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DEAN CORVIN: 02. Brennpunkt Mars

von

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Zielpunkt Eris


 

4.
 

Zielpunkt Eris
 

Mit finsterer Miene saß Dean Corvin auf einer der Patientenliegen der Krankenstation und ließ Diana Spencer nicht aus den Augen. Selbst dann, wenn die Bordärztin sich zwischen sie schob, während sie die Brandwunde an der Schulter des Mannes behandelte, sah Corvin an der Ärztin vorbei zu der Raumlandesoldatin.

Hauptmann Diana Elodie Spencer trug noch immer ihre Kampfmontur und jenes Plasmagewehr, mit der sie die Wunde beim Kommandanten der NOVA SOLARIS verursacht hatte. Natürlich nicht absichtlich. Nach ihrer Ansicht war es seine Schuld gewesen.

Corvin indessen sah den Fall deutlich anders, weshalb er auch nicht davon abließ, die blonde Frau giftig anzusehen. Er brannte förmlich darauf endlich mit dem Hauptmann unter vier Augen sprechen zu können. Doch dazu musste die Ärztin, im Rang eines Oberleutnants, erst einmal seine Verletzung behandelt und verbunden haben.

Trotz der bereits verabreichten schmerzstillenden Mittel hatte er im Moment das Gefühl, als würde ein glühender Draht mit Widerhaken durch seine Schulter gezogen.

Dabei hatte die Zusammenarbeit zwischen Dean Corvin und Diana Spencer bislang hervorragend geklappt. Obwohl Corvin einige Male den Eindruck gewonnen hatte, dass ihr der eine oder andere Befehl nicht passte. Auch die Tatsache, dass er bei den Trainings, die sie gemeinsam durchführten, quasi ihre Position, als Kommandant der Landeeinheit, übernahm, schien ihr nicht wirklich zu gefallen.

Die Ärztin mit den eurasischen Gesichtszügen prüfte den Sitz des Verbandes, den sie angelegt hatte, und sagte freundlich zu Corvin: „Das wäre es, Sir. Ich gebe Ihnen ein Medikament mit. Von den Kapseln nehmen sie bitte morgens und abends jeweils eine ein. Sollten die Schmerzen stärker werden, und bis heute Abend nicht deutlich nachlassen, so kommen sie zu mir, Sir.“

„Danke, Doktor Langdon.“

Der Kanadier ließ sich von der Ärztin in die Uniform-Kombination helfen und quittierte dies mit einem gezwungenen Lächeln. Ein unterdrücktes Stöhnen von sich gebend schwang er sich von der Liege und schritt auf Diana Spencer zu, die ihn hergebracht hatte. Mit der linken Hand nahm er der Frau das Gewehr aus der Hand und warf es auf eine der Liegen. Aufgebracht deutete er auf das Schott zu einem der benachbarten Behandlungsräume und zischte mühsam beherrscht: „Da hinein mit Ihnen!“

Mit langen Schritten an der blonden Frau vorbei stapfend sah Corvin über die Schulter und wies die Ärztin an: „Sie lassen uns bitte allein und achten darauf, dass niemand die Krankenstation betritt, bis ich sie verlasse. Außer es handelt sich um einen akuten Notfall!“

„Verstanden, Sir!“

Kaum hatte sich das Schott des Behandlungsraums hinter Diana Spencer geschlossen fuhr Corvin sie auch schon an: „Was haben Sie sich dabei gedacht, das Feuer auf mich und mein Team zu eröffnen, Hauptmann? Sie hatten einen fest umrissenen Auftrag!“

Nicht bereit nachzugeben erwiderte Diana Spencer: „Ich habe meinen Auftrag gewissenhaft ausgeführt, und den simulierten Feind bekämpft! Sie waren es, der plötzlich mitten in meinem Feuerbereich auftauchte! Sir!“

Dean Corvin hob seine Stimme etwas an. „Das, was Sie als Ihren Feuerbereich bezeichnen, war aber gar kein Feuerbereich, Hauptmann Spencer. Denn ich sagte eindeutig observieren – nicht abservieren!“ Machen Sie also das nächste Mal Ihre Ohren auf, wenn ich Befehle erteile und halten Sie sich daran, wenn´s gefällt! Jetzt treten Sie bitte weg und verschwinden, und das besser im Laufschritt, bevor ich Sie inhaftieren lasse!“

„Das Funkeln in den Augen der Frau deutete darauf hin, dass ihr eine ganze Menge auf der Zunge lag. Doch sie schluckte es und erwiderte gepresst: „Verstanden, Sir.“

Damit schritt sie energisch an ihm vorbei, schlug ihre Hand wütend auf den Kontaktgeber des Schotts und verschwand aus dem Raum.

„Und nehmen sie Ihr verdammtes Gewehr mit, bevor mit dem Ding noch ein Unglück passiert!“, heulte Corvin, noch um einiges lauter, als zuvor, hinter ihr her, bevor sich das Schott hinter ihr schloss. Dann schritt er selbst zum Schott, öffnete es und lehnte sich gegen den Rahmen. Tief durchatmend blieb er stehen und sah hinter Diana Spencer her, während die blonde Frau, mit der Waffe in der Hand, zum Schott der Krankenstation hinaus stürmte. Dabei bekam er mit, wie die Raumlandesoldatin die draußen wartende Ärztin beinahe umgerannt hätte.

