DEAN CORVIN: 02. Brennpunkt Mars von ulimann644 ================================================================================ Kapitel 20: Ein neuer Anfang ---------------------------- 20. Ein neuer Anfang In der folgenden Woche erlebte die HARRISON-CROENEN-BASIS eine bisher kaum dagewesene Geschäftigkeit. Beschädigte Einheiten der Flotten, die das Desaster über dem Mars überstanden hatten, wurden verlegt, die Siebte Flotte machte sich bereit, den Flug nach Outpost anzutreten und die Zehnte Flotte wurde mit Hochdruck einsatzbereit gemacht. Letzteres Äußerte sich darin, dass permanent Ausrüstung und Nachschubgüter an Bord der einhundert neuen Kriegsschiffe gebracht wurde. Außerdem wimmelten unzählige Besatzungsmitglieder für diese Einheiten zwischen den Raumschiffen herum. Zu Letzteren, an diesem Abend, gehörten auch Famke Korkonnen und Darweshi Karume. Sie hatten sich auf dem Schlachtkreuzer HAGEN VON TRONEGE eingerichtet und befanden sich nun auf dem Weg zur Fregatte CARDIFF ums sich von Kimi Korkonnen und seiner Freundin zu verabschieden. Famke verstand sich gut mit Renée, worüber nicht nur sie, sondern besonders Kimi sehr erfreut war. Famke gönnte ihrem Bruder sein Glück. Mittlerweile wussten die beiden Jungoffizier natürlich auch, warum ihnen zuvor die 292. Raumlande-Einheit nichts gesagt hatte, denn dabei handelte es sich um eine ganz neu ins Leben gerufene Einheit, speziell für die Zehnte Flotte. Da die beiden Raumschiffe der Zehnten Flotte direkt hintereinander auf dem riesigen Landefeld des Raumhafens standen, konnten sie die Strecke bequem zu Fuß zurücklegen. Vor der, im Vergleich zu dem riesigen Schlachtkreuzer, eher klein wirkenden Fregatte angekommen, blieben die beiden jungen Leutnants stehen und sahen sich um. Auf dem weiten Landefeld standen Raumschiffe der verschiedensten Größen. Hauptsächlich natürlich jene der Zehnten Flotte, die kurz davor standen in den aktiven Dienst zu treten. Als Kommandeur dieser Flotte war, gestern erst, eine erfahrene Frau, im Rang eines Generalmajors, ernannt worden. Caitriona Aleen McGowan. Eine energische, temperamentvolle Frau mit flammend roten Haaren und sphinxhaften, grünen Augen. Man munkelte insgeheim, dass ein einziger Blick dieser Frau ausreichte, um Untergebene zu paralysieren, wenn sie wütend wurde. Raumfahrerlatein, wie Famke Korkonnen vermutete. Mit einem irgendwie stolzen Gefühl, weil ihr persönlicher Einsatz dies alles hier ermöglicht hatte, schritt sie, neben Darweshi Karume, die Rampe hinauf. Unangefochten erreichten sie das Kommandozentrum der CARDIFF, wo sie auf Kimi trafen. Erfreut schritt Famke auf ihren Bruder zu, der sie erst im letzten Moment erkannte. Freudig umarmte sich die Geschwister, bevor Darweshi und Kimi sich begrüßten. „Das ist also dein Raumschiff“, stellte Famke fest und sah sich um. „Mein Bruder als Kommandant einer Fregatte, wer hätte das vor einem Jahr gedacht.“ „Ja, lass uns von etwas anderem reden.“ Das Gesicht des blonden Mannes hatte sich für einen Moment verdüstert und Famke ahnte warum. