I want to save you von Saedy ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Yuichiro saß vor dem alten Haus, in das er und seine Freunde nach ihrer Flucht eingezogen waren, auf einem Stein, stützte scheinbar gelangweilt den Kopf auf der Hand ab und beobachtete seinen Freund Mikaela Hyakuya beim Training mit dem Schwert. Dabei bewegte sich der Vampir so schnell wie der Wind. Manche dieser Bewegungen konnte Yuu nicht mal sehen. „Verdammt“, fluchte er. „So schnell werde ich nie und wenn ich noch so viel trainiere. Hat doch nicht nur Nachteile, ein Blutsauger zu sein.“ Dabei hasste er Vampire über alles, nur sein alter Freund aus Kindertagen, Mikaela, stellte eine Ausnahme dar. Ihn liebte er wie einen Bruder, auch wenn er nun seit fast fünf Jahren ein Vampir war. „Und dabei sieht er auch noch gut aus, eher wie ein Engel“, seufzte er leise. „Ah, was hast du gesagt?“, tauchte hinter ihm plötzlich Shinoa auf und rief ihm mit ungewöhnlich lauter Stimme fröhlich ins Ohr, was Yuu beinahe das Herz stehen bleiben ließ. Den Schreck ließ er sich aber natürlich nicht anmerken. Zumindest glaubte er das. „Ach ja, er ist schon ein hübscher, unser Mika, was? Mit den langen, blonden Locken, der blassen Haut und den engelhaften Gesichtszügen. Der verdreht jedem Mädchen den Kopf... und unserem lieben Yuu“, lachte sie schelmisch. „W-was? Was redest du da für einen Quatsch?“, rief Yuu aufgebracht und fuhr herum. „Ach, Mika, mein bester Freund seit ewigen Zeiten, meine Familie, mein Bruder, die Liebe meines Lebens“, spielte Shinoa und faltete in einer theatralischen Geste die Hände unter dem Kinn. „Er ist ein Vampir, wie tragisch, aber ich liebe ihn trotzdem und er ist so wunderschön wie ein Engel. Hach, wie romantisch. Aber wie sollte ich, ein armer unerfahrener Junge, eine Jungfrau, ihm das sagen?“, amüsierte sich Shinoa über Yuu. Yuichiro war mittlerweile rot angelaufen, sprang aber nun auf und platzte heraus: „Was redest du da für einen ausgemachten Blödsinn, häh? So denke ich doch nicht von Mika!“, empörte er sich und drohte ihr mit der Faust. „Bei dir sitzen doch ein paar Schrauben locker!“ Shinoa ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und grinste nur, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen. „Oh, Yuu, du bist so ein offenes Buch. Jeder kann es dir doch ansehen, wie du für Mika empfindest. Ich glaube, alle haben das inzwischen bemerkt, außer deinem Angebeteten selbst, der scheint genauso auf dem Schlauch zu stehen, wie du. Tja,“ breitete sie die Arme aus, „wenn zwei unerfahrene Jungfrauen aufeinandertreffen, dann...“ „Wen nennst du hier eine unerfahrene Jungfrau?“, packte Yuu sie wütend am Kragen. „Macht dir dieser Mensch Schwierigkeiten?“, erkundigte sich Mika, der sein Training unterbrochen hatte und ganz plötzlich neben ihnen stand. „Äh, nein“, Yuu, dem es auf einmal heiß und kalt den Rücken herunterlief, in Anbetracht des eben angesprochenen Themas, ließ leicht panisch Shinoas Kragen los. „Ach, ja, Yuu und ich haben uns nur über die Liebe unterhalten, es ist ja so romantisch, aber das... Na ja, man sieht sich, habt viel Spaß!“, winkte sie grinsend und spazierte davon. „W-was meint sie denn?“, erkundigte sich Mika und guckte ihr perplex hinterher. „B- bist du etwa... verliebt?“, schaute er nun zu Yuu. Dieser lief wiederum nur rot an und kratze sich verlegen am Hinterkopf. „Man, ist das peinlich“, flüsterte er vor sich hin und erwiderte lauter: „Nein, ich bin nicht verliebt, nur die blöde Kuh denkt das und macht sich über mich lustig, weil ich ja noch eine Jungfrau bin.“ Im nächsten Moment wurde ihm klar, was er da gerade gesagt hatte und er stammelte: „Ich meine, äh, wer denkt schon an die Liebe, im Krieg, da ist für so was doch kein Platz und überhaupt, die hat doch keine Ahnung. Na gut, ich hab keine Erfahrungen, aber das ist doch nicht so wichtig. O-oder denkst du, ich sollte in meinem Alter schon mehr Erfahrungen haben? I-ich meine, ich bin doch kein Kind mehr und …, nicht dass du denkst, ich wäre nicht reif dafür, ich bin schon bereit dafür, aber bis jetzt habe ich noch kein Mädchen getroffen, dass ich so toll fand und, argh, was rede ich da eigentlich für einen Blödsinn?“, raufte sich Yuu die Haare. „Ähm, vergiss einfach, was ich gesagt habe!“ „Oh, äh, das macht doch nichts Yuu, du hast Recht, wer von uns hatte schon Zeit, sich über so etwas Gedanken zu machen? Ich halte dich deswegen nicht für unreif. Aber sag mal...“ blickte Mika nachdenklich zu der Stelle an der Shinoa verschwunden war, „warum denkt sie, dass du verliebt bist?“ „Keine Ahnung, die hat einfach nur ein paar Schrauben locker, das ist alles!“ Am nächsten Morgen beim Frühstück, saßen alle außer Mika, der ja nur Blut zu sich nahm, zusammen und redeten fröhlich darüber, was sie als nächstes an dem großen, alten Haus, in das sie beschlossen hatten, einzuziehen, instandsetzen wollten. „Also, ich finde, das Wichtigste ist das Dach!“, erklärte Mitsuba entschieden mit erhobenem Zeigefinger. „Überall, wo ich versucht habe, zu schlafen, regnet es rein! Das ist wirklich lästig und unerträglich!“ Die anderen stimmten ihr zu. Also wurde ausgemacht, dass sie, Kimizuki und Yoichi in der Umgebung erst mal nach Material suchen und dann das Dach reparieren sollten. Shinoa und Yuichiro würden sich auf die Jagd nach etwas Essbarem machen. Mikaela würde wahrscheinlich wie immer die Umgebung überwachen, um sie vor eventuellen Angriffen zu warnen, da er als Vampir die schärfsten Sinne besaß und zuerst bemerken würde, wenn sich jemand näherte. Nachdem Shinoa und Yuichiro ein paar Hasen, die hier wundersamerweise zu Hauf herum hüpften, erlegt hatten, und Kimizuki, der einfach am besten kochen konnte, die Viecher zubereitet hatte, halfen auch die beiden beim Dach mit. Es stellte sich schnell heraus, dass das wohl eine größere Aktion werden würde. Abends waren sie dann alle völlig fertig. „Willst du nicht auch mal baden?“ fragte Shinoa an Yuichiro gewandt. „Was, wieso?“, wunderte der sich, vor Erschöpfung halb auf dem Tisch liegend. „Na, du stinkst wie ein Iltis und wenn jetzt Mika zurückkommt um von dir Blut zu trinken, wird er sich bestimmt angeekelt abwenden. Das willst du doch nicht, oder?“, meinte sie, scheinbar ganz ernsthaft. „Häh, was, so schlimm?“, regte sich Yuu auf und roch probehalber an sich. „Hey, ich glaube, du hast Recht. Ich sollte mal ein Bad nehmen. Dabei hasse ich Wasser“, schimpfte er vor sich hin und verließ das Haus. Shinoa kicherte hinter ihm her, was er aber schon nicht mehr mitbekam. Yuu machte sich auf zum nahen Fluss, da die Badewanne im Haus undicht war und sie sowieso kein fließendes Wasser hatten. Mittlerweile war es schon dunkel und man konnte nur durch den Mond und die Sterne noch sehen. Aber bei weitem nicht genug. Deshalb nahm Yuichiro sicherheitshalber sein Schwert mit. Das steckte er am Flussufer in den Boden, zog schnell seine Klamotten aus und nahm die Seife – auch so ein Mitbringsel aus einem der verlassenen Häuser – mit. Er hoffte, das er hier so schnell wie möglich fertig würde – nicht nur, weil er Wasser hasste, sondern weil er es ganz besonders hasste, nachts in diesem Fluss zu baden und es außerdem arschkalt war. Aber Shinoa hatte Recht: es ging ja überhaupt nicht an, dass er Mika zumutete, von ihm zu trinken, wenn er schmutzig war und stank. Denn immerhin war heute wieder der dritte Tag – der dritte Tag, an dem Mika wieder Blut von ihm brauchen würde. Da freute er sich schon drauf und pfiff fröhlich vor sich hin, während er sich einseifte. Häh, er freute sich darauf, Blut abgezapft zu bekommen? Hatte er das wirklich gerade gedacht? Nein! Eigentlich war es ja gar nicht das, worauf er sich freute, sondern einfach, das Mika dann wieder beim ihm sein würde. Denn tagsüber hatten sie immer so viel zu tun, dass sie kaum dazu kamen, sich einfach mal so zu unterhalten oder Spaß zu haben. Und Abends waren sie meist total platt, so wie jetzt. Mika natürlich nicht, es sei denn, er bekam nicht genug Blut. Und es war immer so ein schönes, warmes Gefühl, wenn Mika ihn in seine Arme schloss und … okay, wenn er seine Zähne in Yuus Hals versenkte, tat das schon ganz schön weh, aber es war auszuhalten. Trotzdem, in diesen Augenblicken durchströmte ihn immer so ein schönes, warmes Gefühl. Dann fühlte er sich geborgen und wäre am liebsten für immer so in Mikas Armen geblieben. Und dann, wenn dieser ihm abschließend die letzten Blutstropfen vom Hals leckte, ergab das immer so eine schöne Gänsehaut und ein warmes Gefühl im Magen und im Herzen. Dann würde er Mika am liebsten noch näher an sich ziehen und nie mehr loslassen. Die Finger in die weichen, wirren Haare stecken und darin herumstrubbeln. Ihm tief in die wunderschönen, roten Augen blicken, ihn an sich ziehen und küssen. „Wah!“, schrie Yuu auf und spritze Wasser in alle Richtungen. Was hatte er da gerade gedacht? Er wollte Mika küssen? Yuu lief knallrot an, zum Glück konnte das niemand sehen. Hatte Shinoa etwa doch recht, mit ihren Hänseleien? „Mist!“, Yuu hatte die Seife fallen gelassen und jetzt war sie irgendwo da im Fluss! Und die Strömung konnte sie jeden Moment wegbefördern. Er beugte sich runter, und begann, danach zu suchen. Aber das Wasser war zu tief. „Mist, Mist, Mist!“, fluchte er. Wie sollte er die kostbare Seife jetzt wiederbekommen? Er konnte doch so schlecht schwimmen! Und wenn er tauchte, würde er in der Dunkelheit eh nichts sehen. „Was ist los, Yuu-chan?“, rief es plötzlich hinter ihm. Bei der Stimme lief ihm eine Gänsehaut den Rücken herunter, als er sich daran erinnerte, was er eben noch gedacht hatte. Denn es war niemand anderes als Mikaela. „Hat dich jemand angegriffen?“, und die Stimme klang besorgt. „Nein, nein! I- ich hab nur die Seife fallen gelassen. Wie ungeschickt von mir“, lachte er, sich verlegen den Hinterkopf reibend. „Da finde ich sie doch nie wieder, ich kann überhaupt nichts sehen.“ „Ah“, erwiderte Mika verstehend. „Lass mich mal sehen.“ Mit diesen Worten kam er ans Ufer, sprang ins Wasser und tauchte unter. Das ging so schnell, dass Yuu wieder einmal nur staunte. Wie ein Blitz war sein Freund. Und es dauerte nur ein paar Sekunden länger, bis er mit der Seife wieder auftauchte. „Ah! Wie hast du die so schnell gefunden? Du bist ja der Hammer!“, freute sich Yuu. „Ach, das merkst du erst jetzt?“, grinste Mika. „Hey, was soll denn das heißen?“, rief Yuu empört und stupste seinem Freund mit dem Ellenbogen in die Seite. „Das ich schon immer derjenige war, der darauf aufpassen musste, dass du keinen Unsinn anstellst“, stellte Mika fest. „Du kannst dich ja nicht mal richtig waschen. Verlierst deine Seife... und was kommt als nächstes? Lässt dich vielleicht von einem Flussmonster fressen? Ich muss wohl hierbleiben und auf dich aufpassen.“ „W- was für ein Flussmonster? So was gibt es doch gar nicht!“, protestierte Yuu und schaute sich besorgt um. „Doch“, erwiderte Mika und versuchte, ernst zu bleiben. Er legte seine Arme um Yuus Schultern und musste nun doch grinsen. „Und wenn du nicht vorsichtig bist“, kam er dessen Gesicht immer näher, „dann packen sie dich und trinken dein Blut.“ „Ah, ha, ha, ha, sehr witzig“, erwiderte Yuu in einer Mischung aus Verärgerung und Belustigung. Er erwartete, dass Mika sich von ihm lösen würde, doch stattdessen blieb er stehen und schaute ihm in die Augen. „Oh“, machte Yuu und erinnerte sich, dass ja heute der dritte Tag war. „Du brauchst wirklich wieder Blut, oder?“, stellte er, verlegen werdend, fest. „N-nein, ich...“, zuckte Mika zurück. „Das war doch nur Spaß. I- ich meine, ich halte es noch eine Weile ohne aus.“ „Aber, was...? Heute ist doch der dritte Tag, da brauchst du doch wieder Blut? Eigentlich bräuchtest du es jeden Tag, du siehst in letzter Zeit immer so schlapp aus.“ „Was? Das stimmt nicht, ich bin topfit!“, protestierte Mika. „Außerdem nehme ich dir sowieso schon zu viel Blut ab. Was ist, wenn du irgendwann stirbst? Und ich tue dir jedes Mal weh...Ach, ich hätte nicht damit scherzen sollen, das tut mir leid“, ließ er den Kopf hängen. „Hm, weißt du was? Wir fragen die anderen, ob sie dir nicht auch was von ihrem Blut abgeben können. Ich bin sicher, das würden sie tun.“ „Nein!“, rief Mika entsetzt. „Das kann ich doch nicht machen! Ich kann sie doch nicht auch noch beißen!“ „Hm, stimmt, das wäre ekelhaft. Aber sie könnten etwas abzapfen und in ein Glas, oder so, abfüllen.“ „Nein“, zitterte Mika vor Entsetzen. „Wie kannst du so einfach darüber reden, als ginge es um etwa ganz normales zu Essen?“ „Oh? Aber ich dachte das wäre klar“, schaute Yuu liebevoll zu seinem Freund. „Für dich ist das jetzt normal. Und ich dachte, wir hätten klargestellt, dass du dich deswegen nicht zu schämen brauchst.“ Mika schaute auf diese Worte hin etwas erleichtert, aber dennoch skeptisch und richtete sich aus seiner zusammenkrümmten Haltung wieder auf. Ihm wurde wieder einmal bewusst, warum Yuu sein bester Freund war. Er war es gar nicht wert, dass dieser sich so um ihn sorgte. Und dennoch tat er es. Er war einfach zu gut für diese Welt. „Yuu-chan....“ „Oh, aber du bist ja mit allen Klamotten ins Wasser gesprungen!“, stellte der fest. „Du bist ganz durchnässt. Ist dir nicht kalt?“ „Das sollte ich eher dich fragen, schließlich stehst du da schon die ganze Zeit im kalten Wasser und verträgst das als Mensch eher weniger als ich. Du hast auch schon eine richtige Gänsehaut“, stellte Mika fest. „Uh, jetzt wo du es sagst... Mir ist wirklich arschkalt.“ „Dann lass uns rausgehen“, wandte Mika sich um. „Nein, warte, ich muss nur noch..., schaute Yuu die Seife an, die dieser immer noch ganz vergessen in der Hand hielt. „Oh, ja, na klar“, erwiderte der und reichte ihm die Seife. Yuu begann sich schnell einzuseifen. Dabei wandte er sich etwas um und als er sich wieder zu Mika drehte, bemerkte er, dass dieser ihn anstarrte. „Hah, erwischt!“, rief Yuu. Mika zuckte zusammen und lief rot an. „D-das ist nicht, wa... ich meine, ich war nur in Gedanken...“ „Ach, ich versteh schon“, kicherte Yuu. „Du brauchst eben doch wieder Blut.“ „Äh, ja, du hast mich ertappt“, lachte Mika verlegen, aber auch erleichtert. Zusammen saßen sie auf Yuichiros Bett, das man nicht wirklich als Bett bezeichnen konnte, sondern eher als „Provisorium“, optimistisch ausgedrückt, denn es handelte sich lediglich um eine halbverrotete Matratze, auf der ein Haufen alter Decken gestapelt war, die sich in der Umgebung gefunden hatten. Aber das spielte in diesem Moment keine Rolle. Hauptsache sie waren weg von den Intrigen und dem Hass der anderen Menschen und Vampire und dem Krieg und dem Leid. Mikaela beugte sich über Yuichiro und drückte ihn ins Kissen, während er ihn mit gebanntem Blick anstarrte. „Äh“, machte Yuichiro. Normalerweise lief das etwas anders ab, sonst saß Mika neben ihm, um sein Blut zu trinken. Aber in diesem Moment schien er nicht ganz bei sich zu sein. „Du musst ja wirklich...“ Er konnte nicht mehr weitersprechen, da plötzlich wieder dieser bekannte Schmerz an seinem Hals war. „..durstig sein“, fügte er leise hinzu und schloss halb die Augen. Er spürte nur allzu deutlich Mikas Gewicht auf sich. Und wie ihm das Blut ausgesaugt wurde. Es war eine solch gegensätzliche Mischung aus Wärme, Geborgenheit und Schmerz, dass es Yuu lähmte. Überhaupt fühlte er sich immer wie gelähmt, wenn Mika sein Blut trank. Ob es normal war, dass man sich nicht mehr bewegen konnte, wenn ein Vampir einen biss? Er wusste es nicht, denn damals in der Vampirstadt, hatten sie ihnen das Blut immer nur mit Spritzen abgesaugt. Schließlich löste sich Mika von ihm. „Yuu?“, flüsterte er ihm entgegen, denn sein Freund hatte noch immer die Augen geschlossen. „Geht es dir gut?“ „Häh?“, öffnete Yuu die Augen. „Ist es schon vorbei?“ „Alles gut? Habe ich zu viel genommen?“, fragte Mika besorgt. „Nein, schon gut, bin nur etwas müde“, schaute er ihm in die seltsamen, aber wunderschönen, roten Augen. „E-entschuldige, Yuu-chan. I-ich, es war wohl doch zu viel“, bemerkte er und schaute schuldbewusst zu Boden. „Nein, nein, das war nur der ganze Tag, der mich so geschlaucht hat. Alles okay, Mika“, versicherte er seinem Freund und strich ihm durch die Haare. „Sag mal, warum liegst du eigentlich auf mir?“, grinste er schelmisch. „Was?“, sprang Mika auf, als wäre ihm das erst jetzt bewusst geworden. „T-tut mir leid.“ „Schon gut, ist ja nichts passiert. Du warst wohl etwas weggetreten.“ Worauf hin ihn Mika entsetzt anschaute. „Nein, nein, das ist nicht gut, Yuu, gar nicht gut. Ich... wenn ich irgendwann die Kontrolle verliere und dich... Ich darf kein Blut mehr von dir trinken.“ „Was redest du denn da? Ohne das, kannst du doch nicht leben! Das hatten wir doch geklärt! Außerdem hast du mich nicht leergesaugt, also, ich vertraue dir. Und das solltest du auch!“ „Nein, wenn du mir weiterhin helfen willst, solltest du das Blut besser in einem Behälter auffangen, das ist sicherer.“ „Tja, wenn du meinst.“ Yuu konnte ihm ja schlecht sagen, wie sehr er es mochte, wenn Mika ihn in seine Arme schloss. Das war doch echt peinlich. Und ohne das Blut trinken, hatte er keinen Vorwand mehr dafür, das zu tun. „Alles gut?“, erkundigte sich Mika, wie immer besorgt, da ihm der traurige Blick seines Freundes aufgefallen war. „Ja, alles klar“, versuchte der sich ein Lachen abzuringen, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen. „Du kannst es mir ruhig sagen, wenn ich dich verletzt habe. Und auch sonst alles, das weißt du, Yuu-chan, nicht wahr?“ Yuichiro nickte. „Das weiß ich und es geht mir gut, ich bin glücklich, das wir jetzt hier sind. Weißt du, ich wollte immer kämpfen, die verdammten Vampire töten, von denen ich dachte, sie hätten dich getötet. Und ich wollte unbedingt mehr Kraft, um mich zu rächen und später, um meine Freunde zu beschützen. Aber seit ich weiß, wie sinnlos dieser Krieg ist, dass nicht nur die Vampire und dieser Virus schuld sind, dass die Welt fast ausgelöscht wurde, sondern auch die Menschen, will ich nicht mehr kämpfen. Jedenfalls nicht so. Ich will lieber dafür kämpfen, dass wir ein glückliches Leben haben. Und dass noch mehr Menschen einsehen, dass es nur darauf ankommt, glücklich zu werden und nicht, Macht zu haben oder die Welt zu beherrschen. Dass Freunde viel wichtiger sind, als alles andere. Findest du nicht?“ Yuus Augen strahlten. Mika nickte ergriffen. Yuu... In solchen Momenten wie diesen, wurde er wieder einmal erinnert, warum er wie eine Familie für ihn war. Nicht, dass er es jemals vergessen würde. Er würde so gerne etwas für ihn tun, ihn noch viel glücklicher machen und den Schmerz der Vergangenheit vergessen lassen. Diese Augen strahlen sehen. Stattdessen fügte er ihm nur noch mehr Schmerzen zu, indem er immer wieder sein Blut trank. Aber seltsamerweise war doch trotzdem immer noch diese Wärme in seinen Augen, wenn er Mika anblickte. Selbst in solchen Momenten. Er war Mika nicht böse deswegen, im Gegenteil, er wollte ihm helfen. Er verstand es zwar nicht, begriff nicht, wie man ein Monster wie ihn mögen konnte, aber er war dankbar dafür und würde alles für Yuu tun. „Nun, dann, oh!