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Die Geister von Torak

von

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Ѧ Es hat etwas Endgültiges Ѧ

Ѧ Fortuna Ѧ
 

Geduld, Fortuna, Geduld. Das sage ich mir immer wieder wie ein Mantra. Die Radmar werden noch früh genug in die Fallen tappen. Dann kann ich auch endlich von diesem vermaledeiten Baum herunter. Mir schlafen langsam meine Beine ein. Kein Wunder bei der Position, in der ich mich an den Baum gebunden habe. Ich versuche meine Zehen etwas zu bewegen um das Gefühl zurückzubekommen. Dabei muss ich aufpassen, dass die Blätter und Äste, die ich als Tarnung um mich herum drapiert habe, sich nicht allzu sehr bewegen. Man kann ja schließlich nie wissen, wer einen gerade beobachtet. Ich sehe vorsichtig auf die Uhr. Dann nehme ich die kleine Pfeife, die ich bisher im Mundwinkel balanciert habe, richtig in den Mund. Als ich dort drei Mal kurz hineinblase, klingt es wie ein Vogel, der zwitschert. Wir Elfog haben ein ausgefeiltes System von Anzahl und Art eines Vogelrufs für unsere Kommunikation entwickelt.

Danach bewege ich meinen Kopf auf die andere Seite um die Antwort besser hören zu können. Mmh, immer noch keine Radmar gesichtet. Langsam frage ich mich, ob die Informationen, die wir bekommen haben, nicht nur eine Falschmeldung war. In dem Moment sehe ich etwas aus den Augenwinkeln. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht in einer hektischen Bewegung den Kopf in diese Richtung zu drehen. Jedes Mondvolk weiß, dass wir Elfog die Meister der Tarnung sind. Deswegen bewegen sie sich in unserem Gebiet immer anders. Vorsichtiger. Sie erwarten, dass wir aus dem Hinterhalt angreifen. Ich sehe mir die Eindringlinge genauer an. Es sind eindeutig Radmar. Ihre silbernen Rüstungen mit den weißen Fellen leuchten hier im Wald wie ein Leuchtfeuer. Ich blase zwei Mal lang in meine Pfeife. Aber ich habe gut reden. Wir Elfog tragen schwarz-golde Rüstungen. Das ist nicht unbedingt unauffälliger. Allerdings ist das Gold an meiner Rüstung stumpf, damit es nicht glänzt. Hier auf Torak werden keine der Metalle an unseren Rüstungen poliert. Das machen nicht nur wir Elfog so, sondern alle Mondvölker. Na ja, vielleicht außer die Zenmi. Aber die verstecken sich auch mit Hilfe ihrer Technologien.

Dennoch sind wir Elfog um Welten besser. Denn wie meine Ausbilder immer sagen. Nicht gesehen zu werden reicht für einen Überraschungsangriff nicht aus. Drei, fünf, sieben. Sieben Radmar mit eins, zwei, zwei Raubvögeln und zwei, drei, drei Armeehunden. Also sieben kurze, zwei geträllerte und dreimal lang. Auch wenn unsere Kommunikation wie ein Vogelruf klingt, so frage ich mich doch, warum unsere Feinde dies nicht schon längst mitbekommen haben. Ich meine, auch wer sich nicht mit Vogelrufen auskennt, müsste diese merkwürdigen Vögel auffallen, die immer unterschiedlich lang und kurz zwitschern. Aber auch wenn noch niemand diese altertümliche Kommunikationsweise entdeckt zu haben scheint, so haben die Radmar, dank ihrer Hunde doch eine außergewöhnlich hohe Chance, unsere Verstecke aufzuspüren. Das ist auch der Grund, warum ich als Späher über eine halbe Stunde von Baum zu Baum geklettert bin. In dieser Höhe können auch Hunde mich nicht riechen oder mich als Feind wahrnehmen.

