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Love potion

von

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Gegenzauber

"Diese gierige, alte Schachtel!" Dean schimpfte ungeniert auf die Direktorin, als er sich auf den Fahrersitz des Impalas fallen ließ. Sam nahm derweil auf dem Beifahrersitz Platz, das Grimoire auf dem Schoß, während Castiel wie stets auf die Rückbank verbannt worden war. "Lass gut sein, Dean. Immerhin haben wir das Zauberbuch. Das ist das wichtigste", versuchte Sam ihn zu beschwichtigen, doch mit wenig Erfolg. "300 Dollar, Sam! 300!" Der jüngere Winchester zuckte hilflos mit den Schultern. "Die Alternative wäre das Buch hier zu lassen und das Risiko können wir nicht eingehen. Es könnte noch jemand die Zauber darin entdecken und probieren." "Wir hätten es einfach klauen sollen", brummte Dean unwillig, während der den Impala von Schulhof lenkte und weiter in den Ort fuhr, um dort einen Imbiss zu suchen, in dem sie frühstücken konnten.

Sam warf indessen bereits einen ersten Blick in das Grimoire, das zu seiner Freude fast vollständig in Englisch verfasst war, sah man von den Zaubersprüchen selbst ab. Des Jägers Lächeln wurde immer breiter, während er Seite um Seite umblätterte. "Wow. Diese Hexen hätten dir gefallen, Dean", feixte Sam und zitierte: "Jährlich zur Sommersonnenwende trifft sich die Schwesternschaft und lädt schmucke Krieger wie junge Recken ein, auf dass eine Nacht voll ungezügelter Lust den Samen für ein fruchtbares nächstes Jahr legen möge." Dean schnaubte. "Porno-Hexen?" "Eher Orgien-Hexen. Sie legten offenbar viel Wert auf Sexualität - aber auch auf Liebe. Es gibt zahlreiche Anleitungen für Potenzmittel, Aphrodisiaka und verschiedenste Hilfmittel." Sam hob beide Brauen und blätterte eilig weiter, als er eine Seite mit einem mehr als eindeutig Zeichnung erreichte. "Also gewissermaßen Sexen?", scherzte Dean zurück und erntete nur ein halbherziges Lachen nebst Kopfschütteln von seinem Bruder. Der Engel auf der Rückbank lauschte still, doch hätte einer der Winchesters sich umgewandt, hätten sie schnell bemerkt, dass dieser Wortwitz an Castiel völlig vorüber gegangen war.

 

"Wie ist es denn eigentlich im Moment? Fühlst du dich soweit gut?", erkundigte sich Sam schließlich. Dean brummelte nur eine unverständliche Antwort, doch Sam ließ noch nicht locker. "Ich meine... Cas ist hier und du benimmst dich weitestgehend normal. Also... wenn man davon absieht, dass du ihn anstarrst wie ein verliebter Teenie." Sams Grinsen sprach Bände. Er hatte Dean noch nie so erlebt, nicht in all den Jahren. Natürlich hatte Dean, obwohl sie die Schule oft hatten wechseln müssen, die eine oder andere Freundin gehabt, doch keiner hätte er je nachgetrauert und nie hatte Sam erlebt, dass sein großer Bruder, der immer den Coolen mimte, sich so albern benahm.

"Mir geht es gut!" Deans Gereiztheit war unüberhörbar und für Sam auch eine Art der Antwort. Doch während er dies als Anlass sah, für's Erste nicht weiter nachzuhaken, schien der Engel auf dem Rücksitz das genau anders zu sehen. "Vielleicht sollten wir eine adäquate Menge Betäubungsmittel bevorraten", schlug Castiel vor und reizte Dean damit nur noch weiter. "Ich sagte: Mir geht es gut!", betonte dieser jedes einzelne Wort und warf dem Engel über die Schulter einen mahnenden Blick zu. Umso mehr, als dieser meinte, widersprechen zu müssen. "Das ist nicht korrekt. Warum lügst du uns an?" Aus Castiels Mund klang das nichtmal wie ein Vorwurf, eher wie eine ernst gemeinte Frage, die sich Dean nicht bemühte, zu beantworten. Auch aus Sams entschuldigendem Blick über die Schulter wurde Cas nicht wirklich schlau, doch er kannte die beiden Jäger inzwischen gut genug, um zu wissen, dass weiteres Nachfragen ihn jetzt nicht weiterbringen würde, zumal sich Dean demonstrativ auf die Straße vor sich konzentrierte.