Oberleutnant Asuka Langdon kam langsam herein zu Corvin und sah ihn perplex an. Bevor sie eine entsprechende Bemerkung machen, oder eine Frage stellen konnte, hob der Kanadier warnend seinen Zeigefinger.

„Sagen Sie nichts, Oberleutnant Langdon. Sagen Sie überhaupt nichts.“

Damit ging der Kommandant des Leichten Kreuzers und ließ die Ärztin mit ihren Fragen allein zurück. Während er durch die Gänge des Raumers schritt dachte er zurück an die vergangenen Wochen. Die Zeit war ihm länger vorgekommen, so wie es üblicherweise immer der Fall war, wenn man auf etwas lauerte. So, wie er auf den Beginn dieses Einsatzes gelauert hatte. Endlich war es soweit. Schon in wenigen Stunden waren sie unterwegs.

Falls mich diese Raumlande-Spezialistin nicht vorher über den Haufen schießt, dachte der Kanadier mürrisch. Worin ist die eigentlich Spezialistin? Darin Vorgesetzte abzuknallen?

Gegen seinen Willen überflog ein Schmunzeln seine Lippen bei diesen Gedanken. Das Wort Abknallen hatte er irgendwann einmal bei Jayden aufgeschnappt. Schnell wurde er wieder ernst, als ihm bewusst wurde, dass vorhin die Redewendung einer anderen Person benutzt hatte.

Wenn´s gefällt.

Das hatte er zum ersten Mal von Feldwebel Rian Onoro gehört. Vor einigen Monaten, nachdem sie mit der KIROV auf Luna abstürzten. Was ihr Temperament anging, so hatte dieser Feldwebel eine Menge mit der Frau gemeinsam, die ihn angeschossen hatte.

Rian Onoro. Sie war ihm nicht aus dem Kopf gegangen, während der letzten Monate. Wieder und wieder sah er ihre Augen vor sich. In dem Moment, als er sie zurücklassen musste. Tränen hatten ihm dabei in den Augen gestanden, obwohl er sie kaum kannte. Trotzdem hatte sie etwas in ihm ausgelöst. Zuvor hatte er nur einmal so empfunden. Vor vielen Jahren, zu Beginn seiner Ausbildung an der Akademie.

Dean Corvin schüttelte diese Gedanken ab, als er sein Quartier erreichte. Seine vorangegangene Wut war bereits zum Großteil verraucht. Er hielt sich vor Augen, dass die Absprachen zwischen ihm und Spencer noch nicht so ganz passten. Aber das war kein Wunder, denn immerhin kannten sie sich erst seit knapp zwei Wochen. Vielleicht hatte er den Hauptmann eben etwas zu grob angepackt. Andererseits lag die Schuld klar auf ihrer Seite. Bei der Übung, bei der sie ihn angeschossen hatte, war es ganz klar um Aufklärung gegangen, nicht darum möglichst viele Ziele zu bekämpfen. Diana Spencer hatte ihm Deckung geben sollen, statt das Feuer auf die Ziele zu eröffnen, an die er sich herangepirscht hatte.

Der Kanadier seufzte schwach. Er würde in den nächsten zehn Tagen noch reichlich Gelegenheit haben, über dieses Missgeschick mit dem Hauptmann zu reden. Jetzt brauchte er etwas Ruhe, bevor es endlich losging. Außerdem bereitete ihm ein anderes Detail dieses Einsatzes Magenschmerzen. Ein Detail, dessen Ausführung sich nicht verhindern ließ, und über das er noch mit dem Hauptmann zu reden hatte.

Der Meldekontakt des Schotts zu seinem Quartier unterbrach ihn in seinen Betrachtungen und etwas gereizt schritt er hin um es zu öffnen.

Zu Corvins Überraschung stand Diana Spencer vor dem Eingang. Immer noch in ihrer Kampfkombination. Sie schien lediglich einen Abstecher zur Waffenkammer gemacht zu haben, und das wohl im Eiltempo.

„Darf ich Sie einen Moment sprechen, Major?“

Corvin verspürte zwar im Moment keine besondere Lust dazu, doch das gehörte mit zu seinen Pflichten, also deutete er ins Innere seines Quartiers. „Treten Sie näher.“

Die Frau trat rasch ein und der Kanadier schloss das Schott wieder. „Was kann ich für Sie tun, Hauptmann?“

Diana Spencer sah ihr Gegenüber einen Augenblick lang an, bevor sie etwas zögernd antwortete: „Ich… Es tut mir leid, Sie angeschossen zu haben, Sir. Es ist nur… Nun ja, ich bin es gewohnt meine eigenen Taktiken und Strategien anzuwenden. Mit jemandem zusammen zu arbeiten, den ich nicht kenne ist…“

Die Frau verschränkte ihre Finger ineinander und Dean Corvin meinte aushelfend: „Es kommt Ihnen ungewohnt vor. Sie wissen nicht, in wie weit sie mir oder meiner Kompetenz vertrauen können.“

Die Ohrspitzen der Frau röteten sich und ihr Blick verriet, dass Corvin ins Schwarze getroffen hatte.

