DEAN CORVIN: 02. Brennpunkt Mars von ulimann644 ================================================================================ Kapitel 19: Entscheidung ------------------------ 19. Entscheidungen Auf der TRITON sah Generalmajor Jonathan Joseph Montana zum Kommandanten seines Flaggschiffs, Oberst Nihat Yildirim, und hob seine Augenbrauen leicht an. Zwischen ihm und dem Oberst bestand eine herzliche Kameradschaft. Als Yildirim im Jahr 3217 das Kommando über den Schlachtkreuzer übernahm, war Montana bereits seit fünf Monaten Kommandeur der Siebten Flotte gewesen. Er hatte sich, als eine Art Mentor, dem Oberst angenommen. Das hatte sehr zur Festigung ihrer Kameradschaft beigetragen. Nihat Yildirim ahnte, was den Generalmajor umtrieb, und er meinte: „Diese beiden Kadetten. Wenn deren Angaben wirklich stimmen, werden sie Ihren Befehl verstehen, Sir. Wir müssen uns absichern. Wir haben Krieg.“ Montana lächelte unmerklich. Von Beginn an hatte ihm die klare Dienstauffassung des Obristen gefallen. Zustimmend gab er zurück: „Es wird ja auch nicht der Schaden dieser beiden jungen Menschen sein, sofern sie wirklich dafür gesorgt haben, dass die Zehnte Flotte sich nun in unseren Händen befindet. Aber das werden diese Kadetten früh genug erfahren.“ „Ja, Sir.“ Yildirim konzentrierte sich wieder auf seine Funktion als Raumschiff-Kommandant. „Ein Kriegsschiffverband von knapp siebzig Einheiten fällt soeben aus dem Hyperraum, General. Das ist etwas mehr, als wir erwartet haben.“ Längst hatte der Kommunikationsoffizier auf Flottenfrequenz umgeschaltet, so dass Montana auf allen Kriegsschiffen gleichzeitig empfangen werden konnte. „Montana an alle Kommandanten: Feuer frei!“ Im All, zwischen dem Sol-System und dem etwas näher liegenden Wega-System, eröffneten 150 Raumschiffe, annähernd gleichzeitig, das Feuer auf die vollkommen überraschten Feinde. Phasengesteuerte Plasma-Geschütze erzeugten ein filigranes Netz an grell-violetten, scharf abgegrenzten, Strahlen, während die Torpedos nur anhand ihrer bläulich glühenden Antriebssystem, die wegen ihrer hohen Geschwindigkeit scheinbar Leuchtstreifen hinter sich her zogen, zu erkennen waren. Bevor der Kommandeur des Feindverbandes reagieren konnte, gingen in den Reihen des geschlossenen Verbandes die ersten, künstlichen Atomsonnen auf. Dort detonierten die Materie-Antimaterie-Sprengköpfe der terranischen Torpedos. Einige der feindlichen Kriegsschiffe versuchten zu entkommen, doch der Kommandeur des Verbandes hatte den fatalen Fehler begangen, seine Raumschiffe nicht in Schlachtordnung aus dem Hyperraum fallen zu lassen. Durch die enge Formation hatten die terranischen Kriegsschiffe leichtes Spiel mit dem Gegner. Der bereits leicht ergraute Joe Montana stammte von Capella IV, einer sehr heißen und unwirtlichen Welt. Das Leben dort hatte ihn bereits in frühester Jugend abgehärtet. Im Grunde seines Herzens hasste Montana es, anderen Wesen Schaden zuzufügen, doch gegenwärtig herrschte Krieg. Ein Krieg, der den Terranern, von der Konföderation Deneb, ins Haus getragen worden war. So handelte Montana kompromisslos, weil er wusste, dass es hier darum ging selbst zu töten, oder vom Feind getötet zu werden. Montana gab