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass eine Verräterin seinen Ruf zerstörte, während seine Zeit an der Sektion-Terra. Seinen und den von Dean. Zweieinhalb Jahre lang waren die beiden Freunde deshalb auf Titan versauert, statt Dienst auf einem Raumschiff verrichten zu dürfen. „Wir sind hergekommen um uns von dir zu verabschieden und Glück zu wünschen, bevor dein Schiff den ersten Patrouilleneinsatz fliegt“, vermittelte Darweshi. „Und dann müssen wir auch bald schon wieder zurück zu unserem Schlachtkreuzer.“ Kimi Korkonnen lächelte wieder. „Wie ich hörte, folgt euer Schlachtkreuzer morgen nach. Wie fühlt es sich an, auf dem Flaggschiff der Zehnten Flotte zu dienen?“ „Sehr gut“, lachte Famke, bevor sie wieder ernst wurde und sich erkundigte: „Warst du gestern Abend noch bei Dean?“ „Ja. Sein Zustand ist unverändert. Zum Glück verbleibt die Zehnte Flotte im Wega-System, und löst damit die Siebte Flotte ab. So kann ich ihn wenigstens alle fünf Tage besuchen und sehen, wie es ihm geht.“ Darweshi warf ein: „Ist die NOVA SOLARIS wirklich so stark angeschlagen, dass sie noch drei Monate in der Reparaturwerft verbleiben muss?“ Kimi sah zu dem Tansanier. „Ja der Kreuzer ist ziemlich mitgenommen. Aber außer Dean gab es, durch den Beschuss bei der Schlacht über dem Mars, nur ein paar leicht Verletzte an Bord. Insgesamt hatte die Crew großes Glück.“ „Mir tut seine Freundin Rian leid“, bekannte Famke und schüttelte dann den Kopf. „Ich kann immer noch nicht fassen, dass Dean sich Andrea aus dem Kopf geschlagen hat. Irgendwie hatte ich schon befürchtet, seine Schwärmerei für sie würde nie aufhören.“ Kimi stimmte zu: „Ich auch, Schwesterherz. Rian tut ihm gut. Ich habe sie gestern an seinem Krankenbett gesehen. Hoffentlich bekommt Dean keinen seelischen Knacks, wenn ihm bewusst wird, dass er seinen linken Arm verloren hat. Mittlerweile haben die Medo-Techniker den künstlichen Arm noch einmal angepasst und endgültig angeschlossen.“ „Dean wird damit zurechtkommen“, munterte Famke ihren Bruder auf. Dann bemerkte sie die auffordernden Blicke von Darweshi und verabschiedete sich herzlich. Auf dem Weg zurück sah Famke sorgenvoll zu ihrem Begleiter und Karume fragte ahnungsvoll: „Du glaubst also nicht, dass es so einfach werden wird, mit Dean?“ Famke machte eine wiegende Geste mit der Hand. „Ich bin mir da nicht sicher. Ich kenne Dean von klein auf. Manchmal kann er ziemlich sprunghaft und auch etwas launisch sein. Ich hoffe darauf, dass Rian einen guten Einfluss auf ihn hat. Als ich sie vor einige Tagen kurz im Krankenhaus sah, da machte sie einen sehr guten Eindruck auf mich. „Stimmt es übrigens, dass er Rian zuvor aus einem Gefängnistrakt, unter dem zerstörten Strategischen Hauptquartier der Flotte, auf dem Mars, herausgehauen hat?“ Famke verzog etwas das Gesicht. „Nach dem, was mir Kimi erzählt hat, ja. Dabei gehörte das gar nicht zu seinem damaligen Auftrag. Hätten wir zwei uns das geleistet, dann hätte man uns die Rangabzeichen vom Kragen gerissen. Aber er kriegt eine Belobigung von der Alten Dame höchst selbst. Ist das zu fassen?“ „Vielleicht mag General Mbena ihn ja gut leiden“, grinste Karume. Famkes Kopf ruckte zu ihm herum, bei diesen Worten: „Lach nicht so laut. Vielleicht ist das nämlich die Wahrheit. Zumindest deutete Kimi vorgestern so etwas an, als er von der ersten Begegnung zwischen Dean und ihm mit Mbena erzählt hat. Wenn Dean wirklich will dann hat er schon einen Schlag bei den Mädchen.“ „Das mit dem Mädchen lässt du General Mbena aber besser nicht hören.