Wer bin ich? von Fiamma ================================================================================ Kapitel 8: ----------- Kapitel 8   Schnell vergingen die zwei Wochen Urlaub von Kenta und so musste er heute wieder zur Arbeit. Für sie war es okay. Viel mehr fand sie es sogar gut. So hatte sie auch mal Zeit für sich alleine. Die letzten beiden Wochen kamen ihr so vor, als ob die beiden sie absichtlich keine Minute allein ließen und sie bei jeder ihrer Bewegungen beobachteten. Sie genoss zwar die Gesellschaft der beiden, aber ein bisschen Zeit für sich, war auch nicht verkehrt. Kenta war schon früh außer Haus gewesen und sie somit ganz alleine, als sie aufwachte. Gähnend streckte sie sich ein paar Mal und stand auf. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch etwas Zeit hatte, bis Mamiko hier erscheinen würden. Zu lange wollten sie sie wohl doch noch nicht alleine lassen. Ein wenig übertrieben sie es ja schon mit ihrer Fürsorge. Sie fühlte sich doch schon viel besser. Kopfschüttelnd tapste sie durch den Flur in die Küche. Ihr Magen machte mittlerweile schon Geräusche eines Bären. Sofort steuerte sie den Kühlschrank an. Doch dann blieb sie stutzig stehen. Kenta hatte ihr offenbar eine Nachricht hinterlassen. Flink zog sie sie unter dem Magnet hervor und begann sie zu lesen.     Hallo Usagi, wäre schön, wenn Essen fertig wäre, wenn ich nach Hause komme. Kenta   Seufzend senkte sie ihren Kopf. Kochen ... Frustriert sah sie erneut auf den Zettel. Kenta hatte ihr in den letzten zwei Wochen versucht beizubringen einfache Gerichte zu kochen. Die Versuche gingen jedoch gründlich daneben. Daher war sie jetzt nicht gerade begeistert von seiner Bitte. Sie machte ihm ja gerne eine Freude, oder tat ihm einen Gefallen. Aber das? Sie mochte ihn ja auch mittlerweile richtig gerne und fühlte sich wohl in seiner Gesellschaft. Sie spürte zwar keine Schmetterlinge im Bauch, wie sie es selber nannte, aber es würde bestimmt schon wiederkommen. Die Gefühle mussten ja mal da gewesen sein, sonst wären sie nicht verlobt, dachte sie sich. Sie kannte ihn, wenn man es genau nahm, da sie sich an nichts erinnerte, auch erst knapp zwei Wochen. Allerdings erzählte sie Kenta und Mamiko nichts von ihren Gedankengängen. Die behielt sie lieber für sich, was ihr wiederum ein schlechtes Gewissen verpasste, dass sie nicht ehrlich zu ihnen war. Energisch nickte sie sich daher selbst zu. Dieses Mal musste es klappen.   Frustriert wälzte sie die Kochbücher, die sie in der Küche gefunden hatte, durch. Aber die Gerichte sahen alle so kompliziert aus, sodass sie schon beinahe aufgeben wollte, als es an der Tür klopfte. Mamiko. Schnell huschte sie zur Haustür und begrüßte freudig ihre Freundin. Sie war die Rettung. „Komm mit!“ Mamiko trat ein und, als sie ihre Tasche zur Seite gestellt hatte, griff sie nach ihrem Handgelenk und zog sie in die Küche. „Was ist de… Was ist denn hier passiert?“ Mit großen Augen blickte ihre Freundin durch die Küche. „Kenta möchte, dass ich für ihn Essen koche, aber ich finde kein Rezept, dass selbst mir gelingen könnte.“ Geknickt ließ sie Mamiko los und senkte ihren Blick. „Pass auf, ich weiß, dass Kenta gerne Curry isst und zufällig weiß jemand hier im Raum, wie es gemacht wird.