Die Radmar bewegen sich wirklich ausgesprochen leise durch das Gestrüpp. Sogar die Hunde kann ich kaum hören. Also allein nach Geräusch, könnte ich nicht beurteilen wie viele es sind. Während ich so lausche, höre ich ein Antwortgezwitscher. Position halten. Na gut. Also weiter warten. Ich sehe mich nach einer möglichen Nachhut um. Da fällt mir ein, das ich gar keine Späher gesehen habe. Merkwürdig. Oder war die Gruppe gerade welche? Nein, das kann eigentlich gar nicht sein. Ich habe mit einem Mal ein ganz merkwürdiges Gefühl. Hier stimmt etwas nicht! Feindliche Späher gesichtet? Das ist das Zwitschern von einem anderen Wachposten. Nein. Falle? Keine Antwort. Gar nicht gut. Aber ich kann nichts machen. Mein Befehl war den Posten zu halten also tue ich das auch. Da kommt mir auf einmal ein beunruhigender Gedanke. Haben sie unsere Kommunikation etwa doch geknackt? Rede ich noch mit meinen Leuten? Oder ist es ein Radmar, der mir Befehle gibt?

Nein, Fortuna! So was darfst du nicht mal denken! Aber der Gedanke hat sich schon in meinen Kopf festgesetzt. Und meine Fantasie malt sich natürlich die schlimmsten Szenarios aus. Keine Falle! Späher in Gebiet drei gesichtet. Und mein Puls beruhigt sich wieder. Nachhut in Gebiet 4. Drei Radmar auf Pferden und ein Armeehund. Alles läuft nach Plan. Dämliche Radmar. Wer greift in der heutigen Zeit noch zu Pferd an? Heutzutage gibt es Fahrzeuge. Aber ich muss zugeben, dass man mit einem Pferd auch in unwegsames Gelänge vorankommt. Gerade in so einem Wald wie diesen hier. Und wenn du angegriffen oder gar getötet wirst, ist es auch egal ob derjenige es in einem Wagen oder hoch zu Ross getan hat. Also vielleicht doch nicht so dämlich. Ich seufze und halte vor Schreck die Luft an.

Was mache ich denn da? Es ist als ob ich meine ganze Ausbildung vergessen hätte. Also wenn hier wer dämlich ist, dann ja ich. Ich sehe mich vorsichtig um. Jetzt heißt es wieder warten. Oh wie es hasse. Geduld. Ja, ok. Es ist für uns Fallensteller, die oberste Devise, aber es nervt mich trotzdem. Da fegt ein Lufthauch an mir vorbei und er bringt den Geruh von Blumen mit sich. Wo her kommt das denn? Ich bin mitten im Wald, Meilen vom der nächsten Lichtung entfernt und doch rieht es hier mit einem Mal nach Blumen. Plötzlich rascheln die Blätter unter mir. Ein Tier? Nein, ein weißes Flimmern. Was ist das? Habe ich mir das nur eingebildet? Aber bevor ich weiter darüber nachdenken kann, werde ich von einer gewaltigen Explosion abgelenkt. Darauf folgen Kriegsgeschrei und Gewehrschüsse. Der Angriff hat begonnen.

Und in all diesen Kampfgeräuschen, vernehme ich ein Zwitschern. Posten aufgeben. Zweite Angriffswelle einleiten. Ich richte mich aus meiner Position auf und befreie mich von den Stricken, die mich bisher an den Baum gebunden haben. Dann klettere ich weiter nach oben, um meine Waffe zu holen, die ich in einer Baumhöhle versteckt habe. Während ich mich gefechtsbereit mache, sehe ich eine Bewegung zu meiner linken. Einer meiner Kameraden schleicht sich in etwa hundert Meter Entfernung durch das Gestrüpp. Er kommt in meine Richtung. Nach dem ich alle meine Sachen eingesammelt habe, springe ich von meinem Baum. Ein Gewehrlauf zielt auf meinen Kopf. „Man, Fortuna! Kannst du nicht wie jeder normale Mensch von einem Baum steigen! Ich hätte dich fast erschossen.“

