I love the broken ones von littlemoony (ɪᴛᴀᴄʜɪ x sᴀᴋᴜʀᴀ, sᴀsᴜᴋᴇ x sᴀᴋᴜʀᴀ) ================================================================================ Kapitel 3: ɪ·ᴍ ᴏɴʟʏ ᴀ ʜᴜᴍᴀɴ --------------------------- ɪ·ᴍ ᴏɴʟʏ ʜᴜᴍᴀɴ. ᴍᴀʏʙᴇ I·ᴍ ғᴏᴏʟɪsʜ ᴍᴀʏʙᴇ I·ᴍ ʙʟɪɴᴅ ᴛʜɪɴᴋɪɴɢ I ᴄᴀɴ sᴇᴇ ᴛʜʀᴏᴜɢʜ ᴛʜɪs ᴀɴᴅ sᴇᴇ ᴡʜᴀᴛ·s ʙᴇʜɪɴᴅ ɢᴏᴛ ɴᴏ ᴡᴀʏ ᴛᴏ ᴘʀᴏᴠᴇ ɪᴛ sᴏ ᴍᴀʏʙᴇ I·ᴍ ʙʟɪɴᴅ ʙᴜᴛ I·ᴍ ᴏɴʟʏ ʜᴜᴍᴀɴ ᴀғᴛᴇʀ ᴀʟʟ ɪ·ᴍ ᴏɴʟʏ ʜᴜᴍᴀɴ ᴀғᴛᴇʀ ᴀʟʟ ᴅᴏɴ·ᴛ ᴘᴜᴛ ʏᴏᴜʀ ʙʟᴀᴍᴇ ᴏɴ ᴍᴇ. ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ Und da folgte die zweite Entscheidung in dieser Woche, die einen Fehler beinhaltete. Wäre ich an diesem Sonntagabend einfach in das nächstbeste Taxi gestiegen und hätte es nicht drauf ankommen lassen, dass Itachi mich nach Hause begleitete, wäre ich niemals zu dem Entschluss gekommen, dass ich viel mehr jemanden wie ihn verdiente, der sich um mich sorgte, mich behütete und Dinge wie ein Mädchen nach Hause zu bringen, als selbstverständlich ansah. Irgendwer würde es mit Sicherheit so auslegen, dass es pure Absicht von mir gewesen sei, dort stehen zu bleiben und mir nachsagen, ich hätte ja nur darauf gewartet, dass er mich Heim brachte. Doch so war das nicht. Denn die Gefühle, die ich in mir trug, für seinen jüngeren Bruder, waren noch immer vorhanden. Genau jene Gefühle verleiteten mich auch dazu, mich in Bewegung zu setzen und den Schlagabtausch zwischen den Brüdern zu stoppen, denn es fühlte sich an, als wäre ich die Einzige, die das konnte. Ein Fehler, wie ich im Nachhinein feststellen würde. #Schmetterlingseffekt. Sasukes Faust traf mich anstelle von Itachi. Und hätte der Ältere von beiden nicht hinter mir gestanden, wäre ich durch die Wucht mit ziemlicher Sicherheit die Treppe hinunter gekullert. Stattdessen prallte ich mit dem Schwung gegen Itachis Brust, der trotzt meines ruckartigen Ziehens noch immer an Ort und Stelle verweilte. Leider war ich weder in der Lage dazu, mich für den Rückhalt zu bedanken, noch zu realisieren, was ich hier eigentlich tat. Seine Fingerknöchel kamen heftig auf meinen Wangenknochen auf, den ich so bereitwillig hingehalten hatte und ich konnte förmlich spüren, wie die kleinen Blutgefäße unter meiner Haut platzten. Dabei taumelte ich benommen zurück, wurde jedoch von zwei Händen, die nach meinen Oberarmen griffen, festgehalten. Die Versuchung war verlockend, die Augen zu schließen und abzudriften, doch weder die Hände, die mich hielten, noch die herrische Stimme, die die plötzliche Ruhe brach, ließen das zu. „Sasuke!!“ Niemals zuvor hatte ich gehört, wie Fugaku seine Stimme erhob. Und bislang war ich wirklich froh drum, doch jetzt, glaubte ich, dass er der Einzige war, der diese Situation zu kontrollieren vermochte. Seine dunkle Stimme war herrisch und zornig, so zornig, dass ich zusammenzuckte, als er nach seinem jüngsten Spross schrie. Ich war nicht die Einzige, die dieser Wutausbruch überraschte. Selbst Itachi zuckte zusammen, was ich durch die Hände beurteilen konnte, die mich noch immer festhielten und daran hinderten umzufallen. Als ich meinen Blick hob, der nun nicht mehr länger aus Verletzlichkeit bestand, sondern aus Schmerzen und in die dunklen, so unantastbaren Augen Sasukes sah, glaubte ich in ihnen so etwas wie Reue zu lesen. Doch noch bevor ich darauf eingehen konnte oder