schließlich den Befehl zu einem Umfassungsmanöver. Ansonsten hielt er sich weitgehend zurück, denn die Schiffsinterna oblagen einzig Oberst Yildirim. Der Generalmajor fungierte als Kommandeur der Flotte, nicht als Raumschiff-Kommandant. Diese beiden Funktionen zu trennen hatte sich seit Anbeginn der Raumflotte bewährt. Bei den Raumschiffen der Konföderation entstand Chaos. Nach der Vernichtung des feindlichen Flaggschiffes handelte jeder Kommandant auf eigene Faust, was zusätzlich Verwirrung in die Reihen des Feindes brachte. Mehrere Feindschiffe kollidierten wegen der fehlenden Koordination miteinander und zerstörten sich auf diese Weise gegenseitig. Inzwischen hatten die terranischen Einheiten den Gegner eingeschlossen und feuerten dabei gleichzeitig unablässig weiter. Ein Feindschiff nach dem anderen wurde ein Opfer der terranischen Kriegsschiffe. Es dauerte keine zehn Minuten, bis der letzte feindliche Kreuzer zerstört worden war, und der Generalmajor befahl, das Feuer einzustellen. Er gab Befehl, nach Überlebenden zu scannen, doch bereits nach kurzer Zeit stand fest, dass kein feindlicher Soldat den Feuerüberfall der Terraner überlebt hatte. Ein Notruf war nicht aufgefangen worden, also wussten die Verantwortlichen der Konföderation nicht, was sich hier zugetragen hatte. Joe Montana wusste, dass dieser Umstand einen zusätzlichen, psychologischen Effekt zeitigen würde. Der Gegner war es bisher gewohnt, den Terranern Niederlagen beizubringen. Das hatte möglicherweise bei den Besatzungen der Armada von Deneb zu einer Art von Glauben an die eigene Unbesiegbarkeit geführt. Wenn das zutraf, dann würde die Tatsache, dass hier siebzig Raumschiffe der Armada vernichtet worden waren, ohne einen Notruf abgesetzt zu haben, diesen Irrglauben nachhaltig erschüttern. Der Moral der Truppe würde das einen nachhaltigen Schaden zufügen. Der Generalmajor riss sich von diesen Überlegungen los und befahl über Flottenfrequenz: „Hier Kommandeur der Siebten und Zehnten Flotte. Rückzug nach Wega.“ * * * Unmittelbar nachdem die Hälfte der Siebten Flotte gemeinsam mit der Zehnten Flotte das Wega-System erreicht hatte, machten bereits die ersten Gerüchte von einem überragenden Sieg gegen die Konföderation Deneb die Runde im Hauptquartier des Systems. Generalleutnant Gael Dorian Fournier betrat das Hauptquartier, eine Stunde nachdem die Zehnte Flotte und einige Einheiten der Siebten Flotte, auf dem Raumhafen von Erron gelandet waren. Auf dem Weg zur Strategischen Kommandozentrale bemerkte er sofort, dass sich die Stimmung spürbar verändert hatte, im Vergleich zu den letzten Monaten. So etwas, wie Aufbruchstimmung schien allenthalben in der Luft zu liegen, befand der mittelgroße Vierundsechzigjährige. Den respektvollen Gruß eines Unteroffiziers erwidernd, der ihm im Gang entgegen kam, bemerkte Fournier auch bei diesem Mann das besondere Leuchten in seinen Augen. Auch die gesamte Haltung des Unteroffiziers wirkte straffer. Natürlich hatte der Flaggoffizier, mit den roten Streifen auf seiner Uniform, die ihn als zum Kommandostab gehörend auszeichneten, zuvor bereits die Meldung über den Sieg der Siebten Flotte erhalten. Im Verbund mit den Einheiten, die von Rumpfmannschaften