I want to save you von Saedy ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Es waren einige Tage vergangen, seit Mikaela aus der Vampirstadt zurückgekehrt war. Das Leben der Freunde lief wie gewohnt weiter mit Reparaturen am Haus, Essen besorgen, Monster bekämpfen, die die Umgebung unsicher machten, Wäsche waschen, putzen und was sonst noch so im Haushalt anfiel. „Puh, ich frage mich, ob das jetzt ewig so weiter gehen wird“, ließ sich Yuichiro auf sein Bett fallen. „Ich glaube, dieses Leben ist nichts für mich. Ich meine, außer die Apokalyptischen Reiter zu bekämpfen, gibt es hier doch nichts Spannendes. Dauernd diese Bruchbude reparieren, weil es überall reinregnet, und dann scheint sich hier der Dreck von selbst zu vermehren. Man, ich hasse putzen! Kommt es mir nur so vor, oder haben mich die anderen echt öfter zum Putzen verdonnert, als sonst? Die haben wohl auch alle keinen Bock mehr! Ich würde viel lieber Vampire fertig machen, äh, sorry“, warf er einen Blick zu Mika. „Schon gut, ich weiß, was du meinst“, erwiderte dieser und setzte sich neben ihm aufs Bett. Dann warf er seinem Freund einen vorsichtigen Blick zu, schaute aber gleich wieder weg. Das ging noch ein paar mal so. Es schien, als wolle er etwas sagen, sich aber nicht trauen. „Also, was ist los? Spuck es endlich aus“, empfahl Yuichiro, der etwas erschöpft vom langen Tag, den Arm über die Augen gelegt hatte und so halb auf seinem Kissen an der Wand lag. Trotzdem hatte er irgendwie bemerkt, dass Mika etwas von ihm wollte. „Also, wo wir gerade von Vampiren sprechen, ich....“, zögerte er. Yuichiro seufzte. „Also echt, Mika! Nach all der Zeit und so oft, wie du schon von mir getrunken hast, zögerst du immer noch so? Du solltest doch inzwischen wissen, dass es mir nichts ausmacht, wenn du mein Blut trinkst. Sag doch einfach, wenn du Durst hast.“ Mikaela seufzte. „Yuu... dein Blut zu trinken – das wird nie selbstverständlich für mich sein. Auch, wenn ich es jetzt schon oft getan habe, ist es doch so, dass ich dich jedes Mal verletze. Deshalb... Ich hoffe auch, dass es nie selbstverständlich für mich wird, sonst wäre ich doch nur noch ein Monster wie die anderen Vampire.“ Yuichiro lehnte sich überrascht vor. „Das stimmt nicht! Du wirst nie ein Monster sein, Mika! Wann begreifst du das endlich? Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es egal ist, was du bist? Ob Mensch, oder Vampir. Du bist und bleibst Mika! Und du bist der beste Freund, die beste Familie, die man haben kann! Du bist mutig und stark und denkst immer zuerst an andere und dann an dich selbst. Du versuchst immer alles alleine zu schaffen. Auch, wenn ich dich manchmal dafür verfluche, weil du so stur bist und nie Hilfe annehmen willst, bewundere ich dich dafür, dass du so stark bist und so selbstlos. Da ist mein Blut doch das geringste, was ich dir geben kann. Außerdem will ich, dass du lebst und dass es dir gut geht. Also komm schon her!“, öffnete er seine Arme und schenkte ihm einen warmen, einladenden Blick. Mika schluckte. Er wollte sagen, dass Yuichiro sich täuschte, dass er gar nicht so selbstlos war, wie er glaubte, dass er das alles nur tat, um ihn für sich alleine haben zu können. Dass ihm alle anderen egal waren. Aber er brachte es nicht über sich. Stattdessen lief ihm bei dem Gedanken, gleich Yuichiros Blut kosten zu dürfen, das Wasser im Mund zusammen. Und in diesem Moment hasste er sich selbst noch mehr. Trotzdem konnte er nicht anders, als sich seinem Freund zu nähern, in seine Arme und zu seinem Hals hin. Dort legte er seine Hände an Yuichiros Kragen. Er warf ihm noch einen fragenden Blick zu, eine letzte Bestätigung. Yuu nickte, lächelte, seine Augen glänzten, als würde er sich danach