Die Geister von Torak von Proinos ================================================================================ Kapitel 2: Ѱ Es geht rein ums Prinzip Ѱ --------------------------------------- Ѱ Marc Ѱ Ich konnte nur noch denken: Jetzt ist es aus. Der steile Berghang, der vor uns aufragte, kam erschreckend schnell näher. Josef neben mir bewegte stumm seine Lippen in einem verzweifelten Gebet an unseren Schutzpatron Torak. Kate, unsere Pilotin, schrie und zerrte gleichermaßen an ihrem Lenkrad. Das Raumschiff bewegte sich viel zu langsam aus dem Sturzflug. Doch irgendwie schafften wir es doch, nicht an diesem Berghang zu zerschellen. Nur der hintere Teil unseres Raumschiffes schlug mit solcher Wucht gegen die obere Kante, dass mein Kopf zu dröhnen begann und das Raumschiff in zwei Hälften zerbrach. Der hintere Teil unseres Schiffes, der Teil mit unseren Vorträten und Waffen, fiel den Abhang hinunter. Der vordere Teil, in dem die siebenköpfige Mannschaft saß, schlitterte unkontrolliert über das weite Plateau und kam schließlich an einem großen Felsen zum Stehen. Wir alle wurden nach vorn geschleudert und Kate schlug mit ihrem Kopf aufs Lenkrad auf. Zum Glück hatte sie einen Helm auf. „Ich hasse diese Leumir und ihre Treffsicherheit! Die haben mein Baby total zerstört!“ Kate schlug wütend auf das Armaturenbrett. „Das war ja wohl eher der Berg, Kate.“ Das hätte Josef nicht sagen sollen, denn jetzt geht Kate auf ihn los. „Wir wären ohne diese Bastarde gar nicht abgestürzt. Das werden sie büßen!“ „Stopp! Das bringt uns jetzt auch nicht weiter! Hauptsache wir sind am Leben, aber das werden wir nicht mehr lange sein, wenn wir hierbleiben. Wenn sich alle mal beruhigten könnten? Gut, ist irgendjemand verletzt? Nein, ok. Unser nächster Stützpunkt liegt eine Tagesreise in nordöstlicher Richtung. Dies ist allerdings der direkte Weg und wir befinden uns genau im Gebiet der Leumir. Da wir keine Waffen mehr besitzen, müssen wir dieses Gebiet so schnell wie möglich verlassen und umgehen.“ „Marc, wir haben aber auch keine Vorträte mehr.“ „Ja, aber im Moment sind wir mit den Zenmi im Bunde, das heißt wir werden uns dort Vorträte und vielleicht ein Transportmittel besorgen. Ihr Gebiet liegt näher als unseres.“ Gesagt, getan. Wir nahmen alles Nützliche, was wir aus dem Frack, welches mal unser Raumschiff gewesen war, bergen konnten, mit. Das was wir nicht mitnehmen konnten, zerstörten wir, damit es den Leumir oder einem anderen Volk nicht in die Hände fallen konnte. Dann begaben wir uns an die mühselige Aufgabe von dem Berg hinunter zu steigen. Dabei bewegten wir uns genau in die entgegengesetzte Richtung unseres eigentlichen Ziels. Es dauerte zwei volle Stunden bis wir unten angekommen waren und den richtigen Weg gefunden hatten. Den Weg, der nach Zenai, dem Hauptstützpunkt der Zenmi auf Torak führte, war kaum sichtbar. Torak war der Planet auf dem ich mich gerade befand. Und ja er hieß wie unser Schutzpatron. Ich finde das auch paradox. Er war nämlich außerdem der Ort, wo der Ewige Krieg ausgetragen wurde. Warum wir uns nicht auf unseren Heimatmonden bekriegten? Der Grund ist einfach und doch nicht leicht zu erklären. Mein Volk, die Mura, leben auf dem Mond Mura. Daher haben wir unseren Namen. Betritt jetzt ein Leumir Mura, so wird er nach kurzer Zeit krank. Warum das so ist? Meine Lehrer sagen, es liegt an den Energien des Mondes. Wir sind immun dagegen, die anderen Völker aber nicht. Das gilt übrigens für alle sieben Monde von Torak. Jeder Mond besitzt seine ganz eigenen Energien und nur die Völker, die dort heimisch sind, haben sich daran angepasst. Nur hier auf Torak können wir uns alle frei bewegen. Was heißt hier frei. Torak ist unter den sieben Mondvölkern aufgeteilt. Die Grenzen der einzelnen Gebiete verändern sich mit dem Verlauf des Ewigen Krieges und wer hierherkam, war wohl kaum frei. Wir alle sind nämlich Soldaten, die ihr Gebiet beschützen oder neues Land erobern sollen. Natürlich gibt es auch die Arbeiter. Sie bauen die Rohstoffe von Torak ab und die Rohstoffe sind der Grund, warum sich die Grenzen ständig verändern. Viele meiner Kammeraden vertreten die Ansicht, dass sie auch der Grund für den Ewigen Krieg seien. Ich bezweifle das irgendwie. Die Mondvölker konnten seit gerade mal 150 Jahren auf Torak Bergbau betreiben. Seit dieser Zeit war aus dem Ewigen Krieg ein Macht Krieg geworden. Aber wir haben uns auch schon vorher bekriegt. Ich muss natürlich zugeben, dass der Ewige Krieg brutaler und blutiger geworden war und dass miese Tricks hier auf Torak an der Tagesortung sind. Man kann hier niemanden vertrauen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir das wenige, was wir aus unserem Raumschiff bergen konnten und das uns als Waffe dienen kann, jetzt vor uns halten. Außerdem laufen wir die ganze Zeit in Formation, selbst als wir in das Gebiet der Zenmi kommen. Unsere Vorsicht zahlte sich aus. Plötzlich sind wir umstellt. 