übernommen worden waren, hatte die halbe Siebte Flotte, unter Generalmajor Montana einen großartigen Sieg eingefahren. Den ersten glatten Sieg, seit dem Überfall der Konföderation Deneb auf das Zentralsystem des ehemaligen Terranischen Imperiums. Montana hatte ihm dabei ebenfalls gemeldet, man habe insgesamt drei Menschen, verteilt auf einen Schweren Kreuzer und einen Leichten Kreuzer, vorgefunden. Bei zwei von ihnen sollte es sich, den Aussagen der Beteiligten nach, um Kadetten der Akademie handeln. Ihre Aussagen deckten sich mit dem Auffinden einer Code-Karte, die man zuvor einem Major Corvin von der Farradeen-Allianz anvertraut hatte. Corvin hatte es offensichtlich für nötig erachtet, einem der beiden Kadetten diese Karte anzuvertrauen. Zusammen mit dem Auftrag, dessen Ausführung ihm selbst unmöglich wurde, als er vom Mars hatte fliehen müssen um selbst der Vernichtung zu entgehen. Einer der beiden Kadetten hatte ausgesagt, Major Corvin persönlich zu kennen und darüber hinaus die Schwester eines terranischen Offiziers zu sein, dessen Raumschiff gegenwärtig im Wega-System weilte. Darum hatte er höchstpersönlich den Befehl gegeben, einen gewissen Hauptmann Kimi Korkonnen ins Hauptquartier zu beordern. Stimmten die Aussagen der jungen Frau, dann würde Hauptmann Korkonnen sie bestätigen. Gael Fournier wollte nur kurz in der Kommandozentrale hineinschauen und ein bereits angemeldetes Ferngespräch via Hyperfunk-Richtstrahl zu führen, um sich danach zu Besprechungsraum-II zu begeben, wo Korkonnen und die beiden angeblichen Kadetten, Letztere unter Bewachung, auf ihn warteten. Da Fournier sehr neugierig darauf war, die Hintergründe der erfolgreichen Übernahme von einhundert brandneuen Kriegsschiffen zu erfahren, hielt er sich, nach dem Gespräch nicht lange im Kommandozentrum auf, sondern eilte weiter zum Besprechungsraum. Die beiden Wachen, die zu dieser Gelegenheit extra dort angetreten waren, salutierten respektvoll. Auch sie schienen Fournier irgendwie verändert zu sein. Als der Generalleutnant eintrat, erhoben sich die bereits Anwesenden schnell von ihren Sesseln und grüßten stramm. Der Flaggoffizier erwiderte den Gruß lässig und forderte die Männer und Frauen dann auf: „Bitte nehmen Sie wieder Platz.“ Generalleutnant Fournier hatte es zwar als Bitte verpackt, doch keine der anwesenden Personen wäre eingefallen stehen zu bleiben. Jeder wusste, dass es ein Befehl gewesen war. Kurz sah er auf das große Paket auf dem Tisch, dessen Inhalt, von allen Anwesenden, nur ihm persönlich bekannt war. Er hatte es zuvor hierher bringen lassen. Nachdem der Generalleutnant saß, blickte er nacheinander in die Gesichter der Anwesenden und verharrte schließlich bei einem hochgewachsenen, blonden Hauptmann der Flotte. Ihn mit seinen braunen Augen direkt ansehend, fragte er: „Sie sind Hauptmann Kimi Korkonnen, ist das richtig?“ Kimi Korkonnen, der etwas angespannt war, weil man ihn bisher von Famke ferngehalten hatte, erwiderte laut: „Jawohl, Sir!“ „Gut, dann kennen Sie die anwesende, junge Dame hier am Tisch, in der Uniform der Konföderation Deneb?