Mephisto von lunalinn (denn sie wissen nicht, was sie tun) ================================================================================ Kapitel 25: Island ------------------ Panik war alles, was er fühlte, kaum dass er wieder zu sich gekommen war. Der eisenhaltige Blutgeschmack in seinem Mund hatte dafür gesorgt, dass er sich direkt übergeben hatte. Er wusste nicht, was er da erbrach, aber das waren nicht die Onigiri vom Mittag. Ihm war so furchtbar schlecht, während er auf dem Boden kauerte und sein Magen immer wieder krampfte, um alles darin loszuwerden. Speichel tropfte ihm vom Kinn und als er ihn wegwischte, fiel ihm auf, dass seine Haut eben so rot war, wie die blutige Masse, die er erbrochen hatte. Er ächzte, spürte die Tränen in seinen Augen brennen, während die Panik wieder zunahm. Was…was passiert?! Warum konnte er sich schon wieder nicht erinnern?! Ein leises Stöhnen ließ Naruto zusammenzucken und herumfahren, die blauen Augen weit aufgerissen. Er war nicht allein. Da lag jemand. Jemand, den er kannte. „S-Sasuke?“, würgte er hervor und kroch auf allen Vieren vorsichtig näher. Im hellen Mondlicht leuchtete das Blut in Sasukes Gesicht regelrecht. Aber er lebte, atmete flach. Sein Körper war auf die Seite gedreht, zitterte unter der zerrissenen Kleidung stark – warum war sein Fuß so seltsam verdreht? Haut und Fleisch zerfetzt. So viel Blut. Noch mehr Blut. Dann sah er den Bolzen, der in Sasukes Schulter steckte. Sasukes geschlossene Lider zuckten immer wieder, Schweiß leuchtete auf seiner weißen Haut und als Naruto mit bebenden Fingern dessen Stirn berührte, vernahm er die Hitze. Sasuke fieberte stark. Ihm wurde schwindelig, als er begriff, dass der andere in Lebensgefahr schwebte. „Verdammt!“, entkam es ihm, ehe er sich hektisch umsah. Was sollte er tun?! Er kannte sich mit Heilmitteln nicht aus – wäre nur Sakura hier gewesen. Aber Sakura war verschwunden…und nun verlor er vielleicht seinen besten Freund. Wer hatte Sasuke das angetan? Und was…hatte er getan? Wie…nein, stoppte er sich und versuchte, seine Fassung zurückzuerlangen. Es brachte nichts, hier zu sitzen und sich Fragen zu stellen. Er musste Sasukes Leben retten, was auch immer passiert war. Was auch immer er getan hatte. Naruto atmete tief durch, sah dann zu seinem Freund herunter und packte diesen so, dass er sich diesen über die Schulter laden konnte. Er würde ihn sicher nicht hier sterben lassen. Auch, wenn das sein eigenes Ende sein würde. Er konnte nur hoffe, dass man Erbarmen mit ihm hatte… Nami no Kuni lag dicht im Nebel verborgen, sodass jemand ohne Ortskenntnis wohl gar nicht erst den Steg zum Anlegen gefunden hätte. Bei ihrer Ankunft hatten sie ein paar ältere Männer, die mit finsteren Mienen mit Fischnetzen hantiert hatten, beobachtet. Generell schienen Fremde in dieser Gegend nicht gern gesehen zu sein und das erste Mal erschien ihm Zabuza nicht als der grantigste Mensch aller Zeiten. Eben dieser hätte einem der Einwohner um ein Haar den Arm gebrochen, als dieser es gewagt hatte, Haku zur Seite zu stoßen. Seitdem sie die Insel betreten hatten, begegnete man ihnen mit Argwohn und Feindseligkeit. Lag es möglicherweise daran, dass diese Menschen eine eingeschworene Gemeinschaft waren, in der keine Fremden geduldet wurden? Itachi hätte dies nicht gewundert, immerhin war Madara diesbezüglich nicht anders und auch sein Bruder duldete keine Menschen in ihrem Zuhause. Jedoch gab es dafür einen guten Grund…welchen hatten wohl diese Leute? Möglicherweise lag es aber auch daran, dass Zabuza mit seinem monströsen Schwert nicht besonders