“, von Yuus Magen war ein lautes Knurren zu hören und Mika kicherte. „Anscheinend bist du nicht der einzige, der hier Hunger hat. Man, ich könnte einen Bären fressen.“ Zusammen gingen sie in die Küche und Yuu machte sich über den Rest des Hasenbratens her. Bedröppelt saß er dann da und starrte den leeren Teller an. Was Mika dazu veranlasste, aufzustehen und zu verkünden: „Ich werde dir noch was besorgen!“ „Was? Nein, das musst du nicht tun, das kann ich auch selber.“ „Ich bestehe darauf! Schließlich tust du auch so viel für mich. Da ist das doch das Mindeste.“ Mit diesen Worten war er auf und davon, bevor Yuu überhaupt den Mund aufkriegen konnte, um noch mal zu protestieren. Einige Tage später war es irgendwie dazu gekommen, dass sich die beiden in Mikaelas Zimmer wiederfanden und der Vampir wieder direkt Blut von seinem Freund trank, obwohl sie eigentlich vorgehabt hatten, es in einem Gefäß aufzufangen. Mikaela wusste selbst nicht so recht, wie das passiert war. Sie hatten sich erst ganz normal unterhalten, es sich dann auf dem improvisierten Bett gemütlich gemacht und waren irgendwann in Schweigen verfallen, während sie an die Decke starrten und ihren Gedanken nachhingen. Dabei war so eine gemütliche, warme Atmosphäre entstanden, wie Mika sie immer mit dem Gefühl einer Familie, die Yuu für ihn darstellte, verband. Es war wie ein Filmriss, als er sich auf einmal über Yuu gebeugt befand, mit dessen Blut im Mund. Er riss entsetzt die Augen auf, wachte auf, wie aus einem Traum, an den er sich nicht mehr erinnerte. Yuu blickte ihn mit verschleierten Augen an. Wie viel Blut hatte er ihm gestohlen? Sein Freund hingegen dachte an etwas ganz anderes, er blickte die wunderschönen Gesichtszüge seines Freundes an, in die tiefroten Augen, schaute auf dessen blasse Lippen, die nun von rotem Blut verschmiert waren und schauderte immer noch von der Tatsache, wie Mika ihm eben über den Hals geleckt hatte, nachdem er mit dem Blut trinken fertig gewesen war. Es hatte sich so wundervoll angefühlt. Und ließ Yuu jegliche Beherrschung verlieren, als er nun seine Hände um Mikas Gesicht legte, ihn zu sich zog und auf den Mund küsste. Es war nur ein kurzer Kuss und doch so süß und wunderschön, dass Yuu vor lauter Glück zu platzen glaubte. Doch Mika schien das anders zu sehen, denn nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, stieß er ihn von sich und war schneller am anderen Ende des Raums, als Yuu schauen konnte. „Yuu, was... Was tust du denn?“, fragte er außer sich und starrte ihn geschockt an. „W-was ich... Ich dachte, d-du... Wolltest du das etwa nicht?“, schaute Yuu entsetzt zurück. „Nachdem du mir über den Hals geleckt hattest, dachte ich, du würdest das auch mögen. Ich dachte, du würdest genauso empfinden, wie ich“, schaute er traurig seinen besten Freund an. Mika schluckte und blickte zu Boden. „Nein!“, rief er und lief aus dem Raum. „Mika, warte doch!“, rief Yuu ihm hinterher und folgte ihm. Doch der Vampir war so schnell verschwunden, dass er keine Chance mehr hatte, ihn zu finden. Von Entsetzen geschüttelt, saß Mika auf dem Dach und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte. Kapitel 2: ----------- Am nächsten Morgen ging Mikaela Yuichiro offensichtlich aus dem Weg. Nirgendwo, wo er suchte, fand er den Vampir. So ging es in den nächsten Tagen weiter. Sogar seinen anderen Freunden fiel auf, dass irgendetwas nicht stimmte. Als Yuichiro mal wieder lustlos zusammen mit den anderen beim Essen saß und kaum was anrührte, meinte Shinoa: „Was denn, hast du etwa Liebeskummer? Gibt es Ärger im Paradies?“, zog sie ihn mit einem frechen Grinsen auf. Yuu reagierte nicht mal, offenbar nahm er sie gar nicht wahr, sondern starrte nur auf sein Essen. „Was? Yuu ist verliebt?“, warf Yoichi überrascht ein. „Ja, ist dir das etwa nicht aufgefallen, du Blitzmerker?“, erwiderte Shinoa, die mit in die Hüfte gestemmten Händen neben Yuichiro stand. „Was, wirklich Yuu?“, wandte er sich an diesen. „In wen bist du denn verliebt? Hier ist doch niemand außer uns? Und vorher hattest du doch auch kein Mädchen getroffen. Doch nicht etwa... Mitsuba?“ Auf diese Bemerkung hin, stöhnten alle anderen einträchtig auf. „Man und ich dachte, Yuu wäre hier die größte Jungfrau. Du bist so naiv, Yoichi“, meinte Shinoa abfällig. „Lasst euch nicht stören, ich geh dann mal“, meinte Yuu, der das Gespräch anscheinend gar nicht wahrgenommen hatte und erhob sich. Er schlürfte mit hängenden Schultern nach draußen, lief ein paar Schritte ziellos umher und ließ sich dann ein paar Straßen weiter an der Wand eines halb eingefallenen Hauses, hinuntersinken. Dann schlang er die Arme um seinen Körper und legte den Kopf darauf. „Ach, Mika, was ist nur mit dir los? Ich kann es nicht glauben, dass so ein blöder Kuss unsere Freundschaft zerstören soll. In all den Jahren, in denen wir getrennt waren, hast du mich doch nicht vergessen und hast sogar dein Leben für mich riskiert. Ich kann nicht glauben, dass du jetzt wegen einem blöden Fehler nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Warum willst du denn nicht mal mehr mit mir reden?“ Yuu blickte auf und Tränen standen in seinen Augen. Eigentlich war er ein sehr starker Junge, aber wenn es um Mika ging, fühlte er sich plötzlich schwach wie ein kleines Kind. Seltsam, erst vor kurzem war er noch so glücklich gewesen, dass er seinen alten Freund wieder hatte, dass sie zusammen dem Grauen entkommen waren und überlebt hatten, und jetzt schien seine ganze Welt zusammenzubrechen, alles für was er gekämpft hatte. Denn Mika bedeutete alles für ihn. Das war ihm schon lange klar gewesen, nur vor kurzem erst war ihm bewusst geworden, dass er noch eine andere Art von Gefühlen für seinen besten Freund entwickelt hatte. „Wäre das doch nie passiert, dann würde mich Mika immer noch mögen!“, stand er auf und schlug mit der Faust gegen die Wand. „Ah, au, au, tut das weh“, hielt er sich die Hand. „Warum musste ich Idiot mich auch in meinen besten Freund verlieben!“ „Tja, die Wand kann jedenfalls nix dafür“, stellte plötzlich eine Stimme neben ihm fest. Yuu wäre vor Schreck beinahe das Herz stehen geblieben. Da stand doch Shinoa neben ihm, die alte Hexe. Er lief rot an. Warum musste ausgerechnet die alles mit anhören? Sie würde ihn doch nur wieder aufziehen. Von wegen Jungfrau und so! „Ich denke, du machst dir zu viele Gedanken. Es sieht doch ein Blinder, dass Mika dich auch liebt“, stellte sie überraschender Weise einmal nicht spöttisch, fest. „Nur du natürlich nicht, du Dummerchen. Tja, guck mich nicht so überrascht an, du bist eben nicht gerade ein Blitzmerker, besonders auf diesem Gebiet. Das ist eben der Nachteil, wenn man noch eine Jungfrau ist“, fing sie jetzt wieder mit erhobenem Zeigefinger zu spötteln an. „Ach ja? Und warum hasst mich Mika, nachdem ich ihn geküsst habe?“, fuhr Yuu sie wütend an. „Ah?!“, rief Shinoa völlig überrascht aus. „Du hast...“ Erst in diesem Moment wurde Yuu klar, was er da gerade gesagt hatte. Wie, zur Hölle, war ihm das nur rausgerutscht? Das hatte er doch unter keinen Umständen verraten wollen! Wie peinlich war das denn? Am liebsten wäre er im Boden versunken. „Äh, ich meine, es ist nicht so wie du denkst....“, fing er an, aber für Ausreden war es jetzt wohl zu spät. „Nun, keine Ahnung, was in deinen Vampir gefahren ist“, meinte Shinoa, nachdem sie die erste Überraschung überwunden hatte. „Aber, dass ausgerechnet du Jungfrau den ersten Schritt machen würdest, damit hätte ich echt nie gerechnet. Respekt, man!“ „Jetzt hör aber mal auf, mit dem Jungfrauen Gerede!“, fuhr Yuu sie an. „Und wehe, du sagst zu irgendwem ein Wort davon, dann...“ „W- was dann?“, lachte Shinoa. „Äh? Ah?“, machte sie, als sich Yuus Augen plötzlich auf seltsame Weise zu verdüstern begannen. „Hey, keinen Grund den Dämon rauszulassen, ja? Hab doch nur ein wenig gescherzt“, stand sie mit erhobenen Händen vor Yuu. Dieser entspannte sich wieder und seine Wut verpuffte so schnell, wie sie gekommen war. Resigniert ließ er den Kopf hängen. „Meinst du wirklich, Mika liebt mich auch? Ich meine, ich weiß, dass er mich wie einen Bruder liebt, aber das...“ „Deine Gefühle sind anderer Natur, nicht wahr?“, ergänzte Shinoa. Yuu nickte ergeben. „Nun, ich bin keine Expertin in solchen Dingen, aber ich würde sagen, er liebt dich auch mehr als einen Bruder“, lächelte sie ihn zuversichtlich an. „Danke, Shinoa, du machst mir Mut. Wenn der verflixte Idiot nur mit mir reden würde, dann könnte ich wenigstens herausfinden, was sein Problem ist.“ „Keine Sorge, früher oder später, wird er wieder auftauchen. Eher früher, denn er braucht ja schließlich Blut. Muss schon ganz ausgehungert sein, der arme Kerl. Du glaubst doch nicht, dass er jemals von einem anderen Blut trinken würde, als von dir?“ Yuu nickte auf diese Aussage hin erleichtert. Da hatte Shinoa Recht. Mika war wirklich ein Dickkopf, wenn es um das Blut trinken ging. Er würde niemals einen Menschen gegen dessen Willen aussaugen – und welcher andere Idiot außer ihm, würde einem Vampir freiwillig sein Blut geben? Mika tauchte tatsächlich noch am selben Abend auf. Auf einmal stand er einfach so vor dem Haus und trat aus dem Schatten, als Yuu gerade hineingehen wollte. „Wah!“ machte Yuu. „Sag mal, willst du mich zu Tode erschrecken?“ Gleichzeitig war er schrecklich erleichtert, dass Mika wieder da war. „Entschuldige, Yuu“, meinte dieser mit einem traurigen, gequälten Gesichtsausdruck. „Nicht nur deswegen. Ich hätte nicht einfach so abhauen dürfen. Es ist nur, ich...“, mit diesen Worten hielt sich Mika die Hand vor den Mund. „Was ist mit dir, Mika? Du siehst ja furchtbar aus“, bemerkte Yuu. Mika blickte beschämt beiseite. Yuu kannte den Ausdruck. Es kam immer dieser schuldbewusste Blick, wenn seinem Freund klar wurde, dass er nicht gegen den Vampirdrang in sich ankam. „Du brauchst wieder Blut.“ Mika nickte ergeben. „Aber, bitte versteh mich nicht falsch, ich bin nicht deswegen zurückgekommen. Ich verlange auch nichts. Ich verstehe es, wenn du mir nichts mehr geben willst, nachdem was passiert ist. Ich wollte mich nur entschuldigen...“ Mika stand ganz zusammengekrümmt da und blickte aus seinen rot glänzenden Augen bittend zu Yuu auf. „Du entschuldigst dich bei mir?“, wiederholte Yuu überrascht. „Wieso das denn? Ich war es doch, der dich...“, er blickte verlegen beiseite. „I-ich sollte mich entschuldigen.“ „N-nein! Das... Du hast nichts falsch gemacht!“, stellte Mika fest. „Ich bin nicht deswegen verschwunden.“ „Häh?“, Yuu verstand gar nichts mehr. „Aber, wieso dann?“ „Weil ich dich beinahe getötet hätte, deswegen“, gab Mika leise zu und ließ den Kopf hängen. „Ich bin eben doch ein scheußlicher Vampir. Ich sollte gar nicht hier sein. Wieder einmal bin ich egoistisch, ich hätte einfach wegbleiben und an dem verdammten Blutdurst sterben sollen... Stattdessen bin ich hier und bringe dich wieder in Gefahr, Yuu. Nur, weil ich...“ Mika beendete den Satz nicht. „Du hättest mich beinahe getötet? Das verstehe ich nicht. Du hast doch gar nichts gemacht!“ „Du hast es nicht einmal bemerkt?“, stellte Mika überrascht fest. „Als ich das letzte Mal dein Blut trank, habe ich völlig die Kontrolle verloren. Ich wusste gar nicht, was ich da tat. Ich wollte in dem Moment nicht mal dein Blut trinken, und doch ist es einfach passiert. Wenn das noch einmal geschieht, und wenn ich dann völlig die Kontrolle verliere... Kurz gesagt, Yuu, es ist besser, wenn ich nicht mehr in deine Nähe komme.“ „W-was, aber... Nein, das ist doch... Das kann ich nicht glauben. Du hast doch rechtzeitig aufgehört, du würdest mich doch nicht töten“, rief Yuu fassungslos. „Nicht bewusst, nein, aber versteh doch, Yuu! Es könnte einfach so passieren, und bevor ich es bemerke, habe ich dich verletzt oder Schlimmeres. Das darf nicht passieren“, ließ er den Kopf hängen. „Das ist doch Unsinn! Du solltest dir mehr selbst vertrauen“, war Yuu überzeugt. „Du hast so lange ohne menschliches Blut ausgehalten, obwohl es dir wehgetan hat und du die ganze Zeit leiden musstest, hast du vier Jahre lang nur Kruls Blut getrunken und sogar später noch, als wir uns wieder getroffen haben und du am Verdursten warst, hast du dich doch noch zusammengerissen und wenn ich dich nicht überredet hätte, von mir zu trinken, wärst du noch an dem Blutdurst krepiert. Ich kann nicht glauben, dass du dir jetzt so wenig zutraust.“ „Was du sagst, stimmt“, nickte Mika. „Aber damals war ich noch kein vollständiger Vampir. Das war etwas anderes. Es war zwar auch sehr schwer, menschlichem Blut zu widerstehen, aber ich konnte wenigstens dagegen ankämpfen. Jetzt jedoch, hatte ich schon das ein oder andere Mal einen richtigen Blackout, wenn der Blutdurst zu groß wurde. Wie soll ich gegen etwas kämpfen, das ich nicht mal wahrnehme – jedenfalls nicht, bevor es zu spät ist?“, resignierte er. „Dann... werden wir eben nicht zulassen, dass dein Blutdurst zu groß wird!“, rief Yuichiro entschieden. „Ja, und ich weiß auch schon, was wir machen! Wir haben doch schon darüber geredet, dass die anderen dir bestimmt auch von ihrem Blut etwas abgeben würden. Es könnte einfach jeder an einem anderen Tag etwas für dich in einen Behälter abfüllen. Dann bekommst du bestimmt auch keinen Blackout mehr.“ Mika blickte erstaunt zu Yuu. „Ja, ich weiß, du hast davon geredet... Aber würden die anderen denn einem scheußlichen Vampir wie mir, ihr Blut geben?“ „Natürlich Mika!“, blickte Yuu ihn liebevoll an. „Hast du denn immer noch nicht begriffen, dass nicht nur ich dein Freund bin, sondern die anderen auch? Wir haben zusammen gekämpft, und sie sind auch für dich eingestanden. Glaubst du, sie lassen dich jetzt einfach so fallen? Außerdem, hör endlich auf, von dir selbst als scheußlich zu sprechen!“ „I- ich weiß es nicht“, gab Mika zu und fühlte sich schlecht. Die anderen um Blut zu bitten, war schließlich was anderes, als nach einer warmen Mahlzeit zu fragen. „Ach, was, du denkst zu viel nach!“, rief Yuu und legte einen Arm um Mika, um ihn Richtung Haus zu ziehen. Der zuckte zusammen. „Oh, entschuldige.“ Plötzlich fiel ihm wieder ein, dass er seinen Freund ja geküsst hatte und dieser nun über seine Gefühle Bescheid wusste. „Ähm, öh...“, wich er verlegen zurück. „Übrigens, was diesen Kuss betrifft..., also...“, wurde er etwas rot und rieb sich verlegen durch die Haare. „Man, das ist total peinlich, aber ich muss es jetzt mal gesagt haben: Du empfindest wohl nicht so für mich, oder?“ „Oh, äh, das...“, die Sache war Mika ebenfalls sichtlich peinlich und er wich Yuus Blick genauso aus, wie dieser seinem. „Ja, ich... Es tut mir leid. Du hast Recht, ich mag dich zwar sehr, aber eher wie einen Bruder, weißt du?“ „Oh …., ja klar, das habe ich mir schon gedacht“, ließ er den Kopf hängen. „Aber, wenn ich auf Jungs stehen würde, hätte ich mich sicher als erstes in dich verliebt“, lächelte Mika tröstend. „Ach wirklich?“, Yuu konnte nicht verhindern, dass er wieder knallrot anlief. Gleichzeitig machte ihn die Tatsache, dass er jetzt sicher wusste, was er schon vermutet hatte, furchtbar traurig. Yuichiro verstand es nicht, er sollte doch eigentlich froh sein, dass Mika ihn wenigstens wie einen Bruder liebte und das, obwohl er über seine Gefühle Bescheid wusste, das sollte es eigentlich weniger schlimm machen, oder? Stattdessen fühlte er sich, als hätte man ihm ein Messer ins Herz gerammt und einmal kräftig rumgedreht. Und es wurde in den folgenden Tagen auch nicht besser, im Gegenteil. Jedes Mal, wenn er Mika sah, wurde er daran erinnert, wurde ihm bewusst, dass er ihm so nah und doch so fern war. Niemals durfte er ihn in die Arme nehmen, durch das weiche Haar streicheln und küssen und sagen, wie sehr er ihn liebte, Und niemals würde er diese Worte von Mika hören. Und es tat verdammt weh. Trotzdem, Yuichiro würde irgendwie damit fertig werden müssen und können. Irgendwie würde er das schon schaffen. Allein Mika zuliebe, damit er weiterhin sein Freund sein und auf ihn aufpassen konnte. Irgendwann würde der Schmerz schon weniger werden. Glaubte er zumindest. Bis zu jenem Tag, als er Mika zum ersten Mal bei einem von Shinoas Witzen lachen hörte. Er lachte sie an! Das hatte er bisher nie getan. Sein einziges, seltenes Lachen, hatte bisher immer nur Yuu gegolten. Er stand wie vom Donner gerührt da und dachte: „Was ist, wenn Mika sich in Shinoa verliebt? Oder in ein anderes Mädchen, eines Tages?“ Und da wurde ihm plötzlich klar, wenn dieser Tag kam, wenn er Mika irgendwann zusammen mit einem Mädchen sehen und mit ansehen müsste, wie die beiden sich liebten, dann würde er durchdrehen. Allein die Vorstellung davon, ließ ihn ja schon völlig die Fassung verlieren. Was würde erst passieren, wenn es wirklich soweit kam? Yuu stand da, total verkrampft, mit zusammengeballten Fäusten und blickte zähneknirschend zu Boden. Sein ganzer Körper bebte vor Anspannung. Nein, das könnte er niemals ertragen! „Was ist, Yuu?“, wandte sich Mika besorgt zu ihm um, der seine Anspannung bemerkt hatte. „Ist mit dir alles in Ordnung?“ Woraufhin dieser aufblickte und sich zu einem Lächeln zwang. „Klar, mir geht' s gut.“ Das fehlte noch, dass Mika bemerkte, was mit ihm los war und sich unnötige Sorgen machte. „Lügner!“, stellte der Vampir unumwunden fest. „Also, was ist los?“ Sein Freund kannte ihn eben zu gut. „Nichts, um was du dir Sorgen machen müsstest“, lächelte Yuu weiter sein gezwungenes Lächeln. „Habe nur gerade an was Unschönes gedacht, aber nicht weiter wichtig“, damit wandte er sich ab und ging, nicht dass Mika noch weitere Erklärungen verlangte. Dieser blickte ihm nachdenklich hinterher. Yuichiro saß wieder einmal eines Abends allein in seinem Zimmer, den Kopf zwischen den Händen vergraben. Abends war es am Schlimmsten, da hatte er immer Zeit zum Nachdenken. Und nichts konnte verhindern, dass seine Sehnsucht nach Mika immer stärker wurde und der Schmerz in seinem Herzen größer. Es tat schon fast körperlich weh. „Wusste nicht, dass Liebe so weh tun kann“, stöhnte er und stand auf. „Scheiße! Warum musste ich Idiot mich auch in meinen besten Freund verlieben?“, schlug er mit der Faust auf den Tisch. Er begann, unruhig im Zimmer umher zu laufen. „Ich halte das nicht länger aus!