte er das nicht ausschweifender thematisieren, aber sich anzuschweigen empfand er in dieser Situation als unangenehm. Genau genommen wusste er nicht, was er gerade wollte. Er wusste nur, dass ihn der Streit mit seiner Familie quälte. „Respekt, Teufelskind“, brach Kisame die Stille erneut. „Nicht viele hätten den Mut für so eine Entscheidung – schon gar nicht, wenn sie sich damit gegen die eigene Familie stellen.“ Itachi drehte den Kopf in seine Richtung, maß ihn mit einem langen Blick. „Du nennst mich immer noch so“, stellte er fest. „Aber weder bin ich ein Kind, noch ein Teufel. Itachi reicht…und wäre mir lieber.“ Kisame stutzte, blinzelte einmal, bevor er ein langsames Nicken von sich gab. „Da hast du Recht…Itachi.“ Seine Mundwinkel hoben sich leicht, wenn auch nur kurz, denn die scharfen Worte zerrten immer noch an seinen Nerven. Kisames Lächeln entblößte eine Reihe ungewöhnlich scharfer Zähne und nicht zum ersten Mal fragte er sich, ob er sie gefeilt hatte, um bedrohlicher zu wirken. In seinem Fall hätte er sie damals nicht gebraucht, denn die Menschen an sich hatten ihn das Fürchten gelehrt. „Mach dir nicht so viele Sorgen“, riet ihm der Hüne. „In der Wut sagt man häufig Dinge, die man gar nicht so meint. Du bist ihnen wichtig – jedenfalls glaub ich nicht, dass dein Bruder sonst so versessen darauf gewesen wäre, mich umzubringen. Der wird sich schon einkriegen…und dein Onkel auch.“ War das der Versuch, ihn aufzumuntern? Unerwartet, doch Itachi konnte nicht leugnen, dass es ihm dadurch etwas besser ging. Es vermittelte ihm das Gefühl, mit seinen Ängsten nicht auf sich allein gestellt zu sein. Madara und Sasuke irrten sich, was Kisame anging – er war nicht so schlecht, wie sie glaubten. „Und weißt du, wenn du zurück willst, werde ich dir keine Steine in den Weg legen“, fuhr der Ältere fort. „Ich gebe dir mein Wort darauf, dass ich dich in dem Fall zurückbringen werde – vorausgesetzt, du möchtest das.“ Das darauf folgende Grinsen wirkte im Zusammenhang mit seinem Versprechen nicht sehr vertrauenserweckend, doch Itachi sprach dies nicht aus. Warum sollte er nicht zurück wollen? Es war keine Option, unter den Menschen zu leben, als wäre nie etwas passiert. Schon wegen seiner Familie würde er zurückkehren, aber darüber musste er sich jetzt keine Gedanken machen. Seine Entscheidung stand fest und er würde sie nicht widerrufen – auch wenn es ihm Sasukes und Madaras Worte schwerer machten. „Du solltest schlafen, um deine Kräfte zu schonen“, entgegnete er schließlich, was den Älteren innehalten ließ. „Du bleibst?“, kam die verwunderte Frage, woraufhin er nickte. Wenn er mit Kisame reiste, sollte er sich wohl langsam daran gewöhnen, ihn permanent in seiner Nähe zu haben. Itachi hätte lügen müssen, hätte er behauptet, dass es rein gar nichts in ihm auslöste, denn das tat es. Eine Mischung aus Unbehagen und Nervosität beschrieb es vermutlich am besten, trotzdem ihm der Hüne in der Regel höflichen Abstand ließ. Es ging auch nicht um sein gegenwärtiges Verhalten, sondern mehr um die Vergangenheit. Unweigerlich musste er daran denken, wie Kisame ihn nachts in der Hütte aus seinem von Albträumen geplagten Schlaf gerissen hatte. Damals hatte er das Schlimmste vermutet und dementsprechend panisch reagiert. Im Endeffekt wäre es wohl sicherer gewesen, wäre er bei ihm geblieben. Doch er war ein verängstigtes Kind gewesen, hatte nicht wissen können, dass Kisame nicht wie alle anderen war. Die Nächte danach hatte er keine schlechten Träume gehabt – er hatte in einem einzigen Albtraum gelebt. Wie von selbst wanderte seine Hand in seinen Nacken, rieb die juckende Stelle dort, ohne, dass er es bewusst wahrnahm. Seine Wunden von damals waren längst verheilt, sie sollten ihn in keiner Weise mehr beeinträchtigen…eigentlich. Ihm war bewusst, dass diese Schmerzen und das Jucken nur in seinem Kopf existierten, von dem Trauma herrührten. Leider reichte es nicht aus, sich dessen bewusst zu sein. Itachi spürte Kisames Blick auf sich ruhen und sofort legte er die Hand wieder in seinen Schoß, faltete die Finger ineinander. „Solltest du dich nicht auch hinlegen und etwas ausruhen?“, wurde er gefragt. „Später.“ Kisame wirkte nicht sehr zufrieden mit seiner Antwort, das sah er ihm an, allerdings zuckte er nur die Schultern. Er beobachtete den Hünen dabei, wie sich dieser auf sein Lager zurückzog, sich wieder auf die Seite legte. Die hellen, grün funkelnden Raubtieraugen fixierten ihn jedoch weiterhin und Itachi wich ihnen nicht aus, bemüht, nicht zu zeigen, was in ihm vorging. „Eines sollte dir klar sein.“ Itachi zog die Brauen ein wenig zusammen, nicht wissend, wovon er sprach. „Es bringt mir überhaupt nichts, deine Wut auf mich zu ziehen“, fuhr Kisame fort. „Außer einigen neuen Verbrennungen vielleicht…und glaub mir, das ist nicht in meinem Sinne.“ Er hatte also schon erkannt, was den Uchiha daran hinderte, sich einfach hinzulegen und die Augen zu schließen. Schwer war das sicherlich nicht, immerhin kannte Kisame seine Vergangenheit. Obwohl sie sich jahrelang nicht gesehen hatten, war er mit seinen schlimmsten Erinnerungen verbunden. Allerdings verstand Itachi auch, dass der Hüne ihn zu beruhigen versuchte. Es waren nette Worte, denen er natürlich nicht hundertprozentig trauen konnte, aber sie besänftigten sein aufgewühltes Inneres ein bisschen. „Gute Nacht, Kisame“, erwiderte er nur und erntete damit ein schiefes Grinsen. „Ja…dir auch.“ Der Uchiha lehnte sich an die Wand in seinem Rücken, während Kisame sich umdrehte, tatsächlich nach einer Weile weg zu dösen schien. Ihm selbst kam der Gedanke, dass er sich wohl Zeit geben musste. Vertrauen erforderte immer eine gewisse Zeit – in seinem Fall mehr denn je. Kapitel 12: Auf der Reise ------------------------- Der nächste Morgen kam schnell. Für Itachis Verhältnisse viel zu schnell, denn es machte ihm wieder bewusst, dass er im Streit mit seiner Familie auseinandergehen würde. Es würde keinen Sinn machen, zurückzukehren und noch einmal mit ihnen zu reden. Solange er sich für diese Reise entschieden hatte, würde ihm niemand zuhören wollen. Das musste er ebenso akzeptieren, wie Sasuke und Madara seine Entscheidung hinnehmen mussten. Dennoch, es fiel ihm schwer. Kisame und er standen früh auf, um noch einmal ihre Vorräte zu überprüfen und sich zu stärken. Dem Hünen entging seine Stimmung nicht, anders konnte er sich dessen ungewöhnliche Wortkargheit nicht erklären. Itachi war dankbar dafür, auch wenn er es nicht aussprach. Auf dem Weg zum Waldrand hielten sie an einem Bach, um Wasser aufzufüllen und sich notdürftig zu waschen. Tief atmete er durch, wischte sich mit dem Ärmel seines Gewands über das nasse Gesicht, ehe er den Blick schweifen ließ. Es war beinahe schon unheimlich still und Itachi hoffe, dass dies kein schlechtes Omen war. Kisame, der neben ihm am Bach gekniet hatte, erhob sich gerade wieder und schaute ihn abwartend an. Es schien ihm wirklich gut zu gehen, doch sicherheitshalber hatte Itachi kleine Tonbehälter mit Salben in seinem Beutel verstaut. Er stand ebenfalls auf und schulterte den Beutel, ehe er Kisame bedeutete, dass dieser ihm folgen sollte. Eine Weile schritten sie schweigend nebeneinander her, bis er den neugierigen Blick des Älteren auf sich spürte – oder besser gesagt, auf der Waffe, die an seiner Seite befestigt war. „Du hast gelernt, ein Katana zu führen?“ Itachi hob bei der Frage eine Braue, nicht sicher, ob er sich nun beleidigt fühlen sollte. Vielleicht missinterpretierte er die Aussage auch. „Unter anderem“, erwiderte er daher knapp. Kisame schien zu merken, dass er einen Nerv getroffen hatte, auch wenn Itachi deswegen keinen Streit vom Zaun gebrochen hätte. Zumal es weniger an ihm lag, als an Madaras Geringschätzung vom vorigen Tag. Selbst ohne seine Kräfte war er in der Lage, sich zu verteidigen. „Versteh das jetzt nicht falsch. Es überrascht mich nur…und gewissermaßen freut es mich.“ „Weshalb?“ „Nun, das macht dich zu einem potenziellen Trainingspartner – vorausgesetzt, wir treiben genügend Geld auf, um mir eine neue Waffe zu besorgen.“ Itachi maß ihn mit einem nachdenklichen Seitenblick, ehe er diesen wieder auf ihren Weg richtete. „Ein wenig habe ich bei mir, doch ich bezweifle, dass es für ein Katana reichen wird.“ Daraufhin traf ihn ein misstrauischer Blick des anderen. „…ich frage besser nicht, woher du dieses Geld hast, oder? Ich wette, die Geschichte würde mir nicht gefallen.“ „Vermutlich nicht.“ Wobei seine Geschichte dazu wesentlich weniger grausam war, als die Version seines Onkels…und leider auch die seines Bruders. Abermals wurde ihm schwer ums Herz, aber er verdrängte es. Bald würden sie den Wald hinter sich lassen und er würde nach vorn blicken müssen, so bitter es ihm gerade noch erschien. Als sie nach etwa einer Stunde am Waldrand ankamen, blieb Itachi instinktiv stehen. Die Bäume lichteten sich allmählich und er wusste, würde er weiterlaufen, würde sich ihm der Blick ins Tal offenbaren. Kleine Dörfer hatten sich dort angesiedelt, sodass sie unweigerlich auf Menschen treffen würden, wenn sie ihren Weg in diese Richtung fortsetzten. Für Itachi bedeutete es noch mehr, denn wenn er den Wald verließ, würde er das erste Mal seit Jahren sein Zuhause verlassen. Er würde seine Familie für eine geraume Zeit hinter sich lassen. Obwohl ihm das bewusst gewesen war, schnürte es ihm die Kehle zu, streute erneut berechtigte Zweifel in ihm, ob das hier richtig war. Kisame war ein Stück vor ihm stehen geblieben, ließ ihm den Moment, doch als sich der Uchiha kein Stück rührte, trat er zu ihm. Eine große Hand legte sich auf seine Schulter, drückte diese. „Es ist nicht für immer“, erinnerte Kisame ihn und er senkte den Blick. Ja, es war nicht für immer. Trotzdem…er hatte nicht einmal vernünftig Abschied genommen und das wurde ihm gerade zum Verhängnis. Tief atmete er durch, straffte die Schultern, woraufhin der Hüne seine Hand zurückzog. „Das wäre ja noch schöner…“ Itachi weitete die Augen, kaum dass er die vertraute Stimme vernahm, und er fuhr ruckartig herum. Auch Kisame stockte merklich, folgte seinem Blick, der auf die Baumkronen gerichtet war. Tatsächlich war es kein Wunschdenken, denn die Person saß wirklich auf einem breiten Ast und blickte mit unverhohlenem Missfallen zu ihnen herunter. „Sasuke…“, entkam es ihm perplex. Mit einem Satz war sein Bruder von dem Ast gesprungen, kam unbeschadet auf dem Boden auf und schritt dann auf sie beide zu. Itachi wusste nicht, wozu er hier war, was seine eigentliche Freude über sein Erscheinen trübte. Wenn er seine Drohung wahrmachen wollte, würde er ihn aufhalten müssen. Niemand von ihnen rührte Kisame an – das galt nach wie vor. „Hör auf, mich so anzusehen, Nii-san“, brummte Sasuke genervt, hatte seinen Ausdruck wohl korrekt interpretiert. „Ich bin nicht gekommen, um den Menschen zu töten.“ Itachi runzelte die Stirn, doch es minderte seine Anspannung ein bisschen. „Auch, wenn ich das immer noch für die bessere Option halte“, fügte sein Bruder an, was Kisame schnauben ließ. Itachi ignorierte ihn, konzentrierte sich lieber auf Sasuke, welcher bisher nicht erwähnt hatte, weswegen er hier war. Vielleicht wollte er Kisame nicht töten, aber versuchen, seine Meinung zu ändern? Ein paar Sekunden schwieg Sasuke, so als würde er seine Worte noch einmal überdenken müssen, dann seufzte er tief und rieb sich den Nacken. Was Itachi stutzig machte, war, dass er seinem Blick auswich. Das tat er ausschließlich, wenn ihm etwas sehr unangenehm war…oder sich Unrecht eingestehen musste. Beides konnte Itachi nicht glauben. „Was ich da gestern gesagt habe“, begann er zögerlich. „Dass mir egal ist, was mit dir passiert…und dass du mir egal bist…oder ich nicht trauern würde, wenn was passiert…und, ach keine Ahnung…was ich noch so gesagt habe halt! Das…meinte ich nicht so…“ Itachi war froh, dass seine Selbstbeherrschung so stark ausgeprägt war, sonst wäre ihm vermutlich alles aus dem Gesicht gefallen. Nicht, dass er nicht gehofft hatte, dass aus seinem Bruder bloß Wut und Angst gesprochen hatten, aber dass dieser es so unverblümt zugab, damit hatte er nicht gerechnet. „Du weißt, warum Madara und ich so reagiert haben, oder? Ich meine, was hast du auch erwartet? Nach allem was passiert ist, bringst du diesen Kerl hierher und wirfst alles über den Haufen! Du benimmst dich verantwortungslos…und das kenn ich nicht von dir…und es macht mir Sorgen, verdammt!“ Itachi starrte ihn nach wie vor an, konnte gar nicht so schnell verarbeiten, was sein Bruder von sich gab. Er wollte ihm seine Sorgen nehmen, aber wie sollte er das, wenn ihn diese ja selbst quälten. Das Letzte, das er wollte, war, Sasuke belügen oder ihm gar wehtun. Für den Moment nahm er keinerlei Notiz von Kisame, seine Aufmerksamkeit lag ganz auf seinem Bruder, der auf seiner Lippe kaute, hilflos dabei wirkte. Worte waren nie ihre Stärke gewesen, was ihre Gefühle anging. Sie alle teilten dasselbe Blut, ein gewisses Temperament, auch wenn Itachi vergleichsweise besonnen agierte. Er überwand die letzten Schritte zu seinem Bruder und tippte diesem mit zwei Fingern sachte gegen die Stirn, wie er es früher getan hatte, wenn er sich für etwas entschuldigen wollte. Sasuke zuckte zusammen, blickte ihn endlich direkt an und ein schiefes Lächeln bildete sich auf Itachis Lippen. Es tat ihm leid, aber er würde seine Entscheidung nicht ändern. Sasuke schien zu verstehen, denn Resignation lag in seinem Blick, die Spannung wich aus seinem Körper. Abermals schwiegen sie…und dann schloss ihn sein Bruder fest in die Arme, drückte ihn an sich, als würde er ihn nie mehr gehen lassen. Itachi wich nicht vor ihm zurück, auch wenn das normalerweise sein erster Impuls war. Er fühlte blanke Erleichterung, als würde ein riesengroßer Ballast von ihm abfallen. Plötzlich fiel ihm das Atmen einfacher und er schlang die Arme um Sasuke, vergrub die Nase in seinen zerzausten Haaren. Der rauchige Geruch war ihm vertraut, erinnerte ihn an das Feuer, das sie beherrschten. Es war Sasuke, der sich von ihm löste, einen prüfenden Blick in sein Gesicht warf. „Da ich dich sowieso nicht aufhalten kann, spare ich mir die Worte…du passt auf dich auf, ja?“, hakte er nach und Itachis Lächeln wurde eine Spur wärmer. „Versprochen.“ „Und du nimmst Amaterasu mit!“ „Ich bezweifle, dass sie mir eine Wahl lässt.“ „Umso besser…“ Itachi war froh, als sein Bruder wieder den gewohnten, trotzigen Tonfall anschlug, denn das zeigte ihm, dass er ihm wirklich nicht mehr böse war. Vielleicht konnte er kein Verständnis für den von ihm gewählten Weg aufbringen, weil er nicht in seiner Haut steckte, aber er akzeptierte es. „Und du!“, zischte Sasuke plötzlich in Kisames Richtung. „Eins schwöre ich dir…wenn ihm deinetwegen irgendwas passiert, werde ich dich jagen, foltern und töten! Und glaub mir, ich bin genauso kreativ wie Madara!“ Der Hüne hatte bislang den Anstand gehabt, sich wegzudrehen, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Bei der Drohung wandte er sich wieder ihnen zu, verengte seine Raubtieraugen zu schmalen Schlitzen. „Ja…das glaube ich dir nach unserer letzten Begegnung sofort“, erwiderte er trocken. „Keine Sorge, ich nehme es mir zu Herzen…“ Itachi sparte sich einen Kommentar dazu; er würde Sasuke nicht davon überzeugen können, dass Kisame in Ordnung war. Das Beste war es, es einfach so stehen zu lassen – das war mehr, als er erwartet hatte. „Ach und Nii-san?“ „Hm?“ „Du weißt, dass meine Worte ebenso für Madara gelten, oder? Er ist halt sturer als ich…und deswegen nicht hergekommen.“ Vermutlich hatte sein Bruder Recht, auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, dass ihr Onkel sich von ihm verabschiedet hätte. Da konnte man nichts machen. Trotzdem fühlte es sich tröstlich an, die Worte von Sasuke zu hören. „Ja, ich weiß. Danke, Sasuke.“ „Schon gut…und jetzt verschwinde, bevor ich’s mir anders überlege…“ Und dies beherzigte Itachi. Weitere Worte waren überflüssig, würden es lediglich hinauszögern. Er warf einen Blick zu Kisame, der sich bereits in Bewegung gesetzt hatte und soeben über die Schulter zu ihm sah. Der Uchiha drehte sich kein weiteres Mal um, als er ihm folgte. „Sag mal…“ Es war bestimmt eine gute halbe Stunde vergangen, in der Kisame schweigend neben ihm gelaufen war. Der Weg ins Tal war lang und steinig, so dass sie aufpassen mussten, wohin sie traten. Noch war es ruhig um sie herum, lediglich ein paar Kaninchen und Feldmäuse kreuzten ihren Weg, wofür Itachi ganz dankbar war. Er hob den Kopf, als er unvermittelt angesprochen wurde. „…wer oder was ist Amaterasu?“ Itachi blinzelte bei der Frage, ehe er sich an das Gespräch mit Sasuke erinnerte. Natürlich. Anstatt ihm zu antworten, schaute er in den Himmel, wo die Sonne auf sie hinab schien. Es waren milde Temperaturen, nicht zu warm und nur der Wind wehte zuweilen etwas kühler. Kisame schien nicht zu verstehen, warum er nach oben sah und Ausschau hielt – jedenfalls bis er die Finger zwischen die Lippen schob und einmal schrill pfiff. Es dauerte höchstens fünf Sekunden, bis etwas Schwarzes vom Himmel schoss, direkt auf sie beide zu. Flügelschläge wurden laut, ein lautes Krächzen ertönte und dann gruben sich Krallen in seine Schulter. Er spürte das Gewicht des Tieres, das seine Schwingen spreizte, ehe es diese auf zusammenfaltete. Sanft streichelte er dem Vogel, der ihn mit seinen klugen, rotbraunen Augen ansah, durch das weiche Gefieder, woraufhin dieser nach einer Haarsträhne pickte. Er musste schmunzeln, schaute dann wieder zu Kisame, der seinen ersten Schreck wohl überwunden hatte und ihn verdutzt anstarrte. „Das ist Amaterasu.“ Die Krähe fixierte den Hünen, legte dabei den Kopf schief, als müsste sie sich in Gedächtnis rufen, wer der Mann war. Itachi wusste, dass dies nicht der Fall war; mehr als einmal hatte er Amaterasu losgeschickt, um die Menschen zu beobachten. Meistens hatte es sich um diesen einen Menschen gehandelt, den er nie vergessen hatte. Sie hatte ihm mitgeteilt, was passiert war. Dass dieser Mann in der Nähe war, dass er gefoltert wurde und hingerichtet werden sollte. Durch sie hatte er erfahren, dass Kisame sich praktisch geopfert hatte, um seinem jüngeren Mitstreiter das Leben zu retten. Obwohl sie ein Vogel war, verstand sie mehr, als viele Menschen…und er konnte sich auf sie verlassen. Jederzeit. „Ehrlich? Ich find dieses Viech unheimlich…“, hörte er Kisame sagen, woraufhin Amaterasu ein empörtes Krächzen ausstieß. Itachi ließ sich nicht davon beirren, sondern fuhr ihr weiter durch das gepflegte Gefieder, was sie sichtlich genoss. „Du solltest ihr dankbar sein“, gab er zurück. „Sie hat mich zu dir geführt, bevor sie dich hinrichten konnten.“ Kisame betrachtete den Vogel dennoch mit offensichtlichem Misstrauen. „Ja…sie hat mir aber auch die Krallen durchs Gesicht gezogen, richtig?“, bemerkte er, was Itachi nicht leugnen konnte. „Du hast meinen Bruder bedroht…nimm es nicht persönlich.“ „Ich werde mir Mühe geben“, erwiderte der Ältere sarkastisch. Itachi nahm das mit einem kaum merklichen Lächeln zur Kenntnis, wenngleich dieses mehr an Amaterasu gerichtet war. Die Vogeldame kniff ihm zärtlich mit dem Schnabel ins Ohr, warf Kisame noch einen mahnenden Blick zu und erhob sich schließlich erneut in die Lüfte. Nur für einen Moment sah er ihr nach, wissend, dass sie immer in seiner Nähe bleiben würde, und lief dann mit seinem Begleiter weiter. „Sie ist dir wichtig, oder?“, hörte er ihn fragen und nickte unumwunden. „Ich habe sie als Jungtier gefunden. Sie war verletzt…und ich habe sie aufgepäppelt. Seitdem ist sie mir nicht mehr von der Seite gewichen.“ Damals war der Vorfall im Dorf noch nicht lange her gewesen. Ihre Anwesenheit war für ihn angenehmer gewesen, als die seiner eigenen Familie. Vielleicht hatte er Amaterasu das Leben gerettet, doch sie hatte seinen Schmerz gelindert, indem sie ihn gebraucht hatte. Wie gut es sich angefühlt hatte, sich um sie zu kümmern…ihr die Zuneigung zu geben, die er selbst wollte und brauchte, aber nicht ertragen konnte. Es war kompliziert. Er war kompliziert. Auf ihrem Weg machten sie wenige Pausen, was auch daran lag, dass sie die Dörfer am Fuße des Berges mieden. Es war nicht genügend Zeit vergangen, um die Menschen vergessen zu lassen, was geschehen war. Aus diesem Grund wählten sie zunächst die Wälder, um sicherzustellen, dass niemand Kisame erkannte. Kaum eine Menschenseele begegnete ihnen und falls doch, handelte es sich um Reisende, wie sie selbst, die ihnen keine große Beachtung schenkten. Trotzdem spannte sich Itachi jedes Mal an, musste sich zur Ruhe mahnen – vielleicht würde er sich bald daran gewöhnen, aber jetzt bereiteten ihm fremde Menschen noch Unbehagen. Die Dunkelheit war hereingebrochen, als sie sich dazu entschieden, langsam Rast einzulegen. Nachdem sie stundenlang gewandert waren, erschöpften ihre Kräfte allmählich und zudem war es wirklich spät geworden. Itachi hätte eine Nacht im Freien bevorzugt, allerdings machte ihm die Taverne, die sie dank der hellen Lampions bereits aus der Entfernung entdecken konnten, einen Strich durch die Rechnung. „Du machst dir zu viele Sorgen.“ Itachi zog die Brauen zusammen, den Mund zu einem schmalen Strich zusammengepresst, während er den Hünen dabei beobachtete, wie dieser sein mit Sake gefülltes Schälchen an die Lippen hob. Sie hatten einen kleinen Tisch in der Ecke zugewiesen bekommen, wo sie einigermaßen ihre Ruhe hatten – sofern dies möglich war. Die Geräuschkulisse konnte man nicht überhören, vor allem, da ein paar der männlichen Gäste wohl schon einiges an Alkohol konsumiert hatten. Die junge Bedienung hatte alle Mühe, den oftmals grölenden Männern gerecht zu werden und deren vulgären Sprüche zu ignorieren. Der ein oder andere versuchte sogar, sie unsittlich zu berühren…widerlich. „Und schau nicht so finster“, hörte er Kisame sagen. „Da kann man ja Angst bekommen.“ Itachi fand das nicht besonders lustig, doch sein Gegenüber schien das locker zu nehmen, trank noch einen Schluck. Wie er sich in solch einer Umgebung wohlfühlen konnte, erschloss sich ihm nicht. „Bist du sicher, dass du nicht willst?“ Itachi schnaubte. „Nein.“ „Na ja, umso mehr für mich, was?“, scherzte der Hüne, doch bei seinem Blick wurde er wieder ernst. „Falls du befürchtest, dass ich mich bald genauso benehme, wie das versoffene Pack da drüben, kann ich dir versprechen, dass das unnötig ist. Ich weiß, was ich vertrage…und ich hänge an meinem Leben.“ Itachi besänftigte das mäßig, was nicht unbedingt an Kisames Worten lag, sondern an der Tatsache, dass er sich hier fehlplatziert fühlte. Er bezweifelte, dass der Ältere das verstehen würde, weswegen er gar nicht erst damit anfing. In ihrem Clan war solch ein Verhalten nicht geduldet gewesen – es gab Regeln, die man zu befolgen hatte, wenn man nicht ausgeschlossen werden wollte. „Sonderlich kommunikativ bist du gerade nicht, hm?“ „Du wolltest hier nächtigen.“ „Und du hast dich überreden lassen.“ Das stimmte leider. Wenigstens waren die Kissen, auf denen sie saßen, bequem, zumal gerade ihr Essen kam. Das eingelegte Gemüse sah wirklich gut aus und bei Reis konnte man nicht allzu viel falsch machen. Kisame machte sich derweil über seine Portion Schweinefleisch her, während die junge Frau ihm noch mal Sake nachschenkte und dann hastig zum nächsten Tisch huschte. „Du bist jetzt aber nicht wütend, oder?“ Irritiert wandte der Uchiha den Blick von der Bedienung ab, merkte aber selbst, wie defensiv er sich verhielt, seit sie in der Taverne saßen. Verübeln konnte man ihm das vielleicht nicht, wenn man bisherige Ereignisse in Betracht zog, doch es war Kisame gegenüber unfair – das sah er ein. „…ich bin nicht wütend“, gab er ruhiger zurück. „Nicht auf dich.“ Kisame verstand, denn er drehte den Kopf für einen kurzen Moment in die Richtung der lärmenden Männer, die schon wieder die arme Frau bedrängten. Zwar wirkte diese gestresst, aber anscheinend war sie solch ein Verhalten gewöhnt, denn sie ging relativ souverän damit um. Itachi konnte dies nicht nachvollziehen, nahm allerdings an, dass ihr keine große Wahl blieb. „Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass ich mich einer Frau gegenüber niemals respektlos benommen hätte“, kam es nachdenklich von Kisame. „Wenn man jung ist, denkt man oft, dass einem die ganze Welt gehört…und man nimmt sich mehr heraus, als man sollte.“ Die hellen Raubtieraugen schweiften wieder zu ihm, die Stäbchen verharrten über der Reisschale. „Man muss erst auf die Schnauze fliegen, um zu lernen, dass es nicht so ist. Irgendwann lernt jeder Mensch seine Grenzen kennen…oder die meisten, schätze ich.“ Itachi wusste nicht genau, was er ihm damit sagen wollte…oder warum er es überhaupt sagte. Sicher, Kisame war kein Heiliger, schon weil er als Söldner sein Geld verdiente. Ihm gegenüber war er jedoch bislang mit genügend Respekt begegnet…sogar damals, auch wenn er zweifellos ruppiger gewesen war. „Du bist also auf die Schnauze gefallen?“, fragte er nach, woraufhin Kisame rau auflachte. „Mehr als einmal. Du solltest wirklich Konan kennenlernen – ich denke, ihr würdet euch gut verstehen.“ „Konan?“ Bislang hatte Kisame diesen Namen nicht erwähnt und es machte ihn neugierig. Der Hüne nickte, wirkte recht vergnügt. „Sie ist die rechte Hand vom Boss“, erklärte er ihm. „Und ich kann nur jedem raten, sie niemals zu unterschätzen oder gar zu beleidigen, weil sie eine Frau ist. Nicht nur ihre Zunge ist messerscharf…und was die Typen da von sich geben, fände sie überhaupt nicht witzig.“ Itachi hörte ihm aufmerksam zu und sein Zorn trat angesichts von Kisames Erzählungen in den Hintergrund. Nicht, weil es ihm egal war, aber diese Frau klang tatsächlich interessant. Ihm war bewusst, dass die meisten menschlichen Frauen hinter dem Mann standen, so als gehörten sie ihnen. Konan schien keine von ihnen zu sein. „In unserem Clan wurden auch Frauen im Kampf ausgebildet und wenn sie es sich verdienten, durften sie im Rat sitzen. Wir waren zu wenige, um Unterschiede zu machen...und niemand hätte es gewagt, eine Frau so zu behandeln. Es wäre nicht geduldet worden.“ Kisame hob eine Braue. „Schätze mal, eure Frauen standen euch dann in nichts nach, nicht wahr?“ Zweifellos musste er damit auch ihre besonderen Fähigkeiten meinen, aber Itachi wollte das in dieser Umgebung nicht thematisieren. Falls wider Erwarten doch jemand mithörte, könnte das ihnen Schwierigkeiten bringen. Er hätte nicht damit anfangen sollen. „Nein“, murmelte er daher abschließend und Kisame verstand. Er gab ein knappes Nicken von sich, ehe er sich wieder seiner Mahlzeit und dem Sake widmete. Itachi war nach wie vor der Meinung, dass Alkohol die unangenehmsten Seiten in Menschen wachrief. Wobei dies auch bei Madara zutraf, wenn er so darüber nachdachte. Ab und zu besorgte sich sein Onkel etwas Sake aus den Dörfern und zog sich damit an seinen Lieblingsplatz zurück. Nur selten hatten Sasuke und er ihn danach erlebt, doch er wirkte jedes Mal wie ein verwundetes Tier…aggressiv und dennoch machtlos. Es schmerzte, ihn so zu sehen. Mehr noch, weil Madara stets versuchte, der starke Teil ihrer Familie zu sein. Derjenige, der ihnen Schutz und Halt gab…obwohl er ihn oftmals selbst brauchte. „Also dann, wollen wir langsam hochgehen?“ Itachi blickte auf, als ihn Kisame nach einer Weile in die Wirklichkeit zurückholte. Sie hatten ihre Unterhaltung nicht fortgeführt, still gegessen und vielleicht war das gut so. Da sie schon im Vorfeld bezahlt hatten, hielt sie nichts mehr davon ab, das Zimmer für die Nacht zu beziehen. Itachi musterte den Hünen einen Moment lang und er konnte nicht verhehlen, dass er froh war, dass dieser noch bei Sinnen schien. Er hatte nach eigener Aussage nicht zu viel getrunken, aber Itachi konnte das schlecht beurteilen. Dass der Hüne weder lallte, noch sich ähnlich peinlich benahm, wie die Gruppe Männer ein paar Tische weiter, war aber wohl ein gutes Zeichen. „Ist gut“, antwortete er ihm und erhob sich. Dass sie dabei an diesen widerlichen Menschen vorbei mussten, war leider unvermeidbar. Die veranstalteten immer noch ziemlichen Lärm, schienen nicht müde zu werden. Nun, Itachi hätte es ignorieren können – wenn ihn nicht plötzlich jemand grob zur Seite geschubst hätte. Er konnte sich gerade noch so halten, fuhr verärgert herum; er hatte den Stoß nicht kommen sehen und sich dementsprechend erschrocken. Anstatt einer Entschuldigung wurde er von dem fremden Mann jedoch nur spöttisch gemustert. Der Geruch nach Alkohol machte es Itachi schwer, nicht das Gesicht zu verziehen, doch er riss sich zusammen. Nein, er würde sich nicht provozieren lassen, ihn am besten einfach stehen lassen…doch da packte der Fremde schon sein Handgelenk. „Ent…schullige disch…s‘u Schlampe!“, lallte ihn der Mann an und zog ihn ruppig zurück. Seine Kumpanen am Tisch klatschten und johlten, als würden sie ihnen eine Show darbieten. Itachi spürte, wie ihm heiß und kalt wurde. Es waren Sekunden, in denen er sich wie gelähmt fühlte…und das Szenario von damals drohte wieder aufzuleben. Das Lärmen der Menge, die Berührungen, die wie Feuer auf seiner Haut brannten. Ihm wurde schwindelig, sein Magen verkrampfte sich…nein. Nicht schon wieder. Niemals wieder. Er schluckte die Angst herunter, versuchte, sich zu beherrschen. „Lass mich los“, verlangte er mit einer Schärfe in der Stimme, die deutlich machte, dass dies die letzte Warnung war. Der Mann lachte nur, schien sich sein letztes bisschen Verstand bereits weggesoffen zu haben. „Von so’nem…Schöns‘ling...lasch ich mir nis sag’n!“, brummte er und riss ihn so grob herum, dass Itachi erneut ins Taumeln geriet. „Komma her…isch bring dir Benehm‘ bei!“ Siedend heiß kochten die Erinnerungen erneut in ihm hoch und diesmal konnte er sie nicht verdrängen. Kisame hinter ihm sagte irgendetwas. Zu ihm? Zu dem Mann? Er konnte es nicht verstehen, da das Rauschen in seinen Ohren alle anderen Geräusche übertönte… Sie zerrten an ihm, an seinen Armen, seinen Haaren, schliffen ihn runter…er war blind, gefesselt. Wehrlos. Beleidigungen flossen nur so aus ihren Mündern, raue Männerstimmen, die ihm jetzt schon androhten, was ihn erwarten würde. Da war nur noch Angst. Doch es scherte niemanden, wie er sich fühlte. Weil er nicht als Mensch anerkannt wurde...und dementsprechend verfuhr man auch mit ihm… Es reichte endgültig, seine Beherrschung verabschiedete sich und er fühlte nur noch brennenden Hass. Sein Körper glühte, spannte sich an, seine Finger zuckten…die Temperatur im Raum schien anzusteigen. Er würde sich nie wieder so behandeln lassen. Nie wieder! Bevor er jedoch jemanden verletzen konnte, kassierte der Kerl einen so heftigen Schlag von der Seite, dass er stöhnend auf dem Boden zusammenbrach. Blut floss ihm aus Mund und Nase, ließ ihn sich die Hände aufs Gesicht pressen und sich fluchend zusammenrollen. Itachi spürte, wie der heiße Zorn aus seinem Körper wich und lediglich Verwirrung übrig blieb. Plötzlich herrschte unangenehme Stille im Raum. Selbst die Männer am Tisch hatten aufgehört zu lärmen, starrten perplex auf ihren verletzten Kameraden – glücklicherweise schien ihn keiner rächen zu wollen, denn niemand von ihnen erhob sich. Itachi schaute zu Kisame, welcher den Blick einmal herausfordernd durch den Raum schweifen ließ. „Räumt mal einer den Dreck weg?!“, grollte er, doch keiner rührte sich. Anscheinend wollte sich keiner mit dem Hünen anlegen – obwohl Itachi zweifellos die größere Gefahr darstellte. Keiner dieser Menschen begriff, dass Kisame soeben etwas wirklich…Fatales verhindert hatte. „Komm schon!“, wurde er von diesem angeraunzt. Grob umfasste er Itachis Handgelenk und zog ihn konsequent von den gaffenden Leuten weg. Der Uchiha stolperte ihm ohne Widerworte hinterher, wehrte sich nicht gegen den Griff. Die Vorstellung, was er eben beinahe angerichtet hätte, beschämte ihn zu sehr. Die Tür schloss sich hinter ihnen und er fing sich einen finsteren Blick seines Begleiters ein, welcher sich vor ihm aufbaute und die Arme verschränkte. „Was sollte das gerade werden, he?“, knurrte Kisame ihn an und Itachi schluckte. Dass ihn der Hüne plötzlich so anging, verunsicherte ihn, trotzdem er dessen Wut nachvollziehen konnte…andererseits hatte er ja nicht ohne triftigen Grund so reagiert. „Ich wollte-“ „Die ganze Hütte abfackeln?“, half Kisame grimmig nach. „…mich verteidigen“, schloss Itachi leise. Kisame seufzte entnervt, schüttelte den Kopf. „Der Typ war total betrunken, da hätte ein Kinnhaken gereicht. Hast du doch gesehen“, murrte er und klang dabei, als müsste auch er sich beherrschen. „Du warst kurz davor, deine Teufelskräfte einzusetzen. Die Luft um dich herum hat schon…so seltsam geflimmert…“ Itachi konnte dies nicht leugnen und auch, wenn er einsah, dass er sich falsch verhalten hatte – er hatte es nicht kontrollieren können. Vielleicht hatte Madara ja Recht gehabt, dass es ihm nicht möglich war, sich unter Menschen aufzuhalten. Der Gedanke ließ Verbitterung und Trotz in ihm aufkeimen, so dass er Kisame mit rotgefärbten Augen anfunkelte. Sein Gegenüber wich seinem Blick nicht aus, so wie es die meisten vermutlich getan hätten, sondern hielt ihm stand. „Du hast nie in meiner Haut gesteckt“, erwiderte Itachi eisig. „Du hast nicht erlebt, was ich erlebt habe. Für mich ist es nicht so einfach, rational zu handeln…ich bemühe mich, aber bei solchen Menschen…“ Er verstummte für einen Moment, fand nicht die richtigen Worte, die beschrieben, was in ihm vorging. Tief atmete er durch, wobei sich seine Augen langsam wieder dunkel färbten. In Kisames verbissener Mimik regte sich nichts, er schien zu überlegen, die Raubtieraugen fest auf ihn gerichtet. „…du hast gesehen, was sie an jenem Tag mit mir gemacht haben“, entkam es ihm schließlich erschöpft. „Und das war alles, an das ich gerade denken konnte.“ Es bereitete ihm Magenschmerzen, dies Kisame gegenüber einzugestehen, obwohl er so sehr versuchte, seine negativen Gefühle nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Die Wahrheit war jedoch, dass es ihm manchmal schwer fiel, nicht einfach die ganze Welt zu verfluchen…so wie es sein Onkel tat. Es war so viel leichter zu hassen, als den Teufelskreis durchbrechen zu wollen. Abermals hörte er Kisame seufzen, doch der Uchiha hatte den Blick abgewandt, sah zu Boden. „Ich erwarte nicht von dir, dass du jede Situation im Griff hast, Itachi…ich meine, wer hat das schon? Das Problem bei der Sache ist, dass so ein Ausrutscher wie eben dafür sorgen kann, dass sich ein Vorfall wie damals wiederholt...und das weißt du selbst am besten.“ Itachi wusste nicht, ob Kisame darauf eine Antwort brauchte, aber es wäre ihm gerade ohnehin nicht über die Lippen gekommen. „Du hast Recht. Ich stecke nicht in deiner Haut…aber du hast dich entschieden, mit mir zu kommen. Würdest du mir nicht ein bisschen vertrauen, hättest du dich nie darauf eingelassen.“ Er zuckte zusammen, als der Hüne eine seiner Hände nahm, diese mit seiner viel größeren umschloss. Die Berührung war anders als vorhin, nicht zu vergleichen...und er widerstand dem ersten Impuls, sie ihm zu entziehen. Er hob den Blick wieder, begegnete Kisames, während er mit einem Mal eine ganz andere Hitze spürte. „Ich weiß, dass du dich verteidigen kannst. Wenn du wolltest, könntest du die Hütte mitsamt allen Menschen darin einfach in Flammen aufgehen lassen…aber das willst du gar nicht, nicht wahr?“ Itachis Herz begann zu rasen und er konnte nicht genau bestimmen, ob es an Kisames Worten oder seinen Händen lag, die sich nun beide um seine Rechte schlossen. Ein Kopfschütteln war alles, was er von sich geben konnte. Seltsamerweise fühlte er sich nicht einmal bedrängt, eher…nervös. „Warum fängst du nicht an, dich ein bisschen mehr auf mich zu verlassen?“, fragte der Hüne ernst. Was er sagte, klang, als würde ihn das keine Überwindung kosten. Andererseits…was wäre geschehen, wenn er sich nicht eingemischt hätte? Sicherlich etwas, das Itachi nun zutiefst bereut hätte. Er senkte den Blick auf seine Hand, die in den warmen Pranken des Hünen lag, und er konnte nicht verhindern, dass er ruhiger wurde. „Ich werde es versuchen“, versprach er und schaute wieder zu ihm auf. „Erwarte nur nicht zu viel.“ Kisames scharfe Zähne blitzten hervor, als sich sein Mund zu einem breiten Grinsen formte. Der Griff festigte sich noch einmal, bevor er ihn wieder losließ. Itachi ertappte sich unweigerlich dabei, dies zu bedauern…nicht, dass er es in irgendeiner Weise zeigte. „Ich nehme dich beim Wort!“, warnte Kisame ihn mehr scherzhaft, ehe er sich umwandte. „Und jetzt lass uns die Futon aus dem Schrank holen. Wenn wir morgen früh los wollen, sollten wir langsam mal Schlaf kriegen.“ Dagegen war nichts einzuwenden, schließlich hatten sie noch einen langen Weg vor sich. Den ersten Tag hatte er hinter sich gebracht und sah man von der kleinen Eskapade zwischendurch ab, war der gar nicht so schlecht gelaufen. Es konnte nur besser werden…hoffte er jedenfalls. Kapitel 13: Unentdecktes Land ----------------------------- Eigentlich konnte Kisame nicht von sich behaupten, ein Langschläfer zu sein. Im Gegenteil, denn bei einem Leben wie seinem war es von Vorteil, wenn man achtsam blieb. Dass er seine Missionen seit dem letzten Jahr mit Suigetsu bestritten hatte, änderte nichts daran – auch wenn er dem Jungen vertraute. Allerdings war dieser eben noch ein halbes Kind und obwohl es ihm nicht an Talent mangelte, fehlte es ihm an Erfahrung. Er war impulsiv und vorlaut, trotzdem Kisame und Zabuza ihn von allen am besten im Griff hatten. Möglicherweise lag das daran, dass er ähnlich aufgewachsen war, wie sie beide und zudem noch aus derselben Gegend kam. Ob es dem Bengel gut ging? Hoffentlich stellte der während seiner Abwesenheit keine Dummheiten an…wobei sich Pain und Konan schon um ihn kümmern würden. Er atmete durch, verdrängte den Gedanken daran, als er sich auf die Seite drehte…und feststellte, dass der Futon neben ihm leer war. Seine kurzzeitige Befürchtung, sein Begleiter könnte es sich anders überlegt haben und verschwunden sein, stellte sich im nächsten Moment als unnötig heraus. Der Uchiha stand mit dem Rücken zu ihm am Fenster, schien sich den Sonnenaufgang anzusehen. Goldene Strahlen durchzogen den rötlich gefärbten Himmel und tauchten das Zimmer in warmes Licht. Erst auf den zweiten Blick fiel ihm der schwarze Vogel auf, der neben dem Uchiha auf dem Fenstersims saß und sein Gefieder putzte. Anscheinend stimmte es, dass die Krähe niemals gänzlich von seiner Seite wich. Kisames Blick verharrte für einige Sekunden auf Itachis dunklen Haaren, die offen über seinen Rücken fielen. Sie wirkten länger, erinnerten an schwarze Seide…und sicher zog er damit den Neid einiger Frauen auf sich. Ein wenig bedauerte er, dass der andere wieder komplett bekleidet war und auch am Abend zuvor sein Untergewand getragen hatte. Kisame konnte eine gewisse Neugierde bezüglich Itachis Körpers nicht verhehlen; ob ihm viele Narben von damals geblieben waren? Er selbst war gezeichnet gewesen, schon bevor sie ihn in diesem Kerker gefoltert hatten, doch sie machten ihn aus, beschrieben sein Leben genauso, wie seine Muskeln, die er durch hartes Training geformt hatte. Sicher hatte auch Itachi unter seinem Onkel trainieren müssen, trotzdem er sogar in der weiten Kleidung schlank wirkte. Es wäre wahrlich interessant, einmal gegen ihn zu kämpfen und seine Stärke zu testen. Vermutlich hatte er seinen Blick gespürt, denn er sah plötzlich über die Schulter zu ihm, wobei seine Haut durch die Sonnenstrahlen heller wirkte, einen noch stärkeren Kontrast als sonst bildete. Die schwarzen Augen mit ihren dichten Wimpern funkelten ihm aus seinem ebenmäßigen Gesicht entgegen – doch wenn man genau darauf achtete, fiel die kleine Narbe an der rechten Wange auf. Dort, wo man ihn mit der Eisenzange geschlagen hatte. Nicht, dass ihn dies unansehnlich gemacht hätte. Kisame kannte kaum Männer, die man als schön bezeichnen konnte; Itachi gehörte zweifellos dazu. Ob ihm das überhaupt bewusst war? Vermutlich nicht, nach allem, was ihm widerfahren war, und sicher machte er sich über so etwas Banales keine Gedanken. Das unangenehm laute Krächzen des Vogels ließ ihn beinahe zusammenzucken und er kam nicht umhin, diesen im Stillen zu verwünschen. Die Krähe war ihm nach wie vor suspekt und dem Blick nach viel intelligenter, als er es so einem Viech zugetraut hätte. Er setzte sich kurzerhand auf, fuhr sich durch die Haare, die im Gegensatz zu denen seines Begleiters wirr abstanden. „Du scheinst gut geschlafen zu haben.“ Kisame schnaubte auf die Aussage hin, da er dies nicht deuten konnte. „Machst du mir einen Vorwurf?“, fragte er daher, woraufhin der Uchiha eine Braue hob. „Ich nahm an, deine Wunden würden dich daran hindern.“ „Ah…nein, die brennen nur leicht…oder jucken. Nichts, was man nicht aushalten kann.“ Schließlich hatte Itachi ihn lange genug mit seinen Kräutern behandelt, aber er wollte sich über seine Sorge nicht beschweren. Er blickte über die Schulter zu seinem entblößten Rücken, doch viel konnte er natürlich nicht erkennen, nur ein paar wulstige Striemen im oberen Bereich. „Sieht es so schlimm aus?“, fragte er betont locker, woraufhin Itachi zögerte. Offenbar wusste er nicht, was er antworten sollte, kam dann unerwartet näher, um hinter ihm Platz zu nehmen. Mit kritischem Blick betrachtete er seinen Rücken, neigte dabei leicht den Kopf. Kisame schauderte, kaum dass ihn die Fingerspitzen für einige Sekunden streiften…so sanft, dass es ihn nicht schmerzte. „…deine Haut ist noch sehr empfindlich, aber sie wird heilen“, hörte er ihn murmeln. „Und…nein. Es sieht nicht schlimm aus. Nicht mehr.“ Kisame kam nicht umhin zu schmunzeln, während er seinen Blick über die Schulter erwiderte. „Das sagst du nur, weil du meine Gefühle nicht verletzen willst – gib es zu!“, feixte er, erntete jedoch lediglich einen verwirrten Ausdruck. „Uhm…eigentlich…“ „Schon gut“, wiegelte der Hüne ab und streckte sich einmal mehr. „Das war ein Scherz…wohl kein besonders guter, was?“ „Nicht wirklich.“ „Na, immerhin bist du ehrlich“, meinte er bloß und wandte sich dann um. „Anziehen, frühstücken und weiter?“ Itachi gab ein Nicken von sich, erhob sich ebenfalls wieder. Auch wenn der Uchiha fürs Erste genug Geld bei sich trug, mussten sie sich etwas für die weiteren Tage überlegen. Schließlich besaß er nicht mal eine Waffe und Pferde wären sicher auch keine schlechte Idee, wenn sie nicht ewig brauchen wollten. Wobei eine Verzögerung ihrer Reise vielleicht praktisch war, um Itachi davon abzuhalten, direkt wieder kehrtzumachen. Nun gut, er würde sein Wort in jedem Fall halten. Eine andere Wahl blieb ihm ohnehin nicht. Schon wieder hatte sie sich allein auf den Weg gemacht und sie war sicher, dass Tsunade sie dafür vierteilen würde, fände sie es heraus. Sakura seufzte leise, während sie sich dem Treffpunkt näherte. Naruto war mal wieder zu spät, aber das war ja typisch. Warum wunderte sie sich überhaupt noch? Genervt setzte sie sich auf einen größeren Stein, stellte ihren Korb auf dem Boden ab. „Hm…“ Unweigerlich musste sie an den jungen Mann zurückzudenken, den Ino und sie am Fluss gesehen hatten. Ob er hier irgendwo lebte? Oder kam er womöglich aus dem Dorf? Sie hatte jemanden wie ihn noch nie gesehen, da war sie ganz sicher. Seine Haut war so blass gewesen, ganz anders als Narutos von der Sonne gebräunte Haut…ob er wohl aus einem Adelshaus stammte? Aber dann würde er sich doch sicher nicht ganz allein und ohne Wachen in den Wald trauen? Schon gar nicht, um sich zu waschen. Sie stützte die Ellenbogen auf ihren Beinen ab und stützte das Gesicht auf ihre Handflächen, während ihr ein sanfter Luftzug durch die langen Haare fuhr. Tsunade schimpfte immer mit ihr, dass ihre Mähne sie nur am Kämpfen hindern würde und sie sie sich gefälligst zusammenbinden sollte, doch ein bisschen Eitelkeit wollte sich die junge Frau bewahren. Sie war schon nicht mit besonders weiblichen Rundungen gesegnet, da wollte sie wenigstens durch ihre langen, gepflegten Haare auffallen. Ob der Junge nur Ino angeschaut hatte? Das war ja meistens der Fall und das nicht bloß, weil ihre Freundin ausgesprochen hübsch war, sondern auch ihrer einnehmenden Persönlichkeit wegen. Ino kannte einfach kein Schamgefühl und redete so, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Sakura kannte sie schon so lange und seit frühster Kindheit hatte sie sich gewünscht, ein bisschen mehr wie Ino zu sein. Der Gedanke rief unweigerlich Neid in ihr hervor, doch sie besann sich; vermutlich würde sie diesen Jungen niemals wiedersehen, warum sich also verrückt machen für etwas, das sich nicht lohnte. Auch wenn sie ihn schon gern kennengelernt hätte… Sie hielt inne, als sie aus dem Augenwinkel erkannte, dass sich etwas im Geäst bewegte. Sofort war sie auf den Beinen, die Finger um ihren Dolch geklammert. „Naruto?“, rief sie den Namen ihres Freundes. Erlaubte er sich wieder einen Scherz mit ihr? Sie leckte sich die trockenen Lippen, als keine Antwort folgte. Dann passierte es wieder…ein Rascheln…und sie fuhr zusammen, als der nachtschwarze Rabe aus der Baumkrone stürzte. Mit einem Aufschrei duckte sie sich, wich damit den scharfen Krallen aus, welche knapp über ihren Kopf hinwegrasten. Erschrocken und empört zugleich sah sie dem Vogel nach, der mit schnellen Flügelschlägen aus ihrer Sicht verschwand. Was war denn das für ein merkwürdiges Tier gewesen? Sicherlich wusste sie, dass Raben gefährliche Vögel waren, aber noch nie hatte solch einer gezielt angegriffen. Allmählich spielten wohl wirklich alle verrückt… Sakura schnaubte, wollte sich wieder setzen, als es erneut passierte…ein Schatten…sie fuhr herum, doch da war er schon wieder verschwunden. Instinktive Furcht fuhr ihr in die Glieder und sie trat einen Schritt zurück. „Naruto? Naruto, wenn das ein Scherz ist…das ist nicht witzig!“ Sie versuchte sich selbst Mut zu machen, indem sie lauter wurde, doch niemand antwortete ihr. Vielleicht hätte sie doch nicht allein rausgehen sollen…wo blieb ihr Freund denn nur? Sie waren doch verabredet gewesen! War er aufgehalten worden? War ihm etwas passiert? „So ein Mist!“, entfuhr es ihr, ehe sie langsam ein paar Schritte zurückmachte. Nur nicht die Nerven verlieren, so schwer es ihr fiel. Den Korb ließ sie einfach stehen, es war nicht länger wichtig, denn sie war hier nicht allein und sie fühlte es deutlich. Wenn Naruto sich nicht mehr meldete, würde sie ihn später suchen – und ganz sicher nicht allein. Jetzt saß ihr die nackte Angst im Nacken…irgendjemand verfolgte sie, auch wenn sie niemanden erblickte. Sie fühlte ihn…hörte ihn…und es war ein schreckliches Gefühl. Ein Keuchen entkam ihr, als sie über eine Wurzel stolperte und sich die Knie beim Fallen aufscheuerte. Sie rappelte sich wieder auf, fluchte unterdrückt, ehe sie erstarrte. Vor ihr…direkt vor ihr stand jemand. Sie taumelte zurück, packte den Dolch fester, bereit, sich zu verteidigen. Diese Augen…sie kannte diese Augen, hatte sie schon einmal gesehen. Tiefschwarz…und ein Feuer schien in ihnen zu brennen. Eines, das sich ausbreitete, bis diese bedrohlichen Augen blutrot funkelten. Ihr Hals fühlte sich wie zugeschnürt an, sie bekam kaum noch Luft. Wie gelähmt starrte sie in diese Augen, gab nur noch erstickte Laute von sich…und dann spürte sie, wie sie nach hinten kippte, einer Puppe gleich. Der Dolch glitt ihr aus der Hand, kam noch vor ihr auf dem Boden auf. Schwärze breitete sich aus, raubte ihr das Bewusstsein. Gegen Nachmittag kamen sie im nächsten Dorf an, wobei sie allmählich weit genug entfernt von dem Unglücksort, an dem er um ein Haar sein Leben gelassen hätte, waren. Sein Gesicht war leider recht markant und blieb damit wunderbar im Gedächtnis hängen, was für einen Söldner deutlich ungünstig war. Er warf einen Blick zu dem Uchiha, der neben ihm schritt, dabei in seine Gedanken versunken schien. Sie hatten die letzten Stunden relativ schweigsam hinter sich gebracht, seitdem sie nach dem Frühstück aufgebrochen waren. Diese seltsame Krähe hatte sie die ganze Zeit über begleitet, auf Itachis Schulter gethront und dabei alles im Auge behalten, doch nun spreizte sie die Flügel und erhob sich unter lautem Krächzen in den Himmel. Beinahe so, als wüsste sie, dass die Menschen ihre Anwesenheit als schlechtes Omen deuteten. Der Vogel war eindeutig zu intelligent für ein Tier. Kisame hoffte, dass es hier ein Gasthaus für Reisende gab, aber davon ausgehen konnten sie nicht. Die vielen Felder auf denen die Leute arbeiteten, ließen jedoch noch auf andere Möglichkeiten schließen. Zuerst einmal sollten sie sich wohl vorstellen, denn in solch einem Kaff kannte man sich für gewöhnlich. Fremde sorgten höchstens für Misstrauen…und bevor jemand die falschen Schlüsse zog… „Du willst hier bleiben?“ Er warf einen Blick zu dem Uchiha, der in Richtung Dorf schaute, dabei keine Regung zeigte. Schon am letzten Abend hätte sein Begleiter eine Nacht im Wald vorgezogen, was ihn keineswegs wunderte. „Wenn sich uns die Gelegenheit bietet, ja, dann sollten wir bis zum Morgen bleiben.