sonst jemand, ging er ein paar Schritte rückwärts, bevor er sich mit einem abfälligen Schnaufen umdrehte und hinauf in die zweite Etage stampfte. Ich war nicht die Einzige, der es die Sprache verschlagen hatte, denn es sagte Niemand etwas. Mit der Hand, nach der er vorher noch geschlagen hatte, fuhr ich mir über meinen Wangenknochen, konnte bereits spüren, wie jener anschwoll und unaufhörlich schmerzte. Ich glaubte nicht, dass er gebrochen war. Schließlich kannte ich mich damit aus. Das Zittern, welches von mir und meinem kompletten Körper ausging, als das Adrenalin wich, spürte ich selbst kaum. Was ich jedoch ganz genau spürte, waren Itachis Finger, die sich in meinen Pullover drückten. Den Grund dafür fand ich allerdings erst heraus, als ich mich am Treppengeländer festhielt und sachte herumdrehte, um in sein Gesicht zu sehen. Es fühlte sich an, als würde er den Schmerz mit mir teilen. Nicht nur den physischen, auch der, der mich innerlich zerfraß. Er fühlte sich schuldig und ich schaffte es nicht, seinem Blick länger standzuhalten, weshalb ich ihn betroffen abwandte und hinunter auf meine Füße blickte. „Ich … sollte nach Hause gehen.“ Die einzig vernünftige Entscheidung, die ich in diesem Moment treffen konnte. Es würde nichts bringen, Sasuke hinterher zu laufen, selbst wenn das Bedürfnis noch so groß war. Ich hatte mich in ihre Familienangeleinheiten eingemischt und falls er mich bislang noch nicht verachtete, dann tat er es jetzt. „Ich bringe dich zum Arzt.“ Ich hielt in meiner Bewegung inne, als ich die Stufen langsam hinunterlief, wobei ich mich krampfhaft am Treppengeländer festhielt, um nicht vorne überzukippen. Ich wollte nicht zum Arzt, auch nicht, wenn Itachi das verlangte. Mir war schwindelig und meine Sicht war noch immer verschwommen, klarte nach und nach auf, sodass ich Mikoto erst zu spät bemerkte, die mittlerweile in die Küche geeilt war, um mir ein Kühlpack zu besorgen, was sie mir wortlos in die Hand drückte. Ich zögerte nicht lange und presste es auf die Stelle, die Sasuke getroffen hatte. Ich konnte ihr ansehen, dass es ihr leid tat, dass sie sich entschuldigen wollte, doch noch bevor sie ihren Mund öffnen konnte, um mir genau das mitzuteilen, schnitt ich ihr unhöflicherweise das Wort ab, denn mein eigentliches Ziel war, aus diesem Haus zu verschwinden. „Es ist nicht deine Schuld“, versicherte ich ihr, bevor ich die Türe ansteuerte, in meine weißen Boots stieg und die Türklinge nach unten drückte. Ich traute mich nicht, über meine Schulter in die Gesichter der Uchihas zu blicken. In die schockierten, besorgten Gesichter. Ich hatte mich in etwas eingemischt, was mich nichts anging – was war schon dabei, wenn zwei Brüder sich schlugen? Naruto und Sasuke taten das ständig. Aber wessen Freund schlug schon seine Freundin? Selbst, wenn es nur geschehen war, weil ich es so wollte, spielte das für keinen letztlich mehr eine Rolle. Ich hatte Sasuke vollkommen von seiner Familie distanziert. Und für mich selbst eine Grundlage geschaffen, ihn zu verachten. War das der Fehltritt, nach dem ich die ganze Zeit gesucht hatte, um diese Beziehung zu beenden? Ich konnte spüren, wie meine Augen brannten, weil sich die Tränenflüssigkeit mit meiner Wimperntusche vermischte, als sie über meine Wangen