vertrauenserweckend wirkte. Nun, vielleicht konnte ihnen ihre Kontaktperson mehr darüber erzählen. Sie waren auf dem Weg zur Taverne, in der man ihnen zwei Zimmer für die Nacht gemietet hatte. „Anscheinend sind wir nicht erwünscht“, bemerkte Kisame ruhig und warf einen Blick zur Seite, wo eine junge Frau mit einem Kind stand, welches sie unter seinem zu großen Hut böse anfunkelte. „Nett ausgedrückt…“, gab Zabuza sarkastisch zurück. Die Taverne teilte denselben heruntergekommenen Eindruck mit dem Rest des Dorfes. Die Bretter waren krumm und schief, das Dach anscheinend undicht und eine einzelne Laterne hing neben der Tür, spendete spärliches Licht. Zwar war es später Morgen, jedoch ließ der dichte Nebel kaum Licht durchdringen. Die Holzdielen knarzten unter ihren Füßen, als sie das Haus betraten und der hagere, ältere Mann am Tresen sah auf. Außer diesem befand sich noch eine weitere Gestalt in dem Gasthaus. Es war ein junger Mann, nicht älter als Itachi selbst, der an der Wand lehnte. Seine schmutzig blonden Haare hingen ihm bis auf die Schultern, die dunklen Augen blitzten auf und die Hand wanderte zu dem Schwert, das an seiner Seite befestigt war. Gleichzeitig fasste Zabuza nach hinten, an den Schwertgriff seiner Waffe und auch Kisame legte die Hand an die seine. Haku dagegen blieb ruhig, doch Itachi ahnte, dass er bereit war, jeden Moment seine Senbon zu zücken. Itachi selbst wartete – er würde schneller sein, sollte der Mann so dumm sein und sie angreifen. Der Wirt sah von ihnen zu dem Unbekannten und wieder zurück. Anscheinend wusste er nicht recht, was er tun sollte, weswegen er sich vorerst im Hintergrund hielt. Der junge Mann stieß sich von der Wand ab, wobei er sie mit zusammengekniffenen Augen argwöhnisch musterte. „…Akatsuki?“ Kisame reckte das Kinn ein wenig. „Korrekt“, gab er knapp zurück. Erneutes Schweigen…dann grinste der Fremde und nickte ihnen zu. „Sehr gut…ich bin Zori“, stellte er sich vor. „Ihr habt euch Zeit gelassen.“ Zabuza grollte unter seinen Bandagen, doch Haku legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. Das falsche Lächeln zierte wieder sein Gesicht, als er den Kopf leicht zur Seite neigte. „Wir kamen so schnell es ging, doch die See ist rau, der Nebel dicht. Dieses Dort ist von der Außenwelt abgeschnitten, also verzeiht uns die Verzögerung.“ Zori beäugte Haku argwöhnisch, stieß ein Schnauben aus. „Ihr führt Frauen mit euch? Und dann richtet sie auch noch das Wort direkt an mich?“ Vermutlich übersah Zori, wie sich Hakus Finger in die Haut seines Partners gruben, was diesen wohl gerade so davon abhielt, sich auf den Kerl zu stürzen. „Erstens bin ich ein Mann und zweitens haben Frauen in unseren Reihen dieselben Rechte wie Männer“, erklärte er geduldig und das Lächeln wankte keine Sekunde. Verdutzt wurde er angestarrt, doch bevor noch etwas Dummes aus dem Mund des jungen Mannes kommen konnte, ergriff Kisame das Wort. „Und drittens sind wir nicht hierhergekommen, um unnötige Diskussionen zu führen“, beendete er das Thema mit rauer Stimme und entblößte dabei seine scharfen Zähne. Zori schluckte leicht, ehe er nickte. „Ich bin Kisame, dies ist mein Partner Itachi…Zabuza und Haku. Gib uns Informationen über die Situation und das Ziel.“ Ein Nicken, wenngleich es dem Mann zu widerstreben schien, dass Kisame ihm solche Anweisungen erteilte. „Es geht um den Fischer namens Kaiza. Er hetzt die Leute gegen unseren Bürgermeister auf und schickt sie vor, um eine Revolte anzuzetteln. Wenn das so weitergeht, richtet er einen Bürgerkrieg an. Sein Haus ist das Einzige unten am Ufer, direkt neben dem Steg. Dort ist immer viel los…demnach ist es schwierig, ihn ungesehen zu ermorden.