“ Sie fuhren mit einem der Lifts zum unteren Deck der Fregatte hinunter, erwiderten beim Verlassen der Kabine den Gruß mehrere Mitglieder der Mannschaft und schritten dann die Rampe der hinteren Steuerbordschleuse hinab. Bei der HAGEN VON TRONEGE angekommen trafen sie mit einer schlanken Frau zusammen, die im Begriff war, an Bord des Schlachtkreuzers zu gehen. Erst auf den zweiten Blick erkannten die beiden Leutnants an den Rangabzeichen, dass es sich um einen Generalmajor handelte, und bei der auffällig roten Farbe ihrer Haare war ihnen beiden sofort klar, wen sie hier vor sich hatten. Sie grüßten vorbildlich und die Vorgesetzte erwiderte ihn, bevor sie die beiden Offiziere mit ihren großen, grünen Augen fixierte und sich erkundigte: „Gehören Sie beide zur Crew des Flaggschiffs?“ „Ja, General“, bestätigte Famke Korkonnen. „Sehr gut. Dann hinein ins Schiff mit Ihnen beiden. Helfen Sie beim Entladen der Ausrüstung, damit sind am Ende alle schneller fertig. Ich werde auch die übrigen Mitglieder der Besatzung aufscheuchen und Ihnen Unterstützung schicken. Mein Interesse ist es nämlich, das Flaggschiff, so schnell wie möglich, bereit zu wissen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.“ „Natürlich, Sir!“ „Na dann: Hopp. Die Arbeit macht sich nicht von allein.“ Damit wandte sich die energische Mittfünfzigerin ab und verschwand im nächsten Moment bereits über ihnen in der Schleusenkammer. Famke und Darweshi beeilten sich, ihrer Vorgesetzten zu folgen. Dabei dachte Famke etwas ernüchtert: Von wegen, Raumfahrerlatein. * * * Generalmajor McGowan hatte nicht zu viel versprochen. In der Tat war eine halbe Stunde später die gesamte Mannschaft im Flaggschiff auf den Beinen. Angefangen vom Oberst, bis zum letzten Gefreiten. Selbst McGowan packte mit an, lud ab, räumte ein oder reichte Ausrüstung an andere Mitglieder der Besatzung weiter. Famke, die sich zwischenzeitlich immer wieder umsah, bemerkte die anerkennenden Blicke der Besatzung in Richtung des Generals und sie musste zugeben, dass dies nicht die schlechteste Methode war, die Besatzung des Flaggschiffs gleichermaßen anzuspornen und für sich einzunehmen. Selbst Darweshi meinte zwischenzeitlich: „Die Dame bringt Schwung in die Truppe. Das hier wird sich ziemlich schnell herumsprechen.“ Famke stimmte stumm zu. Dabei gewann sie nicht den Eindruck, dass Caitriona McGowan nur aus Berechnung mit anpackte. Viel mehr schien es ihr um die unbedingte Kameradschaft zu gehen und zwar von ganz oben, bis ganz unten. Das nötigte Respekt ab. Als Caitriona McGowan das letzte Ausrüstungsstück aus den Händen legte, da sah sie sich zufrieden um und meinte: „Hervorragend, meine Damen und Herren. Sie sehen, was mit vereinten Kräften möglich ist. Ich hoffe, das wird auch im normalen Flugbetrieb und im Kampf so reibungslos funktionieren. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Abend.“ Damit reckte sie sich ungeniert und marschierte dann zum Schott des Lagerraums hinaus, wobei ihr nicht wenige Leute hinterher blickten. Darweshi wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und sah zu Famke. „Sag, was du willst, aber ich mag unsere Kommandeurin.“ „Ich auch“, gab Famke zu und grinste breit. „Diese Frau hat einen etwas rustikalen Führungsstil, doch er funktioniert, wie mir scheint. Sieh dich mal um. Nur zufriedene Gesichter, trotz der Schufterei.