“ Zwinkernd legte Mamiko ihren Arm über ihre Schulter. „Wir gehen jetzt einkaufen. Hier um die Ecke ist ein Supermarkt und dann erkläre ich dir genau, wie es gemacht wird.“   Zwei Stunden später standen sie in der Küche und Mamiko erklärte ihr Punkt für Punkt, wie sie es zubereiten sollte. Haargenau schrieb sie jeden Punkt auf und machte sich jede noch so kleinste Notiz. Mamiko musste gleich wieder los und dann war sie auf sich allein gestellt. Nachdenklich betrachtete sie Mamiko. Sie fuhr oft weg, wenn sie so darüber nachdachte. Wenn sie aber fragte, wohin, antwortete ihre Freundin jedoch nur, dass sie irgendwas für die Arbeit erledigen musste. Sie fand es zwar schon etwas seltsam, hinterfragte es aber auch nicht weiter. Und jetzt hatte sie schon gar keine Zeit, sie ein weiteres Mal darauf anzusprechen. Sie musste dieses verdammte Curry hinbekommen. „Ich glaube, wir sind durch“, riss Mamiko sie aus ihren Gedanken und fragend blickte sie zu ihr. „Ja?“ „Du wirst das schon schaffen, so schwierig ist das auch gar nicht … Ich muss nun leider los. Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Nickend legte sie den Zettel beiseite und brachte sie zur Tür. „Wir sehen uns morgen.“ „Ja, bis morgen.“ Eilig schloss sie die Haustür und ging zurück in die Küche. Sie musste schnell anfangen, um noch rechtzeitig fertig zu werden. Sie schnippelte und schälte alles genau so, wie Mamiko ihr es erklärt hatte. Sie gab sich wirklich Mühe, dennoch spritze es überall hin, und das Gemüse flog nur so in alle Ecken. Sie wusste nicht, wie sie das schaffte, selbst in ihren Haaren klebte alles. Angespannt nahm sie sich ihren Notizzettel und überprüfte ihre Arbeitsschritte. Alles in einen Topf gepackt, legte sie ihre Finger um den Knopf des Herdes, als sie abrupt innehielt. Wie aus dem Nichts schoss ihr auf ein Mal ein Bild von einem kleinen Mädchen mit rosa Haaren in den Kopf. Es aß gerade Curry. Ihr kam das Gesicht so vertraut vor. Sie hatte das komische Gefühl für dieses Mädchen genau so etwas schon ein Mal gekocht zu haben. Wer war das Mädchen? Wie sehr sie sich auch anstrengte, es kamen einfach keine weiteren Bilder. Vielleicht wusste Kenta ja, wer sie war. Den Gedanken beiseitegeschoben, stellte sie den Herd an. Erstaunlicherweise klappte von da an alles, wie geschmiert. Das Curry köchelte leise vor sich hin. Ein köstlicher Duft strömte durch die Küche, was ihr selbst das Wasser im Mund laufen ließ. Ein lautes Magenknurren bestätigte auch direkt ihren Hunger. Langsam sah sie auf die Uhr und schlagartig wurden ihre Augen groß. „Oh nein, schon so spät!“ Hektisch schnappte sie sich Teller und Besteck, lief damit ins Wohnzimmer und deckte den Tisch. Zurück in der Küche begann sie rasch alles wieder aufzuräumen. Kenta müsste jeden Moment von der Arbeit zurück sein und sie wollte fertig sein, wenn er nach Hause kommt. Kaum hatte sie angefangen, schloss dieser auch schon, wie aufs Stichwort, die Tür auf. Lächelnd strecke sie ihren Kopf aus dem Zimmer. „Kannst gleich zu mir in die Küche kommen.“ Wie ein Honigkuchenpferd freute sie sich, dass alles so gut geklappt hatte, als plötzlich mit lautem Blubbern der Topf mit dem Curry überkochte. „Oh nein, ich dumme Nuss.“ Sie hatte vergessen den Herd auszumachen. Schnellen Schrittes lief sie zum Herd und es kam, wie es kommen musste. Sie rutsche auf einem kleinen Stück Karotte auf dem Boden aus und schlitterte noch ein Stück weiter, bis sie mit einem lauten Knall vor dem Herd landete.   