“ „Du bist doch Krieger?“, blaffte Zabuza ihn von der Seite an. „Warum räumt ihr ihn nicht selbst aus dem Weg?“ Zori presste kurz die Lippen aufeinander. „Weil er sich im Dorf gut verkauft. Die Menschen mögen ihn. Wenn einer von Gatos Männern, wie ich einer bin, ihn umbringen würde, würde das kein gutes Licht auf den Bürgermeister dieser Stadt werfen.“ „Also wollt ihr ihn hinterrücks ermorden.“ Verdutzt wurde Itachi angesehen, kaum dass die abwertenden Worte seine Lippen verlassen hatten. Auch Kisame und die anderen zwei sahen ihn überrascht an, ehe sich ein Grinsen auf Kisames Züge legte. „Wie kannst du es w-“ „Na, na…ihr wollt etwas von uns, nicht wahr?“ „Wir bezahlen euch!“ „Für die Drecksarbeit. Nicht dafür, den Mund zu halten“, konterte Kisame, was der Mann zähneknirschend hinnehmen musste. „Jedenfalls…verursacht Ärger im Dorf. Zieht den Unmut der Leute auf euch…und dann beseitigt den Unruhestifter Kaiza. Solange ihr hier seid, könnt ihr die Zimmer in diesem Gasthaus beziehen. Der Bürgermeister Gato wird dafür aufkommen. Wenn ihr euren Auftrag ausgeführt habt, bekommt ihr die Belohnung und wir werden euch aus dem Dorf jagen.“ „Ihr wollt die Helden spielen, ja?“, kam es schroff von Zabuza. „Wie dein Kamerad sagte – wir wollen nicht über Unnötiges diskutieren. Tut, wofür ihr hergekommen seid. Ich werde nun gehen. Sehen wir uns wieder, kennen wir einander nicht.“ Und mit diesen Worten drehte sich der Mann auf dem Absatz um und verschwand aus der Taverne. Kaum, dass die Tür ins Schloss gefallen war, kam der Wirt zurück, um ihnen die Schlüssel für ihre Zimmer zu übergeben und ihnen etwas zu essen anzubieten. Itachi zweifelte nicht daran, dass der Mann für seine Verschwiegenheit gut bezahlt worden war. „Ziemlich dreckige Geschichte“, kommentiere Kisame das Ganze, als der Wirt nach hinten gegangen war, und Haku nickte langsam. „Ich würde darauf wetten, dass die Leute sich aus gutem Grund aufhetzen lassen“, murmelte er, wobei Itachi ihm still zustimmte. Zabuza schnaubte abfällig. „Und wenn schon. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Situation zu beurteilen. Wir haben eine Aufgabe und die erledigen wir. Danach nehmen wir das Geld und flüchten vor dem wütenden Mobb.“ Itachi äußerte sich nicht zu der stumpfen Äußerung, wissend, dass Kisame und Haku das ebenso sahen. Zumindest widersprachen sie nicht. Itachi selbst spürte bereits jetzt den Widerwillen, an einem Mord beteiligt zu sein, der vermutlich ungerechtfertigt war. Doch er war nicht hier, um Partei zu ergreifen…oder? Warum war er überhaupt mitgekommen? Es stand außer Frage, dass er bleiben konnte…und wenn er sich hier gegen die anderen stellte, deren Handeln nicht nachvollziehen konnte…dann hatte er einen Grund zu gehen. Es kam auf dasselbe raus und trotzdem war da etwas in ihm, das nicht wollte, dass eben dies geschah. Es war reiner Egoismus, dass er an Kisames Seite bleiben wollte, obwohl so vieles dagegensprach. Und nun saß er hier mit ihnen vorläufig fest und musste vielleicht einen Weg gehen, den er nicht gehen wollte. Ein reißender Schmerz durchzuckte seinen Körper, als sich der Bolzen durch das Fleisch unterhalb des Schlüsselbeins bohrte, ihm dieses um ein Haar zertrümmert hätte. Sein Schrei hallte durch den Wald…Panik durchflutete seine Venen wie sein Blut, das den Boden rot färbte. Er war stärker als sie…er war verdammt noch mal stärker als sie alle. Das waren nur Menschen…schwache, feige Menschen…und dennoch ging er vor ihnen in die Knie, konnte sich kaum rühren. Sich nicht wehren, nicht laufen…er war wie gelähmt. „Der Junge ist so blass, man könnte meinen, er hätte bereits das Zeitliche gesegnet…“ „Aber du kannst ihn doch retten?!