“ Fast rechnete Kisame mit einem Gegenvorschlag, doch zu seiner Verwunderung nickte Itachi. „Einverstanden.“ Er blinzelte, glaubte, sich verhört zu haben. „…ach echt?“, entkam es ihm verdutzt, was Itachi seufzen ließ. „Dazu bin ich mitgekommen…richtig?“ „Eh…ja…schon.“ Dennoch hatte er nicht erwartet, dass sich der Uchiha widerspruchslos einem ganzen Dorf voller Fremder stellen würde. Verlangte er zu viel? Andererseits konnte es kaum schlimmer als in der Taverne werden und selbst da hatten sie die Situation unter Kontrolle gebracht. Anscheinend meinte Itachi es ernst, dass er versuchen wollte, sich mehr auf ihn zu verlassen. „Na gut, dann lass uns mal schauen, an wen wir uns hier wenden können…“ Kisame musste einige Stunden später zugeben, dass ihn das Teufelskind verblüffte. In der vorigen Nacht wäre die Taverne um ein Haar in Flammen aufgegangen, weil ihn so ein Schwachkopf angepöbelt hatte…und nun saß er dort oben, auf einem der Dächer, um dieses mit neuem Stroh auszubessern. Geschickt war er anscheinend, so schnell wie er sein vorrübergehendes Handwerk begriffen hatte – möglicherweise war dies auch nicht das erste Mal, dass er so etwas tat? Unweigerlich fragte er sich, wie sehr Itachi dort oben in seinem Gewand schwitzen musste, denn die Sonne begann sich erst jetzt zurückzuziehen, hatte sie den ganzen Tag bei der Arbeit begleitet. Zwar herrschten noch keine sommerlichen Temperaturen, doch die Anstrengung reichte aus, um ihnen warm werden zu lassen. Kisame wandte den Blick ab und richtete ihn wieder auf den Heuwagen, den er als Letztes hatte reparieren dürfen. Ein Rad war gebrochen gewesen, die Achse dadurch schief geraten, doch nun sah es recht ordentlich aus, wenn man bedachte, dass dies nicht sein Tageswerk war. Immerhin würden sie für ihre Unterstützung einen Schlafplatz beziehen können – und ein Mahl war ihnen auch versprochen worden. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, denn trotzdem er nur noch seine Hosen trug, spürte auch er die Anstrengung. Zwar hatte der ein oder andere Dörfler seinen zugerichteten Rücken gemustert, aber darauf angesprochen hatte ihn niemand. Nicht, dass er das erwartet hätte. „Wenn dein Freund dort oben fertig ist, könnt ihr euch mit dem Brunnenwasser waschen.“ Er neigte den Kopf ein wenig, als ihn die Stimme des alten Mannes aus den Gedanken riss. Abermals wurde er für einen Moment gemustert, ehe sich die scharfen, grauen Augen dem Heuwagen widmeten. Er machte einen Schritt darauf zu und klopfte mit seinem Gehstock auf das Rad, welches zu Kisames Glück nicht nachgab. „Besser als erwartet“, brummte der Alte mit dem schütteren Haar. „Wie vereinbart, könnt ihr die Scheune für die Nacht beziehen. Mein Weib wird euch nachher etwas zu essen bringen.“ Nun, mehr konnte man hier wohl auch kaum erwarten, wenn er bedachte, wie wenige Hütten es für die Anzahl von Menschen gab. Es war ein kleines Dorf, wie dafür gemacht, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, immerhin stellten sie beide günstige Arbeitskräfte dar, die schnell wieder verschwanden. „Habt Dank“, erwiderte er, doch der alte Mann hatte sich bereits abgewandt. Kisame blickte ihm nicht lange hinterher, sondern fixierte den Uchiha, der gerade vom Dach stieg, anscheinend fertig geworden war. Wenn er erschöpft war, verbarg er das jedenfalls gut, denn er wankte kein bisschen, rieb sich lediglich den Nacken. „Der Alte ist zufrieden“, teilte er ihm mit. „Wenn wir uns gewaschen haben, gibt es was zu essen.“ Ein knappes Nicken folgte von dem Jüngeren, der noch mal prüfend zum Dach sah, ehe er ihm zum Brunnen folgte. Kisame fragte sich unweigerlich, ob er sich auch dieses Mal genieren würde, obwohl die Dämmerung eingesetzt hatte und es in Kürze dunkel sein würde. Generell hatte Itachi den Tag über wenig gesprochen, war nur für kurze Pausen vom Dach gestiegen – vermutlich, weil man ihn dort oben in Ruhe gelassen hatte. Der Brunnen stand etwas abgelegener im Hof, sodass sie zumindest ein bisschen Privatsphäre hatten, was ihnen beiden ganz gelegen kam. Er kehrte dem anderen den Rücken, während er den Eimer am Seil hinunter ließ, um ihn gefüllt hochzuziehen. „Hätte nicht gedacht, dass du da so zielstrebig ran gehst“, brach er die Stille unvermittelt. Itachi antwortete nicht sofort, man vernahm bloß die Geräusche des Eimers, den er hochzog. Das kalte Wasser ließ den Hünen schaudern, kaum dass er es sich über Kopf und Körper gekippt hatte. Die Tropfen flogen aus seinen Haaren, als er sich schüttelte, dann den Eimer erneut in den Brunnen sinken ließ. „Madara konnte es sich nicht leisten, uns zu schonen“, hörte er Itachi murmeln. „Wir haben von Anfang an mitangepackt.“ Geschadet hatte es den beiden nicht, wie Kisame fand, zumal das in den meisten Familien der Fall war – von wohlhabenden Leuten einmal abgesehen. Er drehte sich zu dem Uchiha um, wollte diesem den Eimer reichen, hielt jedoch inne. Itachi hatte das Gesicht zur Seite gedreht, den Blick fest auf die Behausung ihrer Gastgeber gerichtet, wobei seine Finger langsam das Gewand, das ihn obenrum bekleidete, öffneten. Trotzdem es sich nicht gehörte, konnte er sich nicht abwenden, musterte die Haut, die allmählich freigelegt wurde. Wie erwartet, war der Uchiha unter der weiten Kleidung schlank, aber nicht dünn, die Brust gut definiert. Ohne ein gewisses Training konnte man nicht so drahtig aussehen, das wusste Kisame aus eigener Erfahrung. Er bezweifelte nicht, dass er stämmigere Gegner mit der richtigen Taktik überwältigen konnte und es machte ihn noch interessanter. Die Narben fielen Kisame erst auf den zweiten Blick auf, auch wenn sie eigentlich nicht zu übersehen waren. Einige stachen deutlicher hervor als andere, doch er hatte in seinem Leben schon Schlimmeres gesehen; es schreckte ihn nicht. Jedenfalls bis Itachi den Stoff komplett zu Boden fallen ließ und ihm den Eimer aus der Hand nahm, wobei der Hüne einen Blick auf seinen Rücken werfen konnte. Plötzlich kam ihm der hässliche Gedanke, dass Itachi möglicherweise schon vor seiner öffentlichen Hinrichtung gefoltert worden war. Diese Narben unterschieden sich von denen auf Brust und Armen, wirkten nicht, wie ungezügelte Peitschenhiebe. Nein, da war jemand mit kalkulierter Grausamkeit vorgegangen. Er löste den Blick von den Wunden, als sich der Uchiha mit dem kalten Wasser übergoss, dabei nicht mal zusammenzuckte. Tropfen perlten aus seinen Haaren, liefen ihm übers Gesicht, das noch starrer als sonst wirkte. Zweifellos musste Itachi bemerkt haben, wie er ihn angesehen hatte…und vielleicht war das der Grund für die seltsame Spannung zwischen ihnen. Kisame selbst konnte mit seinen Narben leben, akzeptierte sie als einen Teil von sich, der seinen Weg beschrieb. Allerdings waren die meisten dieser Narben Kämpfen entsprungen oder der Strafen für seine Taten als Söldner. Itachis Narben waren anderen Ursprungs und vermutlich verabscheute er sie bis heute. Anstatt etwas zu sagen, griff er nach einem der Leinentücher, die über dem Brunnen hingen, und legte es dem Uchiha um die Schultern. Dieser sah ihn für einen Moment auf eine Weise an, die er nicht deuten konnte, ehe er sich kommentarlos abzutrocknen begann. Manchmal war Schweigen eben doch Gold, kam es Kisame in den Sinn, während er sich eines der Tücher nahm. „Die Menschen, zu denen ich dich begleite…wie sind sie?“ Eigentlich hatte Kisame nicht damit gerechnet, dass der Uchiha noch ein Gespräch beginnen würde. Nach ihrem Mahl hatten sie sich auf den Dachboden der Scheune zurückgezogen, wo sie nächtigen würden. Das Stroh, auf dem sie lagen, pikste gelegentlich durch die Decken, die man ihnen gegeben hatte. Kisame hatte die Arme hinterm Kopf verschränkt, während er auf dem Rücken lag und eine Spinne dabei beobachtete, wie sie ihr Netz zwischen den Dachbalken webte. „Nun…speziell trifft es wohl am besten“, antwortete er bedächtig. Itachi, der ihm gegenüber lag, sagte eine Weile nichts dazu, doch dann vernahm Kisame das Rascheln von Stroh. Der Jüngere setzte sich auf, die Decke dabei um seinen halb entblößten Körper geschlungen und in seinen dunklen Augen funkelte Interesse. Wenn Kisame ehrlich war, war ihm das weitaus lieber, als diese erschreckende Leere. „Von Konan habe ich dir ja schon erzählt. Sie hat Akatsuki zusammen mit unserem Boss gegründet“, begann er und setzte sich dabei ebenfalls auf. „Akatsuki?“ „Unter diesem Namen nehmen wir unsere Aufträge an…doch darüber sollten wir jetzt nicht reden.“ Wer wusste schon, ob sie nicht jemand belauschte, auch wenn Kisame seiner Wahrnehmung vertraute. Außerdem hielt sich dieser schwarze Aasgeier sicher in der Nähe auf und würde Alarm schlagen, wenn sich jemand in die Scheune schlich. Itachis Worten nach zu urteilen, war sie ja seine persönliche Leibwache. „Unser Boss wird von allen Pain genannt. Nur Konan spricht ihn mit seinem richtigen Namen an…aber die kennen sich auch schon eine halbe Ewigkeit. Er ist anders, als du es vielleicht erwartest…hab noch nie mitbekommen, dass er aus der Haut fährt oder so. Sind beide ziemliche Eisblöcke.“ Kisame machte eine kurze Pause, doch Itachi stellte keine Fragen, schaute ihn nur weiterhin aufmerksam an. „Kakuzu ist nicht nur das älteste Mitglied, sondern auch der Älteste von uns. Er ist Mitte 40 und permanent schlecht gelaunt – frag mich nicht, warum das so ist. Er kann besser mit Geld umgehen, als mit Menschen, aber na ja…Hidan stört es anscheinend nicht. Hidan ist sein Partner und…ich weiß nicht, wie ich ihn beschreiben soll. Verrückt, laut…und oft ziemlich vulgär. Der hat Sprüche drauf, da fällt einem alles aus dem Gesicht, im Ernst. Vor allem wenn er sich mit Deidara oder Suigetsu in die Haare bekommt – die sind ungefähr im selben Alter, muss daran liegen. Alle recht temperamentvoll, aber im Allgemeinen kommt man gut mit ihnen klar.“ Itachis Blick und die gerunzelte Stirn machten deutlich, dass er daran zweifelte, doch er äußerte sich nach wie vor nicht. „Suigetsu ist mit 15 Jahren der Jüngste von uns und er ist meistens mit mir unterwegs. War er auch, bevor du mich da rausgeholt hast…“ „Du hast ihm die Flucht ermöglicht.“ Kisame stutzte, als er das hörte, und setzte sich auf, um Itachi direkt ansehen zu können. Stimmte ja…er hatte den Vogel auf ihn angesetzt. An Zufälle konnte er hier nicht mehr ausschließlich glauben. Inwieweit konnte Itachi mit dem Tier kommunizieren, dass er so etwas wusste? Dubios… „Es hätte nichts gebracht, hätten sie uns beide erwischt…und er ist jünger als ich.“ „Für jemanden, der sich nicht für einen guten Menschen hält, triffst du recht selbstlose Entscheidungen“, bemerkte der Uchiha und brachte ihn damit zum Verstummen. Selbstlos sollte er sein? So hatte man ihn auch noch nicht bezeichnet und falsch war es definitiv. Ein sarkastisches Grinsen legte sich bei dem Gedanken auf seine Lippen, ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Suigetsu kommt aus meiner Gegend und ist vorher mit seinem älteren Bruder umhergezogen – bis der ums Leben kam. War mehr Zufall, dass er bei uns aufgekreuzt ist...und es hat gedauert, bis er uns vertraut hat, aber mittlerweile hat er sich ziemlich gemacht. Ist hartnäckig, der Kurze, deswegen hoffe ich, dass ihn Pain und Konan davon abgehalten haben, nach mir zu suchen.“ So wie er Suigetsu kannte, würde der seinen Tod nämlich nicht einfach akzeptieren, und da Zabuza zurzeit im Gebirge auf Mission war, konnte der ihm auch keine Vernunft einbläuen. Nicht, dass er Konans Durchsetzungsvermögen infrage stellte, doch es war Fakt, dass Suigetsu zu ihnen beiden am meisten aufsah. „Weißt du, er spielt sich oft so auf, als würde er niemanden brauchen, ist rotzfrech…na ja, ich kenne ihn besser und denke daher, dass er nicht einfach die Füße stillhalten kann.“ Itachi neigte ein wenig den Kopf, maß ihn mit einem nachdenklichen Blick. Vielleicht erinnerte ihn die Beschreibung von Suigetsu an seinen Bruder, der ja alles versucht hatte, um ihn an dieser Reise zu hindern. Zwar würde Kisame niemals mit Sasuke warm werden, doch er verstand, dass die beiden eine starke Bindung teilten. „Wie auch immer“, lenkte er ein und ließ einmal den Nacken knacken, rieb sich diesen. „Falls du dir Sorgen machst, dass sie dich eigenartig finden…die kann ich dir nehmen. Sie sind selbst alles andere als normal…aber du solltest dir darüber besser deine eigene Meinung bilden, hm?“ Dies sah der Uchiha anscheinend genauso, denn er nickte wortlos. Kisame wollte ihm gerade sagen, dass sie langsam schlafen sollten, um am nächsten Tag ausgeruht zu sein, als ihn ein verräterisches Rascheln innehalten ließ. Sofort spannte er sich an und auch sein Begleiter hob alarmiert den Kopf – wurden sie tatsächlich belauscht? Allerdings kam das Geräusch aus der Ecke, nicht von unten, wenn sich also jemand hier versteckt hatte, musste er sich bislang wie unsichtbar verhalten haben. Angespannt fixierte er den raschelnden Haufen Stroh, der sich plötzlich bewegte…und fiepte. Zwei spitze Ohren lugte mit einem Mal aus dem Stroh hervor, dicht gefolgt von dem restlichen, winzigen Körper. Perplex blinzelnd beobachtete Kisame das schwarze Kätzchen, das zuerst ihn und dann Itachi mit seinen gelben Lampenaugen ansah. Abermals ein Fiepen, ehe es auf den Uchiha zu tapste und dreist auf seinen Schoß krabbelte, so als wäre dies sein Recht. Itachis starre Mimik wirkte viel weicher, während er das schwarze Knäul hinter den zuckenden Öhrchen kraulte, fasziniert auf dieses hinabsah. Sicher, auf einem Bauernhof gab es immer Katzen, schon allein um den Ratten und Mäusen vorzubeugen. Kaum war ihm der Gedanke gekommen, ertönten ähnliche Geräusche wie zuvor und drei weitere unterschiedlich gefärbte Katzen kraxelten aus dem Stroh. Eine von ihnen schien das Muttertier zu sein, denn sie war wesentlich größer und behielt die drei Kleineren stets im Blick. Diese schienen lieber Itachis Nähe als seine zu suchen, doch ihm war das nur recht. Schließlich wusste man nie, woran man bei diesen hinterhältigen Viechern war…in der einen Sekunde schnurrten sie, in der anderen schlugen sie zu. Wenn er sich Itachi jedoch so ansah, wie er dort mit zufriedener Miene die drei Katzenjungen auf seinem Schoß streichelte, musste er unweigerlich schmunzeln. Mit Tieren schien er sich im Gegensatz zu Menschen wesentlich schneller anzufreunden. „Miau!“ Er warf einen Blick zur Seite, wo die große dreifarbige Katze saß und auffordernd maunzte. Kisame seufzte bloß, ehe er sich überwand und sie unter dem Kinn zu kraulen begann, was mit einem tiefen Schnurren belohnt wurde. Ihm entging dabei, dass auch Itachi verhalten, aber durchaus amüsiert lächelte. Kapitel 14: Henkersbraut ------------------------ Tap. Tap. Tap. Ihre Schritte hallten weich auf dem Moosboden wieder, während sich über ihr der Nachthimmel erstreckte. So dunkel…so kalt…so allein. Sie beschleunigte ihre Schritte, wollte raus aus diesem Wald, der ihr wie ein Labyrinth vorkam. Ein schrecklicher Irrgarten…und etwas verfolgte sie. Ein Rabe schrie von irgendwo gellend auf, doch das war nicht das Schlimmste. Weiter…sie musste weiterrennen, durfte nicht stehen bleiben. Hinter ihr knurrte es…ihr Verfolger…kein menschliches Wesen. Es rannte ihr hinterher, viel schneller, als sie dazu in der Lage gewesen wäre…und dann packte es sie. Es rammte ihr die Klauen ins Fleisch, riss sie mit seinen scharfen Zähnen wie ein Kaninchen…da war so viel Blut. Schreie entwichen ihrer Kehle, so lange bis sich die Fänge hineingruben, um sie ihr herauszureißen…sie würde sterben. Sie war dabei zu sterben…und das Letzte, das sie sah, waren glutrote Augen…sie kannte diese Augen. Vertrautheit…Lachen…und der furchtbare Schmerz, als es mit ihr zu Ende ging… Schweißgebadet fuhr Sakura aus dem Schlaf, die mintgrünen Augen panisch aufgerissen. Wie ein Fisch auf dem Trockenen zappelte sie, hektisch atmend und zitternd am ganzen Leibe. Ihr Herz raste wie das einer Maus, pochte schmerzhaft in ihrer Brust…und als ihr bewusst wurde, dass sie sich kaum bewegen konnte, wurde es noch schlimmer. Übelkeit stieg in ihr auf, als sie begriff, dass sie in einer fremden Hütte auf einer Strohmatte lag. Die Hände hatte man ihr hinter dem Rücken zusammengebunden, so dass sie nur da liegen konnte. Es fiel ihr schwer, sich zur Ruhe zu ermahnen, denn Ausbildung bei ihrer Meisterin hin oder her – sie war noch ein Mädchen. Man hatte sie verschleppt und gefesselt, um mit ihr vermutlich schreckliche Dinge anzustellen. Es gab nicht viele Gründe, eine Frau zu entführen, und die wenigen, die ihr einfielen, machten es nicht besser. Vor allem da in der Gegend ein äußerst gefährlicher Vergewaltiger sein Unwesen trieb…würde sie sein nächstes Opfer werden? Würde er sie gar töten, wenn er mit ihr fertig war? Sie verkrampfte sich bei dem Gedanken, ein ähnliches Schicksal erleiden zu müssen, wie die Frauen, die sie bisher behandelt hatte. Sie wollte kein Opfer sein. Niemals! Eher würde sie sich die Zunge abbeißen, als dass sie solche Gräueltaten an sich verüben ließ. Oder sie würde sie ihrem Peiniger abbeißen… Sakura mahnte sich zur Ruhe, nachdem sie den Schock über ihre Lage begriffen hatte. Natürlich hatte sie immer noch eine Heidenangst, doch die würde ihr nicht weiterhelfen, sie nur noch hilfloser machen. Dieser Albtraum hatte es nicht angenehmer gemacht, denn ihr war, als spürte sie auch jetzt noch, wie sich die Klauen und Zähne dieser Bestie in ihr Fleisch rammten. Nur schemenhaft hatte sie das Monster erkennen können, bevor sie aufgewacht war. Es hatte ausgesehen wie eine Katze…oder ein Wolf…vielleicht auch ein Fuchs? Sie war nicht sicher, doch es war einfach nur gruselig. Und diese Augen…sie hatte diese roten Augen schon mal irgendwo gesehen. Sakura schloss die Augen, als plötzlich Schritte ertönten und ihr Herz erneut zum Rasen brachten. Nein, sie musste die Panik nieder kämpfen, sonst würde sie hier niemals lebend rauskommen. Sie würde sich bewusstlos stellen, denn so hatte sie bessere Chancen, ihren Entführer zu überwältigen. Hoffentlich löste er als Erstes ihre Fesseln, denn sonst sah es wirklich schlecht für sie aus. Die Tür wurde geöffnet und dann wieder geschlossen, sie fühlte nun ganz deutlich die Präsenz einer zweiten Person im Raum. Wieder Schritte…die eines Mannes? Sie vermochte es nicht genau zu sagen, doch sie hallten ohne Hektik auf dem Holzboden wieder. Warum auch nicht? Immerhin war sie ihm wehrlos ausgeliefert. Sakura bemühte sich, gleichmäßig zu atmen und nicht mal mit der Wimper zu zucken. Der Fremde, denn sie ging von einem Mann aus, näherte sich ihr, kniete sich schließlich neben sie und sie spürte seinen Blick auf sich ruhen. Ein paar Sekunden lang war es ganz still, was eher unheimlich als beruhigend auf sie wirkte. Sie bekam eine Gänsehaut, als sie spürte, wie der Mann sich zu ihr herunterbeugte, ganz dicht vor ihrem Gesicht sein musste…sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut fühlen. Es fiel Sakura schwerer, sich nicht zu bewegen, doch noch hielt sie durch – jedenfalls bis er ihren Nacken berührte, von dort aus mit den Fingern unter den Kragen ihres Yukata schlüpfte. Nur eine federleichte Berührung, doch sie reichte, um etwas auszulösen. Ohne Vorwarnung spannte sie all ihre Muskeln an, stieß einen Schrei aus und rammte ihrem Entführer den Fuß direkt ins Gesicht. Sie hörte ein Stöhnen, als dieser nach hinten kippte, ihren Überraschungsangriff wohl nicht hatte kommen sehen. Sakura wusste, dass sie das bereuen würde, weshalb sie so schnell wie möglich auf die Beine kam und zur Tür rannte. Allerdings kam sie gar nicht erst in die Nähe, da sie eine Hand am Knöchel packte und ruckartig zurückriss. Sie schrie abermals auf, als sie der Länge nach hinfiel – abfangen konnte sie sich wegen ihrer gefesselten Hände nicht. Keuchend wand sie sich, trat um sich…doch es brachte alles nichts. „Beruhige dich!“ Sie hörte nicht auf die Stimme des Unbekannten, sondern wehrte sich weiter gegen die Hände, die nach ihr griffen – bis ihr ins Gesicht geschlagen wurde. Nicht mit der Faust und auch nicht besonders fest, aber es reichte, um sie innehalten zu lassen. „Verdammt noch mal!“ Ein Fluchen ertönte, dann war der Fremde über ihr, drückte sie an den Schultern fest auf den Boden. Sie schluckte hart, spürte das Brennen in ihrer Wange…und dann weitete sie ihre grünen Augen. Dieses Gesicht…sie kannte diesen jungen Mann, hatte ihn schon einmal gesehen. Diese blasse Haut, die schwarzen, zausen Haare, die dunklen Augen… „Du bist…“ „Endlich wieder bei Sinnen?“, fiel ihr der Junge gereizt ins Wort, ließ dann ihre linke Schulter los, um sich die gerötete Wange zu reiben. „Hast ja einen ziemlich harten Tritt…mach das noch mal und ich breche dir den Knöchel.“ Sakura konnte ihn lediglich anstarren, seine fein geschnittenen Züge mit den hohen Wangenknochen. Er konnte nicht viel älter als sie selbst sein. Warum hatte er sie entführt? Er war doch niemals derjenige, der die ganzen Mädchen missbraucht hatte…oder versteckte sich ein Monster hinter diesem attraktiven Jungen? „Bist du derjenige, der für all das verantwortlich ist?“, konfrontierte Sakura ihn schließlich. „Hast du das diesen Mädchen angetan?“ Wenn es sich bei ihm um dieses Schwein handelte, verbarg er das gut unser seiner glatten Miene. Desinteressiert musterte er sie, schnaubte dann verächtlich. „Ich habe keinem Mädchen irgendwas angetan, verstanden?“ Der wütende Klang seiner Stimme ließ sie schlucken, doch sie nahm sich zusammen. Nur keine Angst zeigen. „Warum hast du mich dann entführt?! Was hast du mit mir vor?!“, fauchte sie ihn an, was ihr einen genervten Blick einbrachte. „Weder habe ich dich entführt, noch habe ich irgendwas vor. Du bist nicht meine Beute…“ Nicht seine Beute? Was wollte er damit sagen? Gab es möglicherweise noch einen Komplizen? Waren diese Mistkerle zu zweit unterwegs und taten dies den Mädchen an? Sie zuckte unweigerlich zusammen, als die Tür ein weiteres Mal aufging und ein wesentlich älterer Mann eintrat. Sakura wusste nicht warum es so war, doch bei diesem Kerl lief es ihr sogleich eiskalt den Rücken herunter. Unansehnlich konnte man ihn nicht nennen, es lag mehr an seiner Aura. Einer gefährlichen, mörderischen Aura, die ihr angst und bange werden ließ. Der Blick, mit dem er sie fixierte, war pures Eis, ließ sie innerlich frösteln. „Sie ist also wach.“ „Ja…und sie ist ziemlich aufmüpfig“, brummte der Jüngere und ließ nun ganz von ihr ab. „Sie ist nur ein Mädchen, Sasuke…du solltest in der Lage sein, sie zu zähmen“, erwiderte der andere lapidar und trat näher. „Ich wollte sie nicht haben, Madara. Kümmere du dich doch um sie, wenn du sie schon anschleppst.“ Der Mann namens Madara verengte die Augen, erfasste den Jungen. „Pass auf, wie du mit mir redest.“ „Hn.“ Es wäre ihr lieber gewesen, die beiden hätten sich noch weiter gestritten, anstatt ihre Aufmerksamkeit auf sie zu richten. Also war es nicht Sasuke gewesen, der sie entführt hatte, sondern der andere. Madara. War er derjenige, der für die Verbrechen verantwortlich war? Madara richtete seine Augen, die ebenso dunkel wie Sasukes waren, auf ihn. Ob die beiden miteinander verwandt waren? Sie sahen sich jedenfalls sehr ähnlich, doch weiter konnte sie nicht denken, da sich der Ältere neben sie kniete und mit seinen rauen Fingern grob ihr Kinn packte. „Was willst du überhaupt mit ihr? Sie ist weder besonders kurvig, noch besonders hübsch“, durchbrach Sasuke die Stille. Dass er das sagte, versetzte ihr einen Stich, doch sie drängte ihre aufkeimenden Gefühle zurück – nun war nicht die Zeit für Selbstzweifel. Madara winkte auf diese Aussage hin mit der freien Hand ab, musterte sie ausführlich. „Haben wir darüber nicht bereits gesprochen? Es ist unerheblich, wie hübsch oder gut gebaut sie ist, solange sie fruchtbar ist. Das Mädchen ist Tsunades beste Schülerin. Zweifellos muss sie gewisse Fähigkeiten besitzen, von denen wir profitieren können.“ Sakura starrte ihn an; woher kannte dieser Typ ihre Meisterin? Und was…sollte das bedeuten, dass sie nur fruchtbar sein musste? Nein, sie wusste ganz genau, was es hieß, nur wollte sie es nicht wahrhaben. „Und was willst du damit sagen?“, stellte Sasuke die Frage, die auch ihr auf der Zunge lag. Madara Lächeln wurde noch eine Spur breiter, nahm etwas Maliziöses an. Er streichelte ihre Wange, doch die Berührung brannte auf ihrer Haut – und das war keine Metapher. Sie brannte wirklich, entlockte ihr ein Keuchen und als sie aufsah, glühten die Augen des Mannes rot. Was war das für ein Dämon? „Nun…das macht sie unentbehrlich für unsere Ziele, Sasuke.“ Dieser zog die Brauen zusammen, blickte dann wieder zu ihr herunter. So besessen, wie Madara von ihr zu sein schien, so desinteressiert wirkte Sasuke. „Itachi wird das nicht gefallen“, meinte er ernst, woraufhin der Ältere schnaubte. „Und mir gefällt nicht, welchen Weg dein Bruder gerade einschlägt“, gab er unterkühlt zurück. „Wenn er der Ansicht ist, dass er mit seiner pazifistischen Art weiterkommt, soll er das tun und die Konsequenzen tragen. Aber du bist nicht wie er, Sasuke.“ Sakura verstand nicht, über was diese beiden Typen sprachen. Was für Ziele? Gab es noch einen Dritten im Bunde? „Du bist nicht zu verängstigt, um zu handeln – deshalb verlasse ich mich auf dich.“ Sie wurde losgelassen, war unheimlich froh darüber, dass Madara anscheinend vorhatte zu gehen. „Du wirst dich wie besprochen um alles kümmern.“ Ein letzter Blick traf sie, versetzte sie in eine Art Schockstarre – als würden sie seine Augen paralysieren. Sasuke widersprach nicht, senkte bloß ein wenig widerwillig den Kopf. „Und wenn alles in die Wege geleitet ist, wird sie dein Weib.“ Sakura fühlte sich, als hätte man ihr soeben noch mal ins Gesicht geschlagen; sie sollte zwangsverheiratet werden? An denselben Jungen, der eben noch gesagt hatte, sie wäre weder hübsch, noch fraulich genug? Der sie ansah, als wäre sie der letzte Abschaum? „Nein!“, stieß sie aus und beide wandten sich ihr zu. Natürlich fand sie Sasuke äußerlich attraktiv, schon bei ihrer ersten Begegnung hatte sie Gefallen an ihm gefunden. Allerdings war ihr da nicht bewusst gewesen, was er für ein furchtbarer Mensch sein musste. Wie konnte er ihre Entführung einfach hinnehmen? Sie noch dazu beleidigen und zulassen, dass dieser ältere Mann so über sie beide verfügte? Spätestens jetzt konnte sie ihre Wut nicht mehr zurückhalten; sie hatte nicht Jahre bei Tsunade gelernt, um sich nun wie Vieh auf dem Markt zu fühlen. „Ich werde einen Teufel tun und…und den da heiraten!“, zischte sie, was Madara schmunzeln ließ. „Sieh an, deine Zukünftige hat Feuer, Sasuke“, stellte er belustigt fest und funkelte sie aus seinen roten Augen an. „Und das mit dem Teufel hat sie wirklich schön gesagt…da werden Erinnerungen wach, nicht?“ Sie stockte, als die Luft in der Hütte zu flimmern begann – allerdings nur kurz. Sasuke schien es gar nicht zu bemerken…oder er zeigte es nur nicht. Stattdessen lag sein Blick mit unverkennbarer Verachtung auf ihr. „Sie weiß nicht, wovon sie redet“, widersprach er kalt. „Sie ist nur ein dummes, kleines Mädchen, das nie um ihr Leben kämpfen musste. Sie weiß nicht, wie es ist, wenn man wahre Todesangst verspürt. Sie weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man gehasst und gejagt wird. Wenn man alles verliert, was einem wichtig ist.“ Die Verbitterung hallte deutlich in seiner Stimme wieder und sie fragte sich, was er erlebt haben musste, dass er in seinem Alter solchen Groll hegte. War sie nicht die Leidtragende in dieser Geschichte? „Das mag sein“, erwiderte Madara und wandte sich um. „Doch es ändert nichts an meiner Entscheidung. Kümmere dich um sie. Das ist mein letztes Wort.“ Damit fiel die Tür ins Schloss…und sie blieben zu zweit zurück. Sanft glitten seine Finger durch das struppige Fell des zusammengerollten Bündels, welches die ganze Nacht auf seinem Schoß geruht hatte. Die anderen Kätzchen hatten sich ein Stück entfernt von ihm im Stroh niedergelassen, dicht aneinander geschmiegt, doch das Schwarze war bei ihm geblieben. Trotzdem er mehrmals hochgeschreckt war, hatte es sich nicht von ihm fortbewegt, sondern ihn bloß müde angeblinzelt und gefiept. Es beruhigte ihn, Tiere um sich zu haben, das war schon damals mit Amaterasu nicht anders gewesen. Menschen dagegen verursachten stets ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust, so dass er sich permanent anspannte. Sonnenlicht drang durch die Fenster in die Scheune, während er an der Wand lehnte und das Kätzchen kraulte. Seine dunklen Augen wanderten durch den Raum, bis sie schließlich an Kisame, der noch zu schlafen schien, hängen blieben. Der Hüne lag auf der Seite, die Decke war ihm bis zu den Hüften hinab gerutscht, weswegen er seinen entblößten Rücken betrachten konnte. Nicht, dass er dazu nicht bereits genügend Gelegenheit gehabt hätte. Er senkte halb die Lider, während er die Wunden betrachtete, und unweigerlich musste er an die Situation vom Vortag denken. Anscheinend fand Kisame seine Narben weit weniger abstoßend als er selbst, was ihn nicht mal überraschte. Es ging nicht um reine Äußerlichkeiten, denn, da hatte der Ältere Recht, Narben bezeugten nur, dass man überlebt hatte. Wäre die Bedeutung hinter den seinen nicht so scheußlich, hätte er sie vielleicht auch akzeptieren können, doch alles, was er bei diesem Anblick fühlte, war Hass. Hass und Erniedrigung. Umso erleichterter war er gewesen, als Kisame nicht nachgefragt hatte. Sicher, er hatte ihn angestarrt, das war ihm nicht entgangen, aber er hatte ihn in Ruhe gelassen. Vielleicht würde er später fragen und vielleicht würde Itachi ihm antworten. Er wusste es nicht. Was er wusste, war, dass er noch nicht bereit war, darüber zu sprechen. All die Jahre hatte er nicht darüber gesprochen, nicht von sich aus. Sogar Madara hatte wenig aus ihm herausbekommen, doch über das Meiste war er ohnehin im Bilde. Er ließ den Blick von Kisames Rücken zu dessen Seitenprofil gleiten, nahm sich Zeit, die markanten Züge zu mustern. Alles an dem Hünen wirkte grob und ungeschliffen, was in vollkommenem Gegensatz zu seinem Verhalten ihm gegenüber stand. Dass dieser Mann kein Heiliger war und durchaus genauso bedrohlich sein konnte, wie er äußerlich wirkte, daran hegte Itachi keinen Zweifel. Er hatte ihn damals erlebt, als er sie beide verteidigt hatte, und in der Taverne hatte er diese Seite ebenfalls gezeigt. Trotzdem dieser Mann mit der Ermordung anderer Menschen sein Geld verdiente, erwischte er sich dabei, wie er seine Nähe immer öfter genoss. Mit jedem Gespräch, das sie führten, wurde sein Interesse gesteigert, die Neugierde präsenter. Nie zuvor hätte sich Itachi vorstellen können, inmitten eines Menschendorfes Dächer zu reparieren. Er war es nicht gewöhnt, sich ihnen so offen zu zeigen, doch Kisame hatte das Reden übernommen. Wie Itachi es versprochen hatte, hatte er sein Vertrauen in ihn gesetzt. Ein gutes Gefühl, nachdem er die anfänglichen Befürchtungen überwunden hatte. Es stimmte, dass ihn niemand von einem Menschen unterscheiden konnte, solange er sich kontrollierte. Itachi hielt inne, kaum dass sich der Hüne regte und sich mit der Hand übers Gesicht fuhr. Er blinzelte ein paar Mal, ehe er sich gähnend aufsetzte und damit die dreifarbige Katze verscheuchte, die sich bis eben noch gegen seine Beine geschmiegt hatte. Das Tier maunzte empört, verzog sich dann aber in eine freie Ecke, woraufhin ihr die Jungtiere folgten. Itachi beobachtete das schmunzelnd, wobei sein Blick schlussendlich auf der kleinen Schwarzen verweilte, die sich nur zögernd von ihm löste, dann aber zu ihrer Mutter tapste. Im Zweifelsfall wählten wohl sogar Katzen die eigene Familie und Itachi spürte, wie das schlechte Gewissen erneut in ihm aufkeimte. Nach einem schnellen Frühstück verließen sie das Dorf und zogen weiter, was Itachi nicht gerade bedauerte, auch wenn die Menschen zwar schroff, aber in keiner Weise bösartig gewesen waren. Sie hatten jedenfalls einen positiveren Eindruck hinterlassen, als die Leute in der Taverne. Leider war Kisames Problem, dass er weder eine Waffe noch Geld besaß, nach wie vor nicht gelöst. Nun, in solch armen Dörfern würde der Verdienst überall sehr gering ausfallen, von daher war dem Uchiha noch nicht klar, wie sein Begleiter seine Lage ändern wollte. Die vage Befürchtung, er könnte sich für einen Mord anheuern lassen, wie es sein Fachgebiet war, stieß ihm sauer auf, doch er drängte dies fürs Erste beiseite. Sein Blick glitt nach oben zum Himmel, wo Amaterasu nur als schwarzer Schemen zu erkennen war; zumindest ihretwegen musste er sich keine Sorgen machen. Kapitel 15: Angelus ------------------- „…und ich habe mindestens zwei Stunden gewartet, doch sie ist einfach nicht gekommen.“ Ein Seufzen entwich ihm, während er missmutig vor sich hinsah. Allerdings richtete sich seine Wut wohl vor allen Dingen auf sich selbst, was mit dem nächsten Satz nur noch deutlicher wurde. „Wenn ich nicht zu spät gekommen wäre, wäre das nie passiert“, murmelte er und Besorgnis schimmerte in seinen hellblauen Augen. Also gab er sich wirklich die Schuld daran, dass seine Freundin nicht aufgetaucht war. Wie dumm. „Selbst Baa-chan weiß nicht, wo sie ist und sie muss es doch wissen oder? Verdammt, sie würde niemals einfach so verschwinden…und wir waren ja auch verabredet! Ich habe ihren Korb gefunden, das kann nur ein schlechtes Omen sein!“ Zunehmend wurde seine Stimmlage verzweifelter und schließlich raufte er sich die blonden Haare, knurrte leise. „Jetzt sag doch auch mal was!“, wurde er angeherrscht und die funkelnden Augen richteten sich auf ihn. „Hast du sie nicht gesehen? Vielleicht hat sie sich in eurem unheimlichen Wald verirrt!“ Verirrt? Wohl kaum. Er wusste noch nicht, ob er Narutos Aufregung amüsant oder eher nervig finden sollte. Bisher hatte er nur hier stehen und geduldig zuhören müssen, aber was sollte er bitte zu diesem Thema sagen? „Ich habe deine Freundin nur einmal in meinem Leben gesehen und glaub mir, jemand so Auffälliges würde mir nie entgehen.“ Immerhin entsprach dies der Wahrheit, denn Madara war sie ja auch nicht entgangen. Kein Wunder bei der Haarfarbe, die leuchtete ja selbst im Dunkeln. Er zuckte zusammen, als Naruto seine Schultern ergriff und ihn ernst anblickte. Der Griff war fest, beinahe ein wenig schmerzhaft, aber er sagte nichts, sondern starrte monoton zurück. Was wurde das denn nun wieder? „Lass sie uns doch einfach gemeinsam suchen, Sasuke! Komm schon…vielleicht hat sie sich im Wald verlaufen und braucht unsere Hilfe!“ Oh, verlaufen hatte sie sich sicher nicht, doch Hilfe hätte ihr wohl nicht geschadet – und ihm selbst auch nicht. Am liebsten hätte er Naruto das Weibsstück vor die Füße geworfen, dann hätte sich das Problem erledigt, denn er wollte sie ganz bestimmt nicht haben. Stattdessen log er dem Blondschopf ins Gesicht und dieser vertraute ihm natürlich. Warum auch nicht? Er nannte ihn seinen Freund, seinen besten Freund sogar, dabei wusste Sasuke nicht mal um die Bedeutung. Seit jeher vertraute er niemandem mehr mit Ausnahme seiner Familie. Er wäre sowohl für Itachi als auch für Madara jederzeit durchs Feuer gegangen, doch andere Menschen interessierten ihn kein Stück. Damals hatte sich ja auch niemand für ihn interessiert. Seine Mutter hatte ihn mit letzter Kraft fortgebracht, bevor man sie kaltblütig abgeschlachtet hatte. Hätte Madara ihn nicht gefunden und sich seiner angenommen, hätten sie ihn ebenfalls getötet. Niemand hatte eingegriffen, alle waren sie froh gewesen, dass das Dorf der Teufel ausgelöscht wurde. Gefeiert hatten sie, auf die Leichen seines Clans getrunken und seinen Bruder hatten sie unter dem Vorwand eines Exorzismus missbrauchen und hinrichten wollen. Menschen waren krank. Sie waren schwach und weil sie das waren, mussten sie alles, was ihnen Angst machte, vernichten. Er verabscheute sie. Ab und an machte er sich den Spaß und verführte ein Mädchen, nur weil er es konnte. Bedeuten taten sie ihm rein gar nichts, aber es fühlte sich für kurze Zeit gut an. Danach ließ er sie liegen und verschwand. Und nun sollte er dieses oberflächliche Mädchen zur Frau nehmen? Madara wurde wohl auch immer seniler, wenn er so etwas von ihm einforderte. Sollte er sie sich doch nehmen, wenn er so begeistert von ihr war. Sie war weder besonders hübsch, noch besonders weiblich…sollte sie Kinder von ihm austragen, würde sie dabei vielleicht sterben, weil ihr Becken so schmal war. Allein der Gedanke stieß ihn ab, so wie alles an ihr. „Sasuke!“ Ach ja, den hatte er ja völlig vergessen. Sasuke seufzte stumm, ehe er die Hände von seinen Schultern löste und bestimmend den Kopf schüttelte. „Nein. Sie ist nicht dort und ich habe keine Zeit für so etwas. Sie ist deine Freundin, also such sie gefälligst allein!“, wies er ihn ab und Narutos Kiefer malmte. Es gab eigentlich nur zwei Gründe, weswegen er sich mit diesem Idioten abgab. Der erste war der, dass man ihm vertrauen konnte. Sasuke kannte niemanden, der so ehrlich wie Naruto war. Er sagte immer geradeaus, was er dachte, auch wenn es manchmal Unsinn war. Außerdem kannte er die Einsamkeit, kannte das Gefühl, nicht dazuzugehören. Naruto war anders und auch wenn er nicht wusste, was ihn so anders machte, fühlte er eine Art Verbindung zu ihm. Sie hatten sich zufällig getroffen, es war schon einige Zeit her und Sasuke hatte eine Faszination verspürt, die ihm neu gewesen war. Sie waren auf derselben Wellenlänge, kamen miteinander aus, obwohl sie verschieden waren. Er mochte den Idioten…warum auch immer. Der zweite Grund war Madara, der ihm anvertraut hatte, dass mit diesem Jungen tatsächlich etwas nicht stimmte. Was genau das war, konnte ihm der Ältere angeblich nicht sagen, doch Sasuke war von ihm angewiesen worden, Naruto im Auge zu behalten. Nun, da sie sich sowieso ab und an trafen, war das kein großes Opfer und irgendwann war es zur Gewohnheit geworden. Freunde…hätte er so etwas haben wollen, wäre Naruto wohl genau das gewesen. Ein Freund. Der beste Freund…wer wusste das schon? „Komm schon! Versprich mir wenigstens, dass du dich ein bisschen umsehen wirst…von mir aus auch ohne mich. Sie ist mir wichtig…versteh das doch!“ Und nun stand er hier und log dem anderen so dreist ins Gesicht, ohne dabei rot zu werden. „Ich verstehe es zwar nicht, aber ist gut. Ich werde drauf achten.“ Naruto schien ihm zu glauben, denn er wirkte erleichtert, sofern er es sein konnte. Diese Sakura musste ihm wirklich wichtig sein…doch er würde sich nicht gegen seine Familie stellen. Abermals zuckte er zusammen, als Naruto ihm einmal fest auf die Schulter klopfte und ihm in die Augen sah. „Danke…du bist ein echter Freund!“ Nein. Das war er nicht. Er war eine Schlange…denn genauso fühlte er sich. Itachi hätte das nicht gefallen, das wusste er. Vielleicht sollte er froh sein, dass sein Bruder momentan nicht da war? Wenn er nicht die Befürchtung hätte, dass ihm etwas passieren könnte. Madara sagte es immer wieder – Itachi wollte einfach zu sehr das Gute in den Menschen sehen. Doch er würde wie immer enttäuscht werden. So, wie Sasuke Naruto enttäuschen würde. „Wir sollten die Nacht hier verbringen.“ Itachi warf dem Hünen einen Blick zu, ehe er ihn über die Umgebung schweifen ließ. In den letzten Tagen war es trocken geblieben, damit war auch in dieser Nacht zu rechnen, sodass sie sich keinen überdachten Unterschlupf suchen mussten. Ein Steinkreis mit vertrocknetem Boden ließ darauf vermuten, dass vor einer Weile andere Reisende an diesem Ort Rast gemacht hatten. Sie waren an diesem Tag gut vorangekommen, hatten nur selten Pausen gemacht, um etwas zu essen und sich auszuruhen. Die Stadt, in die Kisame reisen wollte, lag noch in weiter Ferne…wofür Itachi insgeheim dankbar war. Das letzte Dorf war in Ordnung gewesen, doch beim Gedanken an große Menschenmengen wurde ihm flau im Magen. Da zog er den Wald, in dem sie heute nächtigen würden, eindeutig vor. „Kümmerst du dich ums Feuer, Teufelsk – ups, alte Gewohnheit“, lenkte Kisame schief grinsend ein, als er seinen finsteren Blick bemerkte. Dennoch sagte der Uchiha nichts dazu, sondern nickte; es würde nur Sinn machen, wenn er diese Aufgabe übernahm. „Ich jage dann mal unser Abendessen – meines jedenfalls“, meinte der Hüne nur und verschwand zwischen den Bäumen. Itachi wurde das Gefühl nicht los, dass Kisame ihn diesbezüglich bemitleidete…oder für einfältig hielt. Die Vorstellung, ohne Fleisch auszukommen, schien er absurd zu finden. Dabei musste man sich um ihn nicht sorgen, schließlich hatten sie noch ein wenig Reis übrig, den sie mit dem Wasser aus dem Beutel kochen konnten…und sicher würden sich ein paar Pilze und essbare Kräuter finden lassen. Daheim hatten sie ihr Gemüse selbst angebaut und mit der Zeit gelernt, welche Pflanzen nahrhaft und heilsam waren. Madaras Kenntnisse waren auf dem Grundwissen beschränkt, doch er hatte ihnen passende Bücher aus der Stadt besorgt. Er war ein Anführer…ein Krieger…und als solcher ausgebildet worden. Das war es, was ihn einst ausgemacht hatte…seine immense Kraft, sein scharfer Verstand und seine Autorität. Wenn Itachi Madara heute anblickte, sah er einen gebrochenen Mann, dem alles genommen worden war…und der sich an den Hass klammerte. Denselben Hass, der auch in Sasuke…und ihm selbst keimte. Itachi verdrängte die finsteren Gedanken, die ihn viel öfter heimsuchten, als ihm lieb war. Es war Vergangenheit und auch, wenn man diese nicht vergessen sollte, durfte sie nicht Gegenwart und Zukunft bestimmen. Er schichtete die Äste, die er zusammengeklaubt hatte, in dem Steinkreis aufeinander, bis es einigermaßen hielt. Dann legte er die Finger auf das Holz, konzentrierte sich auf die Hitze in ihm, spürte, wie sie durch seinen Körper wanderte. Damals hatten ihm seine Kräfte Angst eingejagt, was an der mangelnden Kontrolle lag, doch heute genoss er das vertraute Gefühl. Das war er. Diese Kräfte gehörten ihm, wurden von ihm gelenkt. Ein Lächeln überflog seine Lippen, als er beobachtete, wie sich das Holz entzündete, und er ließ die Hand sinken. Einen Moment lang schaute er bloß den lodernden Flammen zu, ließ den Geruch auf sich wirken. Je mehr Zeit vergangen war, umso weniger brachte er ihn mit ihrem nieder gebrannten Zuhause in Verbindung. Nicht das Feuer war schlecht, sondern diejenigen, die es missbrauchten. Er wandte sich ab, griff nach seinem Beutel, in dem sich der kleine, aus Eisen gegossene Topf und der Sack mit Reis befanden. Das Wasser würde er ruhigen Gewissens verwenden können, da der kleine Bach, an dem sie zuvor vorbeigekommen waren, nicht weit entfernt lag. Allerdings hielt er schlagartig inne, kaum dass er aus der Ferne das vertraute Rufen seiner Begleiterin vernahm. Ein Warnruf…und er löste eine unangenehme Gänsehaut in ihm aus, ließ ihn sich anspannen. War jemand auf dem Weg hierher? Der bloße Gedanke, jemand könnte ihn gesehen haben, wie er… Itachi fuhr herum, als er eine Präsenz hinter sich spürte und…tatsächlich stand dort eine Person. Es handelte sich um ein junges Mädchen in einem rosafarbenen Yukata, der ihre zierliche Gestalt umhüllte. Ihr hübsches Gesicht mit den großen, braunen Rehaugen wurde von zwei langen, schwarzen Strähnen gerahmt, die restlichen Haare trug sie zu einem Dutt hochgesteckt. Ihre helle Haut wirkte so makellos und rein wie Porzellan… Wie hatte sie sich so lautlos in seine Nähe begeben können? Nur etwa zehn Schritte trennten sie voneinander…und er hatte sie erst bemerkt, als sie schon praktisch hinter ihm gestanden hatte. Sein Herz raste, als in ihm die Befürchtung aufkeimte, sie könnte gesehen haben, was er zuvor getan hatte. Das Feuer… „Verzeihung…habe ich Euch erschreckt?“ Er hörte die Unsicherheit in ihrer sanften Stimme, sah, wie sie auf ihrer Lippe kaute. Ihre leicht gebeugte Haltung drückte Demut aus…und dennoch beruhigte es ihn kein bisschen. Vielleicht weil er prinzipiell jedem Menschen misstraute…und wusste, dass man Frauen keinesfalls unterschätzen durfte. Ja. Vielleicht deswegen… „Ich…habe das Feuer gesehen und…es ist kühl in dieser Nacht“, murmelte sie scheu und kam einen zaghaften Schritt näher. „Dürfte ich…mich vielleicht aufwärmen? Für eine Weile?“ Itachi rührte sich nicht, doch er blieb angespannt, überlegte, was er tun sollte. Es ihr erlauben? Sie ausfragen? Unweigerlich erinnerte er sich an seine erste Begegnung mit Kisame, als dieser ihn verletzt mit in seine Hütte genommen hatte. Er hatte ihn nicht liegen lassen, trotzdem allerlei Gründe für Misstrauen bestanden hatten. Daher gab er ein knappes Nicken von sich, woraufhin sie näher kam, sanft lächelte. Er sah zu, wie sie ihren Reisebeutel ablegte und sich dann ans Feuer setzte, die Hände an diesem wärmte. „Ich danke Euch“, hörte er sie wispern. „Es ist recht gefährlich für jemanden wie mich, allein umherzuziehen…aber Ihr scheint guter Mann zu sein.“ Itachi warf ihr einen knappen Blick zu, ehe er sich ebenfalls setzte, jedoch auf die gegenüberliegende Seite. Ein guter Mann? Er fragte sich, woran sie das ausmachen wollte, schließlich war er ein Fremder. „…wenn Ihr meint“, erwiderte er nur, was ihr Lächeln jedoch nicht ins Wanken brachte. „Nun, Ihr gestattet mir hier mit Euch zu rasten. Das ist sehr freundlich von Euch.“ Itachi schwieg eine Weile, nicht wissend, ob er sich überhaupt unterhalten wollte. Mit diesem fremden Mädchen, über das er nichts wusste. Dann aber sagte er sich, dass Situationen wie diese der Grund waren, weswegen er sein Zuhause verlassen hatte. Er wollte mehr über die Welt…über die Menschen erfahren, sie kennenlernen. „Ihr seid auf der Reise?“, fragte er daher und sie blickte auf. „Oh…ich denke, das kann man so nennen. Meine Mutter ist an Fieber erkrankt…ich bin auf dem Weg zur nächsten Stadt, um bessere Medizin zu kaufen.“ Itachi erinnerte sich daran, wie Sasuke damals während einer starken Erkältung gefiebert hatte…und wie hilflos Madara und er gewesen waren. Drei ganze Nächte hatten sie kaum geschlafen, an seinem Futon gesessen und seinen Zustand überwacht. „Das tut mir leid“, gab er leise zurück. Das Mädchen lächelte wehmütig, schlang die Arme um ihre angezogenen Beine und legte das Kinn auf ihren Knien ab. Die Flammen spiegelten sich in ihren braunen Augen, während auch sie abzuschweifen schien. „Danke…ich versuche mich davon nicht runterziehen zu lassen und auf das Beste zu hoffen. Das hat mich bisher immer voran gebracht.“ Itachi nickte verstehend, nicht wissend, was er weiter dazu sagen sollte. Auf das Beste hoffen…das hatte auch er sich vorgenommen, aber manchmal war es schwierig. „Und Ihr? Reist Ihr ebenfalls allein?“ Wahrscheinlich würde Kisame bald zurückkommen, von daher wäre es unsinnig, sie anzulügen. Was der Hüne wohl davon halten würde? Von dieser Fremden…die auffallend hübsch war. Er konnte das Gefühl, welches der Gedanke daran auslöste, nur schwer beschreiben. Eine Art schwelende Glut in seinem Inneren…und er schob es darauf, dass er befürchtete, sein Begleiter würde die Chance nutzen wollen. Damals hatte er auch ihm seinen Schutz angeboten – bevor sich rausgestellt hatte, dass er kein Mädchen war. „Wollt Ihr es mir nicht sagen?“, riss ihn ihre samtene Stimme aus den Gedanken und er blickte auf. „Verzeihung…“ „Nein, schon gut. Mh…wolltet Ihr gerade etwas essen? Ich wollte Euch nicht dabei stören.“ Tatsächlich hatte er den Reis vergessen. Anscheinend würde er seine Portion teilen müssen, denn wenn sie hungrig war, konnte er sie nicht einfach zusehen lassen. „Das Feuer brennt noch zu stark“, erwiderte er knapp. „Warten wir noch etwas…“ Bei seinen Worten lächelte sie milde. „Ihr wollt mit mir teilen? Ihr müsst wahrlich ein guter Mensch sein…aber das kann ich nicht ohne weiteres annehmen.“ Itachis Miene blieb ausdruckslos, als sie sich mit unverhohlener Eleganz erhob und um die Feuerstelle herumlief. Erst als sie hinter ihn treten wollte, sprang er auf, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, woraufhin sie ihn verwirrt ansah. „Uhm…ich wollte mich nur erkenntlich zeigen…“ „Nicht nötig“, wies er sie schärfer als beabsichtigt ab. Die Zurückweisung traf sie anscheinend, denn sie begann, auf ihrer Lippe zu kauen, bewegte sich zunächst nicht. „…seid Ihr sicher? Ich…könnte Eure Schultern massieren, wenn Ihr nicht an…mehr interessiert seid?“, fragte sie schief lächelnd. Ahnte sie, dass dies für ihn den blanken Horror darstellen würde? Wahrscheinlich nicht. Die meisten Männer hätten solch ein Angebot wohl begrüßt, doch er war keiner von ihnen. Er konnte ja kaum die Berührungen seiner eigenen Familie ertragen, wie sollte er dies einem fremden Menschen erlauben? „Nein. Setzt Euch wieder“, wehrte er ab, woraufhin sie langsam nickte. „Verzeiht“, murmelte sie und wandte sich ab. Vielleicht war er zu hart gewesen, immerhin war es ja sicherlich keine böse Absicht gewesen. Sollte er sich entschuldigen? Das wäre vermutlich angebracht. Bevor er jedoch den Mund öffnete, alarmierte ihn sein Instinkt, ließ ihn herumfahren und aus reinem Reflex riss er den Arm hoch. Ein stechender Schmerz bohrte sich in sein Fleisch, als die drei scharfen Nadeln darin stecken blieben. Während er eins der Senbon herausriss, fixierte er das Mädchen, das ihn verblüfft ansah – in den Fingern bereits drei weitere Nadeln haltend. Außer dem Schmerz spürte er nichts, was ihn darauf hoffen ließ, dass sie nicht in irgendeinem Gift getränkt waren. „Du bist schnell“, hörte er sie sagen, ehe ein mitleidiges Lächeln über ihr Gesicht huschte. „Leider…ich hatte nicht vor, dir wehzutun.