rannten. Mit jedem Schritt, den ich mich von dem Anwesen entfernte, fühlte ich mich schlechter. Hatte das plötzliche Bedürfnis, davonzurennen. Itachi bestand jedoch darauf, mich nach Hause zu fahren, wenn schon nicht zum Arzt. Schon wieder. Ich fühlte mich, als hätte ich nicht das Recht ihm zu widersprechen, weshalb ich stumm auf der Beifahrerseite des matten Mercedes einstieg, mich anschnallte und meinen Blick stur aus der Fensterscheibe richtete. Es war mir unangenehm, in seiner Gegenwart zu weinen, war ich es doch gewesen, die sich in diese Situation manövriert hatte. Deshalb versuchte ich mich auch zusammenzureißen. Hielt die Luft an, im Glauben, so könnte ich auch die Tränen zurückhalten. Er startete den Motor, als auch er sich angeschnallt hatte und lenkte den Wagen aus der Einfahrt hinaus, die Straße entlang und in den späten Abendverkehr hinein. Meine Augen suchten die Straßen ab, musterten die Passanten, die schneller voran kamen, als wir, denn die rote Welle an Ampeln nahm kein Ende und versteifte mich, nicht weiter zu Wimmern. Das funktionierte, zumindest so lange, bis die Stimme neben mir ertönte, dessen Ursprung ich die ganze Zeit über versucht hatte auszublenden. Es fühlte sich falsch an, ihn nicht anzusehen, wenn er mit mir sprach und deshalb richtete ich meine glasig, grünen Augen auf den Fahrer. „Du hättest das nicht tun sollen.“ Ich schluckte merklich und lenkte meinen Blick auf seine schmalen Finger, die das Lenkrad umklammerten. Er war wütend und auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, verriet ihn seine Körpersprache. So wie mich meine verriet, als sich meine Fingernägel in das Kühlpack bohrten, was ich mir noch immer auf die mittlerweile blaue Stelle meines Gesichts drückte. Er wusste doch hoffentlich, dass ich das nicht bloß für ihn getan hatte, oder? Vielmehr hatte ich es für mich getan. Für mich ganz allein. Natürlich hätte ich ihn erneut anlügen können, behaupten können, dass ich es nicht mit ansehen hätte können, wie sie sich die Köpfe einschlugen und das stimmte sogar teilweise, bloß war der Gedanke, der sich in meinen Kopf verfestigte, ein ganz anderer. Mein Mund blieb also verschlossen. Dieser Schlag war wie ein Denkanstoß den ich gebraucht und vor lauter Verzweiflung abgefangen hatte. Ich wusste nicht mehr weiter. Ich wollte diese Beziehung so sehr und im selben Augenblick so wenig, dass ich mich vor mir selbst erschreckte. Aber das war es doch, was wir Menschen taten. Wir suchten uns Ausreden, um uns zu rechtfertigen. Wenn ich sagen würde, dass dieser abgefangene Schlag für einen Schlussstrich verantwortlich war, war das weniger verwerflich, als wenn ich die Wahrheit sagte: Nämlich dass ich es nicht mehr schaffte, für uns beide zu kämpfen und uns lieber aufgab, als uns zu retten. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen und würde es vermutlich auch niemals sein, deshalb sprach ich auch das aus, was mir auf dem Herzen lag. „Es tut mir leid.“ Meine Stimme war leicht zu überhören, so leise, so gebrochen, dass ich mich selbst darin kaum wiedererkannte. Zeitgleich verlieh meine Stimme meinen Wörtern aber Ehrlichkeit. Es tat mir wirklich leid, so leid, dass ich erneut begann zu weinen. Dabei presste ich meinen Kiefer so stark zusammen, dass er ungesund knirschte. „Ich mache dir keinen Vorwurf, Sakura.