“ „…seine Organe sind intakt, die Sehnen nicht gerissen…er hat unheimliches Glück gehabt. Wenn er das Fieber übersteht, kommt er durch…mehr Sorgen mache ich mir um dich.“ „…Unsinn.“ Seine Hände wurden ihm auf dem Rücken verdreht und jemand umfasste den Bolzen, riss an diesem. Die Wunde wurde dadurch weiter aufgerissen und erneut schrie er, warf sich unter Schmerzen herum, wehrte sich gegen die wahren Monster – bis man ihn schlug…und zwar so fest, dass er dachte, seine Nase würde brechen. Blut floss warm über sein Gesicht, als er erneut geschlagen wurde…so oft, dass er beinahe ohnmächtig wurde. Sie sprachen über ihn…davon, dass sie ihn nicht töten würden. Ein anderes Monster anlocken…welches andere Monster? Er sah nur die Monster um sich herum…und sie würden ihn verschleppen. Oder töten. „Was ist da passiert?“ Etwas kühles, Feuchtes wurde auf seine Stirn gelegt und die Hitze, die seinen Körper quälte, wurde ein wenig gelindert. Seine Augen zuckten unter den geschlossenen Lidern, während sein Atem schnell und unregelmäßig ging…ihm war so schlecht. So wie damals, als er mit vier Jahren krank geworden war…seine Mutter hatte Tag und Nacht an seiner Seite gewacht, sich um ihn gekümmert. Doch jetzt hatte er keine Mutter mehr…und sein Bruder war fern…ebenso wie Madara. Er war allein in der Finsternis. „…ich weiß es nicht.“ Jemand riss seinen Kopf in den Nacken, musterte sein blutiges Gesicht. „…sieht aus wie ein Kind.“ „Ihr wisst, was in ihm steckt…ich habe es gesehen.“ „Trotzdem…ist es ein Kind.“ „Und deine Tochter war kein Kind?! Sie war nicht älter als der hier…und das Monster hat sie dennoch geschändet!“ „Das weiß ich…aber woher wissen wir, dass er-“ „Es hat unsere Kameraden getötet!!“ „…“ „Diese Bestien sind zu allem fähig…und deshalb werden wir sie vernichten.“ Die Erinnerungen durchfluteten ihn und er stöhnte leise, wollte einfach nur wieder ohnmächtig werden. Irgendjemand war hier…jemand, den er nicht kannte…und der ihn anfasste. Ein Mensch, vermutlich…er wollte nicht angefasst werden. Jemand legte kühle Finger behutsam auf seinen Fuß, der so unheimlich schmerzte. „Du warst voller Blut…ihr beide ward voller Blut…irgendetwas ist passiert, also lüg mich nicht an!“ „…ich will nicht darüber reden.“ „Jetzt hör mir mal zu, Junge! Ich behandle deinen Freund, obwohl das hier eine Zuflucht für Frauen ist! Männern ist der Zutritt eigentlich strengstens untersagt…also rede, bevor ich es mir anders überlege und euch beide vor die Tür setze!“ Warum konnte er sich nicht wehren? Weil ihn die Angst auffraß…sie wussten von ihnen, nannten sie Monster. Es würden mehr kommen…viel mehr Menschen und dann würden sie sie angreifen. Es würden zu viele sein…alles würde sich wiederholen und er fühlte sich wieder wie damals. Wie ein verängstigtes Kind und die Verachtung, die er sich selbst gegenüber empfand, zermürbte ihn innerlich. Und dann hörte er es…ein so finsteres Grollen, dass es ihn am ganzen Körper schauderte. Ein roter Blitz, der aus flüssiger Lava zu bestehen schien…und einem seiner Peiniger mit nur einer Bewegung den Kehlkopf herausriss. Schreie hallten durch die Nacht... „Bitte, Baa-chan…“ „Naruto…ich habe dir immer vertraut. Damit ich das auch weiterhin kann, musst du jetzt mit mir reden. Was ist passiert? Keine Ausflüchte mehr!