Irritiert, was das für einen Lärm in der Küche war, rannte er los. Stirnrunzelnd sah er durch den Raum. Es herrschte das reinste Chaos und Usagi saß mit einem Kochlöffel in der Hand mittendrin auf dem Boden. Es klebten sogar Gemüsestückchen in ihren Haaren. „Ich wollte uns Essen machen.“ Immer noch perplex starrte er sie an. Doch dann konnte er nicht anders und fing anzulachen. Er musste so herzhaft lachen, dass er sich sogar am Türrahmen festhalten musste. Aber für Kenta war irgendetwas anders. Er lachte nicht, weil er auf Kommando freundlich sein musste. Nein, das Lachen kam irgendwo anders her. Er spürte etwas. So ein Gefühl. So eine Wärme. So etwas hatte er noch nie gespürt oder zumindest konnte er sich nicht mehr erinnern. Er wusste nicht warum, aber so, wie sie da saß, sah er erst, wie hübsch sie doch eigentlich war. „Ja, lach du nur, dass ich für dich gekocht habe.“ Schmollend zog sie eine Schnute und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Was ihn dazu veranlasste nur noch mehr zu lachen.   Angesteckt von seinem Lachen konnte sie jetzt aber auch nicht mehr anders und fing selbst damit an. Es musste aber auch zu komisch aussehen, wie sie da auf dem Boden saß. Lachend sahen sie sich einfach an. Es war das erste Mal, dass sie ihn so lachen sah, zumindest seit sie ihr Gedächtnis verloren hatte. Kenta half ihr hoch und begutachtete den Topf mit dem Curry. Angebrannt war es zum Glück noch nicht.   „Dann mal guten Appetit.“ Lächelnd griff sie nach ihrem Löffel und konnte genau sehen, wie Kenta skeptisch mit seinem in dem Curry herumstocherte. Langsam schob er etwas herauf und fuhr ihn ganz langsam zu seinem Mund. Ihr kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, bis sich Kentas Miene aufhellte und er mit großen Augen einen weiteren Happen in den Mund schob. „Wow. Das schmeckt wirklich gut!“ Lächelnd nickte sie ihm zufrieden zu und aß nun auch weiter. Schweigend saßen sie einfach nur da und jeder hing in seinen Gedanken. Doch dann traf es sie, wie ein Schlag. „Das Mädchen … Chibiusa!“ Hektisch sprang sie auf und stützte sich dabei mit ihren Händen am Tisch ab. „Wovon redest du? Was für ein Mädchen?“ „Das kleine Mädchen heißt Chibiusa!“ Hastig stürmte sie um den Tisch herum und schnappte sich Kentas Hand. „Vorhin, als ich gekocht habe, hatte ich plötzlich so ein Bild von einem kleinen Mädchen im Kopf. Mir war sie so vertraut und jetzt weiß ich auch wieder, wie sie heißt. Wer ist Chibiusa?“ Kenta zog seine Hand weg und runzelte dir Stirn. „Keine Ahnung, wen du meinst. Ich kenne keine Chibiusa und Mamiko mit Sicherheit auch nicht … Ich muss morgen früh raus und werde nun ins Bett gehen. Gute Nacht.“ Er stampfte, ohne ein weiteres Wort, aus dem Zimmer und kurze Zeit später hörte sie, wie die Schlafzimmertür zu geknallt wurde. Fassungslos blieb sie zurück. Was war das denn jetzt?   