sehnen, dass ein Monster sein Blut trinkt. Mika würde es nie verstehen. Er öffnete behutsam Yuus Kragen, zog den Stoff beiseite und schlug seine Fangzähne in dessen Hals, spürte, wie dieser zusammenzuckte. Was er immer tat, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und nie zugeben würde, dass ihm das wehtat. Aber Mika wusste es. Trotzdem, als das warme, köstliche Blut in seinen Mund und die Kehle hinunterlief, war es das schönste und berauschendste Gefühl überhaupt. Er konnte sich nicht erinnern, selbst als Mensch, jemals etwas so Köstliches zu sich genommen zu haben. Für einige Augenblicke war er sogar völlig weggetreten, wie in einem Rausch, bevor er sich mit Gewalt zusammenriss, sich befahl, in die Realität zurückzukehren, bevor er zu viel von Yuichiros Blut trank. Er hätte gerne noch mehr getrunken, so viel mehr, hätte am liebsten nie mehr damit aufgehört, trotzdem löste er seine Zähne aus Yuus Hals. Blickte auf das hinaustretende Blut und senkte seinen Kopf noch einmal, um ihm über den Hals zu lecken und die letzten Tropfen aufzunehmen. Dann hob er langsam seinen Kopf und blickte zu Yuu auf. Unerwartet, bevor Mika realisieren konnte, was geschah, spürte er Yuus Lippen auf seinen. Er riss die Augen auf und verkrampfte sich. Yuu hatte ihn schon nicht mehr geküsst, seit er abgehauen war. Irgendwie war es während all der Aufregung und Arbeit nicht dazu gekommen. Nachdem er sich von der Überraschung erholt hatte, schloss er die Augen und genoss es einfach, dieses wunderschöne Gefühl der Lippen seines Freundes auf seinem Mund, der Hand in seinen Haaren. Zuerst war es nur ein sanfter Kuss und nach Mikas Geschmack hätte es so bleiben können, jedoch hatte Yuichiro offenbar anderes im Sinn. Er intensivierte den Kuss, leckte über Mikas Lippen, der daraufhin überrascht den Mund öffnete und im nächsten Moment die Zunge seines Freundes im Mund spürte. Erschrocken erstarrte er. „Hey, was?!“, protestierte Yuichiro, der sich plötzlich von Mika weggestoßen auf dem Bett liegend wiederfand. Der blonde Vampir hatte den Handrücken auf seinen Mund gepresst und starrte ihn mit hochrotem Gesicht an. „Mi- mika, ich... Es tut mir leid, ich wollte nicht... Ich dachte, oh, man. Hey, was machst du da? Beißt du dir gerade selbst in die Hand? Bist du irre?“ Er wollte auf seinen Freund zugehen, aber dieser sprang nun zurück, nahm die Hand aus dem Mund und schüttelte den Kopf. „Es ist nicht deine Schuld“, erklärte er. „Es ist nur...“, wandte er beschämt den Kopf ab. „Also, du magst wohl keine Zungenküsse, was?“ „Das ist es nicht. Man könnte eher sagen, ich mag es zu sehr“, bekannte Mikaela und ließ den Kopf hängen. „Ich hätte beinahe..., beinhahe.... Ich wollte das nicht, wirklich.“ „Was? Was ist los?“, wollte Yuichiro besorgt wissen. „Ich hätte dir beinahe die Zunge abgebissen. Ich bin eben doch ein Monster.“ „Wah?“, machte Yuichiro erstaunt. „Ja, ich gehe jetzt wohl besser. Es tut mir leid“, mit diesen Worten wandte Mikaela sich ab und wollte gehen. Jedoch, bevor er zur Tür hinaus war, war Yuichiro aufgesprungen und hielt ihn am Arm fest. „Jetzt warte doch mal! Was meinst du damit, du hättest mir beinahe die Zunge abgebissen? Hast du nicht eben von meinem Blut getrunken?“ „Ja, schon. Aber, verstehst du jetzt, Yuu-chan, diese Sucht nach Blut hört nie auf. Und wenn du mir so nahe kommst, dann fällt es mir unglaublich schwer, das zu kontrollieren. Deshalb wollte ich ja anfangs nicht, dass wir zusammen sind“, ließ er den Kopf hängen. „Aber ich schätze, ich kann einfach nicht anders. Ich kann dich nicht noch mal im Stich lassen.“ „Kannst mir wohl nicht widerstehen?“, grinste Yuichiro. „Das ist nicht komisch. Nimmst du das gar nicht Ernst?