“ Naruto? Daher die vertraute Stimme…seine Lider flatterten, als ihm die andere Person, eine Frau, etwas auf seinen Fuß schmierte. Es brannte entsetzlich, doch er konnte sich kaum bewegen, zitterte lediglich unter der Berührung. „…ich weiß es wirklich nicht“, flüsterte Naruto schließlich. „Ich…als ich…zu mir kam…war da nur Blut und…er lag mittendrin. Er war verletzt…ich weiß es doch auch nicht.“ Und nun lag so viel Verzweiflung in der Stimme des Jungen, dass die Frau wohl Nachsicht hatte. Sasuke keuchte auf, als sie dünnen Stoff um seinen Fuß wickelte…und er riss die Augen auf, blickte sich wie in Trance um. Alles war verschwommen…und fremd. „Ist er wach?!“ „…halbwegs, wie es scheint…“ „Oh Gott…er lebt…ein Glück, dass er lebt!“ „Das sagte ich doch…beruhige dich und sei leise!“, mahnte die Frau…und er erkannte blondes Haar. Die Frau war blond…aber heller als Naruto. Ihm fielen die Augen von selbst wieder zu und er fühlte sich so schwach, dass er sich vor sich selbst schämte. „Sasuke?“ „Lass ihn…er braucht Ruhe.“ Seine Gedanken zerstreuten sich und noch bevor sein Kopf zur Seite fiel, war er erneut in einen unruhigen Schlaf abgedriftet. Unerwünscht war wohl der passendste Begriff, um auszudrücken, wie Itachi sich fühlte, als er mit Kisame entlang des Ufers ging. Sie hatten sich vorläufig von Zabuza und Haku getrennt, um die Lage besser bewerten zu können. Die Fischer bedachten sie mit feindseligen Blicken und der ein oder andere tuschelte mit seinem Nebenmann. Itachi musste nicht wissen, was sie sagten, konnte sich denken, dass es keine gutgemeinten Worte waren. „Einfach ignorieren“, brummte Kisame und zuckte mit den Schultern. „…um einen Angelhaken im Genick stecken zu haben?“, fragte Itachi lapidar. Kisame grinste. „Von nicht ernstnehmen, habe ich nichts gesagt“, meinte er amüsiert. „Du sollst es dir nur nicht anmerken lassen.“ „Ich dachte, dazu sind wir da. Um die Leute gegen uns aufzuhetzen“, murmelte er zurück. „Hast eigentlich Recht. Also…pack dir den Erstbesten und schmeiß ihn ins Meer?“ „Kisame.“ Dass dieser darüber Scherze machte, gefiel ihm nicht, auch wenn er die Art des Hünen mittlerweile kannte. Dennoch war da immer noch dieses Gefühl, dass sie hier etwas taten, das einfach nicht richtig war. Kisame zuckte bloß mit den Schultern, wirkte dabei immer noch zu heiter. Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich, wobei Itachi den Blick zum Meer schweifen ließ. Die Abgeschiedenheit des Ortes empfand er als nicht so unangenehm wie die feindseligen Leute um sie herum. Das Dorf wäre vermutlich sogar auf seine Weise ganz schön gewesen, wenn es nicht so heruntergekommen wäre. Allerdings kamen sie nicht gerade weit, da in diesem Augenblick jemand auf sie zu schnellte und sich gegen Kisame warf. Dieser sah verdutzt auf den Jungen herunter, der ihm mit einer Suppenkelle gegen das Knie schlug. Kurzes, braunes Haar lugte unter einem viel zu großen, gestreiften Hut hervor, ebenso wie zwei dunkle Augen, in denen Entschlossenheit aufblitzte. „Verschwinde, du Blödmann!!“ Itachi erkannte den Jungen wieder. Er hatte ihn bei ihrer Ankunft mit seiner Mutter gesehen. Erneut schlug das Kind auf Kisame ein, der diesem daraufhin die Kelle entriss und es am Kragen packte, es dabei so weit in die Luft hob, dass es mit den Füßen über dem Boden schwebte. „Lass mich runter, du Mistkerl!!“ Kisame schnaubte. „Sei froh, dass ich heute nen guten Tag habe, sonst hätte ich dich Gnom schon einen Kopf kürzer gemacht!“ Er ließ den Jungen auf den Boden plumpsen und warf diesem die Kelle vor die Füße. Der Hut landete neben ihm und gab ein verheultes Gesicht frei – der Blick glomm jedoch immer noch voller Hass. „Mir doch egal!!