“ Allein das Leuchten in den blauen Augen des Hauptmanns sagte Fournier bereits genug, bevor der junge Mann erklärte: „Ja, Sir. Diese junge Dame ist meine Schwester, Famke Korkonnen. Ihren Begleiter hingegen kenne ich nicht.“ „Das macht gar nichts“, entgegnete der Sektoren-Kommandant ungerührt. „Über die Identität des Mannes sind wir uns im Klaren. Ein Zufall, wenn man so will. Nun, ich bin froh, dass wir es tatsächlich mit zwei Angehörigen der Terranischen Flotte zu tun haben, die für die Sicherung der Zehnten Flotte verantwortlich zeichnen. Das wird unseren Truppen zusätzlichen Auftrieb geben. Obwohl ich auch zufrieden gewesen wäre, wenn der farradeenische Kommandotrupp zuvor bereits Erfolg gehabt hätte. Wie ich hörte, kennen Sie Major Corvin ebenfalls?“ „Er ist mein bester Freund, Sir.“ „Ich verstehe, Hauptmann.“ Damit wandte sich der Generalleutnant an Joe Montana, um sich den Ablauf der Geschehnisse aus seiner Warte schildern zu lassen. Fast die gesamte Zeit über hörte er aufmerksam zu und fragte nur vereinzelt nach. Dabei stellte er zu seinem stillen Vergnügen fest, wie sich die Miene des jungen Hauptmanns dabei, von Situation zu Situation, veränderte. Am Ende dankte Fournier seinem Kollegen und sprach ihm seinen Dank aus, mit der Bitte, ihn an die Besatzungen, die am Kampf beteiligt waren, weiterzugeben. Zum Schluss meinte er zu Joe Montana: „Dann will ich Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.“ Montana verstand diesen verbalen Rauswurf, erhob sich schmunzelnd, salutierte vorbildlich und schritt eilig aus dem Raum. Auf ein Zeichen von Gael Fournier schlossen sich die Wachen im Raum dem Generalmajor an. Fournier wartete, bis er allein mit den Korkonnen-Geschwistern und Darweshi Karume war, bevor er sich zu den beiden Kadetten wandte und sich bei ihnen erkundigte: „Ich nehme an, Sie beide haben sich bereits Gedanken über Ihre Zukunft gemacht, während des Fluges ins Wega-System. Ich gehe davon aus, sie wissen, dass Sie noch immer der Flotte unterstehen, da Sie lediglich im Einsatz vermisst waren. Über Ihre unerlaubte Entfernung von der Truppe will ich großzügig hinweg sehen.“ Der Generalleutnant blickte ernst, bis ihn die Mienen der beiden jungen Leute zum Lachen reizte. „So, und jetzt möchte ich, aber bitte nicht zu ausufernd, von Ihnen beiden erfahren, was Sie auf der Erde erlebt haben, seit sie besetzt wurde.“ Famke Korkonnen und Darweshi Karume berichteten nun abwechselnd, wie es ihnen während des Überfalls auf das Sol-System ergangen war. Bei der Erwähnung der gewaltigen Zerstörungen auf Terra und dem Verrat durch Cole Hauser, versteinerten die Mienen von ihm und Kimi Korkonnen gleichermaßen. So wie sie gleichermaßen Stolz zeigen, als beide von der Resistance berichteten, die sich auf Terra formierte und immer stärker wurde. Am Ende ihres Berichtes lehnte sich Fournier im Sessel zurück und sah die beiden Kadetten abwechselnd an. Dabei sagte er langsam: „Meine Frage vorhin hatte einen sinnvollen Hintergrund. Ich meine, die Frage nach Ihren Gedanken bezüglich ihrer Zukunft.“ Es war Darweshi Karume, der sagte: „Sir, wir beide hätten, nach weiteren sechs Monaten, unser Offizierspatent erhalten. Wenn es erlaubt ist, so würde ich darum bitten, uns zu Beginn des nächsten Jahres, an der hiesigen Sektion der Akademie, wieder einzusteigen zu lassen, damit wir dann im Sommer endlich unseren Abschluss machen können.