“ Er fühlte sich so allein und schrecklich. Irgendwann, lange Zeit, Stunden später, mitten in der Nacht, die er nicht zur Ruhe gekommen war, wurde ihm endgültig bewusst, dass er es nicht schaffen würde. Er konnte das nicht mehr ertragen, war schon jetzt am Ende. Nach ein paar wenigen Wochen. Er war so schrecklich müde und konnte doch nicht schlafen. Gegessen hatte er in letzter Zeit auch kaum. Abgesehen davon, dass einfach nichts mehr schmeckte, hatte er auch kaum Hunger. Wahrscheinlich sah er schon aus wie ein Zombie. Völlig fertig ließ er sich an der Wand seines Zimmers heruntersinken und schlang die Arme um die Beine, legte den Kopf darauf. Er musste hier weg. Es war einfach zu viel. Er konnte Mika nicht mehr länger so nahe sein, ohne ihn lieben zu dürfen. „Aber, ich kann ihn doch auch nicht im Stich lassen. Und die anderen auch nicht, ich muss sie doch beschützen. Vor allem jetzt, wo wir ganz auf uns gestellt sind.“ Er steckte ganz eindeutig in der Zwickmühle. Er ertrug es nicht länger zu bleiben, aber gehen konnte er auch nicht. Also, was sollte er tun? Er legte verzweifelt seine Hände auf die Müden Augen. „Wenn ich doch nur... verschwinden würde.“ Dann müsste er das nicht länger ertragen. „Verschwinden?“, erwiderte plötzlich eine Stimme, die gar nicht da war. Yuichiro blickte überrascht auf. „Das ist mein Stichwort“, stellte Ashuramaru fest. „Ich hatte mich schon gefragt, wann du endlich einsehen würdest, dass dein Leben keinen Sinn hat und mir diesen Körper überlässt. Ich hatte es dir ja gesagt, sobald dein Herz Schwäche zeigt, gehört er mir. Jetzt brauchst du ihn eh nicht mehr, nicht wahr?“ Kapitel 3: ----------- „Na, wer will als erstes sterben?“, mit diesen Worten tauchte Yuichiro, oder besser gesagt, der Dämon, der von ihm Besitz ergriffen hatte, in Shinoas und Mitsubas Zimmer auf, die damit aus dem Schlaf gerissen wurden. Ashuramaru hätte sie natürlich viel leichter im Schlaf töten können, aber das machte ja nur halb so viel Spaß. „Oh, nein, Yuu!“, rief Shinoa entsetzt, nachdem sie aufgesprungen war und erkannt hatte, was los war. „Wehre dich dagegen! Ich weiß, dass du noch irgendwo da drin bist! Du bist stark genug, um den Dämon zu besiegen“, versuchte sie, ihn zu überzeugen. Währenddessen ließ sie ihre Waffe erscheinen, um Ashuramarus ersten Schlag zu parieren. „Keine Chance, es ist vorbei. Yuu hat endlich eingesehen, dass er diesen Körper nicht mehr länger braucht. Tja, und ich, ich bin nun mal ein Dämon und es ist mir ein Vergnügen, Menschen zu quälen und zu töten. Und mit dir fange ich an!“ Mit diesen Worten stürzte sich der Dämon auf Shinoa. Die parierte den Schlag. Währenddessen war auch Mitsuba zu sich gekommen und griff von der Seite an. Obwohl die beiden sehr stark und zu zweit waren, war Ashuramaru überlegen. Er bewegte sich in Yuus Körper unnatürlich schnell und die Stärke seiner Schwerthiebe war derart, dass Shinoas Sense in ihrer Hand vibrierte, wenn es darauf traf. „Oh, man, lange geht das nicht gut“, stellte Mitsuba fest und die beiden kämpften erbittert weiter, bis endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, Kimizuki in der Tür auftauchte. „Scheiße!“, rief er und griff Yuichiro von hinten an. Was zwar nicht sehr ehrenvoll war, aber in diesem Fall notwendig. Immerhin handelte es sich um einen Dämon, und zwar nicht irgend einen. „Ihr glaubt, weil ihr zu dritt seid, könnt ihr mich aufhalten?“, lachte Ashuramaru. „Wisst ihr was? Das macht richtig Spaß! Hatte ja völlig vergessen, wie toll sich so ein eigener Körper anfühlt! Aber hier ist zu wenig Plaaatz!“, rief er und warf alle drei ehemaligen Kämpfer der Mond-Dämonen-Einheit mit einem einzigen Rundumschlag um. Dann sprang er halb über Kimizuki und zu Tür hinaus. „Ihm hinterher!“, rief dieser. Inzwischen war auch Yoichi aufgewacht und schaute seinen Freunden entsetzt nach wie die aus dem Haus liefen. Alle rannten sie Ashuramaru hinterher, der sie noch im Laufen auslachte. „Ha, ich bin frei!“ In diesem Moment tauchte auch Mikaela auf, der seine übliche nächtliche Patrouille in der Umgebung abgelaufen war und sich über den Lärm gewundert hatte. Gerade noch, sah er Yuichiro in die große Scheune neben dem ehemaligen Bauernhaus laufen. Und bemerkte gleich, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Er sah so verändert aus, mit seltsamen Zeichen im Gesicht und Hörnern auf dem Kopf. Mikaelas Augen weiteten sich, offensichtlich hatte der Dämon von Yuu Besitz ergriffen. Das bestätigte auch die Tatsache, dass die anderen ihm gleich hinterherstürmten, mit den Waffen in den Händen. Mit eine einzigen Sprung, überwand Mikaela die mehreren Meter Distanz und landete vor der Truppe. Die machte abrupt Halt und wäre beinahe mit dem Vampir zusammengestoßen. „Schnell, geh aus dem Weg, Mika!“, rief Mitsuba. „Siehst du nicht, dass Yuu von seinem Dämon besessen ist?“ „Doch, aber ich werde mich allein darum kümmern! Ihr verletzt ihn sonst nur noch und außerdem seid ihr zu schwach!“ „Na hör mal!“, protestierte Kimizuki. „Wir sind durchaus in der Lage...“ Aber da war Mikaela schon in der Scheune verschwunden. „Das ist ja mal wieder typisch!“, ärgerte sich Mitsuba. „Ja, wir lassen uns doch von diesem Vampir nichts sagen, wir werden...“, redete Kimizuki weiter. „Nein!“, hielt Shinoa die beiden auf, indem sie ihre Sense vor sie hielt. „Ich bin dafür, dass Mika es zuerst alleine versucht. Wer weiß, vielleicht kann er Yuu ja noch zurückbringen?“ Die beiden blickten sie überrascht an, waren dann aber einverstanden, während Yoichi nickte, als wäre das doch selbstverständlich. „Hah, du?!“, stellte Ashuramaru fest und stellte sich mit erhobenem Schwert Mikaela gegenüber. „Willst du etwa als erstes sterben? Na, was ist, willst du nicht deine Waffe ziehen?“ „Ich werde nicht gegen Yuu kämpfen“, breitete Mikaela die Arme aus. „Yuu, ich weiß, dass du noch irgendwo da drin bist. Und du bist stark genug, dem Dämon zu widerstehen. Ich werde dir dabei helfen. Komm zurück!“ „Das bringt nichts. Der Junge ist tot. Na gut, wenn du nicht kämpfen willst, dann stirbst du eben gleich“, bestimmte Ashuramaru und sprang auf ihn zu. Nun, so einfach sterben, wollte der dann doch nicht und zog sein Schwert, um den Schlag zu parieren. Aber er würde sich nur verteidigen. Lieber starb er selbst, als Yuu zu verletzen. „Komm zurück Yuu-chan, bitte!“, sprach er eindringlich zu ihm, während sich beide Schwerter kreuzten und sie versuchten, den jeweils anderen wegzudrücken. Mit angestrengtem Gesichtsausdruck versuchte Mikaela, Ashuramarus Kraft entgegenzuwirken. Aber schließlich mussten beide auseinander springen. „Also, so macht das doch keinen Spaß, entweder kämpfst du richtig, oder gar nicht!“, beschwerte sich Ashuramaru und sprang wieder auf Mikaela zu. Die beiden kämpften eine Weile erbittert, mit äußerster Konzentration, während der Vampir immer wieder versuchte, Yuu anzusprechen und ihn zurückzubringen. Jedoch schienen sie ebenbürtige Gegner zu sein, denn keiner konnte den anderen bezwingen. Vielleicht hätte es Mikaela sogar geschafft, den Dämon zu besiegen, wenn er nicht darauf verzichtet hätte, Angriffe auf Yuu auszuführen, die tödlich enden könnten. So aber, hatte er keine Chance. Das wurde ihm nach einer Weile auch klar, daher brachte er auf einmal mit einem kräftigen Schlag gegen das Schwert des Dämons, das diesen nach hinten schleuderte und sich selbst mit einem Sprung auf die andere Seite der Scheune, einen großen Abstand zwischen beide. Dann warf er sein Schwert weg. „W-was soll das werden?“, wunderte sich der Dämon. „Ganz einfach,“, erwiderte Mikaela und breitete die Arme aus. „Wenn Yuu wirklich tot ist, dann hat mein Leben auch keinen Sinn mehr. Dann ist es mir lieber, du tötest mich. Aber tu mir bitte einen Gefallen, und mach es schnell“, mit diesen Worten schloss er die Augen und wartete darauf, dass Ashuramaru ihn tötete. Der blickte ihn verblüfft an. „Nein, das ist zu einfach, das macht doch keinen Spaß!“, beschwerte er sich und überlegte. „Aber na gut, da draußen sind ja noch deine Freunde, mit denen ich Spaß haben kann. Also dann, stirb, Vampir!“, mit diesen Worten sprang Ashuramaru mit erhobenem Schwert auf Mikaela zu. Zumindest wollte er das, kam jedoch auf halbem Weg ins Taumeln und dadurch ein Stück neben dem Vampir mit dem Schwert auf. „Äh?“, machte er. „Was ist jetzt?“, er verzog das Gesicht. „Nein, geh weg! Das ist der Vertrag, dein Körper gehört jetzt mir, du kleine Nervensäge!“, hielt er sich den Kopf und kniff die Augen zusammen. Mikaela öffnete die Augen und blickte erleichtert auf seinen besten Freund. Aber es war noch nicht vorbei. Um sicher zu gehen, dass dieser den Kampf gegen den Dämon gewann, wollte er lieber noch etwas nachhelfen, nicht, dass er sich doch noch verlor. Also tat er einen Schritt auf Yuu zu, der das zunächst gar nicht bemerkte, weil er zu sehr in seinen Kampf mit Ashuramaru vertieft war. Dann nahm er ihn bei den Schultern, drehte ihn zu sich herum, nahm sein Gesicht in die Hände und ehe sich der Dämon oder Yuu versahen, küsste er ihn. Ashuramarus Augen wurden groß vor Überraschung, veränderten sich auf einmal und wurden wieder zu Yuichiros grünen Augen. Dieser konnte nicht anders, als seine Augen langsam zu schließen, zu viele Gefühle strömten auf einmal in ihn ein. Diese Wärme, die auf einmal in sein Herz floss und die tödliche Kälte daraus vertrieb. Das fühlte sich so wunderbar an. Er erwiderte den Kuss, bis sich Mikaela irgendwann von ihm löste und lächelte. „Du bist wieder da, Yuu“, stellte er erleichtert und glücklich fest. „Ja, wie könnte ich auch so etwas verpassen?“, lachte der ebenfalls glücklich und rieb sich verlegen und mit rotem Gesicht den Hinterkopf. „Idiot“, spöttelte Mika, lächelte dabei aber. „Aber, ehrlich gesagt, ich versteh es nicht“, meinte Yuichiro nachdenklich. „Ich dachte, du liebst mich nicht, jedenfalls nicht so. Hast du das etwa nur gemacht, damit ich den Dämon besiege?“ Mikaela seufzte und senkte den Kopf. „Nein, ich..., dass ich dich nur wie einen Bruder lieben würde, war gelogen. Eigentlich liebe ich dich auch“, gestand er, woraufhin sein Kopf flammend rot wurde, was Yuichiro ein wenig zum Grinsen brachte. „Aber, wenn das stimmt, warum hast du das denn nicht gesagt?“, wunderte er sich. „Ah, verstehst du denn nicht? Wir könnten doch eh niemals zusammen sein“, blickte er traurig zur Seite, während ihm die blonden Haare in die Augen fielen. „Deshalb dachte ich, es fiele dir leichter, das zu akzeptieren, wen ich behaupte, ich würde dich nur wie einen Bruder lieben.“ „Was?! Aber wie kommst du denn darauf, dass wir nicht zusammen sein können? Das ist doch Unsinn!“, fuhr Yuichiro auf. „W-weil ich doch ein scheußlicher Vampir bin“, bei diesen Worten liefen Tränen aus seinen Augen, während er das Gesicht weiterhin abgewandt hielt, in der Hoffnung, Yuu würde sie nicht sehen. „Häh? Aber ich dachte, das hätten wir geklärt! Ich habe dir doch gesagt, dass es mir nichts ausmacht, was du jetzt bist! Es ist mir egal, dass du ein Vampir bist und du bist überhaupt nicht scheußlich, wie kannst du so was sagen? Ich habe dich sogar mein Blut trinken lassen.“ Yuu war außer sich. Wieso dachte sein Freund immer noch so? „A-aber ich...“, versuchte Mika, sich zu fassen und wischte sich die Tränen weg. „Du verstehst es noch immer nicht, oder?“ Er blickte zu Boden. „Dir mag es egal sein, aber es bleibt eine Tatsache, dass ich immer eine Gefahr für dich sein werde. Wenn ich einmal, nur ein einziges Mal, die Kontrolle verliere, dann verletze ich dich, oder töte dich sogar. Solange wir nur Freunde sind und ich dir nicht zu nahe komme, kann ich es kontrollieren, aber sonst... Schon neulich, als ich letztes Mal dein Blut getrunken habe, der Tag, als du mich geküsst hast, das war...“, Mika stockte. „Ich wollte eigentlich gar nicht dein Blut trinken, aber es ist einfach so passiert. Ich hatte einen totalen Blackout und hätte dich beinahe leergetrunken. Beinahe wäre ich Schuld an deinem Tod gewesen!“, schrie Mikaela auf und fiel vor Yuu auf die Knie. „Ich habe es gar nicht verdient, dass du mich liebst.“ „Denkst du das wirklich?“, erwiderte Yuu entsetzt. „Das glaube ich einfach nicht.“ Mit diesen Worten kniete er sich ebenfalls nieder und nahm Mikaela in die Arme. „Weißt du, das hier ist der schönste Tag meines Lebens. Du hast gesagt, dass du mich liebst. Und ich werde den Teufel tun, dich jetzt einfach wieder gehen zu lassen. Wenn du dir schon nicht vertraust, dann vertrau wenigstens mir, wenn ich dir sage, du wirst nicht wieder die Kontrolle verlieren, du wirst mich nicht töten. Und wenn ich dafür sorgen muss, dass du immer genug Blut bekommst, damit das nicht wieder passiert, dann werde ich das tun. Ich meine -“ damit lehnte er sich wieder zurück und blickte Mikaela in die Augen - „wir haben so viel durchgemacht, dachten lange Zeit, wir hätten einander verloren. Und diese Zeit war die schlimmste meines Lebens. Ich nehme an, für dich war es nicht leichter. Und jetzt, wo wir endlich zusammen sind, meine ich, es ist den Versuch wert, es zu riskieren. Auch wenn es gefährlich ist, auch wenn du vielleicht die Kontrolle über den Vampir in dir verlierst, oder ich schwach werde und Ashuramaru wieder von mir Besitz ergreift. Das ist nun mal ein Teil von uns, daran können wir nichts ändern. Aber woran wir etwas ändern können ist, was wir daraus machen. Und ich finde, wir sollten es riskieren, denn das ist es wert. Ohne dich, kann ich mir mein Leben nämlich nicht mehr vorstellen. Und nachdem, was du eben für mich getan hast, denke ich, dir geht es genauso. Ist es dafür nicht wert, die Gefahr auf sich zu nehmen?“ Yuus Stimme war so voller Liebe und seine Augen strahlten eine solche Wärme aus, dass Mikas bis eben zitternder Körper sich beruhigte und er Yuu gerührt anschaute. Ein Strom von Wärme ergoss sich in seine kalte Seele und ließ ihn lächeln. „Wenn du das so sagst, klingt es irgendwie logisch.“ „Natürlich tut es das!“, versicherte Yuu. „Und jetzt hör auf zu heulen, dafür gibt es nämlich wirklich keinen Grund.“ Yuu legte seine Hände an Mikas Wangen und wischte die Tränen weg. „Und außerdem, muss ich mich noch revanchieren.“ Mit diesen Worten beugte er sich vor und küsste Mika auf die Lippen. Dieser schloss die Augen und genoss die süße Berührung. So etwas Schönes hatte er noch nie gespürt. Eben hatte er Yuu zwar auch schon geküsst, aber dieser Kuss war von Angst und Verzweiflung durchdrungen gewesen. Das war diesmal nicht der Fall. Es war, als würde Licht durch ihre Körper strömen und sie von allem Bösen befreien. Schließlich löste sich Yuu bedauernd von Mika. Er blickte ihm in die Augen und sagte: „Und jetzt sag endlich, dass du mit mir zusammen sein willst!“ Mika lachte und meinte: „Du bist so ein Dickkopf. Aber ja, ich will mit dir zusammen sein.“ Wärme strahlte aus seinen Augen, als er das sagte, was dafür sorgte, das Yuu ganz anders wurde. „Uh“, machte er. „Was ist?“ „Ach nichts. Das ist nur das Zweitschönste, was du heute zu mir gesagt hast“, wich er aus. „Ach, und was war das erste?“ „Trottel, das weißt du doch“, schlug Yuu Mika spielerisch mit der Faust auf den Kopf. Die beiden grinsten. Am nächsten Morgen fühlte sich Yuu wie der glücklichste Mensch auf Erden und war sofort hellwach, als er erstmal aufgewacht war. Normalerweise war das nicht der Fall, er war eher ein Morgenmuffel und vor dem Frühstück kaum ansprechbar. Aber diesmal freute er sich so sehr und war so aufgeregt, Mika zu sehen, dass er ganz vergaß, launisch zu sein. Er lief in die Küche des Hauses, wollte sich was von den Resten von gestern holen, aber leider fand er nichts. „Vergiss es, Yuu, nichts mehr da“, teile Kimizuki mit. „Och, menno!“, beschwerte der sich. Jetzt müsste er sich erst noch auf die Jagd machen. „Sag mal, hast du Mika gesehen?“ „Nein.“ „Na gut, dann suche ich ihn mal.“ Seinen Freund zu finden, erwies sich gar als gar nicht so einfach. Weder im Haus, noch in der Scheune, oder der näheren Umgebung, fand er ihn. Wo steckte er nur? Enttäuscht ließ sich Yuu auf einen Stein vor dem Haus fallen und stütze den Kopf auf die Hand ab. Dabei knurrte sein Magen vernehmlich laut. „Maaan, ausgerechnet nach dem was gestern passiert ist, musst du unbedingt irgendwo hin, ohne mir was zu sagen? Hoffentlich ist der Grund, dass du mir was zu Essen besorgst“, schmollte er vor sich hin. Er seufzte. Schließlich stand er auf und beschloss, sich selbst was zu besorgen. Hoffentlich würde er Mika später noch treffen. Bevor er jedoch weit kam, stieß er auf Shinoa und Yoichi, die sich ihm in den Weg stellten und mit ernsten Mienen ansahen. „Heh, Leute“, grüßte Yuu sie. „Ihr seht so ernst aus. Äh, ich kann euch versichern, der Dämon hat sich wieder eingekriegt. Und ich werd' schon aufpassen, dass er nicht wieder die Kontrolle bekommt, das verspreche ich euch.“ „Na, das will ich hoffen“, erwiderte Shinoa. „Aber deshalb wollten wir nicht mit dir sprechen.“ Mit diesem Worten zog sie einen Brief aus ihrer Tasche. „Der ist von Mika.“ „Höh, was?“, wieso schrieb Mika ihm einen Brief? Das konnte er ihm doch selbst sagen. „Na ja, er ist heute Nacht gegangen und wir haben die Wache übernommen, weißt du“, sprach Shinoa mitfühlend. „Waaas?“, schrie Yuu aufgebracht. „Was meinst du mit 'gegangen'?“ „Am besten liest du den Brief, der beantwortet alle deine Fragen“, riet sie und wandte sich ab. Yoichi lächelte Yuu tröstlich zu und meinte noch: „Wenn du Hilfe brauchst, du weißt, wo du mich findest.“ Dann folgte er Shinoa. Yuu kapierte gar nichts mehr und lief ein Stück von ihrem Haus weg, bevor er sich auf einem Trümmerbrocken eines zerstörten Hauses in der Nachbarschaft niederließ. Er riss den Brief auf und las: Mein lieber Yuu, was gestern passiert ist, war das Schönste in meinem Leben. Das du gesagt hast, dass du mich liebst, hat mich unglaublich glücklich gemacht. Ich liebe dich auch von ganzem Herzen. Und genau deswegen muss ich gehen. Denn irgendwann würde doch das Monster in mir die Oberhand gewinnen und ich würde dir etwas Schlimmes antun. Das kann ich nicht zulassen. Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, ich vertraue dir. Aber dieses Monster in mir, ist manchmal stärker als ich, jedoch reicht schon ein einziges Mal, dich zu verletzen. Bitte verzeih mir und werde mit jemand Anderem glücklich, mit jemandem, der deine Liebe auch verdient. In Liebe, Mikaela „Äh? Was!“, schrie Yuu auf. „Was soll denn das?!“ Wütend zerknüllte er das Papier und schmiss es zu Boden. „Was soll denn das, du Idiot!“, schrie er. „Wenn du mich wirklich liebst, dann hau nicht einfach ab! Was denkst du dir dabei? Ich soll glücklich mit einem Anderen werden? Kennst du mich wirklich so schlecht? Sonst wüsstest du nämlich, dass das gar nicht geeeeht!“ schrie Yuu noch lauter. Er war völlig außer sich. „Na warte nur, jetzt, wo ich weiß, dass du mich liebst, lasse ich dich nicht so einfach wieder davonkommen. Und wenn ich dir bis ans andere Ende der Welt folgen muss, du Trottel!“, beschloss er und lief zu ihrem Haus zurück. Dort angekommen, lief er in sein Zimmer, packte alle Sachen die er hatte, was nicht viel war, in eine Tasche und ging dann in die Küche. Dort waren alle seine vier Freunde und wollten gerade aufbrechen, um neue Vorräte zu besorgen. „Äh, Yuu, was machst du da?