“ Er sprach meinen Namen mit solch einer Wärme aus, dass es mir glatt eine Gänsehaut beschert hätte, wäre ich nicht damit beschäftigt gewesen, mir die schwarzen Tränen aus dem Gesicht zu wischen. „Mach so etwas nur einfach nie wieder.“ Ich starrte ihn ungläubig an, als sein Blick kurz von der Straße wich, wo wir abermals gezwungen waren, an einer Ampel zu halten, und mich direkt anvisierte. Hatte er mich durchschaut? Meine Verzweiflung gesehen, verstand oder verachtete er mich deshalb? „Ich … Ich ...“, stammelte vor mich hin, während ich immer wieder mit meinem Handrücken über meine Wange fuhr. Ich wollte mich wieder entschuldigen, ihm versprechen, dass ich es nicht noch einmal tun würde. „Ich weiß.“ Itachi unterbrach mein hilfloses Stottern, legte den Gang ein und fuhr weiter. Was zum Teufel wusste er?! Dass ich ein egoistisches, durchtriebenes Miststück war, bloß zu feige, Sasuke oder sonst wem die Wahrheit zu sagen und deshalb förmlich nach Gründen suchte, um aus diesem Unglück zu entfliehen? Dass es mir tatsächlich leid tat oder das ich seinen jüngeren Bruder wirklich liebte? Er hatte mich durchschaut und ich fühlte mich ertappt, lenkte meinen Blick wieder von ihm ab und starrte weiter nach draußen, in der Hoffnung irgendeine Antwort darauf zu erhalten. Einerseits war ich erleichtert, dass er nicht weiter darauf einging, anderseits wollte ich nichts lieber als ihn dafür verantwortlich machen, was geschehen war. Ich redete mir ein, dass wenn er etwas fürsorglicher mit Sasuke umgegangen wäre, es gar nicht erst zu diesem Handgemenge gekommen wäre. Doch bereits als wir vor meiner Wohnung hielten, ermahnte ich mich innerlich, dafür, dass ich mir diese Situation passend redete. Darin war ich wirklich gut … Itachi ließ den Motor verstummen und drehte sich in meine Richtung. Meine Nase war durch das ganze Geheule verstopft, ansonsten hätte ich wohl die gesamte Fahrt über seinen Geruch in mich aufgenommen, der mich unterschwellig beruhigte. So raste mein Puls aber wieder unaufhörlich. Ich war nervös. So nervös, dass ich anfing auf meiner Unterlippe herumzukauen, ein wirklich nerviger Komplex meinerseits. „Versteh mich nicht falsch, du hast nichts Falsches getan.“ Warum sagte er das so, als könnte er mit mir fühlen? Als wüsste er den wahrhaftigen Grund, warum ich mich zwischen ihn und seinen Bruder gestellt hatte. Dass es keine gute Absicht war, die mich dazu angetrieben hatte, sondern lediglich meine Selbstzweifel. Ich ließ das Kühlpack sinken, um mich abzuschnallen und offenbarte meine geschwollene und blaue Wange. Ich würde viel Make-Up brauchen, um dieses Hämatom zu verstecken. „Ich weiß wie viel er dir bedeutet und dass er es dir nicht einfach macht.“ Seine Augen strahlten noch immer dieselbe Schuld aus, wie zuvor im Uchiha Anwesen. „Es ist nicht richtig, was er aus dir macht, dass er dich so handeln lässt.“ Warum tat er das? Warum las er aus mir, wie aus einem Buch? Ich war unfähig etwas zu sagen, schluckte stattdessen lautstark, um meinen staubtrockenen Hals zu befeuchten und eventuell meine verschollene Stimme irgendwie wiederzufinden. „Und es ist auch nichts Verwerfliches daran.