“ Der Generalleutnant gab vor zu überlegen. Dann schüttelte er den Kopf und meinte entschieden: „Nein, der Gedanke gefällt mir nicht.“ Erschrecken und Überraschung lag auf den Mienen der drei Anwesenden. Noch bevor Widerspruch, der in den Augen aller Anwesenden lag, erfolgen konnte, ergriff Fournier wieder das Wort und fragte beide Kadetten, ehrlich erstaunt: „Gefällt Ihnen beiden etwa der Gedanke, noch ein halbes Jahr an der Akademie zu verplempern? Sie beide verfügen, nach dem, was ich eben gehört habe, über mehr Kampferfahrung, als der Großteil aller anderen Männer und Frauen bei den Streitkräften. Mich eingeschlossen. Nein, so erfahrene Männer und Frauen, wie Sie zwei es sind, brauche ich sofort. Nicht erst im nächsten Sommer.“ Gael Fournier gab den drei jungen Leuten Gelegenheit, seine Worte zu verarbeiten, bevor er seine Linke auf das Paket legte und weiter ausführte: „Ich habe vor diesem Treffen ein Gespräch mit der Oberkommandierenden der Flotte, auf Outpost, geführt. Sie gab mir freie Hand, für den Fall, dass die Identifizierung und Ihre Berichte zu meiner Zufriedenheit ausfallen würden. Darum darf ich Sie beide beglückwünschen, zu Ihrer Ernennung zu Leutnants der Terranischen Protektorats-Flotte. Hier drinnen befinden sich Ihre neuen Uniformen, Leutnant Karume und Leutnant Korkonnen.“ Die Reaktionen der beiden frischgebackenen Offiziere, die sich wiederholt abwechselnd bedankten, ließen ihn schmunzeln. Dann erhob er sich und die drei Anwesenden schnellten von ihren Sesseln. Zu Kimi Korkonnen gewandt sagte er dabei entschuldigend: „Es tut mir leid, die Begrüßung mit ihrer Schwester nun so lange hinausgezögert zu haben, Hauptmann Korkonnen. Ich lasse Sie jetzt allein.“ Bevor sich Fournier zum Gehen wandte sah er nochmal zu Karume und der jungen Frau: „Nebenan gibt es einen kleinen Sanitärraum, in dem Sie sich umkleiden, und ihre neuen Uniformen anziehen, können. Diese verfluchten, blauen Mistdinger, will ich nicht länger an Ihnen beiden sehen, damit das klar ist!“ Damit ging der Sektoren-Kommandant, und endlich umrundete Kimi Korkonnen den gewaltigen Tisch, um seine Schwester in die Arme schließen zu können. Dabei sah er nach einem Moment zu Darweshi Karume, der sich über das Wiedersehen der Geschwister fast ebenso sehr zu freuen schien. Eine Hand auf Karumes Schulter legend, sagte der ebenso hochgewachsene Finne ergriffen: „Ich habe zu danken, Leutnant Karume. Sie waren meiner Schwester ein guter Freund und Kamerad, wie es scheint. Das werde ich Ihnen nicht vergessen. Darauf haben Sie mein Wort.“ „Keine Ursache, Hauptmann“, wehrte Karume verlegen ab. „Aber Sie sehen das nicht ganz richtig, denn es war Ihre Schwester, die mich gerettet hat.“ Damit hob der Tansanier die größere der beiden Schachteln, die seinen Namen trug, aus dem Paket. Mit dieser Schachtel verschwand er nach Nebenan um sich umzuziehen, während sich die Geschwister überglücklich im Arm hielten. Erst als Darweshi wieder bei ihnen erschien, ließ Kimi seine Schwester widerstrebend los. Dabei sah Famke ihn ernst an und sagte bestimmt: „Auf deinen Rang was gepfiffen, Kimi. Darweshi ist mein Freund, und ich will nicht, dass ihr beiden euch siezt, klar?