 

"Hast du schon was gefunden?" Genüsslich schob sich Dean das nächste Stück seines Pancakes in den Mund, wobei ihm der Sirup über das Kinn lief. "Ich denke ja, aber das wird dir nicht gefallen." Sam hob die Hand an sein eigenes Kinn und rieb dort, um Dean zu signalisieren, wo ihm der Ahornsirup bereits klebte. "Nun, die gute Nachricht ist: Der Zauber ist zeitlich begrenzt. Wenn du also lang genug durchhälst... dann hört es von allein auf." Deans Miene verzog sich. "Etwa so wie die armen Schlucker, die sich aus Liebeskummer umgebracht haben? Was ist die Alternative?" Sam holte Luft und wartete einen Moment ehe er recht ausweichend meinte: "Das willst du nicht, glaub mir, Dean."

Sams vage Antwort lenkte gleichermaßen Deans wie Castiels Aufmerksamkeit auf ihn. "Es ist durch ein Ritual möglich", erklärte Sam nun doch. "Allerdings müsstet ihr dabei auch ein wenig... intimer werden." Wie er erwartet hatte, spuckte sein großer Bruder vor Schreck über diese Eröffnung beinahe seinen Pancake wieder aus. Als Dean sich verschluckte und hustete, klopfte ihm Sam zweimal kräftig auf den Rücken. "Ich denke, am besten wäre es, das Ganze auszusitzen. Cas und ich bleiben in der Nähe, damit alles gut geht. In drei oder vier Tagen hast du es dann überstanden." Dean ächzte nur, merklich unbegeistert ob der Aussicht, seinen selbsternannten Schutzengel noch für weitere drei Tage anhimmeln zu müssen. "Oder wäre es dir lieber, wenn Cas geht?", konnte sich Sam ob Deans verzweifelter Miene einen Kommentar nicht verkneifen, auf den sein Bruder jedoch nicht mehr einging. "Also hört es wirklich einfach aus? Gut. Dann warten wir ab. Solange können wir einen neuen Fall suchen", entschied der ältere Winchesterbruder stattdessen. "Wie du meinst." Sam zuckte mit den Schultern und griff wieder nach dem Löffel, um sich seinem Müsli zu widmen. "Aber ja. Einfach abwarten. Das Buch sollten wir dennoch besser zerstören, denke ich. Es stehen noch stärkere Zauber und Zaubermittel drin, die einige nicht ganz legale Zutaten benötigen." Dean nickte zustimmend und sogar Cas ließ sich zu einem Nicken hinreißen.

 

Die Zerstörung des Buches hatte Cas versprochen zu übernehmen, sodass Dean und Sam nur zu zweit in das kleine, schäbige Motel mit dem klangvollen Namen 'Morning Sun Motel' eincheckten. Der Mann am Empfang war so schwerhörig, dass Sam zwei Anläufe brauchte, um ihm klar zu machen, dass Dean und er Brüder waren und kein - wie es der Alte nannte - 'schwules Pack aus der Stadt'. Erst hatte der Alte noch zweifelnd gewirkt, ihnen dann aber gegen Vorausbezahlung einen Zimmerschlüssel ausgehändigt. Zwei Betten, kleines Bad. Alles, was die beiden Jäger bräuchten, um die Nacht hier zu bleiben, während sie nach einem neuen Fall Ausschau hielten und sich Dean erholte.

"Wenn ich dem erzählt hätte, dass noch ein Typ herkommt, hätte der mir den Schlüssel nie gegeben", ächzte Sam, als er das Zimmer vor seinem Bruder betrat, der zustimmend lachte. "Das kannst du laut sagen. Und wie er dich 'Weibisch' genannt hat. Ich sag's dir, Sammy, es sind die Haare. Was ein verklemmter alter Sack. Ich steh' ja auch nicht drauf, aber man kann's auch übertreiben." Sam rollte nur mit den Augen, doch ließ diesen Spruch natürlich nicht auf sich beruhen. "Vor allem hätte er uns nie das Zimmer gegeben, wenn er wüsste, dass du auf den dritten Typen, der herkommen wird, stehst, Dean." Jetzt blickte Dean finster, während Sam nur auflachte. "Nimm es nicht so schwer. Wirklich. Sieh es positiv. Es hat Cas getroffen. Von allen Leuten! Das ist doch vergleichsweise ein Glückstreffer." "Ach ja? Und wo bitte?" "Naja, er macht kein Drama draus, er lacht dich nicht aus und eure Beziehung wird deshalb noch nichtmal komisch." Dean seufzte unverhohlen. "Du meinst: Nicht komischer als sie eh schon ist." Lachend zuckte Sam mit den Schultern. "Oder das."