“ Er hatte seine Hand nach meiner ausgestreckt, die, in der das Kühlpack lag, was ich mittlerweile völlig verdrängt hatte und dirigierte meine Hand samt Kühlpack auf meine geschwollene Wange, bevor er sich in einer fließenden Bewegung zurückzog und ich in der Stellung verweilte. Nichts Verwerfliches, ja? Ich wollte ihm glauben, aber mein Gewissen holte mich schneller ein, als mir lieb war und bevor ich erneut begann, wie ein Schlosshund zu weinen, wand ich mich wortlos ab und öffnete die Autotür, um auszusteigen. Ich war verwirrt und verletzt, zu verletzt, um weiter darüber zu sprechen, was ich getan hatte und wie genau man dieses Handeln auslegen konnte. Noch bevor ich die Autotür schließen konnte, erklang die tiefe Stimme Itachis erneut. „Es ist nicht deine Schuld, Sakura.“ Ich schloss die Türe, als ich mein Gesicht verzog, ohne auch nur irgendetwas zu antworten und steuerte meine Wohnungstür an. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, mich bei beiden Uchiha-Brüdern entschuldigen zu müssen. ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ ☆ ★ ☆ ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ „Au!“ „Jetzt stell dich bloß nicht so an!“ Ich hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet der Blondschopf vor mir im Schneidersitz hockte und mir Make-Up ins Gesicht schmierte. Ich war mir sicher, danach würde ich aussehen, wie ein Clown. Oder eine Prostituierte. Ja, bestimmt wie eine Prostituiert. Eigentlich hatte ich die Mädchen heute zu mir Nachhause eingeladen, es war immerhin Freitagabend und auch wenn ich keinen Grund hatte zu feiern, war ich doch der festen Überzeugung, das würde mich ablenken. Selbst wenn ich den halben Abend wieder allein auf der Damentoilette verbrachte. Allerdings hatten sich meine Pläne offenbar geändert. Naruto, der gerade mit dem Make-Up-Schwamm vor meinem Gesicht herumfuchtelte und versuchte so vorsichtig wie möglich mein Hämatom zu überdecken, war einfach bei mir aufgeschlagen. Wie konnte ich auch seine Nachrichten ignorieren, die überwiegend aus lustigen und weniger lustigen Memes bestanden? Als der Chaot mit dem Fahrrad im tiefsten Winter vor meiner Wohnung gestanden und beinah die Türe eingeschlagen hatte, blieb mir nichts Anderes übrig, als ihn hineinzulassen. Mein geprellter Wangenknochen und die Blessur befanden sich derzeit im letzten Stadium und hatten sich großflächig über meine Konturen verteilt, bis hin zu meinem Auge. Brillenhämatom nannte man so etwas. „Gegen eine Tür gelaufen, mhn?“ Ja, das hatte ich ihm gesagt. Ich sagte ja, ich war eine schlechte Lügnerin. Und das wusste Naruto. Aber obwohl er es wusste, nahm er es einfach so hin, fragte gar nicht weiter nach, woher dieser blaue Fleck stammte oder von wem. Auch wenn ich mich bemühte, die Wahrheit zu verstecken, hatte ich das Gefühl, er wüsste ganz genau, was geschehen war. „Ja, hab ich dir doch jetzt schon zehn Mal gesagt.“ Und ich würde es noch zwanzig Mal sagen. Vielleicht würde es ja dann irgendwann wahr werden? Ich klang genervt, doch das störte meinen besten Freund nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil, er wirkte äußerst konzentriert, während er den Schwamm mit Make-Up beschmierte und über mein Gesicht tupfte. „Muss n' wirklich großer Türrahmen gewesen sein.