Mit einem schwachen Seufzen erklärte Corvin: „Hauptmann Spencer, ich verstehe das durchaus. Ich selbst wollte an der Akademie ein ums andere Mal auch mit dem Kopf durch die Wand. Aber selbst wenn es funktionierte kam das meistens bei meinen Kameraden nicht so gut an. Hören Sie, ich meinte das, was ich ihnen an dem Tag sagte, als wir uns kennenlernten, ernst. Sie haben die größere Erfahrung und darauf vertraue ich auch. Doch wenn ich mit im Spiel bin, dann hätte ich es ganz gerne, wenn ich nicht von Ihnen als Zielscheibe missbraucht würde. Wenn Sie mir versprechen, darauf künftig zu verzichten, dann dürfen Sie im Gefecht jede Taktik anwenden, die Sie als sinnvoll erachten.“

Diana Spencer nickte: „Damit habe ich kein Problem, Sir.“

„Womit?“, erkundigte sich Corvin launig und seine Augenbrauen hoben sich leicht. „Damit, auf mich zu schießen, oder damit, darauf künftig zu verzichten?“

Er zwinkerte der Frau zu, bevor sie antworten konnte und schlug vor: „Wir sollten den kleinen Zwischenfall einfach vergessen, Hauptmann. Ich bin nicht nachtragend.“

„Danke, Sir.“

Dean Corvin sprang innerlich über seinen Schatten, als er meinte: „Hauptmann, ich habe vor, morgen Abend ein gemeinsames Essen für die Führungsoffiziere des Kreuzers zu geben. Ich würde mich freuen, wenn Sie und ihr Stellvertreter, Oberleutnant – na, wie heißt er noch gleich…?“

„Oberleutnant Harin Krezirin.“

„Richtig, genau der“, bestätigte Corvin. „Ich würde mich also freuen, wenn Sie und Oberleutnant Krezirin auch dabei wären. Das wäre zudem eine gute Gelegenheit, um uns alle etwas besser kennenlernen.“

Diana Spencer nickte zustimmend und ihr Gesicht entspannte sich zusehends. „Sehr gerne, Major. Sagen Sie mir rechtzeitig Bescheid wann wir erscheinen sollen.“

„Das werde ich“, stimmte Corvin zu. „Falls sonst nichts weiter anliegt, würde ich mich jetzt gerne etwas hinlegen, bevor die NOVA SOLARIS startet.“ Er grinste jungenhaft, bevor er ironisch meinte: „Es ist nur, weil mir irgendwer in die Schulter geschossen hat.“

„Diese Person sollte man aufhängen“, gab die blonde Frau trocken zurück, wobei sie auf den Tonfall des Kanadiers einging.

Der Kanadier grinste schief. „Wegtreten, Hauptmann Spencer.“

Die Frau salutierte schmunzelnd und verließ dann das Quartier.

Dean Corvin starrte eine Weile auf das Schott, nachdem es sich hinter der Frau geschlossen hatte – froh darüber, dass sie beide ihren Zwist in der Krankenstation überwunden hatten, bevor er sich zu einem ernsthaften Zerwürfnis hatte ausweiten können. Genau das konnte er bei dem bevorstehenden Einsatz gar nicht gebrauchen. Dabei kramte er in seiner Hosentasche nach dem Schmerzmittel.

Wir werden uns schon noch zusammenraufen, befand der Kanadier, bevor er sich in den kleinen Schlafraum begab um vor dem Start noch etwas Ruhe zu finden.
 

* * *
 

Zehn Tage später lag die NOVA SOLARIS auf Anflugkurs Eris und Dean Corvin war erleichtert darüber, dass die monatelange Warterei darauf endlich ein Ende hatte.

Während der Zwölf-Stunden-Schichten herrschte auch im Kommandozentrum des Kreuzers ein stetiges Kommen und Gehen. Wenn ein Mitglied der Besatzung kurzzeitig die Zentrale verließ, um sich einen kleinen Snack zu machen oder die Toilette aufzusuchen, dann übernahm einer seiner Kameraden. In diesen Wechsel waren auch der Kommandant und der Erste Offizier mit eingebunden. So war es ganz normal, dass sich Dean Corvin zwischenzeitlich auch mal an den Kontroll-Konsolen des Leichten Kreuzers, mit Vorliebe an denen für Steuerung und der Navigation, wiederfand.

Irina Hayes, die für die Steuerung ausfiel, übernahm ihrerseits eher die Taktik, die Energiekontrollen oder die Kommunikation. Den Rest übernahmen sie wechselseitig, wenn es gar keine andere Alternative gab.

So wurde der Dienst im Kommandozentrum der NOVA SOLARIS für Corvin und Hayes, auch ohne dass eine Kampfsituation vorlag, nicht allzu langweilig.

Der Kanadier hatte, auf Wunsch von Diana Spencer, für jeweils zwei Stunden am Tag, einige Gänge und Nottreppen der unteren Decks sperren lassen. So hatte sie mit den Angehörigen der 501. Raumlandetruppe, während der Zeit des Fluges ins Sol-System, ihr tägliches Ausdauertraining durchführen können. Corvin selbst hatte sich in den letzten drei Tagen aktiv daran beteiligt, nachdem es seiner Schulter wieder besser ging. Sich fit zu halten konnte darüber hinaus nicht schaden, wie er fand.