“ „Nee, denn ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Auch wenn du dir selbst offenbar nicht vertraust, ich weiß trotzdem, dass du mir nie etwas tun würdest. Dafür kenne ich dich viel zu gut. Du schaffst es immer, deine Vampirinstinkte zu kontrollieren und ich bin sicher, du wirst es auch in Zukunft schaffen, okay?“, lächelte er ihn zuversichtlich an. Obwohl Mikaela nicht so ganz einverstanden war, konnte er nicht anders, als zurückzulächeln. Yuu war einfach so lieb und vertrauensselig – viel zu gut für diese verdorbene Welt. „Okay“, erwiderte er deswegen sanft. „Na dann, komm her!“, forderte ihn Yuichiro auf und zog ihn sanft wieder ins Zimmer. „Komm, setz dich!“ Damit lehnte er sich wieder auf seinem Bett, mit dem Kissen im Rücken, an die Wand und Mikaela lehnte seinen Kopf gegen seine Brust und schlang die Arme um seinen Körper. Überrascht stellte er fest, wie Yuichiro sanft durch seine Haare zu streicheln begann. „Hm“, machte er zufrieden. Womit hatte er das nur verdient? „Hey, deine Haare sind echt weich, weißt du?“, stellte Yuichiro gutgelaunt fest. Er ist fröhlich, als wäre nichts passiert und freut sich über solche Kleinigkeiten, stellte Mikaela fest und schloss die Augen. Ich wünschte, es könnte immer so bleiben. Am nächsten Tag machten die Beiden einen längeren Ausflug, um die Umgebung zu erkunden. Dazu hatte Yuichiro etwas Proviant und Decken zum Schlafen für sich mitgenommen und Mikaela brauchte das ja nicht. Dieser bestand aber darauf, die große Tasche zu tragen, weil es ihm als Vampir leichter fiel, obwohl sein Freund zunächst protestierte. Nachdem sie schon fast den ganzen Tag gelaufen waren und viel gesehen hatten, kamen sie zu einem Ort, wo noch ein paar Häuser relativ gut erhalten, aber dennoch offenbar verlassen waren. Auch die Natur hatte sich einigermaßen erholt – überall spross Grün durch den aufgeplatzten Straßenbelag. Besonders ein großes Haus, das schon mehr an eine Villa erinnerte, weckte die Neugier der beiden. Mikaela warnte natürlich wie immer vor Gefahren – schließlich konnte es sein, dass die Gegend nicht ganz so unbewohnt war, wie es schien, besonders, da die Häuser so gut erhalten waren. Aber das schlug Yuichiro mit einem Lachen in den Wind, schließlich hatten sie sich überall umgesehen und niemanden vorgefunden. Im dem großen Haus staunten sie nicht schlecht. Auch wenn alles etwas heruntergekommen aussah und ziemlich staubig und von Spinnenweben durchzogen war, war es immer noch ziemlich beeindruckend. All die teuren Möbel und Gemälde an den Wänden. Die Küche, Bäder, Wohnzimmer – so als wären die Bewohner bloß zu einem Urlaub aufgebrochen und dann überraschend nicht mehr wiedergekommen. Nur zwei Stellen ließen erkennen, was wahrscheinlich passiert war: Dort waren Überreste von Blut auf dem Boden. „Das waren Vampire“, stellte Mikaela unnötigerweise fest und knirschte mit den Zähnen. Dann kamen sie auf den großen Balkon des 3. Stockwerks und staunten nicht schlecht, was man von hier oben aus alles sehen konnte. Der Balkon selbst war überwuchert von Kletterpflanzen, der Holzboden sah nicht mehr ganz so taufrisch aus und war von Dreck und Blättern überzogen, ebenso wie die Gartenmöbel, die herumstanden. Trotzdem wirkte es so idyllisch. Yuichiro streckte sich ausgiebig und gähnte. „Ich glaube, hier können wir schlafen“, stellte er fest. „Was meinst du?“ „Ja, klar. Wenn es dir hier gefällt. Ich schlafe ja sowieso nicht. Ich gehe aufs Dach und passe auf, ob jemand kommt“, wollte er schon gehen, wurde jedoch von Yuichiro festgehalten. „Nein, warte! Bleib doch bei mir! Wir können zusammen schlafen, bitte!“, lächelte er. „A-aber... Du weißt doch, dass ich nicht schlafe.