“ Er hatte seine Zunge hinausgestreckt, das tat er immer, wenn er sich auf etwas konzentrierte, und berührte mit dessen Spitze seine Oberlippe. Dabei sah er so goldig aus, dass ich ihm fast schon nicht mehr böse sein konnte, für seine dämliche Fragerei oder die Feststellungen, die er willkürlich im Raum verteilte. „Fast so groß, wie deine Klappe“, augmentierte ich, als ich meine Hände erhob, sie in sein Gesicht legte und unsanft hinein kniff, wobei ich seine Backen langzog, um meine Aussage von zuvor zu unterstreichen. Aber selbst das störte Naruto nicht, er machte in seiner Prozedur einfach weiter. Grinste dabei nun aber ziemlich dämlich, so dämlich, dass ich ihm am liebsten direkt ins Gesicht geschlagen hätte, für diese Unverschämtheit. Das würde ich natürlich niemals tun. Okay, hin und wieder tat ich das. Aber nur, wenn er anfing mich zu kitzeln, wobei die Neckereien doch oftmals so ausarteten, dass einer von uns heulte. Es war seltsam, wie das Leben manchmal spielte. Je mehr sich Sasuke von uns distanzierte, desto enger wurde unser Kontakt. Auf freundschaftlicher Basis natürlich, denn genau das war Naruto, mein Freund. Mein bester. Mein bester Freund, der mich gerade verunstaltete. Ich nahm die Hände wieder aus seinem Gesicht und sah an ihm vorbei aus dem Fenster. Er nahm mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hob es an, um auch meinen Hals einzureiben. Offenbar hatte er einmal zu viel zugeschaut, als ich mich schminkte und wusste, dass es wichtig war, auch die Gesichtsansätze und den Hals zu schminken, um Make-Up-Ränder zu vermeiden. So wurde mein Blick gen Decke gerichtet und ich begann damit, die Holzleisten zu zählen. „Vielleicht solltest du die Branche wechseln. Ich hab gehört sie suchen im Theater Make-Up-Artisten.“ Ich erwartete keine Antwort darauf, schließlich war das nicht ernstgemeint. „Ahaha .. hahaha.“ Er lachte so überspitzt und mit solch einem miserablen gekünstelten Lachen, dass ich amüsiert Glucksen musste. „Du Scherzkeks.“ Er dirigierte mein Gesicht wieder senkrecht, sodass ich in seine Augen sehen konnte, die spitzbübisch auffunkelten, bevor er absichtlich fester auf meinem empfindlichen Wangenknochen herumtupfte. Ich kniff meine Augen schmerzhaft zusammen, konnte aber trotzdem nicht aufhören zu grinsen, so breit wie ein Honigkuchenpferd. Eigentlich war es mir nur recht, dass es Naruto war, der bei mir war. Zwar stand er Sasuke um einiges näher als meine Freundinnen und war daher nicht der beste Gesprächspartner, aber ich wollte überhaupt nicht darüber reden. Und er akzeptierte das. Wie so oft, nahm er die Situationen einfach wie sie kamen und machte das Beste daraus. Auch wenn das bedeutete, mich zu schminken, damit ich nicht mehr aussah wie irgendein missbrauchtes Opfer. Er legte den Schwamm beiseite, wischte sich seine Finger an einem Abschminktuch ab und griff nach dem Eyeliner, der neben den ganzen anderen Utensilien auf dem Boden verstreut lag. Ich beobachtete ihn misstrauisch dabei, wie er jenen öffnete und den Pinsel aus dem Gefäß zog. „Du weißt wofür der ist, oder?“ Nicht, dass er auf die glorreiche Idee kam, mir das Zeug auf die Lippen zu schmieren. Er verzog seinen Mund schmollend, beinah als wäre er beleidigt. „Natürlich weiß ich, wofür der ist! Glaubst du, ich hab nie aufgepasst, wenn du Stunden vor dem Spiegel gestanden hast?