Nachdenklich wechselte Corvin einen langen Blick mit Irina Hayes, als diese ihren Platz an der Taktik, den sie vor fünf Minuten übernommen hatte, wieder räumte. Sie übergab ihn an Hauptfeldwebel Jean-Claude Blanché, und schritt zu ihrem Vorgesetzten.

Als die rothaarige Frau Dean Corvin erreichte, fragte sie, nicht ohne ein Grinsen ganz unterdrücken zu können: „Wie geht es der Schulter heute?“

Corvins Augenbrauen hoben sich vielsagend. „Ich bin froh, dass der Flug hierher nicht nur drei Tage gedauert hat. Anfangs hat die Wunde ordentlich geschmerzt.“

„Ich finde es immer noch bewundernswert, dass du im Anschluss Hauptmann Spencer und ihren Stellvertreter zum Essen eingeladen hast.“

„Ach was.“ Corvin machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich werde der Frau nicht nachtragen, dass sie mich an der Schulter erwischt hat. Der Fall ist erledigt. Vielleicht war der Unglückstreffer ja sogar von Vorteil. Jetzt weiß ich, dass ich das nicht nochmal erleben möchte und werde bei dem bevorstehenden Einsatz vielleicht etwas weniger übermütig sein. Wie lange noch, bis wir Eris erreichen?“

„Knapp dreißig Minuten noch“, gab Irina Hayes Auskunft und deutete auf den Bildschirm, auf dem der vor dem Kreuzer liegende Hyperraum nun, neben den beruhigend roten Gebieten, auch eine Stelle mit gelben und grünen Bereichen aufwies.

Corvin wusste, dass diese Bereiche schon sehr bald den gesamten Bildschirm ausfüllen würden. Noch befanden sie sich rund zwei Lichtjahre von Eris entfernt, doch in weniger als einer halben Stunde würden sie nahe ihres Zieles sein. Dann war es mit dem ruhigen Flug vorbei, denn je näher sie Eris kamen, desto größer würden die Störungen sein, die der Planet im Hyperraum verursachte. Oder besser gesagt, die von der Gravitation des Planeten verursacht wurden. Die NOVA SOLARIS würde gefährlich tief in diese Störungen einfliegen, bei diesem Einsatz, um nicht von den polaren Ortungsstationen erfasst zu werden.

„Danke“, erwiderte Corvin.

Der Kanadier schritt zu Moana Adamina, die an der Konsole für die interne und externe Kommunikation saß. Noch hatte sie nicht viel zu tun, doch das würde sich schon bald schlagartig ändern. Sobald sie den Hyperraum verließen würde sie die Frequenzen und die Funktätigkeit der konföderierten Truppen überwachen.

Corvin hatte ihrer Dienstakte entnommen, dass sie, neben ihren Fähigkeiten als Kommandooffizier, auch sehr gute Anlagen als Funkanalytikerin besaß. Während ihrer Zeit an der Akademie hatte sie sich bei der Dekodierung und Verschlüsselung von Nachrichten hervorgetan. Außerdem hatten ihr die Ausbilder bescheinigt, einen Sinn dafür zu haben, bei einem Überangebot von Nachrichten schnell und intuitiv Wichtiges von Unwichtigem trennen und aufbereiten zu können. Dementsprechend setzte Dean Corvin die Samoanerin ein. Auch wenn es der Frau zu Beginn gar nicht gefallen hatte, ihre grünen Uniformstreifen gegen die hellgelben des Fliegenden Personals einzutauschen. Mittlerweile hatte sich Moana Adamina jedoch mit ihrer neuen Position angefreundet. Zumindest schien es so.

„Leutnant Adamina, Sie weisen Ihren Stellvertreter bitte an, auf alle Nachrichten zu achten, die wir aufnehmen können, sobald wir unter Lichtgeschwindigkeit fallen“, wies der Major sie an. „Sie, Moana, brauche ich bis zum Eintreffen des Transporters in der Kontrollstation. Sobald der Transporter da ist und wir ihn gekapert haben, kehren Sie an Bord der NOVA SOLARIS zurück. Sie werden den Fokus dann auf Nachrichten aus dem Gebiet der Inneren Planeten legen. Speziell Mars und Terra natürlich. Sollte es irgendwann auffällige Schwankungen in der Häufigkeit der gesendeten Nachrichten geben, so will ich das umgehend wissen. Das Landekommando wird zunächst Funkstille halten. Erst wenn der Stützpunkt auf Eris in unserer Hand ist, oder aber das Unternehmen auffliegt, wird Hauptmann Spencer eines der beiden Code-Signale, mit extrem kurzer Reichweite, abstrahlen. Sie müssen also achtgeben um es zu empfangen.“

„Empfänger sind vorbereitet und meinen Stellvertreter, Hauptfeldwebel Rybek, habe ich bereits eingewiesen, Sir“, gab die Frau mit der beinahe bronzefarbenen Haut zurück. „Er wird, während meiner Abwesenheit, versuchen, zwischenzeitlich auch aus den Meldungen, die im Klartext hereinkommen, etwas über die momentane Lage im System zu erfahren. Später werde ich sie selbst noch einmal auswerten, sobald Sie zum Mars unterwegs sind.“