“ Damit hob sie ihr Paket vom Tisch um sich ebenfalls nebenan umzuziehen. Im Besprechungsraum sahen sich Darweshi und Kimi an und grinsend seufzte Kimi: „Damit ist es entschieden, denn Famke etwas abschlagen zu wollen hat gar keinen Sinn. Dann also, für dich, Kimi.“ „Und für dich Darweshi. Ach könntest du mir mal mit diesen Rangabzeichen helfen. Ich bin irgendwie zu ungeschickt dafür.“ „Gerne“, lachte der Finne vergnügt. „Wie ich sehe, gehörst du nicht zum Fliegenden Personal, sondern zu den Raumlandetruppen. Dem Einheits-Abzeichen auf deiner Brust nach zur Zweihundertundzweiundneunzigsten. Hm, sagt mir nicht viel, muss ich zugeben.“ „Mir seltsamerweise auch nicht, und ich dachte immer ich hätte an der Akademie gut aufgepasst. Wirklich seltsam.“ Es dauerte eine geraume Weile, bis Famke wieder bei ihnen war. Dass sie ihre Rang-Abzeichen, korrekt am Kragen angebracht, trug, reizte Kimi zum Grinsen. Bis er auf das Abzeichen der Einheit auf ihrer Uniform blickte und meinte: „Hey, ihr zwei werdet in derselben Einheit dienen.“ Erst jetzt fiel auch der Blick der Frau auf das Abzeichen ihres Kameraden. „He, das ist ja toll!“ Im nächsten Moment nahm sie den Tansanier überglücklich in die Arme. Erst nach einem Moment rief sie sich in Erinnerung, dass auch Kimi anwesend war und ließ Karume schnell wieder los. „Aha“, machte Kimi und sah grinsend in zwei gleichermaßen verlegene Mienen. „Wir drei müssen uns mal dringend unterhalten, wie mir scheint.“ Famke sah ihren Bruder unwillig an, bevor sie meinte. Ich bin nur mal gespannt, wo wir am Ende landen, denn die Einheit, in die sie uns gesteckt haben, sagt mir gar nichts.“ „Lasst uns gehen“, schlug Kimi Korkonnen vor. „Ich kenne da ein kleines Park-Café, wo wir ungestört sein sollten. Lange wird man uns ohnehin nicht in Ruhe lassen.“ * * * Kimi Korkonnen sollte recht behalten. Nach zwei Stunden, die sie zu dritt im Café verbrachten und einem Abstecher ins Krankenhaus, kam für Kimi der Anruf über sein MFA. Seine Kommandantin beorderte ihn zurück, an Bord der VESTERGAARD. Rasch und mit bedauernder Miene verabschiedete sich Kimi von seiner Schwester, die erschrocken am Krankenbett des immer noch im Koma liegenden Dean Corvin gestanden hatte und dabei ihre Tränen nicht hatte zurückhalten können. Darweshi Karume darum bittend, gut auf Famke aufzupassen, brach er schließlich auf. Zurück an Bord der VESTERGAARD machte er sich auf den Weg zur Zentrale, wohin ihn seine Vorgesetzte über MFA gebeten hatte. Als Korkonnen eintrat waren außer Major Saif ad-Dīn noch Renée Killkennen und Oberleutnant Gajus Lakarius anwesend. Korkonnen meldete sich vorschriftsmäßig und fragte dann: „Was ist der Grund für den schnellen Rückruf, Major. Machen die von der Konföderation schon wieder Ärger?