“ „Ja, schon. Aber eigentlich wollte ich auch gar nicht gleich schlafen, wenn du weißt, was ich meine“, zwinkerte Yuichiro. „Ah- ach so“, stotterte Mikaela und wurde rot. Süß, dachte sich Yuichiro und legte beide Hände an das Gesicht seines Freundes, um ihn dazu zu bringen, ihm in die Augen zu schauen. Das er so schüchtern ist, wenn es um solche Dinge geht. Langsam näherte er sich dessen Gesicht und legte die Stirn an seine. „Ja, ich wäre gerne heute Nacht mit dir zusammen“, erklärte Yuichiro und wurde nun selbst etwas rot, dass er das einfach so ausgesprochen hatte. „I-ich auch“, erwiderte Mikaela. Gleichzeitig hatte er aber irgendwie auch Angst. Er hatte so etwas noch nie gemacht. Außer... Er wurde schlagartig blass und erstarrte. Das entging auch Yuichiro nicht. „Hey, was ist los? Hast du etwa Angst davor?“ „Ach, Quatsch“, versuchte Mikaela das mit einem Lachen abzutun. „Ich bin nur überrascht, dass du gleich so direkt bist. Aber, das ist wohl typisch für dich.“ Yuichiro guckte ihn skeptisch an. „Und warum hast du dann eben ausgesehen, als hättest du einen Geist gesehen?“ „Hab ich das? Ich glaube, das hast du dir eingebildet.“ „Hm, aber du würdest es mir doch sagen, wenn du noch nicht bereit dafür bist, oder das gar nicht willst?“ „Also, Yuu-chan, ich will schon, nur... also, ich hab so was noch nie gemacht“, wich er aus. „Ach, dann sind wir ja schon zu zweit“, stellte sein Freund mit einem Grinsen fest. „Außerdem bin ich echt froh, dass du noch keinen vor mir hattest.“ Bei diesen Worten durchfuhr es Mikaela eiskalt. Wenn Yuichiro wüsste, dass er doch nicht der erste gewesen war, was ihm dieser dreckige Vampir angetan hatte, würde er ihn bestimmt verabscheuen, auch wenn er es nicht freiwillig getan hatte. Außerdem kamen mit der Erwähnung auch die Erinnerungen an jene Nacht zurück, die ganzen Bilder und Gefühle, so dass alles in ihm vor Angst erstarrte. Er versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Sein Freund merkte wohl, dass ihm die Sache doch nicht so geheuer war, wie er tat, aber er schob es darauf, dass Mikaela einfach nervöser vor dem ersten Mal war, als er zugeben wollte. So zog er ihn gut gelaunt an der Hand hinter sich her, in das schönste Zimmer, das er hier gefunden hatte, staubte dort das Bett aus – was erst mal zu einem Hustenanfall seinerseits führte - während Mikaela überhaupt nicht zu atmen schien. „So, okay, jetzt leg ich noch meine Decke da drauf, dann ist es nicht so schmutzig. Na, was meinst du?“, präsentierte er stolz. „J- ja, sehr schön, Yuu-chan“, erwiderte Mikaela, sah aber nicht sonderlich begeistert aus, was jedoch nicht an dem schmutzigen Bett lag. „Hey, ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ja, klar.“ „Du tust nicht nur so, um mich nicht zu enttäuschen?“ Mikaela schüttelte den Kopf. „Nein, Yuu-chan, ich liebe dich und will mit dir zusammen sein“, erklärte er direkt heraus und man merkte ihm auch an, dass er das ehrlich meinte. Yuichiro schluckte. Nun wurde er selbst etwas nervös. Was hatte er sich dabei eigentlich gedacht? Trotzdem, wo er schon mal so weit gekommen war, wollte er die Gelegenheit auch nutzen. Deshalb ging er auf Mikaela zu und legte wieder die Hände an dessen Gesicht. Dieser schloss unwillkürlich die Augen. Wie süß, dachte Yuichiro und schluckte. Auf einmal war er sich nicht mehr so sicher, ob er das hier konnte. Er hatte Mikaela zwar schon drei Mal geküsst, aber da war es irgendwie anders gewesen. Da war es einfach mehr oder weniger so passiert, aber jetzt, wo sein Freund so mit geschlossenen Augen vor ihm stand, war es doch etwas anderes. Trotzdem, die Versuchung war so groß, dass er schließlich doch die Augen schloss und ihn küsste. Himmlisch, so schmeckte das. Er würde niemals genug kriegen von den Lippen seines blonden Freundes. Und als der auch noch seinen Kuss zu erwidern begann, schaltete sich sein Verstand vollkommen aus. Diesmal versuchte er jedoch keinen Zungenkuss, zog Mikaela aber immer weiter Richtung Bett mit sich, bis sie nach hinten darauf fielen. „Hey, Yuu-chan“, machte der junge Vampir überrascht, als er über seinem Freund auf dem Bett landete. „Mika...