“ Ehrlich gesagt glaubte ich das wirklich, denn wenn wir uns dazu entschieden, auszugehen, lag Naruto die meiste Zeit in meinem Bett, schob alles in sich hinein, was er zwischen die Finger bekam und war, bevor wir überhaupt los gehen konnten, schon so vollgelaufen, dass bereits der Weg zur Feier in der reinsten Toptour endete. Noch eben hatte er mit der Spitze des Pinsels auf meinen Spiegel gezeigt, der zu weit weg war, als dass ich mich darin sehen konnte, bevor er mit dieser auf meine Nasenspitze deutete. „Mach die Augen zu.“ „Aye, Aye.“ Ich tat, was mir gesagt wurde, auch wenn ich lieber gesehen hätte, was dieser Trottel mit meiner überteuerten Schminke und meinem Gesicht anstellte. Als ich jedoch den feuchten Eyeliner über meinen Wimpern spürte, presste ich meine Lippen aufeinander. Er hatte mich tatsächlich beobachtet, nicht wahr? Noch begeisterter war ich aber, als er mein Augenlid mit seinem Daumen lang zog, offenbar um dem Strich keine Unterbrechungen oder wackeligen Linien zu verleihen. Er wäre sicherlich beleidigt, wenn ich ihn nun als meine beste Freundin bezeichnen würde und da er gerade in der Lage war, mein Gesicht zu verunstalten, unterließ ich diesen Kommentar besser. „Bitte mach mich nicht zu einer zweiten Amy Winehouse.“ Zwar konnte ich spüren, wie weit er den Lidstrich zog, für meine Bedürfnisse malte er die Linie aber zu oft nach. Ein Glück gab es Abschminktücher. „Quatsch, du wirst die neue Marilyn Monroe!“ Ich zog meine Augenbrauen zusammen, als er mir tatsächlich einen Muttermal über meine rechte Mundwinkel malte, nachdem er mit meinen Augen fertig war. Darüber war ich allerdings weniger schockiert, als über die Tatsache, dass er wusste dass die Sex-Ikone genau an dieser Stelle einen Muttermal aufwies. Manchmal unterschätzte ich diese Grinsebacke. Er machte oft den Eindruck, als verstünde er vieles nicht und als interessiere ihn nur die Hälfte. Tatsächlich konnte er mehr aufnehmen als Ino, wenn sie sich über irgendein Outfit aufregte und dessen Kombination. Einer der Gründe, warum ich ihn wirklich schätzte. Das war nicht immer so, eine Zeitlang war ich wirklich gemein zu Naruto gewesen. Aber was sollte man auch schon von einem Everybody Darling halten, der unfreiwillig jegliche Aufmerksamkeit auf sich zog, sowohl mit negativen, wie auch positiven Aktionen. Ich hatte meine Augen noch immer geschlossen. Dabei lauschte ich den Geräuschen, die Naruto von sich gab. Er drehte den Eyeliner wieder zu, legte ihn auf den Boden zurück und suchte offenbar nach irgendetwas anderem. Als er es gefunden hatte, seufzte er leise und gab angestrengte Geräusche von sich. Scheiterte er gerade an irgendeinem Verschluss? „Kann ich dir helfen?“ Wollte ich nun wissen, stützte mich mit meinen Händen an meinen Fußknöcheln ab, die ebenfalls im Schneidersitz verharrten und streckte so meine Wirbelsäule durch, die durch die schiefe Haltung auf dem Boden in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Nein!“ Er war eingeschnappt, das konnte ich aus seiner Stimmlage hinaus hören. Das wiederum sorgte dafür, dass ich leise in mich hinein lachte. Mein Gott, was war ich froh, diesen Idioten zu haben. „Lass bloß deine Augen zu!“, ermahnte er mich und verteilte etwas auf meine Lippen. „Du musst A machen.