“ Itachi reagierte schnell, wich den fliegenden Nadeln aus, ehe er die in seiner Hand zurückwarf – und sein Ziel verfehlte. Von Anfang an hatte er diese Ahnung gehabt, dass mit dem Mädchen etwas nicht stimmte. Ihre Bewegungen…die gespielte Demut…er hätte nicht alles auf seine Paranoia schieben dürfen. Itachi zog sein Katana, als seine Gegnerin auf ihn zustürmte, dabei zwei Kunai zückend. Stahl prallte auf Stahl, doch er schaffte es, ihr das Kunai aus der Hand zu schleudern – was möglicherweise sogar Absicht war. Das zweite Kunai versuchte sie ihm nämlich in die Seite zu jagen und er schaffte es in letzter Sekunde, ihr die Faust gegen den Arm zu schlagen, sodass die Klinge bloß durch seinen Ärmel glitt. Er nutzte den Moment und rammte ihr mit so viel Wucht das Knie in den Magen, dass sie ein trockenes Würgen von sich gab. Bevor er nachlegen konnte, fasste sie sich, ließ die Waffen fallen und schlug nach seinem Gesicht. Der Schlag traf seine Wange und ließ ihn zurücktaumeln, sodass sie Abstand zwischen sie beide bringen konnte. Keuchend blickten sie einander an, die Muskeln bis aufs Äußerste gespannt…und Itachi dankte Madara in dieser Situation innerlich für die harten Übungskämpfe. Er ging in Position, bereit, sich ihr erneut zu stellen, als sie ein weiteres Kunai zog – doch dann ließ ihn der alarmierende Schrei einer Krähe stocken. Seiner Krähe. Es war ein Fehler gewesen, zu glauben, sie wäre allein unterwegs. Ein wütendes Grollen hinter sich, ließ ihn rasch über die Schulter blicken, einen Hünen von Mann erkennen. Dieser rieb sich zornig über die blutige Wange, während er näher kam – in der freien Hand ein Katana haltend. „Dieses verrückte Mistvieh hat mich angegriffen…“, knurrte der Fremde mit der dunklen Haut. Seine untere Gesichtspartie, so wie der Hals waren mit Bandagen umwickelt, von denen einige nun rotgefärbt und zerrissen waren. Seine ganze Ausstrahlung erinnerte Itachi an ein aggressives Raubtier…und so ruhig, wie das Mädchen blieb, kannten sie einander. Vermutlich waren sie Partner. „Hat den Überraschungsmoment versaut…“, meinte der Mann an sie gewandt, woraufhin sie den Kopf schüttelte. „Das macht nichts…unterschätze ihn nur bitte nicht.“ „Dass du ihn noch nicht unschädlich gemacht hast, sagt genügend aus, keine Sorge.“ Die zerrissenen Bandagen offenbarten die scharfen Zähne des Fremden, welcher diese nun bleckte, ihn mit einem Grinsen bedachte, welches blanke Übelkeit in Itachi auslöste. Dieser Kerl war vom Blutrausch getrieben, die mörderische Aura, die ihn umgab, fühlte sich erdrückend an. Nein, er würde es nicht mit beiden aufnehmen können…nicht ohne seine Kräfte. Die Luft um ihn herum begann zu flirren, die Hitze in seinem Inneren drohte, herauszubrechen…alles um ihn herum zu versengen. Er würde sich ihnen nicht ergeben, würde sich nicht umbringen lassen. Diese Zeiten waren vorbei… Itachi rammte das Katana in den Boden, ballte die Hände zu beiden Seiten zu Fäusten…in seinen Augen flackerte es. Dann wetzten die beiden los, rannten auf ihn zu…und er würde sie brennen lassen. „Was zur Hölle…Zabuza?! Haku?!“ Abrupt hielten sie alle drei schlagartig in ihren Bewegungen inne, starrten den Mann an, der soeben die Lichtung betrat. Anscheinend war Kisame erfolgreich gewesen, denn er hielt drei tote Wachteln in den Händen. Angespannte Stille lag über ihnen, keiner schien zu wissen, wie er reagieren sollte. Itachi zögerte, dann aber erlosch das rote Glühen in seinen Augen; er vertraute den beiden nicht, aber er vertraute Kisame, der sie zu kennen schien. Zabuza und Haku blickten diesen an, als hätten sie einen Geist gesehen. „Kisame-san…du…“ „Du verdammter Bastard lebst?!“, fuhr ihr der Hüne ruppig über den Mund und schob sein Katana zurück in die Scheide. Itachi haderte mit sich, ob er seine Kräfte nicht doch nutzen sollte, als der fremde Hüne auf seinen Begleiter zu stampfte. Anhand Kisames Reaktion, die aus einem schiefen Grinsen und einem Schulterzucken bestand, unterließ er es dann aber. Ihm entging nicht, dass das Mädchen ihn weiterhin im Blick behielt, wohl seinen Angriff auf ihren Kameraden fürchtete. „Was soll ich sagen…Unkraut vergeht nicht“, hörte er Kisame scherzen und gleich darauf boxte ihm der andere in den Magen, ließ ihn keuchen. Itachi erschrak merklich, machte einen Schritt in die Richtung der beiden, doch das Mädchen hob die Hand, bedeutete ihm, stehen zu bleiben. „Deine Sprüche kannst du dir sonst wohin stecken, du Mistkerl!“, grollte der Hüne und packte ihn am Kragen. „Ich dachte, ich sehe dein hässliches Gesicht nie wieder!“ Kisame lachte rau auf, machte aber keine Anstalten, sich aus dem Griff zu befreien, sondern hob abwehrend die Hände. Seine Beute fiel zu Boden, wo sie vorerst achtlos liegen blieb. „Gleichfalls…ich dachte auch, das wär’s für mich gewesen, aber dank Itachi bin ich dem Tod noch mal davon gekommen. Das ist übrigens der Kerl, den ihr eben noch im Begriff ward zu töten…“ Seine Worte damit untermalend, deutete Kisame mit dem Finger auf ihn. Abermals wurde er sehr genau fixiert, der fremde Hüne runzelte die Stirn. „...er gehört zu dir?“ „Kann man so sagen.“ „Schade. Wir hielten ihn für leichte Beute, um uns was dazu zu verdienen. Nicht wahr, Haku?“ Diese gab ein Nicken von sich, richtete ihre Rehaugen mit sichtlicher Neugierde auf ihn. „Verzeihung. Wir wussten nicht, dass du zu Kisame-san gehörst.“ Sie verbeugte sich einmal vor ihm, was bei ihm aber nicht unbedingt den richtigen Nerv traf. Die zwei hatten also versucht, ihn zu bestehlen? Und als sie gemerkt hatten, dass er keine leichte Beute war, hatten sie ihre Taktik geändert. Wäre Kisame nicht rechtzeitig gekommen, hätte er dessen Kameraden wahrscheinlich getötet, um sich selbst zu schützen. „Ist ja noch mal alles gut gegangen, was?“, meinte dieser schief grinsend. „Also, der grobe Holzkopf hier ist Zabuza…und die vermeintliche Lady da drüben ist Haku. Sein Partner. Ihr beide zieht die Nummer mit dem hilflosen Mädchen also immer noch ab?“ Hatte er da was falsch verstanden oder handelte es sich bei Haku…um einen Jungen? Nein. Kisame hatte Partner gesagt…und das erklärte noch mal sein Gefühl, dass da etwas nicht stimmte. Haku neigte den Kopf zur Seite, schenkte ihnen ein täuschend liebliches Lächeln. „Wenn es doch jedes Mal wieder funktioniert~?“, gab er zurück und wandte sich dann ihm zu. „Wobei Itachi-san mir ja gut widerstanden hat – ich musste mich bisher nur selten anbieten. Die meisten Männer fordern dies von allein ein.“ Sie…nein, er zwinkerte ihm zu, schien dies durchaus amüsant zu finden. Itachi fand die Situation bloß unangenehm – und das nicht nur wegen Hakus Verhalten, sondern auch, weil er nicht sicher war, wie viel dieser gesehen hatte. Zabuza hatte bloß seinen Hinterkopf im Blick gehabt, doch Haku…hatte geradewegs in seine roten Augen gestarrt. „Tja, Itachi ist eben aus anderem Holz geschnitzt“, erwiderte Kisame und kam näher, bis er neben ihm stand. „Den kann man nicht so leicht um den Finger wickeln!“ Die Pranke des Hünen legte sich auf seine Schulter, drückte diese einmal, um ihn vermutlich zu beruhigen. Es funktionierte mäßig, doch er zog es ohnehin vor zu schweigen, um sich ein besseres Bild machen zu können. Dass die beiden ihn hatten ausrauben und umbringen wollen, trug nicht dazu bei, dass er sie sonderlich sympathisch fand. „Scheint ganz so…“, bemerkte Zabuza und verengte die kalten Augen. „Nun, da wir uns für heute in euer Lager einladen, wirst du genügend Gelegenheit haben, uns mehr über deinen Begleiter zu erzählen…“ Kisames Hand ruhte weiterhin schwer auf seiner Schulter, während sich seine Lippen zu einem breiten Grinsen formten, das Itachi nicht ganz nachvollziehen konnte. Wie viel hatte Kisame seinen Kameraden bereits über den damaligen Vorfall erzählt? Wie viel glaubten sie davon? „Nun, das…wird eine lange Geschichte, alter Freund…“, hörte er Kisame sagen und spürte die Glut in seinem Inneren warnend auflodern. Kapitel 16: Die Rose im Wasser ------------------------------ “…und dann…hat dieser Kerl…dieses Monster ihn einfach mitgenommen!“ „Feuer, Teufelsaugen…und du bis‘ sicher, dass‘ de nicht volltrunken war‘s?“ Grimmig blickte er seinen Freund an, welcher gerade das nächste Schälchen Sake herunterkippte. Sie hatten einander zufällig getroffen, kannten sich von früher. Zabuza hatte hier ein Zimmer und ihn eingeladen, mit ihm zu kommen, um ihr Wiedersehen mit Alkohol zu feiern. Der Vorfall mit Itachi und dem Monster lag erst 3 Tage zurück und noch immer war Kisame aufgewühlt. Es hatte ihn Überwindung gekostet, Zabuza überhaupt etwas davon zu erzählen, doch der Alkohol hatte seine Zunge gelockert. „Ich weiß, was ich gesehen habe!“, knurrte er und griff nach dem Sake. „…schon gut“, erwiderte Zabuza, doch es war offensichtlich, dass er ihm nicht glaubte. Kisame konnte es ja sogar verstehen, schließlich hätte er es auch nicht geglaubt, hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen. Hätte er die Hitze nicht gefühlt. Die Mordlust dieses Monsters nicht gespürt…und er sorgte sich um den verletzten Jungen, den er diesem überlassen hatte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen… „Jetzt lass das Grübeln! Du hasses überlebt und…ernsthaft, so wie‘de aussiehst, war‘s echt heftig.“ Kisame ahnte, dass dieser seine Hirngespinste eher einem zu harten Schlag auf den Kopf zuordnete. Er hatte die Platzwunde an seiner Schläfe nähen lassen müssen und die anderen zahlreichen Verletzungen ebenfalls versorgen lassen. Jedenfalls nachdem er sich ein Pferd in all dem Chaos gestohlen hatte und so schnell wie möglich davon geritten war. „Ja…das war es wohl“, murmelte er mehr zu sich selbst, während Zabuza ihm nachschenkte. Um sie herum war es laut, die Taverne war gut besucht, sodass es unwahrscheinlich war, dass ihnen jemand Gehör schenkte. Dennoch sprach Kisame bewusst leise, nur für den Fall der Fälle. „Du kanns‘ über Nacht mit im Zimmer bleib‘n“, bot ihm Zabuza an, die Stimme rau vom Alkohol. „N‘ Futon is noch über…pennt Haku halt bei mir.“ Ach ja. Haku. Zabuzas kleiner Begleiter, den er zuerst für ein Mädchen gehalten hatte. Ähnlich wie Itachi. Er konnte sich denken, warum Zabuza den Jungen direkt nach dem Essen aufs Zimmer geschickt hatte. Nicht nur sie beide waren ordentlich angetrunken und jemand, der so hübsch war, zog die Aufmerksamkeit auf sich. Nicht alle machten vor Kindern Halt…wie er es letztens mitangesehen hatte. „…wenn es euch nicht stört, nehme ich dein Angebot an.“ „Unsinn!“ Kisame grinste schief, griff nach der Sakeflasche. „Darauf trinken wir!“ Sie waren damals zusammengeblieben und kurz darauf Akatsuki beigetreten, erinnerte sich Kisame zurück. Er fragte sich, wie viel Zabuza noch von diesem Abend in der Taverne wusste, denn sie waren am Ende ziemlich dicht gewesen. Haku hatte ihnen aus den Klamotten helfen müssen und sie beide dafür gescholten, so viel getrunken zu haben. Recht hatte er gehabt, schließlich waren die Zeiten gefährlich gewesen…waren sie immer noch. Zu viert saßen sie um das Feuer herum, teilten ihre verbliebenen Vorräte, sowie Kisames Beute miteinander. Es war offensichtlich, dass Itachi die beiden nicht mochte, und obwohl Kisames dies verstehen konnte, war es nicht das Kennenlernen, das er sich erhofft hatte. „…und dann hat Itachi mich solange gesund gepflegt, bis ich wieder auf den Beinen war“, brachte er die Geschichte zu Ende. Er hatte sie hier und da ein wenig verändern müssen, die Zaubereien weggelassen und Itachis Familie nur kurz erwähnt. Es war nichts Besonderes, dass die Eltern verstarben und man von einem Verwandten großgezogen wurde. Vermutlich erinnerte sich Zabuza nicht mal mehr an den Namen des Jungen von damals, auch wenn dieser misstrauisch wirkte. So wie er allen Fremden misstrauisch gegenüber war und sie zuerst einmal aus Prinzip nicht mochte, bis sie sich ihm bewiesen hatten. „Und wozu ist der nun mitgekommen? Um Händchen zu halten, falls dich deine Beine wieder im Stich lassen?“, brummte dieser, woraufhin Kisame schnaubte. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, sah Haku zu seinem Partner auf und tätschelte dessen Wange mit einem Lächeln. „Wir wollen nicht vergessen, wie oft ich dein Händchen gehalten habe, nachdem du mal wieder rücksichtslos gekämpft hast, hm?“ Zabuza knurrte, schlug dessen Hand weg – wenn auch nicht so grob, wie er es bei jedem anderen getan hätte. Nun, Haku durfte sich solche Dreistigkeiten aus mehreren Gründen erlauben. Zum einen weil er Recht hatte, denn Zabuza war ein Freund der rohen Gewalt, der zwar den nötigen Grips für Taktik besaß, diese aber oft hinten anstellte. Er liebte den Kampf – und Kisame hätte lügen müssen, hätte er behauptet, dass sie sich darin kein Stück ähnelten. Haku dagegen war jemand, der Opfer entweder vermied oder es so kurz und schmerzlos wie möglich hielt. Einen ernsthaften Kampf gegen Haku zu bestehen, würde selbst für Zabuza und ihn schwierig werden. Die fehlende Körperkraft glichen Schnelligkeit und Reflexe aus…und das Wissen über die Anatomie des Menschen. „Meine Frage wurde nicht beantwortet“, grollte Zabuza und riss ihn damit aus den Gedanken. „Warum ist er mitgekommen? Will er sich uns anschließen?“ Kisame stutzte, warf einen Seitenblick zu Itachi, welcher mit unbewegter Miene zuhörte. Lediglich seine Brauen zogen sich etwas zusammen, machten deutlich, was er davon hielt. Sich der Aufmerksamkeit der anderen beiden bewusst, grinste Kisame und legte dem Uchiha die Hand auf die Schulter. „Vielleicht? Er ist sich noch nicht sicher, aber kämpfen kann er. Vorerst wollte ich ihm zeigen, wie es bei uns so abläuft. Er soll sich ein Bild machen...nicht wahr?“ Er ging nicht davon aus, dass Itachi ihm hier in den Rücken fiel, auch wenn ihm das Funkeln in dessen Augen nicht entging. Wenigstens überwand er sich zu einem Nicken. „…ja. Vielleicht“, hörte er ihn leise sagen, ehe sich wieder der Reisschale in seiner Hand zuwandte. Da Itachi nicht vorzuhaben schien, sich weiter zu unterhalten, ergriff Kisame erneut das Wort. „Wie geht es den anderen?“, erkundigte er sich. „Na ja, wir haben jetzt alle keine Freudensprünge gemacht, als wir das von dir gehört haben“, brummte Zabuza und riss ein Stück Fleisch aus der gegarten Wachtel. „Mh…aber am meisten hat es Suigetsu getroffen. Schätze, er fühlt sich verantwortlich, weil du ihm die Flucht ermöglicht hast.“ Ein Schatten huschte über Kisames Gesicht. „Nicht, dass ich unbedingt sterben wollte…aber er ist jung, ich hab mein Leben gelebt. Wenn es einen von uns beiden treffen muss, dann lieber mich.“ „Du Held…“, spottete sein Kamerad, woraufhin Kisame schnaubte. „Du hättest dich an meiner Stelle auch für deinen Partner entschieden, also halt‘s Maul, Zabuza.“ „Du weißt genau, dass man das nicht vergleichen kann, also selber Schnauze.“ „Wenn das wieder in einer Prügelei endet, sagt Bescheid, dann geben Itachi-san und ich Wetten ab“, bemerkte Haku trocken, was Kisame grinsen ließ. „Aus dem Alter sind wir doch raus…“ „Beim letzten Saufgelage ward ihr es noch nicht.“ „Da hatten wir auch zu viel – und Hidan hat uns angestachelt“, verteidigte sich Zabuza, woraufhin Haku schmunzelte. „Sicher doch…“, murmelte er, wandte sich dann aber an den Uchiha. „Möchtest du nicht doch etwas von dem Fleisch? Du hast ja schon den Reis mit uns geteilt…“ Itachi blickte auf, die Stäbchen verharrten kurz über der Schüssel in seiner Hand. „…ich esse weder Fleisch, noch Fisch. Danke.“ Nun, dass die Aussage Verwirrung hervorrief, konnte Kisame nachvollziehen. War ihm ja nicht anders gegangen, als er davon gehört hatte. „Das muss man nicht verstehen, oder?“, kam es von Zabuza, welcher seine gespitzten Zähne erneut in seine Wachtel schlug. Haku hingegen blickte den Uchiha neugierig an. „Wieso nicht?“ „…weil ich nicht möchte, dass etwas für mich stirbt“, antwortete Itachi nach kurzem Zögern. „Und weil mich schon der Gedanke an rohes, blutiges Fleisch oder tote Fischaugen anwidert.“ Kisame fragte sich, ob Itachi schon vorher solche Essgewohnheiten gehabt hatte oder ob er sie nach dem damaligen Vorfall entwickelt hatte. Er würde ihn darauf ansprechen, wenn sie allein waren. Zabuzas Appetit schienen die hart gesprochenen Worte allerdings nicht zu schmälern, denn er schnaubte bloß abfällig. „Und dann überlegst du, bei uns mitzumachen? Ich kann gar nicht zählen, wie viele Menschen und Tiere ich schon getötet habe. Akatsuki ist keine Gemeinschaft für Sensibelchen, Junge.“ Nun, damit konnte Kisame wohl abhaken, dass die zwei sich jemals würden leiden können. Wenigstens ließ Itachi seinen Freund nicht direkt in Flammen aufgehen, sondern begnügte sich mit einem so eisigen Blick, dass etwas Wärme vielleicht nicht schlecht gewesen wäre. „Dreizehn.“ Sie alle hielten inne, blickten den Uchiha fragend an. „Was soll das denn heißen?“, murrte Zabuza. „Du isst keine Tiere mehr, seit du dreizehn bist?“ „Dreizehn ist die Anzahl der Menschen, die ich getötet habe“, gab Itachi kalt zurück. „Und im Gegensatz zu dir erinnere ich mich an jeden einzelnen – ohne darin etwas Rühmliches zu sehen. Ich habe es verabscheut, auch wenn es unvermeidbar war…und wenn du mich deswegen als Sensibelchen bezeichnest, nun gut. Lieber bin ich ein Sensibelchen, als ein gewissenloser Mörder.“ Vielleicht wäre es besser gewesen, Itachi hätte weiterhin geschwiegen. Jedenfalls würde das hier nicht zur Hochstimmung beitragen, wenn er Zabuzas Ausdruck so betrachtete – von verdutzt zu wütend. Auch Haku schien damit nicht gerechnet zu haben, blieb vorerst sprachlos, weswegen sich die Stille ausdehnte. Schließlich schnalzte Zabuza mit der Zunge, wobei er den Uchiha anfunkelte. „Eins muss man dir lassen, du hast Eier, einem gewissenlosen Mörder so frech zu kommen.“ „Ich denke nicht, dass die Wahrheit frech ist.“ „Hn…ich weiß nicht, ob du mich amüsierst oder ob ich dir den Schädel einschlagen will. Das ist seltsam, denn normalerweise weiß ich das sehr gut.“ „Du schlägst hier niemandem den Schädel ein“, mischte sich Kisame warnend ein. Er wusste um Zabuzas Temperament und dass es oftmals schwierig zu zügeln war. Ihm entging nicht, wie Haku eine Hand auf den Unterarm seines Partners legte. „Er hat Kisame-san das Leben gerettet“, erinnerte er ihn. „Wir schulden ihm Dank…ob seine Worte nun vermessen sind oder nicht.“ Das Letzte machte deutlich, dass auch Haku nicht gerade erfreut darüber war, dass sich der Uchiha so schnell ein Urteil über Zabuza erlaubte. Wobei selbst Kisame zugeben musste, dass da was Wahres dran war…und zudem hielt sich sein alter Freund ja auch nicht zurück. Zabuza knirschte hörbar mit den scharfen Zähnen, dann aber nickte er. „Na schön, meinetwegen. Ich bin ganz friedlich…solange mir der da nicht noch mal dumm kommt.“ „Und ich werde nicht noch einmal vermessen über jemanden urteilen, solange ihr euch ebenfalls daran haltet“, erwiderte Itachi ruhig, auch wenn es mit Sicherheit in ihm brodelte. Kisame atmete durch. „Dann ist ja alles geklärt…und wo wir nun mit den Drohungen fertig sind, mal was anderes...seid ihr auf dem Rückweg oder führt euch eine Mission in die Gegend?“ Zabuza ließ die Schultern sinken, wirkte bei dem Themenwechsel etwas entspannter. „Eine Mission“, erwiderte er und schmiss die abgenagten Knochen ins Gebüsch. „Pain schickt uns Richtung Kumo. Dort haben sich anscheinend Banditen angesiedelt, die die feinen Herren nicht mehr in den Griff kriegen. Die Menschen können nicht zweimal Abgaben leisten…also sollen wir uns einschleichen und der Schlange den Kopf abschlagen.“ Haku lehnte sich an seinen Partner, lächelte sie beide an. „Bei jedem Überfall werden auch einige Jungfrauen entführt...es wird also vermutlich recht einfach sein, sie zu infiltrieren.“ Für jemanden wie Haku mit Sicherheit. Der Junge stach mit seiner Schönheit dermaßen heraus, dass er sogar viele Frauen in den Schatten stellte. Bei den meisten Männern siegte Gier über den Instinkt – und das war ihr Todesurteil. Mit Zabuza in seinem Rücken würden sie die Mission auch zu zweit bewältigen können, zumal ihnen ihre Auftraggeber wohl genügend Männer stellen würden. „Vermutlich“, bestätigte Zabuza angesäuert. „Auch wenn es mir nicht gefällt…“ Haku lächelte warm, verschränkte seine zierlichen Finger mit den viel dickeren, kräftigeren seines Partners. „Du weißt, dass ich mit solchen Dummköpfen fertig werde…und dass ich immer zu dir zurückkomme.“ Zabuza gab nur ein dunkles Brummen von sich, das jedoch verstummte, als Haku ihm die Lippen auf die Wange drückte. Nun, von allen Männern war Zabuza der, der dem jungen Mann am Hoffnungslosesten verfallen war…doch wenn man Hakus Ausdruck betrachtete, war klar, dass es andersherum genauso war. Sein Blick glitt zu Itachi, dem dies wohl nicht entging, doch er konnte nicht sagen, was dieser darüber dachte. Ob er es anstößig fand? Unangemessen? Gleichgeschlechtliche Beziehungen waren im Allgemeinen verpönt, aber die Uchiha waren in vielen Dingen anders… „Nun hört schon auf mit dem Geturtel“, meinte er grinsend. „Da wird einem ja schlecht.“ „Pass auf, dass dich der Neid nicht irgendwann grün werden lässt, Kisame“, schoss Zabuza zurück, woraufhin Haku leise lachte. „Er hat aber Recht. Wir sind unhöflich.“ „Ach was…sei doch mal ehrlich, Kisame, du und dein neuer Freund…da läuft nichts? Wäre ja ein plausibler Grund, ihn bei uns einzuschleusen…“ Kisame hätte wissen müssen, das Zabuza irgendwann damit kam…und er hätte lügen müssen, hätte er behauptet, dass Itachi ihn auf diese Weise nicht interessierte. Junge, androgyne Männer mochte er ebenso gern wie hübsche Frauen und Itachi faszinierte ihn, seitdem er ihn getroffen hatte. Da er jedoch um dessen Vorgeschichte wusste, würde er einen Teufel tun und ihn bedrängen. Itachi vertraute ihm viel mehr in dieser kurzen Zeit, die sie bisher miteinander verbracht hatten, als er zu Anfang geglaubt hatte. Er wollte sich das nicht kaputt machen, indem er voreilig forderte, was der Jüngere ihm nicht geben wollte. Wenn dieser überhaupt in diese Richtung dachte. „Tja, tut mir leid, dich zu enttäuschen, aber so eine Beziehung haben wir nicht“, erwiderte er grinsend und legte eine Hand auf Itachis Oberschenkel. „Wir sind bloß Weggefährten, die sich gut verstehen.“ Ihm entging nicht, wie dem Uchiha für wenige Sekunden die Mimik entgleiste und er reflexartig seine Hand festhielt. Kisame hatte sich auf den Schmerz bereits eingestellt, doch nichts passierte. Kein brennender Schmerz. Kein Geruch von verbrannter Haut…und anscheinend wunderte sich Itachi am meisten darüber, so perplex, wie er ihn ansah. Dann löste er seine Finger langsam von seinem Handgelenk, machte aber auch keine Anstalten, seine Berührung zu unterbinden. Kisame versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn diese simple Tatsache erfreute. „Na sicher seid ihr das…“, spottete Zabuza und fixierte dabei seine Hand. Hakus braue Rehaugen wirkten dagegen ernster, doch was auch immer in seinem Kopf vorging, er ließ sie nicht daran teilhaben. Stattdessen streckte er sich einmal, sah in die Runde. „Wir sollten langsam schlafen gehen, meint ihr nicht? Zabuza-san und ich haben morgen noch einen langen Weg vor uns, genau wie ihr beide.“ „Wahre Worte“, musste Kisame zugeben und auch Zabuza schien den Gedanken vernünftig zu finden. Itachi gab bloß ein stilles Nicken von sich, wobei Kisame jedoch seinen Blick in seinem Nacken spürte, als er sich von ihm löste. Die Nacht war schrecklich gewesen…und das nicht nur, weil Sakura auf dem harten Holzboden hatte schlafen müssen. Zwar hatte Sasuke ihr eine Decke, Wasser und etwas zu essen gebracht, doch sie hatte gerade mal etwas Flüssigkeit herunterwürgen können. Gesprochen hatte er kaum mit ihr und sowieso machte er den Eindruck, als würde er so wenig wie möglich mir ihr zu tun haben wollen. Vielleicht sollte sie das beruhigen, denn wenn er kein Interesse an ihr zeigte, brachte er sie möglicherweise zurück? Ließ sie laufen? Oder er entledigte sich ihr auf andere Weise… Sakura drehte es den Magen um, während sie in die Decke gewickelt auf dem Boden lag und ihre schmerzenden Hand- und Fußgelenke pochen spürte. Die groben Seile scheuerte ihre Haut wund und da man ihr den kleinen Dolch genommen hatte, bekam sie diese auch nicht gelöst. Sie wurde rot bei dem Gedanken, wie er ihr während der Bewusstlosigkeit unter den Yukata gefasst haben musste. Wie hatte sie für diesen schrecklichen Menschen nur schwärmen können? Oder für was auch immer er sich hielt, so seltsam, wie er sich benahm. Die beiden hatten über sie geredet, als wären sie etwas anderes…Besseres. Vielleicht waren sie von Sinnen…vielleicht hatten sie diese schrecklichen Taten verübt. Jedoch hatten die Täter noch nie ein Mädchen entführt. Sakura zog die Knie an den Oberkörper, während sie mit mattem Blick zu dem Eimer in der Ecke sah, den man ihr zum Erleichtern hingestellt hatte. Ob jemand nach ihr suchte? Tsunade oder…ja, Naruto musste nach ihr suchen. Sie waren verabredet gewesen, sicher gab es Spuren. Aber würden sie rechtzeitig kommen? Tief atmete Sakura durch, versuchte, die Tränen herunterzuschlucken. Nein! Wenn sie jetzt aufgab, sich der Verzweiflung hingab, würde sie ganz bestimmt sterben…oder Schlimmeres. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren, taktisch denken – wie sollte sie sich verhalten, wenn Sasuke…oder der andere Mann, Madara, wiederkam? Wenn sie mürbe wirkte, verängstigt, wie man es von einem jungen Mädchen wie ihr erwartete, würden sie sie sicher unterschätzen. Das würde ihr in die Hände spielen, wenn sie ihnen entkommen wollte...und das würde sie. Lebend. Tatsächlich öffnete sich die Tür einige, quälende Minuten später, aber wenigstens war es nicht der ältere Mann. Dieser machte ihr noch mehr Angst als es Sasuke tat…auch wenn ihr dessen Blick kalte Schauer über den Rücken jagte. Sie setzte sich langsam auf, gab vor, seinem Blick kaum standhalten zu können. Unsicherheit, Nervosität ausstrahlen…na ja, da musste sie nicht viel vortäuschen. Sasuke schenkte ihr nur kurz Beachtung, ehe er sich der Schüssel mit Reis zuwandte, eine Braue hob. Sie hatte nicht mal daran gerochen, hätte sowieso keinen Bissen herunterbekommen, auch sie es sich nicht erlauben konnte, zu hungern. Sie brauchte ihre Kräfte, wenn sie hier raus wollte. „Mit deiner mageren Figur solltest du besser kein Essen verweigern…“ Sie verbiss sich einen entsprechenden Kommentar und schluckte bloß hart, senkte den Blick. „…ich habe keinen Hunger“, wisperte sie, drückte sich an die Wand. Sasuke schnaubte verächtlich. „Wie du meinst. Lange wirst du das nicht durchhalten…und wenn du wirklich verhungerst, habe ich dich wenigstens nicht mehr am Hals. Tu also, was du willst.“ Sakura fragte sich, wie man so einen schrecklichen Charakter und so ein schönes Gesicht haben konnte. Es stimmte wohl, dass man niemals nach dem Äußeren gehen durfte. Sie atmete zittrig durch, wenn auch mehr vor Wut, ehe sie die Schultern sinken ließ. „…darf ich…mich bitte waschen?“, murmelte sie und sah zu ihm auf. „Ich…muss mich auch mal bewegen, mir tut alles weh…bitte.“ Anscheinend war er von ihrem Verhalten irritiert, denn er kam nicht umhin, sie einige Sekunden skeptisch zu mustern. „…falls du zu fliehen gedenkst, würde ich dir das nicht raten“, warnte er sie langsam. „Ich kenne diesen Wald in und auswendig. Meine Augen und Ohren sind überall…und sollte ich dich in dem Fall finden, kannst du sehr dankbar dafür sein…denn falls dich Madara wieder einfängt…nun…sagen wir, das wird hässlich für dich.“ Sakura spürte, wie sich jedes noch so feine Härchen am Körper aufstellte, doch sie fasste sich. „Du willst mich doch sowieso nicht haben“, murrte sie, woraufhin er genervt seufzte. „Das stimmt zwar…doch wenn Madara einen Nutzen in dir sieht, werde ich das nicht anzweifeln. Vorerst bleibst du hier. Also…noch mal…keine Dummheiten. Verstanden?“ Bei den letzten Worten packte er grob ihr Kinn, riss es hoch, um ihr in die grünen Augen zu sehen. Die plötzliche Nähe ließ sie trotz aller Umstände erröten und sie versteifte sich. Bei seinem auffordernden Blick konnte sie nur zaghaft nicken. „…ver…standen“, nuschelte sie und er ließ sie los. „Gut. Dann komm. In der Nähe ist ein Fluss. Da ich an deinen Verstand glauben möchte, gehe ich davon aus, dass du nicht so dumm bist, mir davon schwimmen zu wollen. Du würdest jämmerlich ertrinken, selbst wenn du schwimmen könntest…und wie du weißt, wäre mir das persönlich ziemlich egal.“ Und sie glaubte ihm jedes Wort. Was für ein furchtbarer Mensch… Eine Weile später folgte sie ihm durch den Wald, wissend, dass er sie schon jetzt auf die Probe stellte. Vielleicht wollte er sogar, dass sie kopflos davon lief, um Gewalt ihr gegenüber besser rechtfertigen zu können? Es gab solch kranke Leute, die es mochten, wenn die Frauen wehrhaft waren. Sie durfte ihm nicht in die Hände spielen, sondern musste sich weiter devot geben. Wenn sie irgendwie an seine Waffe käme…aber nun gut. Später. Vielleicht bekam sie noch ein paar Informationen heraus. „…du hast noch einen Bruder?“, begann sie vorsichtig ein Gespräch. Sein Bruder schien ein wunder Punkt zu sein, denn ihr entging seine kurzzeitige Anspannung nicht. Nach wenigen Sekunden nickte er wortlos und sie wartete mit ihrer nächsten Frage. „Ist er viel älter als du?“ „Er ist zwanzig.“ Also doch ein paar Jahre älter, wenn sie ihn richtig einschätzte. Da Sasuke ihr schon so bereitwillig antwortete, blieb sie dran. „Habt ihr ein gutes Verhältnis?“ „…wozu willst du das wissen?“ „Uhm…Neugierde?“ Er schoss ihr einen prüfenden Blick über die Schulter zu, ehe er wieder nach vorn sah, dabei nicht stehen blieb. „Pass besser auf. Zu viel Neugierde kann tödlich enden“, murmelte er und ließ sie hart schlucken. „Ich wollte nicht-“ „Er ist mein Bruder. Natürlich ist er mir wichtig.“ Sakura stockte kurz, während sie auf seinen Rücken sah; hatte sie sich geirrt oder klang das bitter? Das beantwortete ihre Frage zwar nur indirekt, aber dennoch…es schien, als würde da noch etwas im Argen liegen. Vielleicht war dieser ominöse Bruder ihre Chance, hier wegzukommen? Hatte Madara diesen Itachi nicht pazifistisch genannt? War er der Gute? Oder verbarg er seine bösartige Natur bloß? Sollte sie Sasuke provozieren? „Hat er etwas mit den Überfällen im Dorf zu tun?“ Er blieb so abrupt stehen, dass sie beinahe in ihn hinein gelaufen wäre. „…was?“ Seine Tonlage klang so scharf, dass es sie schaudern ließ. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, so forsch zu sein, doch sie konnte es jetzt nicht mehr zurücknehmen. „Du weißt also, wovon ich spreche“, erwiderte sie leise und machte einen Schritt zurück. „Von den Frauen, die-“ Das nächste, das sie spürte, war ein starker Schmerz in ihrem Rücken, als Sasuke blitzschnell herumfuhr und sie gewaltsam gegen einen der Bäume stieß. Mit so viel Kraft, dass ihr kurzzeitig die Luft wegblieb, und hätte er sie nicht grob an der Schulter festgehalten, wäre sie an der Rinde hinabgesackt. Sie keuchte leise, krallte die Nägel in den Baum hinter sich, während ihre grünen Augen erschrocken zu ihm aufsahen. Sein Gesicht war so von Hass und Wut geprägt, dass es sie erstarren ließ. „Wage es noch einmal, so etwas über meinen Bruder zu behaupten, und mir wird es egal sein, was Madara will!“, zischte er sie an. „Itachi ist der Einzige von uns Dreien, der überhaupt etwas für euch Menschen übrig hat! Du kennst ihn nicht mal, also halt dein dummes Mundwerk im Zaum!“ Zu mehr als einem erschrockenen Nicken war sie nicht imstande, doch dies schien Sasuke glücklicherweise zu reichen. Er packte sie rücksichtslos am Arm und zog sie dann einfach weiter, nicht darauf achtend, ob sie mit ihm mithalten konnte. Immerhin konnte sie nun sicher sein, dass er von den Geschehnissen in den umliegenden Dörfern wusste. Ob dies ihn oder die anderen beiden schuldig machte, blieb offen. Wollte sie es überhaupt herausfinden? In ihrer Situation würde sie das bloß einem gewaltsamen Tode näher bringen. Sie musste hier schnellstmöglich weg. Es kostete Sasuke alle Mühe, seiner Wut nicht freien Lauf zu lassen. Wusste dieses Mädchen überhaupt, wie froh es sein konnte, dass er nicht Madara war? Madara hätte sie bei solch einer Anschuldigung in Flammen aufgehen lassen. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie drei alles durchgemacht hatten. Vor allem Itachi, dem sie zutraute, sich an irgendwelchen Frauen zu vergehen. Ja, er wusste in der Tat über die Vorfälle Bescheid, doch sie interessierten ihn nicht. Kein bisschen. Das war ein Problem der Menschen, welches diese selbst lösen sollten. Innerlich konnte er nur den Kopf über ihre absurde Vermutung schütteln; sein Bruder zuckte ja oftmals schon bei einer simplen Umarmung zurück…und er war Familie. Itachi konnte seit damals kaum Nähe zulassen und auch wenn Madara es ihm nicht erzählt hätte, so sprachen die Narben Bände. Die seelischen und körperlichen. Man sah es in seinen Augen, die oftmals so leer wirkten, dass sich Sasuke wünschte, er würde sich dem Hass hingeben. Alles war besser, als gebrochen zu sein. Umso unfassbarer empfand Sasuke es, dass ausgerechnet dieser Hüne Itachis Feuer zu wecken schien. Ein ehrloser, dahergelaufener Söldner, den sein Bruder damals sicherlich irgendwie beeinflusst hatte. Vielleicht ja sogar unbewusst…damals war Itachi noch nicht so fähig wie heute gewesen. Welcher Mensch war so selbstlos, dass er für ein verfluchtes Kind sein Leben gab? Nein. Unmöglich…hoffentlich endete dies nicht in einem erneuten Trauma. So gesehen hätte sich Sasuke regelrecht gewünscht, sein Bruder hätte irgendein Interesse an Frauen gezeigt, anstatt Amaterasu durch die Gegend zu schicken und diesen Kerl zu beobachten. Madara schien dasselbe zu befürchten, so finster, wie er bei dem Thema drein schaute. Nun, sie konnten es nicht ändern, mussten abwarten und hoffen, dass Itachi zur Vernunft und vor allem zurückkam. Er hielt inne, als er das Rauschen des Flusses hörte; sehr gut, dann würden sie in Kürze angekommen sein. Seine Wut war noch nicht gänzlich verraucht, aber genügend abgeschwächt, dass er sich unter Kontrolle hatte. Scheinbar hatte er sie mit seinem Ausbruch wirklich erschreckt und obwohl es ihm nicht leidtat, schalt er sich innerlich für sein Verhalten. Es ging nicht speziell um sie, doch eine Frau mit Gewalt einzuschüchtern…das war nichts, worauf man als Mann stolz sein sollte. Er löste seinen groben Griff um ihren Arm und ging weiter, bis sie am Ufer des Flusses standen. Erst dann warf er ihr einen Blick zu, sah noch, wie sie sich die schmerzende Haut rieb. „Wir sind da.“ Sie presste die Lippen fest zusammen, ehe sie zum Wasser sah, wohl selbst erkannte, dass es für jemanden mit ihrer zierlichen Statur unmöglich war, rüber zu schwimmen. Erwachsene Männer mit mehr Kraft hatten ihre Probleme mit der Strömung, da würde sie es sicher nicht schaffen. Anhand der Resignation in ihrem Gesicht, erkannte sie dies soeben wohl auch. Sie zögerte merklich, ehe sie sich zu ihm umdrehte. „Drehst du dich…bitte um? Ich…müsste mal…“ Na gut, dabei musste er ihr wirklich nicht zusehen, sollte sie also ihren Willen kriegen. Er seufzte hörbar genervt und ging ein paar Schritte, um ihr einen gewissen Abstand zu geben. Sie befanden sich mitten in einem Wald, den er seit seiner Kindheit kannte – floh sie tatsächlich, würde er sie schnell finden. Sekunden vergingen, in denen er den Geräuschen lauschte. Rascheln, das Rauschen des Flusses…dann runzelte er die Stirn und fuhr im nächsten Moment herum. Das war doch nicht ihr verdammter Ernst… Zumindest wusste er nun, dass sie schwimmen konnte. Sasuke fluchte innerlich, ehe er auf den Fluss zu stapfte, um sie aus dem Wasser zu fischen. Zumindest trug sie nur noch das Untergewandt, sonst hätte der Stoff des Yukata sie wohl längst in die Tiefe gezogen. Aber alle Achtung…sie war wirklich schnell, hatte schon beinahe die Mitte des Flusses erreicht und er machte sich daran, sich ebenfalls auszuziehen, um sie zu erwischen. Allerdings war er da wohl zu spät, denn ein kurzes Nachlassen ihrerseits…eine unachtsame Sekunde und er hörte nur noch ihren grellen Schrei, als sie von der Strömung fortgerissen wurde. „Scheiße!“, knirschte er und sah zu, wie sie abwärts getrieben wurde. Kein Wunder, sie wog ja auch nichts mit der Figur, sowas ging schnell. Er hätte sie nicht unbeaufsichtigt lassen sollen, doch wer konnte ahnen, dass sie dermaßen mutig…und dumm war? Hinterherspringen würde nichts bringen, besser, er bewegte sich an Land abwärts…im Zweifelsfall würde er dann zumindest ihre Leiche finden. Dumme Kuh…machte ihm nichts als Umstände. Seufzend setzte er sich in Bewegung, pfiff dabei nach seinem Falken, der auch nicht lange auf sich warten ließ…mit dieser Hilfe würde er sie hoffentlich schnell finden. Und vielleicht noch lebend. Kapitel 17: Arche ----------------- „Also dann, wir wünschen euch einen sicheren Heimweg.“ Hakus Lächeln wirkte ehrlich, als sie sich verabschiedeten und dennoch…Itachi konnte einfach keine rechte Sympathie für ihn empfinden. Für keinen von beiden. Dementsprechend war er froh, als am nächsten Morgen der Abschied kam. „Und lass dich nicht wieder schnappen und um ein Haar hinrichten“, fügte Zabuza grimmig an und schlug Kisame fest auf die Schulter. Dieser grinste, drückte die Hand kurz, ehe er sie wegschlug. „Mach dir Sorgen um dich selbst. Ich komm klar.“ „Hat man gesehen…aber na ja, der da passt ja hoffentlich auf dich auf, was?“ Zabuza zeigte nun auf ihn, funkelte ihn dabei mit einem Ausdruck an, den man auch als Warnung sehen konnte. Es war schwer, diesen Mann einzuschätzen, sodass Itachi es bei einem Nicken beließ. „Wir passen aufeinander auf – so wie ihr auch“, gab Kisame zurück. „Kann man sagen…na, wie auch immer. Wir sehen uns dann in ein paar Tagen.“ „Die anderen werden erleichtert sein, dass es dir gut geht, Kisame-san“, fügte Haku noch an, woraufhin der Hüne mit den Schultern zuckte. „Die meisten von ihnen jedenfalls. Kann mir nicht vorstellen, dass Kakuzu oder Sasori großartig um mich trauern…“ „Kakuzu trauert nur seinem Geld hinterher“, meinte Zabuza abfällig. „Und für den Puppenspieler gibt’s bloß seine abartige Kunst…“ „Und Deidara“, bemerkte Haku mit einem Lächeln, woraufhin sein Partner jedoch schnaubte. „Darauf würde ich jetzt nicht wetten, aber gut…wir sollten wirklich los.“ „Da hast du Recht. Bis bald, Kisame-san, Itachi-san!“ Itachi blickte den Kameraden des Hünen nach, bis sie verschwunden waren, dann wandten auch sie sich ab und führten ihren Weg fort. Direkt fühlte er sich entspannter, hatte sich anscheinend an die Zweisamkeit mit Kisame schneller gewöhnt, als er gedacht hatte. Er vertraute ihm. Bei den anderen beiden hatte er nachts kaum ein Auge zugemacht… „Du bist froh, dass sie weg sind, nicht wahr?“ Itachi schaute auf, fing Kisames wissenden Blick samt dem gewohnten Grinsen auf. Eine Weile hatten sie beide geschwiegen, sodass Itachi gedacht hatte, er käme um ein solches Gespräch herum. Er wollte nicht lügen, auch wenn es dem Älteren vielleicht missfiel. „Du bist nicht böse, wenn ich das bejahe?“, entgegnete er. „Nun, mir wäre es lieber, ihr hättet euch anders kennengelernt, aber da kann man nichts machen. Ich verstehe, warum du sie nicht leiden kannst.“ Immerhin. Itachi konnte nicht verhehlen, dass er Sorge gehabt hatte, sie würden darüber streiten. Andererseits konnte Kisame seine Familie ja auch nicht leiden und das war ebenfalls in Ordnung. „Ich gebe zu, man muss sie besser kennen, um sie zu mögen. Das ist mit den anderen genauso…und es ist das, worum ich dich bitte. Gib ihnen noch eine Chance, wenn wir sie wiedersehen“, nahm Kisame das Thema direkt wieder auf. Itachi seufzte leise, nickte aber. „Ich werde es versuchen.“ „Gut…und wegen Zabuzas dummem Gequatsche von gestern – mach dir keinen Kopf. Er ist ein schroffer Mistkerl und er kennt mich leider auch ziemlich gut, aber…was ich gestern gesagt habe, meinte ich ernst. Ich erwarte nichts von dir.“ Itachi wäre beinahe stehen geblieben, irritiert von dem plötzlichen Themenwechsel. Er spürte, wie seine Wangen wärmer wurden und versuchte, es zu verdrängen. Darüber wollte er wirklich nicht sprechen. Das lag nicht zuletzt daran, dass er nicht wusste, ob ihn Kisames Worte…wirklich erleichtern sollten. „Zabuza und Haku…so etwas wird bei euch nicht geächtet?“, umging er eine Antwort. „Geächtet? Nein. Wir sind…wir entsprechen alle nicht der Norm, weißt du? Einige von uns begehren dasselbe Geschlecht oder haben gewisse Vorlieben, andere sind entstellt…verkrüppelt. Manchen siehst du es direkt an, andere...verbergen es auf den ersten Blick. Wir sind alle mehr oder minder Aussätzige, die in der Gesellschaft keinen Platz finden. Du wirst es verstehen, wenn du die anderen kennenlernst.“ Itachi hörte ihm ruhig zu, während er sich seine Gedanken machte. Natürlich wusste er, dass Menschen auch einander ausgrenzten…er hatte sich nur nie genauer damit befasst. Wie auch? Kisame war der einzige Mensch, an dem er überhaupt Interesse gezeigt hatte…bis heute. „Was ist es bei dir?“, fragte er und wünschte sich sofort, er hätte es nicht ausgesprochen. Er selbst vermied es, mit dem Hünen über sich zu reden…wich diesem oft aus. Wie konnte er also eine solch private Frage stellen? Kisame schien jedenfalls nicht beleidigt zu sein, dachte aber über die Frage nach. „Vieles. Ich hab dir erzählt, wie ich aufgewachsen bin. Als Waise bist du den Menschen bloß eine Last…und das haben sie uns spüren lassen. Ich wollte das Dorf so schnell verlassen und auf eigenen Beinen stehen, um mich davon zu lösen. Ich wollte einen Sinn in meinem Leben haben, aber…nun ja, diese Welt ist voller verlogener Menschen, die dich betrügen, sobald sie ihre Chance sehen. Sie bewundern deine Fähigkeiten, fürchten dich aber gleichzeitig und verbreiten Gerüchte, um dich in Ungnade fallen zu lassen. Sie benutzen dich für ihre Pläne und rammen dir nach getaner Arbeit ein Messer in den Rücken. Sie umschmeicheln dich, säuseln dir ins Ohr…und verschwinden dann mit deinen Habseligkeiten.“ Itachi hörte ihm still zu, wobei ihm auffiel, dass Madara oft ähnlich sprach. „Ich hielt dich nicht für einen verbitterten Menschen“, murmelte er schließlich. „Verbittert? Als ich dich traf, war ich das wohl…mein Leben war recht eintönig…und einsam, wenn ich keine Frau für die Nacht hatte – manchmal auch junge Männer. Ich bin für beides empfänglich.“ Der Hüne zuckte mit den Schultern. „Aber selbst dann musste ich auf der Hut sein. Als ich Zabuza wiedertraf und er meinte, ich solle Akatsuki beitreten, wollte ich das zuerst nicht. Er hat mich überredet und ich bin froh darüber. Ich würde nicht jedem von ihnen mein Leben anvertrauen, stehe manchen näher als anderen…aber es ist das, was einer Familie wohl am nächsten kommt.“ Itachi nickte langsam, konnte das nachvollziehen; niemand konnte ganz allein überleben. Nicht auf Dauer. „Madara würde dir da wohl sogar zustimmen“, bemerkte er, woraufhin Kisame eine Braue hob. „In Bezug darauf, dass alle Menschen ausgelöscht gehören?“ „Das auch…ich meinte aber eher, dass auch er verraten wurde.“ Sollte er überhaupt darüber reden? Es war Madaras Geschichte, doch der Hüne neben ihm schien interessiert, sie zu hören. Außerdem…was sollte er damit anfangen? Es war Vergangenheit. Es ließ sich nicht rückgängig machen. „Willst du mir sagen, das alles ist passiert, weil er einem Menschen vertraut hat?“, hakte Kisame nach. „Unser Clan lebte immer recht abgeschottet und versteckt, wenn wir uns auch einzeln oder zu zweit unter die Menschen mischten, um die umliegenden Dörfer zu besuchen. Wir fielen nie auf…aber Madara geriet auf einer Reise in einen Hinterhalt und wurde verletzt. Ein Mann wurde auf ihn aufmerksam und half, seine Wunden zu versorgen – leider hat er zuvor gesehen, wie Madara seine Kräfte benutzt hat.“ Itachi lächelte freudlos bei der Erinnerung daran. „Du musst wissen, Madara war damals…anders. Als unser Anführer war er zwar hart und schnell misstrauisch, aber er hasste die Menschen nicht. Er hat eine Koexistenz nie gänzlich ausgeschlossen und als er diesen Mann traf, entwickelte sich eine Freundschaft zwischen ihnen. Er fürchtete Madaras Feuer nicht, sondern wollte mehr über ihn erfahren. Madara wusste nicht sofort, dass er ein Fürst war…und als er es herausfand, brachte er ihn zu uns.“ Kisame schüttelte den Kopf, fand das anscheinend so unvernünftig, wie viele ihresgleichen ebenfalls. „Es wurde damals viel darüber diskutiert. Madaras jüngerer Bruder Izuna war außer sich, forderte sogar den Tod dieses Mannes…und einige stimmten dafür. Es brachte Unruhe mit sich, Angst wurde geschürt…einige sahen darin aber auch einen positiven Wandel. Ein so kleiner Clan wie wir es auch damals waren, hätte von dieser Freundschaft profitieren können. Ein Fürst mit Einfluss, der ein Bündnis mit uns eingeht.“ Kisame schnaubte leise. „Mächtige Männer sind stets auf sich selbst bedacht. Wenn ich eines vom Leben gelernt habe, dann das. Es mag Ausnahmen geben…aber an deiner Geschichte sieht man ja, was einem Vertrauen letztendlich bringt.“ „Es war nicht dieser Fürst, der uns verraten hat…sondern dessen Bruder. Er ist ihm heimlich gefolgt und hat gesehen, wie die Jüngeren ihre Kräfte ausprobiert haben. Dann ist alles irgendwie eskaliert. Izuna entdeckte ihn beim zweiten Mal und hätte ihn beinahe getötet…ich habe nicht alles genau mitbekommen, aber es nahm ein furchtbares Ende.“ „Offensichtlich“, brummte Kisame. „Ich hab die Dörfler damals über euch reden hören. Dachte natürlich, dass die alle einen Knacks weghaben. Teufel mit roten Augen und so…ich war nie ein gläubiger Mensch.“ Itachi erinnerte sich noch gut an jene Nacht, die Kisame beschrieb. Er erinnerte sich an die Schmerzen, die Angst, den Hunger…hätte er die Hütte des Hünen doch niemals verlassen. Hätte Madara ihn früher gefunden…aber so war es nicht geschehen. Er verdrängte den Gedanken und erzählte weiter. „Izuna geriet in Gefangenschaft…und Madara hatte bereits drei Brüder in der Kindheit verloren. Er war ihm das Wichtigste und er vertraute auf den Einfluss seines Freundes. Wir wissen bis heute nicht, was genau passiert ist…aber sie kamen in der Nacht. Mit Izunas Kopf.“ Der Hals wurde ihm eng, als er darüber sprach, und es bereitete ihm Mühe, weiterzusprechen. „Wir waren in der Unterzahl und unvorbereitet, als sie unser Zuhause mit Pfeilen beschossen und uns überfielen. Es war ein…schreckliches Gemetzel…und die furchtbaren Schreie habe ich bis heute nicht vergessen. Die…Schreie…meiner Mutter, während ich mich versteckt hielt…“ Ihm wurde übel und seine Schritte langsamer, als ihn die Erinnerung einholte. Beinahe meinte er, den Geruch des morschen Holzes wahrzunehmen, als er sich in diesem hohlen Baumstamm versteckt hatte. Wie lange hatte er nicht mehr darüber geredet? Warum tat er es jetzt? „Hey.“ Eine große Hand legte sich auf seine Schulter, drückte diese und er zuckte zusammen, sah in Kisames blassgrüne Augen. Für einen Moment wusste er nicht, was er sagen sollte. Sein Herzschlag raste noch und Übelkeit lähmte seine Zunge. Warum erzählte er Kisame solche Dinge? Und warum…fühlte er sich trotz allem ein wenig leichter? „Es ist in Ordnung…“, hörte er ihn sagen und fragte sich, ob es das wirklich war. War er nicht genauso leichtsinnig wie Madara, wenn er Kisame vertraute und sich ihm öffnete? Seit wann war er so unvorsichtig? Andererseits hatte ihm der Hüne ebenfalls Dinge anvertraut…war das ein Trick? Er wollte nicht glauben, dass es einer war. „Mach dir keinen Kopf…ja? Manchmal…hilft es, einfach nur darüber zu reden. Ich werde es nicht ausnutzen. Ich meine…was soll ich schon groß tun, hm? Wenn ich euch an irgendwelche Irren verpfeifen wollen würde, hätte ich das längst getan.“ Der Hüne zwinkerte ihm zu und es half tatsächlich etwas, ließ Itachis Mundwinkel schwach zucken. Es stimmte ja, was er sagte…und zudem war Kisame kein schlechter Mensch. Auch kein guter Mensch, doch er hatte damals sein Leben gerettet. Itachi wollte nicht, dass ihn seine Ängste einen Rückzieher machen ließen. Er hatte sich für diese Reise aus guten Gründen entschieden. „Vermutlich“, gab er leise zurück und atmete durch. Bevor Kisame seine Pranke wegnehmen konnte, umschloss der Uchiha sie mit seinen Fingern. Er drückte diese fest, sah ihm in die Augen. „Danke.“ Erst dann ließ er sie los, hoffend, dass der andere verstand, was er damit meinte. Es war ihm wichtig. Dieser blickte ihn perplex an, schien erst nicht zu wissen, was er sagen sollte. „Uhm…kein Problem. Wie gesagt, schon gut und…wir sollten weiter, oder?