Das kleine Mädchen ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht fand sie in dem Fotoalbum irgendeinen Hinweis. Vielleicht hatte sie sie beim letzten Mal einfach übersehen. Flink fischte sie es aus der Schublade heraus und setze sich damit auf das Sofa. Sie blätterte eine Seite nach der anderen durch. Doch auf keinem einzigen Foto war das kleine Mädchen zu sehen. Während sie frustriert das Album wieder in die Schublade legte, sprang ihr ein Stadtplan ins Auge. Verwundert griff sie danach und holte ihn heraus. Er war nicht von Nagoya. Sondern von Tokio? Neugierig faltete sie ihn auf und betrachtete ihn stutzig. Auf der gesamten Karte waren Kreise und Kreuze verteilt. Nachdenklich tippte sie sich mit ihrem Zeigefinger gegen ihr Kinn. Vielleicht hatten sie da mal Urlaub gemacht? Sie drehte die Karte noch ein Stück und nun fiel ihr auf, dass neben den Kreisen ganz klein etwas geschrieben stand. Planeten? Neben jedem Kreis stand der Name eines Planeten. Mars, Venus, Jupiter, Merkur ... Verwirrt packte sie die Karte zurück und setzte sich wieder auf die Couch. Sie musste Kenta morgen nach ihrer Bedeutung fragen. Man markierte doch nicht grundlos Stellen in einen Stadtplan und schrieb Planetennamen daneben.   Früh am Morgen, die Sonne war noch nicht ein Mal aufgegangen, wurde sie wach. Die letzte Zeit wurde es immer heißer und auch nachts gab es kaum Abkühlung. Durch die Wärme schlief sie sehr schlecht. Langsam nervte sie es auch, dass sie wirklich jede Nacht von dieser blöden Mondprinzessin träumen musste. Etwas Abwechslung wäre ihr mehr als lieb. Ohne groß nachzudenken, ging sie auf den Balkon und wollte sich den Sonnenaufgang anschauen. Sie lehnte sich dazu gegen das Geländer des Balkons und genoss die Ruhe, die so früh, hier in der Stadt noch herrschte. Die Straßen waren leer, nur vereinzelt huschte mal ein Auto vorbei. In ein paar Stunden würde es hier wieder nur so vor Autos und Menschen wimmeln.     Schlaftrunken lief Kenta herüber ins Wohnzimmer und entdeckte dadurch die leere Couch. Ein kurzer Anflug von Panik überkam ihm, bis erleichtert feststellte, dass sie auf den Balkon herausgegangen war. Langsam schlurfte er ebenfalls heraus und blieb abrupt stehen, als er sie sah. Er wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund konnte er seinen Blick nicht von ihr abwenden. Wie sie da barfuß stand, in ihrem dünnen weißen Kleid, welches ihr gerade ein Mal bis zu den Knien reichte und diese leicht umspielte. Ihr langes blondes Haar hatte sie noch nicht zusammengebunden und so wehte es leicht im Wind. Tagsüber trug sie sie eigentlich immer zu einem langen Zopf nach hinten gebunden. Die ersten Sonnenstrahlen kamen heraus und strahlten genau auf sie. Es war fast so, als würde sie leuchten. „Ein Engel …“ Sofort schellte er sich innerlich selbst, was er da dachte. Er hasste diese Frau und vor allem dafür, was sie ihm und seiner Familie angetan hatte. Wäre sie nicht gewesen, hätten sie ganz normal aufwachsen können. Er konnte ihr einfach nicht verzeihen. Augenblicklich schürte wieder der Hass in ihm. Er drehte sich um und ging wieder rein. Er wollte keine Sekunde länger in ihrer Nähe sein.   Usagi bekam von alledem nichts mit und träumte weiter vor sich hin. Als sie wieder hineinging, stand die Sonne schon hoch am Himmel.   Beim Frühstücken unterhielten sie sich nicht. Kenta sagte kein Ton und sie wusste nicht, wie sie anfangen sollte, nachdem er so eigenartig auf die Frage nach Chibiusa reagiert hatte. Da er aber im Begriff war aufzustehen, gab sie sich einen Ruck. Sie flitze schnell zur Schublade und holte den Stadtplan heraus. „Was haben die ganzen Markierungen und Planetennamen zu bedeuten?