Corvin legte für einen kurzen Augenblick seine Rechte auf die Schulter des Frau und drückte sie sacht. „Ich verlasse mich darauf. Wir können jeden Hinweis darauf, was sich seit unserer Flucht aus dem System hier abgespielt hat, gebrauchen. Schärfen Sie das Rybek auch noch einmal ein und machen Sie sich dann bereit.“

Moana Adamina erhob sich von ihrem Platz und wandte sich ihrem Vorgesetzten zu. Sie sah ihn aus ihren beinahe schwarzen Augen an, bevor sie Sie bestätigte und ihren Posten verließ um Sören Rybek zu instruieren. Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit hatte Moana Adamina es als etwas seltsam empfunden, dass Corvin diese Art von Vertrautheit, im Dienst, an den Tag legte. Inzwischen nahm sie es nur noch gelegentlich wahr, so wie alle übrigen Crewmitglieder, denen es hier und da nicht anders erging.

Corvin selbst bemerkte diese Marotte kaum. Zu Beginn hatte er versucht, sie zu unterdrücken, doch irgendwann hatte er es aufgegeben. Solange die Crew sich nicht daran störte, sah er auch keinen Grund dazu. Ganz im Gegenteil: Ihm war aufgefallen, dass diese kurzen Gesten der Vertrautheit eine besondere Verbindung zwischen seiner Crew und ihm selbst schufen. Vielleicht war es derselbe Grund, aus dem Generalmajor Arolic Traren seine Untergebenen grundsätzlich beim Vornamen nannte.

Dabei wusste Dean Corvin nicht einmal zu sagen, wann genau er sich diese Marotte eigentlich angewöhnt hatte. Er erinnerte sich daran, dass er seine Hand vertraut auf den Arm von Feldwebel Rian Onoro gelegt hatte. Im Moment des Abschieds. War das der entscheidende Moment gewesen?

Der Kanadier wusste es nicht zu sagen. Doch der Gedanke an die junge Frau brachte sie ihm wieder deutlicher in Erinnerung. So, wie sein Versprechen an sie, zurückzukehren und sie abzuholen. Dabei wusste er, wie gering die Aussicht darauf war, dieses gegebene Versprechen an sie tatsächlich einzulösen, und dieser Gedanke quälte ihn. Seit einiger Zeit bereits schon. Corvin ballte die Hände zu Fäusten, während er zu Irina Hayes zurückkehrte. Warum sollte es nicht möglich sein, es doch zu versuchen? Dieser Gedanke schien ihm im ersten Moment zu verwegen um ihn ernsthaft in Betracht zu ziehen. Andererseits war er nun beinahe wieder in seinem Heimatsystem. Der Gedanke daran, dass es vielleicht doch eine Möglichkeit geben könnte, sein Versprechen zu halten, machte ihn kribbelig. Doch durfte er sich, kurz vor diesem so wichtigen Einsatz, darauf einlassen?“

Der Dunkelblonde sah seine Kameradin von der Seite an. Dabei fragte er leise: „Aus welchem Grund sind wir hier, Hauptmann Hayes?“

Etwas verwundert, wegen dieser Frage, erwiderte die Frau seinen fragenden Blick. „Wie meinst du das? Wir wollen natürlich einen der Störsender erbeuten.“

„Das meinte ich nicht“, gab Corvin unzufrieden über diese Antwort, zurück. „Ich meinte mehr: Was ist das Ziel hinter diesem Einsatz?“

„Einen Weg zu finden, die Menschen im Sol-System wieder zu befreien“, antwortete Irina Hayes prompt. „Warum die Frage?“

„War nur so eine Anwandlung“, wiegelte Dean Corvin schnell ab. Dabei lächelte er unmerklich, denn Irina Hayes hatte ihm bestätigt, was er sich selbst bereits dutzende Male gesagt hatte. Jedesmal wenn ihm Rian Onoro durch die Gedanken ging. Ja, das Ziel war, die Menschen im Sol-System zu befreien, und Rian Onoro war einer von ihnen.

Diese Überlegungen gingen Dean Corvin durch den Sinn, exakt in jenem Moment, als sich Rian Onoro, weniger als zwei Lichtjahre entfernt, in Gedanken an ihn auf ihrer Pritsche zusammenrollte und still ihrem Seelenkummer nachgab.
 

* * *
 

„Noch sieben Minuten bis Punkt X“, meldete Leutnant Curtis Newton, der Erste Pilot der NOVA SOLARIS. „Vibrationen nehmen, wie erwartet, langsam aber stetig zu.“

Irina Hayes wechselte einen schnellen Blick mit Diana Spencer, die vor drei Minuten im Kommandozentrum erschienen war, um die letzten Details mit ihr durchzugehen. Sie trug bereits ihren Raumanzug, lediglich der Falthelm befand sich noch in seinem Nacken-Futteral.

In den letzten Tagen hatte sie nicht nur ihren anfänglichen Zwist mit der Raumlandesoldatin beigelegt; sie waren sich auch menschlich etwas näher gekommen. Sogar um Einiges näher, wenn man es genau nahm, denn sie hatten beide gemerkt, dass sie einander im Grunde wirklich gut verstanden.