“ Itachi nickte, wenngleich ihn Kisames befangene Reaktion überraschte; eigentlich war es der Ältere, der die Mauern einriss, die er mühsam aufgebaut hatte. Vielleicht kam es bloß unerwartet, dass er darauf einging. Oder Kisame hatte befürchtet, dass ihn das Treffen mit Zabuza und Haku zurückwarf. Er würde es erstmal dabei belassen und seine Gedanken sortieren. „Urgh…“ Sakura presste sich die zitternde Hand auf den Mund, nachdem sie einen Schwall Wasser erbrochen hatte. Keuchend und zitternd saß sie am Ufer, schließlich trug sie nur das dünne Untergewand. Gut, dass sie allein war, denn durch den nassen Stoff blieb nicht viel von ihr verborgen – wobei gerade die Erleichterung, dass sie nicht ertrunken war, überwog. Sie war abgetrieben und hatte es nur mit Glück geschafft, sich an ein paar größeren Steinen, die aus dem Wasser ragten, festzuhalten. Die Nägel ihrer rechten Hand bluteten noch leicht, doch der Schmerz war auszuhalten. Sie hatte sich an den Steinen entlang gehangelt und von da aus einen dicken Ast zu packen bekommen, um sich aus dem Fluss zu ziehen. Dass ihr Körper so leicht war, hatte also doch Vorteile. Sie wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht, ehe sie sich hektisch umsah. Keine Spur weit und breit von Sasuke, sodass die Hoffnung in ihr aufkeimte, dass seine Drohung vielleicht doch nicht so viel Substanz hatte. Möglicherweise hatte er sie nur einschüchtern wollen. Sie atmete durch, sammelte sich und erhob sich dann mit wackligen Knien. Die Strömung hatte ihre Sandalen weggerissen, sodass sie nun barfuß laufen musste. Apropos…wo lang eigentlich? Innerlich stöhnte sie, versuchte irgendwie die Orientierung zurückzugewinnen. Sie würde erstmal flussabwärts laufen, bis zum nächsten Dorf…von da aus würde sie schon mit etwas Hilfe nach Hause finden. Wichtig war, so weit wie möglich von diesen beiden Wahnsinnigen wegzukommen. Sollte sie einer der beiden aufgreifen, würden sie sie wohl entweder umbringen oder bis an ihr Lebensende festbinden. Keine angenehmen Aussichten…Gott, sie vermisste Naruto und Ino so sehr. Gerade in dieser Situation hätten die beiden ihr mit ihrer positiven Einstellung Kraft gegeben, doch stattdessen irrte sie allein und halbnackt durch diesen riesigen Wald. Sie lief absichtlich nicht auf dem Pfad, da Sasuke sie so schneller finden konnte, sondern bewegte sich durchs Geäst. Leise und vorsichtig, denn die Strömung musste ihr einen guten Vorsprung ermöglicht haben…falls nicht, würde er sie eher finden, wenn sie wie ein Trampel losrannte. Davon abgesehen, dass es in einem Wald in der Regel gefährliche Tiere geben konnte… Sie hielt inne, als sie plötzlich fremde Stimmen hörte, woraufhin sie sich rasch an einen der Bäume presste. Schritte wurden lauter, ein Rascheln…die Stimmen waren rau und tief. Männer. Zwar nicht Madara oder Sasuke, aber deswegen konnte sie ihnen noch lange nicht trauen. „…weit und breit nichts. Wie lange irren wir hier schon durch den Wald, hm?“ „Länger als wir es sollten.“ „Die Leute sollten weniger trinken…von wegen ein Dämon mit wilder Mähne und roten Augen…“ „Einige sollen bloß einen jungen Mann gesehen haben…ich sage euch, das sind keine Dämonen, sondern Menschen.“ „Vielleicht sind sie ja besessen?“ „In dem Fall machen wir’s wie mit der verrückten Rothaarigen…“ „Die Narbe hab ich immer noch…hat sich gewehrt wie ein Tier.“ „Und geschrien wie am Spieß...na ja, hat ihr nicht viel gebracht. Am Ende haben wir sie von ihrem Elend befreit, die Leute hatten ihren Frieden und wir unseren Lohn.“ Sakura erstarrte innerlich, als sie verstand, was das für Männer waren. Sogenannte Dämonenjäger, die man anheuern konnte. Tsunade hatte sie vor ihnen gewarnt, da sie oftmals bloß einen Sündenbock suchten, anstatt echte Dämonen auszutreiben. Das Gerede machte ihr jedenfalls alles andere als Mut, sodass sie hoffte, sie würden einfach weitergehen. „Erinnert ihr euch noch an den Kerl, der in so einer abgeschiedenen Hütte gewohnt hat?“ Oh Gott, nein, sie kamen näher, würden an ihr vorbeigehen. Sakuras Herz raste, während sie fieberhaft überlegte…wenn sie losrannte, war es das…konnte sie irgendwas werfen? Sie in eine andere Richtung locken? Verdammt, ein loser Ast oder dergleichen?! „Du meinst diesen Krüppel? Ja…das war übel…“ Es mussten drei Männer sein, wenn sie richtig gehört hatte. Dreien zu entkommen, war praktisch unmöglich…vielleicht übersahen sie sie. Es war zu spät, um eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Sodass sie sich hinkniete und klein machte, dabei so lautlos atmete, wie es ging. „…kein Wunder, dass die Leute den für einen Dämon gehalten haben.“ „War nicht schön anzusehen, das stimmt.“ Sie standen praktisch hinter ihr, würden jeden Moment an ihr vorbeigehen und…taten genau das. Sakura atmete auf, sah den Männern nach, die sie nicht bemerkt hatten. Sie trugen leichte Rüstungen über den Roben, sowie Rosenkränze und Schwerter, einer besaß eine Armbrust. Sakura richtete sich vorsichtig auf, ging so leise wie möglich rückwärts – Abstand gewinnen, auch wenn sie nun die Richtung wechseln musste. „Haben wir uns verlaufen?“ Sie schrie auf, als sie die leise Stimme direkt neben ihrem Ohr hörte und fuhr herum. Es war nicht Sasuke, sondern ein ihr ebenfalls fremder Mann, der sie belustigt angrinste. „Hey Jungs…seht mal, was ich gefunden habe!“ Sakura wurde heiß und kalt, als sie begriff, dass sie sich geirrt hatte. Es waren vier, statt drei Männern – einer hatte wohl die Nachhut für den Fall der Fälle gebildet. „Ein Mädchen?“ „Ich würde eher sagen, eine kleine Hexe…seht euch mal an, wie sie hier rumläuft.“ Sakura biss sich auf die Unterlippe, verengte die grünen Augen, als die Männer sie umzingelten. Das sah richtig schlecht für sie auf… „Na, Kleine? Was machst du hier so allein?“, fragte einer mit kahlem Schädel und kam näher. Sie wich einen Schritt zurück, blieb angespannt. Würden sie ihr eine Chance lassen, wenn sie sich erklärte? Nein, die Geschichte würden sie ihr erst recht nicht glauben. „Ich war mit meiner Familie auf der Reise zu Verwandten…doch dann bin ich in den Fluss gestürzt und abgetrieben. Vielleicht könnt ihr mir helfen, sie wiederzufinden?“, fragte sie leise. Einer der Männer schnalzte mit der Zunge, sein Blick glich dem eines Falken im Sturz. Gnadenlos. Sakura wusste bereits jetzt, wie ihre Chancen standen. „Natürlich können wir dir das glauben, Mädchen…oder aber du bist der Lockvogel.“ „Ich…verstehe nicht…“ Und wie sie verstand. Es lief genauso, wie sie es befürchtet hatte. „Verführst naive Schwachköpfe und lockst sie in den Wald, wo deine Komplizen warten. Warum würdest du dich sonst verstecken, hm? Halte uns nicht für dumm.“ Der scheinbar Jüngste von ihnen mit spärlichem Bartwuchs grinste breit, zog einen Dolch. „Vielleicht finden wir die Wahrheit raus, wenn wir sie ein bisschen damit kitzeln?“ „Bitte nicht…“, entkam es ihr flehend, doch die Männer kamen bloß näher. „Schön stillhalten, Kleines…“ Innerlich zählte Sakura die Sekunden…und als der erste nach ihr greifen wollte, duckte sie sich unter seinem Arm hinweg und verpasste ihm mit all ihrer Kraft einen Kinnhaken. Sie mochte ein Leichtgewicht sein, zierlich…aber sie hatte bei Tsunade trainiert! Bevor der Mann reagieren konnte, setzte sie nach und hieb ihm mit der Handkante fest gegen den Brustkorb, was ihn röchelnd auf die Knie fallen ließ. Solar Plexus getroffen – dafür brauchte man mehr medizinisches Wissen als Kraft. Sie nutzte die Verwirrung, stieß den Mann beiseite und rannte los, so schnell sie ihre Beine trugen. Tsunade hatte einmal gesagt, dass ihre äußere Erscheinung ihre beste Waffe sein könnte. Niemand traute einem Mädchen wie ihr zu, sich zur Wehr setzen zu können. Ein scharfer Schmerz schoss durch ihre Wade, ließ sie stolpern und mit dem Gesicht im Dreck landen. Keuchend rappelte sie sich auf, weitete ihre grünen Augen, als sie den Bolzen erkannte, der in ihrem Fleisch steckte. Das Schlimmste, was ihr hätte passieren können, denn so würde sie nicht fliehen können. Sie war kaum ein paar Schritte gehumpelt, als ihr jemand von hinten in die langen Haare griff und sie an sich heranzog. „So nicht, du kleine Schlampe…“, raunte er ihr ins Ohr und sie begann, um sich zu schlagen. „Halt sie gut fest, Chouseki.“ Ihre rechte Hand wurde am Gelenk gepackt und grob herumgerissen, was sie schmerzhaft aufkeuchen ließ. „Keine Sorge, ich hab das kleine Miststück.“ Sakura knirschte mit den Zähnen, dachte fieberhaft nach, während ihr Kopf nach hinten gerissen wurde. Heißer Atem blies ihr gegen den Hals, was es noch schwieriger machte, nicht panisch zu werden. Die anderen beiden Männer näherten sich, während ihr Kamerad wohl zurückgeblieben war… Sakura schloss kurz die Augen, spannte sich an, ehe sie hinter sich griff, zu packen bekam, was sie sich erhofft hatte. Sie zog das Wakizashi mit einem Ruck aus der Scheide und – stieß damit hinter sich, riss die Klinge hoch. Ihre langen Haare fielen zu Boden, doch anscheinend hatte sie den Mann auch im Gesicht getroffen, denn dieser ließ sie schreiend los, presste sich die Hände auf dieses. Sakura atmete schwer, während sie das Schwert vor sich hielt, wissend, dass sie keine Chance hatte. Der Überraschungsmoment war gelaufen, zwei gegen einen…und aufgrund ihrer Wunde am Bein war sie kurz davor, auf die Knie zu gehen. Schweiß perlte von ihrer Stirn, während sie zurückwich, keinen von ihnen im Rücken haben wollte. „Du dreckige Hure…“ „Das war das letzte Mal, dass dir sowas gelingt.“ „Wir werden dir ganz langsam dein hübsches Gesicht zerschneiden.“ Sakura packte das Wakizashi mit beiden Händen fester, ihr ganzer Körper zitterte vor Anstrengung, aber sie riss sich zusammen. Wenn sie sterben würde, dann nicht kampflos. Niemals kampflos! „Über hübsch lässt sich streiten…“ Sakura zuckte zusammen, als sie die herablassende Stimme vernahm, und auch die beiden Männer fuhren herum. „…aber ich rate euch, das besser sein zu lassen.“ Sie hob langsam den Kopf und…sah in kalte, schwarze Augen, die sie mit der typischen Arroganz fixierten. Hatte er hier auf sie gewartet? Doch wie hatte er wissen können…? Sie spannte sich an, als er von dem Ast sprang und elegant auf dem Boden landete. „Wer bist du Balg denn, huh?!“ „Vielleicht ist er ja unser Dämon…tse! Wenn du brav bist, schlitzen wir dir schnell die Kehle auf.“ Sasuke verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln, ehe er sich ihr zuwandte. Ohne die Männer weiter zu beachten, kam er auf sie zu, ließ sich nicht von ihrem Schwert beeindrucken. „Du bist wirklich lebensmüde, hm?“ Sakura versuchte zu lächeln, doch es wirkte anhand ihrer Angst und ihrer Schmerzen kläglich. Sie war geliefert. Wer auch immer hier siegte, würde sie erledigen. Sasuke war nicht ihr Retter in der Not, sondern nur ein Übel von zweien. Es war vorbei. „Aber nun…ich hatte erwartet, dass du bloß heulen und um dein Leben flehen würdest.“ Sakura schluckte hart, wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie japste auf, als er ihr mit einer unmenschlich schnellen Bewegung das Wakizashi aus der Hand schlug und ihr das verletzte Bein wegtrat. Sie schrie vor Schmerz auf, landete auf dem Boden…und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Zitternd umklammerte sie ihr Bein, presste die Lippen zusammen, um nicht zu schluchzen. „Noch mal läufst du mir besser nicht weg.“ Sie schauderte bei der unverhohlenen Drohung, sowie dem roten Funkeln in seinen Augen. Blutrot. Dann fuhr er herum, gerade noch rechtzeitig, bevor einer der Männer ihn mit dem Katana erwischen konnte. Er zog in einer fließenden Bewegung sein eigenes aus der Scheide und…trennte dem Mann den kompletten Unterarm ab, welcher schreiend zurücktaumelte. Sakura traute ihren Augen kaum, als ein grelles, bläuliches Licht Sasukes Hand zu umhüllen schien. Es sah beinahe aus wie…Blitze? Er ballte seine leuchtende Hand zur Faust und…hieb sie dem zweiten Angreifer durch die Brust. Dieser schrie wie am Spieß, der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihr in die Nase und brachte sie zum Würgen. Was…was war Sasuke für ein Monster?! Was passierte da gerade? Träumte sie? Wie…? Aus dem Wald ertönten weitere Schreie und sie dachte an den Mann zurück, den sie bewegungsunfähig gemacht hatte. Sasuke lächelte sein kaltes Lächeln, als er die blutbesudelte Hand aus dem zur Seite kippenden Körper zog. Der Mann zuckte nur noch…das Loch in seiner Brust dampfte. Sasukes Blick zeigte keinerlei Emotionen, während er auf sie zukam. „Den Rest erledigt Madara…er verabscheut es, wenn Menschen unser Zuhause betreten.“ „Bitte…“, hauchte sie. „Wir sollten besser nicht hier sein, wenn er herkommt.“ Die beiden verletzten Männer wimmerten, einer versuchte die Blutung seines Stumpfes zu stoppen. Noch wussten sie nicht, dass da noch ein genauso…vielleicht sogar schlimmeres Monster lauerte. „Nein!“, stieß sie aus, doch Sasuke ging einfach weiter, fixierte sie mit seinen roten Iriden. „Bitte…nicht!“ Sakura merkte, dass sie sich wie gelähmt fühlte, nicht fähig war, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Ebenso konnte sie sich nicht aus seinem Blick befreien. „Schlaf!“ Der Befehl wurde leise gesprochen, die roten Augen wirkten paralysierend und dann…wurde alles um sie herum schwarz. Sie bekam nicht mehr mit, wie ihr Körper nach hinten kippte und sie auf dem Boden aufkam. Kapitel 18: Die Trommel ----------------------- Es war ein unbeschreibliches Gefühl der Genugtuung, Menschen zu töten. Vor allem die dreisten Menschen, die es wagten, hierher zu kommen, um die Monster in diesem Wald zu erlegen. Dämonen, Monster…seine kleine Familie hatte über die Jahre viele Namen bekommen, die Hexenjäger und dergleichen anlockten, um sie für eine gute Summe zur Strecke zu bringen. Meistens war es Madara, der sie in die Hölle schickte, manchmal half ihm Sasuke und in seltenen Fällen riss auch Itachis Geduldsfaden. Es gab nichts Beeindruckenderes, als Itachis entfesselte Wut…eben weil sich sein Neffe oft so gut im Griff hatte. Sein Feuer stand dem Fugakus in nichts nach, war unglaublich mächtig…leider hatte er weniger von dessen resolutem Charakter. Sasuke dagegen fiel es schwerer, sein Temperament zu zügeln, wenn er in Rage war. Seine Blitze waren eine seltene Mutation ihrer Kräfte, die nur alle paar Jahre vorkam und somit etwas Besonderes war. Mittlerweile hatte er seine Fähigkeiten zu bändigen gelernt, nur an der Regulierung seines Hasses musste er arbeiten. Hoffentlich würde ihm dies niemals zum Verhängnis werden… Nicht, dass Madara den Hass nicht teilte, doch wenn man blind agierte, machte man Fehler. Es war seine Aufgabe, die beiden Jungen auszubilden und zu beschützen. Nein, es war mehr als das…es war Teil seiner Absolution, nachdem er den Untergang seines Clans herbeigeführt hatte. Seinetwegen waren sie überrannt und vernichtet worden…weil er denselben Gedanken wie Itachi gehegt hatte. Vielleicht waren sie nicht alle schlecht. Vielleicht konnten sie mit den Menschen leben. Vielleicht musste nur einer den ersten Schritt machen…ja, den hatte er gemacht – und gleichzeitig ihr aller Schicksal besiegelt. Während er vor dem See kniete, betrachtete er sein Spiegelbild. Er war alt geworden, der Hass und die Schuldgefühle hatten sich in sein Gesicht gebrannt…ließen es müde wirken. Seine dunklen Augen dagegen waren scharf wie eh und je, zeigten seine Entschlossenheit. Er machte sich nichts vor, ohne seine beiden Neffen, wie er sie bezeichnete, obwohl sie das nicht direkt waren, wäre er längst dem Wahnsinn verfallen. Sie waren alles, was er noch hatte, und er liebte sie. Umso mehr schmerzte es, dass Itachi gegangen war, anstatt auf ihn zu hören. Sicher, er musste seine eigenen Entscheidungen treffen, aber sollte er nach allen nicht genug erlitten haben, um es besser zu wissen? Musste er wirklich dieselbe bittere Enttäuschung wie Madara selbst erfahren? Und das alles wegen ein paar naiven Gefühlen für einen verdammten Söldner, den Itachi verhext hatte. Madara war sich sicher, dass sein Neffe diesen Menschen manipuliert haben musste. Sie waren dazu fähig, wenn sie sich konzentrierten und der Wille des Gegenübers schwach war. Illusionen, Täuschung…Itachi beherrschte es weitaus besser als Sasuke. Es war sein Talent. Nun, hoffentlich würde er es bald erkennen und aus diesem Schmerz heraus, den Weg zurückfinden. Zu ihnen zurückkehren. Seine Ansichten revidieren. Möglichst unverletzt…doch um sicherzugehen, schickte Madara hin und wieder einen Raben aus. Er tauchte seine Hände ins Wasser, ehe er sein Gesicht wusch, die Kühle genoss. Es wirkte sich lindernd auf die Kopfschmerzen aus, die er des Öfteren hatte. Für einen Moment hielt er die Augen geschlossen, atmete tief ein und aus. Nie würde er den Tag vergessen, an dem durch das zerstörte Dorf gelaufen war…an den Leichen vorbei, die einst Freunde und Familie gewesen waren. Er würde nie vergessen, wie er Sasuke als den vermeintlich einzigen Überlebenden geborgen hatte. Wie sich die kleinen Hände in seinen Mantel gekrallt hatten…die Augen rot vom Weinen, nackte Todesangst darin. Sasuke hatte schon damals seinem Bruder Izuna ähnlich gesehen…und das hatte ihm den Rest gegeben. Es hatte Madara innerlich zerrissen. Gleichzeitig hatte er sich geschworen, dieses Kind mit seinem Leben zu beschützen und es aufzuziehen. Itachi hatte er zu seinem Leidwesen erst Tage später gefunden…genauer genommen hatte einer seiner Raben erst am Tage des Exorzismus Alarm geschlagen. Madara hatte die Szene durch dessen Augen mitverfolgt…gesehen, was sie ihm angetan hatten. Noch immer durchströmte ihn die pure Mordlust, wenn er daran zurückdachte. Unaussprechlich. Unverzeihlich. Madara wischte sich mit dem Ärmel über das nasse Gesicht, sah dann mit mattem Blick in die Ferne. Itachi hatte mit seinen Worten vor seiner Abreise nicht Unrecht – er war voller Hass und Verbitterung. Er wollte die ganze verdammte Welt niederbrennen und er machte keinen Hehl daraus. Vielleicht war es grausam gewesen, ihn an dieses schreckliche Erlebnis zu erinnern…aber lieber sollte Itachi ihn verachten, als dass ihm durch seinen Leichtsinn erneut etwas Schlimmes geschah. Sie alle drei hatten mit ihren Albträumen zu kämpfen…sie alle drei waren nicht mehr dieselben. Itachi würde bald verstehen, dass es für keinen von ihnen möglich war, unter den Menschen zu leben. Gar mit einem Menschen zu leben. Er würde zurückkommen…und Madara würde ihn mit offenen Armen empfangen. Doch bis es soweit war, würde er weiterhin ihr Zuhause schützen – und darauf hoffen, dass Sasuke verstand, warum dieses Mädchen so wichtig für sie war. Zumindest hatte er sie vor diesem Pack beschützt, nicht zugelassen, dass sie sie töteten. Das war mehr, als er sich erhofft hatte…und damit würde er sich fürs Erste zufrieden geben. Als er seine Hände erneut ins Wasser tauchte, lächelte er. „Ich möchte das wirklich nicht tun.“ „Jetzt zier dich nicht so…“ „Kisame…“ „Ist ja nicht so, als würde es uns nicht helfen.“ „Hm.“ „Und das erste Mal ist es auch nicht. Deine Worte.“ Verunsichert blickte Itachi den Hünen an, welcher die Arme verschränkte und so entschlossen wirkte, dass ihm wohl keine Wahl blieb. Kisames Argumente erschlossen sich ihm schon, dennoch sträubte sich alles in ihm dagegen. „Ja…aber nur, wenn mir nichts anderes übrig bleibt“, murmelte er, woraufhin Kisame schnaubte. „Ich habe ja nicht gesagt, dass wir sie töten müssen…“ „Wir überfallen sie.“ „Ach komm, das sind Banditen. Was meinst du, wie viele Menschen die auf dem Gewissen haben? Kein Grund, sich schlecht zu fühlen.“ Itachi haderte immer noch mit sich, doch andererseits hatte Kisame schon Recht. Sie brauchten Pferde, sie brauchten Geld, Kisame eine Waffe…und diese Männer waren sehr wahrscheinlich keine Heiligen. Bereits im letzten Dorf hatte man sie vor Banditen in den Wäldern gewarnt, die gern mal Wanderer überfielen. Er hatte Amaterasu ausgeschickt und diese hatte eine Gruppe von zehn Männern am Lagerfeuer ausgemacht. Wohl eher kein Zufall… Itachi atmete durch, nickte schließlich. „Also gut. Wie willst du vorgehen?“, gab er sich geschlagen, woraufhin Kisame grinste. „Na ja, zehn Männer sind auch für uns beide eine Nummer, daher würde ich deinen Vogel vorschicken. Soll er ihnen irgendwas stehlen und so viele von ihnen weglocken, wie es nur geht. Wir setzen die übrigen außer Gefecht, schnappen uns, was wir brauchen und verschwinden.“ Itachi strich der Vogeldame, die auf seiner Schulter saß, durch das schwarze Gefieder, überlegte einen Moment und sah sie dann fragend an. Amaterasu rieb den Kopf an seiner Wange und er wusste, sie würde es tun. Wehe, einer der Männer rupfte ihr auch nur eine Feder… „Und wenn alle Stricke reißen, lässt du sie halt in Flammen aufgehen.“ Itachi schnaubte leise. „Ich würde den Wald ebenfalls niederbrennen.“ Er konnte die Flammen regulieren, aber in dieser Umgebung reichte schon ein Funken, um einen verheerenden Brand auszulösen. Das würde er nicht riskieren, schließlich würden dadurch viele Tiere sterben und ihren Lebensraum verlieren. Kisame hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut…ich verstehe es ja. Lass uns einfach an dem Plan festhalten…wird schon schief gehen.“ Itachi seufzte bloß, hoffend, dass nicht wirklich alles schief ging. Er strich Amaterasu abermals durch die schwarzen Federn, murmelte ihr ein paar liebevolle Worte zu, die sie mit einem Gurren erwiderte. Dann ließ er sie fliegen, sah ihr nach, wie sie am dunklen Nachthimmel verschwand. Sie warteten nicht allzu lange, bis ihr Krächzen aufgeregt durch den Wald schallte…immer leiser wurde. Anscheinend hatte es funktioniert, sodass er mit Kisame einen Blick tauschte. Dieser nickte ihm zu, ehe er voranging, darauf bedacht, keine unnötig lauten Geräusche zu verursachen. Für einen Mann seiner Größe stellte er sich besser an, als man meinen konnte. Schon bald sahen sie den Schein des Feuers, hörten Männerstimmen. „So eine Scheiße!“ „Jetzt bestehlen uns schon Vögel…“ „Fuujin und Raijin werden ihn schon vom Himmel holen…“ „Tse…die Brüder brauchen lange, ich gehe ihnen nach!“ „Wegen eines Vogels?“ „Der beschissene Vogel hat mir mich angegriffen! Sieh dir meine Wange an!“ „Und mir hat er fast die Augen ausgekratzt! Ich komme mit und drehe dem Viech den Hals um!“ „Dann rennt halt alle einem Vogel hinterher…Idioten…“ „Was?!“ „Lass sie doch, Mizuki…“ Abermals tauschte Kisame einen Blick mit ihm, bedeutete ihm zu warten, doch das hätte er ohnehin getan. Die Pferde hatten sie ein Stück entfernt vom Feuer angebunden…sie würden diese nicht unbemerkt stehlen können. Ein, zwei Schwerter lagen schon eher in Reichweite, doch einer der Männer polierte seines grade, würde sich also schnell zur Wehr setzen können. „Was machen die überhaupt für einen Aufstand? Das Viech hat bloß einen Beutel Kleingeld erwischt…huh…der letzte Überfall war ja wohl lohnend.“ Der Mann namens Mizuki ließ ein paar Münzen durch seine Finger wandern, grinste dabei. Anscheinend erwartete keiner von ihnen einen Hinterhalt. „Wie auch immer, ich geh pissen.“ Einer von ihnen erhob sich, kam ausgerechnet in ihre Richtung. Itachi sah zu Kisame, während sich die Männer weiter unterhielten. Der Hüne bleckte die Zähne, bedeutete ihm, sich weiter bedeckt zu halten, während er sich bückte und einen Stein vom Boden aufhob. In der Dunkelheit war es einfach, sich zwischen den Bäumen zu verstecken. Sie hörten die Schritte des Mannes näherkommen, hörten diesen leise summen, was unvorsichtig genug war. Er bemerkte Kisame hinter sich nicht, während er seine Hose öffnete - der Stein traf ihn mit voller Wucht am Hinterkopf, ließ ihn blutend zusammenbrechen. Kisame ließ den Stein nicht fallen, sondern schlich zurück Richtung Lager, wobei er Itachi mehr an ein Raubtier erinnerte, als an einen Menschen. Gewalt gehörte zum Alltag des Hünen, er war geübt darin, seine Zielpersonen auszuschalten…dafür bezahlt zu werden. Ein bitterer Geschmack breitete sich in Itachis Mund aus, doch er blieb, wo er war, sah zu, wie Kisame näher zum Lager schlich, wo die Männer weiterredeten. „Wie lange braucht Akaboshi?“ „Vielleicht muss er scheißen…“ Itachi sah zu, wie Kisame plötzlich den Arm hob und den Stein mit aller Kraft Richtung Lager schmetterte. Er traf einen der Männer mitten ins Gesicht, welcher direkt zusammenbrach, zuckend liegen blieb. Die anderen sprangen auf, griffen zu ihren Waffen, doch Kisame war direkt losgestürmt und hatte sie schon fast erreicht. Er war unerwartet schnell, tauchte unter dem ersten Schwerthieb weg und rammte dem Mann die Handkante gegen den Kehlkopf, trat ihm gleichzeitig die Beine weg und entwendete ihm das Katana. Er parierte gerade noch rechtzeitig einen Hieb, der von hinten kam, während die verbliebenen beiden Männer nun ebenfalls angriffen. Keiner rechnete mit Itachi, der ebenfalls zum Lager gelaufen war, das eigene Katana bereits gezogen. Da sie sich auf Kisame als ihren Gegner eingeschossen hatten, traf den Mann seine Waffe unvorbereitet von hinten durch die Seite…durchbohrte dessen Fleisch. Keine lebenswichtige Stelle, keine Organe getroffen…doch wenn der Mann die Blutung nicht stoppte, würde er daran zugrunde gehen. Er sackte keuchend in sich zusammen, blieb auf seinen Knien. Itachi reagierte instinktiv, als er den Hieb des zweiten Mannes abwehrte, kurz nachgab…und ihm dann mit einem kraftvollen Hieb die Waffe aus der Hand zu schleudern. „Was…was zur…du bist…doch nur ein Jüngling!!“ Erschrocken wurde er angestarrt, was Itachi nutzte, um vorzupreschen und einen Faustschlag zu landen. Der Mann wehrte diesen zwar ab, bekam aber sofort die stumpfe Seite des Schwertgriffes ins Gesicht geschlagen, was diesen zu Boden schickte. Kisame hatte den anderen ausgeschaltet und trat dem Mann, den sein Stein getroffen hatte, noch mal gegen den Kopf, um ihn sicher außer Gefecht zu setzen. „Itachi! Komm!“ Der Uchiha schob seine blutverschmierte Klinge zurück in die Scheide, rannte zu dem Hünen, der bereits eins der Pferde gepackt hatte. Im Wald wurden Stimmen laut und der Uchiha vermutete, dass die anderen zurückgekehrt waren. Adrenalin durchflutete ihn, als er sich auf den Rücken des dunkelbraunen Tieres schwang und ihm die Schenkel fest genug in die Seiten drückte, sodass dieses loslief. Madara hatte sie auch darauf vorbereitet und gerade war er ihm sehr dankbar dafür, folgte Kisame, dessen Pferd bereits losgaloppiert war. „Haltet sie auf! Schnappt sie euch!“ „Lasst sie nicht entwischen!“ „Diese Bastarde!!“ Die Stimmen wurden leiser und Itachi hoffte, dass die Männer sich eher um ihre Kameraden kümmern würden, anstatt ihnen zu folgen. Das würde sie immerhin zu nicht allzu schlechten Menschen machen… Erleichterung überkam ihn, als etwas an ihm vorbei sauste und ein lautes Krächzen von sich gab. Offensichtlich hatte niemand Amaterasu vom Himmel geholt, so munter wie diese dort flog. Noch immer trug sie den kleinen Beutel mit sich, doch ihr Leben war dem Uchiha eindeutig mehr wert. Es war alles gut gegangen…und sie hatten niemanden getötet – zumindest falls keiner der Männer am Blutverlust starb. Als Sakura wieder zu sich kam, fühlte sie sich vollkommen erschöpft, regelrecht ausgelaugt. Sie stöhnte leise, rieb sich mit dem Handrücken über die brennenden Augen. Nur langsam kamen die Erinnerungen zurück…erklärten das dumpfe Pochen in ihrer Wade. Da, wo sie der Bolzen erwischt…und Sasuke sie getreten hatte. Sie stockte, fuhr ruckartig hoch und sah sich hektisch um, wobei die Decke von ihrem Körper rutschte. Statt ihres Untergewands trug sie nur ein weites, weißes Hemd, das ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. „Endlich wach?“ Sie zuckte zusammen, als sie die Stimme hinter sich vernahm, und sah über ihre Schulter. Direkt in Sasukes schwarze, kalte Augen, welche sie fixierten. Reflexartig errötete sie und zog die Decke wieder höher. Der andere erhob sich daraufhin und kam auf sie zu, woraufhin sich Sakura anspannte. Anstatt ihr jedoch in irgendeiner Form zu nahe zu kommen, setzte er sich im Schneidesitz ans Ende des Futon, auf dem sie saß, und erwiderte ihren Blick ruhig. Sakura konnte aus seiner Mimik nichts lesen, weder ob er noch wütend war, noch was ihre Strafe sein würde. Sie ging nicht davon aus, dass er sie nun töten würde – dazu hätte er sie nicht hierherbringen oder ihre verletzte Wade versorgen müssen. Sie spürte die Bandagen an der Stelle, nahm an, dass er dies getan hatte…was bedeutete, dass er sie auch umgezogen hatte. Röte stieg ihr in die Wangen und sie senkte den Blick auf die Decke. Als sie jedoch daran zurückdachte, dass er gestern vor ihren Augen aufs Blutigste getötet hatte, kam ihr die Scham lächerlich vor. Sie ballte die Hände zu Fäusten, schluckte hart. Was würde er wohl mit ihr anstellen…? „Wenn du dir erhoffst, dass ich jetzt um mein Leben flehe…oder mich entschuldige…das kannst du vergessen“, murmelte sie und schaute auf. „Der Versuch war es mir wert…besser, als weiter deine Gefangene zu sein.“ Sasukes Miene blieb regungslos, bloß seine Augen wurden etwas schmaler. Kein gutes Zeichen…dennoch, Angriff war die beste Verteidigung. „Du ziehst also Folter durch eine Truppe sadistischer Menschen meiner Anwesenheit vor? Gut zu wissen. Das nächste Mal halte ich mich raus und sehe zu, wie sie dir das Gesicht in Streifen schneiden.“ Sakura funkelte ihn böse an. „Und was hast du jetzt mit mir vor? Oder dein Onkel? Wie werdet ihr mich bestrafen?“ Abermals schwieg Sasuke. Vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, dass sie nach dem Erlebnis so angriffslustig sein würde. Er hatte vor ihren Augen einen Mann getötet – mit einer übermenschlichen Kraft, die ihr kalte Schauer über den Rücken jagte. „Madara überlässt die Entscheidung mir. Du bist also auf meine Gnade angewiesen.“ Sie schnaubte verächtlich. „Nur zu…dann tu, was du nicht lassen kannst, und fühl dich dabei mächtig. Deine Fähigkeiten sind meinen überlegen…und ich bin verwundet. Perfekte Voraussetzungen…“ Sasukes Lippen bildeten langsam ein spöttisches Lächeln. „Werden wir jetzt sarkastisch?“ „Zu viel mehr bin ich gerade nicht in der Lage…“ Auch wenn ihr die spitze Zunge mittlerweile am Gaumen klebte; sie war so durstig, doch ihn darum bitten? Nein. Gerade jetzt nicht! „Nachdem du gesehen hast, zu was ich imstande bin, hätte ich erwartet, dass du deine Worte mit mehr Bedacht wählst. Mutig oder bloß dumm?“ „Vielleicht etwas von beidem…“, murmelte sie nur. Sie wusste selbst nicht, warum sie so vorlaut war, obwohl sie ein Monster vor sich hatte. Vielleicht war es ihre innere Resignation – wenn Sasuke sie doch töten wollte, würde er sich nicht mal groß anstrengen müssen. Mit einer Kraft wie seiner konnte sie als normaler Mensch nicht mithalten. Wie war das nur möglich? Was war er? Was war Madara? „Vielleicht habe ich dir nicht genügend Angst eingejagt“, hörte sie Sasuke überlegen und lächelte freudlos. „Keine Sorge…das hast du definitiv.“ „Dafür bist du recht abgeklärt.“ „Du hättest dir nicht die Mühe gemacht, mich hierher zu bringen und zu versorgen, wenn du mich jetzt töten wollen würdest.“ „Mir fallen eine Menge Dinge ein, die dich wünschen lassen würden, du wärest tot.“ Sakura bekam eine unangenehme Gänsehaut, doch sie nahm sich zusammen. Nicht einknicken. Auch wenn sie wusste, dass er durchaus grausam sein konnte…hatte sie nicht das Gefühl, als würde er bereits überlegen, was er ihr antun konnte. Aus Reflex strich sie sich eine rosafarbene Strähne hinters Ohr und stockte, als ihr bewusst wurde, wie kurz ihre Haare nun waren. Sie reichten nicht mal mehr bis über die Schultern...aber wenigstens lebte sie noch und da Sasuke sie ja sowieso hässlich fand, war ihm ihre Frisur wahrscheinlich vollkommen egal. Sie zwirbelte die kurze Strähne zwischen den Fingern, ehe sie ihn wieder ansah. „Gut. Dann bring es hinter dich…und beweis dir selbst, was für ein Monster du bist.“ In seinem ebenmäßigen Gesicht zuckte kein Muskel, jedoch funkelte das Rot für einen Moment in seinen Augen. Es ließ Sakura den Schweiß auf die Stirn treten, beschleunigte ihren Herzschlag und ließ ihre Finger zittern. Sie grub sie in die Decke, um es zu verbergen, wandte den Blick nicht ab. Für ein paar Sekunden glaubte sie, dass er ihr wirklich etwas antun würde, doch er schnaubte lediglich verächtlich. „Ich bin nicht wie deinesgleichen!“, zischte er zurück und erhob sich zeitgleich, um voller Abscheu auf sie herabzublicken. „Dennoch…reizt du meine Geduld ein weiteres Mal aus und versuchst zu fliehen…“ Seine Hand begann wieder bläulich zu leuchten und Sakura hörte das Knistern. Ihr Herz raste schneller, ließ sie hart schlucke, während sie nicht wegsehen konnte. Was war er bloß…? „Bleib hier liegen“, knurrte er mit Nachdruck und das Leuchten verschwand. „Ich hole Wasser und etwas zu essen. Hn. Sollte deinem dünnen Gerippe nicht schaden.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und verließ die Hütte. Sakura blieb zurück, starrte die Tür noch eine Weile an…ehe die Spannung aus ihrem Körper wich. Sie ließ sich zurückfallen und zog die Decke über ihren Kopf, ließ den Tränen freien Lauf. Hoffentlich war er wirklich weg, schoss es ihr durch den Kopf, als sie in den Stoff biss, um ihr Schluchzen zu ersticken. Wenn er wiederkam, musste sie sich gefangen haben. Es war noch nicht vorbei. Kapitel 19: Alles was das Herz will ----------------------------------- Sie waren die halbe Nacht geritten, hatten zwischendurch nur wenige Pausen gemacht, um die Pferde trinken und rasten zu lassen. Bei Morgengrauen hatten sie sich im nächsten Dorf von dem Geld, welches Amaterasu gestohlen hatte und zum Teil in den Satteltaschen versteckt gewesen war, Proviant gekauft und waren weitergeritten. Ihre Verfolger hatten sie sehr wahrscheinlich längst abgeschüttelt, doch wozu ein Risiko eingehen? Zumal Kisame ihm bereits von einer Stadt erzählt hatte, die hinter dem Tal, welches sie gerade durchquerten, lag. Sie würden ihm ein neues Schwert besorgen und von dort aus zu Kisames Truppe stoßen, deren Quartier nicht mal zwei Tagesritte entfernt lag. Während sich Kisame verständlicherweise auf das Wiedersehen freute, stand Itachi diesem mit gemischten Gefühlen gegenüber. Sicher, er war neugierig, wollte diese Leute, von denen der Hüne ihm erzählt hatte, treffen, um sich ein eigenes Bild zu machen…gleichzeitig bereitete ihm dies aber auch Sorgen. Dazu kam, dass dies das Ende ihrer Reise bedeuten würde. Kisame hatte ihm versprochen, dass er ihn nicht aufhalten würde, sollte er gehen wollen. Letzteres war keine Frage. Er musste zurück, gehörte zu Madara und Sasuke. Sie waren seine Familie…so wie diese Leute Kisames Familie waren. Die Gedanken an einen baldigen Abschied machten es Itachi umso schwerer, ihrem Ziel positive Gefühle entgegenzubringen, obwohl er es wirklich wollte. „…was meinst du?“ Itachi hielt inne, als er bemerkte, dass Kisame mit ihm sprach, während ihre Pferde nebeneinander trabten. Die Dämmerung setzte bereits ein, sodass sie ohnehin bald Rast machen würden. Da der Tag lang gewesen war, hatten sie darauf geachtet, die Tiere genügend zu schonen. „Was…hast du gesagt?“, fragte der Uchiha irritiert nach. „Die Onsen. Es gibt hier welche in der Nähe…wir werden dran vorbeikommen. Ein kostenloses, heißes Bad hört sich doch gut an oder schmerzen dir die Knochen nicht?“ Das konnte Itachi nicht leugnen; wer würde sich über ein heißes Bad nicht freuen? Daheim hatten sie einen Holzzuber, den sie dafür nutzten…und allein die Vorstellung ließ Itachi innerlich seufzen. Sie waren beide verschwitzt, würden dort auch ihre Kleidung waschen können. Dass dies nötig war, stand außer Frage…und so nickte er. „Ich wäre nicht abgeneigt…“ Kisame grinste ihn breit an, während er mit ihm das Tempo hielt. „Dachte ich mir. Weit kann es nicht mehr sein.“ Abermals gab er ein Nicken von sich, wünschte sich, sie wären schon da. Wann hatten sie sich das letzte Mal richtig waschen können? In der letzten Nacht war keine Zeit dafür geblieben. Es würde ihnen beiden guttun. Tatsächlich behielt Kisame Recht, denn noch bevor die Dunkelheit vollständig über sie hereinbrach, sahen sie den Dampf aus der Ferne aufsteigen. Sie banden die Pferde ein Stück entfernt an einem Baum an, sodass sie diese noch gut im Blick hatten, und warfen ihnen ein paar Karotten hin, ehe sie sich mit den wichtigsten Habseligkeiten zu den Onsen begaben. Erst, als sie die von Felsen umgebenen Quellen erreicht hatten, stockte Itachi; er hatte nicht bedacht, dass sie gemeinsam…baden würden. Kisame schien dies jedenfalls nichts auszumachen, denn er zögerte nicht, sich das Gewand vom Körper zu streifen. Nun, für seine muskulöse Statur musste sich der Hüne kaum schämen…die Narben machten ihn bloß attraktiver. Er versuchte, nicht hinzusehen, aber es war wirklich schwer, den Blick zu lösen. Dabei hatte er bereits alles von Kisame gesehen, angefangen damit, als er diesen aus seiner schmutzigen, blutverkrusteten Kleidung gepellt und ihn gewaschen hatte. „Kommst du?“ Er blinzelte, spürte, wie seine Wangen heißer wurden, sodass er sich rasch abwandte. Sogleich bereute er dies; das war ja noch auffälliger. „Sollte nicht einer Wache halten?“, fragte er mit fester Stimme. „Na ja, hier kann man alles recht gut überblicken. Außerdem haben wir im Zweifelsfall deine Teufelskräfte. Schätze, das Risiko können wir ausnahmsweise eingehen.“ Itachi zögerte, doch Kisame wartete seine Argumente nicht ab, sondern stieg bereits ins heiße Wasser und lehnte sich zurück. Er hörte Kisame tief seufzen, ehe dieser die Arme am Steinrand abstützte und zu ihm sah. „Das ist so verdammt gut…komm endlich!“, wurde er aufgefordert und gab den Widerstand auf. Genau genommen war ja auch wirklich nichts dabei. Sie waren beide Männer. Dann fiel ihm wieder ein, was Kisame gesagt hatte. Er war für beide Geschlechter empfänglich. Abermals wurde ihm heiß und dabei saß er nicht mal im Onsen. Bevor Kisame ihn ein weiteres Mal dazu drängte, streifte er sein Gewand ab, ließ die Schuhe folgen. Es war…unangenehm, vor allem weil er Kisames Blick auf sich spürte. Sonst hatte sich dieser immer abgewandt, doch diesmal…sah er ihn offen an. Itachi wollte rasch ins Wasser steigen, um dem zu entgehen, als er auf den nassen Steinen ausrutschte. Alles andere als elegant landete er in der Quelle, tauchte unter und schluckte dabei eine Menge Wasser. Bevor er den Schreck verdaut hatte oder an die Oberfläche kommen konnte, wurde er am Arm gepackt und hochgezogen. Hustend und röchelnd kippte er gegen eine breite Brust, realisierte zunächst gar nicht, was passierte. „Bist du verletzt?“, drang Kisames tiefe Stimme an seine Ohren und ließ seinen Herzschlag rasen. Benommen schüttelte er den Kopf, gefror innerlich, als ihm bewusst wurde, wie nahe er dem Hünen war. Nicht nur ihre Oberkörper berührten sich, sondern auch ihre Beine…Kisames Becken an seinem… Wie paralysiert stand er da und wusste nicht zu reagieren, konnte weder vor, noch zurück. Einerseits wollte er Abstand zwischen sie bringen, andererseits…war es das, was er gewollt hatte. Tief in seinem Inneren…wollte er diese Art der Nähe zu Kisame. Er wusste nur nicht weiter. Angst und Nervosität hemmten ihn, obwohl er dem Älteren genügend Vertrauen entgegenbrachte. Es war so schwierig… „Itachi?“ Er fing sich, als der andere seinen Namen sagte, und löste sich nun doch von diesem. Er strich sich die feuchten Haare aus der Stirn, blickte ihn langsam an, hoffend, dass man ihm seine Zerrissenheit nicht ansah. „Hab mich nur erschrocken“, wich er aus, versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. Kisames Ausdruck konnte er zwar nicht recht deuten, doch es ließ in ihm erneut diese Nervosität aufsteigen. Noch immer waren sie sich viel zu nahe, als dass Itachi an etwas anderes denken konnte. Etwas in Kisames Blick flackerte auf…etwas, das ihn…stocken ließ. Der Hüne musste sich nur vorbeugen, es würde reichen, um sich wieder zu berühren. Nur ein Schritt. Es war bloß ein flüchtiger Gedanke in seinem Kopf, doch bevor er seine Fassung vollständig zurückerlangen konnte, hob Kisame die Hand. Itachi starrte ihn an, als sich die warme, raue Handfläche an seine Wange legte…und er ließ es zu, zuckte nicht zurück. Das Herzrasen war wieder da, während er in die grünen Augen schaute, die ihn jedes Mal an die eines Raubtieres erinnerten. Es verschreckte ihn dennoch nicht. Vielmehr war es eine Art Aufregung, die ihn ruhig bleiben ließ – jedenfalls äußerlich. Kisame schien selbst überrascht, dass seine Haut noch keine Brandblasen bildete, so wie er ihn ansah. Als sich der Uchiha vorsichtig dagegen lehnte, ohne den Blick abzuwenden, zuckte ein amüsiertes Grinsen um die Lippen des Älteren. Itachi bekam eine Gänsehaut, als sich Kisame langsam zu ihm herunterbeugte. Die noch freie Hand legte sich an seine Hüfte, warm und nass…locker, sodass er sich nicht gefangen fühlte, obwohl es noch intimer war. Das hier war es, was er wollte, nicht wahr? Einer der Gründe, aus denen er überhaupt mitgekommen war. Diese schrecklichen, schönen, beängstigenden Gefühle, die ihn nicht losließen. Er senkte halb die Lider, als Kisame die Stirn an seine lehnte, einige Sekunden so mit ihm verharrte. So nahe war ihm noch niemals jemand gekommen – nicht auf diese Weise. Noch nie hatte er dies gewollt. Kisame war anders. Itachi schauderte, als dieser den Kopf schief legte und seine Lippen dabei fixierte. Er wollte es…er wollte es wirklich…weswegen er sich selbst nicht erklären konnte, warum er sich plötzlich versteifte und…das Gesicht zur Seite drehte. Itachi atmete hörbar durch, bemerkte erst jetzt, dass er zitterte, obwohl ihm nicht kalt war. Was passierte hier? Warum…? Kisame hielt inne und Itachi spürte seinen Blick auf sich, was es noch unangenehmer machte. Starr schaute er zur Seite, seine Hände ballten sich im Wasser langsam zu Fäusten. Er verstand sich selbst nicht…und es frustrierte ihn über alle Maßen. Vermutlich dachte Kisame nun, er würde ihn absichtlich hinhalten oder sowas. Es ergab keinen Sinn. Nicht mal für ihn selbst…umso verwirrter war er, als die rauen Lippen seine Wange streiften und er im nächsten Moment in die Arme des Hünen gezogen wurde. „Mach dir keinen Kopf“, hörte er diesen brummen. Itachi ließ die Worte ein paar Sekunden auf sich wirken, ehe er gegen ihn sank. Es frustrierte ihn immer noch…aber wenigstens nahm Kisame es nicht falsch auf. Er seufzte leise, während er gegen Kisames Brust gelehnt blieb und spürte, wie eine der Pranken sachte über seinen Rücken strich. „…ich…“, begann er zögernd, ohne zu wissen, was er sagen wollte. „Schon gut“, meinte Kisame bloß. „Ich glaub, ich versteh schon.“ Dann verstand er mehr als Itachi selbst. Es war so viel einfacher gewesen, die Gedanken aus der Ferne zu spinnen. Diese jetzt umzusetzen, war die größere Herausforderung. Schon allein diese Umarmung war ein Meilenstein für ihn…und Kisame schien das zu wissen. „Und keine Sorge. Ich werde es wieder versuchen.“ Irritiert blinzelte der Uchiha, sah zu dem anderen hoch, welcher ihn dreist angrinste. Zuerst wusste er nicht, wie er darauf reagieren sollte…doch dann musste er lächeln. Vielleicht waren seine Bedenken ja unnötig. Kisame schien seine Grenzen zu akzeptieren, ohne dass er sich groß erklären musste. Zumal sich der Uchiha jetzt zumindest sicher sein konnte, dass diese Anziehung auf Gegenseitigkeit beruhte. Es erleichterte ihn. „Gut zu wissen“, erwiderte er leise. Einige Sekunden lang verharrten sie so, ehe sie sich voneinander lösten, sich gegenüber setzten. Itachi atmete durch, lehnte sich nach hinten an die Steine, während Kisame es ihm gleich tat. Obwohl keine angespannte Stimmung mehr zwischen ihnen herrschte, wusste er nicht, was er sagen sollte. Ob er überhaupt etwas sagen sollte. „Ich war mir nicht sicher, ob ich’s richtig deute“, meinte Kisame nach einer Weile und Itachi blickte auf. „Hab schon damit gerechnet, dass du mich in Flammen aufgehen lässt.“ Das Grinsen auf seinen Lippen machte deutlich, dass es scherzhaft gemeint war – zumindest teilweise. „…ich war mir selbst nicht sicher“, murmelte er zurück. „Was du willst oder ob du mich anzündest?“ „…beides.“ Kisame schnaubte belustigt, schien es ihm nicht übel zu nehmen. „Verständlich“, brummte dieser und musterte ihn kurz. „Ich nehme mal nicht an, dass du’s je versucht hast? Mit körperlicher Nähe?“ „…ich habe Jahre gebraucht, die Nähe meiner übrig gebliebenen Familie zuzulassen. Was denkst du?“ „Und da lässt du mich dich um ein Haar küssen? Nach den paar Wochen? Ich fühle mich geschmeichelt.“ Itachi versuchte, nicht zu erröten, doch es war ihm peinlich, sodass er ins Wasser blickte. Was sollte er schon darauf antworten? Kisame ließ ihm jedoch Zeit, er konnte dessen Blick auf sich ruhen spüren. „…du bist anders. Das warst du immer. Deswegen…“ Als er ihn wieder ansah, wirkte Kisame nachdenklich, so ernst wie er ihn anschaute. „So viel anders als andere Menschen bin ich nun auch nicht. Vergiss nicht, dass ich einer Gruppe von Söldnern angehöre. Ich bin auf meinen Vorteil bedacht, so habe ich überlebt…und das sage ich nicht, damit du dich von mir abwendest. Sei nur nicht…ich meine…setz keine zu hohen Erwartungen in mich, nur weil ich dich damals…da rausgeholt habe.“ Nur. Ob Kisame verstand, dass es für ihn niemals nur sein würde? An diesem Tag hatte sich so vieles verändert. Alles. Kisame war seine einzig positive Verbindung zu den Menschen. Der Einzige, der ihn davon abhielt, Madaras Pfad des Hasses zu bestreiten. Kisame war der Beweis, dass die Menschen nicht völlig schlecht waren. Eine Grauzone. „Du weißt, was du mir erspart hast. Ohne dich wäre ich tot. Körperlich, seelisch…vielleicht beides. Und nicht nur ich, sondern auch dieser Junge, dem du die Flucht ermöglicht hast. Du behandelst mich mit mehr Respekt, als jeder Mensch zuvor…und völlig unschuldig ist keiner von uns. Wir haben alle unsere Schattenseiten. Sasuke, Madara…ich. Du. Die Menschen. Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass es Heilige gibt…“ Er zögerte, ehe er vorsichtig sein Bein ausstreckte, Kisames Wade mit seiner eigenen berührte. Der Hüne blickte ihn perplex an…ob wegen der Worte oder der Berührung, das wusste er nicht, doch er zog sein Bein nicht weg. „…was du für mich bist, reicht mir.“ Kisame schien sprachlos zu sein, denn er öffnete zwar den Mund, doch es vergingen Sekunden, bis er tatsächlich etwas sagte. „Was ich für dich bin, huh? Du machst es mir wirklich schwer, Teufelskind…“ Er seufzte leise, schüttelte den Kopf. „…bei solchen Worten möchte ich dich packen und Dinge mit dir tun…für die du mich definitiv in Brand setzen würdest.“ Itachi blickte ihn still an, spürte immer noch Kisames Bein an seinem. Trotz seiner Worte brach er den Kontakt nicht ab – es verschreckte ihn nicht mal. Anscheinend war sein Vertrauen derart gefestigt, dass er bloß seinen schneller schlagenden Herzschlag vernahm. Aufregung, keine Angst. „Und dennoch tust du es nicht“, erwiderte er ruhig, woraufhin Kisame ihn grimmig anblickte. „Ja. Weil ich mich beherrschen kann…und weil ich nach wie vor möchte, dass du an meiner Seite bleibst.“ Itachi stockte merklich, spürte, wie sich etwas in ihm verkrampfte. „…du weißt, dass ich das nicht kann“, gab er leise zurück. „So wie du zu deinen Leuten gehörst, gehöre ich zu meiner Familie. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es bloß eine Reise ist.“ Kisame schwieg abermals, musterte ihn aus seinen grünen Raubtieraugen, ehe er mit gewisser Resignation nickte. „Ich hätte nicht davon anfangen sollen. Du hast Recht…“, brummte er und man merkte, dass er sich ärgerte. „Lass uns einfach…nicht darüber nachdenken, was am Ende ist. Lass uns…sehen, was passiert. In Ordnung?“ Ob Kisame ahnte, wie sehr er sich danach sehnte, nicht wählen zu müssen? Vor allem in diesem Moment, in dem er verstand, dass der Hüne ähnlich fühlte wie er selbst. Er wollte ihn an seiner Seite. Allein diese Aussage ließ seinen ganzen Körper kribbeln, denn das Gefühl, auf diese Weise gewollt zu werden, war neu. „Ja. In Ordnung.