“ „Und was hältst du von unserem direkten Vorgesetzten?“ Famke überlegte kurz und meinte dann: „Etwas wortkarg, unser Hauptmann Coentz aber ansonsten in Ordnung, würde ich sagen. Genaueres wird man erst nach den ersten Einsätzen mit ihm sagen können.“ Gemeinsam verließen sie den Lagerraum und begaben sich in Richtung eines Lifts, um zu ihren Quartieren hinauf zu fahren. Dabei fragte Famke: „Kommst du noch auf einen Sprung mit zu mir?“ Der Tansanier stimmte erfreut zu. „Sehr gerne.“ Als sie in Famkes Quartier, auf der Couch, beisammen saßen, lehnte sich die Frau, mit einem Glas Fruchtsaft in ihren Händen, leicht an ihn und sagte gedankenverloren: „Ich wüsste zu gerne, was Moshe, Alexandra und die anderen gerade machen. Ob sie den Geheimdienstoffizier wirklich gefangennehmen konnten? Hoffentlich schaffen sie es, die Verantwortlichen beim Bund von Harrel zu überzeugen, dass die Konföderation ihnen ebenfalls an den Kragen will. Wenn wir den Bund als Alliierte gewinnen könnten, dann würde die Konföderation ziemlich isoliert da stehen. Möglicherweise können wir dann einen Frieden mit ihnen aushandeln, der einen Rückzug aus allen besetzten Gebieten beinhaltet.“ „Denkst du wirklich, der Diktator von Denebarran ließe sich darauf ein? Der ist größenwahnsinnig, sage ich dir. Und ein Fanatiker obendrein. Eine brisante Mischung.“ Für eine Weile blieb es still zwischen ihnen, bevor Famke den Faden wieder aufnahm und vermutete: „Die Übrigen werden bestimmt enttäuscht sein, dass wir jetzt wieder der Flotte angehören, und nicht mehr dem Sperber-Team. Dabei muss ich mich erst einmal an diese neuen, dunkelgrauen Uniformen gewöhnen. Die hellgrauen gefielen mir besser.“ „Wenn das Team Erfolg hat, dann werden Moshe und alle anderen des Teams ohnehin vermutlich hierher kommen. Und spätestens dann gehören er und Alexandra ebenfalls wieder zur Flotte. Was aus den Übrigen wird, bleibt abzuwarten. Ich hoffe nur, dass man Yunai in diesem Fall keine allzu großen Schwierigkeiten machen wird und berücksichtigt, was sie innerhalb des Sperber-Teams geleistet hat. Ohne sie wären wir nicht hier.“ Famke trank ihr Glas aus, stellte es auf einen kleinen Tisch, neben der Couch, und lehnte sich dann stärker an Darweshi. Dabei meinte sie ironisch: „Dein Schnarchen hat mir irgendwie gefehlt, in den letzten Tagen. Es ist fast zum lachen.“ „Du hast mir auch gefehlt“, gab Darweshi offen zu und sah Famke tief in die Augen. Dabei spürte er, wie sie ihre Hand auf seine Brust legte und dass sie sich nochmal etwas enger an ihn schmiegte. Seinen Blick erwidernd antwortete Famke ruhig: „Ich möchte nichts überstürzen, Darweshi. Wir müssen beide erst einmal wieder ganz zur Ruhe kommen und verarbeiten, was wir, seit Anfang des Jahres, erlebt haben. Warten wir einfach ab, was passiert, in Ordnung.“ Der Tansanier sah die Finnin lächelnd an und nickte schwach, wobei er seinen Arm um sie legte. Absolut in Ordnung, Famke. Ich halte das auch für das Beste.“ Zufrieden mit dieser Antwort legte Famke ihren Kopf auf seine Schulter und meinte nach einer ganzen Weile: „Ein perfekter Moment für einen neuen Anfang.“ Dann schloss sie ihre Augenlider und genoss einfach die Nähe des Mannes an ihrer Seite. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)