“ Ernst erwiderte die Kommandantin des leichten Kreuzers: „Nein, das ist es nicht, Hauptmann Korkonnen. Ich habe Sie vielmehr hierher gerufen, weil ich vorhin eine Dringlichkeitsanfrage vom Oberkommando bekam. Um es kurz zu machen: Es dreht sich um die Bemannung der Zehnten Flotte. Wir haben nun einhundert neue Kriegsschiffe ohne Besatzung auf dem Raumhafen stehen. Verständlicherweise will man diese neue Flotte nicht gänzlich unerfahrenen Offizieren und Mannschaften an die Hand geben. Sondern man setzt auf einen Mix aus erfahrenen und neuen Leuten. Deshalb hat mich das Oberkommando darum ersucht, unter anderem, zwei etwas erfahrenere Offiziere an die Zehnte Flotte abzutreten. Ich werde dafür zwei neue, noch weitgehend unerfahrene, Offiziere bekommen. Da Leutnant Wolf selbst erst ein halbes Jahr auf der VESTERGAARD dient und das Oberkommando betonte, Offiziere mit nautischen und fliegerischen Fähigkeiten zu suchen, fällt er aus. Übrig bleiben Sie drei. Hauptmann Korkonnen, mir wurde gesagt, falls Sie sich freiwillig melden, dann würde man Ihnen das Kommando über eine Fregatte anvertrauen. Ich will aber betonen, dass ich Sie gerne an Bord halten würde.“ Kimi Korkonnen wechselte einen schnellen Blick mit Renée Killkennen, die ihm unmerklich zu nickte. Die Kommandantin wieder offen ansehend, erwiderte er: „Danke, Major. Ich muss zugeben, dass ich im Moment hin und her gerissen bin. Ich habe wirklich sehr gerne auf der VESTERGAARD gedient. Das angebotene Kommando reizt mich andererseits. Aber nur dann, wenn mich Leutnant Killkennen begleiten darf.“ Die Kommandantin des Leichten Kreuzers, die stets gut darüber informiert war, was an Bord vor sich ging, lächelte schmerzlich. „Ich verstehe, Hauptmann. Sie beide zu verlieren bedeutet einen schmerzlichen Verlust – dienstlich, wie persönlich. Ich werde Ihren Entschluss jedoch akzeptieren.“ Fragend sah Ayasha Saif ad-Dīn zu Renée Killkennen. Die Irin nickte und sah dann lächelnd zu Korkonnen, bevor sie meinte: „Ich kann mich den Worten von Hauptmann Korkonnen nur anschließen. Ich habe sehr gerne an Bord der VESTERGAARD gedient. Diese Zeit werde ich nicht vergessen.“ Die Araberin lächelte schwach, bevor sie sich an den Dritten im Bunde wandte. „In diesem Fall werde ich Sie zur Beförderung zum Hauptmann vorschlagen, Oberleutnant. Als mein zukünftiger Erster Offizier sollten sie den dazu passenden Rang bekleiden. Und Sie, Leutnant Killkennen werde ich zur Beförderung zum Oberleutnant vorschlagen. Sie werden sicherlich ein sehr guter Erster Offizier auf einer Fregatte werden.“ Gajus Lakarius bedankte sich und sah danach zu seinen beiden Kameraden. „Ich werde Sie beide sehr vermissen. Und Sie Hauptmann vergessen bitte nicht, dass Sie mir noch etwas schulden, wenn ich bitten darf.“ „Ich habe, eben erst, Ihre Beförderung zum Hauptmann klargemacht“, beschwerte sich der Finne humorig und reichte erst der Kommandantin und danach Lakarius die Hand. Danach war die Reihe an Renée Killkennen sich zu bedanken und zu verabschieden. Schnell meldete sich die Kommandantin der VESTERGAARD wieder zu Wort und sagte zu Korkonnen und Killkennen gewandt: „Ich fürchte, Sie beide werden sich etwas beeilen müssen. Da Sie angenommen haben, werden Sie beide bereits um 12:00 Uhr Standardzeit an Bord der Fregatte CARDIFF erwartet. Mein Segen und meine besten Wünsche werden Sie beide begleiten.“ Wenig später schritten Korkonnen und seine Freundin durch die Gänge des Leichten Kreuzers und lächelten sich dabei an. Beide freuten sich auf ihre neuen Aufgaben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)