“ Die restliche Zeit im Onsen verbrachten sie eher still miteinander, den Körperkontakt auf ihre Beine beschränkt. Jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach…Gedanken, die erst jetzt präsent wurden. Kisame hatte sich also erhofft, dass er bei ihm blieb. Es wunderte Itachi nicht, wenngleich er sich fragte, was er selbst sich erhofft hatte. Eine andere Sicht auf die Welt…auf die Menschen…aber auch Kisames Nähe. Dass es nicht für immer sein konnte, war ihm doch klar gewesen. Trotzdem hatte er sich darauf eingelassen…vielleicht auch, weil er nicht wirklich geglaubt hatte, dass Kisame seine Gefühle erwiderte. Jetzt war kein Traum aus der Ferne mehr…und damit kamen die Probleme. Vernünftig wäre es wohl gewesen, Kisame direkt zu sagen, dass es besser war, wenn sie dies ließen. Nicht weitergingen. Ja…vernünftig…ausnahmsweise wollte er das mal nicht sein. Auch wenn Madara ihn dafür ohrfeigen würde…er wollte sehen, wohin es führte. Wie es sich anfühlte. Wenigstens einmal. Nachdem sie aus dem Onsen gestiegen waren, trockneten sie sich ab und zogen sich ihre Kleidung wieder über. Immer noch war da diese ungewohnte Stille, die bezeichnend zwischen ihnen schwebte. Vielleicht wollte Kisame auch gar nicht, dass sie sich noch mal näher kamen, nun, wo Itachi noch mal verdeutlicht hatte, dass er nicht bleiben würde. Verständlich wäre es gewesen… Nachdem er den kleinen Haufen Holz entzündet hatte, setzte er sich an das Feuer, was Kisame ihm gleichtat. Gelegentlich spürte er den Blick des Hünen auf sich, doch dieser blieb stumm. Oder war Kisame wütend auf ihn, weil er sich betrogen fühlte? Falsche Hoffnungen? Sollte er ihn fragen? Die Unsicherheit und vielleicht auch die Angst vor der Antwort hielten ihn letztlich davon ab. „…wenn du willst, kannst du zuerst schlafen.“ Er blickte auf, als Kisame ihn plötzlich ansprach. Itachi musterte ihn einen Augenblick lang, ehe er nickte. „Danke.“ „Hm…“ Es schien, als würde der Hüne noch mehr sagen wollen, doch er tat es nicht. Der bittere Beigeschmack hielt sich hartnäckig, doch was konnte er schon dagegen machen… Also nahm er sich eine der Decken und wickelte sie um seinen Körper, als er sich auf die Seite gelegt hatte. Sein Obergewandt hatte er zusammengelegt und unter seinen Kopf geschoben, das Gesicht in dem weichen Stoff vergraben. Es war eigenartig, wie sehr er Kisame mittlerweile vertraute. Früher hätte er niemandem den Rücken gekehrt… Vielleicht hätte er dies auch nicht tun sollen, denn er vernahm Schritte hinter sich, als er schon dabei war, zu dösen. Direkt spannte er sich an, wenngleich es sich um Kisame handeln musste. Er blieb liegen, hielt die Augen geschlossen. Es war schwierig, so ruhig liegen zu bleiben, wenn sein Instinkt ihm riet, sich zu verteidigen. Hoffentlich tat Kisame nichts Dummes… Dieser legte sich hinter ihn, er konnte die Wärme des anderen durch die Decke spüren, vor allem als Kisame die Arme um ihn schlang. Es war kein allzu fester Griff, trotzdem wusste er nicht, ob er es zulassen sollte. Er spürte Kisames Atem in seinem Nacken, wie dieser die Nase gegen seine Haut drückte. Genau gegen diese eine…besonders empfindliche Stelle… Itachis Atem stockte für einen Moment und der Schmerz war plötzlich so präsent, dass es seine ganze Beherrschung kostete, seinem Instinkt nicht nachzugeben. Vielleicht spürte Kisame die ansteigende Hitze, die von ihm ausging, doch anstatt sich zu lösen, seufzte er bloß. „Dachte mir, dass du nicht schläfst.“ Itachi atmete langsam aus; immerhin war es wohl kein heimlicher Übergriff. „…war kurz davor“, murmelte er zurück. „Tut mir leid“, brummte der Hüne gegen seinen Nacken. „Wollte nur, dass du weißt, dass es nichts an dem zwischen uns ändert. Wie ich gesagt habe…ich will dich.“ Itachi spürte Kisames Körper nun ganz nah an seinem, schluckte unweigerlich, während er in die Dunkelheit sah. Er wusste, dass Amaterasu auf einem Ast in der Nähe lauerte…und dem Hünen die Krallen durchs Gesicht ziehen würde, sollte dieser etwas tun, das er nicht wollte. Nicht, dass dies nötig wäre, denn sein inneres Feuer hatte vorhin schon gebrodelt. „Bleib…einfach so“, überwand er sich zum Sprechen. „Nur so…in meiner Nähe. Das ist in Ordnung.“ Mehr konnte er Kisame nicht bieten. Noch nicht. Diese intime Nähe war so viel für ihn und der Ältere verstand anscheinend, denn er hielt ihn nur, schloss eine seiner Pranken um seine Hände. Allein diese simple Berührung löste etwas in Itachi aus. Der Knoten in seiner Brust schien sich zu lösen, sodass auch die Anspannung nach und nach schwand. War es nicht das, wonach er sich seit einer gefühlten Ewigkeit gesehnt hatte? Wieder in diesen Armen zu liegen…wie damals… Er sank gegen Kisames breite Brust, ließ zu, dass dieser ihn an sich drückte und hielt. Dieser Mann war der Einzige, dem er so etwas erlauben konnte. Itachi schloss die Augen, wissend, welch ein großes Vertrauen er in den Hünen setzte…und er hoffte, dass er dies nicht bereuen würde. Kapitel 20: S.O.S. ------------------ Eigentlich hatte Kisame damit gerechnet, dass der Uchiha am nächsten Morgen zuerst wach werden und sich aus seiner Umarmung befreien würde. Entgegen seiner Erwartungen lag dieser noch immer mit dem Rücken an seine Brust geschmiegt. Entweder schlief er noch oder er konnte ihn gut täuschen…so ruhig wie er dort lag und gleichmäßig atmete. Kisame versuchte sich zu erinnern, ob er schon mal für jemanden dermaßen intensiv gefühlt hatte, dass er sich so zurücknahm, wie es in der gestrigen Nacht der Fall gewesen war. Wie er sich generell beherrschte, wenn es um den Uchiha ging. Mochte an den Vorkommnissen aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit liegen. Vielleicht auch daran, dass Itachi ihm besser gefiel, desto mehr er ihn kennenlernte. Diese ganzen Facetten reizten ihn, gaben ihm das Gefühl, er müsste sich mehr als sonst anstrengen. Ganz vorsichtig strich er dem anderen die Haare, die sich über Nacht aus dem Zopf gelöst hatten, aus dem Nacken. Am liebsten hätte er ihm die Lippen auf genau diese Stelle gedrückt, ihn somit geweckt, doch er befürchtete, dass dies zu viel sein würde…und mit einer üblen Verbrennung enden würde. Stattdessen beließ er es dabei, den anderen sanft an der Schulter zu berühren, die Finger kreisen zu lassen, während er die Narben an dessen Nacken musterte. Auch hier war jemand kalkuliert ans Werk gegangen, die Schnitte waren präzise gesetzt worden und…Moment. Er zog die Stirn in Falten, fasste die Narben genauer ins Auge und stockte, als er das Schriftzeichen erkannte…und die Bedeutung. „Oni.“ Kisame zuckte zusammen, als er die Stimme des Uchihas vernahm. „…dachte, du schläfst“, brummte er, da er nicht wusste, wie er reagieren sollte. Itachi blieb liegen, drehte sich auch nicht zu ihm um, sodass er dessen Ausdruck nicht sehen konnte. Vielleicht wollte der andere dies auch nicht. „Du hast meinen Rücken gesehen“, murmelte dieser. „Du bist selbst gefoltert worden. Du weißt, wozu Menschen imstande sind.“ Kisame nickte bloß, trotzdem Itachi es nicht sehen konnte. Seine Finger verharrten still an dessen Schulter, während er nach Worten suchte. „…du weißt, dass Narben keine Schwäche für mich bedeuten“, gab er leise zurück. „Es zeigt, was wir überlebt haben. Unsere Stärke.“ Itachi schnaubte. „Was habe ich denn überlebt, Kisame?“, kam es verbittert zurück. „Das Massaker an meiner Familie überlebt zu haben…nur wegen dir und Madara…macht mich nicht stolz. Dass mir sadistische Menschen eine Bezeichnung, die ich mehr als alles andere verabscheue, in die Haut geritzt haben…macht mich wütend. Das hat nichts mit Stärke zu tun…sondern mit Hilflosigkeit und Demütigung. Mein Schmerz ist anders, als der, den du mit deinen Narben verbindest.“ Kisame schwieg, drückte seine Schulter, um zu zeigen, dass er verstand. Erneute, aufmunternde Worte würden dem anderen vermutlich wie Hohn vorkommen. Er konnte Itachi diesen Schmerz weder nehmen, noch ihm seine Ansichten aufzwingen. „Es ist vorbei“, meinte er stattdessen nur, auch wenn er ahnte, dass es das für den Uchiha niemals ganz sein würde. Itachi erwiderte nichts darauf, doch er legte seine Hand auf Kisames, drückte diese fest. Anscheinend verstand er. Einige Minuten lagen sie nur so da, aneinander geschmiegt…schweigend. Ihren Gedanken nachhängend…und dennoch fühlte es sich gut an. Kisame haderte mit sich, ehe er seinem Begehren zuvor doch noch nachgab und seine Lippen auf die Narbe in dessen Nacken drückte. Er spürte, wie sich Itachi versteifte, seine Nägel in Kisames Handrücken grub, doch eine Verbrennung blieb aus. „…du bist mutig.“ Kisame musste grinsen, als er die Worte hörte, während er mit dem Gesicht an der warmen Haut lehnte. „Wer nicht wagt…“ „…der nicht verbrennt“, kam es trocken zurück, doch Kisame ließ sich davon nicht beirren. Nicht nach dem, was gestern passiert war. Itachi machte keine Anstalten, sich aus seinem Griff zu befreien oder sich gegen die Berührungen zu wehren. Vielleicht war das ja der seltsame Versuch, einen Scherz zu machen, auch wenn es nicht zu dem ernsten Uchiha passen wollte. Andererseits entdeckte er gerade viele neue Seiten an diesem… „Ich glaube, das haben wir hinter uns, hm?“ „Wenn du meinst.“ Kisame schmunzelte, ließ die Antwort jedoch unkommentiert und zog Itachi näher zu sich heran. Dieser ließ es zu, sodass der Hüne wieder die Augen schloss. Reise hin oder her…das hier wollte er noch ein wenig genießen, bevor sie weitermussten. Bei Akatsuki war Ruhe ein Fremdwort und bei seinem Glück war mindestens die halbe Truppe da. Nein, die Zweisamkeit würde er noch nutzen – und sei es bloß, um zu kuscheln. „Halt still.“ Nun, das war leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn einem jemand im Nacken saß, der dazu in der Lage war, einen in Sekundenschnelle zu töten. Sakura fühlte sich unwohl dabei, dass Sasuke hinter ihr saß…noch dazu mit einem Dolch in der Hand. Andererseits hätte es genügend einfachere Methoden gegeben, sie umzubringen, falls er das vorhatte. Der Holzboden knarzte, als sie ihr Gewicht ein wenig verlagerte, da ihr von der Position langsam die Beine wehtaten. Ihre Wunde pochte zu allem Überfluss schmerzhaft. „…wenn du gleich ein Ohr verlierst, ist das nicht meine Schuld.“ Sakura atmete tief durch bei den Worten, innerlich mit sich ringend, ob sie es sich erlauben konnte, frech zu werden. Wohl eher nicht. Ganz schlechter Zeitpunkt. Neben ihr fielen weitere, rosafarbene Haare zu Boden und so langsam befürchtete sie, er würde mehr abschneiden, als er musste. Vielleicht wollte er sie ja entstellen, um sie zu bestrafen? Bislang hatte er seine Drohungen nämlich noch nicht wahrgemacht. „Brauchst…du noch lange?“, fragte sie vorsichtig, wollte ihn gerade nicht provozieren. Sie spürte, wie seine Finger durch ihre Haare glitten…und er war dabei überraschend sanft. Wenn man bedachte, wie er mit ihr umgegangen war, als er sie bei den Jägern erwischt hatte, sollte sie wohl froh darüber sein. „…nerv mich weiter und ich schneide sie dir ganz ab. Dann muss man nichts mehr begradigen.“ Sakura schluckte, grub die Finger in den Stoff des violetten Yukata, den er ihr mitgebracht hatte. Besser, sie beließ es dabei. Es wunderte sie ohnehin, dass er von sich aus angeboten hatte, ihr die Haare zu schneiden – natürlich auf seine ruppige Art, aber dennoch war es…nett. Falls er überhaupt nett sein konnte. Immerhin hatte er sie nicht wieder beleidigt… Sie seufzte stumm, blickte an die gegenüberliegende Holzwand, während sie ihn machen ließ. Ob Tsunade wohl schon nach ihr hatte suchen lassen? Sicherlich würde sie die anderen Mädchen nicht in Gefahr bringen, doch Naruto würde bestimmt bei ihr auftauchen und nach ihr fragen. Er würde sie suchen und finden. Irgendwie…hoffte sie. Andererseits hatte er kaum eine Chance gegen Sasuke oder Madara. Vielleicht war es klüger, sich ihrem Schicksal zu ergeben…ohne einen ihrer Freunde zu gefährden. Selbst diese Jäger hatten ihm nichts anhaben können. Es fiel ihr schwer, zu glauben, dass überhaupt jemand dazu in der Lage war, die beiden auch nur in Bedrängnis zu bringen. Wobei Sasukes Worte das Gegenteil vermuten ließen… Sein Hass auf die Menschen war dafür viel zu groß. Wie viel Abscheu in seinem Blick gelegen hatte…wie viel Genugtuung, als er die Männer getötet hatte. Ob sie ihn danach fragen sollte? Sie hatte es sich bereits einmal mit ihm verscherzt, als sie ihn nach seinem Bruder gefragt hatte. Diesmal musste sie…behutsamer sein. „Darf ich dich etwas fragen?“ Sie biss sich auf die Zunge, als er genervt stöhnte. „Wenn es sein muss...“ Mehr konnte sie wohl nicht von ihm erwarten, doch immerhin verbot er ihr nicht den Mund. „Du und…Madara…ihr besitzt Fähigkeiten, die den Menschen überlegen sind. Diese Männer hatten keine Chance gegen euch.“ Da Sasuke sie weder unterbrach, noch zustimmte, fuhr sie fort. „…aber so wie du geredet hast, seid ihr nur zu dritt. Wie kann das sein? Ich meine…es gab doch sicher noch mehr wie euch…? Was ist zum Beispiel…mit euren Eltern?“ Sie wusste nicht, ob es gut war, dass sie Sasukes Ausdruck nicht sehen konnte. Es war plötzlich totenstill in der Hütte, vor allem da seine Hände in ihren Haaren verharrten. Wenigstens wurde er nicht wieder laut oder fasste sie grob an, dennoch beunruhigte sie das Schweigen. Sie zögerte, warf dann aber einen Blick über die Schulter. Sasuke schien durch sie hindurch zu blicken, die Lippen zusammengepresst und die Haltung angespannt. Anscheinend erinnerten ihn ihre Fragen an sehr schmerzhafte Dinge und obwohl sie kein Mitleid haben wollte, konnte sie es nicht gänzlich verhindern. „…Sasuke-kun?“, fragte sie vorsichtig, woraufhin er blinzelte. Die Hände lösten sich aus ihren Haaren, der Dolch wurde beiseitegelegt und er machte sich daran, sich aufzurichten. Sakura konnte sich nicht erklären, wo sie den Mut hernahm, doch sie packte sein Handgelenk, hielt ihn fest. Beinahe rechnete sie damit, dass er ihr ebenfalls ein Loch in den Körper brennen würde, so stark, wie er zusammenzuckte. Es geschah nicht. „…du musst Todessehnsucht haben“, hörte sie ihn leise sagen. „Ich möchte bloß Antworten“, erwiderte sie so ruhig, wie es ihr möglich war. „Wenn ich hier bei euch leben…und deine…Frau werden soll, muss ich es verstehen. Für mich seid ihr bloß meine Entführer…und die Mörder vieler Menschen. Wäre es nicht einfacher, mich zu überzeugen, dass ihr nicht die Bösen seid? Damit ich…freiwillig bleibe? Ihr könnt mich nicht für immer mit Gewalt hier einsperren.“ Sasuke schnaubte. „Natürlich können wir das“, gab er gewohnt kalt zurück, doch in seinen dunklen Augen flackerte es. Bei Madara war sie nicht sicher, doch so angewidert, wie Sasuke bei der Erwähnung der Frauen reagiert hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er jemand war, der sich an ihr vergehen wollte. „Vermutlich…aber ist es das, was du willst?“ Der Widerwillen stand ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass es keiner Antwort bedurfte. Sasuke mochte nicht zimperlich mit ihr umgehen, doch scheinbar gab es Grenzen für ihn. Sakura löste vorsichtig den Griff, glaubte nicht, dass er einfach gehen würde…und tatsächlich blieb er stehen, sah zu ihr herunter. „Ginge es nach mir, wärest du gar nicht hier“, murrte er, wenn auch resignierter. „Das bin ich aber nun mal.“ „Hn. Leider.“ Dennoch setzte er sich nach kurzem Zögern, blickte sie dabei gewohnt genervt an. „Da du ja keine Ruhe geben…und diesen Ort nicht mehr lebend verlassen wirst. Na schön“, lenkte er auf seine schroffe Art ein. „Sie sind alle tot. Unsere Eltern, Freunde…unser Clan…es gibt nur noch uns drei.“ Sakura stockte, wusste nicht, was sie sagen sollte. „Das…das tut mir-“ „Ich brauche dein Mitleid nicht“, schnitt er ihr das Wort ab. „Ihr Menschen habt dieses Schicksal über uns gebracht, weil ihr einen Sündenbock für euer Elend brauchtet…weil ihr unsere Macht gefürchtet habt. Aus Furcht wird Hass…das liegt in eurer Natur.“ Sakura bemerkte, wie er die Fäuste in seinem Schoß ballte, den Blick auf diese gerichtet. Was auch immer damals passiert war, musste sehr schmerzhaft gewesen sein. „…was dir widerfahren ist, tut mir leid, auch wenn du es nicht hören willst“, murmelte sie. „Aber…wir sind nicht alle so. Es…gibt niemals nur Gut und Böse.“ Sasuke fixierte sie nun wieder, Spott zuckte um seine Lippen. „So? Du wurdest entführt und wirst hier gefangen gehalten – und willst mir weismachen, dass du uns nicht für böse hältst? Dass du den Leuten nicht direkt von uns erzählen würdest? Von den Monstern, die in diesem Wald leben? Lüg mich lieber nicht an…und halte mich nicht für so einfältig, dir zu glauben, dass du uns verstehen willst.“ Sakura schluckte hart, doch sie hielt sich gerade, reckte ein wenig das Kinn. „Wie ich sagte, es gibt nicht bloß die eine Seite. Du hast deine Gründe, die Menschen zu hassen, aber indem du mich verurteilst, ohne mich zu kennen, bist du nicht besser.“ Sasuke verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, was sie nicht gerade beruhigte, doch sie konnte jetzt nicht kleinbeigeben. „…du weißt nicht, wann es besser ist, den Mund zu halten.“ „Und du hast keine Argumente.“ „Die brauche ich offensichtlich auch nicht.“ Stur funkelten sie einander an, wobei Sasuke die Arme verschränkte, wohl deutlich machen wollte, dass ihn ihre Meinung nicht interessierte. Als ob sie das großartig wundern würde. Zu ihrer Überraschung war es Sasuke, der schließlich genervt ausatmete und die Stille brach. „Ich weiß nicht, wie Naruto dich erträgt“, hörte sie ihn brummen und horchte auf. „Du kennst Naruto?“ Man sah ihm an, dass es ihm widerstrebte, dass ihm dies rausgerutscht war. Jedoch nickte er, wandte den Blick nun wieder ab. „Flüchtig“, erwiderte er abweisend, doch die Art, wie er reagierte, widersprach dem. Sakura schluckte hart. Ihr Herzschlag beschleunigte sich unweigerlich. „Sucht er nach mir?“, fragte sie leise. Sasukes ausdruckslose Miene änderte sich nicht, während er einen Punkt an der Wand fixierte. Dann nickte er knapp. „Du lügst also deinen Freund an?“ „Ich sagte nicht, dass wir Freunde sind.“ „Ihr seid aber auch keine flüchtigen Bekannten, nicht wahr? Sonst würdest du mich jetzt ansehen.“ Ihr entging nicht, wie Sasuke die Lippen aufeinanderpresste, was ihre Vermutung nur bestätigte. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Angst, dass er auch Naruto etwas antat, sollte er sie hier finden? Erleichterung, dass Naruto überhaupt nach ihr suchte? Hoffnung, dass Sasuke irgendwo in seinem Inneren einen guten Kern besaß? „Genug davon. Das ändert gar nichts“, knurrte Sasuke, bevor sie noch etwas sagen konnte. „Ruh dich aus und mach keinen weiteren Ärger. Wie gesagt, Madara ist nicht so nachsichtig wie ich. Verstanden?“ „…verstanden“, murmelte sie, da sie merkte, dass sie für heute nicht weiter an ihn herankam. Sie musste es langsam versuchen, sich Stück für Stück an ihn herantasten. Irgendwann würde sie eine Lücke finden und diese nutzen. Sie war stark. Sie würde das durchstehen. Sasuke warf ihr einen letzten warnenden Blick zu, dann erhob er sich. „Ich werde dich nicht wieder anbinden. Du bist sowieso nicht in der Lage zu fliehen. Falls du es doch versuchst, weiß ich es sofort. Denk daran.“ Sakura seufzte innerlich, nickte aber. Ob er mit diesen gruseligen Raben im Bunde war? Diese Tiere waren ihr in letzter Zeit öfter aufgefallen und immerhin galten sie als Überbringer des Unheils. Vielleicht überwachten die Tiere sie – und ja, so seltsam sich das auch anhörte, Vögel waren sehr klug. Und unmöglich war sowieso nichts mehr. Sie sah ihm nach, bis die Tür ins Schloss fiel und er verschwunden war. Resigniert ließ sie sich auf den Futon fallen, drehte sich auf die Seite und schaute vor sich hin. Mit einer Hand fuhr sie sich durch die kurzen Haare, schloss langsam die Augen. Wann würde dieser Albtraum bloß enden…? Sie erreichten die Stadt gegen Nachmittag, wobei Itachi wieder bewusst wurde, warum er anfangs solche Furcht vor dieser Reise verspürt hatte. Es war kein Vergleich zu den Dörfern, die sie passiert hatten. Schon aus der Ferne konnten sie das rege, teils gehetzte Treiben der vielen Menschen beobachten, welche wohl aus denselben Gründen wie sie beide hier waren. Schmieden, Tavernen und Händler aller möglichen Waren…der Markt lockte die verschiedensten Leute an. Es erinnerte ihn unweigerlich an den wütenden Mob, der bei seiner geplanten Exekution getobt hatte. Feuer hin oder her, er würde keine Chance gegen so viele haben. Anscheinend spiegelten sich seine Ängste in seiner Mimik wieder, denn Kisame legte seine Pranke auf seine Schulter, drückte diese fest. „Denkst du, du schaffst das?“ Itachi wusste nicht, was er darauf erwidern sollte; zum einen kam er sich lächerlich vor, an diesem Punkt ihrer Reise kalte Füße zu bekommen, wo die Menschen bis auf Ausnahmen doch recht freundlich zu ihm gewesen waren, andererseits warnte ihn etwas in seinem Inneren hiervor. „Ja“, erwiderte er schließlich, versucht, seine Unsicherheit zu verbergen. Im Endeffekt durfte er nur nicht die Kontrolle verlieren, dann würde ihn niemand von den Menschen unterscheiden können. Niemand würde merken, dass er anders war. Die Uchiha waren längst kein Thema mehr, schon gar nicht hier, so weit draußen. Es würde nichts passieren. Tief atmete er durch, ehe er den Kopf zu seinem Begleiter, der ihn skeptisch musterte, drehte. „Lass uns die Pferde unterstellen und ein Schwert für dich besorgen.“ Kisame hob eine Braue angesichts seiner plötzlichen Ansage, hatte damit wohl nicht gerechnet. „Das wollte ich hören!“, meinte er dann breit grinsend. Itachi nickte nur, ehe sie sich daran machten, eine der Tavernen aufzusuchen, um ihre Tiere dort für ein paar Münzen abzugeben. Es wäre leichtsinnig, die Pferde im Wald anzubinden, wo so viele Leute in Richtung Stadt strömten und sie sicherlich stehlen würden, bot sich solch eine Gelegenheit. Danach machten sie sich auf die Suche nach einer Schmiede. „Du kannst dich ruhig umsehen, wenn du willst.“ Itachi antwortete nicht, während er im Türrahmen der Schmiede stand und die vorbeigehenden Menschen beobachtete. Wie deutlich man sehen konnte, wer Rang und Name besaß, weil sie es schon anhand ihrer Kleidung zeigten. Wie sie sich bewegten, miteinander sprachen…es war interessant. Itachi hob eine Braue, als die drei Damen mit den kunstvoll hochgesteckten Haaren und den bunten Gewändern vom gegenüberliegenden Stand in seine Richtung sahen und kicherten. Hatte er etwas getan, um sie zu belustigen? Nun, besser, sie lachten über ihn, als dass sie in ihm ein Monster erkannten. „Sofern du dich nicht von irgendwelchen Weibsbildern abschleppen lässt…“, fügte Kisame an, der plötzlich recht nahe hinter ihm stand. Er warf ihm einen Blick über die Schulter zu, sah in die funkelnden Augen des anderen. „Das ist deine Sorge?“ „Oh, glaub mir…solche Weiber, wie die drei da, haben es faustdick hinter den Ohren. Also mach besser einen großen Bogen um sie“, erwiderte Kisame grinsend. Itachi sah wieder hinaus auf den Markt, der ihn zweifellos mit seinen vielfältigen Ständen lockte. Warum eigentlich nicht? Für seinen Begleiter schien es in Ordnung zu sein, zumal die Sache mit dem Schwert eine Weile zu dauern schien. Eine kleine Runde konnte er sicher gehen, ehe er wieder hierhin zurückkehrte. Er wunderte sich selbst über den Anflug kindlicher Vorfreude, der ihn überkam, doch es war ein kein schlechtes Gefühl. „Ich werde es mir merken“, murmelte er und nickte dann. „Also gut. Ich schaue mich mal um.“ „Gut“, meinte Kisame und drückte kurz seine Schulter. „Komm danach hierher zurück. Ich werde warten.“ Itachi spürte, wie ihm dabei warm wurde; nicht nur wegen der Berührung, sondern auch wegen ihrer Bedeutung. Kisame traute ihm zu, dass er hier schon zurechtkam, ihn nicht brauchte. Vielleicht war er diesbezüglich zuversichtlicher, als Itachi es selbst von sich behaupten konnte, aber es tat gut. Vor allem, da sowohl Madara als auch Sasuke das Vertrauen in ihn fehlte. Gut, er konnte es ihnen aufgrund der Geschehnisse nicht verdenken, aber dennoch… „Ist gut. Bis nachher dann“, erwiderte er und streifte Kisames Finger, was diesen noch breiter grinsen ließ. Bis er die Schmiede hinter sich gelassen hatte, spürte er den Blick des Hünen in seinem Nacken, was in ihm ein angenehmes Kribbeln auslöste. Den drei jungen Frauen widmete er dagegen keinen einzigen Blick mehr, sondern machte sich daran, sich die Stände anzusehen. Die verschiedenen Waren aus allerlei Ländern interessierten ihn, ob Relikte, Schmuckstücke oder fremde Lebensmittel. Er war neugierig und das schien den Händlern durchaus zu gefallen, denn sie beantworteten eifrig seine Fragen. „Halt dein Maul, du gottloser Sohn einer sabbernden Hure!“ Itachi stutzte, als er die derben Worte hörte und wandte sich reflexartig um. So unverschämt hatte er auch noch niemanden fluchen hören – und Madara nahm sich auch nicht gerade zurück, wenn er mal wieder wütend war. Bei der Person handelte es sich um einen jungen Mann, ungefähr im selben Alter wie er selbst, mit stämmigem Körperbau. Sein helles, zurückgekämmtes Haar schimmerte im Licht silbern, während die violetten Augen finster auf einen älteren Mann gerichtet waren. Anscheinend verkaufte dieser religiöse Gegenstände wie Gebetsketten und Talismane. Itachi wusste, was die Leute einst über seinen Clan gesagt hatten, doch wenn er diesen Unbekannten so ansah, fand er, dass dieser viel mehr wie der leibhaftige Teufel wirkte. Vor allem mit dem losen Mundwerk… „Niemand beleidigt Jashin-sama, du schwanzloser Abschaum!“, fauchte der junge Mann wieder los und die Menschen tuschelten bereits über den Unruhestifter. Der Händler hob beide Hände, was wohl beschwichtigend wirken sollte, doch der Teufel in Menschengestalt ließ ihn kaum zu Wort kommen. Seine rechte Hand umklammerte den silbernen Anhänger seiner Kette, während er mit der anderen wild herumfuchtelte. „Beruhige dich doch, Junge! Ich habe doch nur gesagt, dass dein Glaube-“ „Mir egal, was du sagst! Ich dachte, du seist Priester, eh?! Dann schwafle nicht so eine gottverdammte Scheiße! Hat hier denn keiner Ahnung von wahrer Religion?!“, regte sich der Fremde weiter auf und schien sich nicht daran zu stören, dass er die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog. Itachi fühlte sich in erster Linie angewidert von diesem respektlosen Verhalten, doch ebenso rief es Fremdscham in ihm hervor. Wie konnte man sich so aufführen? Davon abgesehen, dass solch ein Aufruhr gefährlich enden konnte, wenn er bedachte, wie außergewöhnlich der Fremde aussah. Vielleicht tat er gut daran, sich ungesehen vom Schauplatz zu entfernen, bevor er noch ungewollt in den Fokus geriet – wenngleich es schwierig war, gegen den vorlauten Kerl anzukommen. Besser so. „Und glotzt gefälligst nicht alle so doof, ihr Ketzer!“, blaffte dieser nun die umstehenden Leute an. „Habt ihr nichts zu tun, ihr elenden Gaffer?!“ Itachi verzog keine Miene, als ihn der zornige Blick des Unbekannten erfasste. Er wollte sich umdrehen, doch dafür war es zu spät, denn der andere zeigte schon mit dem Finger auf ihn. „Hey du da! Du Schönling! Ja, du! Was gaffst du so?! Soll ich dir da hinkommen, ja?! Provozier mich nicht, ich mein‘s ernst und…eh, läufst du weg?! Ja, verschwinde nur, du elender Feigling, du!“ Es juckte Itachi in den Fingern, dem Fremden zu zeigen, wie feige er war. Er konnte ihn zu einem Häufchen Asche verbrennen, auch wenn dies seinen Prinzipien widersprach. Also tat er das einzig Vernünftige, indem er sich umdrehte und ging, bevor die Aufmerksamkeit zu allem Überfluss auf ihm lag. Ärgerlich, denn bis gerade eben hatte er sich wohl auf dem Markt gefühlt, während ihn nun wieder das unangenehme Gefühl überkam, nicht hierherzugehören. Wie bitter. Itachi hatte den seltsamen Fremden gerade hinter sich gelassen, als ihn jemand von der Seite derart heftig anrempelte, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor. Ein zorniger Blick aus einem meerblauen Auge empfing ihn, als er den Verantwortlichen fixierte. Das andere Auge wurde von langen blonden Haaren verdeckt, von denen das Meiste in einem hohen Zopf gebändigt war. „Hast du keine Augen im Kopf, hmm?!“, fauchte ihn der Fremde an und baute sich vor ihm auf, obwohl er sogar ein Stück kleiner war als er. Itachi glaubte im ersten Moment, er hätte sich verhört, doch scheinbar meinte der andere Mann dies ernst. „Du bist in mich hineingelaufen“, gab er kühl zurück. „Was sagst du da?! Willst du Stress, hmm?!“ Dass der Blonde dabei herausfordernd sein Kinn reckte und wohl in Erwägung zog, sich mit ihm zu prügeln, hatte Itachi nicht erwartet. Das konnte er wirklich nicht gebrauchen. Hier waren zu viele Menschen. Entschuldigen würde er sich jedoch nicht. Bevor er jedoch darauf antworten konnte, legte sich eine Hand auf die Schulter des Fremden und eine laute, bekannte Stimme mischte sich ein. „Oi, Deidara-chan! Da war grade so ein Schönl- eh?! Das ist der Kerl!!“ Hinter dem Blonden tauchte nun der Silberhaarige auf und zeigte mit dem Finger auf ihn. Was waren das für Spinner? „Der da hat meine Religion verspottet und sich dann feige verpisst!“ „Tja und mich hat er angerempelt und will sich nicht entschuldigen, hmm.“ „So? Das schreit doch nach einer Abreibung, oder?“, kam es grinsend von dem aggressiven Silberschopf. Itachi verengte die Augen bei den Worten, immer noch unschlüssig, wie er hier möglichst ohne Aufruhr wegkam. Als würde er sich mit diesen beiden Idioten auf offener Straße wegen nichts prügeln. „Da es sich hierbei um ein Missverständnis zu handeln scheint, würde ich vorschlagen, wir belassen es dabei und jeder geht seines Weges“, gab er kühl zurück. „Boah, der redet ja genauso geschwollen wie Kakuzu…urgh! Allein dafür sollte ich dir eine reinzimmern!“ „Apropos Kakuzu“, brummte der Blonde namens Deidara. „Wenn wir uns hier prügeln, reißt er uns den Arsch auf. Vor allem dir, Hidan, hmm.“ „Und? Ich hab keine Angst vor dem Penner!“, erwiderte Hidan bockig und verschränkte die Arme. „Er ist nicht unser Boss.“ Deidara verdrehte das sichtbare Auge, ehe er wieder Itachi fixierte, welcher dem still zugehört hatte. „Wir lassen dir das noch mal durchgehen, klar? Aber wenn du uns noch mal krumm kommst, kannst du was erleben, hmm!“ „Genau! Dann bearbeiten wir dein Gesicht so, dass dich nicht mal deine Hure von Mutter wiedererkennt!“ Itachi ballte die Hände zu seinen Seiten zu Fäusten, rang um seine Kontrolle, als er spürte, wie das Feuer seinen Körper zu übernehmen drohte. Die Hitze in seinem Inneren staute sich, ließ die Luft für einen kurzen Moment flimmern – dann konnte er sich wieder beherrschen. Nicht hier. Er musste ruhig bleiben, durfte sich nicht provozieren lassen. Sie waren es nicht wert, dass er sich das hier kaputtmachte. Nein. „Willst du uns totstarren oder was?! Mach n Abgang, du Pissnelke!“, blaffte ihn Hidan an und verlagerte sein Gewicht auf Deidaras Schulter. Itachi atmete innerlich durch, dann wandte er sich ab, das spöttische Gelächter ignorierend. Diese beiden durchgeknallten Typen wussten ja nicht, dass er sie zu einem Häufchen Asche hätte verbrennen können. In Gedanken klammerte er sich an Kisame. Er würde zu ihm zurückkehren. Sie würden weiterreisen, bis sie zu dessen Kameraden stießen. Das hier war nicht von Bedeutung. „Da bist du ja wieder!“ Kisame grinste ihn breit an, wobei seine scharfen Zähne hervorblitzten. In seiner Hand hielt er sein neues Katana, schien dieses gerade zu begutachten. Neben ihm stand ein Mann, der ihm in Größe und Statur recht nahe kam und dessen Vermummung es unmöglich machte, mehr als ein bisschen dunkle Haut und seine Augen zu erkennen. Es waren unheimliche, blutunterlaufene Augen mit dunkelgrüner Iris, die Itachi unweigerlich schaudern ließen. Etwas stimmte mit diesem Mann nicht. Seine Aura wirkte nahezu bedrohlich, sodass er kurz zögerte, näher zu kommen. „Dann kann ich dir direkt einen meiner Kameraden vorstellen“, fuhr Kisame fort und deutete auf den fremden Hünen. „Das hier ist Kakuzu. Er hat hier einige Geschäfte abgewickelt.“ Itachi erwiderte den musternden Blick des Mannes, dessen Mimik er nicht lesen konnte. Da lag etwas Berechnendes in dessen Augen. Was ihn jedoch viel mehr beunruhigte, war der Name, bei dem Kisame ihn soeben genannt hatte. Das konnte doch nicht… „Kakuzu, das ist Itachi. Wie ich schon erzählt habe, ist er derjenige, der mir den Arsch gerettet hat.“ „Er sieht nicht sonderlich robust aus“, kommentierte der Mann mit einer Stimme, die rau und tief war. Kisame schnaubte. „Haku sieht auch nicht robust aus und er ist unser fähigster Attentäter, nicht wahr?“, brummte er ihm zu. „Mag sein“, erwiderte Kakuzu eher desinteressiert und schulterte seinen Beutel, den er bei sich trug. „Wie auch immer…die Entscheidungen trifft sowieso Pain. Sammeln wir die beiden Idioten ein und machen uns auf den Rückweg.“ Itachi fühlte sich immer noch wie versteinert, vor allem, da seine böse Vorahnung soeben bestätigt wurde. Diese beiden Idioten…? Das Schicksal schien es nicht gut mit ihm zu meinen. Nicht zum ersten Mal. „Kisame.“ Angesprochener warf ihm einen fragenden Blick zu, während er sein neues Katana in die Scheide an seiner Seite schob. „Hm?“ „Ich-“ „Oi, Kakuzu! Da bist du ja, alter Sack!“, unterbrach ihn in diesem Augenblick jemand. Natürlich mussten die beiden fast zeitgleich zu ihnen stoßen, was das Ganze komplizierter machen würde. „Eh?! Kisame!! Du lebst?!“, krakeelte der Silberhaarige direkt los und starrte seinen Weggefährten fassungslos an. Auch der Blonde, Deidara, schien vollkommen perplex, doch da war auch Erleichterung. Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Gut, dich wiederzusehen, Kisame!“ „Aber echt!! Ohne dich war‘s voll langweilig!!“, stimmte Hidan zu und wollte gerade näherkommen, als sowohl sein, als auch Deidaras Blick auf ihn fielen. „…“ „…“ „Eh?! Das ist doch der Typ von vorhin, hmm!“ „Was hat der Kerl bei euch zu suchen?! Boah, diesmal mach ich dich fertig, Schönling!!“ „…ihr…kennt euch?“ „…sozusagen“, murmelte Itachi resigniert. Das Kennenlernen mit Kisames Kameraden fing bereits jetzt gut an… Kapitel 21: Hey! ---------------- “Jetzt echt?! Du hast dem Alten hier den Arsch gerettet?! Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich dir nicht mit Schlägen gedroht! Siehst gar nicht so aus, als wärst du so stark, dass du den Kerl hier tragen kannst…aber na ja, dann bist du wohl in Ordnung!“ Der Mann namens Hidan grinste ihn breit an und schlug ihm einmal fest gegen die Schulter, was Itachi gezwungenermaßen zuließ. Sie hatten sich vom Markt entfernt und waren nun auf dem Weg zum Unterschlupf der Truppe, welcher durch einen dichten Wald führte. Während Kisame ihnen die Kurzform seiner Geschichte erzählt und dabei seine Kräfte ausgelassen hatte, entgingen ihm die stechenden Blicke der beiden anderen nicht. Hidan war zwar laut und aufbrausend, jedoch schien er ein einfaches Gemüt zu besitzen, wenn er ihn sofort als einen Verbündeten ansah. Deidara und Kakuzu begegneten ihm weiterhin mit gesundem Misstrauen, das ihm sogar lieber war, als Hidans Überschwänglichkeit. „Wenn wir heute Abend Kisames Auferstehung feiern und ordentlich saufen, erzähl ich dir alles über Jashin-sama!“, plapperte dieser wieder los. „Vielleicht bist du ja empfänglicher als der alte Sack, der sich mein Partner schimpft.“ „Niemand bei Verstand würde sich auf deine beschränkte Religion einlassen, Hidan. Also geh uns nicht auf die Nerven“, kam es ruhig von Kakuzu zurück. „Oi! Nennst du mich dumm, du Mumie?!“ Hidan ließ sich zurückfallen, sodass er nun neben seinem Partner ging, und drohte diesem mit der Faust. „Bisher nicht. Allerdings kann ich nicht leugnen, dass deine Bildung zu wünschen übrig lässt“, erwiderte Kakuzu trocken. „Was hast du gesagt?!“ Itachi zog die Brauen ein wenig mehr zusammen, fragte sich, was diese beiden für eine eigenartige Beziehung hegten. Sie wirkten nicht wie Kameraden, schienen sich nicht einmal leiden zu können, doch da Kisame ihn bereits vorgewarnt hatte und er sich nicht einmischen wollte, blieb er still. „Das ist normal bei den beiden. Einfach ignorieren. Spätestens heute Abend kriegen die sich wieder ein“, meinte Kisame, der wieder zu ihm aufschloss. Deidara schnaubte, warf einen Blick über die Schulter zu den beiden. „Einkriegen…so kann man das auch nennen, hmm“, kommentierte er es leise, ehe er sich wieder Kisame zuwandte. „Auch, wenn er dir geholfen hat, Kisame…bist du sicher, dass es klug ist, ihn zu unserem Unterschlupf zu führen? Er ist praktisch ein Fremder, hmm!“ Dabei nickte Deidara mit dem Kopf in seine Richtung, so als würde er das Gespräch nicht mitanhören können, was es unhöflich machte. Kisame empfand das wohl ebenso wie er, denn der Ärger zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Dann legte er eine Pranke auf Itachis Schulter, drückte diese fest. „Ich übernehme die volle Verantwortung für Itachi“, gab er zurück. „Ich würde ihm jederzeit mein Leben anvertrauen.“ Die Worte lösten eine angenehme Wärme in dem Uchiha aus, sodass sich seine Anspannung automatisch lockerte. Er musste dem Impuls, die Hand zu drücken, widerstehen; schließlich wusste er nicht, ob es in Ordnung war, seine Zuneigung so offen vor dessen Kameraden zu zeigen. Er war sich auch nicht sicher, ob er selbst dies wollte. Deidara beeindruckte es scheinbar nicht, denn er schnaubte abermals und verschränkte die Arme. „Große Worte dafür, dass ihr euch erst seit Kurzem kennt, hmm.“ Kisame nahm seine Hand zurück, funkelte den Blonden an. „Warum so spöttisch, Deidara? Pass auf, dass Sasoris Verhalten nicht zu sehr auf dich abfärbt. Du bist zu jung für Verbitterung, ne?“ Anscheinend nahm das dem Angesprochenen den Wind aus den Segeln, denn er starrte ihn erst perplex an und wurde dann rot. „W-Was?! Das stimmt doch gar nicht!! Das hat nichts mit…ich bin nur misstrauisch!! Sasori no Danna färbt überhaupt nicht auf mich ab, hmm!!“ Kisames Grinsen wurde eine Spur breiter, vermutlich weil auch er erkannte, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Na, dann ist ja gut. Erzähl mir lieber, wie es den anderen geht. Hoffe, ihr habt nicht nach mir suchen lassen?“ Die Taktik funktionierte, denn Deidara schien froh über den Themenwechsel zu sein. „Suigetsu wollte nach dir suchen, aber Pain und Konan haben ihm einen Riegel vorgeschoben. Wir anderen haben das akzeptiert, auch wenn Zabuza stinksauer war. Na ja, du weißt ja, wie er ist. Jedenfalls haben wir nicht damit gedacht, dass es Sinn machen würde, dir zur Hilfe zu kommen – du hast einen Daimyo getötet. Niemand lässt so ein Verbrechen ungesühnt, hmm.“ Kisame zuckte mit den Schultern, blickte nachdenklich vor sich hin. „Das stimmt wohl. Sie haben mich entsprechend dafür bestraft und nun, wie gesagt, wäre Itachi nicht gewesen, wäre ich hingerichtet worden. Ein glücklicher Zufall.“ Bei dem Wort Zufall fixierte ihn Deidaras Blick erneut auf eine Weise, die Itachi nicht gefiel. „Ja…Zufall…“, hörte er ihn leise wiederholen, beließ es aber dabei. Dass Deidara ihm weder traute noch ihn sonderlich mochte, stand jedenfalls außer Frage. Zumindest beruhte dies auf Gegenseitigkeit. Der Unterschlupf von Kisames Leuten war recht gut getarnt, wie er schon bald feststellte. Der Weg durch den Wald führte sie zu einem Wasserfall, hinter dem sich der Eingang zu einer Höhle befand. Um die Höhle betreten zu können, musste man einen Schalter an der Wand umlegen, der einen Mechanismus betätigte, welcher wiederrum einen Felsbrocken beiseiteschob. Itachi hatte solch etwas noch nie gesehen und Kisame, dem dieser Gedanke wohl auch eben kam, berührte leicht seine Schulter. Sie gingen nebeneinander, wobei man nicht viel erkennen konnte, doch es schien, als würde es nur einen Weg geradeaus geben. „Nicht schlecht, oder? Sasori ist zwar ein komischer Kauz, aber er hat ne Menge Ahnung von diesem Technik-Gedöns. Für den Notfall hat er auf der anderen Seite eine Vorrichtung gebaut, mit der man aus der Ferne Sprengstoff aktivieren kann – natürlich gibt es für uns einen zweiten Ausgang, damit wir nicht in der Falle sitzen.“ Deidara, der direkt hinter ihnen ging, schnaubte hörbar. „Und wer hat den Sprengstoff für Sasori no Danna hergestellt und angebracht, damit seine tolle Falle überhaupt funktioniert, hmm?“ „Jaja, das hätte ich ihm ja als nächstes erklärt“, wiegelte Kisame ab und man hörte das Schmunzeln in seiner Stimme. „Als ob…“ „Deidara ist unser Experte für Schwarzpulver und alles, was damit zu tun hat“, fuhr der Hüne fort, woraufhin Hidan ein gackerndes Lachen von sich gab. „Seine liebste Beschäftigung ist es, Dinge – oder Menschen in die Luft zu jagen.“ „Na und? Deine liebste Beschäftigung ist es, Menschen aufzuschlitzen und dich mit ihrem Blut einzuschmieren. Also tu nicht so, als sei ich der Irre, hmm!“ „Das nennt sich Opfer, du Ketzer!!“ „Das-“ „Wenn ihr mit dem kindischen Gezanke nicht gleich aufhört, sorge ich dafür, dass die Wände von eurem Blut beschmiert werden“, unterbrach Kakuzu den Streit gereizt. Daraufhin herrschte kurzzeitige Stille, ehe leises Murmeln folgte. Itachi fragte sich unweigerlich, ob die Worte der Wahrheit entsprachen. Er wusste, dass Akatsuki aus Söldnern bestand, hatte sich schon darauf eingestellt, dass diese Menschen recht kaltblütig waren, was Mord anbelangte. Dennoch empfand er die Aussagen als makaber, auch wenn er nichts dazu sagte. „Ihr seid wirklich unfassbar schlecht darin, einen ersten guten Eindruck zu vermitteln“, kam es trocken von Kisame, der kurz seine Schulter drückte. „Das wusstest du vorher, also beschwer dich nicht“, brummte Kakuzu finster zurück. „Eh? Ihr meint, der Neue lässt sich davon abschrecken? Oi! Enttäusch mich nicht, Itachi-chan!“, krakeelte Hidan los und man sah ihn in der Dunkelheit mit den Armen herumrudern. Die Anrede kommentierte er lieber nicht. „Hidan…es steht noch gar nicht fest, ob er bei uns einsteigen darf, hmm“, kam es genervt von Deidara. „Ich habe nie gesagt, dass ich bei euch einsteigen werde“, fügte Itachi monoton hinzu. „Eh?! Warum nicht? Wir sind voll liebenswert! Wenn du uns erstmal besser kennenlernst, wirst du drum betteln, bei uns mitmachen zu dürfen!“ „Sicher wird er das“, brummte Kakuzu sarkastisch. „Oi! Klappe, Kakuzu! Wenn er keinen Bock auf uns hat, dann nur, weil deine fiese Fresse ihn vertrei – Au, verdammt!! Spinnst du?!“ Itachi wusste nicht, ob er froh darüber sein sollte, dass der Ausgang der Höhle nahte, denn Tageslicht erhellte diese plötzlich – sodass man Hidan erkennen konnte, wie er sich die Nase hielt. Anscheinend hatte Kakuzu ihm mitten ins Gesicht geschlagen. Waren diese Leute nicht Kameraden? Gehörte es sich so, dass man sich untereinander beleidigte und prügelte? Dann freute er sich ja schon richtig auf den Rest der Truppe… Der eigentliche Unterschlupf entpuppte sich als Grünfläche inmitten von Bäumen und Sträuchern, welche von hohen Felswänden eingerahmt war. Das zweistöckige Haus lag in der Mitte, nahe dem Ufer eines kleinen Sees, zu dem ein Steg gehörte. Ein Junge mit hellen Haaren saß auf diesem und warf Steine ins Wasser, welche über die Oberfläche hüpften, ehe sie versanken. Suigetsu. Kisames Partner, dem er das Leben gerettet hatte. Kurz warf Itachi einen Blick zum Himmel, entspannte sich merklich, als er Amaterasu ihre Kreise über ihnen ziehen sah, ehe sie in einer der Baumkronen verschwand. Sie würde in seiner Nähe bleiben, das wusste er. Er selbst blieb hinter der Truppe, wollte nicht direkt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch kaum dass Suigetsu sie entdeckt hatte, schien sowieso nur eine Person von Wichtigkeit zu sein. Wie erstarrt saß er dort mit großen, violetten Augen am Steg, während sie näher kamen…dann sprang er plötzlich auf und kam ihnen entgegen. Immer schneller, bis er rannte, wobei er niemandem groß Beachtung schenkte – außer Kisame. Eigentlich hatte Itachi damit gerechnet, dass der Junge Kisame umarmen würde, doch stattdessen holte er aus und hieb nach dessen Gesicht. Der Hüne schien das erwartet zu haben, denn er fing die Faust ab, hielt ihn am Handgelenk fest und grinste breit. „Ich freu mich auch, dich wiederzusehen, Kurzer.“ „Du verdammter…!! Du warst die ganze Zeit am Leben?! Wieso…wieso bist du erst jetzt hier?! Konntest du dich nicht verdammt noch mal eher melden?! Ich hab mir scheiß viele Vorwürfe gemacht!! Ich dachte…Scheiße…!!“ Kisame musterte den Jungen, dessen Stimme bei den letzten Worten brach. Es machte deutlich, wie wichtig der Hüne für ihn war. Dieser zog ihn einfach an seine Brust, wuschelte ihm durch die weißen Haare. „Tut mir leid. Ich hätte mich ja eher gemeldet, aber die haben mich ziemlich in die Mangel genommen. Ohne Itachi hätte ich nicht zurückkommen können. Er hat mir das Leben gerettet.“ Suigetsu schluckte hart, blieb für einen Moment so, ehe er sich löste und anschließend ihn fixierte. Abschätzend. Für ein paar Sekunden sagte niemand etwas. „Im Ernst? Der da hat dir das Leben gerettet? Der sieht gar nicht so stark aus…“ „Das hab ich auch schon gesagt!“, stimmte Hidan ihm etwas nasal zu. „Aber na ja, Deidara sieht auch aus wie n halbes Hemd…“ „Ich bin durchtrainiert, du Mistkerl, hmm!“, fauchte der Blonde. Kisame knurrte, ehe er Suigetsu fest in die Wange kniff, was diesen aufschreien ließ. „Bedank dich gefälligst, anstatt ihn zu beurteilen! Hat hier eigentlich niemand Manieren?!“ „Au!! Ist ja gut, au! Lass los…nh…danke!!“, zeterte der Jüngere und rieb sich die gerötete Wange, als Kisame ihn losließ. Dieser setzte gerade zum Sprechen an, als eine weitere Person dazu kam, soeben auf der Veranda um die Ecke bog. Es war eine Frau mittleren Alters mit blauen Haaren, in denen eine weiße Papierblume steckte. Ihre bernsteinfarbenen Augen weiteten sich für einen Moment, ehe ihre Mimik wieder recht stoisch wurde. Jedoch legte sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen, als sie näher kam, wobei sie ihn nur eines kurzen Blickes würdigte, ehe sie sich an Kisame wandte. „Anscheinend haben wir zu früh Abschied genommen.“ Kisame grinste schief. „Was soll ich sagen? Unkraut vergeht nicht. Das weißt du doch, Konan.“ Sie schmunzelte leicht, ehe sie nickte. „Es ist gut, dich wiederzusehen, Kisame. Vergib uns, dass wir niemanden geschickt haben.“ „Ach was…ich habe es vorhin schon den anderen gesagt; wäre Itachi nicht gewesen, hätte ich nicht zu euch zurückkehren können.“ Konan schaute ihn nun direkt an, musterte ihn wie auch die anderen es schon getan hatten. Ihr stechender Blick machte es zwar unangenehm, doch es war nur natürlich, einem Fremden mit Misstrauen zu begegnen. Kisame hatte ihn schließlich in ihr Versteck gebracht – und mit einem Mal kam Itachi der Gedanke, ob sie ihn überhaupt gehen lassen würden, nachdem er es kannte. Falls nicht, würde das unschön enden, aber das war seinem Weggefährten doch sicher vorher bewusst gewesen? „Du musst ihm sehr vertrauen, wenn du ihn hierher bringst“, mutmaßte sie, woraufhin Kisame nickte. „Das tue ich. Daher bitte ich euch darum, mir zu glauben, dass er keine Bedrohung für uns ist. Falls er sich entscheidet zu bleiben, wird er dagegen eine Bereicherung für uns sein.“ Itachi hätte wiedersprechen können, doch er ließ es fürs Erste bleiben. Da er diese Leute nach wie vor nicht richtig einzuschätzen vermochte, würde er sie erstmal in dem Glauben lassen. Vielleicht dachte Kisame ähnlich, denn er kannte seine Meinung ja. Abgesehen davon war Itachi noch nicht bereit, sich von dem Hünen zu trennen. „Wir sollten das mit Pain besprechen“, erwiderte sie ruhig, ehe sie sich direkt an ihn wandte. „Ich hoffe, du nimmst uns unsere Bedenken nicht übel. Ich denke, wir sind dir alle sehr dankbar, dass du Kisames Leben gerettet hast, jedoch sind uns nicht alle Leute wohlgesonnen.“ Dies verstand Itachi vermutlich besser, als sie sich vorstellen konnte, doch er nickte nur. „Mein Name ist Konan. Ich bin Pains rechte Hand. Am besten folgt ihr beide mir direkt, damit wir diese Angelegenheit klären können.“ „Bis später dann! Wir karren schon mal den Sake ran, damit wir nachher ordentlich feiern können!“, rief Hidan ihnen hinterher. „Du weißt noch nicht mal, ob es was zu feiern gibt, hmm.“ „Seit wann bist du so eine Spaßbremse, Deidara-chan?!“ Kisame musste bei dem Gezeter lachen, legte ihm kurz die Hand auf den Rücken, ehe er ihm bedeutete, dass sie Konan folgen sollten. Anscheinend machte sich der Hüne nicht die geringsten Sorgen, dass man ihn davonjagen könnte. Jedenfalls wirkte er recht gelassen, während sie das Haus betraten, in dem es so einige Zimmer zu geben schien. Es wirkte sehr geräumig, war mit teuer aussehenden Vasen und Pflanzen dekoriert, die es einladender machten. Konan führte sie die Treppen hoch, wobei Itachis Blick die kunstvollen Malereien von Landschaften an den Wänden streifte. Auf der oberen Etage gab es noch mehr Schiebetüren, doch der Anführer der Gruppe schien sich im Zimmer ganz am Ende des Flurs zu befinden. Konan räusperte sich vernehmlich, ehe sie die Tür beiseiteschob. „Nagato? Hier ist ein alter Freund, der dich sprechen möchte.“ Kisame grinste bei den Worten und ging an ihr vorbei, um den Raum zu betreten. „Werde ich nun schon senil und sehe Geister…oder bist du es wirklich, Kisame?“, hörte Itachi eine heisere Stimme sagen. „Tut mir ja leid, aber so einfach werdet ihr mich nicht los“, erwiderte der Angesprochene belustigt. „Ich bekam unerwartet Hilfe, sodass ich dem Tod noch einmal entkommen bin.“ „Zum Glück. Wir haben nicht erwartet, dich wiederzusehen. Vergib uns, dass wir dich aufgegeben haben, aber du wirst verstehen, dass wir keine Wahl hatten.“ „Ich trage euch nichts nach. Das habe ich auch schon Konan gesagt. Es war tatsächlich Glück, dass mich jemand vor der Hinrichtung bewahrt hat. Ich hatte schon abgeschlossen.