“   Kenta erstarrte für einen Augenblick. Er hatte ganz vergessen Mamiko den Plan zurückzugeben. Sie hatte ihn hier vor ein paar Tagen liegen lassen. Was machte er jetzt? Nervös kratzte er sich am Kopf und zuckte mit den Schultern. „Zeig mal her. Keine Ahnung. Sehe ich zum ersten Mal. Bestimmt hast du die vor deinem Unfall gemacht.“ Skeptisch drehte sie die Karte hin und her. „Warum sollte ich das gemacht haben?“ Seine Hände fingen an zu schwitzen. Er musste sie mit irgendetwas ablenken, damit sie nicht weiter nachforschte. „Es ist doch so schönes Wetter, wollen wir nicht ein Eis essen gehen?“ Sein Plan ging auf. Aufgeregt hüpfte sie auf und ab und packte den Stadtplan zurück in die Schublade.   Kurze Zeit später fuhr er mit ihr zu einer schönen Eisdiele direkt am Park. Sie saßen auf der Terrasse und sie bestellte sich einen riesigen Schokoladeneisbecher. Er wunderte sich immer wieder, wie sie so viel verdrücken konnte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Ohne es zu wollen, musste er schmunzeln bei diesem Gedanke und ihm überkam wieder so eine Wärme in seinem Herzen. Er hing in seinen Gedanken und versuchte dieses Gefühl zu zuordnen. Sie merkte seine geistige Abwesenheit zum Glück gar nicht und aß genüsslich ihren Eisbecher auf. „Lass uns noch im Park spazieren.“ Plötzlich sprang sie auf und zog ihm am Arm. Er bezahlte schnell die Rechnung und schon gingen sie los. Ihm war alles recht, was sie den blöden Stadtplan vergessen ließ. Sie schlenderten gerade durch den Park, als nicht weit von ihnen auf einmal Musik ertönte. Sie zog an seinem Arm und rannte mit ihm in die Richtung der Musik. Vier Straßenmusiker standen mitten auf einer Lichtung und spielten wunderschöne Musik zum Tanzen. Ein paar Kinder hüpften um die Musiker herum und einige Erwachsene hatten sich auch dazu gestellt und lauschten den Klängen. „Komm, lass uns tanzen.“ Mit großen Augen strahlte sie ihn an. „Was? Nein.“ Vehement schüttelte er seinen Kopf. Er tanzte doch nicht mitten hier im Park. Geschweige, dass er überhaupt tanzte. Schulterzuckend zog sie sich ihre dünnen Sommerschuhe aus. „Was machst du da?“ „Ich möchte das Gras zwischen meinen Zehen spüren. Wenn du nicht willst, geh ich halt alleine.“ Grinsend ging sie näher heran und tanzte zusammen mit den kleinen Kindern um die Musiker herum. Wie angewurzelt blieb er an Ort und Stelle stehen und beobachtete sie. Das Bild von heute Morgen auf dem Balkon schlich sich vor sein geistiges Auge, und als er sie da so mit den Kindern tanzen sah, einen Moment ohne Sorgen und einfach nur glücklich, überkam ihm wieder diese Wärme in seinem Herzen. Sie suchte sich einen Weg durch seinen gesamten Körper. Er hielt dieses Gefühl nicht mehr aus und rannte einfach weg. Er konnte es nicht mehr ertragen, was war das? Er hasste sie und doch überkam ihm immer öfter dieses Gefühl, wenn er in ihrer Nähe war. Er musste sich wieder in den Griff bekommen. Mamiko würde es ihm nie verzeihen, wenn er einen Fehler machte. Als er wieder Herr seiner Sinne war, ging er wieder zurück. Sie hatte nicht ein Mal bemerkt, dass er kurz verschwunden war. Die Musiker hörten auf zu spielen und packten ihre Instrumente ein. Nachdenklich blickte er herauf in den Himmel. Es zogen dunkle Wolken auf. „Usagi. Lass uns lieber nach Hause fahren.