“, erkundigte sich Mitsuba mit einem Blick auf seine Tasche. „Ich gehe Mika suchen, diesen Idioten, ist doch klar!“, rief er entschlossen. „Äh, und wo bitte willst du suchen?“, wollte Kimizuki wissen. „Die Welt ist groß. Du wirst ihn nie finden, wenn du keine Ahnung hast, wo er hin will.“ „Äh...“, dieses Argument ließ Yuu zögern. „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.“ Die Anderen stöhnten auf. „Ja, so kennen wir dich, Yuu“, bemerkte Shinoa. „A-aber... wie soll ich Mika denn dann finden?“ Schlagartig fiel jeglicher Enthusiasmus von Yuu ab und er sank in sich zusammen. Er ließ die Tasche fallen und blickte zu Boden. „I-ich kann doch nicht... Ich kann ihn doch nicht einfach so im Stich lassen.“ Seine Schultern bebten. „Du wirst doch jetzt nicht anfangen zu heulen, weil dein geliebter Mika dich verlassen hat, oder?“, spöttelte Shinoa. Doch Yuu regte sich seltsamerweise gar nicht darüber auf und meinte nur: „Dann werde ich ihn einfach überall suchen, ist mir egal.“ „Also“, seufzte Shinoa. „Das es gar keinen Anhaltspunkt gibt, stimmt so auch nicht.“ Schlagartig wurde Yuu wieder aufmerksam. „Was meinst du?“ Irgendwo in der Umgebung saß Mikaela auf dem Dach eines alten Hauses und seufzte niedergeschlagen. Was sollte er jetzt tun? Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war er am Ende. Denn er würde niemals einem Menschen gegen dessen Willen sein Blut absaugen. Jedoch gab es keinen anderen Idioten, der ihm freiwillig sein Blut spenden würde. Wenn es nach ihm ginge würde er einfach an dem Blutdurst krepieren, aber das würde wahrscheinlich nicht funktionieren. Denn vorher würde das Monster in ihm wieder die Kontrolle übernehmen und er würde in seinem Wahn Menschen nicht nur das Blut absaugen, sondern sie auch töten. Das konnte er nicht zulassen. Er musste vorher sterben. Aber wie? Als Vampir konnte er sich nicht so einfach umbringen, wie ein Mensch. Er würde nicht sterben, wenn er sich von einem Hochhaus fallen ließe, oder ins Meer stürzte, sich die Pulsadern aufschlitzte oder so was in der Art. Das würde lediglich dazu führen, dass er noch schneller neues Blut brauchte und Menschen anfiel. Das einzige Mittel, das ihm einfiel, wäre eine Guillotine, aber so was gab es hier ja nicht. Blieb also nur noch eine Möglichkeit.... Kapitel 4: ----------- Da war er also wieder, an diesem verhassten Ort, von dem er geglaubt hatte, ihn nie wieder sehen zu müssen – vor den Toren der unterirdischen Vampirstadt. Mikaela stand mit grimmig verschlossenem Gesichtsausdruck dort und starrte auf den Eingang. Dann zog er sein Schwert. Denn er hatte schon bemerkt, dass die Wachen auf ihn aufmerksam geworden waren. „Was, ist das nicht der Verräter?“, rief eine spöttisch klingende Stimme von der Seite. „Wie hieß er noch gleich?“ „Mika irgendwas...“, erwiderte eine zweite Stimme von der anderen Seite. „Ach ja, das war's“, stimmte der erste zu. Die Beiden waren blitzschnell und für menschliche Augen in ihren Bewegungen kaum wahrzunehmen. Jedoch war Mikaela schneller. Noch ehe sie verstanden, was hier passierte, hatte er sie in Stücke zerschnitten und sie zerfielen zu Staub. Das lag zum einen daran, dass er durch die ehemalige Vampirkönigin Krul Tepes zum Vampir geworden und damit stärker als gewöhnliche Vampire war und zum anderen daran, dass er in den vier Jahren, während er in der Vampirstadt gelebt hatte, kaum etwas anderes getan hatte, als den Schwertkampf zu üben. Und das hatte er so erbittert getan, wie kaum ein anderer. Ihm war ja auch nichts anderes geblieben, als die Hoffnung, Yuu vielleicht doch irgendwann wieder zu begegnen und ihn vor den Menschen, die Experimente mit ihm anstellten, zu retten. Dafür, und um irgendwann stark genug zu sein, die scheußlichen Vampire, die ihre Freunde getötet hatten und ihn selbst verwandelt, ihm dieses schreckliche Schicksal angetan hatten, zu vernichten. So kämpfte Mikaela erbittert und voller Hass und Verzweiflung weiter. Wenn er schon starb, wollte er so viele von diesen Monstern mit sich nehmen, wie er konnte. Wäre die ganze Situation nicht so schrecklich und traurig gewesen, hätte man fast diese Anmut und Geschmeidigkeit bewundern können, mit der sich der er sich durch die Vampirmenge kämpfte, es sah fast aus, wie ein leichtfüßiger Tanz, bei dem die anderen Vampire viel zu langsam reagierten. Das ging eine Weile so weiter, bis er direkt vor der Vampirstadt stand und auf einmal einige Adelige auftauchten. Diese waren nicht nur stärker und schneller, sondern auch besser bewaffnet und zwar mit einem Schwert, wie Mikaela selbst ebenfalls eines besaß, nämlich eines, das Blut trank. Genau dies wies er sein Schwert auch nun an zu tun, damit es stärker würde. So kämpfte er verzweifelt gegen die Adeligen und ein paar andere Vampire weiter. Er wusste, jeden Moment würde es so weit sein, sein Tod war sicher. „Für dich, Yuu-Chan“, flüsterte er und stach damit einem der Adeligen ins Herz, zog das Schwert zur Seite, womit dieser auseinander geschnitten wurde und zu Staub zerfiel. Damit hatte er aber auch seine eigene Deckung vernachlässigt, doch das war ihm jetzt egal. Nur so war er noch in der Lage, einen letzten dieser fiesen Adeligen mit in den Tod zu reißen. Und schon spürte er einen schrecklichen Schmerz in seinem Rücken, der ihn bewegungsunfähig machte. Das war es nun also gewesen. Er bedauerte nur eins: Dass er Yuu niemals wiedersehen würde. Und dass er ihn nicht mehr beschützen konnte. Er wartete nur noch auf den letzten, tödlichen Schnitt und kniff die Augen zu. „Halt halt, nicht so schnell“, rief da eine Stimme, die Mikaela eiskalte Schauder des Ekels den Rücken hinunterlaufen ließ. „Lasst ihn am Leben.“ „Aber Lord Ferid, er hat Lord Ceris getötet“, protestierte einer der anderen Adeligen, ohne die vielen anderen, niederen Vampire zu erwähnen, die er getötet hatte, als wären die es nicht wert. „Ja, ich habe es gesehen, tja, wie bedauerlich, da kann man nichts machen, was?“, tat Ferid die Sache ab, als wäre das nichts. „Aber der Kleine hier, den brauchen wir noch lebend. Er mag zwar nicht danach aussehen, aber er trägt das Blut unserer ehemaligen Königin in sich. Das brauchen wir noch. Ihr wisst doch, dass sie keine anderen Nachkommen hatte.“ „Was, dieser Abschaum von einem Verräter? Dann sollten wir ihn erst recht...“ „Na, na, so ist er aber doch viel wertvoller, oder viel mehr sein Blut ist es.“ „Nein, i- ich... tötet mich“, brachte Mikaela unter Aufbietung seiner letzten Kräfte hervor. „Oh, mal wieder so erpicht darauf, zu sterben, hm?“, summte Ferid und beugte sich über ihn. „Du faszinierst mich immer wieder. Obwohl du nun schon lange genug ein Vampir bist und wie ich sehe, inzwischen auch ein vollständiger und ich dich ganz gut zu kennen glaube, bist du immer noch so.... anders. Hm, was machen wir jetzt mit dir?“, überlegte Ferid, richtete sich wieder auf und hielt nachdenklich die Hand an sein Kinn. „Ach ja, werft ihn erstmal in unseren Kerker. Ihr wisst schon, in den, aus dem nicht mal adelige Vampire sich befreien können.“ „Nein!“, protestierte Mikaela. „Tötet mich!“, doch die anderen hörten nicht auf ihn. Stattdessen zog der eine das Schwert aus seinem Rücken und steckte stattdessen einen Holzpflock in sein Herz, der ihn endgültig lähmte. Das Bewusstsein verlor er aber nicht, so bekam er mit, wie ihn die Vampire aufhoben und in ihre unterirdische Stadt hineinschleppten. Sie schleppten ihn so weit hinunter und in so dunkle Gänge, dass ihm nichts davon bekannt vorkam. Und es war so dunkel, dass er selbst als Vampir mitunter Schwierigkeiten hatte, etwas zu erkennen. Doch es reichte, dass die anderen, die ihn trugen, keine Anstalten machten, Lampen zu entzünden. In einem dunklen Verlies angekommen, wurde Mikaela in eine feuchte, dreckige Zelle geworfen und mit einer Kette festgebunden, die, wie man ihm versicherte, selbst den stärksten Vampir davon abhielt, zu entkommen. Sie war nämlich aus einer mit Silber gemischten Legierung gefertigt, die auf der Haut brannte und seine Kräfte minderte. Den Holzpflock hatte man gnädigerweise entfernt. Natürlich versuchte Mikaela trotzdem, sich loszureißen, sobald die anderen Vampire ein Stück weit fort waren und er sich etwas erholt hatte. Er versuchte es so sehr, dass seine Handgelenke schmerzten wie Feuer. Aber das war ihm egal. Er hatte vorgehabt zu sterben und nicht auf ewig in einen Kerker eingesperrt zu sein. Was hatte dieser verdammte Ferid nur vor? Lag es wirklich an seinem Blut, dass er ihn behalten wollte? Oder wollte er ihn viel mehr quälen? Vielleicht hatte er aber auch etwas ganz anders vor... Viel später, Mikaela konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, nur, dass sein Blutdurst mittlerweile unerträglich geworden war, öffnete sich die Tür des Raumes, in dem seine Zelle lag. Sofort stieg ihm der Duft menschlichen Blutes in die Nase und er drehte sich, vollkommen von seinem Instinkt geleitet, um. „Hier, vielleicht deine Henkersmahlzeit, wer weiß?“ Mit diesen Worten warf ihm ein Vampir ein kleines Mädchen in die Zelle, das schreiend in die andere Ecke des Raumes rannte und sich dort zusammen kauerte. Das hätte ihr aber auch nichts genützt, denn die Kette, die Mikaela festhielt, war lang genug, um sie trotzdem zu erreichen. Er starrte das Mädchen mit großen Augen an. Auch das noch! Die ganze Situation und dieser Blutdurst, waren schon schlimm genug. Aber das sie ihm jetzt auch noch ein Mädchen in die Zelle setzten. Mikaela schluckte und zwang sich, den Blick abzuwenden. Er schaute zu Boden und schlug hielt seine Fäuste vor die Augen, versuchte, an etwas anderes zu denken, oder einfach an gar nichts. Trotzdem stieg ihm der Duft des Blutes verführerisch in die Nase und wurde beinahe unerträglich. Wie lange würde er noch widerstehen können? Wie lange, bis er sich endgültig in ein Monster verwandelte und ein unschuldiges Mädchen fraß? Wenn er wenigstens die Möglichkeit hätte, sich zu töten! Das wäre immer noch besser gewesen, als diesem Mädchen etwas anzutun. Nach einer Weile begann Mikaela zu zittern. Sein ganzer Körper bebte vor Hunger, vor Verlangen nach Blut. Nur nicht hinsehen, nur nicht hinsehen und nicht dran denken, beschwor er sich selbst. Denk an was Schönes, denk an... Yuu. Bei dem Gedanken und dem Bild, das vor seinem inneren Auge erschien, musste er trotz der schlimmen Situation unwillkürlich lächeln. „Na so was, das Vieh lebt ja noch?“, stellte viel später – es kam Mikaela wie eine Ewigkeit vor – eine fremde Stimme fest. „Und du, hast dich selbst gebissen?“, wunderte der Vampir sich. „Na, na, so was macht man doch nicht!“ Mikaela hob den Kopf und löste seine Zähne aus der Hand, in die er sich gebissen hatte. Nur durch den Schmerz und den Geschmack seines eigenen Blutes, war es ihm möglich gewesen, sich davon abzuhalten, das Mädchen zu beißen. Er würdigte den unbekannten Vampir kaum eines Blickes, schaute wieder zu Boden, während er dahockte und die blonden Locken sein Gesicht fast verdeckten. „Du willst also kein Blut trinken? Willst du sterben, oder was? Nun, vielleicht weißt du es ja noch nicht, aber selbst wenn du es schaffst, der Versuchung zu widerstehen, sterben wirst du trotzdem nicht, du wirst bloß den Verstand verlieren und dich in einen blutrünstigen Dämon verwandeln. Ha, ha! Na ja, mal sehen, wie lange du das aushältst! Das muss ich Lord Arin erzählen!“, amüsierte er sich und verschwand. Mikaela ließ wieder den Kopf auf den Arm sinken, der auf seinen Knien lag und schloss die Augen. „Duuu“, kam auf einmal eine zögerliche, leise Stimme. „Willst du wirklich kein Blut trinken?“, fragte das Mädchen, das sich offenbar ein Herz gefasst hatte. Mikaela blickte überrascht auf und blinzelte. „Nein, aber ich halte es nicht mehr lange aus, also komm mir bloß nicht zu nahe.“ „Komisch, alle Vampire wollen doch Blut trinken... Warum du nicht?“ Er seufzte: „Weil ich niemanden verletzen will. Ich will kein Monster sein.“ „Ah, und was hast du bis jetzt getrunken? Ich dachte, Vampire können nur Blut trinken.“ Der junge Vampir nickte. „Ein guter Freund von mir, hat mir sein Blut gegeben.“ „Ach so. Hm. Schade, dass du nicht auch ohne Blut leben kannst. Du scheinst ganz in Ordnung zu sein, im Gegensatz zu den anderen Monstern.“ Mikaela blickte sie überrascht an. Dann seufzte er. „Nein, täusche dich da nicht, ich bin genauso ein Monster wie die anderen. Ich... wünsche mir nur, es wäre nicht so. A- aber es ist leider unmöglich, ich kann nie wieder ein Mensch sein. Auch wenn... Yuu-chan – mein Freund – gesagt hat, dass es ihm egal ist, dass ich ein Vampir bin. Es ist doch, letztlich nicht egal. Ich komme nicht gegen meine Natur an. Deshalb solltest auch du niemals einem Vampir trauen, egal wie harmlos oder nett er erscheint.“ Daraufhin schwieg das Mädchen nachdenklich. Schließlich meinte sie: „Das tut mir leid, dass du kein Mensch sein kannst.“ Mikaela schaute überrascht auf und lächelte dann. „Ich hoffe, du kommst hier raus.“ „Ja“, sagte sie traurig. Eine Weile schwiegen sie. Mikaela fiel auf, dass es nicht mehr ganz so schlimm war, den Blutdurst zu ertragen, seit er mit ihr gesprochen hatte. War das die Ablenkung, oder lag es daran, dass er sich einfach so an den Hunger gewöhnt hatte, dass er ihn nicht mehr so stark spürte? Eine kleine Ewigkeit schien vergangen, als wieder Bewegung in den Kerker kam und nun ein anderer Vampir eintrat. Er schaute nicht auf, ließ seinen Kopf weiterhin auf dem Arm ruhen, es war ja doch egal, ein Vampir wie der andere! Und er war nicht in der Lage, etwas zu tun. „Du bist also der Vampir, der kein Blut trinken will?“, beugte der Mann sich neugierig hinab, versuchte einen besseren Blick zu bekommen. Mikaela reagierte nicht. „Interessant, hm, mein Freund sagte, du wärst ein ganz Hübscher, aber man kann ja nichts von dir sehen, wenn du dich da so zusammenkauerst. Na, was ist, willst du nicht mit mir sprechen?“ Der Mann wartete einen Augenblick, aber es kam keine Reaktion von dem Gefangenen. „Weißt du, ich kann dich nämlich hier raus bringen, wenn du willst.“ Nun hob er doch den Kopf, blickte den anderen aber nicht an. „Das wird Ferid sowieso nicht zulassen.“ „Ach, was, Ferid, ah, ha! Weißt du, er mag zwar Einfluss haben, aber ich bin auch nicht ganz ohne, also... das ist kein Problem! Lass das mal meine Sorge sein! Die Frage ist doch nur, was du bereit bist dafür zu tun? Und na ja, erst mal, bevor ich überhaupt daran denke, das zu tun, muss ich sehen, ob mein Freund recht hatte! Steh mal auf und zeig dich! So kann man ja gar nichts von dir sehen.“ Was meinte der Vampir nur? Na ja, es war auch egal. Eigentlich hasste Mikaela es, auf die Befehle von Vampiren zu hören, aber wenn dieser ihn hier wirklich rausbringen konnte, dann war das die Gelegenheit, vielleicht doch noch zu sterben. Außerdem würde er dann das Mädchen nicht verletzen. Deshalb stand er auf und trat nach Vorne. Der Vampir, den er dabei nun erblickte, hatte langes, dunkelblaues Haar, rote Augen, wie alle anderen auch, ein hübsches Gesicht und sah aus, als hätte sein menschlicher Alterungsprozess mit ungefähr 30 gestoppt. Dabei trug er eine Art grau glänzenden Anzug, der nur aus einem Teil mit Trägern zu bestehen schien und darunter ein blaues Hemd und machte so einen recht vornehmen Eindruck. Aber Mikaela wusste, bei Vampiren täuschte das immer – nach Außen hin sahen sie meistens ungewöhnlich gut aus, aber Innen waren sie verfaulende Dreckstücke, Monster eben. „Oh, na sieh mal einer an“, klatschte der Vampir die Hände zusammen. „Mein Freund hatte recht, du bist ja ein ganz Hübscher! Zwar etwas verdreckt und ramponiert und ziemlich ausgehungert, aber das kriegen wir schnell wieder hin.“ Mikaela warf ihm einen giftigen Blick zu. „Nein, wie süß, er ist sauer auf mich!“, kicherte er daraufhin. „Also, was willst du?“, ihm schwante schon Übles. „Ach, mach dir darüber erst mal keine Gedanken, das wirst du noch früh genug erfahren. Bis dahin... Nun, ein bisschen wirst du dich schon noch gedulden müssen“, mit diesen Worten wandte er sich um. „Ach ja, und... genieße lieber deinen Snack, du siehst total ausgehungert aus. Wir wollen doch nicht, dass du dich zwischenzeitlich in einen Dämon verwandelst!“ Mikaela wandte den Blick ab. Das würde er sicher nicht tun. Einige Zeit später hatten ihn einige andere Vampire gepackt und in einen anderen Teil der unterirdischen Stadt geschleppt. Mikaela war mittlerweile so stark geschwächt, dass er sich kaum bewegen, geschweige denn, wehren, konnte. Dort wurde er in einen großen, elegant, aber altmodisch eingerichteten Raum geworfen, zu Füßen des blauhaarigen Vampirs. „Da ist er, Lord Arin“, kommentierte einer der Vampire, die ihn hergebracht hatten, damit verschwanden sie und ließen Mikaela mit ihm allein. „Oh, du siehst ja vollkommen zerstört aus? Sag bloß, du hast nichts getrunken? Nein? Wah,... was für eine Selbstbeherrschung. Ich bewundere das ja, aber das geht doch nun wirklich zu weit. Du musst was trinken, du kannst dich ja kaum noch bewegen.“ „Das ist egal“, richtete sich Mikaela langsam wieder auf und kam dann auf unsicheren Füßen zum Stehen. Es sah aus, als würde er jeden Moment umkippen, aber sich um keinen Preis etwas anmerken lassen wollen. Das gelang aber nicht besonders gut. „Ach, wirklich? Na ja, mir ist es aber nicht egal. Weißt du was, ich hab da was für dich!“, rief der Vampir. Mit diesem Worten ging er durch eine offene Tür und holte irgendetwas. Was es war, wurde Mikaela einen Augenblick später gewahr, als ihm der Duft frischen Blutes in die Nase stieg. Er richtete seinen Blick auf das Glas, wie hypnotisiert. Ehe ihm bewusst wurde, was er da tat, oder auch nur an Widerstand denken zu können, hatte er das Glas schon an sich gerissen und in einem Zug geleert. Als er fertig war und auf das leere Glas in seinen Händen starrte, kam er wieder zu sich. Oh, nein! Wie hatte ihm das nur passieren können? „So ist's gut!“, tätschelte ihm Lord Arin auf den Kopf, oder versuchte es zumindest, da Mikaela im letzten Moment auswich. „Oh, du kannst dich wieder bewegen. Gut, dann geh jetzt ins Bad, wasch dir den Schmutz ab und zieh die Sachen an, die ich für dich hingelegt habe. Mikaela warf ihm einen bösen Blick zu. Die ganze Sache hier gefiel ihm nicht. Aber er beschloss, dass es besser war, erst mal das zu tun, was der Andere sagte, bis er eine Gelegenheit fand, sich zu töten, oder irgendwie zu entkommen. Außerdem war ja nichts schlimmes dabei, sich zu waschen und neue Klamotten anzuziehen. Fand er jedenfalls, bis er die Kleidung nach seinem Bad genauer unter die Lupe nehmen konnte und feststellte, das die doch sehr ausgefallen war. Oder besser gesagt, mehr frei ließ, als bedeckte. Mikaela starrte den Fetzen, wie er ihn insgeheim nannte, böse an. Da war ihm seine Vampiruniform doch lieber, auch wenn die mittlerweile einige Löcher hatte und ziemlich verdreckt war, bedeckte sie doch mehr, als dieses, man konnte es wohl kaum Kleidungsstück nennen, Teil. Hatte er bis jetzt noch Hoffnung gehabt, dass er sich täuschte, wurde ihm nun vollkommen klar, was das hier werden sollte. Und es gefiel ihm überhaupt nicht. „Na, gefällt es dir nicht?