“ Bei den Worten bedeutete Konan ihm, dass er ebenfalls eintreten sollte, was er auch tat. Nur flüchtig schaute sich der Uchiha im Zimmer um, erfasste unweigerlich die große Karte, die an der Wand befestigt war und in der einige Nadeln steckten. Itachi konnte nicht einschätzen, wie alt der Mann, welcher am Tisch saß und ihn aus seinen grauen Augen scharf musterte, sein mochte. Sein Gesicht wirkte ausgemergelt, die Wangen waren eingefallen und einzig die roten, halblangen Haare gaben ihm etwas Farbe. Der schwarze Haori, den er über seinem Yukata trug, verhüllte seinen Körper fast gänzlich, nur das knochige Brustbein stach hervor. Er wusste nicht ganz, was er von dem Mann halten sollte, aber angesichts seiner kränklichen Erscheinung hätte er ihn nicht für einen Anführer gehalten. Sein wacher Blick jedoch machte deutlich, dass man ihn besser nicht unterschätzte. Konan setzte sich neben ihn, deutete ihnen mit einem Kopfnicken an, sich ebenfalls zu setzen und sowohl Kisame als auch Itachi kamen der stillen Forderung nach. „Ich nehme an, du bist derjenige, dem wir Kisames Heimkehr zu verdanken haben?“, sprach ihn der Rothaarige an und ein Lächeln spannte sich über seine spröden Lippen. „Ja. Mein Name ist Itachi.“ „Itachi also. Mich nennt man Pain. Ich bin der Anführer dieser Gruppe, die sich Akatsuki nennt. Konan unterstützt mich dabei als meine Partnerin.“ Ihm entging nicht, dass Konan ihn nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, so als erwartete sie jede Sekunde einen Angriff auf den Rothaarigen. Vielleicht war auch genau das der Fall. „Wir sind dir sehr dankbar, dass du einen unserer loyalsten und fähigsten Männer zu uns zurückgebracht hast. Wenn Kisame dich hergebracht hat, scheint er ein großes Vertrauen in dich zu setzen.“ Bei dieser Annahme glitt sein Blick zu besagtem Hünen, der ernst nickte. „Ihr kennt mich. Beide. Ihr wisst, dass ich nicht leichtfertig jemanden herbringe. Hätte ich auch nur den geringsten Zweifel an ihm, wäre ich allein zurückgekehrt. Itachi genießt mein vollstes Vertrauen.“ Um seine Worte, die bei Itachi ohnehin schon eine angenehme Wärme auslösten, zu unterstreichen, legte der Hüne die Hand auf seine Schulter. Es war nicht so, dass es den Uchiha überraschte, aber es so direkt zu hören, ließ seine Gefühle für Kisame auflodern. Es erinnerte ihn daran, warum er mit ihm gegangen war. Warum er diesen Weg noch nicht wieder verlassen wollte. „Ihr habt sicher eine ganze Menge erlebt, das euch verbindet“, murmelte Nagato, ehe er einen Seitenblick zu seiner Partnerin warf. „Und hätte Konan ernsthafte Bedenken, was dich betrifft, Itachi, dann hättest du niemals die Schwelle unseres Hauses überschritten.“ Konan, die bisher still geblieben war, fixierte ihn nun aus ihren ausdrucksstarken Augen, die ihn an einen Raubvogel erinnerten. „In der Tat“, bestätigte sie. „Das Einzige, das ich bei dir wahrgenommen habe, ist Vorsicht. Du hältst dich zurück, orientierst dich an Kisame…da ist eine Verbundenheit zwischen euch, die seine Gründe haben wird, ebenso wie deine Zurückhaltung. Oder du bist einfach nur sehr höflich. Wie auch immer, da ich Kisames Urteil vertraue, denke ich, dass du keine Gefahr für uns darstellst. Sollte sich dies als Irrtum herausstellen, so glaube mir, dass ich dich persönlich von deinem Leben erlösen werde.“ Itachi wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Das soeben war sowohl Beurteilung, als auch Drohung – und die Erlaubnis, bleiben zu dürfen. Er wich ihrem Blick nicht aus, hielt dies für einen Fehler, sondern nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte. „Ich sehe das wie Konan“, pflichtete Pain ihr bei. „Wir schulden dir etwas, daher bieten wir dir an, bei uns zu bleiben. Durch Kisame weißt du sicher, womit wir unser Geld verdienen. Es sind unterschiedliche Aufträge, die wir annehmen – mal mehr, mal weniger lukrativ. Mal mehr, mal weniger moralisch, aber wir halten uns in der Regel in der Mitte. Wenn du es geschafft hast, Kisame aus einem Kerker zu holen, der sicher streng bewacht wurde, wirst du über nützliche Fähigkeiten verfügen – es würde mich daher freuen, heute Abend mehr darüber zu erfahren.“ Neben ihm grinste Kisame noch breiter, anscheinend freute er sich darüber, dass genau das eintraf, was er beabsichtigt hatte. Nun, es lief in der Tat sehr viel positiver ab, als Itachi befürchtet hatte. Niemals hätte Madara jemanden in ihrer Mitte willkommen geheißen. Kisame hatte ihm damals das Leben gerettet und Madaras Großzügigkeit bestand darin, ihn nicht zu töten. Vielleicht war es ein wenig unfair, das zu vergleichen, aber dennoch…er hatte das nicht erwartet. „Das ist sehr großzügig von Euch“, erwiderte er daher höflich. „Ich nehme die Einladung sehr gern an und bleibe fürs Erste bei euch. Noch kann ich mich nicht endgültig entscheiden. Ich hoffe diesbezüglich auf Euer Verständnis.“ Zumal die Angst in ihm aufkam, dass Madara an diesem Ort erscheinen und das Haus samt ihrer Bewohner niederbrennen könnte, wenn er einfach hier blieb. Das konnte nicht gut ausgehen, aber den Gedanken behielt er natürlich für sich. „Das verstehen wir“, antwortete Pain mit einem Lächeln. „Lerne uns erst einmal kennen. Du wirst merken, dass wir vielleicht etwas sonderbar sind, doch hier können wir uns aufeinander verlassen. Wir haben keine Familien mehr, sind zum Teil Ausgestoßene und Gejagte. Oder wie in meinem Fall nicht mehr körperlich unversehrt.“ Konan neben ihm legte eine Hand auf seine und drückte diese fest, schaute dabei aber Itachi an. „Dafür bin ich an seiner Seite“, erwiderte sie knapp, woraufhin er sie mit einem warmen Blick bedachte. „Und dafür bin ich dir sehr dankbar.“ Itachi fragte sich, was der Rothaarige damit meinte. So ausgemergelt, wie er aussah, war er wahrscheinlich krank. Jedoch hielt er es für taktlos, genauer nachzufragen. Was er jedoch merkte, war, dass die beiden sich sehr nahe standen. „Nun, ihr könnt gern schon herunter zu den anderen gehen. Wir schließen uns euch in Kürze an“, wandte sich Pain erneut an sie beide, woraufhin sie sich erhoben. Draußen grinste Kisame ihn gut gelaunt an. „Siehst du? War doch halb so schlimm, oder?“ „…es lief besser, als erwartet“, gab Itachi ehrlich zurück. „Auch wenn du dich ein bisschen zu sehr darüber freust. Du kennst meine Meinung.“ „Und ich respektiere sie“, erwiderte der Hüne gelassen, ehe er den Arm um seine Schultern legte. „Dennoch freut es mich, dass wir diese Option überhaupt haben, also lass mir meine Freude, hm?“ Itachi ließ die Berührung zu, auch wenn es ihn innerlich ein wenig ärgerte, wie schnell ihn diese besänftigte. Wegen so etwas seine Prinzipien infrage zu stellen…Madara würde ihn verprügeln. „Heute Abend feiern wir erstmal meine Rückkehr, essen und trinken – und du lernst unsere Truppe etwas besser kennen. Wobei…dann willst du vielleicht erst recht gehen…“ Itachi verstand den Scherz und er tat Kisame den Gefallen, darüber zu lächeln, was diesen merklich erfreute. Leicht machte es ihm der andere wirklich nicht… Als sie heruntergingen, sahen sie Deidara und Hidan bereits auf der Veranda sitzen, wo sie anscheinend alles fürs Abendessen vorbereiteten. Der Blonde blickte auf, als er ihre Schritte hörte und verengte sogleich das sichtbare Auge, ehe er die geschälte Kartoffel in die Schüssel warf. „Und?“, fragte er mit lauerndem Unterton, während Hidan eher aufgeregt wirkte. „Er darf bleiben!“, verkündete Kisame grinsend, woraufhin sich Deidaras Miene verdüsterte. „Ah ja. Einfach so. Ohne Abstimmung? Vielleicht haben ja einige etwas dagegen, hmm?“ „Ich hab nichts dagegen!“, krakeelte Hidan sofort los. „Hidan…“ „Was denn? Sei nicht so, Deidara-chan! Er hat Kisame den Arsch gerettet, da kann er so verkehrt doch gar nicht sein!“ „Wer soll deiner Meinung was dagegen haben, Deidara?“, fragte Kisame und verschränkte die Arme. „Pain und Konan waren dafür, Hidan und ich ebenfalls – hey Suigetsu!“ „Ja, Sempai?“, rief der Angesprochene, der in einiger Entfernung vor der Feuerstelle kniete und Holz schichtete, zurück. „Was dagegen, dass Itachi bleibt?“ „Nö, warum? Wird schon in Ordnung sein, wenn du ihn magst!“ Kisame lächelte Deidara breit an, entblößte seine Zähne. „Damit sind es schon fünf von uns, die ganz gut damit leben können, Deidara.“ „Fehlen noch Zabuza, Haku, Kakuzu und Sasori no Danna“, gab der andere kühl zurück. „Wir sollten warten, bis sie zurück sind – und dann sehen, ob es wirklich für alle in Ordnung ist.“ „Bei dir gab’s damals auch keine Abstimmung und du hast geklaut wie‘ ne Elster. Also Schluss mit dem Mist“, knurrte Kisame gereizter. Deidara schnaubte. „Das ist eine nützliche Fähigkeit, die bloß für mich gesprochen hat, hmm!“ „Genau wie das Herumhuren…“, murmelte Hidan, woraufhin ihm Deidara eine Kartoffel gegen den Kopf warf. „Au, verdammt!! Lass den Scheiß!!“ „Dann rede gefälligst nicht so über mich, hmm!“, blaffte Deidara zurück. Itachi blickte von einem zum anderen, nicht wissend, ob er sich einmischen sollte oder nicht. Er schien für den Blonden ein rotes Tuch zu sein, so wie dieser sich aufregte. Was auch immer diesen so störte. War er einfach jedem Neuen gegenüber so misstrauisch? „Wenn ihr abstimmen wollt…gut“, meinte er schließlich. „Ich möchte niemanden mit meiner Anwesenheit belästigen.“ Während Deidara daraufhin zufrieden lächelte, schien es Kisame die Laune zu verderben, so wie er ihn nun anfunkelte. „Das ist doch Unsinn. Pain hat entschieden und gut ist.“ „Für den Neuen ist es kein Problem, Kisame. Befürchtest du, dass du überstimmt wirst, hmm?“, fragte Deidara und grinste diesen an. Scheinbar hatte er damit den Nagel auf den Kopf getroffen, denn Kisames Miene wurde noch grimmiger. Wenn man bedachte, dass weder Zabuza, noch Haku ihn besonders gut leiden konnten, wunderte dies Itachi nicht. Allerdings hatte er auch keine Lust, an einem Ort zu verweilen, an dem ihm die Hälfte der Leute feindselig gesinnt war. Er wollte keinen Keil zwischen sie treiben, daher war die Abstimmung vielleicht keine schlechte Idee. Er würde sich fügen. „Fein“, knirschte Kisame zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Stimmen wir ab, sobald wir vollständig versammelt sind.“ Itachi widerstand dem Drang, Kisames Hand zu streifen, nur schwer, doch er wollte das Feuer nicht noch mehr schüren. Es würde schon alles gutgehen. Warum er plötzlich diese innere Ruhe verspürte, wusste er selbst nicht…oder ob dies ein gutes Zeichen war. Es würde sich zeigen. Die letzten Tage waren überraschend langweilig gewesen – auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie dafür dankbar sein sollte oder nicht. Wegen ihrer Verletzung musste sie ihr Bein schonen, weswegen sie die Hütte bloß für ihre Notdurft oder um sich zu waschen verlassen hatte. Nicht mal ein Buch hatte sie hier, um sich die Zeit zu vertreiben – Sasuke hatte ihre Bitte danach mit einem abfälligen Schnauben kommentiert und die Tür hinter sich zugeschlagen. Er suchte nach wie vor selten ihre Nähe, kam meistens, um ihr etwas zu essen zu bringen oder um sie zu kontrollieren. Nach wie vor gab er sich wortkarg, strafte sie mit Verachtung in seinem Blick – und sie hasste es. Vor allem weil sie sich nicht dagegen wehren konnte. Nun gut, verbal versuchte sie es zumindest, doch er schmetterte ihre Worte jedes Mal ab. Vielleicht war er ja wenigstens von ihrem Mut beeindruckt… Sakura seufzte leise, während sie in den dunklen Nachthimmel sah, an dem die unzähligen Sterne leuchteten. Sie hatte sich nach draußen gesetzt und an die Wand der Hütte gelehnt, um so ein bisschen frische Luft zu schnappen. Es beruhigte ihr aufgewühltes Gemüt ein wenig, sodass sie sich ausnahmsweise entspannte. Vermutlich sollte sie sich glücklich schätzen, dass es nur Sasuke war, der nach ihr sah. Dessen gruseliger Onkel machte ihr immer noch eine Heidenangst. Wenn sie doch nur irgendwie einen Draht zu ihm finden könnte…schließlich schien da eine Seite in ihm zu sein, die verletzlich war. Sie zeigte sich selten, doch sie war da. Vielleicht wäre es sogar gut, wenn sein älterer Bruder zurückkam, immerhin meinten die zwei ja, dieser sei zu weich. Möglicherweise war dieser ihre Chance auf Freiheit. Mehr als darauf hoffen, konnte sie nicht – oder darauf, dass Sasuke und sein Monster von Onkel den Kürzeren gegen die nächsten Eindringlinge zogen… Sie zuckte zusammen, als sie viel zu nahe den Schrei eines Vogels vernahm und etwas durchs Geäst raste. Oh Gott, ihr Herz! Sie atmete durch, sah in die Dunkelheit des Waldes, aus dem sie ein Rascheln vernahm. Dann ein schreckliches Kreischen, das ihr durch Mark und Bein fuhr. Sakura schluckte hart, während sie mit sich haderte, ob sie einfach still sitzen bleiben oder nachsehen sollte. Das bald darauffolgende Fiepen war jedoch so mitleiderregend, dass sie sich aufrichtete und in die Richtung humpelte, aus der das Geräusch kam. Lange musste sie zumindest nicht suchen, bis den zappelnden Vogel erblickte, der sich vergeblich vom Boden abzustoßen versuchte. Ein Falke. Ein besonders schöner noch dazu, auch wenn die Federn der rechten Schwinge vom Blut rot gefärbt waren. Etwas musste das Tier angegriffen haben, doch sie würde erst mehr sagen können, wenn sie näher herankam, ohne dass es ihr den Schnabel in die Hände rammte. „Scht…“, machte sie vorsichtig und kniete sich neben den Falken. „Du musst aufhören, dich zu bewegen, mein Kleiner.“ Der Vogel starrte sie aus seinen runden, bernsteinfarbenen Augen gehetzt an, zappelte und fiepte weiter. Natürlich. Warum sollte er schon auf sie hören, geschweige denn, dass er sie verstand. „Ich will dir helfen, aber du musst mich lassen, hm?“, versuchte sie es dennoch erneut. Vielleicht wurde sie durch ihre Gefangenschaft langsam verrückt. Was jedoch noch verrückter war, war die Tatsache, dass das Tier plötzlich ganz still wurde. Die hektischen Bewegungen erlahmten, während sich die Bernsteinaugen fest auf sie richteten. Es war beinahe gruselig, wie menschlich der Falke in diesem Moment auf sie wirkte. Sie schluckte einmal, ehe sie ihren Mut zusammennahm und sich ihm näherte. Ganz sachte beugte sie sich etwas vor und fuhr mit dem Handrücken über seinen Kopf. Er ließ sie gewähren, blieb ganz ruhig, so als wüsste er, dass sie keine bösen Absichten hatte. „So ist gut, mein Hübscher…“, lobte sie ihn sanft und wandte sich dem blutigen Flügel zu. Vorsichtig zog sie die Schwinge etwas auseinander, erkannte recht schnell die Wunde, die das Tier wohl aus der Luft geholt hatte. Vielleicht stammte sie von einem Bolzen aus einer Armbrust oder Ähnlichem. Der Knochen schien nicht gebrochen zu sein, eher ein Streifschuss, doch es tat sicherlich sehr weh. „Das versorgen wir lieber oder was meinst du?“, sprach sie mit dem Tier. „Du kannst sicher bald wieder fliegen, aber du solltest dich schonen.“ Der Falke gab ein leises Brummen von sich, als würde er sich seinem Schicksal ergeben. Faszinierend. Sie wusste, dass Vögel schlaue Tiere waren, aber dieses hier war noch mal eine ganz andere Nummer. Sachte umfasste sie den Falken mit den Händen, sodass die Flügel eng am Körper anlagen. So würde er sich nicht mehr Schmerzen als nötig zufügen, dann drückte sie ihn an ihre Brust und erhob sich. Sie würde ihn mit in die Hütte nehmen und dort… „Was denkst du, was du da tust?“ Die schneidende Stimme ließ sie zusammenzucken, woraufhin der Falke einen protestierenden Laut von sich gab. Sakura drehte sich um, erkannte Sasuke, der langsam auf sie zukam, die schwarzen Augen kalt wie Eis. Sie erkannte Blutflecken auf seiner Kleidung, was sie direkt einen Schritt zurückweichen ließ. „Er ist verletzt“, erwiderte sie und drückte das Tier weiter an sich. „Ich werde ihm helfen.“ Sie klang selbstbewusster, als sie sich wirklich fühlte, doch fürchtete sie, dass Sasuke das Tier auf seine eigene Weise von seinem Schmerz erlösen würde. Mitgefühl schien diesem ja fremd zu sein. „Ist das so“, meinte dieser nur und etwas in seinem Blick konnte sie nicht deuten. Irgendwie wurde seine Mimik plötzlich etwas…milder? Gleichzeitig gab der Falke einen Schrei von sich, der weder panisch, noch warnend klang. Viel eher…freudig? Sie blinzelte irritiert, als Sasuke die Hand hob, um dem Vogel über den Kopf zu streichen. Es machte einen fast schon liebevollen Eindruck und auch der Falke gurrte wohlig, schloss sogar die Augen dabei. „Uhm…“, entkam es ihr ratlos. „Susanoo ist mein Partner. Du kümmerst dich besser gut um ihn, verstanden?“, meinte Sasuke, ohne sie dabei anzusehen. Sakura musste sich erst einmal von dem Schrecken erholen, dass der Uchiha eine Gefühlsregung zeigte, die nicht voller Groll oder Arroganz strotzte. „Hatte ich vor“, murmelte sie und vernahm sein knappes Nicken, ehe er zur Hütte ging. Anscheinend würde er dabei bleiben wollen. Gut. Nur kein Druck. Innerlich seufzte sie, während sie zu dem Falken in ihren Armen heruntersah, welcher nun völlig entspannt wirkte. Hatte dieser solch ein großes Vertrauen in Sasuke? Und in…sie? Als sie wenig später vorsichtig die Wunde reinigte und mit einer Salbe aus zerstoßenen Kräutern, die Sasuke ihr gebracht hatte, bestrich, fühlte sie sich etwas ruhiger. Kurz schweifte ihr Blick zu dem Uchiha, der damit beschäftigt war, das Blut aus seinem Gewand zu reiben. „Bist du ebenfalls verletzt?“ Erst schien es, als hätte er die Frage nicht gehört, sah er sie doch nicht einmal an. „Nein. Sie waren Schwächlinge. Susanoo hat einem von ihnen die Augen ausgekratzt – ein anderer hat ihn dann mit der Armbrust erwischt. Ich konnte es nicht rechtzeitig abwehren.“ Das hörte sich regelrecht schuldbewusst an. Mit seinem Vogel hatte er Mitleid, mit jeglichen anderen Lebewesen anscheinend nicht. Sasuke war ein seltsamer Junge. Oder was er auch war. „Er bedeutet dir viel.“ Sie hatte keine Antwort darauf erwartet, doch scheinbar sammelte sie gerade ein paar Pluspunkte, dafür, dass sie seinem Partner half. „Ja. Er war noch jung, als wir einander trafen. Damals konnte er noch nicht gut fliegen und jagen. Ich habe ihm dabei geholfen, bis er es allein konnte. Das hat er mir nie vergessen.“ Sakura griff nach den Verbänden, brachte diesen am verletzten Flügel an, während sie ihm zuhörte. Er musste ihm viel bedeuten, wenn er deswegen normal mit ihr sprach. Vielleicht sollte sie das nutzen. Warum genau Sasuke und sein Vogel hatten kämpfen müssen, wollte sie ohnehin lieber nicht wissen. Es gab wohl keine Überlebenden. „Ich hielt dich nicht für einen Tierfreund.“ „…Tiere sind mir lieber als Menschen.“ „Und das zeigst du ja auch gelegentlich ganz dezent…“ „Sarkasmus. Ich frage mich nur, was du eigentlich erwartest“, erwiderte Sasuke und wandte sich ihr nun doch zu. „Soll ich dir ins Gesicht lächeln und vorgeben, dich zu mögen?“ Sakura blies kurz die Backen auf, während sie den Verband richtig anlegte – und dabei ihre aufkeimende Wut und Frustration herunterzuschlucken versuchte. „Das hab ich gar nicht…arg! Vielleicht versuchst du einfach, mich nicht andauernd zu beleidigen und mir zu drohen. Nur für einen Tag. Versuch wenigstens, mich kennenzulernen, immerhin kümmere ich mich gerade um deinen Freund oder nicht?“ Sie streichelte diesem über den Kopf, als sie fertig war, woraufhin der Falke leise brummte, als würde er ihr zustimmen wollen. Niedlich war er ja schon. Sasuke dagegen sah aus, als hätte er soeben auf eine Zitrone gebissen. Da zeigte ja jemand wieder ehrliche Begeisterung… „Damit wir quitt sind.“ Sakura blinzelte, als er sich doch noch zu einer Antwort herabließ. War das etwa seine Zustimmung? Das kam unerwartet. „Du behandelst mich nicht mehr wie Abschaum?“ „…fürs Erste.“ „Du drohst mir nicht mehr damit, mich umzubringen?“ „Das wäre ohnehin gegen Madaras Willen.“ „Wenn ich etwas wünsche, versuchst du, mir entgegenzukommen?“ „Nimm dir zu viel heraus und diese Vereinbarung ist hinfällig“, warnte Sasuke sie und verengte die Augen. Sakura konnte nichts gegen das breite Lächeln auf ihren Lippen tun, denn irgendwie fühlte sich das wie ein kleiner Erfolg an. Der erste Erfolg seit…wie lange auch immer sie hier war. Mal sehen, was sich aus diesem kleinen Gefallen heraus ergab. „Würde ich nie wagen.“ Sasukes skeptischer Blick machte deutlich, was er davon hielt...aber Abmachung war Abmachung. Vielleicht ließ er die Zügel irgendwann so locker, dass sie doch noch die Flucht schaffte. Man musste schließlich positiv denken… Kapitel 22: Veitstanz --------------------- Bis zum Abend hielten sich sowohl Sasori als auch Kakuzu von ihnen fern. Das war nichts Neues, schließlich kümmerte sich Kakuzu um ihre Finanzen und Sasori…war eine Klasse für sich mit seinen Konstruktionen, deren Nutzen er jedoch nicht infrage stellte. Jedenfalls blieb das Abendessen daher an ihnen hängen, wobei Itachi ihnen kommentarlos half. Dass dies Deidaras Abneigung nicht minderte, war zwar klar gewesen, dennoch ärgerte es Kisame. Was war das Problem des Blonden? Hidan war auf dem Markt auch mit dem Uchiha aneinander geraten und verhielt sich ihm gegenüber nicht so feindselig. Er seufzte genervt, während er den Sake in den Gemeinschaftsraum trug und dort platzierte. Draußen auf der Veranda plapperte Hidan von seinem Glauben und was diesen ausmachte. Man musste es Itachi hoch anrechnen, wie geduldig er zuhörte, sogar manchmal die eine oder andere Frage stellte, womit er bei Hidan bereits einen Stein im Brett hatte. Zu essen gab es jedenfalls genügend Auswahl, sodass er sich keine Sorgen darum machen musste, dass der Uchiha nichts fand. Schon, weil Deidara seinen Reis lieber ohne Fleischpampe aß, wie er es gern bezeichnete, und Hidan Gemüse hasste, trennten sie beides oft. „Huh…sehe ich Geister oder weilst du wider Erwarten doch noch unter den Lebenden?“ Kisame blickte auf, als er die ruhige Stimme des Rotschopfs vernahm, welcher immer etwas verschlafen aussah und gerade über die Veranda zu ihnen stieß, als Kisame zu den anderen zurückkehrte. Vermutlich hatte Sasori wieder die halbe Nacht durchgemacht, um seine Werke zu vervollständigen. Der selbsternannte Künstler schien generell nur für seine Konstruktionen zu leben, zeigte ansonsten wenig Interesse an anderen Dingen. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Sasori, aber ich bin recht lebendig.“ „Verstehe. Schön.“ Kisame grinste nur schief angesichts der emotionslosen Reaktion; alles andere hätte ihn auch eher verstört. Sie waren nicht gerade die dicksten Freunde, von daher hätte ihn Sasoris Ableben auch nicht sonderlich geschmerzt. „Ich nehme an, der Fremde da hat etwas damit zu tun?“, sprach Sasori weiter und nickte in Richtung Itachi, der immer noch von Hidan unter Beschlag genommen wurde. „Ja. Er hat mir das Leben gerettet. Pain und Konan haben bereits erlaubt, dass er bleibt, jedoch…sind nicht alle dafür.“ „Sasori no Danna!“ Wie aufs Stichwort war Deidara aufgesprungen und eilte zu ihnen herüber, was dessen Partner eher unbeeindruckt zur Kenntnis nahm. Wie die beiden miteinander zurechtkamen, würde ihm wohl für alle Ewigkeit ein Rätsel bleiben. Aber gut, dasselbe galt für Kakuzu und Hidan. „Was sagt Ihr dazu, dass ein Wildfremder einfach unserer Truppe beitritt? Ihr verabscheut Fremde, also seid Ihr ja wohl kaum damit einverstanden, dass er einfach so bleibt, hmm!“ „Er weiß noch nicht mal, ob er bleibt“, brummte Kisame genervt. „Aha! Das ist ja noch schlimmer! Wer weiß, wem die Informationen, die er hier über uns sammelt, am Ende nützen! Er könnte uns verraten und verkaufen, hmm!“, stellte Deidara weiter seine absurden Behauptungen auf. Na gut. Zugegeben, nicht gänzlich absurd, wenn man es aus seiner Warte sah. Allerdings konnte er ihm kaum sagen, dass er Itachi deswegen vertraute, weil dieser hier das größte Risiko von ihnen einging. Er würde dessen Vertrauen nicht enttäuschen – und darauf hoffen, dass zumindest Zabuza und Haku auf seiner Seite waren. Wenn er so an das erste Treffen dachte… „Deidara hat ausnahmsweise nicht ganz Unrecht“, meldete sich Sasori zu Wort, woraufhin sie ihn beide verdutzt anstarrten. „Huh?“, kam es von dem Blonden, der wohl selbst nicht damit gerechnet hatte, den Rücken gestärkt zu bekommen. „Was er sagt, ist richtig. Wir haben nur deswegen so lange überlebt, weil wir eine kleine Gemeinschaft sind, in der es gewisse Regeln gibt. Dass er dir das Leben gerettet hat, könnte genauso gut ein Täuschungsmanöver sein. Wenn du also keinen besseren Vertrauensbeweis hast, als den, dass du in seiner Schuld stehst oder ihn…magst…so spreche ich mich dagegen aus.“ Kisame blickte ihn einen Moment lang einfach nur an. Dann gab er ein Schnauben von sich, das Deidara nicht davon abhielt, triumphal zu grinsen. „Da siehst du es! Und Kakuzu wird es ebenso sehen! Du weißt, wie vorsichtig er ist – wobei es ihm wohl nur ums Geld gehen wird, hmm.“ „Ihr beide wisst, wie vorsichtig ich bin und mir geht es dabei nicht ums Geld. Aber schön, ich habe keine Lust auf sinnlose Diskussionen. Wir warten auf die anderen.“ Und mit diesen Worten ließ er die beiden Künstler einfach stehen, wobei sein Kiefer geräuschvoll malte. Dass er sie zum Teil verstand, regte ihn innerlich noch mehr auf, als das Misstrauen gegenüber Itachi. Nein. Sie konnten nicht verstehen, warum er ihm vertraute. Und er konnte es ihnen nicht sagen. „…jedenfalls sind das die Gründe, warum ich mich meinem Glauben mit Leib und Seele verschrieben hab. Falls du es dir überlegst und beitreten willst – jederzeit! Jashin-sama nimmt immer gern neue Jünger an!“ Na wunderbar, vom Regen in die Traufe, wie es hieß. Er hatte zwar nicht alles mitbekommen, aber scheinbar hatte Hidan dem Uchiha gerade die Vorteile des Jashinismus erläutert. Zum Glück war er wohl gerade damit fertig. „Ich werde darüber nachdenken…und danke dir“, erwiderte Itachi höflich und ohne eine Miene zu verziehen. Darüber nachdenken? Das war mehr, als sie alle getan hatten, aber vielleicht wollte der Uchiha auch nur nett sein. „Wirklich?! Klasse! Das hört man gern!“, freute sich Hidan, während er die Kartoffeln in eine große Schüssel warf. „Freu dich nicht zu früh, Hidan“, brummte Kisame, der sich zu ihnen auf die Veranda setzte. „Wenn Kakuzu dagegen ist, dass er bleibt, kommt es ganz auf Zabuza und Haku an.“ „Sasori ist auch dagegen? War klar, oder? Echt mal, das sind solche Spielverderber…aber Deidara-chan ist eigentlich viel besser drauf, Itachi! Versteh nicht, was den gebissen hat. Ja und auf Kakuzu brauchen wir nicht zählen. Es sei denn, du scheißt Gold, dann bist du ihm herzlich willkommen“, plapperte Hidan los und grinste schief. „Wenn ich ihn mit ein bisschen Arschwackeln überzeugen könnte, würde ich das ja tun, aber das klappt leider bei dem alten Sack nicht.“ Da nahm mal wieder jemand kein Blatt vor den Mund, doch Itachi hatte sich gut im Griff. Er hob lediglich eine Braue, schien nicht ganz zu verstehen. Kisame wollte es ihm gerade erklären, als er in der Ferne zwei Schatten erkannte. Endlich mal etwas Erfreuliches, sodass er sich sofort wieder erhob, ein breites Grinsen auf den Lippen. „Oi! Zabuza und Haku sind zurück!“, rief er in die Runde, woraufhin sich alle zu den Neuankömmlingen wandten. Gut, die einen mehr, die anderen weniger freudig. Suigetsu lief ihnen direkt entgegen und quatschte sie voll, was ihm von Zabuza einen finsteren Blick und von Haku ein amüsiertes Lächeln einbrachte. Dass sie alle vier aus derselben Gegend kamen, trug vielleicht dazu bei, dass sie sich untereinander mit am besten verstanden. Wenigstens schien keiner der beiden verletzt zu sein. „Waaas?! Ihr wusstet schon, dass Kisame-senpai noch lebt?!“, hörte er Suigetsu da schon loszetern. „Wir haben uns durch Zufall unterwegs getroffen“, erwiderte Haku freundlich. „Was hätten wir machen sollen? Einen Brief schicken? Tse…“ „Ja!!“ „Du spinnst doch…“ Kisame musste bei dem Wortwechsel grinsen, war es doch zu typisch für Zabuza und Suigetsu. Er tauschte einen kurzen Blick mit Itachi, ehe er wieder zu seinen Kameraden sah. „Anscheinend habt ihr eure Mission auch heil überstanden, huh? Hat Zabuza dir nicht die Tarnung versaut, Haku?“ „Was soll das denn heißen?!“, grollte Zabuza, während Haku abermals schmunzelte. „Er hat wie besprochen gewartet und mir vertraut. Wobei ich sagen muss, dass das wirklich einfach war. In der Überzahl zu sein, bringt nichts, wenn es so leicht ist, sie zu separieren und zu lähmen. Es war richtig erbärmlich.“ Kisame konnte sich das nur zu gut vorstellen. Haku war nicht im Entferntesten so zart, wie er aussah. Ein Rudel geifernder Kerle würde ein zierliches Fräulein nicht verdächtigen, überall giftige Senbon zu verstecken. Haku wusste zudem erschreckend viel über die Anatomie des menschlichen Körpers… „Haku-chan sieht vielleicht aus wie ein Mauerblümchen, aber unterschätz den nicht, Itachi! Einmal hat er dafür gesorgt, dass ich keinen Finger mehr bewegen konnte! Das war echt scheiße…“, kam es warnend von Hidan. „Ja“, erwiderte der Uchiha ruhig. „Das habe ich schon gemerkt.“ Kisame verfolgte mit, wie sich dieser und Haku ansahen – und er konnte es beim besten Willen nicht deuten. Dass die zwei sich nicht besonders sympathisch waren, war Kisame bereits bewusst. Hoffentlich wirkte sich das nicht auf die Entscheidung aus…würde Pain in dem Fall seine Erlaubnis zurücknehmen? Als Anführer musste er das nicht tun, aber wenn dies für Unruhe sorgte…? „Itachi-san, Zabuza-san und ich hatten auch schon das Vergnügen“, führte Haku es weiter aus. „Wir wussten nicht, dass er zu Kisame-san gehört.“ „Dann könnt ihr zwei ja am besten beurteilen, ob er hier bei uns bleiben sollte, hmm“, mischte sich Deidara ein und fing sich verwirrte Blicke ein. „Wird das‘ ne Abstimmung oder was?“, brummte Zabuza und sah fragend zu Kisame. „Deidara macht daraus eine. Pain hat eigentlich bereits entschieden, dass er bleiben darf, aber das passt ihm nicht.“ „Stell das nicht so dar, als sei ich bloß ein Biest! Ich habe Bedenken. Das ist alles. Ich will keinen Fremden unter uns wissen, dem ich nicht vertraue. Wenn die Mehrheit dafür ist, werde ich nichts mehr dagegen sagen, hmm.“ Deidara blickte ihn ernst an, was Kisame in der Situation jedoch herzlich wenig besänftigte. Vor allem da ihm Hakus Ausdruck, mit dem er Itachi bedachte, nicht gerade Mut machte. Der Uchiha ließ sich nicht anmerken, ob ihn dieser ganze Wirbel verunsicherte, denn er verzog keine Miene. Vielmehr schaute er die beiden Neuankömmlinge abwartend an, während Sasori bloß darüber den Kopf schüttelte und reinging. Anscheinend interessierte ihn die Entscheidung nicht so sehr, dass er ihr beiwohnen wollte. „Wenn Kisame ihm vertraut, ist das in Ordnung für mich“, meinte Zabuza lediglich und zuckte mit den breiten Schultern. „Außerdem hat er ihm den Arsch gerettet und ihn die ganze Reise lang ertragen – spricht für seine guten Nerven.“ „Was für ein netter Zuspruch…“, kommentierte Kisame trocken, spürte aber gleichzeitig Erleichterung. Haku nickte nach kurzem. „Die Meinung teile ich – also bis auf das mit Kisame-san. Das war gemein, Zabuza-san.“ „Ach was…“, wiegelte Zabuza ab. Kisame derweil wandte sich an Deidara, der für einen Moment sehr angefressen wirkte, die Hände geballt hatte. Dann atmete er jedoch tief durch und entspannte sich wieder, ehe er zu Itachi schaute. „Na dann…die Mehrheit hat entschieden, dass du bleiben kannst. Ich akzeptiere das…wenn du uns aber in irgendeiner Form schaden solltest, dann glaub mir, dein Tod wird ziemlich hässlich werden, hmm.“ Schon die zweite Drohung, aber gut, wenn es bei dieser blieb, konnte der Uchiha wohl gut damit leben. Schließlich war Kisame auch schon von dessen Familie bedroht und sogar angegriffen worden. „Verstanden“, erwiderte dieser knapp, woraufhin Deidara ihn noch einmal anfunkelte, dann aber Sasori ins Haus folgte. Hidan dagegen grinste freudig in die Runde. „Also jetzt steht unserer Feier nichts mehr im Wege, oder? Heh…das wird ein Besäufnis!“ „Alkohol klingt gut“, murrte Zabuza und ließ den Nacken knacken, ehe er ebenfalls mit Haku hineinging. Die beiden mussten sich noch bei Pain und Konan melden und diesen von ihrer Mission berichten. Kisame warf einen Blick zu Itachi, der weiter das Gemüse schnitt, welches Hidan ihm wohl aufgebrummt hatte. Der Jashinist plapperte ihn zwar schon wieder voll, doch Itachi schien diesmal nicht wirklich zuzuhören. Ob er sich Sorgen machte? Oder dachte er daran, wie er ihm beibringen sollte, dass er schnellstmöglich gehen würde? Hoffentlich nicht. Kisame wollte ihn bei ihnen halten. Und wenn es nur für ein paar Tage war, er war noch nicht bereit, den anderen gehen zu lassen. Nicht jetzt, wo er wusste, dass dieser Gefühle für ihn hatte…und verdammt, Kisame teilte diese. Es war nicht wie sonst. Keine bedeutungslose Affäre, davon abgesehen, dass Itachi und er nicht mal miteinander verkehrt hatten. Seit damals war da eine Verbindung zwischen ihnen, die mehr als das war…und das konnte er nicht aufgeben. Nicht jetzt. Nicht einfach so. „Oi! Kisame! Steh da nicht nur rum! Mach dich nützlich, damit wir endlich was zwischen die Zähne kriegen!“, blaffte Hidan ihn an und er hielt inne. Mit einem verärgerten Brummen machte er sich dann aber an die Arbeit – wobei ihm Itachis nachdenklicher Blick entging. Gegen Abend hatten sich alle im größten Zimmer des Hauses eingefunden. Speisen, sowie Wasser und Sake waren auf dem großen runden Tisch platziert worden, an dem sie nun gemeinsam saßen. Für Itachi war es seltsam, mit so vielen Leuten zusammen zu sein, denn es hatte seit Langem nur Madara, Sasuke und ihn selbst gegeben. Eine solch große Gesellschaft wie diese war daher ein bisschen unangenehm, vor allem, da er nicht jeden von ihnen einzuschätzen vermochte. Von dem Druck, mit ihnen auskommen zu wollen, einmal abgesehen. Kisame schien sich viel davon zu erhoffen und wenn Itachi ehrlich war, dann wollte er noch länger bleiben. Bei dem Hünen sein. Dessen Leben kennenlernen – und auch die Menschen, die darin eine Rolle spielten. Was er am Ende tun würde, das konnte er noch nicht entscheiden, doch es war zu spät, um sich einzureden, dass er einfach zurückkehren und alles vergessen konnte. Recht still saß er neben Kisame und aß den Eintopf, den Hidan mit ihm zusammen zubereitet hatte – den dieser aber nicht selbst essen würde, weil er Gemüse ekelhaft fand. Abgesehen von Hidans recht ausfälligem Mundwerk schien dieser jedoch in Ordnung zu sein. Ein simpler Typ, der aussprach, was er dachte und dabei sehr ehrlich war. Vom selben Schlag schien Suigetsu zu sein. Am wenigsten konnte er Kakuzu und Sasori einschätzen, denn diese beteiligten sich zwar kaum an den Gesprächen, schienen aber die Situation sehr genau zu beobachten. „Oi, Itachi! Heben wir einen zusammen! Darauf, dass wir nun Kameraden sind!“ Direkt wurde ihm ein Schälchen Sake unter die Nase gehalten, während Hidan ihn mit roten Wangen anstrahlte. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt zu trinken, aber bei diesem Enthusiasmus fiel Ablehnen schwer. Eines würde er vertragen. Bestimmt. „Eines“, meinte er daher ruhig und nahm es entgegen, woraufhin Hidan grinste. „Jaja, das sagt Haku auch immer und dann ist er rotzevoll, hehe…oder, Haku?“ „…weil du dich damit aufdrängst“, murmelte der Angesprochene zurück. „Haku ist besoffen echt langweilig“, überging Hidan dies einfach. „Er quasselt dann immer nur rum, wie toll Zabuza ist und so…“ „Hidan!“ „Bin ja auch toll“, kam es dumpf von Zabuza, woraufhin Suigetsu und Kisame auflachten. „Ja, ein ganz toller Hecht bist du“, spottete der Jüngere. „Glaub, jeder fragt sich, wie du jemanden wie Haku kriegen konntest…der ist viel zu gut für dich“, fügte Kisame amüsiert hinzu. „Das muss ich mir von euch beiden sagen lassen?!“, raunzte der Hüne seine Freunde an und kippte sich sein Schälchen Sake herunter. „Die Kaulquappe da stellt sich bei den Weibern wie ein Idiot an und Kisame…mit deiner hässlichen Fresse würde ich aufpassen…“ „Na, Schönheit liegt im Auge des Betrachters“, erwiderte Kisame, der die Beleidigung gelassen nahm. „Aber wenn man‘ nen scheußlichen Charakter hat, kann man daran nicht viel drehen, hm?“ Konan seufzte leise, während sie sich von Nagato Sake einschenken ließ. „Ihr seid heute wieder charmant“, bemerkte sie und umfasste das Schälchen. „Nun, sie haben einander lange nicht gesehen“, meinte Nagato mit einem Lächeln auf den spröden Lippen. „Da gibt es wohl einiges nachzuholen…“ „Jaja, wie auch immer, Itachi, trinken wir jetzt zusammen?“, unterbrach Hidan ihn genervt und schwenkte den Sake umher. Deidara schnaubte hörbar, hatte bereits zwei Schälchen heruntergekippt und funkelte Hidan nun an. „Oi, mach nicht so einen Wirbel um den! Nicht, dass Kakuzu noch eifersüchtig wird…“, meinte er, woraufhin der Vermummte ein abfälliges Geräusch von sich gab. „Wenn er ihn haben will, kann er ihn haben. Ich gebe ihnen eine Nacht, dann bringt er ihn freiwillig zurück…“ „Kakuzu, du alter Bastard!! Was soll das heißen, hä?!“, brauste Hidan auf und tropfte dabei mit dem Sake den Tisch voll. „Dass du eine Nervensäge bist.“ „Dann sieh doch zu, wer dir heute Nacht den Schwanz-“ „Habt ihr es gleich?“, knurrte Kisame genervt dazwischen. „Ist doch jedes Mal dasselbe mit euch. Ihr streitet und beleidigt euch und am Ende müssen wir unter eurem Versöhnungssex leiden.“ Die beiden waren also wirklich ein Paar. Oder so etwas in der Art, wenn man bedachte, wie sie miteinander umgingen. Irgendwie verstörend, aber gut, wer war er, dass er urteilen konnte. Deidara schien sich darüber zu amüsieren, so breit wie er grinste – zumindest bis Sasori ihm den Sake wegschnappte. „Vielleicht gehst du’s langsam an, hm?“ Dabei sprach er so resolut wie ein Vater es mit seinem Kind tat – was seltsam wirkte, da er Sasori nicht sonderlich alt schätzte. Vielleicht im selben Alter wie Deidara, der nun eine Schnute zog. „Sasori no Danna…“, maulte er und versuchte, sich den Sake zurückzuholen, wobei er jedoch scheiterte. Konan belächelte die Situation, ehe sie Itachi zuprostete und einen Schluck trank. Er selbst kam wohl nicht drum herum, denn Hidan sah das als Anlass, ihm wieder seine Aufmerksamkeit zu schenken. Er tat ihm den Gefallen und stieß mit ihm an, ehe er an dem Schälchen nippte. Es brannte in seiner Kehle – dem Geschmack würde er wohl nie etwas abgewinnen können, aber gut. „Erzähl mal was über dich, Itachi!“, forderte Hidan ihn auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Wir wollen mehr über unseren neuen Kameraden wissen!“ Kisame brummte ungehalten, bevor er darauf etwas erwidern konnte. „Fang du doch an, über dich zu reden, bevor du ihn aushorchst.“ „Huh?! Wer sagt was von aushorchen?!“, murrte Hidan zurück, ehe er sich am Kopf kratzte. „Außerdem weiß er schon alles über meinen Gott und seine Gebote…“ „Kann Itachi nicht für sich selbst reden, Kisame, hmm?“ Der Uchiha überging die Spitze, während man dem Hünen seine Gereiztheit ansah. Komischerweise fühlte er sich selbst ziemlich ruhig, die Frage empfand er nicht als unpassend. Es wunderte ihn bloß, dass Kisame so darauf reagierte. Im Allgemeinen fuhr der Hüne nicht bei jeder Kleinigkeit aus der Haut. Jedenfalls nicht bei ihm. „Ich kann“, erwiderte er an Deidara gewandt. „Jedoch gibt es da nicht viel Interessantes zu berichten, da ich eher zurückgezogen lebe. Große Menschenansammlungen sind nichts für mich.“ Hidan stieß einen pfeifenden Laut aus. „So ging’s mir auch mal, kann ich nachfühlen. Menschen sind echt scheiße.“ „Du bist selbst ein Mensch“, brummte Zabuza, woraufhin Hidan mit den Schultern zuckte und sich Sake nachkippte. „Und wenn schon. Ist trotzdem nicht schön, wenn sie einen umbringen wollen, weil man angeblich die Ausgeburt der Hölle ist. Das war vielleicht eine beschissene Zeit. Bin echt glücklich darüber, dass ich die ganzen Ketzer Jashin-sama opfern konnte. Das war ein Spaß…wie sie um ihr Leben gebettelt haben, bevor ich sie genüsslich abgestochen habe.“ Hidan gluckste leise, schien die Erinnerung daran zu genießen, was einerseits verstörend und andererseits verständlich war. Er selbst trauerte auch nicht um die Menschen, die damals seiner Folter beigewohnt und den Priester angefeuert hatten. Der Hass war trotzdem noch da. Würde er immer sein. „Du wurdest gejagt?“, fragte er nach, woraufhin Hidan nickte. „Weil ich so aussehe, wie ich halt aussehe. Die meinten, ich bringe Unglück. Wegen mir würden die Felder verdorren und so eine kranke Scheiße.“ „Sowas hat mir nie einer unterstellt – und ich bin genauso hell wie du“, meinte Suigetsu leichthin, woraufhin Kisame schnaubte. „Du hattest auch deinen Bruder und uns. Da hat sich keiner getraut, dich auch nur schief anzugucken.“ „Eben“, stimmte Zabuza zu und griff nach dem Sake. „Davon abgesehen suchen sich die Leute immer was Neues raus, das ihnen nicht passt. Heute ist’s die Hautfarbe, morgen geht’s darum, mit wem man das Bett teilt.“ „Nun, darum sind wir alle hier“, kam es ruhig von Nagato, der sich noch von dem Eintopf nahm. „Hier spielen derlei Dinge keine Rolle. Es zählen bloß unsere Fähigkeiten und unsere Loyalität.“ Dabei blickte er ihn etwas länger als nötig an, aber Itachi verstand schon. Er war neu hier. Sie würden ihn im Auge behalten, trotzdem sie ihm die Erlaubnis zum Bleiben erteilt hatten. Das war nachvollziehbar, weswegen er es nicht persönlich nahm. „Heh…Deidara ist wegen Sasori hier. No Danna hier, no Danna da~“, säuselte Hidan belustigt dazwischen, woraufhin der Blonde die Augen verengte. „Willst du Stress, Hidan, hmm?“, fragte er mit geröteten Wangen und beugte sich etwas über den Tisch. „Wieso? Ist doch wahr! Das ist ne richtig süße Geschichte, hehe…“, meinte Hidan und stupste Itachi in die Seite. „Wenn du es süß findest, dass ich ihm seine diebischen Finger abschneiden wollte…nun, Geschmäcker sind verschieden“, kommentierte Sasori das Ganze und zuckte dabei mit den Schultern. „Das war echt gruselig“, murmelte Deidara und schnappte sich wieder den Sake. „Dachte, mein Herz bleibt stehen, hmm…“ „Du bist selbst schuld daran“, erwiderte Sasori mitleidlos. „Meine Masche hat bei so gut wie jedem Kerl gezogen, klar? Selbst bei den Typen, die Frauen bevorzugt haben, war selten einer dabei, der dann abgesprungen ist. Dass was mit Euch nicht stimmt, konnte ich ja damals nicht wissen, hmm.“ „Deidara war damals ne Nutte“, meinte Hidan grinsend, woraufhin Deidara ihm seinen Löffel gegen den Kopf warf. „Bleib gefälligst bei deinen eigenen bescheuerten Geschichten und rede nicht über mich, hmm!“, blaffte er ihn an. Anscheinend stieg beiden der Alkohol in den Kopf…oder die beiden waren immer so offen. Vielleicht Letzteres, da keiner besonders überrascht von dem Gezeter zu sein schien. Oder davon, dass Deidara sich prostituiert hatte, was wohl stimmte, da er es nicht leugnete. „Als ob man da nicht selbst drauf kommt, mit was du dein Geld verdient hast“, maulte Hidan und rieb sich die Schläfe. „Bei deinem Gelaber…“ „Wir haben alle Dinge getan, die von der Gesellschaft verurteilt werden, die aber notwendig waren, um zu überleben“, kam es ruhig von Konan, welche sich selbst Sake nachschenkte. „Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen. In unseren Reihen wird nicht über die Vergangenheit geurteilt.“ Sie ließ den Blick kurz in die Runde schweifen, ehe sie einen Schluck aus ihrem Schälchen nahm. „Jaja, ich sag ja nichts dagegen!“, brummte Hidan und griff nach dem Sake, um die Schälchen ebenfalls zu füllen. „Besser ist es“, murmelte Haku, während er unglücklich auf sein volles Schälchen sah. „Oi, zieh nicht so eine Schnute! Runter damit!“ Zabuza hob eine Braue, griff dann aber nach Hakus Sake und kippte ihn einfach selbst herunter. Sein Partner schmunzelte, Hidan fluchte und füllte erneut nach. „Was?“, knurrte Zabuza ihn an. „Ich muss damit leben, wenn er zu besoffen ist und hinterher nichts mehr läuft.“ „Schön, wie du deine Prioritäten setzt, Zabuza“, kommentierte Kisame dies, grinste jedoch breit. Auch Haku schien das Thema zu amüsieren, so wie seine braunen Augen funkelten. Die Offenheit der Gruppe hatte ihn zwar zuerst irritiert, aber er merkte, wie er sich immer mehr daran gewöhnte. Vielleicht war es manchmal sogar einfacher, sein Herz auf der Zunge zu tragen, anstatt alles in sich zu vergraben. Itachi wusste es nicht, aber ihm entging nicht, wie sich der Knoten in seiner Brust allmählich zu lösen begann. Zu wissen, dass zum Beispiel Hidan ein ähnliches Schicksal wie er selbst trug, sorgte dafür, dass er sich weniger wie ein Fremdkörper fühlte. Ja, er war immer noch anders, doch es gab Gemeinsamkeiten zwischen ihnen…und als Hidan ihn abermals zum Trinken aufforderte, tat er ihm den Gefallen. Vielleicht waren es auch ein paar Gefallen zu viel, als er eine Weile später mit Kisame dessen Zimmer bezog. Der Alkohol war ihm zweifellos zu Kopfe gestiegen, so benommen, wie er sich fühlte. Genau das hatte er eigentlich vermeiden wollen, aber seltsamerweise war es dennoch in Ordnung. Er fühlte sich an Kisames Seite sicher und obwohl ihm das hätte Angst machen sollen, tat es das nicht. Sie waren tagelang miteinander gereist und er hatte sich in jeder Situation auf den Hünen verlassen können. Dieser rollte soeben einen zweiten Futon neben seinem eigenen aus, wobei er in Gedanken versunken schien. Itachis Blick heftete sich an den breiten Nacken, die kräftigen Schultern…und er fragte sich, ob der Alkohol schuld daran war, dass er sich vorstellte, wie er Kisame dort küsste. Ob es den Älteren freuen würde, wenn er die Initiative ergriff? Gott, seine Wangen glühten plötzlich. „Wundere dich nicht, wenn’s nachher laut wird. Wir haben Zabuza und Haku nebenan – und Haku ist nicht voll genug, als dass da nichts mehr läuft.“ Itachi hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, konnte nicht aufhören, Kisame anzustarren. Dabei war dies nicht seine Art. Andererseits…was war überhaupt seine Art? Woher wusste er, was er wollte, wenn er nie die Gelegenheit genutzt hatte, es auszuprobieren? Da war immer die Angst gewesen, die ihn gehemmt hatte. Vielleicht auch der Ekel. Kisame kannte seine ganze widerliche Vergangenheit. Er war ein Teil davon. Wohl der einzige Teil, den er nicht verabscheute. „Aber na ja, Kakuzu und Hidan sind noch schlimmer. Von daher…“, brummte der Hüne und legte Decke und Kissen zurecht. Danach wandte er sich zu ihm um, nur um festzustellen, dass Itachi so nahe bei ihm saß, dass sie nicht mehr viel trennte. Scheinbar irritierte er Kisame, welcher den Mund öffnete, um etwas zu sagen – jedoch nicht dazu kam. Vielleicht lag es daran, dass er angetrunken war, aber es war plötzlich so leicht, die Hände an Kisames Wangen zu legen und sich vorzubeugen. Ihn zu küssen. Es war das, was er wollte, auch wenn ihm das Herz bis zum Halse schlug. Und als er die kräftigen Hände spürte, wie sie ihn packten und auf den Boden drückten, ihn unter Kisame brachten…spürte er ein ganz anderes Feuer als sonst in sich. Kapitel 23: Ohne Liebe ---------------------- Still blickte er in der Dunkelheit an die Decke, während er den gleichmäßigen Atem des anderen Mannes neben sich vernahm. Bloß Kisames Stirn ruhte an seiner Schulter, dennoch strahlte dessen Körper eine gewisse Wärme aus. Wenn er ehrlich war, wusste er nicht, was er fühlen sollte. Was vor ein paar Stunden zwischen ihnen passiert war, das hatte Itachi selbst heraufbeschworen. Er hatte es gewollt, wenn wohl auch der Alkohol den nötigen Mut dazu gegeben hatte. Er fühlte Kisames Hände noch an seinem Körper, doch alles andere war etwas verschwommen. Irgendwie hatte er gedacht, er würde sich danach…glücklicher fühlen. Wenn es nicht komplett in die andere Richtung ging, aber im Endeffekt fühlte er nicht viel. Nicht mal Ekel. Vielleicht musste er noch realisieren, dass er eben wirklich Verkehr gehabt hatte – oder die Vorstufe davon. Wie er es genau benennen sollte, wusste er nicht, doch er hatte Kisames Tun imitiert. Sie hatten sich aneinandergepresst und gerieben. Sich geküsst. Kisames schwerer Körper über ihm, dessen Atem an seinem Ohr. Dessen hartes Glied in seiner Hand, während der andere das seine in der Hand pumpte. Itachi schloss bei der Erinnerung kurz die Augen, hörte sein eigenes Stöhnen widerhallen. Irgendwie war es unangenehm, nun darüber nachzudenken, wie er sich hatte gehen lassen. Nicht, dass er es bereute. Das war es nicht. Es war gut gewesen. Schön. Intensiv. Sich in Kisames Hände zu begeben, hatte ihn nicht mehr geschreckt, weil er ihm vertraut hatte. Vielleicht war er auch einfach überfordert mit der Situation. Ganz zu schweigen davon, dass er befürchtete, dass Kisame das von nun an öfter tun wollte. Bestimmt konnten sie das wiederholen, aber nicht sofort. Zuerst musste er seine Gedanken ordnen und das Geschehene verarbeiten. Itachi öffnete die Augen wieder, für sich feststellend, dass ihm der Hals eng wurde. Er brauchte frische Luft. Also löste er sich langsam von Kisame, um diesen nicht zu wecken, und erhob sich so lautlos wie möglich. Er angelte nach seinem Gewand und zog sich dieses über, ehe er sich die zerzausten Haare wieder zusammenband und auf leisen Sohlen das Zimmer verließ. Mittlerweile war es ruhig im Haus geworden, wenn man bedachte, dass zuvor nicht nur sie beide laut gewesen waren. Itachi seufzte innerlich, während er durch den Gang in Richtung Veranda schlich. Gleichzeitig hoffte er, dass Kisame nicht wach werden würde. Dieser sollte nicht denken, dass er etwas falsch gemacht hatte, denn das war es nicht. Der Uchiha wollte nicht, dass es komisch zwischen ihnen werden würde. Seine Beziehung zu Kisame war besonders. War sie immer gewesen. Seit sie zusammen losgezogen waren, umso mehr. Er schätzte, wie sich der Hüne um ihn bemühte und ihn verteidigte, auch wenn das nicht immer nötig war. Dennoch ging damit ein Gefühl von Geborgenheit einher und das war es ja auch, was er vorhin gefühlt hatte. Warum also konnte er nicht einfach glücklich darüber sein, dass es gut gewesen war? Itachi atmete durch, schob dann die Schiebetür beiseite und schloss sie hinter sich. Das Holz knarzte leicht, als er ein paar Schritte ging, um sich einen Fleck zu suchen, an dem die anderen ihn nicht hören würden. Womit er nicht gerechnet hatte, war die schlanke Silhouette der einzigen Frau der Truppe. Konan drehte den Kopf in seine Richtung, die Bernsteinaugen leuchteten im Mondlicht, während ihr Ausdruck jedoch so monoton wie sonst auch war. Für ein paar Sekunden sahen sie einander still an…dann bedeutete Konan ihm, sich neben sie zu setzen. Obwohl Itachi eigentlich das Alleinsein bevorzugt hätte, kam er der Aufforderung nach und nahm in höflichem Abstand zu ihr Platz. Neben ihr stand eine Flasche Sake nebst Schälchen, wobei Itachi nicht verstehen konnte, wie sie noch weiter trinken konnte. Anscheinend vertrug sie viel, hatte sich auch vorhin nicht zurückgenommen, ohne dabei betrunken zu wirken. Generell schien Konan sehr kontrolliert zu sein. „Du kannst wohl auch nicht schlafen“, stellte sie fest, woraufhin er nickte. Was sollte er auch sagen? Die Gründe wollte er ihr nicht gerade erläutern. „Nicht wirklich.