So hatten sie sich an einigen der letzten Tage nach dem Dienst getroffen und über alle möglichen Dinge geplaudert. Dabei war Irina aufgefallen, dass Diana Spencer sie stets mit einer besonderen Aufmerksamkeit bedachte. Etwas, dass sie sich einerseits nicht erklären konnte, und andererseits auch nicht hinterfragte. Es störte sie nicht, ganz im Gegenteil, es erzeugte ein angenehmes Gefühl in ihr.

Dean Corvin hatte ihr bereits vor fünf Minuten das Kommando übergeben und sich auf den Weg zu einer der unteren Schleusen gemacht. Irina Hayes fragte sich, ob er ahnte, dass ihr das ganz recht war.

„Ich fürchte, es wird Zeit, dass sie sich auf den Weg machen, Hauptmann Spencer“, erklärte die Rothaarige schließlich. „Sie wissen Bescheid. Sobald die NOVA SOLARIS aufgesetzt hat werde ich das Signal zum Öffnen der Schotts geben. Ihr Team geht ab diesem Zeitpunkt vor, wie geplant. Viel Glück, und passen Sie bitte auf den Major auf.“

„Natürlich!“

Diana Spencer wandte sich ab und marschierte zum Ausgangsschott.

Irina Hayes überlegte einen kurzen Moment lang und folgte der blonden Frau dann. Gleich hinter dem Schott holte sie Diana Spencer ein. Sie wartete, bis sich das Schott des Kommandozentrums hinter ihr geschlossen hatte, bevor sie zu Diana sagte: „Bitte noch auf ein Wort, Hauptmann.“

Diana Spencer wandte sich ihr zu und hob etwas die Augenbrauen. Doch statt ihr etwas zu sagen sah Irina Hayes sie einfach nur stumm an. Erst nach einer Weile räusperte sich die rothaarige Frau und meinte rau: „Bitte passen Sie auch sehr gut auf sich selbst auf, Hauptmann Spe… Ach zum Teufel damit – passen Sie gut auf sich auf, Diana.“

Irina Hayes legte ihre Hand kurz auf den Unterarm der blonden Frau und etwas verlegen schien sie auf eine Reaktion zu warten.

Ein sanftes Lächeln überflog Diana Spencers Gesicht. Sie legte ihrerseits ihre behandschuhte Linke auf die Hand der jungen Frau. Dabei gab sie mit einem Augenzwinkern zurück: „Wir reden wenn das gesamte Landeteam wieder glücklich an Bord ist... Irina.“

Damit akzeptierte sie stillschweigend, dass Irina Hayes sie beim Vornamen genannt hatte. Dann wandte sich die Raumlande-Spezialistin ab und marschierte eilig den Gang hinunter, in Richtung des nächsten Lifts. Als sie den Hangar erreichte, in dem sich das Landekommando versammelt hatte, sah Dean Corvin ihr bereits ungeduldig entgegen.

Als Diana Spencer ihn erreichte, meinte Corvin angespannt: „Wir müssen gleich da sein, die Erschütterungen ziehen sich nun permanent durch das Schiff.“

Wie zur Bestätigung seiner Worte wurde das gleichmäßige Vibrieren unter den Sohlen ihrer Stiefel deutlich stärker und Diana Spencer erwiderte ironisch: „Hoffentlich hält der Kasten wenigstens so lange, bis wir Eris erreichen.“

„Wenn es nach mir geht, dann darf der… Kasten… auch noch eine ganze Weile länger halten“, erwiderte der Kanadier trocken. „Ach ja, und die NOVA SOLARIS ist kein Kasten.“

Diana Spencer lag bereits eine Erwiderung auf der Zunge. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass selbst die ältere und ruhigere Chiara Halloran, von der STELLARIS, die Contenance verlor, wenn irgendjemand ihren Schlachtkreuzer herabwürdigte. Also nickte sie nur verbindlich und verbarg ihre Heiterkeit über die Reaktion des jungen Mannes.

Im nächsten Moment erfüllte ein fürchterliches Kreischen die Zelle des Kreuzers und etwas nervös sah Diana Spencer den Kanadier an. Dabei meinte sie unterdrückt: „Ich will nicht den Schwarzseher spielen, Sir, aber klingt das normal für Sie?“

Corvins Gesichtsausdruck wirkte eine Spur ernster als sonst. „Nein, aber mein Kreuzer wird das schaffen, Hauptmann.“

„Na, wenn Sie das sagen.“

Sie standen etwas abseits des restlichen Landeteams, weshalb niemand sonst ihre gedämpfte Unterhaltung mitbekam. Im nächsten Moment wurde das Kreischen schlimmer und Dean Corvin schloss, in Erwartung des gewaltsamen Endes seines Kreuzers, die Augen.
 