“, grinste Lord Arin, der plötzlich hinter ihm aufgetaucht war und Mikaelas nackte Rückseite von oben bis unten musterte. Der junge Vampir gab sich unbeeindruckt und warf Arin wieder nur einen bösen Blick zu, aber innerlich wurde ihm ganz übel. Dann wandte er sich wieder um und griff demonstrativ zu seiner Vampiruniform, zog sich diese über. „Also, wenn das so ist, ich hab auch noch was anderes. Bevor du noch diesen verdreckten Fetzen anziehst, schau doch mal in den Schrank!“, forderte Arin ihn auf. Mikaela blickte überrascht zu ihm hin. Der wollte ihn gewähren lassen, obwohl er nicht gehorcht hatte? Wahrscheinlich war hier irgendetwas faul. Bestimmt hingen in diesem Schrank nur solche Klamotten. Trotzdem ging er hin und sah nach. Währenddessen bemerkte er, dass Arin das Bad glücklicherweise wieder verließ. Überraschenderweise fand er etwas Ordentliches zum Anziehen: Eine weiße Hose und ein blaues Hemd, die beide etwas zu groß waren, aber die Hose zog er mit einem schwarzen Gürtel fest und steckte das Hemd in die Hose, so ging es. Dabei fiel sein Blick in den Spiegel und er starrte das Gesicht an, das ihm so fremd geworden war. Dieses Gesicht eines scheußlichen Vampirs mit roten Augen und aus dem leicht geöffneten Mund herauslugenden Fangzähnen. Dazu die Haare, die ihm wirr ins Gesicht fielen und nur den Vorteil hatten, dass sie seine hässlichen, spitzen Ohren verdeckten. Yuu-chan, was hast du nur in mir gesehen, dass du mich so akzeptiert hast, wie ich bin?, dachte er mit einem traurigen Lächeln in den Spiegel. Das du mich so magst wie ich bin, obwohl ich jetzt nur noch ein hässlicher Vampir bin. Das kommt mir immer noch vor wie ein Wunder. Mikaela schloss die Augen und dachte an Yuu. Dann atmete er tief ein, wappnete sich innerlich gegen das Kommende und wandte sich um. Nur damit ihn im nächsten Moment der Blutdurst erneut mit voller Wucht traf und er erstarrte. Er hatte eben nur ein Glas getrunken, dabei war er am Verdursten gewesen. Und jetzt, wo er sich wieder ein wenig erholt hatte, schien der Durst nur um so stärker geworden zu sein. Nein, er schüttelte den Kopf. Nicht dran denken, nur nicht dran denken. Er raffte sich zusammen und machte einen Schritt, aber im nächsten Moment schwankte er. Irgendwie kam er zur Tür und lehnte sich dagegen. Ich darf keine Schwäche zeigen, sagte er sich. Mit diesem Gedanken atmete er tief durch und versuchte sich zu sammeln. Dann drückte er die Türklinke hinunter und trat hinaus. „Oh, hübsch“, stellte Lord Arin fest, der dort auf dem roten Sofa saß und irgendwie gelangweilt wirkte. „Ein bisschen groß, aber trotzdem niedlich. Hm, wie alt bist du wohl? Noch nicht so alt, oder? Auch wenn man das bei unsereins nie so genau sagen kann, aber du machst einfach nicht den Eindruck, als hättest du schon viel gesehen. Du wirkst so.... frisch. Hahaha“, schlug er sich auf die Oberschenkel. „Und unerfahren..., unschuldig, willst das Vieh nicht verletzen..., du bist noch nicht über deine Menschlichkeit hinweg.“ Jetzt hatte er einen nachdenklichen Blick und musterte Mikaela. „Auf welchen Gebieten du wohl noch unschuldig bist? Wollen wir es herausfinden?“ Mikaela erstarrte zur Salzsäule. Kapitel 5: ----------- „Ich fasse es nicht, dass wir nun wegen diesem dämlichen Vampir direkt in die Hohle des Löwen unterwegs sind, um seinen Arsch zu retten. Noch dazu, wo er offenbar gar nicht gerettet werden will“, ärgerte sich Kimizuki. „Was sagst du da?“, regte sich Yuichiro auf, ließ seine Tasche fallen und stürzte sich fast auf Kimizuki. „Nimm das sofort zurück, du verblödeter Telefonmast, sonst gibt’s Ärger!“, drohte er ihm mit der Faust. „Was denn, ich sage doch nur die Wahrheit.“ „Das ist doch...“, Yuichiro wollte schon wirklich auf seinen Kameraden losgehen, als Mitsuba dazwischen trat. „Jetzt ist aber mal Schluss! Es reicht! Die ganze Zeit seit ihr euch schon am Streiten. Du, Kimizuki, hör endlich auf, Yuu zu reizen. Und du, Yuu, lass dich nicht immer darauf ein! Du weißt doch, dass es Kimizuki nicht so meint. Sonst wäre er ja wohl kaum mit uns hier auf der Suche nach Mika.“ Kimizuki wollte schon protestieren, verkniff sich aber den Kommentar und murmelte nur irgendetwas vor sich hin. „Ja, ja, ist ja gut“, erwiderte Yuichiro. „Ich höre nicht mehr auf das, was der Telefonmast sagt. Wir sollten uns eh lieber beeilen, dass wir Mika finden.“ „Na endlich!“, meinte Mitsuba erleichtert. Auch Yoichi war froh, dass die beiden aufhörten zu streiten, da er nicht gewusste hätte, wie er sie davon abhalten sollte. „Wo bleibt ihr denn?“, rief Shinoa zurück, die schon ein ganzes Stück weiter gelaufen war und den Streit ignoriert hatte. Die anderen beeilten sich, aufzuholen. „Bist du dir auch sicher, dass Mika zu den Vampiren zurück gegangen ist?“, wollte Yuichiro wissen, als er sie eingeholt hatte. „Ziemlich. Ich meine, wo sollte er sonst auch hin? Immerhin...“, hob sie belehrend den Zeigefinger, „weigert er sich, von einem anderen Menschen, außer dir, Blut zu trinken. Das bedeutet, er kann nur an das Blut kommen, dass die anderen Vampire den Menschen in der Vampirstadt abzapfen. Außerdem, was sollte er sonst ganz alleine da draußen machen?“ „Ja, wo du das so sagst, klingt es irgendwie logisch. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, warum Mika stattdessen Blut trinken sollte, das die anderen Vampire abgezapft haben. Auch wenn er dann nicht selbst zubeißen muss, eigentlich kommt es doch auf dasselbe hinaus. Genauer gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, warum er überhaupt zu denen zurück will, er hasst doch die anderen Vampire. Und die sehen ihn wahrscheinlich auch als Verräter.“ „Tja, du hast recht. Ich habe dir aber auch noch nicht meine ganze Vermutung erzählt“, bekam Shinoa einen traurigen Blick. „Höh, was?“, warf ihr Yuichiro einen verwunderten Blick zu. „Ja, also, tut mir leid, aber ich wollte dich nicht beunruhigen. Doch ich fürchte, ich muss es dir jetzt sagen, immerhin sind wir bald da. Mika ist wahrscheinlich dort hingegangen, weil es die einzige Möglichkeit für ihn ist, zu sterben.“ „Waaas? Wieso sagst du das?“, rief Yuichiro entsetzt. „Na ja, du kennst ihn doch. Er hasst es ein Vampir zu sein, will Menschen kein Blut aussaugen und ist so ein Sturkopf, dass er lieber sterben würde, als so weiter zu leben. Er denkt doch von sich, er sei ein Monster und ist eigentlich nur wegen dir am Leben geblieben, ist es nicht so, Yuu?“ „Oh, uh! Jetzt wo du es sagst...“, ging es Yuichiro auf und er blickte betroffen zu Boden. Einen Augenblick später richtete er sich wieder auf und fragte laut: „Worauf warten wir dann noch? Was trödeln wir hier so herum? Wir müssen uns beeilen, bevor die anderen Vampire Mika noch umbringen!“, damit rannte er los. „Waaas?“, rief Kimizuki empört, lief aber trotzdem den anderen hinterher. Mikaela erstarrte zur Salzsäule. Lord Arin stand auf und kam auf ihn zu. „Du musst immer noch hungrig sein. Du wirkst schwach. War ja auch nur ein Glas. Ich hab noch mehr für dich, wenn du willst.“ Dabei strich er ihm beruhigend über den Arm. Jedoch fand Mikaela das eher ekelhaft und wich zurück. „Nein! Ich brauche nichts“, erwiderte er mit einem abwehrenden Blick. „Oh, wirklich?“, sagte Arin verwundert. „Willst du sterben? Aber du weißt doch, dass das nicht funktioniert.“ Mikaela reagierte nicht. „Na na, das wäre aber doch... zu schade. Oder ist es.... bloß, dass du kein menschliches Blut trinken willst, weil du das Vieh nicht verletzen willst?“ Mikaela reagierte nicht, aber Arin sah es in seinen Augen und der Körpersprache, dass er recht hatte. „Wenn es das ist....“, meinte er und ging kurz, um etwas zu holen. Als er wieder vor ihm stand, blickte er nicht auf, bis er einen bekannten Geruch wahrnahm, der aber irgendwie anders war. Er konnte nicht anders, als aufzuschauen und zu sehen, wie Arins Blut aus seinem Handgelenk lief, wo er sich geschnitten hatte. Mikaela konnte den Blick nicht abwenden und schluckte. Das Blut roch nicht so gut wie menschliches, irgendwie abgestanden, aber in seinem jetzigen Zustand, wie das köstlichste auf der Welt. „Hier, du kannst mein Blut trinken. Ich erlaube es dir“, lächelte Arin gönnerhaft. Mit dem letzten Bisschen Selbstbeherrschung, das er besaß, wandte Mikaela den Blick ab und starrte zu Boden „Willst du nicht?“ Arin kam ihm näher und er wollte zurückweichen, doch auf einmal hatte er das Blut direkt vor seiner Nase und der andere Arm des Vampirs hielt ihn fest. Es war kein Griff, den er nicht hätte abschütteln können, doch das Blut... Es war einfach zu viel. Er konnte nicht mehr. Und bevor er überhaupt wusste, was er da tat, hatte er seine Zähne in das Handgelenk des Vampirs gerammt. Es war schwieriger als bei einem Menschen und die Wunde hatte sich schon fast wieder geschlossen, aber es ging. Mikaela saugte gierig an dem Blut und bekam nicht mit, wie ihm Arin gönnerhaft über die Haare streichelte. „So ist' s gut. Jetzt gehörst du mir.“ „So, und was nun?“, wollte Kimizuki wissen, als sie der Vampirstadt gefährlich nahe gekommen waren und alle hinter einer Mauer standen und darüber lugten. Eigentlich fragte er sich das schon die ganze Zeit. „Wir können da unmöglich rein, das wäre Selbstmord. Eine ganze Armee würde das nicht schaffen.“ „Ich weiß. Aber es geht um Mika“, erwiderte Yuichiro und zog sein Schwert. „Nein, Yuu, du willst doch nicht schon wieder...?“, rief Shinoa entsetzt. „Wie denn sonst? Kimizuki hat schon recht, wir sind nicht stark genug, das sehe selbst ich ein und ich gebe nicht so leicht auf, wie ihr wisst.“ „Aber wenn du den Salzkönig wieder hervorholst, wirst du vielleicht nie mehr zurückkommen. Schon beim letzten Mal, wärst du fast...“ „Wie soll ich Mika denn sonst retten?“ „Mika will doch gar nicht gerettet werden, hast du mal daran gedacht?“, protestierte Kimizuki. „Er ist doch selbst abgehauen. Das du jetzt dafür unser aller Leben aufs Spiel setzen willst, ist völlig sinnlos.“ „Du hast Recht, ich werde alleine gehen. Aber ich werde Mika nicht im Stich lassen. Mag sein, dass er gegangen ist, weil er sterben wollte, aber das wollte er doch nur, weil er verzweifelt ist und nicht wusste, was er tun sollte. Weil er nicht an sich und seine Stärke geglaubt hat. Doch ich tue das und ich weiß, wenn ich Mika helfe, dann wird er auch leben wollen. Ich muss das tun und wenn ich dabei draufgehe“, erklärte er entschlossen. Mika wusste nicht, was mit ihm los war. Nachdem er sich an dem Vampirblut sattgetrunken hatte und wieder zur Besinnung gekommen war, fühlte er sich so... benommen, und schwach, gar nicht gestärkt, wie es eigentlich hätte der Fall sein müssen. Natürlich, Vampirblut reicht mir wohl nicht mehr, nachdem ich ein vollständiger Vampir geworden bin. Eigentlich hat es schon vorher nicht gereicht. Während Mika seinen Gedanken nachhing und benommen zu Boden schaute, war Arin aus dem Raum gegangen. Der Kleine hat mich doch tatsächlich so leergesaugt, dass ich was nachtanken muss“, stellte Arin fest und griff sich seinen Blutvorrat. Muss wohl früher für Nachschub sorgen. Nachdem er sich sattgetrunken hatte, kam er wieder zu Mikaela zurück und betrachtete ihn zufrieden, vielleicht so, wie ein Mensch sein Haustier anschauen würde. Denn so etwas in der Art war der junge Vampir nun für ihn. Nur, dass er noch einen viel besseren Zweck als ein Haustier erfüllen konnte. Lächelnd ging er auf Mikaela zu. Er streckte eine Hand aus und legte sie auf seine Wange und den Daumen unter das Kinn, um sein Gesicht zu sich hochzuziehen. „So, und nun ist es Zeit für meine Gegenleistung.“ „Nein“, erwiderte Mikaela und blickte Arin böse, aber mit verschwommenen Augen, an. „I - ich will sowieso nicht... leben, also kannst du mir nicht drohen“, stotterte er leicht. Irgendwie konnte er die Worte nicht mehr ganz so formulieren, wie er wollte. „Doch, du wirst. Weißt du, es ist nämlich so“, legte Arin einen Arm um seine Schulter. „wie ich gehört habe, hast du dich eine ganze Weile vom Vampirblut unserer ehemaligen Königin, Krul Tepes, ernährt. Und du dachtest wohl, du könntest dich auch jetzt noch von anderem Vampirblut ernähren, aber ich muss dich enttäuschen: Sobald du erst mal ein vollständiger Vampir bist, empfiehlt es sich nicht besonders, das zu tun. Und weißt du auch, warum?“ „Ich nehme an, du wirst es mir gleich verraten.“ „Ja, da hast du recht – abgesehen davon, dass du dich schwach fühlst, ist der eigentlich schlimme Nebeneffekt, je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet, natürlich, dass man sich dem Vampir, dessen Blut man getrunken hat, nicht mehr widersetzen kann. Und damit meine ich nicht deine körperliche Schwäche, sondern auch, dass du nicht anderes kannst, als mir zu gehorchen.“ Mikaela wollte protestieren, wollte sagen, wie lächerlich das war. Jedoch, ehe er dazu kam, hatte Arin blitzschnell den Mund auf seine Lippen gepresst. Er riss vor Schreck die Augen auf und hob die Arme, um den Vampir von sich zu schieben, aber es war, als würde ein Kleinkind versuchen, einen Erwachsenen wegzuschieben. Tatsache war, dass Mikaela sich kaum noch bewegen konnte. Diese Lippen auf seinen – es war so ekelhaft, es sollte aufhören, warum nur, war er so schwach? Warum, warum konnte er niemals in seinem Leben stark genug sein? Erst hatten ihn seine eigenen Eltern verstoßen, weil er so ein Schwächling war, dann hatte er seine Familie aus dem Waisenhaus nicht beschützen können, später konnte er sich der Vampirkönigin nicht widersetzen und vor Kurzem hatte er sich nicht genug unter Kontrolle gehabt, um Yuu nicht zu verletzen und jetzt musste er das hier ertragen. Er war so wütend auf sich selbst, dass er niemals stark genug sein konnte, obwohl er sich so sehr anstrengte. Und auch jetzt – so sehr er es auch versuchte – er hatte keine Kraft mehr und selbst sein Geist schien umnebelt. Er konnte kaum klar denken. Alles verschwamm zu einem seltsamen Brei. Das nächste, was er wusste, war, wie er auf Arins Bett lag und dieser ihn halb ausgezogen hatte. Nein! Das dürfte nicht sein! Mikaela richtete sich auf, wollte den anderen Vampir wegstoßen und fortrennen. Doch dieser war so schnell, dass er dessen Bewegungen kaum mitbekam, geschweige denn, abwehren konnte. Er wurde einfach wieder auf die Matratze gedrückt. Als Arin ihm auch noch die Hose runterzog, gab ihm die Panik kurz noch die Kraft, doch noch vom Bett zu springen und zur Tür zu hetzen. „Nein, nein, mein Kätzchen, meine kleine Wildkatze, du bleibst hier!“, befand Arin und zerrte ihn wieder ins Bett zurück. „Du bist ja widerspenstiger als all meine anderen Spielzeuge bisher. Eigentlich müsstest du inzwischen völlig willenlos unter mir liegen. Aber irgendwie gefällt mir das. Das ist nicht so langweilig. Trotzdem, für diese Sache muss ich dich dann wohl anbinden. Sonst läufst du mir noch die ganze Zeit davon und ich habe keine Lust auf fangen spielen.“ Mit diesen Worten holte er eine Kette unter dem Bett hervor und legte die Fesseln um seine Handgelenke. Mikaela warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wag es nicht!“ „Was sonst? Was willst du denn tun?“, lachte Arin. „Du kannst dich ja kaum bewegen. Aber keine Sorge, es ist gar nicht so schlimm. Vielleicht gefällt es dir ja sogar, ha, ha!“ Nun zog ihm der Vampir die Hose endgültig herunter und packte seine Beine. „Hm, lecker“, musterte er ihn von oben bis unten und leckte sich über die Lippen. „Du bist ja noch schöner, als ich erwartet hatte. So einen wie dich hatte ich echt noch nicht.“ Mika begann zu zittern, als Arin ihm zwischen die Beine fasste. Yuu-chan, bitte... es tut mir leid, dachte er und kniff die Augen zusammen. Inzwischen konnte er sich gar nicht mehr bewegen, selbst wenn die Fesseln nicht da gewesen wären. Er konnte nur versuchen, das, was der Vampir mit ihn tat, auszublenden, stattdessen an Yuu zu denken. Aber das funktionierte nicht wirklich. Es fühlte sich so schrecklich und abscheulich an, wie Arin ihn anfasste. Jedoch war das noch nicht das Schlimmste. Mikaela riss die Augen wieder auf, als er dessen Finger in seinem Hintern spürte. „Huh, du bist so eng, muss wohl erst mal dafür sorgen, dass ich da überhaupt reinkomme.“ Mikaela wollte sich dem entziehen und den Vampir verfluchen, ihm sagen, dass er ihn verdammt noch mal umbringen würde, sollte er jemals hier weg kommen. Aber er brachte nicht mal ein Wort über die Lippen. Das Vampirblut hatte ihn so gelähmt, dass es ihm sogar schwer fiel, bei Bewusstsein zu bleiben. Aber vielleicht war das auch gut so, denn sonst hätte es sicher viel mehr weh getan, als Arin plötzlich in ihn eindrang. Mikaela verkrampfte sich total und hielt die Luft an. Das passierte nicht wirklich, oder? Das war nur ein schrecklicher Alptraum. Es musste so sein, denn so was passierte immer nur in Geschichten, oder höchstens anderen, von denen man hörte, aber nie einem selbst. Und schon gar nicht einem Jungen, wie ihm, für den sich sowieso niemand interessierte. Für andere war er immer unsichtbar gewesen. Er hätte nie gedacht, dass ihm so etwas mal passieren könnte. Das jemand überhaupt auf die Idee kommen würde, oder wenn, er denjenigen vorher umbringen würde. Oder sich selbst, wenn es gar nicht anders ging. Aber jetzt war er nicht mal dazu in der Lage. Yuu-chan, es tut so weh... ich hab solche Angst. B-bitte... hilf mir! Bis zu diesem Zeitpunkt hätte er sich auch niemals träumen lassen, dass er sich einmal wünschen würde, von Yuu gerettet zu werden, war doch er selbst derjenige, der dafür zuständig war, auf seine Familie aufzupassen. Er sollte nicht mal daran denken, ihn um Hilfe zu bitten und damit in Gefahr zu bringen. Schließlich war sein Leben nichts wert, war er doch nur ein scheußlicher Vampir. Aber in diesem Moment fühlte er sich so hilflos und voll panischer Angst, dass alles andere an Bedeutung verlor. Er wollte nur noch, dass es aufhörte, wollte nicht mehr spüren müssen, wie Arin ihn immer weiter quälte, immer wieder schmerzhaft in ihn stieß und währenddessen mit seinen Fangzähnen die Haut aufritzte. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis es vorbei war und der Vampir genug von ihm hatte. Und dann noch einmal eine Ewigkeit, die er bewegungsunfähig und völlig nackt da lag, aber jetzt wenigstens alleine. Wäre er ein Mensch gewesen, hätte er sicherlich fürchterlich gefroren. Irgendwann begann die Taubheit von ihm abzufallen und er setzte sich langsam auf. Dann versuchte er, die Kette abzureißen, versuchte es so sehr, bis seine Handgelenke zu bluten begannen. Aber er war einfach noch nicht stark genug. Oder es war wieder so eine mit Silber versetzte Kette. Nein, dieses brennende Gefühl auf der Haut fehlte. Wenn er sich wieder still hinlegen und so tun würde, als wäre er noch total benommen, bis er sich erholt hatte, vielleicht konnte er dann entkommen, bevor Arin merkte, was geschah? Aber, wenn er zu lange wartete, würde er wieder menschliches Blut brauchen, um stark genug zu sein. Vielleicht würde er ohne dieses überhaupt zu schwach bleiben. Trotzdem, das war erstmal die einzige Möglichkeit, die er hatte. Eine Weile später kam Arin auch zurück, lächelte offensichtlich gut gelaunt auf ihn hinab und meinte: „Hier, ich hab was zum Anziehen für dich. Ich weiß, es wird dir wahrscheinlich nicht gefallen, aber es wird dir stehen“, grinste er. „Oh, und natürlich, damit du dich auch Anziehen kannst, mache ich dich los. Aber versuche nicht zu entkommen. Dann müsste ich dich bestrafen. Das willst du doch nicht, oder? Du bist ohnehin viel zu schwach.“ Damit holte er die Schlüssel zu den Fesseln hervor und öffnete sie. Mikaela richtete sich langsam auf und bebte dabei vor Angst. Er betrachtete scheinbar teilnahmslos das „Kleidungsstück“, ein halb durchsichtiges, hellblaues Teil. In Wirklichkeit überlegte er jedoch, wie er entkommen könnte. „Nah, worauf wartest du? Gefällt es dir nicht? Ich meine, ich hätte ja nichts dagegen, wenn du weiter nackt rumläufst, aber ich dachte mir, es wäre nett von mir, dir diesen Gefallen zu tun. Findest du nicht?“ Mikaela richtete den Blick zu Boden. „I- ich..., b-bitte...“, stotterte er, am ganzen Körper zitternd. „Ja....?“ „I- ich t-tu alles, w-was du willst, aber bitte... g-gib mir... Blut. R-richtiges Blut.“ Arin grinste. Er wusste, jetzt hatte er gewonnen. „Ach, was, jetzt doch? Na gut, aber dafür musst du mir erst mal beweisen, dass du es ernst meinst. Nicht, dass du mich austricksen willst und mich anfällst, wenn du das Blut erst mal getrunken hast.“ „N-nein, bestimmt nicht!“, flehte Mika und sah ihn mit großen, bittenden Augen an. Er wirkte auf einmal wirklich wie das kleine, verängstigte Kätzchen, das Arin in ihm sah. Oder wie ein Häufchen Elend. „W-was soll ich tun?“ „Hm, mal sehen... Ich will nicht gleich zu viel verlangen, du siehst ja völlig fertig aus... Bin ja kein Unmensch – aber halt, bin ich ja doch!“, lachte Arin über seinen schlappen Witz. „Wie wäre es dann mit einem Kuss! Aber einen richtigen. Keinen kurzen, schüchternen. Kriegst du das hin?“ Mikaela nickte. Er näherte sich Arin, zögerte aber dann. „Wenn du mich so anstarrst, dann kann ich das nicht. K- kannst du nicht vielleicht...?“ „Du meinst, ich soll die Augen schließen? Na, meinetwegen...“, stimmte Arin zu, da er davon ausging, Mika eh schon gebrochen zu haben und dieser ohne Blut außerdem zu schwach war. Er konnte schon den Atem des jungen Vampirs auf seinem Gesicht spüren, als er auf einmal einen stechenden Schmerz in seinem Hals spürte, entsetzt die Augen aufriss und feststellte, dass Mikaela seine Fingernägel, die bei einem Vampir natürlich hart und scharf wie Messer waren, in seinen Hals gerammt hatte. Und zwar direkt durch die Halsschlagader, so dass massenweise Blut herausspritzte. „Weißt du, ich habe es mir anders überlegt“, erklärte Mikaela und schnitt ihm mit dem Messer, das Arin vorhin in das Schränkchen neben dem Bett gelegt hatte, nachdem er sich selbst geschnitten hatte, um ihn zu „füttern“, die Kehle durch. So weit, das selbst ein Vampir nicht mehr regenerieren konnte. Dabei blickte er Arin so hasserfüllt an, das jeder, der ihn so gesehen hätte, ohne das Vorgeschehen zu kennen, ihn für das Monster gehalten hätte. Er zog das Messer immer tiefer durch, bis es vorbei war und Arin zu Staub zerfiel. Dann hastete er, seine letzten Kräfte zusammen nehmend, ins Zimmer nebenan und plünderte Arins Blutvorrat, trank soviel, wie er brauchte, um sich wieder stark genug zu fühlen, und steckte den Rest ein. Er hatte zwar eine Hemmung, Menschen direkt das Blut auszusaugen, aber dieses war ihnen ohnehin schon verloren. Außerdem hatte er es sich anders überlegt. Nachdem, was ihm gerade passiert war, wollte er nicht so sterben. Nicht hier. Er hatte die ganze Zeit nur an Yuichiro gedacht. Er wusste nun, dass er bei ihm sein wollte, dass es ein Fehler gewesen war, zu gehen. Auch, wenn er nicht mit ihm zusammen sein konnte, weil seine Blutgier zu stark war, wollte er zumindest bei ihm sein und ihm helfen, ihn beschützen. Wenn nötig, aus der Ferne. Hauptsache er müsste nie wieder ohne ihn sein. Bitte verzeih mir, Yuu-chan, ich hab dich im Stich gelassen. Das war ein schwerer Fehler, für den ich bezahlt habe... Mit diesem Gedanken zog er seine ramponierte Vampiruniform an und verließ den Raum. Kapitel 6: ----------- „Nein, Yuu, tu das nicht!“, rief Shinoa und hängte sich an Yuichiros Arm, um ihn daran zu hindern, sich das Schwert ins Herz zu stoßen. Denn nur, indem er starb, konnte er dafür sorgen, dass der Salzkönig aktiv wurde. „Das ist nicht richtig, wir finden einen anderen Weg!“, beschwor sie ihn. „Nein, Shinoa, du weißt, dass es keinen anderen Weg gibt. Lass mich los, ich muss das tun!“, versuchte er, seine kleine Freundin abzuschütteln. Aber die war ganz schön hartnäckig. Trotzdem gelang es ihm schließlich. Da standen aber schon seine anderen Freunde bereit und stürzten sich auf ihn, um ihn festzuhalten. Kimizuki schlug ihm schließlich das Schwert aus der Hand. „Nein, lasst mich los!“, schrie Yuichiro und zappelte. „Was ist hier los?“, wollte plötzlich eine Stimme aus dem Hintergrund wissen. „Was? Du gottverdammter Vampir! Jetzt hast du allen Ernstes den Nerv, hier aufzutauchen!“, schimpfte Kimizuki, als er Mikaela erblickte. „Mika, du lebst!“, rief Yuichiro erleichtert und glücklich. „Was wollen diese Menschen von dir?“ Auf einmal waren es wieder Menschen und nicht mehr seine Freunde. Wahrscheinlich vermutete er, dass sie Yuichiro etwas getan hatten, nachdem er so geschrien hatte. „Ach, wir wollten ihn nur von einer Dummheit abhalten – nämlich sich wegen dir das Schwert ins Herz zu rammen und den Salzkönig herauszuholen“, erklärte Shinoa und ein leichter Vorwurf schwang in ihrer Stimme mit. „Oh, nein, Yuu-chan. Bist du verletzt?“, schaute er ihn entsetzt an. „Nein, mir geht' s gut“, erwiderte der etwas verlegen, stürzte sich dann förmlich auf Mikaela und zog ihn in eine so feste Umarmung, dass man meinen könnte, er hätte Angst, dieser würde gleich wieder verschwinden. „Ich bin so froh, dass du lebst. Ich dachte schon, ich sehe dich nie wieder“, weinte er an seiner Schulter. „Sch- schon gut“, erwiderte dieser schuldbewusst. „E-es tut mir leid. Ich hätte dich nicht im Stich lassen dürfen. Das war ein Fehler.“ „Da hast du verdammt noch mal recht! Was hast du dir nur dabei gedacht? Wolltest du dich wirklich umbringen, wie Shinoa vermutet hat?“, löste er sich aus der Umarmung und schaute ihn skeptisch an. Mikaela senkte schuldbewusst den Blick. „Es tut mir leid“, wiederholte er. „Das ist wohl nicht dein Ernst! Warum?“, nahm ihn Yuichiro bei den Schultern und schüttelte ihn. „W-weil ich doch... ich kann doch sowieso nicht mit dir zusammen sein. Und ohne dich... als Monster weiter zu leben... das wollte ich nicht.“ „Was, wieso kannst du nicht mit mir zusammen sein?“ „Das weißt du doch. Ich würde dich doch früher oder später verletzen, vielleicht sogar...“, Mikaela schüttelte sich, „ich möchte nicht mal daran denken, was passieren könnte, sollte ich noch einmal die Kontrolle verlieren.“ „Also, ich dachte, das hätten wir schon geklärt. Dass ich dir vertraue und du dir selbst auch mehr zutrauen solltest. Und dass wir trotzdem zusammen sein wollen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dir das nicht zutraust und bist einfach abgehauen? Warum hast du wieder alles alleine auf deine Schultern genommen?“ Tränen standen in Yuichiros Augen. „Yuu-chan...“ „Nein, hör auf mit deinem Yuu-chan! Sag mir endlich, was das sollte!“ „D- du hast recht, ich hätte es dir sagen sollen, das ist mir jetzt klar geworden. Es tut mir leid.“ Mikaela spürte auf einmal einen so großen Schmerz im Herzen, bei dem Gedanken, dass Yuu ihm vielleicht nicht verzeihen würde, dass ihm ganz Übel wurde. Auf einmal standen ihm Tränen in den Augen. Dabei hatte er nicht mal geweint, als dieser ekelhafte Vampir ihn.... Yuichiro blickte enttäuscht zu Boden. „Weißt du, ich bin echt sauer auf dich, dass du so einfach abgehauen bist.“ Mikaela blickte entsetzt zu Boden. Das war es dann wohl. Er hatte endgültig alles kaputt gemacht. Aber er sollte nicht überrascht sein, er hatte es nicht anders verdient. Nur, warum tat es dann trotzdem so weh, als hätte er es nicht ahnen können? „Aber ich.... liebe dich viel zu sehr, um dir nicht zu verzeihen“, fuhr Yuu fort. „Bitte versprich mir nur, dass du nie wieder so einfach abhaust, ohne mit mir zu reden!“ Mikaela blickte überrascht und erleichtert auf und fühlte sich, als würde ihm ein Stein vom Herzen fallen. Er konnte es fast noch nicht glauben und nickte. „Ich verspreche es.“ „Dann ist ja alles gut“, lächelte Yuichiro auf einmal wieder sein strahlendes Lächeln, mit dem er es immer wieder schaffte, den Vampir ebenfalls zum Lächeln zu bringen, sogar jetzt, während ihm gleichzeitig Tränen aus den Augen liefen. „Also, ich stör euch ja nur ungern – ach was sag ich, es ist mir scheißegal – aber wir sollten hier wirklich weg, bevor die Vampire uns noch entdecken“, warf Kimizuki ein. Die anderen stimmten ihm zu und machten sich schleunigst wieder zurück auf den Weg. Als sie nach einer Weile wieder in halbwegs „sicheren“ Gebiet waren, kam Yuichiro an Mikaelas Seite und nahm dessen Hand. Der Vampir blickte überrascht auf. „Willst du wirklich nicht mit mir zusammen sein? Weißt du, ich bin mir sicher, wir kriegen das hin. Und weißt du was?“, blickte er entschlossen auf. „selbst wenn wir es nicht schaffen, oder du mich verletzt, oder ich dich... ich finde, es ist das Risiko wert. Ich möchte es gar nicht anders. Denn ohne dich, möchte ich gar nicht mehr leben“, bei diesen Worten drückte er seine Hand fester. „Deshalb lass uns zusammen leben, auch wenn es noch so gefährlich ist.“ Mikaela blickte Yuichiro überrascht an. Nicht nur wegen dessen Worten, sondern auch, weil er sich fragte, wann sein Yuu-chan so erwachsen geworden war. „Und wie du weißt, ist Gefahr mein zweiter Vorname“, fügte dieser mit einem Grinsen hinzu. Er konnte also doch nicht so ernst sein, stellte Mikaela fest und musste ebenfalls ein wenig grinsen. Dann stimmte er ihm zu, woraufhin er in eine so feste Umarmung geschlossen wurde, dass einem Menschen wohl die Luft weggeblieben wäre. „Ich liebe dich, Mika“, sagte er dann einfach so an sein Ohr wie das Selbstverständlichste der Welt und das war ihm überraschenderweise kein bisschen peinlich. „Ich liebe dich auch, Yuu-chan“, erwiderte er. „Also, was wird das denn hier? Fangt ihr jetzt noch an rumzuknutschen?“, warf Kimizuki ein. Die beiden lösten sich abrupt und verlegen voneinander. Ihnen war gar nicht aufgefallen, dass die ganze Gruppe mittlerweile um sie herum stand und sie musterte. Yoichi und Mitsuba mit hochrotem Kopf, Shinoa mit einem wissenden Grinsen und Kimizuki ärgerlich, aber ebenfalls peinlich berührt. „Äh, ja...“, legte Yuichiro seine Hand an den Hinterkopf. Ihm wurde plötzlich klar, dass er seinen Freunden noch gar nichts von Mikaela und sich erzählt hatte. Nur Shinoa hatte natürlich schon von selbst gerafft, was hier vor sich ging. „Also, das ist so....“, versuchte er zu erklären. „Das geht euch Menschen gar nichts an“, meinte Mikaela, wandte sich ab und ging weiter. „Also, Mika...!“, protestierte Yuichiro und schaute seinem Freund nach, der ihn gemeinerweise bei dem Thema so einfach im Stich ließ. „Also, Mika und ich...“, versuchte er dann, an seine Freunde gewandt, zu erklären, „wir, also, wie soll ich das sagen...“, stotterte er herum, obwohl er normalerweise eine so große Klappe hatte. „Ihr seid zusammen, ein Liebespärchen, ihr treibt es miteinander, ihr fi-...“ „Shinoa!“, protestierte Yuichiro entsetzt. „Was denn? Das ist doch gar nicht so schwer zu sagen. Ich wollte dir nur helfen“, zuckte sie, unschuldige Gesten vortäuschend, die Schultern. „Wir tun das nicht, also, wir sind doch nicht... also wir haben nicht...“, stotterte er, an seine anderen Freunde gewandt. „Oh, Gott! Bitte verschone uns mit diesem Thema.“, warf Kimizuki ein. Damit war die Sache erstmal gegessen. Als sie alle wieder zu Hause waren, saßen Mikaela und Yuichiro zusammen in dessen Zimmer. „Du sag mal, was ist eigentlich in der Vampirstadt passiert, dass du auf einmal deine Meinung geändert hast und nicht mehr sterben wolltest?“, wollte Yuichiro wissen. „Ich meine, ich bin ja sehr froh darüber, aber eben auch neugierig.“ Mikaela blicke zur Seite. „I- ich, sagen wir, ich hatte einen Zusammenstoß mit einem Vampir, der mich eines besseren belehrt hat.“ „Was meinst du?“ „Nicht weiter wichtig“, erwiderte Mikaela. Er konnte einfach nicht darüber sprechen, was ihm passiert war. Zum einen, weil allein schon daran zu denken, alles wieder hochkommen und ihn vor Angst starr werden ließ, geschweige denn, darüber zu reden. Außerdem schämte er sich viel zu sehr. Er wollte nicht, dass Yuu wusste, dass er zu schwach gewesen war, sich gegen einen Vampir zu wehren und zugelassen hatte, dass dieser etwas mit ihm angestellt hatte, was er nur mit Yuichiro hatte erleben wollen. „Nicht, weiter wichtig? Hey, das glaubst du wohl selbst nicht! Na los, was ist dir passiert? Hat dir einer dieser Blutsauger was angetan? Ja, ich seh's dir an, da war was! Also los, sag schon! Dann ziehe ich los und mache diesen elenden Dreckskerl fertig!“ Mikaela musste lächeln, wie sehr sich sein Freund aufregte. Das war mal wieder typisch. Aber auch eines der Dinge, warum er ihn so liebte. Er verbarg seine Gefühle niemals, im Gegensatz zu ihm, trug er sein Herz immer auf der Zunge. „Das... ist nicht mehr nötig, ich hab ihn getötet.“ „Oh, na das... prima.“ Yuichiro schien irgendwie enttäuscht, dass er sich jetzt nicht mehr an dem Vampir rächen konnte. „Toll, du hast ihn fertig gemacht“, freute er sich aber dann doch wieder für seinen Freund. „Aber was ist jetzt eigentlich passiert?“ Mikaela wandte ausweichend den Kopf ab. „Ich sagte doch, halb so wild.“ Er stand auf und ging hinaus, weil er wusste, dass sein Freund nicht so schnell aufgeben würde. „Hey, warte mal! Wenn es nicht so schlimm war, warum kannst du es mir dann nicht sagen?“, lief ihm Yuichiro hinterher. Der Vampir ließ sich aber nicht davon abhalten und lief so schnell, wie ihn seine Füße trugen, davon, so dass nicht mal sein Freund hinterher kam. „Hey, was soll das?“, rief dieser verärgert, aber schon hatte er ihn aus den Augen verloren. Er hockte nun auf einem nahegelegenen Dach und dachte nach, während er die Umgebung beobachtete um mögliche Feinde so schnell wie möglich zu entdecken. Was sollte er nur tun? Wie er Yuichiro kannte, würde dieser nicht locker lassen, bis er die Wahrheit erfuhr. Und wenn er weiterhin nichts sagte, würde er womöglich so ärgerlich werden, dass er ihn nicht mehr als Freund haben wollte. Andererseits, wenn er es doch irgendwie schaffte, darüber zu sprechen, würde Yuichiro ihn vielleicht auch nicht mehr haben wollen... Er konnte jetzt noch die Hände dieses Vampirs auf sich fühlen und... er schüttelte sich. Nicht dran denken!, ermahnte er sich. Nein, wenn Yuu das erfahren würde, dann würde er ihn bestimmt ekelhaft finden, auch wenn es nicht seine Schuld gewesen war. Immerhin war er nicht stark genug gewesen, sich dagegen zu wehren. So einen Schwächling hatte Yuu nicht verdient. Mikaela stand auf und knirschte mit den Zähnen, wütend auf sich selbst, weil er nicht stark genug gewesen war und noch dazu Yuu in Schwierigkeiten gebracht hatte. Mit einem eleganten Satz sprang er vom Dach hinunter, wie es nur ein Vampir konnte. Und landete direkt vor Yuus Füßen. Überrascht schaute er auf. Warum hatte er ihn nicht bemerkt? „Hey!“, schaute ihn Yuichiro ärgerlich an. „Was sollte das? Warum bist du abgehauen? Hast du nicht gesagt, du wolltest von jetzt an mit mir über deine Probleme sprechen?“ „J-ja“, erwiderte Mikaela erschrocken. Oh, nein, Yuichiro war schon jetzt sauer auf ihn. War ja irgendwie klar gewesen. Aber dieser schien zu bemerken, dass etwas nicht mit seinem Freund stimmte und so nahm er dessen Gesicht zwischen seine Hände und zwang ihn, ihn anzusehen. Dabei lächelte er ermutigend. „Mika, schau mich an! Egal, was es ist, du brauchst keine Angst zu haben, mit mir darüber zu reden. Ich meine, du musst das auch nicht. Aber ich sehe doch, wie es dich quält, und ich will dir helfen. Wenn du alles in dich hineinfrisst, wird es doch nur noch schlimmer, hm?“, schaute er ihn liebevoll an. Mika wurde auf einmal ganz warm ums Herz. „J-ja, du hast ja Recht“, öffnete sich seine verschlossene Miene auf einmal. „Es ist nur...“, er biss sich auf die Lippe. „Es ist nicht so einfach, darüber zu reden. Und vielleicht... magst du mich dann nicht mehr.“ Mikaela schaute ihn ängstlich an. Yuichiro war doch das Einzige, wofür er noch lebte. Wenn er ihn verlieren würde, dann wäre alles aus. Dann bliebe er nur noch ein schreckliches Monster, das Menschen verletzen musste, um zu überleben. „Ach, Mika, darüber machst du dir Sorgen?“, Yuichiros Stimme klang auf einmal ganz weich und sein Blick strahlte eine solche Wärme aus, dass es gar keinen Zweifel gab, was er für den Vampir empfand. Noch immer dessen Gesicht in seinen Händen haltend, erklärte er: „Egal, was es ist, egal was du getan hast, so schnell wirst du mich nicht los, du kennst mich doch. Du weißt doch, wie anhänglich ich werde, wenn ich erstmal einen Freund gefunden habe und du bist für mich noch so viel mehr als das. So leicht lasse ich dich nicht im Stich. Ja, ich kann sogar richtig nervig werden“, grinste er. „Selbst, wenn du mich hassen und schlagen würdest, ich könnte gar nicht anders, als dich dennoch zu lieben. Denn du bist das Wichtigste im Leben für mich.“ Mika schaute ihn überrascht und sehr gerührt an. So eine ernsthafte Erklärung, hätte er von Yuichiro wirklich nicht erwartet. Und überrascht war er auch über sich selbst, als er auf einmal spürte, das seine Augen feucht wurden. Wie schaffte es Yuu nur immer, ihn zum heulen zu bringen? Dann klammerte er sich plötzlich an ihn, versteckte sein Gesicht in dessen Pullover und zitterte. „Oh, Yuu-chan, es war so schrecklich“, erklärte er erstickt, unter Schluchzern. Er wusste selbst nicht, warum auf einmal alles hochkam. Eigentlich hatte er gedacht, sich im Griff zu haben und hatte Yuu doch nicht damit belasten wollen. Jetzt würde sich dieser nur noch mehr Sorgen machen. Das war doch das letzte, was Mika wollte. „Hey, hey, Mika“, streichelte ihm Yuichiro sanft über den Rücken. „Was immer passiert ist, es ist ja vorbei. Ist ja gut“, versuchte er, ihn zu trösten. So hielt er ihn noch einige Minuten und streichelte ihm weiter über den Rücken, bis er sich einigermaßen beruhigt hatte und aus der Umarmung löste. „T-tut mir leid“, sagte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Kein Grund, sich zu entschuldigen“, erwiderte Yuichiro mit einem Lächeln. „Komm mal mit!