“   Mitten in der Nacht wurde sie von lautem Donner aus dem Schlaf gerissen. Senkrecht saß sie auf dem Sofa und blickte aus dem Fenster. Es goss in Strömen und ein Gewitter tobte. „Mist!“, fluchte sie leise, sprang auf und schloss die Balkontür. Sie hatte sie zum Lüften offen gelassen und war so eingeschlafen. Es hatte hineingeregnet und eine große Pfütze machte sich auf dem Boden breit. Rasch rannte sie ins Badezimmer und holte ein Tuch zum Aufwischen. Nachdem sie alles aufgewischt hatte, hastete sie zurück zum Sofa. Es blitzte und donnerte immer mehr und bei jedem Dröhnen zuckte sie zusammen. Mit ihrem Kissen kauerte sie auf der Couch und kniff die Augen zusammen. Es krachte und dröhnte noch ein paar Mal, bis sie sich ein Herz fasste und ihre Decke schnappte. Sie lief damit zum Schlafzimmer und stand nun schwer atmend davor. Sie wollte jetzt nicht alleine sein. Ein weiteres Mal donnerte es und so überlegte sie nicht mehr lange. Zaghaft klopfte sie an die Schlafzimmertür und Kenta antwortete auch gleich. Er konnte wohl auch nicht schlafen. Langsam öffnete sie die Tür und stand nun mit ihrer Decke in der Hand auf der Türschwelle. Nervös zupfte sie an dem Bezug der Decke. „Du … Kenta … kann ich … kann ich heute Nacht bei dir schlafen? Ich … ähm … ich habe … Angst alleine.“   Kenta nickte bloß perplex und rutschte, damit sie auch Platz in dem Bett fand, ein Stück zur Seite. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie zu ihm herüber kommt. Schüchtern krabbelte sie auf die rechte Seite des Bettes und rollte sich in ihre Decke. Ein greller Blitz erhellte den Nachthimmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall. Er war wohl ganz in der Nähe eingeschlagen. Sie schrie auf, rutsche plötzlich zu ihm, klammerte sich ängstlich an seinem Shirt fest und vergrub ihr Gesicht darin. Er wusste gar nicht, wie es um ihm geschah. Er war völlig überfordert mit der Situation. Diese Gefühle, die in ihm wieder hochkamen, auf der anderen Seite aber, die ihm allzu gut bekannten, Hassgefühle ihr gegenüber. Aus irgendeinem Grund jedoch hatte er in diesem Moment einfach das Bedürfnis sie zu beschützen. Er konnte sich das selbst nicht erklären. Wie automatisch legte er seine Arme um sie herum und hielt sie fest.   Die ganze Zeit hatte sie Bedenken gehabt, mit ihm im Schlafzimmer zu schlafen, aber als sie jetzt so in seinen Armen lag, fühlte sie sich irgendwie geborgen. Sie wusste auch nicht warum, aber genau dies beruhigte sie und so konnte sie endlich wieder einschlafen.   Kenta konnte diese Nacht nicht mehr schlafen. Er lag einfach nur da und hielt sie in den Armen. Er konnte es sich selber nicht eingestehen, aber er fühlte sich wohl dabei. Es war ein Gefühl, was er schon seit ewigen Zeiten nicht mehr gefühlt hatte.     Zur selben Zeit wütete auch in Tokio ein schweres Gewitter und Mamoru konnte dadurch nicht mehr schlafen. Er stand auf und stellte sich ans Fenster. Traurig beobachtete er das Spektakel und seufzte. Es erinnerte ihn an Usagi. Sie hatte immer solch eine Angst, wenn es gewitterte, dass er sie immer ganz fest in den Armen hielt. Er blieb noch eine ganze Weile dort am Fenster stehen, bevor er wieder zurück ins Bett ging. Er musste sich zwingen zu schlafen. Er hatte sich morgen wieder für eine Doppelschicht eingetragen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)