„Krieg dich wieder ein! So geht es halt schneller.“ Aber ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. James ist einfach süß, wenn er wütend ist. „Hör auf zu grinsen! Das hier ist kein Spiel!“ „Ja, Sir!“ Und da zuckt dann doch sein Mundwinkel. „Los ihr Spaßvögel, bewegt euch! Wir sind hier mitten in einem Angriff.“ Tara ist zu uns aufgeschlossen und wir alle setzten unseren Weg Richtung Kampfgeschehen fort. Wir drei kennen uns schon ewig. Wir sind nicht nur gemeinsam in die Armee eingetreten, sondern sind auch schon gemeinsam zur Schule gegangen. Wir haben bisher alles gemeinsam gemacht und sind ein eingespieltes Team. Wir sind die besten Freunde. Na gut, Tara und James sind inzwischen mehr als das. Sie sind verheiratet. Kurz nach Eintritt in die Armee haben sie angefangen miteinander zu gehen und kein halbes Jahr später, verkündeten sie ihre Verlobung. Seit damals fühle ich mich immer öfter wie das fünfte Rad am Wagen.

Wir kommen den Ort der Explosion immer näher. Tara, die geborene Anführerin, gibt uns mit Handzeichen Anweisungen. Unserem kleinen Trupp haben sich inzwischen andere angeschlossen. Ganz wie von unserem Führungsstab verlangt, hat sich zusätzlich zu uns Wachposten auch ganze Gruppen für die zweite Angriffswelle versteckt und zurückgehalten. Der einzige Zweck: Wir befinden uns jetzt hinter den feindlichen Lienen. Ich finde dies mehr als hinterhältig. Aber das ist Krieg. Es ist alles erlaubt. Miese Tricks werden erwartet. Ich unterdrücke das Bedürfnis davon zu rennen. James neben mir schluckt hart. Ich drücke ihn kurz ermutigend die Schulter, bevor ich meine Gruppe nach rechts führe. Es bringt alles nichts. Noch werdend ich meine Gruppe leise durch den Wald navigiere, beschleicht mich wieder das merkwürdige Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Aber ich kann leider nicht sagen, woher es diesmal kommt. Es läuft alles perfekt nach Plan. Vielleicht zu perfekt.

Ich weiß es nicht. Bereit! Das ist das zwitschern von James. Er hat eine zweite Gruppe nach links geführt. Ich hocke mich auf die Erde und robbe zum Felsvorsprung. Meine Kameraden hinter mir machen es mir nach. Bereit! Mein Adrenalin steig. Ich sehe über die Felskante auf das Schlachtfeld, lege mein Gewehr an und danke unseren Schutzgott Torak, dass wir heute nicht geben die Leumir kämpfen. Angriff! Die Radmar haben keine Chance. Wir metzeln sie nieder und dann geht etwas gehörig schief. Mehrere Explosionen erschüttern die Erde. Ich kann nur entsetzt auf die brennenden Krater starren, wo eben noch Menschen waren. Wo James war. Alles schrumpft auf diesen Augenblick zusammen. Kälte ergreift von mir besitzt, während mein Verstand noch zu begreifen versucht, was gerade passiert ist. Dann kommt die Wut.

Ein Schrei, wie ich ihn noch nie von mir gehört habe, kommt von meinen Lippen und ich springe auf und renne im Zickzack, den Abhang hinab. Dabei schieße ich wie von Sinnen auf jedes bisschen Weiß, was mir vor den Lauf kommt. Ich vernachlässige meine gesamte Deckung. Es ist mir egal. Tränen lassen meine Sicht verschwimmen und noch immer schieße ich auf diese Bastarde, die mir meinen Freund genommen haben. Irgendwann bemerke ich, dass ich gar keine Kugeln mehr im Lauf habe. Aber auch das ist mir egal. Dann nutze ich das Gewehr halt als Schlagstock. Es ist auf einmal so leicht zu töten. Ich schlage auf alles und jeden ein, der mir in den Weg kommt. Auf einmal schießt ein stechender Schmerz durch meine rechte Hand. Mein Gewehr ist zerbrochen und das scharfe Ende hat sich in meine Hand gebohrt. Mein Blut tropft auf das weiße Fell des toten Radmar auf welchen ich gerade eingeschlagen habe. Rot auf weiß. Es hat etwas Endgültiges.



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