15 Zenmi-Soldaten mit ihren goldenen Rüstungen und roten Helmen richten ihre Hightech- Gewehre auf uns. Ich frage mich immer wieder wie sie sich mit ihrer Kampfkleidung so effektiv anschleichen können. Mit ihren ebenfalls roten Rosshaaren auf ihren Helmen wirken sie sehr imposant und majestätisch und sind damit genau das Gegenteil von uns. Wir tragen silberne Rüstungen und schwarze Helme, die von unserem Absturz leicht ramponiert und von unserem Fußmarsch verdreckt sind. Außerdem wirken unsere improvisierten Waffen einfach nur lächerlich. Würden sie uns angreifen, hätten wir gar keine Chance. Ich hasse diesen Krieg. Seit zwei Jahren gerate ich ständig in solche Situationen und habe immer mehr Glück als Verstand um da wieder raus zu kommen. So auch jetzt. „Wir Mura bitten um sicheren Geleit. Die Leumir haben unser Schiff abgeschossen und wir müssen nach Muta.“ Ich habe diese Worte den ganzen Weg hierher geübt. Zenmi-ko ist eine der wenigen Sprachen, die mir persönlich recht schwerfällt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich die Antwort des einen Zenmi-Soldaten nicht richtig verstand. Na ja, zumindest nicht vollständig. Er hatte uns aufgefordert ihm zu folgen. Dass die anderen uns weiter einkreisen und ihre Waffen bereithalten, war jetzt nicht ungewöhnlich, zeigte mir aber auch nicht, ob wir verhaftet waren oder nur geleitet wurden. Wir haben uns zurzeit mit ihnen verbündet, aber wir vertrauen einander dennoch nicht. Wie gesagt, vertraue niemanden, dann lebst du meist länger. So senken auch wir unsere nutzlosen Waffen nicht. Dass wir alle viel schneller in Zenai sein könnten, wenn wir alle unsere Waffen niederlegen, schien nur mich zu stören. Zenai war wie Muta der Hauptstützpunkt hier auf Torak. Er diente als Flughafen für die Shuttles vom Heimatmond, als Außen- und Hauptzentrale des Militärs auf Torak und als Handelszentrum für die umliegenden Arbeiterdörfer. Diese Arbeiterdörfer stehen unter dem Schutz des Militärs und die Regierung ist für das Militär zuständig. Alles fürs Vaterland! Aber wie viel Vaterlandsliebe hat ein Kriegsgefangener, wenn die Regierung denn Preis für seine Freilassung nicht bereit ist zu zahlen. Gar keine. Dabei ist ein Menschenleben mehr wert als 100 einfache Maschinengewehre. Meinem Freund war das passiert. Er hatte sich daraufhin getötet und ich durfte dann zu seiner Familie nach Hause gehen und sagen, wie Heldenhaft er gekämpft habe, bevor man ihn tötete und dass es eine Ehre für mich gewesen sei, an seiner Seite gekämpft zu haben. Diese Lüge war das Schwerste, was ich je tun musste. Abgesehen vom Töten. Doch beides waren Befehle, die ich nun mal befolgen musste, ob ich es guthieß oder nicht. Tat ich es nämlich nicht, konnte ich mich auch gleich selber töten und die Demütigung über meinen Volksverrat würde meine ganze Familie zu spüren bekommen und die hatte in diesem Krieg wirklich genug gelitten. Der Hauptmann, dessen Namen ich gleich wieder vergessen habe, akzeptierte unsere Erklärung für unser Eindringen ins Gebiet der Zenmi und gibt uns einen einfachen, ausrangschierten Gleiter, der nebenbei bemerkt, vor Jahren von uns Mura gestohlen worden war und nun die Farben der Zenmi trug, und Wasser für den Flug nach Muta. Wir alle sind froh, als der Gleiter, der wirklich nur noch eine fliegende Hülle war, nachdem die Zenmi ihre eigene Technologie wieder ausgebaut haben, endlich vom Boden abhob. Auch wenn die Zenmi gerade unsere Verbündeten sind, in ihrer Nähe füllt sich keiner von uns wohl. Die Sonne geht bereits unter als Kate den Gleiter Richtung Muta lenkt. Dort würden wir erst in den frühen Morgenstunden ankommen. Die letzten Gedanken bevor ich einschlief, waren dass selbst die Leumir mit ihren Scharfschützen einen so kleinen Gleiter in den Farben der Zenmi nicht angreifen werden. Schließlich können sie einen Zweifronten Krieg nicht gebrauchen und die Zenmi würden es als Kriegserklärung ansehen, wenn einer ihrer Gleiter abgeschossen wird und da ist es egal, dass wir Mura ihn fliegen. Es geht rein ums Prinzip. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)