“, nahm er ihn beim Arm und führte ihn zum Fluss hinunter. Dort setzten sie sich an einer schönen Stelle ans Ufer. „Also, wenn du darüber reden willst, ich höre zu“, erklärte er und schaute dabei auf die Strömung. „Yuu..., ich“, setzte Mikaela an und zögerte, wobei er nicht wagte, seinen Freund anzusehen, sondern ebenfalls auf den Fluss schaute. „Es... es tut mir leid. Ich..., ich war nicht stark genug. Ich konnte nicht.... Und dann habe ich dich auch noch in Gefahr gebracht, weil ich mir doch denken konnte, dass du nach mir suchen würdest. Du bist so stur...“, lächelte Mika bei dem Gedanken. Diese Sturheit hasste und liebte er gleichzeitig an seinem Freund. „Es tut mir wirklich leid, ich konnte nicht... Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte. Ich weiß nicht, warum ich so schwach war.“ Er wollte weiterreden, erklären, was passiert war, aber irgendwie brachte er es nicht fertig. Jetzt meinte Yuu: „So ein Unsinn, du bist nicht schwach, was laberst du da für einen Quatsch. Im Gegenteil, du bist der stärkste Mensch, und jetzt Vampir, den ich kenne. Ich hab dich immer dafür bewundert, weißt du? Schon früher, als wir noch im Waisenhaus waren. Du hast dich immer um alle gekümmert, egal, wie schlecht es dir selbst ging. Du hast dir nichts anmerken lassen und immer gelächelt. Erst viel später hab ich gemerkt, dass du genauso leidest wie wir anderen. Dass du es nur hinter diesem falschen Lächeln versteckt und immer versucht hast, stark zu sein. Und später.... du hast als Vampir überlebt, all die Jahre, alleine, hast der Versuchung widerstanden, Menschenblut zu trinken, obwohl dir das doch unheimlich schwer gefallen sein muss. Und die ganze Zeit musstest du allein unter diesen Monstern leben und trotzdem warst du stark genug, das alles durchzustehen. Deshalb bist du für mich die stärkste Person überhaupt“, erklärte Yuu ganz ernst. Mika schaute ihn überrascht an. Da wandte sich sein Freund zu ihm um und lächelte. „Und deswegen, mach dir bitte keine Gedanken, du könnest nicht stark genug sein, okay?“ Mika nickte überwältigt. Er hatte gar nicht gewusst, dass Yuichiro ihn so sah. „Trotzdem konnte ich nicht verhindern, was passiert ist.“ „Nun, niemand kann alles, schon gar nicht, wenn man alleine ist. Du brauchst dich also nicht zu schämen.“ Mika schluckte. „Ja, Yuu-chan, du hast wohl Recht. Trotzdem, was passiert ist – es ekelt mich alleine schon, daran zu denken. Ich weiß nicht, ob ich jetzt darüber reden kann. Ich will es ja, es ist nicht so, dass ich dir nicht vertraue. Ich versuche es, nur irgendwie... kann ich einfach nicht.“, Mikaelas Stimme zitterte. Yuichiro schaute ihn besorgt an. „Mika, du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst. Lass dir Zeit. Aber, wenn ich dir irgendwie helfen kann...“ „Ja, bitte, kannst du mich einfach... nur festhalten?“, fragte Mikaela vorsichtig. „Natürlich“, lächelte Yuichiro und rückte näher an seinen Freund heran. Dann legte er die Arme um ihn und Mikaela schmiegte sich an ihn. Dabei entspannte er sich etwas. Dann seufzte er. „Danke, du bist der beste Freund, den man haben kann.“ „Klar“, grinste Yuichiro, fragte sich aber insgeheim, was Mikaela passiert war, dass selbst sein so starker Freund nicht mal darüber reden konnte und so zerstört aussah. Kapitel 7: ----------- Es waren einige Tage vergangen, seit Mikaela aus der Vampirstadt zurückgekehrt war. Das Leben der Freunde lief wie gewohnt weiter mit Reparaturen am Haus, Essen besorgen, Monster bekämpfen, die die Umgebung unsicher machten, Wäsche waschen, putzen und was sonst noch so im Haushalt anfiel. „Puh, ich frage mich, ob das jetzt ewig so weiter gehen wird“, ließ sich Yuichiro auf sein Bett fallen. „Ich glaube, dieses Leben ist nichts für mich. Ich meine, außer die Apokalyptischen Reiter zu bekämpfen, gibt es hier doch nichts Spannendes. Dauernd diese Bruchbude reparieren, weil es überall reinregnet, und dann scheint sich hier der Dreck von selbst zu vermehren. Man, ich hasse putzen! Kommt es mir nur so vor, oder haben mich die anderen echt öfter zum Putzen verdonnert, als sonst? Die haben wohl auch alle keinen Bock mehr! Ich würde viel lieber Vampire fertig machen, äh, sorry“, warf er einen Blick zu Mika. „Schon gut, ich weiß, was du meinst“, erwiderte dieser und setzte sich neben ihm aufs Bett. Dann warf er seinem Freund einen vorsichtigen Blick zu, schaute aber gleich wieder weg. Das ging noch ein paar mal so. Es schien, als wolle er etwas sagen, sich aber nicht trauen. „Also, was ist los? Spuck es endlich aus“, empfahl Yuichiro, der etwas erschöpft vom langen Tag, den Arm über die Augen gelegt hatte und so halb auf seinem Kissen an der Wand lag. Trotzdem hatte er irgendwie bemerkt, dass Mika etwas von ihm wollte. „Also, wo wir gerade von Vampiren sprechen, ich....“, zögerte er. Yuichiro seufzte. „Also echt, Mika! Nach all der Zeit und so oft, wie du schon von mir getrunken hast, zögerst du immer noch so? Du solltest doch inzwischen wissen, dass es mir nichts ausmacht, wenn du mein Blut trinkst. Sag doch einfach, wenn du Durst hast.“ Mikaela seufzte. „Yuu... dein Blut zu trinken – das wird nie selbstverständlich für mich sein. Auch, wenn ich es jetzt schon oft getan habe, ist es doch so, dass ich dich jedes Mal verletze. Deshalb... Ich hoffe auch, dass es nie selbstverständlich für mich wird, sonst wäre ich doch nur noch ein Monster wie die anderen Vampire.“ Yuichiro lehnte sich überrascht vor. „Das stimmt nicht! Du wirst nie ein Monster sein, Mika! Wann begreifst du das endlich? Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es egal ist, was du bist? Ob Mensch, oder Vampir. Du bist und bleibst Mika! Und du bist der beste Freund, die beste Familie, die man haben kann! Du bist mutig und stark und denkst immer zuerst an andere und dann an dich selbst. Du versuchst immer alles alleine zu schaffen. Auch, wenn ich dich manchmal dafür verfluche, weil du so stur bist und nie Hilfe annehmen willst, bewundere ich dich dafür, dass du so stark bist und so selbstlos. Da ist mein Blut doch das geringste, was ich dir geben kann. Außerdem will ich, dass du lebst und dass es dir gut geht. Also komm schon her!“, öffnete er seine Arme und schenkte ihm einen warmen, einladenden Blick. Mika schluckte. Er wollte sagen, dass Yuichiro sich täuschte, dass er gar nicht so selbstlos war, wie er glaubte, dass er das alles nur tat, um ihn für sich alleine haben zu können. Dass ihm alle anderen egal waren. Aber er brachte es nicht über sich. Stattdessen lief ihm bei dem Gedanken, gleich Yuichiros Blut kosten zu dürfen, das Wasser im Mund zusammen. Und in diesem Moment hasste er sich selbst noch mehr. Trotzdem konnte er nicht anders, als sich seinem Freund zu nähern, in seine Arme und zu seinem Hals hin. Dort legte er seine Hände an Yuichiros Kragen. Er warf ihm noch einen fragenden Blick zu, eine letzte Bestätigung. Yuu nickte, lächelte, seine Augen glänzten, als würde er sich danach sehnen, dass ein Monster sein Blut trinkt. Mika würde es nie verstehen. Er öffnete behutsam Yuus Kragen, zog den Stoff beiseite und schlug seine Fangzähne in dessen Hals, spürte, wie dieser zusammenzuckte. Was er immer tat, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und nie zugeben würde, dass ihm das wehtat. Aber Mika wusste es. Trotzdem, als das warme, köstliche Blut in seinen Mund und die Kehle hinunterlief, war es das schönste und berauschendste Gefühl überhaupt. Er konnte sich nicht erinnern, selbst als Mensch, jemals etwas so Köstliches zu sich genommen zu haben. Für einige Augenblicke war er sogar völlig weggetreten, wie in einem Rausch, bevor er sich mit Gewalt zusammenriss, sich befahl, in die Realität zurückzukehren, bevor er zu viel von Yuichiros Blut trank. Er hätte gerne noch mehr getrunken, so viel mehr, hätte am liebsten nie mehr damit aufgehört, trotzdem löste er seine Zähne aus Yuus Hals. Blickte auf das hinaustretende Blut und senkte seinen Kopf noch einmal, um ihm über den Hals zu lecken und die letzten Tropfen aufzunehmen. Dann hob er langsam seinen Kopf und blickte zu Yuu auf. Unerwartet, bevor Mika realisieren konnte, was geschah, spürte er Yuus Lippen auf seinen. Er riss die Augen auf und verkrampfte sich. Yuu hatte ihn schon nicht mehr geküsst, seit er abgehauen war. Irgendwie war es während all der Aufregung und Arbeit nicht dazu gekommen. Nachdem er sich von der Überraschung erholt hatte, schloss er die Augen und genoss es einfach, dieses wunderschöne Gefühl der Lippen seines Freundes auf seinem Mund, der Hand in seinen Haaren. Zuerst war es nur ein sanfter Kuss und nach Mikas Geschmack hätte es so bleiben können, jedoch hatte Yuichiro offenbar anderes im Sinn. Er intensivierte den Kuss, leckte über Mikas Lippen, der daraufhin überrascht den Mund öffnete und im nächsten Moment die Zunge seines Freundes im Mund spürte. Erschrocken erstarrte er. „Hey, was?!“, protestierte Yuichiro, der sich plötzlich von Mika weggestoßen auf dem Bett liegend wiederfand. Der blonde Vampir hatte den Handrücken auf seinen Mund gepresst und starrte ihn mit hochrotem Gesicht an. „Mi- mika, ich... Es tut mir leid, ich wollte nicht... Ich dachte, oh, man. Hey, was machst du da? Beißt du dir gerade selbst in die Hand? Bist du irre?“ Er wollte auf seinen Freund zugehen, aber dieser sprang nun zurück, nahm die Hand aus dem Mund und schüttelte den Kopf. „Es ist nicht deine Schuld“, erklärte er. „Es ist nur...“, wandte er beschämt den Kopf ab. „Also, du magst wohl keine Zungenküsse, was?“ „Das ist es nicht. Man könnte eher sagen, ich mag es zu sehr“, bekannte Mikaela und ließ den Kopf hängen. „Ich hätte beinahe..., beinhahe.... Ich wollte das nicht, wirklich.“ „Was? Was ist los?“, wollte Yuichiro besorgt wissen. „Ich hätte dir beinahe die Zunge abgebissen. Ich bin eben doch ein Monster.“ „Wah?“, machte Yuichiro erstaunt. „Ja, ich gehe jetzt wohl besser. Es tut mir leid“, mit diesen Worten wandte Mikaela sich ab und wollte gehen. Jedoch, bevor er zur Tür hinaus war, war Yuichiro aufgesprungen und hielt ihn am Arm fest. „Jetzt warte doch mal! Was meinst du damit, du hättest mir beinahe die Zunge abgebissen? Hast du nicht eben von meinem Blut getrunken?“ „Ja, schon. Aber, verstehst du jetzt, Yuu-chan, diese Sucht nach Blut hört nie auf. Und wenn du mir so nahe kommst, dann fällt es mir unglaublich schwer, das zu kontrollieren. Deshalb wollte ich ja anfangs nicht, dass wir zusammen sind“, ließ er den Kopf hängen. „Aber ich schätze, ich kann einfach nicht anders. Ich kann dich nicht noch mal im Stich lassen.“ „Kannst mir wohl nicht widerstehen?“, grinste Yuichiro. „Das ist nicht komisch. Nimmst du das gar nicht Ernst?“ „Nee, denn ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Auch wenn du dir selbst offenbar nicht vertraust, ich weiß trotzdem, dass du mir nie etwas tun würdest. Dafür kenne ich dich viel zu gut. Du schaffst es immer, deine Vampirinstinkte zu kontrollieren und ich bin sicher, du wirst es auch in Zukunft schaffen, okay?“, lächelte er ihn zuversichtlich an. Obwohl Mikaela nicht so ganz einverstanden war, konnte er nicht anders, als zurückzulächeln. Yuu war einfach so lieb und vertrauensselig – viel zu gut für diese verdorbene Welt. „Okay“, erwiderte er deswegen sanft. „Na dann, komm her!“, forderte ihn Yuichiro auf und zog ihn sanft wieder ins Zimmer. „Komm, setz dich!“ Damit lehnte er sich wieder auf seinem Bett, mit dem Kissen im Rücken, an die Wand und Mikaela lehnte seinen Kopf gegen seine Brust und schlang die Arme um seinen Körper. Überrascht stellte er fest, wie Yuichiro sanft durch seine Haare zu streicheln begann. „Hm“, machte er zufrieden. Womit hatte er das nur verdient? „Hey, deine Haare sind echt weich, weißt du?“, stellte Yuichiro gutgelaunt fest. Er ist fröhlich, als wäre nichts passiert und freut sich über solche Kleinigkeiten, stellte Mikaela fest und schloss die Augen. Ich wünschte, es könnte immer so bleiben. Am nächsten Tag machten die Beiden einen längeren Ausflug, um die Umgebung zu erkunden. Dazu hatte Yuichiro etwas Proviant und Decken zum Schlafen für sich mitgenommen und Mikaela brauchte das ja nicht. Dieser bestand aber darauf, die große Tasche zu tragen, weil es ihm als Vampir leichter fiel, obwohl sein Freund zunächst protestierte. Nachdem sie schon fast den ganzen Tag gelaufen waren und viel gesehen hatten, kamen sie zu einem Ort, wo noch ein paar Häuser relativ gut erhalten, aber dennoch offenbar verlassen waren. Auch die Natur hatte sich einigermaßen erholt – überall spross Grün durch den aufgeplatzten Straßenbelag. Besonders ein großes Haus, das schon mehr an eine Villa erinnerte, weckte die Neugier der beiden. Mikaela warnte natürlich wie immer vor Gefahren – schließlich konnte es sein, dass die Gegend nicht ganz so unbewohnt war, wie es schien, besonders, da die Häuser so gut erhalten waren. Aber das schlug Yuichiro mit einem Lachen in den Wind, schließlich hatten sie sich überall umgesehen und niemanden vorgefunden. Im dem großen Haus staunten sie nicht schlecht. Auch wenn alles etwas heruntergekommen aussah und ziemlich staubig und von Spinnenweben durchzogen war, war es immer noch ziemlich beeindruckend. All die teuren Möbel und Gemälde an den Wänden. Die Küche, Bäder, Wohnzimmer – so als wären die Bewohner bloß zu einem Urlaub aufgebrochen und dann überraschend nicht mehr wiedergekommen. Nur zwei Stellen ließen erkennen, was wahrscheinlich passiert war: Dort waren Überreste von Blut auf dem Boden. „Das waren Vampire“, stellte Mikaela unnötigerweise fest und knirschte mit den Zähnen. Dann kamen sie auf den großen Balkon des 3. Stockwerks und staunten nicht schlecht, was man von hier oben aus alles sehen konnte. Der Balkon selbst war überwuchert von Kletterpflanzen, der Holzboden sah nicht mehr ganz so taufrisch aus und war von Dreck und Blättern überzogen, ebenso wie die Gartenmöbel, die herumstanden. Trotzdem wirkte es so idyllisch. Yuichiro streckte sich ausgiebig und gähnte. „Ich glaube, hier können wir schlafen“, stellte er fest. „Was meinst du?“ „Ja, klar. Wenn es dir hier gefällt. Ich schlafe ja sowieso nicht. Ich gehe aufs Dach und passe auf, ob jemand kommt“, wollte er schon gehen, wurde jedoch von Yuichiro festgehalten. „Nein, warte! Bleib doch bei mir! Wir können zusammen schlafen, bitte!“, lächelte er. „A-aber... Du weißt doch, dass ich nicht schlafe.“ „Ja, schon. Aber eigentlich wollte ich auch gar nicht gleich schlafen, wenn du weißt, was ich meine“, zwinkerte Yuichiro. „Ah- ach so“, stotterte Mikaela und wurde rot. Süß, dachte sich Yuichiro und legte beide Hände an das Gesicht seines Freundes, um ihn dazu zu bringen, ihm in die Augen zu schauen. Das er so schüchtern ist, wenn es um solche Dinge geht. Langsam näherte er sich dessen Gesicht und legte die Stirn an seine. „Ja, ich wäre gerne heute Nacht mit dir zusammen“, erklärte Yuichiro und wurde nun selbst etwas rot, dass er das einfach so ausgesprochen hatte. „I-ich auch“, erwiderte Mikaela. Gleichzeitig hatte er aber irgendwie auch Angst. Er hatte so etwas noch nie gemacht. Außer... Er wurde schlagartig blass und erstarrte. Das entging auch Yuichiro nicht. „Hey, was ist los? Hast du etwa Angst davor?“ „Ach, Quatsch“, versuchte Mikaela das mit einem Lachen abzutun. „Ich bin nur überrascht, dass du gleich so direkt bist. Aber, das ist wohl typisch für dich.“ Yuichiro guckte ihn skeptisch an. „Und warum hast du dann eben ausgesehen, als hättest du einen Geist gesehen?“ „Hab ich das? Ich glaube, das hast du dir eingebildet.“ „Hm, aber du würdest es mir doch sagen, wenn du noch nicht bereit dafür bist, oder das gar nicht willst?“ „Also, Yuu-chan, ich will schon, nur... also, ich hab so was noch nie gemacht“, wich er aus. „Ach, dann sind wir ja schon zu zweit“, stellte sein Freund mit einem Grinsen fest. „Außerdem bin ich echt froh, dass du noch keinen vor mir hattest.“ Bei diesen Worten durchfuhr es Mikaela eiskalt. Wenn Yuichiro wüsste, dass er doch nicht der erste gewesen war, was ihm dieser dreckige Vampir angetan hatte, würde er ihn bestimmt verabscheuen, auch wenn er es nicht freiwillig getan hatte. Außerdem kamen mit der Erwähnung auch die Erinnerungen an jene Nacht zurück, die ganzen Bilder und Gefühle, so dass alles in ihm vor Angst erstarrte. Er versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Sein Freund merkte wohl, dass ihm die Sache doch nicht so geheuer war, wie er tat, aber er schob es darauf, dass Mikaela einfach nervöser vor dem ersten Mal war, als er zugeben wollte. So zog er ihn gut gelaunt an der Hand hinter sich her, in das schönste Zimmer, das er hier gefunden hatte, staubte dort das Bett aus – was erst mal zu einem Hustenanfall seinerseits führte - während Mikaela überhaupt nicht zu atmen schien. „So, okay, jetzt leg ich noch meine Decke da drauf, dann ist es nicht so schmutzig. Na, was meinst du?“, präsentierte er stolz. „J- ja, sehr schön, Yuu-chan“, erwiderte Mikaela, sah aber nicht sonderlich begeistert aus, was jedoch nicht an dem schmutzigen Bett lag. „Hey, ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ja, klar.“ „Du tust nicht nur so, um mich nicht zu enttäuschen?“ Mikaela schüttelte den Kopf. „Nein, Yuu-chan, ich liebe dich und will mit dir zusammen sein“, erklärte er direkt heraus und man merkte ihm auch an, dass er das ehrlich meinte. Yuichiro schluckte. Nun wurde er selbst etwas nervös. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht? Trotzdem, wo er schon mal so weit gekommen war, wollte er die Gelegenheit auch nutzen. Deshalb ging er auf Mikaela zu und legte wieder die Hände an dessen Gesicht. Dieser schloss unwillkürlich die Augen. Wie süß, dachte Yuichiro und schluckte. Auf einmal war er sich nicht mehr so sicher, ob er das hier konnte. Er hatte Mikaela zwar schon drei Mal geküsst, aber da war es irgendwie anders gewesen. Da war es einfach mehr oder weniger so passiert, aber jetzt, wo sein Freund so mit geschlossenen Augen vor ihm stand, war es doch etwas anderes. Trotzdem, die Versuchung war so groß, dass er schließlich doch die Augen schloss und ihn küsste. Himmlisch, so schmeckte das. Er würde niemals genug kriegen von den Lippen seines blonden Freundes. Und als der auch noch seinen Kuss zu erwidern begann, schaltete sich sein Verstand vollkommen aus. Diesmal versuchte er jedoch keinen Zungenkuss, zog Mikaela aber immer weiter Richtung Bett mit sich, bis sie nach hinten darauf fielen. „Hey, Yuu-chan“, machte der junge Vampir überrascht, als er über seinem Freund auf dem Bett landete. „Mika...