“ Oh, wehe er schob mir den Lippenstift in den Rachen, das traute ich ihm nämlich zu und ich hoffte inständig, dass es Lippenstift war, den er da auf meine Lippen auftrug. Als er auch damit fertig war, rieb ich meine Lippen aufeinander. Gerade wollte ich ihn darauf aufmerksam machen, dass er noch etwas vergessen hatte, nämlich die Wimperntusche, da überraschte er mich doch tatsächlich erneut, als er mich verärgert ansah, weil ich meine Augen öffnete. „Jetzt warte doch mal! Ich bin noch nicht fertig!“ Er hielt den Mascara in der Hand, die sonst immer so unbeholfen war und ich schloss meine Augen abermals. Definitiv, das war es, was man unter blindem Vertrauen verstand. Wieder war ich begeistert, wie sachte er die Wimperntusche doch auftrug. Und als diese Prozedur dann endlich beendet war, öffnete ich meine Augen erneut. „Fertig?“ „Fertig!“, bestätigte er, stolz wie Oscar. „Wollen wir das nächste mal auch zusammen Unterwäsche einkaufen gehen?“ Okay, hin und wieder war ich doch noch etwas zu gemein. Naruto verzog sein Gesicht zu einem frechen Grinsen, bevor er mir eine sachte Kopfnuss gab, gleichzeitig aber zu dem Handspiegel griff, der hinter seinem Rücken verstaut worden war, damit ich nicht zwischendrin in Versuchung geriet. Als er mir den Spiegel vor die Nase hielt, so dicht, dass ich automatisch zurück wich, um mich anschauen zu können, weiten sich meine Augen merklich. „Das ...“, ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte, er hatte mir wieder einmal die Sprache verschlagen. Ich hob meine Hand an und tastete vorsichtig meinen Wangenknochen ab, der nun nur noch halb so schlimm aussah. „ … ist der Wahnsinn! Nicht wahr?!“ Naruto hatte recht. Er hatte das so gut gemacht, dass ich ihn glatt darum beneidete und dabei dachte ich die ganze Zeit über, ich könnte mich demnächst im Museum als abstraktes Kunstwerk aufstellen. Als er den Spiegel senkte und so seine grinsende Visage offenbarte, musste ich lachen. So laut und gelöst, dass ich mein Gesicht in meine Hände vergrub. Seit langem fühlte ich mich schön, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Als ich mir eine Träne aus der Augenwand wischte, vor lauter Glück, umfasste er direkt meine Hände und hinderte mich so daran, mir weiter ins Gesicht zu fassen. „Wag es dich nicht zu heulen!“ Er grinste noch immer so breit und fröhlich zu gleich, dass mir plötzlich tatsächlich zum Weinen zumute war. Womit hatte ich diesen Kerl bloß verdient? „So schön bist du nun auch wieder nicht~“ Na ja, zumindest hätte ich fast geheult, jetzt pustete ich aber beleidigt meine Wangen auf und gab ihm einen Schlag auf seine Brust, einfach, weil ich es konnte, bevor ich weiter lachte und mich so gut fühlte, wie schon lange nicht mehr. Schmunzelnd griff ich nach meinem Handy, was ich seit Montagabend stur auf stumm geschaltete hatte. Ich hatte mich weder bei Sasuke, noch bei Itachi gemeldet. Hatte die Situation einfach ausgesessen und gehofft, sie würde sich von alleine regeln. Mit dem Vorhaben, ein Selfie von mir und Naruto zu machen, um diese Situation festzuhalten, entsperrte ich den Bildschirm, konnte gleichzeitig spüren, wie mir sämtliche Gesichtszüge entglitten. 36 entgangene Anrufe. Von Itachi. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)