 

Besagter Engel ließ nicht lange auf sich warten. Kaum, dass die Brüder es sich in dem kleinen Motelzimmer bequem gemacht hatten, stand Castiel auch schon von einem Moment auf den nächsten neben dem Fenster, als hätte er dort schon Stunden ausgeharrt und nur auf die beiden Jäger gewartet. "Cas!", erschreckte sich Dean und zuckte zusammen. Seine Hand war instinktiv zu seiner Waffe im Hosenbund gewandert, doch jetzt entspannte sich der Jäger wieder. Sein jüngerer Bruder stand, wie die dünnen Wände des Motels preisgaben, gerade unter der Dusche.

"Hast du das Buch vernichtet?" Der Engel im Trenchcoat nickte. "Ja. Es wird keiner Hexe mehr dienlich sein." Zufrieden damit nickte Dean und als Castiel keine Anstalten machte, sich von seinem Platz, an dem er ähnlich dekorativ stand wie noch wenige Tage vorher neben einer potthässlichen Stehlampe, weg zu bewegen, winkte Dean ihn heran und patschte mit der flachen Hand neben sich auf das Bett, auf das er sich nun rücklinks fallen ließ. "Setz dich. Dieses Herumstehen macht einen ja ganz kirre." Als Castiel der Aufforderung folgte und nun neben ihm saß, konnte Dean allerdings nicht behaupten, dass das zu seiner Entspannung beitrug. Im Gegenteil. In seinem Bauch drohten nicht Schmetterlinge, sondern eher ein Schwarm Bienen durchzudrehen, während er wie im Zwang immer wieder zu dem Engel blickte, der steif auf der Bettkante saß und geradeaus starrte, obwohl es dort effektiv nichts außer fleckiger Raufasertapete im Stil der 80er zu sehen gab. Gott, dieser Engel würde ihn noch in das Grab zurückbringen, aus dem er ihn gezogen hatte! Unwillig, sich weiter mit Castiel und dessen unglaublich blauen Augen, diesen einladenden Händen, diesem Wunder von einem Hintern und - Oh Nein. Nein. Ganz entschieden Nein! Dean stöhnte auf. Wieso nur gingen ihm diese Dinge andauernd durch den Kopf und wieso zur Hölle hatte es nicht einfach eine Frau erwischen können? Ein kleiner Schnack mit einer hübschen Lady und alles wäre gut gewesen. Aber nein. Von allen, die er hätte sprechen können, war es ausgerechnet der verballertste Engel Amerikas gewesen. Der starrte den Jäger nur verständnislos an und konnte Dean gutturales Ächzen offenbar nicht deuten. "Hast du Schmerzen?" Am liebsten hätte Dean geschrien oder Castiel einfach bei den Schultern gepackt und kräftig geschüttelt.

 

Am Rande seines Bewusstseins konnte Dean das verräterische Geräusch einer Laptop-Tastatur hören. Eindeutig Sam. Wann er eingeschlafen war, wusste der Jäger zwar nicht mehr, aber gut getan hatte das Nickerchen auf jeden Fall und obendrein hatte es eine angenehme Trägheit über seine Glieder gelegt. Mit einem leisen Schmatzen drehte der Jäger den Kopf ein wenig, um noch ein wenig weiterzuschlafen, doch zu seinem Ärger stieß er dabei gegen etwas anderes, das sich verdächtig nach einem weiteren Kopf anfühlte. "Ngh... verdammt." Brummig blinzelte Dean und rieb sich schließlich über die Augen, um die Schwere aus seinen Lidern zu vertreiben.

"Hallo Dean." Der Angesprochene starrte direkt in ein ihm nur zu gut bekanntes Paar blauer Augen. Offenbar lag Castiel direkt neben ihm, allerdings anders als Dean, der entspannt auf der Seite lag, auf dem Rücken und steif wie ein Brett. Dean stöhnte auf. Wann war denn das bitte passiert? "Cas?" "Ja?" Fragend blinzelte ihn der Engel an und sorgte damit effektiv dafür, dass Dean nicht einmal mehr wusste, was er eigentlich hatte sagen wollen. Seine Gedanken rasten, jedoch unzusammenhängend und wahllos. Noch mehr als seine Gedanken raste allerdings sein Puls. Beinahe, als hätte der Jäger einen Marathon gelaufen anstatt ein Nickerchen zu halten. Nur wenige Zentimeter trennten ihn und den Engel, weniger als eine Armlänge. Er bräuchte sich nur vorbeugen und... ihre Köpfe stießen wieder aneinander, versuchte Dean das Bild eines Kusses und die damit einhergehende Versuchung, genau das zu initiieren, aus seinem Kopf zu vertreiben.