“ Konan ließ den Blick über die Umgebung schweifen, erwiderte für eine Weile nichts mehr. Es gab Itachi die Zeit, sich an die Situation zu gewöhnen. Die kühle Nachtluft fuhr ihm durchs Haar, half ihm dabei, seinen Kopf etwas freier zu bekommen. „Kisame hat einen ziemlichen Narren an dir gefressen“, bemerkte sie plötzlich. „Unüblich für ihn.“ Itachi fragte sich, was sie damit meinte. Dass der Hüne nicht gerade enthaltsam lebte, hatte er sich bereits denken können. Dennoch hielt er sich bei ihm immer respektvoll zurück, trotzdem er ihn vermutlich seit dem ersten Tag ihres Wiedersehens begehrt haben musste. Itachi erinnerte sich an seine Blicke und nun, da er ihn in der Nacht erlebt hatte, verstand er mehr davon. Und er verstand, dass er dieselben Gefühle hegte, trotzdem sie ihn verunsicherten. Wie sehr er die Last, die er seit damals mit sich herumtrug, verabscheute. „Er muss etwas Besonderes in dir sehen.“ Die Worte ließen Itachi achtsam werden, auch wenn sie vermutlich nichts zu bedeuten hatten. Besonders konnte man auf alles beziehen. „So wie Pain in dir“, gab er zurück, um von sich selbst abzulenken. Konan verzog ihre Lippen zu einem Lächeln, das ihre traurigen Augen nicht erreichte. Für ein paar Sekunden blieb sie schweigsam und Itachi ahnte, dass er gerade einen Nerv getroffen hatte, ohne es zu wollen. „Verzeihung. Das war anmaßend“, fügte er daher an, auch wenn sie damit begonnen hatte. Konan goss sich Sake nach, nippte an ihrem Schälchen. „Nicht mehr als meine Anspielungen. Schon gut.“ Wenigstens sah sie es ein. Er kommentierte es nicht weiter, doch sie fuhr direkt fort. „Nagato und ich sind Überlebende. Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit und teilen denselben Verlust, sowie ähnliches Leid. Also ja, wir sind besonders füreinander.“ Da war noch immer diese Traurigkeit in ihren Augen, wenn auch etwas Wärme darin schimmerte. Als sie ihm das Schälchen mit dem Sake hinhielt, nahm er es an und nippte kurz daran. Er hatte das Gefühl, dass dies eine Art Friedensangebot war und das wollte er nicht ausschlagen. Die Flüssigkeit brannte wie gewohnt in seinem Hals, als er ihr das Schälchen zurückgab. Sie trank den Rest aus, stellte es wieder auf den Holzboden. Ein paar Sekunden saßen sie beide nur so da, blickte in die Ferne, ehe Konan leise seufzte. „Möchtest du sie hören? Unsere Geschichte?“ Itachi warf ihr einen Blick zu, nicht wissend, ob er bejahen sollte. Würde sie im Gegenzug die seine fordern? War das ein Test? Oder machte sie der Alkohol bloß redselig? Was es auch war, sie jetzt abzuweisen, war wohl keine gute Idee, weswegen er bloß nickte. Sie lächelte dünn, stützte sich mit den Händen nach hinten ab und sah zum dunklen Himmel auf. „Ich war jung, als ich verheiratet wurde. Meine Eltern waren vom Adel, daher war es nur zu natürlich einen angesehenen Feldherrn für mich auszusuchen. Ich war gut versorgt und wurde nicht gerade schlecht behandelt, doch davon abgesehen war mein Leben nicht gerade glücklich. In einer Ehe ohne Liebe zu leben, ist für viele Frauen Normalität. Vielleicht wäre es das irgendwann auch für mich geworden, doch eines Tages kamen zwei junge Männer als Rekruten dazu. Nagato und Yahiko. Nagato hat sich nicht viel verändert. Er war schon damals ruhig und besonnen. Ein lieber Kerl, der immer hinter Yahiko stand…und Yahiko? Er war…beeindruckend. Ein Mensch mit so viel Hoffnung und Euphorie auf ein besseres Leben…er zog jeden in seinen Bann. Auch mich.“ Da glomm etwas in Konans Augen auf, das jede Frage überflüssig machte. Dennoch stellte er sie. „Du hast dich in ihn verliebt?“ „Mit allem, was ich hatte. Er kam mich heimlich besuchen, erzählte mir Geschichten und brachte mir kleine Geschenke. Nichts Wertvolles. Kleine Dinge wie Blumen oder hübsche Steine. Er brachte mich zum Lachen. Zeigte mir, wie es ist, wenn man Liebe empfindet. Glück. Wenn er auf dem Schlachtfeld war, überkam mich eine solche Verzweiflung, wie ich sie zuvor nie gefühlt hatte.“ Ihr Lächeln wurde eine Spur bitterer und Itachi ahnte, dass besagtes Glück wohl nur für kurze Zeit angehalten hatte. „Nagato deckte uns beide. Er passte auf, dass niemand von uns erwischt wurde, doch irgendwann reichte uns das nicht mehr. Wir wollten frei sein. Zusammenleben und uns eine Zukunft aufbauen. Zumal Yahiko und Nagato genügend Tod und Elend auf dem Schlachtfeld miterlebt hatten, um zu begreifen, dass daran nichts Ruhmreiches ist. Entbehrliche Männer sterben und reiche Männer nutzen sie wie Schachfiguren aus, um sich noch mehr zu bereichern oder ihren Reichtum zu sichern. Wir hatten alle genug.“ Itachi konnte das nachvollziehen. Was sie ihm sagte, war auch ihm bekannt. Scheinbar musste man nicht anders sein, um die hässliche Seite der Menschheit zu spüren zu bekommen. „Also flohen wir zu dritt. Wir verwischten unsere Spuren, so gut es ging, und suchten uns einen kleinen Hof fernab, auf dem wir unser Leben verbringen wollten. Es war die glücklichste Zeit meines ganzen Lebens. Yahiko und Nagato brachten mir bei, wie man kämpft, und ich brachte ihnen Lesen, Schreiben und Rechnen bei. Wir ergänzten uns gut und wuchsen noch enger zusammen.“ Bevor sie weitersprach, griff Konan erneut zum Sake und diesmal kippte sie das ganze Schälchen herunter. Itachi sagte nichts dazu, denn er ahnte, dass es nun hässlich werden würde. „Wir waren naiv, zu glauben, dass uns niemand finden würde. Mein Mann hat nicht aufgehört, nach mir zu suchen. Er war rasend darüber, dass ich ihm gestohlen worden war. Also ließ er jeden Winkel durchkämmen, bis er uns nach einigen Jahren aufspürte. Und er ließ uns büßen.“ Konan blickte vor sich hin, die Lippen fest zusammengepresst, ehe sie fortfuhr. „Sie kamen mit vielen Soldaten. Unser Kampf war daher von Anfang an aussichtslos, doch wir versuchten es. Als sie uns überwältigt hatten, folterten und enthaupteten sie Yahiko vor unseren Augen. Ich habe nie einen schlimmeren Schmerz verspürt.“ Kurz pausierte sie. „Nagato brachen sie die Beine auf eine Weise, die ihn zu einem Leben als Krüppel verurteilte. Was mich anging…trug ich zu diesem Zeitpunkt Yahikos Kind unter meinem Herzen. In meiner Ehe hatte es jahrelang nicht geklappt. Du kannst dir also denken, wie wütend mein Mann war. Sie prügelten mich wie einen Hund. Sorgten dafür, dass ich mein Kind verlor und nie wieder in der Lage sein würde, eines zu bekommen.“ Itachi hörte ihr zu, während er nicht gegen das Grauen ankam, das ihn langsam erfüllte. Wie furchtbar war diese Geschichte, mit der sie leben musste. Vermutlich sah sie ihm seine Gedanken an, denn sie lächelte. „Nagato und ich waren beide gebrochen. Wir hatten den uns liebsten Menschen verloren, unsere Zukunft…und unseren Wert. Wir waren Krüppel. Das war unsere Strafe, mit der sie uns weiterleben ließen. Wir brauchten sehr viel Zeit, um unseren Schmerz zu überwinden, aber danach kamen Zorn und Hass. Wir klammerten uns an diese Gefühle. Sie gaben uns die Kraft, weiterzuleben und diese Gemeinschaft zu gründen.“ Sie blickte ihn nun wieder direkt an und bei diesem durchdringenden Blick überkam ihn eine Gänsehaut. „Ich erkenne einen gebrochenen Menschen, der sich für das Leben entschieden hat, Itachi.“ Und da war er. Der Grund, weswegen Konan ihm das alles erzählt hatte. Diese Frau war berechnend, das hatte er direkt gespürt, doch er blieb ruhig. „Akatsuki besteht aus Menschen wie dir und mir. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen. Wichtig ist, dass wir uns aufeinander verlassen können. Dass unsere Last geteilt wird, aber niemandem im Wege steht. Wir sind keine guten Menschen. Wir tun, was nötig ist, um zu überleben. Ich hoffe, dass dir das klar ist.“ Das war ihm bereits nach Deidaras Ansage klar geworden. Oder nach Kisames Erzählungen. Er verstand, warum sie ihn warnten. Das hier war Familie. Man beschützte seine Familie, so wie auch Madara, Sasuke und er selbst es taten. Er fühlte den Stich in seiner Brust, der ihn daran erinnerte, wie lange er schon von ihnen getrennt war. „Konan-san. Ich habe nicht vor, irgendjemandem im Wege zu stehen oder euch sonst irgendwie Schaden zuzufügen. Ich bin wegen Kisame hier und ich bleibe, solange er mich hier haben möchte. Ob ich eurer Truppe beitrete, weiß ich noch nicht. Meine Entscheidung wird euch jedoch in keiner Weise negativ beeinflussen. Darauf gebe ich dir mein Wort.“ Konan neigte den Kopf ein wenig, blickte ihn aus ihren Bernsteinaugen fest an. Dann lächelte sie kühl. „Nun, es wird Kisame negativ beeinflussen, nicht wahr?“ Das konnte Itachi natürlich nicht verneinen…und es traf einen empfindlichen Nerv bei ihm. Dennoch ließ er es sich nicht anmerken, erwiderte ihren Blick unbeirrt. „Er kennt meine Ansichten und er akzeptiert, wofür ich mich entscheide.“ Konan wirkte für einen Moment, als wollte sie dazu noch etwas sagen. Dann aber beließ sie es dabei und füllte sich Sake nach. Sie nippte an der Flüssigkeit, ließ den Blick erneut schweifen. „Nun gut. Wir werden sehen, ob er das tut. Oder was du tun wirst. Wie auch immer. Wir haben einen Auftrag für Kisame. Ich nehme an, du wirst ihn dabei unterstützen.“ Itachi hielt kurz inne, verwirrt darüber, dass sie sie schon so schnell wieder losschicken wollten, wo Kisame doch gerade erst zurückgekommen war. Aber er widersprach nicht, denn anscheinend war das so üblich – oder seinetwegen. „Ja.“ „Das freut mich zu hören.“ Man hörte es ihrer monotonen Stimme nicht an, doch Itachi beließ es dabei. Schweifend saßen sie nebeneinander und genossen die Nachtluft, auch wenn ein bitterer Beigeschmack an ihrem Beisammensein haftete. Konan war eine der Personen, die er am wenigsten einzuschätzen vermochte. Sie zeigte ihm keine direkte Ablehnung wie Deidara, aber sie hieß ihn auch nicht ohne Weiteres willkommen wie Hidan. Wenigstens schien sie fair zu sein. „Ich werde nun schlafen gehen“, hörte er sie schließlich sagen und sah, wie sie sich erhob. „Ich wünsche dir eine geruhsame Nacht.“ „Ja. Dir auch“, erwiderte er höflich, woraufhin sie erneut lächelte. Ein weiteres Lächeln, das sie wie eine Maske zu tragen schien. Itachi wusste, dass sie ihm ihre Geschichte nicht erzählt hatte, um Mitleid zu erhaschen oder um sich mit ihm anzufreunden. Es war dazu da, ihm bewusst zu machen, dass das hier das Einzige war, das ihr noch wichtig war…und dass sie ihn erledigen würde, wenn er Anstalten machte, es ihr zu nehmen. Itachi blieb noch eine Weile draußen sitzen, sinnierte über Konan und die anderen, bis er sich innerlich ruhiger fühlte. Auch die Gedanken bezüglich Kisame und ihm hatten sich ein wenig beruhigt, sodass er nun klarer im Kopf war. Er vertraute Kisame. Das hatte er, seitdem dieser wieder in sein Leben getreten war, und bisher hatte er dies nicht bereut. Warum sich also verrückt machen und es sich selbst schlecht reden. Kisame hatte ihn nie verurteilt. Tief atmete er durch, ging dann zurück in dessen Zimmer, wo der Hüne immer noch zu schlafen schien. Itachi schloss leise die Tür hinter sich, ehe er sich wieder zu ihm legte. Er vernahm das leise Brummen, als Kisame sich wieder gegen seine Schulter lehnte. „…alles in Ordnung?“, hörte er ihn verschlafen murmeln. Also hatte er seine Abwesenheit doch bemerkt. Nicht verwunderlich, immerhin war der andere genauso hellhörig wie er selbst. Itachi schwieg kurz, griff dann unvermittelt nach der Hand des anderen und verschränkte ihre Finger miteinander. Er merkte, wie Kisame stutzte, die Berührung aber mit leichtem Druck erwiderte. „Nein. Aber das wird schon“, antwortete er ehrlich. Der Ältere schien zu überlegen, ob das hinterfragen sollte, entschied sich aber dann wohl dagegen. Itachi war froh darüber, denn er wollte jetzt nicht mehr reden. Die Nähe war schön. Was sie miteinander hatten, war schön. Es war alles gut. Er brauchte nur Zeit, um es für sich zu akzeptieren und diese quälenden Gedanken zu verbannen. „Lass dir Zeit.“ Itachi spürte wieder diese Wärme in sich, die ihm sagte, dass alles gut werden würde. Er lehnte sich etwas mehr an Kisame hinter sich, merkte, wie die Nähe ihren Schrecken mehr und mehr verlor. Ja. Kisame konnte er vertrauen. Dieser hatte ihn nie enttäuscht. „Entweder sprichst du aus, was dich wachhält, oder du schläfst endlich. Deine Unruhe beginnt mich zu nerven.“ Deidara presste die Lippen aufeinander, während er zornig an die Decke starrte. Andererseits konnte er wohl froh sein, dass ihm sein Partner nicht einfach eines seiner lähmenden Gifte in den Körper jagte, wenn er sich von ihm genervt fühlte. Natürlich war er unruhig. „Kann ja draußen schlafen, hmm“, brummte er so unfreundlich wie möglich. „Das wäre eine Option.“ „Ihr seid ein richtiger Mistkerl, no Danna, hmm.“ „Erzähl mir was Neues, Balg.“ Deidara schnaubte daraufhin bloß, hatte mit so einer Antwort schon gerechnet. Bei Sasori auf einen Funken Empathie zu hoffen, war verlorene Mühe. Eigentlich wusste er das und hatte es akzeptiert, doch manchmal brachte es ihn zur Weißglut. Mit finsterem Blick drehte er sich auf die Seite und starrte Sasoris schlanken Hals an, den Ansatz der roten Haare…eher er seine Lippen in dessen Nacken drückte. „Könnt ja was dafür tun, dass ich…weniger unruhig bin, hmm.“ Deidara konnte die Gänsehaut des anderen fühlen und er bemerkte, wie sich dieser unweigerlich versteifte. Anfangs hatte sich der Blonde durch solche Reaktionen beleidigt gefühlt. Wenn man sein Geld mit körperlichem Verkehr verdiente, entwickelte man entweder Ekel gegen den eigenen Körper oder man war stolz darauf, so begehrt zu sein. Bei ihm war es eine Mischung aus beidem. Deidara machte sich nichts vor, er war ein launischer Kerl – und es kümmerte ihn nicht, wie andere damit zurechtkamen. Schon gar nicht, wenn es sich um seinen Partner handelte, der das Einfühlungsvermögen einer Schnecke besaß. Vielleicht waren Sasori die Schnecken sogar überlegen… „Geh zu Hidan.“ „Der treibt es gerade mit Kakuzu. Ich bin nicht lebensmüde, hmm.“ Was nicht daran lag, dass Kakuzu in irgendeiner Form eifersüchtig war, wenn sich Deidara zwischendurch mit Hidan vergnügte. Alle wussten es. Keinen kümmerte es. Manchmal sah Kakuzu ihnen zu und holte sich einen runter, während er nebenbei irgendwelche Dokumente prüfte. Der Beischlaf mit Hidan war rau und wild, etwas, das Deidara nicht immer, aber manchmal brauchte. Was er nicht brauchte, war, sich anbinden, würgen und den Hintern aufreißen zu lassen. Das war es, was Hidan brauchte – und zwar oft. Deswegen war der Silberhaarige mit Kakuzu zusammen, der wiederrum seinen Sadismus ausleben musste. Und Sasori…der brauchte gar nichts davon. Damals hatte Deidara das nicht verstanden. Männer waren triebgesteuert – und er selbst war da keine Ausnahme. Er hatte seine Arbeit gehasst, aber er hatte das Beste daraus gemacht, um zu überleben. Dennoch war der Verkehr an sich mit dem richtigen Mann etwas, das er brauchte wie Essen oder Schlaf. Es konnte verdammt gut sein. Sasori jedoch war in dieser Hinsicht anders. Auf seine verschrobene Art hatte er zweifellos Gefühle für Deidara, doch was den Beischlaf anging, lehnte er diesen völlig ab. Ganz selten schaffte der Jüngere es, ihn dazu zu bringen, hart zu werden, doch es war immer anstrengend und am Ende kam meistens nur Deidara. Mittlerweile hatte er akzeptiert, dass es nicht an ihm lag, sondern daran, dass Sasori der Trieb fehlte, der viele Männer zu gierigen Monstern machte. „Deidara…“ „Bitte.“ Deidara musste Sasoris Gesicht nicht sehen, um zu wissen, dass er die Augen verdrehte, als er genervt seufzte. Oft bat der Blonde seinen Partner nicht. Wie gesagt, meistens ging er in solchen Momenten zu Hidan, doch manchmal wollte er eben Sasoris Nähe. Heute war so eine Nacht. Nicht bloß wegen Kakuzu. Also tat Sasori ihm den Gefallen und drehte sich auf den Rücken, woraufhin Deidara das Gesicht an seinem Hals vergrub. Der Geruch nach Holz und Erde, der den anderen stets umgab, ließ ihn schaudern und er gab ein tiefes Seufzen von sich. Eng drängte er sich an seinen Partner, nahm dessen Hand und schob sie zwischen seine Beine – anders als Sasori schlief Deidara oft nackt. Er war bereits hart, als der Rothaarige ihn dort zu berühren begann, mit dem Daumen über seine Eichel strich. Deidaras Atem ging hektischer, während er die Augen schloss und sich den schwieligen Fingern entgegen schob. Es war gut. Richtig gut, auch wenn es so einseitig war. Deidara wusste, dass Sasori kein Interesse daran hatte, ebenfalls Befriedigung zu erlangen. Nicht durch sexuellen Verkehr. Er fand sie in anderen Interessen, dem Fertigen seiner Konstruktionen zum Beispiel – seiner sogenannten Kunst. Ihr ewiges Streitthema. Doch das hier…war nur für Deidara wirklich intim. Dennoch gab sich sein Partner Mühe; dass er es überhaupt tat, sagte genug aus. Ja, Deidara liebte Sasori nicht wegen seiner Bettfertigkeiten. Er liebte ihn dafür, dass er ihn mit hierher genommen hatte. In diese Söldnertruppe voller Menschen, die anders waren als die, die mit denen er bisher zusammengelebt hatte. Menschen, die ihn verkauft, gekauft und erniedrigt hatten. Die keinen Wert in ihm gesehen hatten. Den Umgang mit Schwarzpulver hatte er sich selbst angeeignet. Ein Zeitvertreib, den er bei einem älteren Mann im Dorf kennen und lieben gelernt hatte. Schon als kleines Kind hatten ihn Feuerwerke fasziniert. Vielleicht war das der Anfang gewesen. Sasori hatte seinen Wert erkannt – auch wenn er kurz davor gewesen war, ihm die Finger abzutrennen. Keine schöne Erinnerung und trotzdem hatte damit alles begonnen. Er war hierhergekommen, hatte sich mit den anderen mehr oder minder angefreundet. Mit Hidan stritt er viel, aber er stand ihm dennoch am nächsten. Dank Hidans Vorschlag, ab und zu mit ihm das Lager zu teilen, kam er nun besser mit Sasoris Abneigung gegen Verkehr zurecht. Es war entspannter zwischen ihnen geworden. Ungezwungener. Kisame und er teilten denselben Humor, auch wenn sie sich gerade nicht einig waren. Es war nichts Persönliches, aber Deidara hatte schon immer etwas gegen Neuzugänge gehabt. Jeder neue Mitstreiter barg ein Risiko und etwas an diesem Itachi gefiel Deidara einfach nicht. Er stöhnte gegen Sasoris Hals, spannte sich an, als er kurz davor war zu kommen. Ein bisschen noch. Gleich…er japste auf, als er in der Hand des anderen kam, sich noch enger an ihn presste. Sasori ließ ihn, lehnte den Kopf gegen seinen, während er so mit ihm blieb und wartete, bis er sich gefasst hatte. Deidara entging nicht, wie er mit der sauberen Hand zur Seite griff, um sich ein Tuch zu nehmen und seine Hände damit zu säubern. So wie immer. Er musste grinsen, atmete dabei tief aus. „…jetzt geht es mir besser, hmm“, meinte er ehrlich. „Dann war es wenigstens nicht umsonst.“ „Das habe ich auch verstanden…“ Sasori blieb einen Moment still, schaute vor sich hin. Manchmal war es schwer, zu erahnen, was er gerade dachte. „Hör auf, dir Gedanken zu machen. Soweit ich weiß, schickt Konan ihn mit den anderen auf eine Mission. Wenn er dort Probleme macht, wird sie sich seiner annehmen. Dann ist die Angelegenheit erledigt.“ Und was das bedeutete, war Deidara wohl bekannt. Konan wirkte zwar sehr ruhig und besonnen, was sie auch war, wenn ihrer Truppe jedoch Gefahr drohte, war sie da rigoros. Es war keine gute Idee, sie wütend zu machen. „Ihr wisst, wie Ihr mich beruhigen könnt, hmm“, erwiderte er müde, jedoch konnte er das Lächeln nicht unterdrücken. Tatsächlich war das ein Argument, das er akzeptieren konnte. Wenigstens in dieser Sache stand Sasori ihm zur Seite, denn dieser war selten mit ihm einer Meinung. „Ich bin bloß realistisch“, erwiderte der Rothaarige stoisch. „Und jetzt schlaf endlich.“ Deidara seufzte zur Antwort nur, schloss aber die Augen, während er an Sasori gelehnt blieb. Dessen Geruch, sein regelmäßiger Atem…es beruhigte ihn zusätzlich. Das hier war sein Zuhause. Sie alle waren sein Zuhause und er würde nicht zulassen, dass man es zerstörte. Eher würde er Itachi zerstören. Mit diesem Gedanken dämmerte er langsam weg, fühlte dabei noch Sasoris stechenden Blick auf sich – und er wusste, dass diese gruselige Angewohnheit, ihn anzustarren, das Zeichen dafür war, dass dem Älteren etwas an ihm lag. Denn sonst starrte er nur seine Marionetten auf diese Weise an…was könnte also ein größerer Liebesbeweis sein? Hmm… Kapitel 24: Eisblumen --------------------- Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Sasuke zurückkehrte. Er hatte Wort gehalten und mit Naruto jeden Winkel durchkämmt…natürlich ohne Erfolg. Na ja, irgendwann würde er schon aufhören, nach ihr zu suchen und dann wäre das Problem gelöst. Naruto würde niemals in ihr Versteck gelangen und Sakura würde es niemals verlassen. Sie würden sich also nicht wiedersehen. Sasuke seufzte leise, während er tiefer in den Wald vordrang. Die Gerüchte von unheimlichen Kreaturen hatten sich bereits durchgesetzt. Niemand, der an seinem Leben hing, ging tiefer in den Wald hinein. Einige sprachen von Geistern, andere von wilden Tieren, die größer als normal waren und Menschen rissen. Madara selbst hatte diese Gerüchte verbreitet und die Toten, beziehungsweise die Verschwundenen sprachen für sich. Sie waren sicher, daran zweifelte er nicht. Vielleicht auch, damit er sich keine unnötigen Sorgen machen musste. Nie wieder würde ein Mensch ihnen Schaden zufügen…nicht nur die abschreckenden Gerüchte sorgten dafür, sondern auch ihre Fähigkeiten und die Raben, mit denen sie bis zu einem gewissen Grad kommunizieren konnten. Unweigerlich musste er an Susanoo denken, den er in Sakuras Obhut gelassen hatte. Er traute ihr nicht zu, dass sie seinem Partner etwas antun würde. Sie war zwar vorlaut und scheinbar lebensmüde, aber sie hatte dem Falken helfen wollen, noch bevor sie gewusst hatte, dass er zu ihm gehörte. Auch wenn er Menschen nicht ausstehen konnte, musste er sich eingestehen, dass es mit ihr ähnlich wie mit Naruto wurde. Irgendwie gingen sie ihm auf die Nerven, aber gänzlich unangenehm war die Nähe zu ihnen nicht. Vielleicht war das der Grund, weswegen er sich einfach nicht wohl dabei fühlte, Naruto so hinters Licht zu führen. Scheiße. Itachi hatte wohl zu viel auf ihn abgefärbt. Er verlor sich in seinen Gedanken, hätte beinahe die Geräusche überhört. Was zur…?! Was machten Fremde so tief im Inneren des Waldes? Das war nun schon das dritte Mal in so kurzer Zeit…und auch Madara hatte schon seinen Unmut darüber geäußert. Verloren sie ihre Angst? Nun, dann sollte er besser dafür sorgen, dass sie ihnen wieder ins Gedächtnis gebrannt wurde. Apropos, der Geruch von Feuer wurde stärker; nächtigten sie etwa hier? Reisende, die nicht wussten, was ihnen blühte? Sei es drum, er durfte keinen leben lassen. Mitwisser waren gefährlich…sie konnten andere holen und dann würde sich der Horror von vor einigen Jahren wiederholen. Niemand würde auch noch den Rest seiner Familie auslöschen! Er würde es schnell machen und – Sasuke riss die Augen auf, als ihn genau in diesem Moment ein so beißender Schmerz durchfuhr, dass er aufschrie. Er ging sofort in die Knie, sah fassungslos auf seinen Fuß, der in einer eisernen Falle mit spitzen Zähnen steckte. Sasuke wusste, dass Jäger solche Fallen benutzten, um Tiere zu fangen. Er stöhnte leise, versuchte die Falle zu öffnen, doch seine Finger zitterten so sehr, dass es nichts brachte. Bald waren seine Finger glitschig vom Blut, so dass er immer wieder abrutschte. Instinktive Panik befiel ihn, doch er wusste, dass er sich zusammenreißen musste; er war nur angeschlagen, nicht wehrlos. Er war nicht wehrlos! Nicht wie damals, als sie ihn seinen Eltern hatten entreißen wollen. Als Madara ihn davor bewahrt hatte, wie die anderen Kinder ertränkt zu werden. Er hatte immer noch seine Fähigkeiten, beherrschte das Blitz-Element, welches überaus selten in seinem Clan war. Mit schweißnasser Stirn richtete er sich auf, wobei er den rechten Fuß nicht belasten konnte und...erwartete sie. Sie kamen näher, mussten seinen Schrei gehört haben. Gut so, er würde sie gleich hier töten, einen nach dem anderen. „Hey! Hey, er ist in die Falle gegangen!“ „…ist er das?“ Sasuke machte fünf Männer in der Dunkelheit aus und sie waren bewaffnet. „Ja, das ist das Monster! Seid vorsichtig, ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er seine Zauberkräfte eingesetzt und mit Blitzen um sich geworfen hat!“ „Tötet ihn! So wie er unsere Kameraden getötet hat!“ „Keine falsche Bewegung, Monster!“ Eine Armbrust zielte auf ihn und Sasuke war für einen Moment nicht fähig, sich zu rühren. Sein verletzter Fuß pochte, sein Herz raste…und die Mischung aus Hass und dem Schmerz der Erinnerung ließen seinen Körper erbeben. Monster… Wie sehr er dieses Wort doch hasste. Wie sehr er die Menschen hasste. Dann hielt er jedoch inne; was sagten sie? Sie hatten ihn gesehen? Er hatte einen von ihnen entkommen lassen? Wann? Und was würden die Folgen davon sein? Wem hatten diese Menschen noch davon erzählt? Konnte er sich überhaupt noch in der Nähe der Dörfer zeigen? Ihm wurde speiübel, während er seine Gedanken zu fokussieren versuchte. Ruhe bewahren. Er musste sie vernichten. Durfte sich nicht von hitzigen Emotionen leiten lassen. In diesem Augenblick löste sich der Bolzen aus der Armbrust. Wie ein Blitz durchfuhr Itachi der Schmerz in seiner Schulter und reflexartig drückte er die Handfläche auf eben jene Stelle. Es pochte unangenehm, obwohl es eigentlich keinen Grund dafür gab. Er war nicht verletzt worden und dennoch war da dieses Gefühl, das durchaus beunruhigend war. Tief atmete er durch, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Warum schwitzte er überhaupt? Es war kalt und feucht auf dem Schiff, auf dem sie sich befanden. Der raue Wind zerrte an Kleidung und Haaren – und Itachi konnte wohl von sich behaupten, dass er diese Art der Reise niemals bevorzugen würde. „Stimmt etwas nicht?“ Er blickte auf, als Kisame zu ihm an den Bug trat, ihn fragend ansah. Erst jetzt bemerkte Itachi, dass er immer noch die Finger im Stoff seines Gewands vergraben hatte. Er löste die Hand und schüttelte langsam den Kopf, auch wenn das ungute Gefühl blieb. Ihr Clan verfügte über viele besondere Fähigkeiten, doch am stärksten war das Band zwischen den Familien. Ob Sasuke oder Madara in Schwierigkeiten steckten? Er konnte es nicht sagen, doch selbst wenn es so gewesen wäre, so hätte er nichts tun können. Er war viel zu weit weg und überdies vertraute er dem Ältesten von ihnen vollkommen. Madara war nicht nur überaus mächtig, sondern hing auch an ihnen beiden – selbst wenn sie nicht immer einer Meinung waren. Würde etwas passieren, wäre er zur Stelle, um Sasuke zu schützen. „Du wirkst angespannt.“ Kisame trat hinter ihn und obwohl er ihn nicht berührte, war er so nahe, dass ihm unweigerlich wärmer wurde. Der Morgen nach ihrer besonderen Nacht war ohne viele Worte verlaufen. Itachi war froh darüber, dass sie nicht darüber sprachen und einfach weitermachten wie bisher. Kisame schien nichts von ihm zu erwarten und er gab ihm den Raum, den er brauchte, um seine Gefühle zu ordnen. „Liegt’s am Schiff? Ist dein erstes Mal auf einem, oder?“ Das stimmte. Bisher hatte Itachi Schiffe nur aus der Ferne betrachtet; als Kind durch die eigenen Augen und später durch Amaterasu. Er hatte sie stets als eindrucksvoll empfunden, sich jedoch keine weiteren Gedanken darum gemacht, wie es sein würde, auf einem zu reisen. Kaum dass er jedoch einen Fuß auf das hölzerne Segelschiff gesetzt hatte, kam auch die Neugierde. Er hatte sich umgesehen, während Kisame und Zabuza die Männer für eine Überfahrt bezahlt hatten. Sie würden erst am frühen Morgen ankommen, da es neblig und daher schwieriger voranzukommen war. Das Dorf, welches ihr Ziel war, war laut dem Gerede der Männer recht arm und lebte einzig vom Fischhandel, weswegen es nur ein kurzer Zwischenstopp auf einer längeren Reise für sie sein würde. Auf der Rückfahrt würden sie sich eine andere Mitfahrgelegenheit suchen müssen. „Ja“, gab er Kisame schließlich seine Antwort, die dieser wohl erahnen konnte. „…ist dir übel?“ Itachi ließ den Blick über die raue See schweifen, beobachtete die Wellen. „Du machst dir zu viele unnötige Sorgen.“ „Nicht so viele wie Zabuza wegen Haku.“ Itachi konnte Kisames Grinsen heraushören und die Schadenfreude nicht ganz nachvollziehen. Er wusste jedoch direkt, was der Hüne damit meinte, denn Haku zog die Blicke der Männer wie magisch an. Es mochte daran liegen, dass einige immer noch nicht glauben konnten, dass es sich bei diesem um einen Jungen handelte – oder es war ihnen einfach egal. Der Kapitän des Schiffes hatte sie erst nicht mitnehmen wollen, da ein Frauenzimmer angeblich Unglück brachte, doch nachdem Zabuza sehr überzeugend erklärt hatte, dass Haku ein Junge war, hatte es keine Probleme mehr gegeben. Nun, bis auf dass sie ihm nachstellten. Haku schien das wenig auszumachen, da er meistens freundlich lächelte, während er ihnen erklärte, dass er ihnen langsam alle Finger brechen würde, wenn man sich ihm noch einmal unangemessen näherte. Der ein oder andere hatte die Konsequenzen bereits spüren müssen – und die übrigen suchten unter Zabuzas finsteren Blicken doch lieber das Weite. „Und das amüsiert dich, weil…?“, fragte er ruhig. „Hm? Alles, was Zabuza reizt, amüsiert mich.“ Er hörte Kisames raues Lachen neben seinem Ohr und runzelte die Stirn. „…ihr pflegt eine seltsame Freundschaft.“ „Ach was…man gewöhnt sich dran.“ Kisames Schulter berührte für einen Moment die seine und Itachi ließ sich sogar kurz dagegen sinken. Er hatte befürchtet, dass er sich auf einem Schiff voller fremder Menschen gefangen fühlen würde, doch keiner von ihnen zollte ihm groß Beachtung. Vielleicht auch wegen Haku, der interessanter für sie war. Unter den Umständen war er eigentlich recht zufrieden mit Konans Entscheidung, sie zu viert in das Fischerdorf zu entsenden. Trotzdem er Haku immer noch nicht einschätzen konnte und ihn deshalb lieber gemieden hätte. Etwas war anders an diesem. Sie teilten sich mit Zabuza und Haku einen Raum, was jede Intimität unterband. Abgesehen davon, dass sie aneinander geschmiegt schliefen. Itachi lag oft wach, weil ihn das Schaukeln der Wellen und die Anwesenheit weiterer Menschen unruhig machte. Aber gut, das waren seine Probleme und er würde mit ihnen fertig werden. „Wenn dir kalt ist, gebe ich dir meinen Mantel.“ „Das musst du nicht.“ „Wie du willst. Mich stört die Kälte weniger als dich – ich bin auf Booten und Schiffen großgeworden. Vergiss das nicht.“ Itachi warf ihm einen Blick über die Schulter zu. „Und du vergiss nicht, dass mir nie kalt ist, wenn ich es nicht will.“ Seine Haut erhitzte sich für einen kurzen Augenblick, nur so, dass Kisame den Anstieg der Wärme durch ihre Berührung fühlen musste. Dieser wich nicht vor ihm zurück, auch wenn er zuerst zusammenzuckte – dann aber drückte er sich ihm entgegen. „Heiß“, hörte er ihn brummen und der raue Unterton hatte etwas Anzügliches. Es war Itachi nicht unangenehm. Viel mehr machte Kisames Reaktion etwas mit ihm. Dass dieser nicht vor ihm zurückschreckte, sondern ihm vertraute, bedeutete ihm etwas. Es ließ den Drang in ihm aufsteigen, Kisames Hand zu ergreifen, diese zu drücken. Er tat es nicht. Auch wenn einige Männer Haku nachstellten, gab es viele, die ihre Beziehung zueinander sicher als abartig einstuften – und er wollte nicht für Unruhe sorgen. „Ich geh mal nach Zabuza sehen. Du weißt schon, nachschauen, ob er jemanden vom Schiff geworfen hat oder so“, meinte Kisame, als hätte er seine Gedanken erraten. „Du kommst klar?“ „Tue ich. Geh ruhig.“ „Gut.“ Itachi sah ihm einen langen Moment nach, ehe er den Blick wieder in die Ferne schweifen ließ. Unweigerlich führte er die Finger erneut zu seiner Schulter, massierte die Stelle leicht, die ihn vor kurzem noch geschmerzt hatte. Hoffentlich nur Einbildung… Sanft strich Sakura dem Falken, dem sie aus einer Decke eine Art Nest gebaut hatte, durch das weiche Gefieder. Das Tier war vor Erschöpfung eingeschlafen, hatte einige Stunden zuvor plötzlich mit den Flügeln geschlagen und geschrien. Sie hatte nicht gewusst, wie sie Susanoo beruhigen sollte, daher einfach mit ihm gesprochen und versucht, die Flügel an seinen Körper zu drücken, damit er sich nicht weiter verletzte. Es hatte nach einer Weile geklappt, doch die seltsame Reaktion des Vogels hatte sie unruhig gemacht. Seitdem sie ihn gefunden und gepflegt hatte, hatte er sich nicht gegen sie gewehrt, geschweige denn, dass er panisch gewesen war. Sakura bekam langsam ein ungutes Gefühl, denn Sasuke war seit dem letzten Abend nicht mehr aufgetaucht. Obwohl sie sich hätte freuen und eine Chance zur Flucht wittern sollen, war dem nicht so. Sie machte sich Sorgen, denn seit Susanoo hier war, hatte Sasuke die Hütte nur selten verlassen. Warum sollte er plötzlich so lange fortbleiben, wenn ihm sein gefiederter Partner so wichtig war? Nein, das passte nicht zusammen und gab ihr zu denken. Jetzt einfach die Gelegenheit zu nutzen und das Tier allein zu lassen, kam ihr schäbig vor, sodass sie mit sich haderte, ob sie ihn suchen oder bleiben sollte. Wenn Sasuke zurückkam und sie suchen musste, würde das wieder für Misstrauen zwischen ihnen sorgen, was sie auf keinen Fall wollte. Bevor sie weiter nachdenken konnte, wurde die Tür mit einem heftigen Ruck aufgerissen, der sie zusammenzucken und Susanoo aufschreien ließ. Erschrocken sah sie zu der hochgewachsenen Gestalt in der Tür, die sie aus seinen rotglühenden Augen ansah wie der leibhaftige Teufel. Sakuras Kehle schnürte sich zusammen, als die Schritte auf dem Boden widerhallten und sich Madara vor ihr aufbaute. „Wo ist er?!“, zischte er sie an und packte sie an den rosafarbenen Haaren, was sie aufkeuchen ließ. „Ich…ich weiß es nicht. Er…ging gestern Abend und seitdem…ist er nicht zurückgekommen“, entwich es ihr und sie verzog vor Schmerz das Gesicht. Madara gab einen Laut von sich, der sie an eine fauchende Katze erinnerte, dann schubste er sie von sich. Susanoo schrie erneut auf, ruderte mit dem unverletzten Flügel und blickte den Mann mit seinen bernsteinfarbenen Augen an. Erst jetzt schien Madara den Falken zu bemerken und kurz stockte er, wurde blasser. „Er…er wurde verletzt“, zwang sich Sakura zu sagen, bevor er noch falsche Schlüsse zog. „Sasuke-kun meinte, ich soll bei ihm bleiben und er…wollte eigentlich heute wiederkommen.“ Madara schaute weiterhin Susanoo an und sie war nicht sicher, ob er ihr überhaupt zugehört hatte. Er kniete sich neben das unruhige Tier und strich diesem durchs Gefieder, ehe er die Augen verengte. „Ich finde ihn.“ Trotzdem seine Stimme brodelte, schien sich der Falke durch das Versprechen zu beruhigen, denn er ließ den Kopf müde in die große Handfläche sinken. Obwohl Sakura Madara fürchtete, fand sie es beeindruckend, welch starke Bindung die Uchiha anscheinend zu ihren Tieren hegten. „Und du…“, fuhr er fort und erfasste sie wieder. „…bleibst hier bei ihm. Versuchst du zu fliehen, werde ich dich persönlich zurückholen – und dir beide Beine brechen. Ich hoffe, dass du das verstanden hast.“ Sakura schluckte bei der Drohung hart, wagte es kaum, den Blick abzuwenden. Nein. Fliehen würde sie nun ganz sicher nicht mehr. Die mordlüsterne Aura, die den älteren Mann umgab, jagte ihr ehrlich gesagt mehr Angst ein, als es Sasuke je vermocht hatte. Was war dieser Kerl für ein Wesen? „Verstanden“, erwiderte sie und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen. Madara verengte die roten Augen, ehe er sich erhob. „Das hoffe ich für dich. Kinder gebären kannst du auch ohne vollzählige Gliedmaßen. Bedenke das“, gab er zurück und kehrte ihr dann den Rücken. Sakura presste die Lippen zusammen, unterdrückte das Schaudern so gut sie konnte. Sie konnte erst aufatmen, als die Tür hinter ihm zugefallen war. Ihr Herz raste immer noch wie das einer Maus, die in die Enge getrieben worden war. Tun konnte sie jetzt jedenfalls nichts. Sie konnte nur hier blieben, abwarten…und hoffen, dass Sasuke schnell wieder auftauchte. In dieser Sekunde wurde ihr nämlich bewusst, dass, wenn dies nicht der Fall war, Madara sie entweder in seiner Wut umbringen würde…oder ihr noch Schlimmeres antun konnte. Das Wort „Gebären“ hallte in ihrem Kopf wider und machte ihr eine Heidenangst. Auch wenn Sasuke schon öfter gesagt hatte, sie müsse seine Braut werden, hatte er sie bisher nie auf solch eine Weise angerührt. Irgendwie ahnte sie, dass Madara unter gewissen Umständen keine Hemmungen haben würde. Und sie kannte immer noch nicht Sasukes Bruder, diesen Itachi. Erneut atmete sie durch, versuchte, sich zu beruhigen und die Übelkeit zu verdrängen. Sie durfte nicht verzweifeln, immerhin wusste sie ja gar nicht, was mit Sasuke passiert war. Er würde zurückkommen. Er war stark. Er musste am Leben sein. Ja, ganz sicher. Die Unruhe war in der Nacht nicht verschwunden. Immer noch war da dieses Gefühl, dass etwas passiert war, und die Hilflosigkeit, die in ihm aufkeimte, ließ sich auch nicht durch Kisames Nähe verdrängen. Daher hatte er das Zimmer verlassen und war noch mal hinaus gegangen, um frische Luft zu schnappen. Es hatte nicht lange gedauert und er hatte Flügelschlagen vernommen. Gleich darauf fühlte er ein leichtes Gewicht auf seiner Schulter ruhen, spürte, wie Amaterasu ihren Kopf an seiner Wange rieb. Er musste unweigerlich lächeln, während er ihr durch das schwarze Gefieder strich. „…würdest du für mich nach ihnen sehen?“, murmelte er ihr zu. Auch wenn sie ihm fehlen würde und er wusste, dass sie ihm den Gefallen nur mit Widerwillen tun würde, konnte er nicht anders, als sie darum zu bitten. Er wusste nicht, ob Madara nicht noch wütend genug war, um ihn bei Problemen außen vor zu lassen. In manchen Situationen verhielt er sich irrational. „Ich weiß“, flüsterte er, als sie ein protestierendes Krächzen von sich gab. Sie waren nie lange getrennt. Sicher machte sie sich Sorgen um ihn und er konnte es verstehen, aber sie war die einzige Möglichkeit, wie er Klarheit bekam. „…ja. Ich passe auf mich auf.“ Sie rieb erneut den Kopf an seiner Wange, kniff ihm dann einmal sanft mit dem Schnabel ins Ohr. Wenn sie wusste, was los war, würde sie zurück zu ihm kommen. Er fühlte sich wehmütig, als sie die Krallen in seine Schulter drückte, um sich abzustoßen und in den Himmel zu erheben. In der Dunkelheit konnte er sie recht schnell nicht mehr sehen. Er versuchte, das Gefühl von Verlust zu verdrängen, auch wenn es schwer war; mit ihr an seiner Seite hatte er sich mit Sasuke und Madara verbunden gefühlt. Ohne sie erschien ihm die Entfernung zu ihnen größer. Er seufzte leise, stützte sich auf der Reiling ab und blickte vor sich hin. Lange war er nicht allein. Falls er überhaupt allein gewesen war, denn wenn er eins wusste, dann dass Haku meisterhaft seine Präsenz verbergen konnte. Dieser lächelte ihn kurz an, während er sich neben ihm abstützte und danach ebenfalls aufs Meer hinaussah. Itachi fragte sich, warum er sich in Hakus Gegenwart so viel unwohler fühlte, als es zum Beispiel bei Hidan der Fall war. Möglicherweise weil Hidan alles, was ihm durch den Kopf ging, aussprach. Er verbarg seine wahren Emotionen nicht, ganz im Gegensatz zu Haku. Zumal da noch die Sache mit ihrem Kennenlernen war, als er und Zabuza ihn hatten umbringen wollen. „Konntest du nicht schlafen?“ „Offensichtlich nicht.“ „Die Frage war wohl ein bisschen überflüssig“, gab Haku zu. „Frag, was du wirklich fragen willst“, erwiderte Itachi ruhig und ohne aufzusehen. Für ein paar Sekunden war es still zwischen ihnen; vielleicht überraschte es Haku, dass er so forsch war. Eigentlich war das nicht seine Art, aber er ahnte, dass Haku ihm nicht ohne Grund gefolgt war. Er schien mit ihm über etwas reden zu wollen. „Nun gut, wenn du es direkt wünschst“, brach er schließlich die Stille und Itachi musste ihn nicht ansehen, um zu wissen, dass er nicht mehr lächelte. „Ich weiß, dass du…besonders bist. Das brauchst du auch gar nicht leugnen. Ebenso wie die Tatsache, dass du mir gegenüber eine Antipathie hegst, die du nicht erklären kannst.“ Itachi wusste nicht, warum es ihn nicht überraschte. Warum es ihm nicht einmal Angst machte, dass Haku so deutliche Worte fand, die der Wahrheit entsprachen. Vielleicht hatte er innerlich geahnt, dass der junge Mann mehr wusste. Vielleicht hatte er sich innerlich bereits gewappnet. „…das Letzte stimmt nicht ganz“, antwortete er weiterhin ruhig. „Ich hege diese Antipathie nicht ohne Grund, sondern weil du und dein Partner versucht habt, mich umzubringen. Außerdem gefällt mir dein Lächeln nicht. Es ist selten ehrlich.“ Itachi drehte den Kopf ein wenig, um zu sehen, welche Reaktion Haku auf diese Worte zeigte. Dieser hob eine Braue, ehe ein unerwartetes Glucksen von sich gab; fand er das amüsant? „Was für eine gemeine Unterstellung“, meinte er belustigt. „Schätze ich dich falsch ein?“ „Nein, das ist schon richtig so. Ein sanftes Lächeln wiegt mein Umfeld in Sicherheit und lässt sie glauben, ich könnte kein Wässerchen trüben. Es hat mich überrascht, dass du dich nicht gänzlich davon hast blenden lassen. Aber gut, wir wollen nicht über mein Gesicht reden.“ Itachi hielt kurz inne, als ihn plötzlich ein kalter Lufthauch streifte. Wobei, nein…er war nicht kalt. Die Luft war eisig. So eisig, dass sein Atem kleine Wölkchen bildete. Als er Haku in die Augen sah, war darin keine Spur von Wärme zu finden. Das war es also gewesen, was er gespürt und nicht zuzuordnen vermocht hatte. Es war nicht allein der Vorfall, nicht allein die Befürchtung, Haku könnte ihn durchschaut haben. Sie waren sich ähnlich. Sie beide waren keine einfachen Menschen. Die Erkenntnis kam einer Ohrfeige gleich und für einen Moment wusste er nicht, was er fühlen sollte. Nun, Haku half ihm dabei auf seine Weise. Itachi spannte sich an, als sich dieser zu seinem Ohr vorbeugte. „Mir ist egal, was es mit dir auf sich hat“, flüsterte Haku ihm zu. „Aber wenn du Zabuza-san oder einen meiner Kameraden verletzt oder ihnen anders schadest, werde ich dich töten…ebenso wenn du mein Geheimnis verrätst. Feuer bezwingt Eis nur bedingt. Glaube mir.“ Unter den Fingern des anderen hatte sich Raureif gebildet, der auf die Reiling übergegangen war. Nur ganz leicht. Um die Drohung zu unterstreichen. „…er weiß es nicht?“, fragte Itachi leise. „Trotzdem ihr…?“ „Nein. Weiß er nicht.“ Haku zog sich etwas zurück und die Kälte verschwand allmählich. Was blieb, war die Taubheit in Itachis Körper, die aber nicht von Hakus Fähigkeiten, sondern von ihrer Enthüllung rührte. Es gab noch mehr wie ihn. Wie die Uchiha. Hätte ihn das nicht freuen sollen? Vielleicht unter anderen Umständen. „Und das wird auch so bleiben. Ich liebe ihn zu sehr, als dass ich unsere Beziehung riskiere. Eigentlich war ich überzeugt, du hättest es bemerkt, aber deinem Ausdruck nach zu urteilen…wie auch immer, es ist mir lieber, dass wir bei diesem Thema mit offenen Karten spielen.“ Vermutlich konnte Haku ihn sogar noch weniger als Deidara leiden, wenn er befürchtete, er könnte ihn verraten. Es ergab plötzlich alles Sinn. Auch wenn es ihn wunderte, dass Haku dafür gestimmt hatte, dass er bleiben durfte. Wahrscheinlich bloß wegen Zabuza, weil er diesem keinen Grund geben wollte, an ihm zu zweifeln. „Kisame-san weiß wohl, was du bist.“ „…ja.“ „Zabuza-san macht sich noch heute über die Geschichte von damals lustig. Als Kisame zu viel getrunken und von Teufeln und einer öffentlichen Austreibung gesprochen hat“, murmelte er und es schwang ein Hauch Sarkasmus darin mit. „Er hat von dir gesprochen.“ „…ja. Er hat mein Leben gerettet.“ „Und dann revanchierst du dich Jahre später“, kam es nachdenklich von Haku. „Nicht, dass ich das nicht verstehen kann. Ich würde für Zabuza-san sterben. Auch er rettete einst mein Leben. Und es ist kaum zu übersehen, wie zugetan Kisame-san dir ist…daher hoffe ich, dass es dir ernst ist. Wie ich sagte, solltest du uns gefährden, werde ich dich töten. Schmerzhaft und langsam.“ Itachi fühlte sich unweigerlich an das Gespräch mit Konan erinnert. Auch Deidara begegnete ihm mit diesem Misstrauen, das er persönlich als gesund erachtete. Nur ein Narr würde einem Fremden so schnell vertrauen – und Haku wusste zusätzlich über seine Kräfte Bescheid. „Wie ich schon Konan-san sagte – ich habe nicht vor, Kisame oder einem von euch anderen zu schaden. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich bleibe. Aber auch wenn dies nicht der Fall sein wird, braucht ihr nichts zu fürchten. Ich werde mich dann einfach wieder zurückziehen.“ Haku maß ihn mit einem langen Blick, ehe er nickte. „Gut. Darauf verlasse ich mich, Itachi-san. Auch darauf, dass Kisame-san nichts von unserem Gespräch erfährt.“ Musste er sich schuldig fühlen, wenn er dem Folge leistete? Er schuldete Haku nichts, Kisame jedoch schon. Andererseits musste er keine Feindschaft provozieren, indem er etwas weitertrug, das eigentlich nur Haku etwas anging. Auch wenn er diesen nicht sonderlich mochte, verstand er dessen Beweggründe. „Du hast mein Wort.“ „Das erhoffte ich mir.“ Ein dünnes Lächeln legte sich auf Hakus Lippen. Ehrlicher als sonst. Nicht so trügerisch sanft, sondern berechnend. Itachi hätte gern mehr gefragt, aber er wusste nicht, ob er damit nicht zu weit ging. Nur, weil sie vermutlich eine ähnliche Geschichte teilten, machte sie das nicht zu Freunden. Ein paar Sekunden standen sie nur nebeneinander und schwiegen. „Es war meine Mutter.“ Itachi warf ihm einen irritierten Blick zu, doch Haku sah bereits wieder aufs Meer. „Sie war eine Yuki Onna. Mein Vater, ein Mensch, verirrte sich in den verschneiten Bergen und sie führte ihn hinaus. Sie verzauberte ihn mit ihrem Äußeren und sie verliebten sich. Als ich noch klein war, fiel es mir schwer, meine Kräfte zu kontrollieren. Mein Vater erwischte mich dabei und erkannte dadurch, was wir waren. Er hielt uns für Hexen und versuchte zusammen mit anderen Dorfbewohnern, meine Mutter und mich zu töten. Meine Mutter brachten sie um, doch ich…nun, ich war schneller. Und voller Hass und Verzweiflung.“ Ein freudloses Lächeln begegnete Itachi und er fühlte unweigerlich Mitleid, auch wenn er ahnte, dass Haku dies ebenso wenig wie er selbst wollte. Sie waren beide Überlebende einer widerlichen Vergangenheit. „Zabuza-san fand mich danach. Er stellte keine Fragen, sondern nahm mich einfach mit sich. Damals sagte ich ihm, dass sich unsere Augen ähneln würden. Hoffnungslose Augen. Hasserfüllte Augen. Aber durch ihn wurde alles leichter. Er gab mir ein Zuhause und einen Sinn im Leben. Glücklicher als an seiner Seite bin ich niemals gewesen.“ Und dieses Mal war Hakus warmes Lächeln echt. War es das, was er für Kisame empfand? Ganz miteinander vergleichen konnte man es wohl nicht. Er sah in Kisame keinen Lebenssinn, doch er fühlte sich zu ihm hingezogen. Es schien ähnlich zu sein. „Zabuza-san hat mir erzählt, was Kisame-san damals mit dir erlebt hat. Ich finde es nur fair, dir meine Geschichte zu erzählen, wenn ich die deine kenne. Und auch, wenn wir einen schlechten Start hatten, hoffe ich, dass es dir ernst ist…und du ein Kamerad von uns wirst. Kisame-san würde das viel bedeuten.