* * *
 

„Hauptmann, die NOVA SOLARIS wird auseinanderbrechen!“

Es war Oberleutnant Fatul Mahmalad der diesen Ausruf über die Bordsprechanlage tätigte. „Die Emitter des Gravo-Magnet-Antriebs arbeiten im Grenzbereich!“

„Dann sehen Sie zu, dass die Emitter das aushalten und der Kreuzer nicht auseinander bricht, Oberleutnant!“, gab Irina Hayes ebenso lautstark zurück. „Und brüllen Sie gefälligst nicht so herum, ich bin ja nicht taub!“

Eine kurze Pause entstand, bevor der beleibte Chefingenieur des Kreuzers, geringfügig weniger lautstark zurückgab: „Verstanden, aber auf Ihre Verantwortung, Ende!“

„Ende und Aus!“, knurrte die rothaarige Frau und sah auf das bunte Wallen auf dem Hauptbildschirm der Zentrale. Von einem beruhigendem Rot war dort nun nicht mehr das Geringste zu sehen. Dafür wallten grüne und blaue Gebiete des Hyperraums vor dem Kreuzer ineinander und Irina Hayes glaubte, dort auch violette Bereiche zu entdecken. Also Bereiche des Hyperraums, die jeder halbwegs vernünftige Raumfahrer mied.

Von der Taktik aus wurde der Planet als graue Gitterkugel eingeblendet. Sie nahm schnell einen immer größeren Bereich des Bildschirms ein und Curtis Newton begann kurze Zeit später die letzten zehn Sekunden herunter zu zählen.

Bereits jetzt verzögerte Newton die NOVA SOLARIS mit Notwerten, denn damit konnten sie nicht erst dann beginnen, wenn der Kreuzer aus dem Hyperraum fiel. In dem Fall wären sie weit am Ziel vorbei geschossen und der Feind hätte sie unweigerlich geortet. Nein sie mussten bereits jetzt damit beginnen, was den Kreuzer an die Grenzen des Belastbaren brachte. Ein Kreischen drang durch das gesamte Raumschiff. Als Newton bei Null angelangt war, fiel das Raumschiff in den Normalraum und auf dem Bildschirm sprang der Planet Eris förmlich auf sie zu. Dabei erfüllte ein neues, schlimmeres Kreischen die Schiffszelle.

Nicht nur die Emitter des Antriebs arbeiteten im Grenzbereich, sondern gleichfalls die Andruckabsorber. Kurzzeitig kamen einige Gravos durch und Irina Hayes wurde heftig aus ihrem Sessel geschleudert. Sich auf dem Boden der Zentrale, hinter dem Sitz des Navigators wiederfindend, rappelte sich Irina Hayes vom Boden auf und strich sich eine Strähne ihrer roten Haare aus dem Gesicht.

Dabei entging dem Ersten Offizier der beeindruckende Anblick, wie der Leichte Kreuzer sich in einem flachen Winkel der planetaren Oberfläche von Eris. Mit 2340 Kilometern Durchmesser etwas größer als Pluto glich er dem neunten Planeten in seinem Aufbau. Auch Eris bestand zu etwa 70% aus Gestein und zu etwa 30% aus Wassereis, mit Spuren von Methan.

Keine zwanzig Kilometer über der Oberfläche zwang der Pilot den Leichten Kreuzer in eine scharfe Kurve, die den Kreuzer wieder bis auf fast 5000 Kilometer ansteigen ließ, bevor er ihn zurück zur Oberfläche fliegen konnte. Dabei blieb die Kontrollstation hinter dem planetaren Horizont, so dass sie nicht von den Nahbereich-Scannern der Station erfasst werden konnten.

Das Kreischen in den Verbänden der Kreuzerzelle verstummte und die Vibrationen hörten auf. Etwas blass um die Nase wandte sich Curtis Newton zu seiner Vorgesetzten um und meldete: „Sir, die NOVA SOLARIS befindet sich im Landeanflug. Noch etwa dreihundert Kilometer bis zum vorgesehenen Landepunkt.

„Danke, Landeanflug einleiten“, erwiderte Irina Hayes mit einer Ruhe, die sie selbst etwas überraschte, denn so empfand sie momentan überhaupt nicht.

Noch während Newton bestätigte nahm Irina Hayes über die Bordsprechanlage Verbindung mit dem Landeteam auf. Sie hoffte inständig, dass es bei dem vorangegangenen Brachial-Manöver keine Verletzten unter den Teilnehmern des Stoßtrupps gegeben hatte.

„Hayes an Kommandant! Der Kreuzer befindet sich in der Endphase des Anflugs auf die planetare Oberfläche. Gab es Verletzte unter den Teilnehmern des Kommandotrupps?“

Es dauerte einen Augenblick, bis die etwas erboste Stimme Corvins erwiderte: „Nein, abgesehen von ein paar blauen Flecken. Aber das betrifft hauptsächlich mich, weil ich es war, der gegen eine der Hangar-Wände gekracht ist. Und Hauptmann Spencer dann, mit dem Hinterteil voran, auf mich. Ein ganz normaler Tag also.“

„Tut mir leid, Sir!“, erwiderte Irina Hayes und sie war froh darüber, dass Dean in diesem Moment nicht ihr feixendes Gesicht sehen konnte. „Schließen Sie jetzt bitte ihre Raumanzüge, der Kreuzer ist in einer Minute über der Landestelle. Hayes Ende.“

Corvin bestätigte und Irina Hayes sah sich in der Zentrale um. Alle anwesenden blickten konzentriert auf ihre Anzeigen, wobei Moana Adaminas Mundwinkel jedoch verdächtig zuckten.