 

"Dean." Erst Castiels Erwähnung seines Namens riss den Jäger wieder aus seinem tranceartigen Zustand, in dem er nichts hatte tun können, als den Engel vor sich anzustarren. "Mh?" "Du hast mir nicht zugehört." Das konnte Dean schlecht leugnen, also seufzte er nur vielsagend und deutete ein aufforderndes Nicken an. "Fühlst du dich jetzt besser?" "Ja, Cas. Alles okay." Bei diesem Engel wusste er manchmal wirklich nicht, ob er lachen oder weinen sollte. "Der Zauber dürfte ja nicht mehr lange anhalten." 

Castiel legte die Stirn in sorgenvolle Falten, als wolle er widersprechen. Dean schwante Übles. Wenn der Engel so besorgt aussah, war vielleicht doch etwas im Argen? "Cas?" "Ja?" Das war wieder so einer dieser Lachen-oder-Heulen-Momente. "Cas, was wird passieren?", verlangte Dean zu wissen, nun hellwach und mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. "Der Zauber verstärkt sich in seinem Verlauf, ehe er innerhalb kurzer Zeit seine Wirkung verliert." Dean hätte am liebsten gewürgt und brauchte einen Moment, ehe er es schaffte, Worte zu finden. "Du willst mir also sagen ,das wird jetzt erstmal noch schlimmer?" Ein tiefes Ächzen entfuhr dem Jäger, der sich entnervt durchs Haar fuhr. "Okay. Okay. Es ist nur ein Zauber und so übel ist es auch nicht, oder? Ich meine: Es tötet mich nicht, ich habe keine Schmerzen und morgen Abend ist der Spuk vorbei." "Oder übermorgen. Wir haben keine konkreten Zeitangaben", warf Sam ein, ohne aufzusehen, der die ganze Zeit schon mit einem Ohr der seltsamen Unterhaltung lauschte, die sein Bruder und der Engel im Trenchcoat führten, die so auf dem Bett liegend, ein wirklich seltsames Bild abgaben.

"Dann meinetwegen übermorgen", giftete Dean zurück. "Aber dann ist es vorbei, richtig?" Castiel nickte. "Ja. Der Zauber ist nicht sehr stark." Das hingegen sah Dean eindeutig anders. Der Engel beherrschte ja nahezu seine Gedanken und so oft, wie er einfach in Vorstellungen versank, über die er nichtmal im Vollrausch mit seinem Spiegelbild gesprochen hätte, konnte von 'schwach' wirklich nicht die Rede sein. "Ich bin einfach froh, wenn es vorbei ist." 

 

Eigentlich hatte sich Dean herumrollen wollen, doch der warme Atem Castiels, der seine Wange streifte, weil sich der Engel ihm zugewandt hatte, machte es ihm schier unmöglich, sich abzuwenden. Er spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete. Scheiße, was war er? Ein verknallter Teenager? Das war total absurd! Und nicht nur, weil er hier an Castiel dachte, diesen völlig verballerten Engel, der nächtelang vor der Glotze saß, während Sam und er schliefen oder einfach irgendwo in der Pampa an Tankstellen stand wie ein Ölgötze, dass es an ein Wunder grenzte, dass sich der Engel noch keine Anzeige eingehandelt hatte. Das musste die Leute doch total creepen! Und überhaupt: Wieso sollte er sich wegen dieser ganzen Sache überhaupt den Kopf zermartern? Es wusste doch jeder von ihnen, dass Dean unter einem Zauber stand. Cas juckte das alles sowieso nicht und Sam war nicht der Typ, der eine große Sache draus machen würde. 

Noch ehe Dean selbst wusste, wohin ihn seine Gedanken überhaupt führten, hatte er sich in Castiels Richtung geneigt und seine Lippen auf die des Engels gelegt. Dass der nichtmal reagierte, bekam Dean dabei kaum mit. Er genoss einfach den Moment, die Nähe, die Intimität, ja sogar den Geruch Castiels, den er nun wahrnahm und der ihm überirdischer denn je erschien. So konnte sich ein Mensch einfach nicht anfühlen, so konnte kein Mensch riechen. Berauschend. Gerade, als seine Hand ihren Weg in Castiels Haar finden wollte, riss ein lautes Räuspern Dean auf- und zurückschrecken. Sein Blick traf Castiels, doch der Engel hatte sich nicht geräuspert, sondern blickte ihn nur unverwandt und ungerührt an. "Dean...?" Sams Stimme verriet schon sein breites Grinsen. "Vielleicht ist es doch besser, wenn Cas... ein wenig Abstand hält. Cas, würdest du vielleicht...?" Das würde er sich von Sam bestimmt ewig anhören müssen. Unwillig rollte sich Dean im Bett herum und konnte gerade noch das verräterische Geräusch von großen Schwingen hören, das das Kommen und Gehen eines Engels ankündigte.



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