“ Itachi glaubte ihm die Worte. Er hatte keinen Grund es nicht zu tun, immerhin hatte Haku ihm gerade sehr viel offenbart – und er war damit ein Risiko eingegangen. Auch wenn er von einer falschen Annahme ausgegangen war. Es war wohl an der Zeit, den gegenseitigen Groll zu begraben…und wenn er ehrlich war, fühlte er diesen nun auch nicht mehr. Trotz aller Drohungen. „Ich meine es mit Kisame ernst“, antwortete er ihm. „Dessen kannst du dir gewiss sein.“ Haku maß ihn mit einem langen Blick, ehe er nickte. „Das reicht mir fürs Erste.“ Er streckte sich einmal, strich sich dann die langen Haare aus dem Gesicht und wandte sich ab. „Nun, ich werde mich dann wieder schlafen legen. Du solltest auch noch etwas ruhen. Wir werden bald ankommen.“ Itachi warf ihm einen knappen Blick zu, sah danach wieder aufs Meer. „Ich komme gleich.“ Haku zuckte mit den schmalen Schultern, ehe er sich zum Gehen wandte. Seine leisen Schritte verstummten sehr bald ganz und Itachi atmete aus. Als ob er nach diesem Gespräch noch ruhig würde schlafen können… Das Mondlicht schien auf die kleine Lichtung, erhellte den Ort, an dem der Boden von Blut getränkt zu sein schien. Madara wusste nicht, was er erwartet hatte – das hier jedoch nicht. Einer der Raben, den er losgeschickt hatte, gab ein Krächzen von sich und landete auf seiner Schulter, grub die Krallen sachte hinein. Er ließ ihn, während er näher heranging, sich dabei umsah. Etwas hatte Geäst und Sträucher niedergerissen, offenbarte somit noch viel mehr von dem Massaker, das hier stattgefunden hatte. Anders ließ es sich nicht beschreiben und Madara hatte wahrlich viele Kriege ausgefochten. Das hier war jedoch nicht das Werk von Menschen. Er zog seinen Fuß aus den Eingeweiden des am Boden liegenden Mannes und knete sich daneben. Etwas hatte ihm die Kehle zerfetzt und ihn dann ausgeweidet…ohne die Innereien zu fressen. Es mussten vier oder fünf Menschen gewesen sein, allesamt Männer, auch wenn einigen die Gesichter zerfleischt worden waren. Blutige Masken, die Münder zu stummen Schreien verzerrt…Arme und Beine teilweise ausgerissen Ja, er hatte durchaus eine Ahnung, mit was es diese bemitleidenswerten Menschen zu tun gehabt hatten. Mit einem grimmigen Lächeln erhob er sich, ehe er erneut innehielt. Etwas blitzte im Licht des Mondes auf, zog seine Aufmerksamkeit auf sich und als er nähertrat, erkannte er Sasukes Katana auf dem Boden inmitten von Blut und Tod liegen. Die Klinge hätte er immer wiedererkannt und Sasuke hätte seine wertvollste Waffe niemals einfach liegen lassen. Ihm wurde flau im Magen, als er zwei Raben zusah, wie diese im zerfetzten Gesicht einer Leiche herumpickten. Der Vogel auf seiner Schulter erhob sich ebenfalls, um sich an dem toten Fleisch zu laben. Mit regungsloser Miene sah er ihnen beim Leichenschmaus zu Nein. Nein, die Raben hätten es gewusst, wäre Sasuke unter ihnen. Niemals hätten sie seine Leiche geschändet, wie sie es gerade taten. Sie hätten es ihm mitgeteilt und er hätte den Schmerz über seinen Tod sicherlich am eigenen Leibe gespürt. Die Uchiha waren miteinander verbunden, nun da sie die drei Letzten waren, umso mehr. Außerdem war das nicht Sasukes Kleidung – so zerrissen der Stoff auch war. Der kurze Anflug von Panik verebbte langsam, auch wenn er immer noch sehr angespannt war. Sasuke war nicht tot. Er konnte nicht tot sein. Aber er war offensichtlich verschleppt worden. Sonst hätten die Raben ihn bereits ausfindig gemacht. Er musste ruhig bleiben und sich nach Hinweisen umsehen, bevor er weitersuchte. Sein Blick glitt über den Boden, dort, wo das Gras samt Erde herausgerissen worden war. Wie von riesigen Klauen…und es bestätigte seine Vermutung nur noch mehr. Eigentlich war dies ein Grund zur Freude, wäre Sasuke nicht verschwunden. Allerdings…wenn es ihm gut ging, dann war das gewissermaßen ein Erfolg. Es war das, was er gewollt hatte. Sein Blick wanderte weiter, über die blutigen Schlieren im abgeknickten Gras, so als hätte man etwas davon geschliffen. Etwas musste Sasuke gepackt und fortgebracht haben. Nachdem es alle Menschen hier zerrissen hatte. Madara fasste sich und straffte die Schultern, ehe einen pfeifenden Laut ausstieß, der die Raben aufsehen ließ. „Findet ihn…“, murmelte Madara leise und dennoch wissend, dass ihn die Tiere verstanden. Augenblicklich spannten sie ihre Flügel und erhoben sich in die Luft, wo sie recht schnell mit dem dunklen Nachthimmel verschmolzen. Madara sah ihnen ein paar Sekunden lang nach, wandte sich dann der Blutspur zu und folgte dieser. Sie mussten ihn finden…und dann in Erfahrung bringen, was genau passiert war. Seine vage Ahnung reichte nicht aus, er brauchte Beweise und vor allem musste er Sasuke zurückbringen. Lebend. Noch einmal durfte er nicht versagen. Kapitel 25: Island ------------------ Panik war alles, was er fühlte, kaum dass er wieder zu sich gekommen war. Der eisenhaltige Blutgeschmack in seinem Mund hatte dafür gesorgt, dass er sich direkt übergeben hatte. Er wusste nicht, was er da erbrach, aber das waren nicht die Onigiri vom Mittag. Ihm war so furchtbar schlecht, während er auf dem Boden kauerte und sein Magen immer wieder krampfte, um alles darin loszuwerden. Speichel tropfte ihm vom Kinn und als er ihn wegwischte, fiel ihm auf, dass seine Haut eben so rot war, wie die blutige Masse, die er erbrochen hatte. Er ächzte, spürte die Tränen in seinen Augen brennen, während die Panik wieder zunahm. Was…was passiert?! Warum konnte er sich schon wieder nicht erinnern?! Ein leises Stöhnen ließ Naruto zusammenzucken und herumfahren, die blauen Augen weit aufgerissen. Er war nicht allein. Da lag jemand. Jemand, den er kannte. „S-Sasuke?“, würgte er hervor und kroch auf allen Vieren vorsichtig näher. Im hellen Mondlicht leuchtete das Blut in Sasukes Gesicht regelrecht. Aber er lebte, atmete flach. Sein Körper war auf die Seite gedreht, zitterte unter der zerrissenen Kleidung stark – warum war sein Fuß so seltsam verdreht? Haut und Fleisch zerfetzt. So viel Blut. Noch mehr Blut. Dann sah er den Bolzen, der in Sasukes Schulter steckte. Sasukes geschlossene Lider zuckten immer wieder, Schweiß leuchtete auf seiner weißen Haut und als Naruto mit bebenden Fingern dessen Stirn berührte, vernahm er die Hitze. Sasuke fieberte stark. Ihm wurde schwindelig, als er begriff, dass der andere in Lebensgefahr schwebte. „Verdammt!“, entkam es ihm, ehe er sich hektisch umsah. Was sollte er tun?! Er kannte sich mit Heilmitteln nicht aus – wäre nur Sakura hier gewesen. Aber Sakura war verschwunden…und nun verlor er vielleicht seinen besten Freund. Wer hatte Sasuke das angetan? Und was…hatte er getan? Wie…nein, stoppte er sich und versuchte, seine Fassung zurückzuerlangen. Es brachte nichts, hier zu sitzen und sich Fragen zu stellen. Er musste Sasukes Leben retten, was auch immer passiert war. Was auch immer er getan hatte. Naruto atmete tief durch, sah dann zu seinem Freund herunter und packte diesen so, dass er sich diesen über die Schulter laden konnte. Er würde ihn sicher nicht hier sterben lassen. Auch, wenn das sein eigenes Ende sein würde. Er konnte nur hoffe, dass man Erbarmen mit ihm hatte… Nami no Kuni lag dicht im Nebel verborgen, sodass jemand ohne Ortskenntnis wohl gar nicht erst den Steg zum Anlegen gefunden hätte. Bei ihrer Ankunft hatten sie ein paar ältere Männer, die mit finsteren Mienen mit Fischnetzen hantiert hatten, beobachtet. Generell schienen Fremde in dieser Gegend nicht gern gesehen zu sein und das erste Mal erschien ihm Zabuza nicht als der grantigste Mensch aller Zeiten. Eben dieser hätte einem der Einwohner um ein Haar den Arm gebrochen, als dieser es gewagt hatte, Haku zur Seite zu stoßen. Seitdem sie die Insel betreten hatten, begegnete man ihnen mit Argwohn und Feindseligkeit. Lag es möglicherweise daran, dass diese Menschen eine eingeschworene Gemeinschaft waren, in der keine Fremden geduldet wurden? Itachi hätte dies nicht gewundert, immerhin war Madara diesbezüglich nicht anders und auch sein Bruder duldete keine Menschen in ihrem Zuhause. Jedoch gab es dafür einen guten Grund…welchen hatten wohl diese Leute? Möglicherweise lag es aber auch daran, dass Zabuza mit seinem monströsen Schwert nicht besonders vertrauenserweckend wirkte. Nun, vielleicht konnte ihnen ihre Kontaktperson mehr darüber erzählen. Sie waren auf dem Weg zur Taverne, in der man ihnen zwei Zimmer für die Nacht gemietet hatte. „Anscheinend sind wir nicht erwünscht“, bemerkte Kisame ruhig und warf einen Blick zur Seite, wo eine junge Frau mit einem Kind stand, welches sie unter seinem zu großen Hut böse anfunkelte. „Nett ausgedrückt…“, gab Zabuza sarkastisch zurück. Die Taverne teilte denselben heruntergekommenen Eindruck mit dem Rest des Dorfes. Die Bretter waren krumm und schief, das Dach anscheinend undicht und eine einzelne Laterne hing neben der Tür, spendete spärliches Licht. Zwar war es später Morgen, jedoch ließ der dichte Nebel kaum Licht durchdringen. Die Holzdielen knarzten unter ihren Füßen, als sie das Haus betraten und der hagere, ältere Mann am Tresen sah auf. Außer diesem befand sich noch eine weitere Gestalt in dem Gasthaus. Es war ein junger Mann, nicht älter als Itachi selbst, der an der Wand lehnte. Seine schmutzig blonden Haare hingen ihm bis auf die Schultern, die dunklen Augen blitzten auf und die Hand wanderte zu dem Schwert, das an seiner Seite befestigt war. Gleichzeitig fasste Zabuza nach hinten, an den Schwertgriff seiner Waffe und auch Kisame legte die Hand an die seine. Haku dagegen blieb ruhig, doch Itachi ahnte, dass er bereit war, jeden Moment seine Senbon zu zücken. Itachi selbst wartete – er würde schneller sein, sollte der Mann so dumm sein und sie angreifen. Der Wirt sah von ihnen zu dem Unbekannten und wieder zurück. Anscheinend wusste er nicht recht, was er tun sollte, weswegen er sich vorerst im Hintergrund hielt. Der junge Mann stieß sich von der Wand ab, wobei er sie mit zusammengekniffenen Augen argwöhnisch musterte. „…Akatsuki?“ Kisame reckte das Kinn ein wenig. „Korrekt“, gab er knapp zurück. Erneutes Schweigen…dann grinste der Fremde und nickte ihnen zu. „Sehr gut…ich bin Zori“, stellte er sich vor. „Ihr habt euch Zeit gelassen.“ Zabuza grollte unter seinen Bandagen, doch Haku legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. Das falsche Lächeln zierte wieder sein Gesicht, als er den Kopf leicht zur Seite neigte. „Wir kamen so schnell es ging, doch die See ist rau, der Nebel dicht. Dieses Dort ist von der Außenwelt abgeschnitten, also verzeiht uns die Verzögerung.“ Zori beäugte Haku argwöhnisch, stieß ein Schnauben aus. „Ihr führt Frauen mit euch? Und dann richtet sie auch noch das Wort direkt an mich?“ Vermutlich übersah Zori, wie sich Hakus Finger in die Haut seines Partners gruben, was diesen wohl gerade so davon abhielt, sich auf den Kerl zu stürzen. „Erstens bin ich ein Mann und zweitens haben Frauen in unseren Reihen dieselben Rechte wie Männer“, erklärte er geduldig und das Lächeln wankte keine Sekunde. Verdutzt wurde er angestarrt, doch bevor noch etwas Dummes aus dem Mund des jungen Mannes kommen konnte, ergriff Kisame das Wort. „Und drittens sind wir nicht hierhergekommen, um unnötige Diskussionen zu führen“, beendete er das Thema mit rauer Stimme und entblößte dabei seine scharfen Zähne. Zori schluckte leicht, ehe er nickte. „Ich bin Kisame, dies ist mein Partner Itachi…Zabuza und Haku. Gib uns Informationen über die Situation und das Ziel.“ Ein Nicken, wenngleich es dem Mann zu widerstreben schien, dass Kisame ihm solche Anweisungen erteilte. „Es geht um den Fischer namens Kaiza. Er hetzt die Leute gegen unseren Bürgermeister auf und schickt sie vor, um eine Revolte anzuzetteln. Wenn das so weitergeht, richtet er einen Bürgerkrieg an. Sein Haus ist das Einzige unten am Ufer, direkt neben dem Steg. Dort ist immer viel los…demnach ist es schwierig, ihn ungesehen zu ermorden.“ „Du bist doch Krieger?“, blaffte Zabuza ihn von der Seite an. „Warum räumt ihr ihn nicht selbst aus dem Weg?“ Zori presste kurz die Lippen aufeinander. „Weil er sich im Dorf gut verkauft. Die Menschen mögen ihn. Wenn einer von Gatos Männern, wie ich einer bin, ihn umbringen würde, würde das kein gutes Licht auf den Bürgermeister dieser Stadt werfen.“ „Also wollt ihr ihn hinterrücks ermorden.“ Verdutzt wurde Itachi angesehen, kaum dass die abwertenden Worte seine Lippen verlassen hatten. Auch Kisame und die anderen zwei sahen ihn überrascht an, ehe sich ein Grinsen auf Kisames Züge legte. „Wie kannst du es w-“ „Na, na…ihr wollt etwas von uns, nicht wahr?“ „Wir bezahlen euch!“ „Für die Drecksarbeit. Nicht dafür, den Mund zu halten“, konterte Kisame, was der Mann zähneknirschend hinnehmen musste. „Jedenfalls…verursacht Ärger im Dorf. Zieht den Unmut der Leute auf euch…und dann beseitigt den Unruhestifter Kaiza. Solange ihr hier seid, könnt ihr die Zimmer in diesem Gasthaus beziehen. Der Bürgermeister Gato wird dafür aufkommen. Wenn ihr euren Auftrag ausgeführt habt, bekommt ihr die Belohnung und wir werden euch aus dem Dorf jagen.“ „Ihr wollt die Helden spielen, ja?“, kam es schroff von Zabuza. „Wie dein Kamerad sagte – wir wollen nicht über Unnötiges diskutieren. Tut, wofür ihr hergekommen seid. Ich werde nun gehen. Sehen wir uns wieder, kennen wir einander nicht.“ Und mit diesen Worten drehte sich der Mann auf dem Absatz um und verschwand aus der Taverne. Kaum, dass die Tür ins Schloss gefallen war, kam der Wirt zurück, um ihnen die Schlüssel für ihre Zimmer zu übergeben und ihnen etwas zu essen anzubieten. Itachi zweifelte nicht daran, dass der Mann für seine Verschwiegenheit gut bezahlt worden war. „Ziemlich dreckige Geschichte“, kommentiere Kisame das Ganze, als der Wirt nach hinten gegangen war, und Haku nickte langsam. „Ich würde darauf wetten, dass die Leute sich aus gutem Grund aufhetzen lassen“, murmelte er, wobei Itachi ihm still zustimmte. Zabuza schnaubte abfällig. „Und wenn schon. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Situation zu beurteilen. Wir haben eine Aufgabe und die erledigen wir. Danach nehmen wir das Geld und flüchten vor dem wütenden Mobb.“ Itachi äußerte sich nicht zu der stumpfen Äußerung, wissend, dass Kisame und Haku das ebenso sahen. Zumindest widersprachen sie nicht. Itachi selbst spürte bereits jetzt den Widerwillen, an einem Mord beteiligt zu sein, der vermutlich ungerechtfertigt war. Doch er war nicht hier, um Partei zu ergreifen…oder? Warum war er überhaupt mitgekommen? Es stand außer Frage, dass er bleiben konnte…und wenn er sich hier gegen die anderen stellte, deren Handeln nicht nachvollziehen konnte…dann hatte er einen Grund zu gehen. Es kam auf dasselbe raus und trotzdem war da etwas in ihm, das nicht wollte, dass eben dies geschah. Es war reiner Egoismus, dass er an Kisames Seite bleiben wollte, obwohl so vieles dagegensprach. Und nun saß er hier mit ihnen vorläufig fest und musste vielleicht einen Weg gehen, den er nicht gehen wollte. Ein reißender Schmerz durchzuckte seinen Körper, als sich der Bolzen durch das Fleisch unterhalb des Schlüsselbeins bohrte, ihm dieses um ein Haar zertrümmert hätte. Sein Schrei hallte durch den Wald…Panik durchflutete seine Venen wie sein Blut, das den Boden rot färbte. Er war stärker als sie…er war verdammt noch mal stärker als sie alle. Das waren nur Menschen…schwache, feige Menschen…und dennoch ging er vor ihnen in die Knie, konnte sich kaum rühren. Sich nicht wehren, nicht laufen…er war wie gelähmt. „Der Junge ist so blass, man könnte meinen, er hätte bereits das Zeitliche gesegnet…“ „Aber du kannst ihn doch retten?!“ „…seine Organe sind intakt, die Sehnen nicht gerissen…er hat unheimliches Glück gehabt. Wenn er das Fieber übersteht, kommt er durch…mehr Sorgen mache ich mir um dich.“ „…Unsinn.“ Seine Hände wurden ihm auf dem Rücken verdreht und jemand umfasste den Bolzen, riss an diesem. Die Wunde wurde dadurch weiter aufgerissen und erneut schrie er, warf sich unter Schmerzen herum, wehrte sich gegen die wahren Monster – bis man ihn schlug…und zwar so fest, dass er dachte, seine Nase würde brechen. Blut floss warm über sein Gesicht, als er erneut geschlagen wurde…so oft, dass er beinahe ohnmächtig wurde. Sie sprachen über ihn…davon, dass sie ihn nicht töten würden. Ein anderes Monster anlocken…welches andere Monster? Er sah nur die Monster um sich herum…und sie würden ihn verschleppen. Oder töten. „Was ist da passiert?“ Etwas kühles, Feuchtes wurde auf seine Stirn gelegt und die Hitze, die seinen Körper quälte, wurde ein wenig gelindert. Seine Augen zuckten unter den geschlossenen Lidern, während sein Atem schnell und unregelmäßig ging…ihm war so schlecht. So wie damals, als er mit vier Jahren krank geworden war…seine Mutter hatte Tag und Nacht an seiner Seite gewacht, sich um ihn gekümmert. Doch jetzt hatte er keine Mutter mehr…und sein Bruder war fern…ebenso wie Madara. Er war allein in der Finsternis. „…ich weiß es nicht.“ Jemand riss seinen Kopf in den Nacken, musterte sein blutiges Gesicht. „…sieht aus wie ein Kind.“ „Ihr wisst, was in ihm steckt…ich habe es gesehen.“ „Trotzdem…ist es ein Kind.“ „Und deine Tochter war kein Kind?! Sie war nicht älter als der hier…und das Monster hat sie dennoch geschändet!“ „Das weiß ich…aber woher wissen wir, dass er-“ „Es hat unsere Kameraden getötet!!“ „…“ „Diese Bestien sind zu allem fähig…und deshalb werden wir sie vernichten.“ Die Erinnerungen durchfluteten ihn und er stöhnte leise, wollte einfach nur wieder ohnmächtig werden. Irgendjemand war hier…jemand, den er nicht kannte…und der ihn anfasste. Ein Mensch, vermutlich…er wollte nicht angefasst werden. Jemand legte kühle Finger behutsam auf seinen Fuß, der so unheimlich schmerzte. „Du warst voller Blut…ihr beide ward voller Blut…irgendetwas ist passiert, also lüg mich nicht an!“ „…ich will nicht darüber reden.“ „Jetzt hör mir mal zu, Junge! Ich behandle deinen Freund, obwohl das hier eine Zuflucht für Frauen ist! Männern ist der Zutritt eigentlich strengstens untersagt…also rede, bevor ich es mir anders überlege und euch beide vor die Tür setze!“ Warum konnte er sich nicht wehren? Weil ihn die Angst auffraß…sie wussten von ihnen, nannten sie Monster. Es würden mehr kommen…viel mehr Menschen und dann würden sie sie angreifen. Es würden zu viele sein…alles würde sich wiederholen und er fühlte sich wieder wie damals. Wie ein verängstigtes Kind und die Verachtung, die er sich selbst gegenüber empfand, zermürbte ihn innerlich. Und dann hörte er es…ein so finsteres Grollen, dass es ihn am ganzen Körper schauderte. Ein roter Blitz, der aus flüssiger Lava zu bestehen schien…und einem seiner Peiniger mit nur einer Bewegung den Kehlkopf herausriss. Schreie hallten durch die Nacht... „Bitte, Baa-chan…“ „Naruto…ich habe dir immer vertraut. Damit ich das auch weiterhin kann, musst du jetzt mit mir reden. Was ist passiert? Keine Ausflüchte mehr!“ Naruto? Daher die vertraute Stimme…seine Lider flatterten, als ihm die andere Person, eine Frau, etwas auf seinen Fuß schmierte. Es brannte entsetzlich, doch er konnte sich kaum bewegen, zitterte lediglich unter der Berührung. „…ich weiß es wirklich nicht“, flüsterte Naruto schließlich. „Ich…als ich…zu mir kam…war da nur Blut und…er lag mittendrin. Er war verletzt…ich weiß es doch auch nicht.“ Und nun lag so viel Verzweiflung in der Stimme des Jungen, dass die Frau wohl Nachsicht hatte. Sasuke keuchte auf, als sie dünnen Stoff um seinen Fuß wickelte…und er riss die Augen auf, blickte sich wie in Trance um. Alles war verschwommen…und fremd. „Ist er wach?!“ „…halbwegs, wie es scheint…“ „Oh Gott…er lebt…ein Glück, dass er lebt!“ „Das sagte ich doch…beruhige dich und sei leise!“, mahnte die Frau…und er erkannte blondes Haar. Die Frau war blond…aber heller als Naruto. Ihm fielen die Augen von selbst wieder zu und er fühlte sich so schwach, dass er sich vor sich selbst schämte. „Sasuke?“ „Lass ihn…er braucht Ruhe.“ Seine Gedanken zerstreuten sich und noch bevor sein Kopf zur Seite fiel, war er erneut in einen unruhigen Schlaf abgedriftet. Unerwünscht war wohl der passendste Begriff, um auszudrücken, wie Itachi sich fühlte, als er mit Kisame entlang des Ufers ging. Sie hatten sich vorläufig von Zabuza und Haku getrennt, um die Lage besser bewerten zu können. Die Fischer bedachten sie mit feindseligen Blicken und der ein oder andere tuschelte mit seinem Nebenmann. Itachi musste nicht wissen, was sie sagten, konnte sich denken, dass es keine gutgemeinten Worte waren. „Einfach ignorieren“, brummte Kisame und zuckte mit den Schultern. „…um einen Angelhaken im Genick stecken zu haben?“, fragte Itachi lapidar. Kisame grinste. „Von nicht ernstnehmen, habe ich nichts gesagt“, meinte er amüsiert. „Du sollst es dir nur nicht anmerken lassen.“ „Ich dachte, dazu sind wir da. Um die Leute gegen uns aufzuhetzen“, murmelte er zurück. „Hast eigentlich Recht. Also…pack dir den Erstbesten und schmeiß ihn ins Meer?“ „Kisame.“ Dass dieser darüber Scherze machte, gefiel ihm nicht, auch wenn er die Art des Hünen mittlerweile kannte. Dennoch war da immer noch dieses Gefühl, dass sie hier etwas taten, das einfach nicht richtig war. Kisame zuckte bloß mit den Schultern, wirkte dabei immer noch zu heiter. Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich, wobei Itachi den Blick zum Meer schweifen ließ. Die Abgeschiedenheit des Ortes empfand er als nicht so unangenehm wie die feindseligen Leute um sie herum. Das Dorf wäre vermutlich sogar auf seine Weise ganz schön gewesen, wenn es nicht so heruntergekommen wäre. Allerdings kamen sie nicht gerade weit, da in diesem Augenblick jemand auf sie zu schnellte und sich gegen Kisame warf. Dieser sah verdutzt auf den Jungen herunter, der ihm mit einer Suppenkelle gegen das Knie schlug. Kurzes, braunes Haar lugte unter einem viel zu großen, gestreiften Hut hervor, ebenso wie zwei dunkle Augen, in denen Entschlossenheit aufblitzte. „Verschwinde, du Blödmann!!“ Itachi erkannte den Jungen wieder. Er hatte ihn bei ihrer Ankunft mit seiner Mutter gesehen. Erneut schlug das Kind auf Kisame ein, der diesem daraufhin die Kelle entriss und es am Kragen packte, es dabei so weit in die Luft hob, dass es mit den Füßen über dem Boden schwebte. „Lass mich runter, du Mistkerl!!“ Kisame schnaubte. „Sei froh, dass ich heute nen guten Tag habe, sonst hätte ich dich Gnom schon einen Kopf kürzer gemacht!“ Er ließ den Jungen auf den Boden plumpsen und warf diesem die Kelle vor die Füße. Der Hut landete neben ihm und gab ein verheultes Gesicht frei – der Blick glomm jedoch immer noch voller Hass. „Mir doch egal!!“, zischte er ihn und schlug seine Hand weg. „Ich weiß genau, was ihr vorhabt! Warum ihr hier seid! Jeder weiß es! Ihr seid böse!“ Itachi blinzelte bei dieser Direktheit, während Kisame grollend einen Schritt vormachte. „Du…“ „Wie kommst du darauf?“, unterbrach Itachi ihn. „Wieso sind wir böse?“ „Weil ihr meinen Papa umbringen wollt! Ihr seid Freunde vom Bürgermeister…und der ist böse. Jeder weiß das! Aber ihr kriegt meinen Papa nicht!“ Scheinbar reichte schon ihre bloße Anwesenheit auf dieser Insel, um das Misstrauen der Leute zu wecken. Was musste dieser Kaiza wohl für eine Bedrohung für den Bürgermeister sein, dass sie ihn so dringend beseitigt haben wollten. „Das hat er schon mal versucht, aber Papa ist zu stark! Also verschwindet, bevor er euch den Fischen zum Fraß vorwirft!“ Kisame knurrte. „Vielleicht nehmen wir uns dich zuerst vor, bevor dein Papa-“ „Kisame.“ „Der Bengel ist zu vorlaut, Itachi. Itachi kommentierte das nicht, sondern sah weiterhin zu dem Jungen, der blasser geworden war. „Wir haben gehört, dass dein Vater die Leute hier in Schwierigkeiten bringt“, fuhr er fort. „Ist das wahr?“ Sofort fuhr Inari herum und funkelte ihn so wütend an, dass Itachi schon damit rechnete, dass er jeden Moment mit seinen kleinen Fäusten auf ihn einschlug. Das tat er nicht – aber wohl eher, weil er sich vor Kisame fürchtete. „Das ist eine Lüge!“, brüllte er ihn an und Itachi sah sich um. Einige der Leute schauten bereits herüber und so gesehen taten sie damit genau das, was vom Auftraggeber erwartet wurde. Nur, dass Itachi dabei keinerlei Freude empfand. „Erzähl nicht solche Lügen! Mein Papa würde nie…mein Opa und Papa tun alles für die Leute im Dorf! Sie wollen sogar eine Brücke zum Festland bauen, damit sie nicht mehr nur auf die Handelsschiffe angewiesen sind! Aber der doofe Bürgermeister will das nicht! Und wer was sagt, verschwindet! Aber nicht Papa! Papa ist nämlich zu schlau und stark für euch Feiglinge!“ Itachi sagte eine Weile gar nichts, tauschte einen Blick mit Kisame, der bloß die Arme verschränkte und mit den Schultern zuckte. „Inari!! Oh Gott, Inari!!“ Itachi hielt inne, als eine Frau mittleren Alters auf sie zu lief, dabei die Taschen in ihren Händen fallen ließ. In der ersten Sekunde hatte der Uchiha das Gefühl, seine Mutter wiederzusehen. Langes, dunkles Haar…ebenso dunkle Augen und die helle Haut, so wie die schlanke Figur…und wie sie sich schützend vor ihren Jungen stellte. Das Bild war so präsent, dass es ihn erschütterte und er nicht fähig war, etwas zu sagen. Lediglich sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft. „Bitte…er ist doch ein Kind!“, verteidigte die Frau ihren Sohn und sah von einem zum anderen. „Er wollte gewiss keinen Ärger machen…also bitte…geht! Warum auch immer Ihr hier seid…lasst mein Kind in Ruhe!“ Kisame fixierte die Frau. „Dein Bengel hat uns angegriffen. Nicht andersherum.“ „Mama! Die wollen Papa was antun! Ich weiß es!“ „Kaiza? Was wollt Ihr von meinem Mann? Er hat nichts Unrechtes getan! Bitte…lasst uns einfach in Ruhe…bitte…mein Mann ist kein schlechter Mensch!“ „Keiner hat etwas davon gesagt. Aber wenn sich dein Balg weiter so benimmt, dann-“ „Kisame“, unterbrach der Uchiha ihn ohne jegliche Emotion in der Stimme. „Lass gut sein. Wir gehen.“ Er sah noch einmal zu Mutter und Kind, ehe er sich umwandte…und er wusste, dass Kisame ihm folgen würde. Das hier machte keinen Sinn. „Du vergisst nicht, weswegen wir hier sind, oder?“ Itachi vernahm sehr wohl den veränderten Tonfall des Hünen, welcher hinter ihm lief. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war es klar gewesen, dass sie irgendwann an diesen Punkt gelangen würden. Bisher war es reines Glück gewesen, dass sie in keinen Konflikt geraten waren, doch jetzt sah das anders aus. Er blieb erst stehen, als sie sich ein Stück abseits vom Dorf befanden. „Das ist mir ja leider nicht möglich.“ Ihm war bewusst, dass er etwas bissiger klang, doch das Geschrei des Jungen, der für seine Familie kämpfte, ging ihm an die Nieren. Ebenso wie das Gesicht seiner Mutter… „Wir wissen nicht, ob die beiden einen Verbrecher schützen.“ „In jedem Fall zerstören wir eine Familie.“ „…du wusstest, was wir für Geld tun.“ Das entsprach der Wahrheit. Es machte es nur nicht besser. „Das macht es nicht weniger falsch.“ „Mag sein, aber so ist es eben. Wir stehen auf der Seite der Auftraggeber.“ Itachi spürte bei den Worten das Feuer in sich aufglühen und es fiel ihm schwer, es zu unterdrücken. Die ungerechte Frage lag ihm auf der Zunge, doch er schluckte sie herunter. Vielleicht auch, weil er die Antwort nicht kennen wollte. „Ich werde mich daran nicht beteiligen.“ Er drehe sich zu Kisame um, der ihn mit einem Blick ansah, der seinen Unwillen deutlich machte. „Das muss ich akzeptieren“, meinte er jedoch. „Solange du dich nicht gegen uns stellst.“ Erneut begann es in seinem Inneren zu glühen, stärker als zuvor. „Und wenn doch? Bin ich dann der nächste auf eurer Liste?“, entkam es ihm und Kisame knurrte. „Das habe ich nicht gesagt.“ Der Hüne machte einen Schritt auf ihn zu, kam ihm näher, als es gerade gut für ihn war. Itachi funkelte ihn kühl an, wich allerdings nicht zurück. Da war mit einem Mal so viel Wut in ihm. So viel unterdrückter Hass…weil es ihm bekannt vorkam. Das alles hier. Es erinnerte ihn an seine Machtlosigkeit. „Aber so ist es, nicht wahr? Selbst wenn das alles hier falsch ist, werdet ihr es tun. Ihn umbringen. So wie Menschen das nun einmal tun.“ Kisame schnaubte. „Tu nicht so, als wärd ihr Uchiha so anders, Itachi. Dein Onkel tötet Menschen, die einfach nur euren Wald betreten.“ „Und du kennst die Gründe dafür. Wage es nicht, das miteinander zu vergleichen.“ „Und du wagst es besser nicht, so mit mir zu reden“, grollte Kisame zurück, woraufhin Itachi die rot glimmenden Augen verengte. „Das kann ich nur zurückgeben.“ Jetzt pass mal auf, ich-“ Er spannte sich unbewusst an und als Kisame nach seinem Arm griff, verlor er für einen Moment die Kontrolle. Nicht nur der Hüne zuckte zischend vor ihm zurück, auch durch Itachis Körper ging ein Ruck und er starrte den anderen erschrocken an. Direkt kühlte sich sein erhitztes Gemüt ab und sandte Schuldgefühle durch seinen Körper. Für den Moment hatte er sich vergessen…etwas, das nicht hätte passieren dürfen. „Kisame, ich-“ „Schon gut. Ist nichts passiert“, fiel er ihm sofort ins Wort, doch Itachi ahnte, dass das eine Lüge war. Ob der Schmerz groß war oder nicht, war unerheblich. Es ging um das, was er bedeutete. Ihr Vertrauen ineinander war erschüttert, oder nicht? So sollte es nicht sein. Unsicher schaute er Kisame an, welcher sich die Hand hielt, den Blick fest auf diese gerichtet. Sonst war dieser nicht so wortkarg. „Du solltest die Hand im Wasser kühlen“, murmelte er und wandte sich dann ab. Kisame sagte ein paar Sekunden nichts, doch bevor er außer Reichweite war, hielt er ihn doch noch zurück. „Wohin gehst du?“ Itachi zögerte merklich, dann atmete er tief durch. „Nachdenken. Über alles. Das sollten wir beide tun.“ Er ahnte, dass Kisame noch etwas sagen wollte, doch Itachi wartete nicht darauf, dass er es tat. Gerade eben musste er einfach raus aus dieser Situation. Kapitel 26: Falscher Heiland ---------------------------- Es kam nicht gerade selten vor, dass ihre Auftraggeber Scheißkerle waren. Haku hatte gelernt, sein Herz davor zu verschließen, und ganz die Waffe zu werden, als die Zabuza ihn damals gesehen hatte. Noch immer fiel ihm das Morden schwer, wenn die Personen den Tod in seinen Augen nicht verdient hatten, aber er konnte sich Mitleid nicht leisten. Dafür war in seiner Welt niemals Platz gewesen. Manchmal musste man grausam werden, um zu überleben…und für ein Leben mit Zabuza würde er dieses Opfer immer wieder bringen. Das Blut klebte ohnehin seit seiner Kindheit an seinen Händen. „Worüber denkst du nach?“ Haku, der bis eben seine geröteten Knöchel gemustert hatte, hob langsam den Blick. Einen Moment schwieg er, dann legte er den Kopf schief und setzte ein Lächeln auf. „Darüber, dass wir heute Nacht endlich wieder etwas Zweisamkeit haben werden.“ Er erhob sich von dem umgekippten Holzeimer, auf dem er bis jetzt gesessen hatte, und schaute zu Zabuza auf, der einem der ohnmächtig gewordenen Männer einen Tritt verpasste, ehe er über diesen stieg. Sie hatten den Ärger nicht suchen müssen, der Ärger war zu ihnen gekommen. Scheinbar hatte man sie vertreiben wollen, doch fünf Fischer waren für sie beide keine Gegner. Immerhin hatten sie so ihre Aufgabe erfüllt, im Dorf für Ärger zu sorgen. Das hier würde sich herumsprechen. „Du lügst doch.“ Zabuzas raue Stimme ließ sein Lächeln nicht wanken. „Wieso sollte ich? Auf dem Schiff waren wir nicht gerade unter uns, oder?“ „Nein. Das nicht. Aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, wenn wir damit rechnen müssen, angegriffen zu werden, also halte dich zurück.“ Haku ließ sich das Schmunzeln nicht nehmen. „Wie schade.“ Es erleichterte sein Herz, sich mit diesen kleinen Neckereien abzulenken. Sich auf das zu fokussieren, was ihm wichtig war. Auf den Menschen, den er so sehr liebte, dass er ihm selbst in die Hölle folgen würde. „Ist nicht so, als würde ich nicht wollen.“ Der Blick, der seinen Körper streifte, ließ ihn angenehm schaudern. Wann immer der Ältere ihn so hungrig ansah, fühlte er sich gewollt. Haku liebte es, mit Zabuza intim zu werden. Er liebte die Abdrücke, die dieser auf seinem Körper hinterließ, wenn er in seiner Leidenschaft grob war. Hinterher fragte er ihn dann immer, ob er in Ordnung war. Mit seiner gewohnt grummeligen Art, aber was zählte, war dessen Sorge um ihn. Bei Zabuza musste man oft zwischen den Zeilen lesen, aber Haku wollte es gar nicht anders. Er wusste, dass sein Partner als Waise aufgewachsen war. In einem Dorf, das ähnlich dem war, in dem sie sich gerade befanden. Es musste ein sehr hartes Leben gewesen sein, auch wenn Zabuza nicht oft darüber redete. Haku wusste zudem, dass Kisame und Suigetsu ebenfalls aus jenem Dorf stammten. Es verband die drei miteinander und auch wenn sie meistens ruppig miteinander umgingen und nicht viele nette Worte füreinander übrighatten, so wusste Haku, dass sie einander schätzten. „Gehen wir zurück?“ Bei der Frage nickte Haku, ließ erneut den Blick über die bewusstlosen Männer schweifen. Gut, die konnten sie wohl erstmal so liegen lassen. Ihre Arbeit hier war getan. Eigentlich schade, dass sie die Zeit nicht besser nutzen konnten. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass einer ihrer Kameraden allein in der Taverne sitzen würde. Immerhin würde es bald dunkel werden und da hatten sie sich eigentlich wieder hier treffen wollen. „Kisame-san?“ Der Hüne blickte missmutig von seinem Sake auf, schien keine gute Laune zu haben und irgendetwas sagte Haku, dass das nicht nur der Situation im Dorf geschuldet war. „Wo ist dein Anhang?“, fragte Zabuza direkt und setzte sich dem anderen gegenüber. Auch Haku nahm Platz, während er auf die Antwort wartete, die eher zähneknirschend kam. „Weg“, erwiderte er und kippte den Sake herunter. „Was weg?!“, grollte Zabuza, doch Haku stutzte plötzlich. Seit wann nutzte Kisame seine linke Hand beim Trinken? Die andere lag seitlich auf dem Tisch und die Handfläche sah wund aus. „Was ist das da an deiner Hand?“ Kisame, der gerade noch zurückblaffen wollte, hielt inne und es sah aus, als wollte er die Hand erst verstecken, ließ sie dann aber auf dem Tisch liegen. Haku brauchte eigentlich keine Antwort mehr, denn die Reaktion sagte genug aus, auch wenn Kisame bestimmt lügen würde. Dieser wusste vermutlich nicht, dass er es wusste. Itachi wäre nicht so dumm, seine Warnung zu ignorieren. „Ein Unfall“, brummte dieser ausweichend. „Hat der Unfall was mit dem Kerl zu tun?“, knurrte Zabuza, woraufhin Kisame die Augen verengte. „Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit.“ „Ah ja…zufällig über die Mission? Würde mich jedenfalls nicht wundern. Was habt ihr getan? Euch geprügelt?“ „So schlimm war es nicht.“ „Deinem Gesicht nach zu urteilen schon.“ „Ich habe keine Lust, darüber zu reden, Zabuza.“ Kisames Tonfall war warnend, sodass Zabuza für einen Moment innehielt und ihn argwöhnisch anblickte. Auch wenn die beiden oft nicht so wirkten, kannten sie die Grenzen des jeweils anderen. Einige Sekunden lang geschah nichts, dann orderte Zabuza neuen Sake und für Haku Wasser. Besser so, denn er war nicht so trinkfest wie die anderen beiden Männer. „…wir müssen das ohne ihn durchziehen.“ Haku hob langsam den Blick, als Kisame das Thema dann doch wieder aufnahm. Irgendwie überraschte ihn die Aussage nicht, auch wenn es einen bitteren Beigeschmack hatte. „Dann ist es so“, erwiderte er ruhig, während Zabuza schnaubte. „Dir ist klar, dass er damit raus ist? Wir können niemanden gebrauchen, der schlecht fürs Geschäft ist.“ „…er hat nie wirklich vorgehabt, bei uns zu bleiben.“ Es lag erneut diese Bitterkeit in Kisames Stimme, die in Haku das Mitgefühl weckte. „Ich wollte, dass er bleibt. Aus egoistischen Gründen. Ist nicht so, dass ich nicht geahnt hab, dass sowas passiert, aber…ich kann ihn jetzt nicht dazu zwingen. Dafür schulde ich ihm zu viel.“ Kisame füllte sich Sake nach, kippte diesen herunter und atmete hörbar aus. Es musste ihm schwerfallen, die Entscheidung zu treffen. Schließlich hätte ein Blinder gesehen, dass ihm Itachi sehr wichtig war. „Wir erledigen die Mission wie besprochen, holen uns das Geld und dann lasse ich ihn ziehen.“ „Wenn er uns nicht in die Quere kommt“, wandte Zabuza skeptisch ein und trank ebenfalls vom Sake. Kisame bohrte seinen Blick in den seinen. „Das wird er nicht.“ Haku fragte sich, ob er daran wirklich glaubte, aber er hielt es für unklug, das infrage zu stellen. Schon gar nicht vor Zabuza, selbst wenn er eher dessen Meinung vertrat. Dennoch liebte er Zabuza zu sehr, als dass er Kisames Gefühle nicht verstehen konnte. Es war nicht einfach. „Wie Kisame-san sagt…wir ziehen es durch und dann sehen wir weiter. Es bringt nichts, sich weiter darüber Gedanken zu machen“, sagte Haku ruhig. Die beiden Männer schienen das so zu akzeptieren, auch wenn die Stimmung weiterhin getrübt war. Am liebsten hätte sich Haku auf die Suche nach Itachi gemacht, doch vermutlich würde dieser von allein zurückkehren, sobald er den Kopf frei hatte. Vermutlich würde er sowieso zurückkommen, denn es gab im Dorf vermutlich keine andere Bleibe für ihn. Und was wollte Haku ihm schon sagen? Außer, dass er hiernach verschwinden und nie wieder zurückkehren sollte. Wie bitter. Sasuke erwachte in der Nacht schweißgebadet und von Schmerzen geplagt. Mit geweiteten Augen sah er an die Decke, während er sich zu beruhigen versuchte, und sein erster Impuls war es, sich ruckartig aufzurichten – was nicht möglich war. Er unterdrückte einen Schrei, als die Bewegung den scharfen Schmerz durch seine Schulter jagte und fiel wieder zurück. Ein paar Sekunden blieb er keuchend liegen, musste sich sammeln. Ganz ruhig. Wo auch immer er war, es brachte nichts, direkt in Panik auszubrechen. Mit diesem Gedanken schloss er kurz die Augen, ehe er sie müde durch den Raum schweifen ließ. Dieser war jedoch recht klein und kahl, machte den Anschein einer Kammer. Es roch eigenartig. Der strenge Geruch nach Kräutern und Schweiß. Seine Erinnerungen waren noch recht schwammig, doch er versuchte, sie irgendwie zusammenzubekommen, damit sie ein Bild ergaben. Diese Männer hatten ihn beinahe umgebracht, hatten ihn mitnehmen wollen und dann war da dieses Tier gewesen. Wie eine Katze hatte es ausgesehen…mit mehreren Schweifen. Glutrot hatte es geleuchtet und sich blitzschnell auf die Männer gestürzt. Da war so viel Blut gewesen. Es hatte einem Massaker geglichen. Als das Vieh mit seinen Peinigern fertig gewesen war, war es auf ihn zugekommen. Sasuke wusste noch, dass er in dieser Sekunde mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Er hatte kurz vor der Ohnmacht gestanden, war nicht in der Lage gewesen, sich zu wehren. Heißer Atem hatte sein Gesicht gestreift, grollende Laute nahe an seinem Ohr…und er hatte nur auf den tödlichen Biss gewartet. Darauf gewartet, dass dieses Tier ihn riss, wie es die Männer gerissen hatte. Doch nichts dergleichen war passiert. Das riesige, rot leuchtende Ungetüm hatte ihn auf den Bauch gedreht und ihn dann wie ein Junges an seinem Kragen gepackt und vom Ort des Geschehens weggeschliffen. Sasuke hatte keine Kraft mehr besessen, sich dagegen zu wehren und war erschlafft…in der Ohnmacht versunken. Was dann passiert war, konnte er nicht genau bestimmen. Hatte ihn die große Katze hierhergebracht? Er berührte vorsichtig die Stelle nahe seiner Schulter, wo ihn der Bolzen getroffen hatte. Ja. Da waren Verbände, also hatte man ihn versorgt. Das Gesicht einer älteren, blonden Frau mit rot geschminkten Lippen flackerte in seinem Kopf auf. „Du bist ja wach!“ Erschrocken durch die Stimme wollte er erneut hochfahren – der Fehler ließ ihn schmerzerfüllt aufstöhnen. „Um Gottes Willen, bleib liegen! Und…warte kurz…“ Sasuke war froh, als er losgelassen wurde, hörte im nächsten Moment Schritte. Kurz verschwand die Person, die er natürlich längst erkannt hatte, ehe sie mit einer Öllampe zurückkam und diese neben ihn stellte. Flackernde Schatten huschten über das Gesicht des Jungen, welches ungewohnt blass und ernst aussah. „…oh Mann…ich bin so froh, dass du noch lebst! Ich dachte schon, ich müsste dich begraben.“ Sasuke schnaubte leise, auch wenn er erleichtert war, dass es sich nur um Naruto handelte. Andere Menschen hätte er nicht ertragen. Er atmete durch, sah zu seinem sogenannten Freund auf – wobei er das wohl tatsächlich war. Immerhin hatte er ihn anscheinend hierhergebracht und ohne medizinische Hilfe wäre er nun sicher tot. „Du sollst genug trinken. Warte, ich helfe dir!“ Sasuke konnte sich kaum dagegen wehren, auch wenn es ihm missfiel, wie der andere seinen Kopf leicht anhob und ihm ein Schälchen mit Wasser an die Lippen hielt. Das kühle Nass rann seine Kehle hinab und ab da war es ihm egal, dass er sich wie ein Krüppel helfen lassen musste. Es tat einfach nur gut, auch wenn er sich verschluckte und sich sein Körper unter dem darauffolgenden Hustenanfall verkrampfte. „Nicht so hastig…“ Besorgt wurde er angesehen, was Sasuke zwar nicht gefiel, doch er nickte nur, ließ zu, dass der andere das Kissen unter seinem Kopf richtete. Tief atmete er ein, versuchte sich zu sammeln und seine Gedanken auf das Wichtigste zu lenken. Erinnern tat er sich und auch wenn er verletzt und schwach war, so lebte er doch wenigstens. Doch warum? Was hatte es mit diesem Vieh auf sich, das ihn anscheinend vom Ort des Massakers weggeschleppt hatte? Wie viel wusste Naruto, der ihn ja hierhergebracht haben musste. Ihm fiel mit einem Mal wieder ein, wie der andere herumgedruckst hatte, als diese Frau nach dem Geschehen gefragt hatte. Warum war es ihm so unangenehm gewesen? Weshalb? „Naruto…hast du…mir das Leben gerettet?“, fragte er und stellte mit Unmut fest, dass seine Stimme lediglich ein heiseres Krächzen war. Der Blonde stockte bei dieser Frage, sah ihn verwirrt an. „Ich…nein, ich habe…also, eigentlich hat Baa-chan dich gerettet. Sie ist eine tolle Heilerin und sie hat dich so gut wieder hinbekommen, dass du-“ „Du…weißt genau, dass…ich das nicht meine“, murmelte er genervt und durchbohrte ihn mit seinem Blick. Man merkte Naruto an, dass er dem Thema am liebsten weiter ausweichen wollte, doch Sasuke fixierte ihn, gab ihm nicht die Gelegenheit, sich rauszureden. Dieser Tsunade konnte er vielleicht etwas vormachen, doch er erkannte, wenn man ihn belog. „Ich…habe dich im Wald gefunden…du warst verletzt und ich-“ „Was ist…mit dem Tier?“, brummte er und sah ihn immer noch an. Wobei ihm selbst die Beharrlichkeit schwer fiel, doch er wollte nicht wieder einschlafen. Zuerst musste er genau wissen, was passiert war. Das Sprechen war anstrengend und sein Hals fühlte sich bereits wieder kratzig an, doch noch bat er nicht darum, noch etwas zu trinken zu bekommen. „…Tier?“ „Ich weiß…dass du…es gesehen hast.“ „Du warst doch bewusstlos.“ „…“ Sasuke verengte die Augen, spürte, wie er wütend wurde – auch wenn das in seinem Zustand nicht so gut war. Er musste seine Kräfte sparen, schnell gesund werden und zurück nach Hause. Mit Sicherheit war Madara bereits jetzt außer sich – vor Zorn und Sorge. Letzteres überwog hoffentlich…und wer kümmerte sich bitte um Sakura, wenn nicht er? Bei dem Gedanken, dass dies sein Onkel tun würde, fühlte es sich an, als würde ihm jemand in die Magengrube boxen. „Vielleicht hast du ja doch noch Fieber…da war kein Tier“, log Naruto, doch dass er ihm auswich und nun die Lampe fixierte, sagte genug aus. „Ich…hab gehört, was…die…diese Frau gesagt hat“, brach es aus ihm hervor und unterdrückte den Husten. „Du warst voller Blut…“ „Ja, deinetwegen…du warst schwer verletzt. Von einem Tier weiß ich nichts – und der Bolzen in deiner Schulter und die Eisenfalle an deinem Fuß waren eindeutig das Werk von Menschen!“, knurrte Naruto stur und funkelte ihn nun ebenfalls aus seinen blauen Augen an. „Davon abgesehen weiß ich nicht, was du von mir willst. Ich habe dich gefunden und hierher geschleift, Tsunade-baa-chan hat dich versorgt und du bist hier in Sicherheit. Kannst du nicht einfach zufrieden sein?!“ Sasuke wollte zurückfauchen, etwas Bissiges erwidern, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. Ihm wurde schwindelig und er musste mehrmals blinzeln, damit die schwarzen Punkte vor seinen Augen verschwanden. „Da siehst du, was du davon hast, du Idiot!“ Zornig und vorwurfsvoll wurde er angesehen. „Ruh dich aus und lass das Fragen stellen. Wir reden, wenn du wieder gesund bist. Verstanden?“ Und in seiner Lage blieb ihm nichts anderes übrig, als zu nicken. Doch vom Tisch war das Thema damit sicher nicht…davon abgesehen, dass er zurückmusste. Was war, wenn Itachi zurückkam? Wenn Madara sich sorgte und das halbe Dorf auf der Suche nach ihm in Brand setzte? Was war mit Sakura? Er spürte, wie ihm erneut etwas Kühles auf die Stirn gelegt wurde. „Schlaf wird dir guttun“, murmelte der Blonde leise. „Ich bleibe hier.“ „Naruto…“ Er wollte nicht wieder schlafen. Allerdings war er machtlos gegen seinen erschöpften Körper, der ihm keine andere Wahl ließ. Während seine Sicht erneut verschwamm…er ein letztes Mal in Narutos blaue Augen sah…fiel ihm auf, dass da ein rotes Funkeln in ihnen leuchtete. Nur ganz schwach. Aber es war da. Er bildete sich das nicht ein…und plötzlich fielen ihm wieder Madaras Worte ein. Sie hallten ihn seinem Kopf wider, während er erfolglos versuchte, sich an sein Bewusstsein zu klammern. Jene Worte, die er gesagt hatte, als er ihm befohlen hatte, den blonden Waisenjungen aus dem Dorf im Auge zu behalten. Sich mit ihm anzufreunden. Etwas, das Madara eigentlich nie von ihm verlangt hätte. Er ist der Schlüssel. Der Sake hatte sich leider nicht so lindernd auf sein Gemüt ausgewirkt, wie Kisame es sich erhofft hatte. Während er auf seinem Futon lag und in der Dunkelheit an die Decke starrte, kam ihm der Gedanke, dass es falsch gewesen war, Itachi einfach gehen zu lassen. Schließlich gab es hier eine Menge wütender Dörfler und den dubiosen Schergen des Bürgermeisters war ebenso wenig zu trauen. Nicht, dass sich der Uchiha nicht zur Wehr setzen konnte, aber wenn er die Kontrolle verlor, würde das alles vermutlich übel ausgehen. Kisame atmete tief durch, ehe er sich auf die Seite drehte, einen Arm unterm Kopf, während er erneut die Augen schloss. Es war, wie er gesagt hatte, da war nichts mehr zu machen. Das mit ihnen hatte keine Zukunft – zumindest wusste Kisame nicht wie. Als er plötzlich Schritte an der Tür vernahm, spannte er sich an. Seine Waffe lag in Griffweite, sodass er sich notfalls verteidigen konnte. Er blieb liegen, sah zum Fenster, wo der Mond etwas Licht spendete. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Knarzen und wurde dann mit einem dumpfen Geräusch wieder geschlossen. Erneute Schritte. Kisame zählte die Sekunden herunter und als die Schritte nahe genug waren, griff er nach dem Dolch unterm Kissen und fuhr herum. Rote Augen leuchteten ihm aus der Dunkelheit entgegen und die Erinnerung an damals…an die Vergangenheit…ihr erstes Treffen…es brannte mehr in seinem Kopf, als es seine Hand konnte. Ein paar Sekunden sahen sie einander still an…dann löste sich der Schemen aus der Dunkelheit, mit der er verschmolzen war, und setzte sich neben ihn auf den Holzboden. Itachis blasses Gesicht leuchtete im Mondlicht beinahe und Kisame erkannte, wie ernst sein Blick war. „Ich habe heute Nacht nicht mehr mit dir gerechnet“, brach er die Stille und legte den Dolch beiseite. Zabuzas Worte kamen ihm wieder in den Sinn; was, wenn er sich gegen sie stellte? Itachi schwieg einen viel zu langen Moment, ehe er ihm antwortete. „Ich wollte auch nicht zurückkommen, aber wir müssen reden.“ „Das denke ich auch“, erwiderte Kisame grimmig. „Hör zu, ich-“ „Nein. Du musst mir zuhören…und du musst mir glauben“, unterbrach Itachi ihn und man merkte ihm die Anspannung deutlich an. „Wenn du das nicht tust, dann…wird das hier ein schlimmeres Ende nehmen, als du vielleicht ahnst.“ Kisame hielt inne, im ersten Moment nicht wissend, was er darauf erwidern sollte. Ein schlimmeres Ende? Für sie? Was zum… „Wovon redest du, Itachi?“ „Gato. Der Bürgermeister. Er hat vor, uns diesen Mord ausüben zu lassen, um uns zum Sündenbock zu machen.“ „Ja. Das wissen wir doch schon“, murrte Kisame ungeduldig. „Wir hauen danach ab, bevor-“ „Es wird kein Danach geben, Kisame. Sobald wir diesen Mord begangen haben, werden uns nicht nur die Dorfbewohner jagen. Es gibt noch einen zweiten Handel – und in dem geht es um Akatsuki. Du hast einen Feudalherren ermordet. Das schlägt Wellen. Es sind bereits Leute hierher geschickt worden…sie werden morgen früh ankommen und auf ihr Zeichen warten.“ Kisame wurde bei den Worten heiß und kalt, denn natürlich wusste er, wovon der andere sprach. Schließlich hatte dieser ihn davor bewahrt, für sein Verbrechen hingerichtet zu werden. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass es ihn auf diese Weise einholte. Pain hätte ihn nie hierhergeschickt, wenn er gewusst hätte, dass seine Tat bis hierher reichte. Aber ihm war klar, was Itachi ihm damit sagen wollte…und dieser sprach es gleich darauf aus. „Diese Insel soll niemand von uns lebend verlassen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)