“, zischte er ihn und schlug seine Hand weg. „Ich weiß genau, was ihr vorhabt! Warum ihr hier seid! Jeder weiß es! Ihr seid böse!“ Itachi blinzelte bei dieser Direktheit, während Kisame grollend einen Schritt vormachte. „Du…“ „Wie kommst du darauf?“, unterbrach Itachi ihn. „Wieso sind wir böse?“ „Weil ihr meinen Papa umbringen wollt! Ihr seid Freunde vom Bürgermeister…und der ist böse. Jeder weiß das! Aber ihr kriegt meinen Papa nicht!“ Scheinbar reichte schon ihre bloße Anwesenheit auf dieser Insel, um das Misstrauen der Leute zu wecken. Was musste dieser Kaiza wohl für eine Bedrohung für den Bürgermeister sein, dass sie ihn so dringend beseitigt haben wollten. „Das hat er schon mal versucht, aber Papa ist zu stark! Also verschwindet, bevor er euch den Fischen zum Fraß vorwirft!“ Kisame knurrte. „Vielleicht nehmen wir uns dich zuerst vor, bevor dein Papa-“ „Kisame.“ „Der Bengel ist zu vorlaut, Itachi. Itachi kommentierte das nicht, sondern sah weiterhin zu dem Jungen, der blasser geworden war. „Wir haben gehört, dass dein Vater die Leute hier in Schwierigkeiten bringt“, fuhr er fort. „Ist das wahr?“ Sofort fuhr Inari herum und funkelte ihn so wütend an, dass Itachi schon damit rechnete, dass er jeden Moment mit seinen kleinen Fäusten auf ihn einschlug. Das tat er nicht – aber wohl eher, weil er sich vor Kisame fürchtete. „Das ist eine Lüge!“, brüllte er ihn an und Itachi sah sich um. Einige der Leute schauten bereits herüber und so gesehen taten sie damit genau das, was vom Auftraggeber erwartet wurde. Nur, dass Itachi dabei keinerlei Freude empfand. „Erzähl nicht solche Lügen! Mein Papa würde nie…mein Opa und Papa tun alles für die Leute im Dorf! Sie wollen sogar eine Brücke zum Festland bauen, damit sie nicht mehr nur auf die Handelsschiffe angewiesen sind! Aber der doofe Bürgermeister will das nicht! Und wer was sagt, verschwindet! Aber nicht Papa! Papa ist nämlich zu schlau und stark für euch Feiglinge!“ Itachi sagte eine Weile gar nichts, tauschte einen Blick mit Kisame, der bloß die Arme verschränkte und mit den Schultern zuckte. „Inari!! Oh Gott, Inari!!“ Itachi hielt inne, als eine Frau mittleren Alters auf sie zu lief, dabei die Taschen in ihren Händen fallen ließ. In der ersten Sekunde hatte der Uchiha das Gefühl, seine Mutter wiederzusehen. Langes, dunkles Haar…ebenso dunkle Augen und die helle Haut, so wie die schlanke Figur…und wie sie sich schützend vor ihren Jungen stellte. Das Bild war so präsent, dass es ihn erschütterte und er nicht fähig war, etwas zu sagen. Lediglich sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft. „Bitte…er ist doch ein Kind!“, verteidigte die Frau ihren Sohn und sah von einem zum anderen. „Er wollte gewiss keinen Ärger machen…also bitte…geht! Warum auch immer Ihr hier seid…lasst mein Kind in Ruhe!“ Kisame fixierte die Frau. „Dein Bengel hat uns angegriffen. Nicht andersherum.“ „Mama! Die wollen Papa was antun! Ich weiß es!“ „Kaiza? Was wollt Ihr von meinem Mann? Er hat nichts Unrechtes getan! Bitte…lasst uns einfach in Ruhe…bitte…mein Mann ist kein schlechter Mensch!“ „Keiner hat etwas davon gesagt. Aber wenn sich dein Balg weiter so benimmt, dann-“ „Kisame“, unterbrach der Uchiha ihn ohne jegliche Emotion in der Stimme. „Lass gut sein. Wir gehen.“ Er sah noch einmal zu Mutter und Kind, ehe er sich umwandte…und er wusste, dass Kisame ihm folgen würde. Das hier machte keinen Sinn. „Du vergisst nicht, weswegen wir hier sind, oder?“ Itachi vernahm sehr wohl den veränderten Tonfall des Hünen, welcher hinter ihm lief. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war es klar gewesen, dass sie irgendwann an diesen Punkt gelangen würden. Bisher war es reines Glück gewesen, dass sie in keinen Konflikt geraten waren, doch jetzt sah das anders aus. Er blieb erst stehen, als sie sich ein Stück abseits vom Dorf befanden. „Das ist mir ja leider nicht möglich.“ Ihm war bewusst, dass er etwas bissiger klang, doch das Geschrei des Jungen, der für seine Familie kämpfte, ging ihm an die Nieren. Ebenso wie das Gesicht seiner Mutter… „Wir wissen nicht, ob die beiden einen Verbrecher schützen.“ „In jedem Fall zerstören wir eine Familie.“ „…du wusstest, was wir für Geld tun.“ Das entsprach der Wahrheit. Es machte es nur nicht besser. „Das macht es nicht weniger falsch.“ „Mag sein, aber so ist es eben. Wir stehen auf der Seite der Auftraggeber.“ Itachi spürte bei den Worten das Feuer in sich aufglühen und es fiel ihm schwer, es zu unterdrücken. Die ungerechte Frage lag ihm auf der Zunge, doch er schluckte sie herunter. Vielleicht auch, weil er die Antwort nicht kennen wollte. „Ich werde mich daran nicht beteiligen.“ Er drehe sich zu Kisame um, der ihn mit einem Blick ansah, der seinen Unwillen deutlich machte. „Das muss ich akzeptieren“, meinte er jedoch. „Solange du dich nicht gegen uns stellst.“ Erneut begann es in seinem Inneren zu glühen, stärker als zuvor. „Und wenn doch? Bin ich dann der nächste auf eurer Liste?“, entkam es ihm und Kisame knurrte. „Das habe ich nicht gesagt.“ Der Hüne machte einen Schritt auf ihn zu, kam ihm näher, als es gerade gut für ihn war. Itachi funkelte ihn kühl an, wich allerdings nicht zurück. Da war mit einem Mal so viel Wut in ihm. So viel unterdrückter Hass…weil es ihm bekannt vorkam. Das alles hier. Es erinnerte ihn an seine Machtlosigkeit. „Aber so ist es, nicht wahr? Selbst wenn das alles hier falsch ist, werdet ihr es tun. Ihn umbringen. So wie Menschen das nun einmal tun.“ Kisame schnaubte. „Tu nicht so, als wärd ihr Uchiha so anders, Itachi. Dein Onkel tötet Menschen, die einfach nur euren Wald betreten.“ „Und du kennst die Gründe dafür. Wage es nicht, das miteinander zu vergleichen.“ „Und du wagst es besser nicht, so mit mir zu reden“, grollte Kisame zurück, woraufhin Itachi die rot glimmenden Augen verengte. „Das kann ich nur zurückgeben.“ Jetzt pass mal auf, ich-“ Er spannte sich unbewusst an und als Kisame nach seinem Arm griff, verlor er für einen Moment die Kontrolle. Nicht nur der Hüne zuckte zischend vor ihm zurück, auch durch Itachis Körper ging ein Ruck und er starrte den anderen erschrocken an. Direkt kühlte sich sein erhitztes Gemüt ab und sandte Schuldgefühle durch seinen Körper. Für den Moment hatte er sich vergessen…etwas, das nicht hätte passieren dürfen. „Kisame, ich-“ „Schon gut. Ist nichts passiert“, fiel er ihm sofort ins Wort, doch Itachi ahnte, dass das eine Lüge war. Ob der Schmerz groß war oder nicht, war unerheblich. Es ging um das, was er bedeutete. Ihr Vertrauen ineinander war erschüttert, oder nicht? So sollte es nicht sein. Unsicher schaute er Kisame an, welcher sich die Hand hielt, den Blick fest auf diese gerichtet. Sonst war dieser nicht so wortkarg. „Du solltest die Hand im Wasser kühlen“, murmelte er und wandte sich dann ab. Kisame sagte ein paar Sekunden nichts, doch bevor er außer Reichweite war, hielt er ihn doch noch zurück. „Wohin gehst du?“ Itachi zögerte merklich, dann atmete er tief durch. „Nachdenken. Über alles. Das sollten wir beide tun.“ Er ahnte, dass Kisame noch etwas sagen wollte, doch Itachi wartete nicht darauf, dass er es tat. Gerade eben musste er einfach raus aus dieser Situation. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)