“, erwiderte Yuu sehnsüchtig und zog ihn in einen erneuten Kuss. So küssten und streichelten sie sich einige Minuten nur und genossen ihr Beisammensein. Nach einiger Zeit aber, begann Yuus Hand auf Wanderschaft zu gehen, berührte Mika überall dort, wovon er schon seit einiger Zeit geträumt hatte. Diesem wurde ganz heißkalt unter den Berührungen, während er gleichzeitig süchtig nach Yuus Küssen, nicht damit aufhören konnte, obwohl er es irgendwie unangenehm fand, dass die Hand seines Freundes gerade an seinem Hintern angelangt war. Doch es war immerhin Yuu, also war es in Ordnung, oder nicht? Als er jedoch auf einmal jene Hand in seiner Hose wieder spürte – der Himmel wusste, wie sie da so plötzlich hineingelangen konnte – schrie er erschrocken auf und sprang so schnell vom Bett, dass Yuu erst begriff, dass etwas nicht stimmte, als Mika schon am anderen Ende des Raumes war. „T-tut mir leid, ich dachte... du würdest das mögen“, erklärte Yuu entschuldigend und mit vor Verlegenheit hochrotem Kopf. „Ich hätte wohl vorher fragen sollen.“ „S-schon gut“, erwiderte Mikaela. „I- ich hab mich nur erschrocken, das ist alles“, er blickte verschlossen zu Seite, versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er innerlich zitterte. Das ist doch Yuu, vor ihm musst du doch keine Angst haben, du Trottel, schalt er sich selbst. Er kniff die Lippen zusammen und versuchte, sich zu beruhigen. Aber irgendwie war alles an ihm hart wie Stein vor Schock. „Mika...?“, fragte Yuu vorsichtig. Der junge Vampir schaute überrascht auf, denn sein Freund stand auf einmal vor ihm, ohne dass er bemerkt hatte, wie sich dieser genähert hatte. „Was ist mit dir? War es so schlimm? Es tut mir wirklich leid“, schaute er entschuldigend. „Hey, du zitterst ja“, stellte er fest und legte eine Hand auf seinen Arm, was ihn zusammenzucken ließ. Yuu nahm erstaunt die Hand wieder weg. Seit wann hatte Mika Angst vor ihm? „Hey, was ist los?“ „Nichts, alles in...“, „Lügner!“, wurde er von Yuu unterbrochen, bevor er zu Ende sprechen konnte. „Fängst du schon wieder damit an, mit allem alleine fertig werden zu wollen? Wenn es dir so zuwider ist, dass ich dich anfasse, dann sag das doch. Ich bin dir doch nicht böse deswegen. Ich will nichts tun, was dir nicht gefällt, oder sogar...“, warf er einen besorgten Blick auf die jämmerlich aussehende Gestalt vor ihm, „sogar Angst macht“, stellte er traurig fest. „Hey“, legte er nun beide Hände an Mikas Gesicht und brachte ihn dazu, ihm in die Augen zu schauen. „was ist los? Da ist doch noch mehr, oder? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. So leicht bist du doch sonst nicht zu erschrecken“, stellte er mit sanfter Stimme fest. „Tut mir leid, Yuu-chan“, fasste sich Mika und richtete sich aus seiner kauernden Haltung wieder auf. „Nein, es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen. Mir tut es Leid, okay?“ Mika nickte. „Aber, du hast Recht, ich bin ein Angsthase, dass ich mich vor so etwas fürchte“, erklärte er. Yuu schenkte ihm einen skeptischen Blick, irgendwie spürte er, dass da noch mehr dahinter steckte. „Willst du nicht darüber reden?, erkundigte sich Yuichiro besorgt. Mika seufzte und schaute zu Boden. „S-schon, aber... es ist nicht so einfach.“ Als Mika nichts weiter sagte, sondern einfach nur weiter auf dem Boden starrte, meinte Yuichiro schließlich: „Komm, ich zeig dir was!“ Damit nahm er ihn beim Arm und zog ihn mit sich. Mikaela folgte überrascht. Was hatte sein Freund auf einmal vor? Nachdem sie einige Treppen in dem alten Haus hinauf gegangen waren, gelangten sie zum Dachboden. Dort führte eine Holztreppe mit offenen Stufen, die halb wie eine Leiter wirkte, hinauf. Mikaela schaute skeptisch hinter Yuichiro her, der schon dabei war, nach oben zu klettern. „Na komm!“, forderte dieser ihn auf und wandte sich um. „Das habe ich vorhin entdeckt als wir das Haus nach versteckten Feinden abgesucht haben.“ Der Vampir seufzte innerlich, folgte ihm aber ohne Widerspruch. Oben angekommen, kämpften sie sich erstmal durch einen Berg aus Staub und Dreck. Yuichiro hustete und Mikaela hörte kurz auf zu Atmen. Dann öffnete Yuichiro eine Luke im Dach und kletterte dort kurzerhand hinauf. Sein blonder Freund schaute ihm perplex nach. Was sollte das werden? Schnell folgte er ihm – er wollte schließlich nicht, dass Yuichiro noch vom Dach fiel, vor lauter Leichtsinn. Das wäre ihm durch aus zuzutrauen. „Ist das nicht wunderschön?“, wollte Yuichiro wissen, der sich auf das Dach gesetzt hatte und zu den Sternen hinaufschaute. Mikaela schaute hoch und staunte nicht schlecht, als er sah, dass heute Nacht der Himmel so klar war, dass man tausende von Sternen sehen konnte. Das ganze Band der Milchstraße zog sich über den Himmel und machte seinem Namen alle Ehre. Das erinnerte Mikaela an die seltenen Gelegenheiten, bei denen er die Vampirstadt hatte verlassen dürfen und ebenso zum Himmel hinaufgeschaut hatte. Damals hatte er an Yuichiro gedacht, sich gefragt, was wohl mit ihm passiert war, wie es ihm ging – ob er überhaupt noch am Leben war. Er hatte sich vorgestellt, wie sein geliebter Freund wohl lebte, was er machte und ob er glücklich war, ob er noch an ihn dachte. Was er wohl von ihm halten würde, wenn er wüsste, dass er als Vampir weiterlebte. Ob er ihn noch mögen würde. Und jetzt war er hier mit ihm, Yuichiro war immer noch sein Freund, seine Familie und mehr noch, sein Geliebter, ließ ihn sogar sein Blut trinken. Etwas, was er in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet hatte. Er wollte nicht, dass das kaputt ging, weil er wegen eines abscheulichen Vampirs nicht mehr in der Lage war, Yuichiro das zu geben, was er brauchte. Er musste sich irgendwie zusammenreißen. Langsam ging er zu seinem Freund und ließ sich neben ihm nieder. „Ja, das ist es“, stimmte er zu. Eine Weile saßen sie so da und betrachteten nur den Himmel, bis Yuichiro auf einmal eine kalte Hand auf seiner fühlte. Er wandte den Blick vom Horizont ab und zu dem Vampir hin, sah ihn fragend an. „Du hast Recht, da ist noch mehr...“, begann er, sah dabei aber weiter geradeaus. Wenn er das erzählte, wäre er bestimmt nicht in der Lage, Yuichiro in die Augen zu schauen. „Ich hab mich nicht einfach nur erschrocken, weil du mich angefasst hast. Es hat mich nur an das erinnert, was in der Vampirstadt passiert ist. Plötzlich ist alles wieder hochgekommen. Ehe ich wusste, was ich tue, bin ich aufgesprungen und geflüchtet. Dabei weiß ich doch, dass du mir nie etwas tun würdest. Ich bin so ein Dummkopf, tut mir leid“, senkte er den Kopf. Er bemerkte nicht, wie Yuichiro ihn aus schockgeweiteten, grünen Augen anstarrte. „D-du meinst doch nicht...? Du willst doch nicht sagen, dass... Das einer von diesen dreckigen Vampiren dich... angefasst hat, oder...“, Yuichiros Stimme versagte zum Ende hin. „Ja“, erklärte Mikaela. „Tut mir leid Yuu-chan. Ich... du musst mir glauben, ich wollte das wirklich nicht. I-ich war einfach zu schwach..., wieder mal.“ Er schwieg, obwohl er eigentlich vorgehabt hatte, seinem Freund endlich alles zu erzählen, aber irgendwie... war das gar nicht so einfach. Plötzlich fasste ihn Yuichiro bei den Armen und drehte ihn zu sich, zwang ihn, ihn anzusehen. „Mika... Mika, sieh mich an! Sag was! Was ist passiert? Hat dich einer von diesen Mistkerlen... ver-vergewaltigt?“ Yuichiro brachte es kaum fertig die Frage zu stellen. Er mochte sich gar nicht vorstellen, wie fürchterlich es erst für Mika gewesen sein musste, das durchzumachen. Nach kurzem Zögern, nickte Mika leicht, traute sich aber immer noch nicht, ihm in die Augen zu schauen. Yuichiro schaute ihn entsetzt an. Sein Mika, hatte so etwas Furchtbares durchmachen müssen? Nach dem ersten Moment des Schocks, traten ihm auf einmal Tränen in die Augen. Zuerst wollte er ihn in die Arme nehmen, ihn trösten, aber dann fiel ihm wieder ein, wie geschockt sein Freund auf seine letzte Berührung reagiert hatte. Das war zwar etwas ganz anderes als eine Umarmung gewesen, aber trotzdem war er sich unsicher, ob Mika das jetzt wollen würde. So saßen sie einem Moment schweigend voreinander. Der junge Vampir fragte sich, warum sein Freund gar nichts sagte, bis er ein Schuchzen vernahm und verwundert hochschaute. Überrascht stellte er fest, dass Tränen aus dessen Augen flossen. „D-das ist ja furchtbar, Mika!“, wischte er sich über die Augen. „Das tut mir so leid. Sag mir, wer das war und ich bring den Mistkerl um, das schwör ich dir!“ Er zitterte förmlich vor Trauer und Wut. „D-das hab ich schon getan“, erklärte Mikaela ganz überrascht von der Reaktion seines Freundes. „Das ist zu schade, ich hätte diesen....“, hier folgte eine Reihe von Schimpfwörtern, die Mika in Erstaunen versetzten... „am liebsten mit meinem Schwert zerstückelt und zwar so langsam und grausam, dass er sich gewünscht hätte, lieber zu sterben und tausend Mal bereut hätte, was er dir angetan hat! Ach ja, und vorher hätte ich ihn natürlich in der Sonne aufgehängt und schmoren lassen!“ So redete er noch eine ganze Weile weiter, in der Mika ihn nur erstaunt anstarrte. Bis er nicht mehr anders konnte und auflachte. Seinen Yuu-chan so aufgeregt und enthusiastisch, mit wütend funkelnden Augen zu sehen, war ein zu amüsanter Anblick. Hätte ihm vor fünf Minuten jemand erzählt, er würde gleich wieder lachen, oder auch nur in naher Zukunft, hätte er diesen für verrückt erklärt. Yuichiro schaute ihn auch entsprechend überrascht an und unterbrach seine Rede. „Yuu-chan, du... bist wirklich einmalig“, kicherte Mika. Unter normalen Umständen wäre Yuichiro jetzt beleidigt gewesen, aber so war er nur total erleichtert, dass sein Freund wieder lachen konnte. „Aber, sag mal, wieso sagst du, dass es dir leid tut und dass du zu schwach warst? Das war doch nicht deine Schuld! Ich weiß doch, dass du so etwas nie freiwillig zugelassen hättest!“ Mikaela wandte den Blick ab. „Na ja, es ist nur..., das ich wieder einmal versagt habe. Ich meine, ich konnte nicht mal mir selbst helfen, wie soll ich dann jemals stark genug werden, dich, oder andere zu retten, wenn ihr mich braucht? Es würde doch nur wie damals bei unserer Flucht enden, als alle wegen mir...“, stockte er. „Hey, das..., so denkst du doch nicht wirklich, oder?“, erwiderte Yuichiro entsetzt. „Das ist doch nicht deine Schuld gewesen! Und außerdem bist du nicht schwach! Im Gegenteil! Du bist einer der stärksten Menschen – und jetzt Vampir – den ich kenne. Wie kommst du nur auf so einen blöden Gedanken?“ „So siehst du mich, Yuu-chan?“, schaute Mika ihn überrascht an. „Ja, natürlich!“, erwiderte der aus entschlossen funkelnden, grünen Augen. Auf einmal blinzelte er selbst überrascht, als er plötzlich seinen blonden Freund im Arm hatte, der sich offenbar mit Vampirgeschwindigkeit bewegt hatte und nun an seiner Schulter schluchzte. Diesmal waren es allerdings mehr Tränen der Erleichterung, so als wäre ein Stein von seinem Herzen gefallen, der ihn die ganze Zeit nicht nur belastet, sondern auch unglaublich geschmerzt hatte. „Hey, hey!“, machte Yuichiro tröstend und begann, ihm über die blonden Locken zu streicheln. „Das, was du durchmachen musstest, muss furchtbar gewesen sein. Wenn du darüber reden willst, bin ich für dich da, okay? Aber auch wenn nicht, verstehe ich das. Nur, fühl dich bitte nicht weiter schuldig, weil du zu schwach gewesen wärst, oder so ein Quatsch! Das ist nicht deine Schuld, nicht im Geringsten. Das ist nur die Schuld dieses Monsters. Das darfst du nie vergessen, okay?“ „Hm“, machte Mikaela, unendlich erleichtert, dass Yuichiro ihn nicht von sich stieß und verharrte noch eine Weile schweigend an seiner Schulter, bis die Tränen allmählich verebbten. Kapitel 8: ----------- Jetzt saßen beide wieder auf dem Bett im Zimmer des alten, verlassenen Hauses, da es draußen ein wenig ungemütlich und für Yuu auch zu kalt geworden war. Sich unsicher auf die Lippen beißend, schaute Mika nach unten und fragte sich, wie er es anfangen sollte. Nach einer Weile meinte Yuu: „Schon gut, du musst nicht darüber reden, ich verstehe das!“ „Nein, ich will ja! Ich will das endlich loswerden!“, entgegnete Mika auf einmal entschlossen. „Es ist nur nicht so einfach... Ich war so dumm.“ „Nein, warst du nicht!“, strich ihm sein Freund tröstend über den Kopf. „Ich bin zwar nicht dabei gewesen, aber ich kenne dich, du bist nie dumm. Außer, wenn du dir mal wieder diese unnötigen Selbstvorwürfe machst und alles alleine schaffen willst, das ist nämlich totaler Unsinn!“ „Tja, also gut, wie soll ich anfangen... Du hast Recht, es kam alles nur dazu, weil ich dich damit nicht belasten wollte und alleine beschlossen habe, abzuhauen, damit ich dich nicht verletze. Und da ich es keinem Menschen antun will, gegen dessen Willen sein Blut zu trinken und ich auch nicht einfach sterbe, wenn ich nichts trinke, sondern mich in einen Dämon verwandeln würde, blieb mir nur die Möglichkeit, mich von den anderen Vampiren töten zu lassen.“ Yuichiro nickte, das hatte er sich schon gedacht. „Also bin ich zur Vampirstadt und habe ein paar von den Monstern getötet, aber es hat nicht lange gedauert, bis sie mich überwältigt und auch beinahe getötet hatten. Doch dann kam Ferid und hat das verhindert und mich in den Kerker werfen lassen.“ „Oh, man, das ist das erste Mal, dass ich Ferid für etwas dankbar bin“, merkte Yuu an. „Tja, ich weiß bis jetzt nicht, wieso er das getan hat, er faselte irgendwas davon, dass das Blut der Königin in mir fliest.“ Mika erzählte weiter, wie er an schrecklichem Blutdurst litt und fast den Verstand verloren hatte, bis dieser Vampir, Lord Arin ihn aus dem Kerker geholt hatte. „Ich wollte wirklich nicht sein Blut trinken, das musst du mir glauben, Yuu-chan! Ich hab einfach wieder die Kontrolle verloren und …. Es tut mir leid!“ „Wie oft soll ich es dir noch sagen? Du musst dich nicht entschuldigen. Ich weiß, du musst sicher schrecklichen Durst gehabt haben, sonst hättest du das nicht gemacht. Ich weiß ja, wie stur du sein kannst, selbst ich hätte es damals fast nicht geschafft, dich dazu zu überreden, mein Blut zu trinken.“ Mika nickte leicht. „Trotzdem war es ein Fehler, ein furchtbarer Fehler. Ich fühlte mich zwar etwas besser, nachdem ich das Blut getrunken hatte, aber gleichzeitig so schwach. Noch viel schwächer als damals, als ich nur das Blut der Vampirkönigin Krul getrunken habe. Dann erklärte mir dieses Monster, dass das daran liege, weil ich jetzt ein vollständiger Vampir sei und mich das Blut anderer Vampire nicht nur schwächer werden lässt, sondern auch willenlos. Ich wollte ihm nicht glauben, aber... Ich konnte mich dann kaum mehr bewegen und er hat mich zu seinem Bett geschleift und...“ Mikas Augen weiteten sich, in der Erinnerung an den Schock, der wieder in ihm hochkam. Er schüttelte den Kopf, wie um aus dieser Szene wieder heraus zu kommen. Yuichiro starrte ihn entsetzt an. „Ich wollte noch weglaufen, aber er hat mich mit einer Kette festgebunden und ich bin immer schwächer geworden. Dann hat er mir die Kleider vom Leib gerissen und … es einfach getan. I-ich weiß immer noch nicht, wie das passieren konnte, ich kann nicht fassen, dass es überhaupt passiert ist. Wie konnte das passieren, Yuu-chan? Warum hat er das getan?“ Mit diesen Worten warf er sich in Yuus Arme und hielt sich schluchzend an ihm fest. Dieser konnte selbst kaum fassen, was er da gerade gehört hatte. Sein armer Mika... Er strich ihm beruhigend über den Rücken. „Es ist ja vorbei, es wird alles wieder gut, Mika“, so und ähnliches flüsterte er seinem Freund immer wieder zu, bis dieser sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder beruhigte. „Und du magst mich wirklich noch?“, wollte dieser schließlich wissen. Yuichiro schaute ihn daraufhin ganz entsetzt an, dass er überhaupt so eine Frage stellte. „Ja, natürlich, wie kommst du darauf, dass es anders sein sollte?“ „Weil ich es nicht verhindern konnte. Und weil du es vielleicht eklig findest, dass dieser Typ mich angefasst hat...“ „Das ist doch Unsinn!“, erwiderte Yuichiro, jetzt wirklich entsetzt. „Wir kommst du nur auf so was? Ich hab dir doch gesagt, das, was passiert ist, ist nicht deine Schuld, nicht im Geringsten! Und wieso sollte ich dich deswegen ekelhaft finden? Das ist doch Absurd! Ich liebe dich, Mika, das weißt du, oder?“, hatte er seine beiden Hände an Mikaelas Gesicht gelegt und zwang ihn so, ihm in die Augen zu schauen. „Und daran wird auch nichts und niemand jemals etwas ändern!“, versicherte er mit solchem Ernst, das Mika ihm einfach glauben musste. „Ich finde es nur ganz furchtbar, was dir da passiert ist. Ich wünschte, ich könnte das irgendwie ungeschehen machen. Leider ist das unmöglich. Ich hoffe nur, ich kann dir irgendwie helfen. Wenn du etwas brauchst, oder ich irgendetwas für dich tun kann, dann sag es mir, Mika! Ich tue alles! Alles, damit ich nicht mehr diese Angst in deinem Blick sehen muss. Die passt nämlich überhaupt nicht zu dir. Du bist sonst immer so stark... Aber das heißt nicht, dass du nicht auch mal schwach sein und Hilfe annehmen darfst! Lass mich dir helfen, Mika, bitte!“ Mikaela nickte erleichtert und gerührt. Das hatte er jetzt nicht erwartet. „Danke, Yuu-chan. Alleine, dass du für mich da bist und mich nicht im Stich lässt, ist schon mehr als genug. Du bist das Beste, was mir je passiert ist.“ Yuichiro wurde auf diese Aussage hin, leicht rot. „Trotzdem, wenn ich irgendetwas für dich tun kann...“ „Lasse ich es dich wissen“, lächelte Mika. „Aber im Moment brauche ich nichts mehr, als dass du einfach bei mir bist“, erklärte er. So saßen die beiden noch eine Weile beieinander, während Yuichiro Mikaela tröstend über den Rücken strich. „Hat es sehr wehgetan?“, wollte irgendwann Yuichiro wissen und ohrfeigte sich selbst im nächsten Moment innerlich für die Frage. Natürlich hatte es das. „Körperlich nicht so sehr, da habe ich schon Schlimmeres erlebt, aber... irgendetwas ist in dem Moment in mir zerbrochen, schätze ich“, erklärte Mika jedoch. „Es ist, also würde ein Teil von mir fehlen. Ein sehr wichtiger Teil. Ich weiß nicht, was es ist, aber... Ich fühle mich so leer an dieser Stelle.“ Yuichiros Herz zog sich zusammen und versetzte ihm einen Stich, als er das hörte. Jetzt kamen ihm selbst schon die Tränen. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste, wie man Vampire und apokalyptische Reiter bekämpfte, aber er hatte keine Ahnung, wie er das Herz seiner Familie heilen sollte. So tat er das einzige, was er tun konnte: Mika festhalten und ihm versprechen, dass er immer für ihn da sein würde, egal was käme. Und dass er verhindern würde, dass so etwas jemals wieder passieren würde. Mika machte das unglaublich glücklich, viel mehr, als Yuichiro ahnte. Und doch, tief ihn ihm, blieb dieser dunkle Schmerz. So wie der Schmerz, als sie bei der Flucht aus der Vampirstadt ihre Familie verloren hatten, nur anders. Er würde in den Hintergrund gedrängt werden und irgendwann verblassen. Aber er würde nie ganz vergehen, zu einem Teil von ihm werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)