Die Marsgeborene ging stillschweigend darüber hinweg. Sie räusperte sich und sagte zu Curtis Newton: „Gehen Sie so schnell hinunter, wie sie es verantworten können, ohne den Kreuzer in Gefahr zu bringen, Leutnant Newton. Anschließend fahren sie die Antriebsemitter herunter und geben dem Chief Bescheid, dass er die Maschinen auf das absolut mögliche Minimum herunterfahren kann.“

„Verstanden, Sir!“

Die momentane Kommandantin des Leichten Kreuzers sah auf dem Hauptbildschirm die vereiste Oberfläche von Eris näher kommen. Irina Hayes wusste, dass die mittlere Oberflächentemperatur des Planeten bei -242 Grad Celsius lag. Was nach der Kelvin-Skala, auf der es keine negative Einteilung gab, exakt 31,15 Grad entsprach.

Eben hatte der Leichte Kreuzer den Wall des Kraters, in dem die NOVA SOLARIS landen sollte, überflogen.

Die Landeschoren wurden ausgefahren und die rothaarige Frau wollte bereits befreit aufatmen, als das Licht des Kommandozentrums unstet zu flackern begann.

Gleichzeitig meldete Oberfeldwebel Akira Takeda, von den Maschinenkontrollen: „Die Energieverteiler arbeiten unregelmäßig! Möglicherweise ein Schaden, der durch das Gewaltmanöver entstanden ist! Analyse läuft!“

Hayes sah zu Newton und forderte drängend: „Landen! Sofort runter!“

Der Mann mit den tizianroten Haaren reagierte umgehend. Er brachte den Kreuzer bis auf wenige Meter über die Oberfläche hinunter und fing ihn ab, auf der Suche nach einer günstigen Landestelle.

Der Totalausfall aller Emitter nahm ihm die Entscheidung ab. Die NOVA SOLARIS sackte drei Meter durch und schlug auf der Oberfläche des kleinen Planeten auf.

Irina Hayes fing den Aufprall in den Knien federnd ab, froh darum, dass die Gravitation auf Eris deutlich schwächer war, als auf Terra oder auf dem Mars. Etwas schief stehend kam der Kreuzer vorerst zum Stillstand.

Gleichzeitig erlosch die normale Beleuchtung der Zentrale und die Notbeleuchtung flammte auf. Aus dem Maschinenraum meldete sich Oberleutnant Fatul Mahmalad mit leicht krächzender Stimme: „Die Reaktoren haben sich selbst per Notschaltung deaktiviert, Sir. Hier unten sind mehrere Umformerbänke explodiert. Die Reparatur wird eine Weile dauern. Notenergie ist verfügbar.“

Irina Hayes stellte eine Ringverbindung her, so dass das Landeteam das Gespräch mitbekam. Hastig fragte sie: „Wie lange dauert es, bis die NOVA wieder in Ordnung ist?“

Ein Husten war die Antwort, gefolgt von einem gereizten: „Weiß ich noch nicht. Möglicherweise nur einige Tage, vielleicht aber auch länger.“

„Mist!“, gab die Frau verdrießlich zurück. „Verstanden, Chief. Machen Sie sich am Besten gleich an die Arbeit. Hier liegen wir wie auf einem Präsentierteller, und das gefällt mir ganz und gar nicht. Außerdem wollen wir wieder von hier weg, wenn das Landeteam zurück ist. Sie haben maximal eine Woche Zeit, ab dem Zeitpunkt, an dem unser Landetrupp den zu erwartenden Transporter gekapert hat und zum Mars abfliegt. Denn spätestens dann wird der nächste Nachschubtransporter hier eintreffen. Sie wissen so gut wie ich, dass die Besatzung dieses Transporters sehr schnell feststellen wird, dass auf Eris etwas nicht stimmt.“

Mahmalad knurrte unverständlich so etwas wie eine Bestätigung und schaltete ab.

Immer noch etwas angeschlagen rieb sich Irina Hayes mit zwei Fingern den Nasenrücken und fragte über Bordfunk: „Major, haben Sie mitgehört?“

„Ja. Machen Sie dem Chief Beine“, antwortete Corvin. „Ich werde jetzt mit dem Landetrupp den Kreuzer verlassen und wir werden uns auf den Weg machen. Erwarten Sie uns dann in spätestens sechs Tagen, nachdem wir den Transporter gekapert haben werden, wieder zurück, aber wundern Sie sich nicht, wenn es etwas länger dauern sollte. Sind wir nach Ablauf von sieben Tagen nicht wieder zurück, dann starten Sie und fliegen das Alpha Centauri-System an. Sollte die NOVA SOLARIS vorher entdeckt werden, dann starten Sie ebenfalls dorthin. Warten Sie dort auf ein Zeichen von uns, aber nicht länger als drei Wochen. In dem Fall geben Sie aber zuvor Code QRX durch bevor Sie sich zur Wega zurückziehen, dann wissen wir, dass wir uns nach einem anderen Transportmittel für den Rückflug zum Wega-System umsehen müssen. Sollten wir hingegen einen anderen Weg aus dem System nehmen müssen, so senden wir QQXAQ als Kurzimpuls. Auch bei diesem Zeichen heißt Ihr Ziel eindeutig Wega-System.“

„Verstanden, Sir. Viel Glück!“, wünschte die Marsianerin. „Hayes, Ende.“



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