“, erwiderte Yuu sehnsüchtig und zog ihn in einen erneuten Kuss. So küssten und streichelten sie sich einige Minuten nur und genossen ihr Beisammensein. Nach einiger Zeit aber, begann Yuus Hand auf Wanderschaft zu gehen, berührte Mika überall dort, wovon er schon seit einiger Zeit geträumt hatte. Diesem wurde ganz heißkalt unter den Berührungen, während er gleichzeitig süchtig nach Yuus Küssen, nicht damit aufhören konnte, obwohl er es irgendwie unangenehm fand, dass die Hand seines Freundes gerade an seinem Hintern angelangt war. Doch es war immerhin Yuu, also war es in Ordnung, oder nicht? Als er jedoch auf einmal jene Hand in seiner Hose wieder spürte – der Himmel wusste, wie sie da so plötzlich hineingelangen konnte – schrie er erschrocken auf und sprang so schnell vom Bett, dass Yuu erst begriff, dass etwas nicht stimmte, als Mika schon am anderen Ende des Raumes war. „T-tut mir leid, ich dachte... du würdest das mögen“, erklärte Yuu entschuldigend und mit vor Verlegenheit hochrotem Kopf. „Ich hätte wohl vorher fragen sollen.“ „S-schon gut“, erwiderte Mikaela. „I- ich hab mich nur erschrocken, das ist alles“, er blickte verschlossen zu Seite, versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er innerlich zitterte. Das ist doch Yuu, vor ihm musst du doch keine Angst haben, du Trottel, schalt er sich selbst. Er kniff die Lippen zusammen und versuchte, sich zu beruhigen. Aber irgendwie war alles an ihm hart wie Stein vor Schock. „Mika...?“, fragte Yuu vorsichtig. Der junge Vampir schaute überrascht auf, denn sein Freund stand auf einmal vor ihm, ohne dass er bemerkt hatte, wie sich dieser genähert hatte. „Was ist mit dir? War es so schlimm? Es tut mir wirklich leid“, schaute er entschuldigend. „Hey, du zitterst ja“, stellte er fest und legte eine Hand auf seinen Arm, was ihn zusammenzucken ließ. Yuu nahm erstaunt die Hand wieder weg. Seit wann hatte Mika Angst vor ihm? „Hey, was ist los?“ „Nichts, alles in...“, „Lügner!“, wurde er von Yuu unterbrochen, bevor er zu Ende sprechen konnte. „Fängst du schon wieder damit an, mit allem alleine fertig werden zu wollen? Wenn es dir so zuwider ist, dass ich dich anfasse, dann sag das doch. Ich bin dir doch nicht böse deswegen. Ich will nichts tun, was dir nicht gefällt, oder sogar...“, warf er einen besorgten Blick auf die jämmerlich aussehende Gestalt vor ihm, „sogar Angst macht“, stellte er traurig fest. „Hey“, legte er nun beide Hände an Mikas Gesicht und brachte ihn dazu, ihm in die Augen zu schauen. „was ist los? Da ist doch noch mehr, oder? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. So leicht bist du doch sonst nicht zu erschrecken“, stellte er mit sanfter Stimme fest. „Tut mir leid, Yuu-chan“, fasste sich Mika und richtete sich aus seiner kauernden Haltung wieder auf. „Nein, es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen. Mir tut es Leid, okay?“ Mika nickte. „Aber, du hast Recht, ich bin ein Angsthase, dass ich mich vor so etwas fürchte“, erklärte er. Yuu schenkte ihm einen skeptischen Blick, irgendwie spürte er, dass da noch mehr dahinter steckte. „Willst du nicht darüber reden?, erkundigte sich Yuichiro besorgt. Mika seufzte und schaute zu Boden. „S-schon, aber... es ist nicht so einfach.“ Als Mika nichts weiter sagte, sondern einfach nur weiter auf dem Boden starrte, meinte Yuichiro schließlich: „Komm, ich zeig dir was!“ Damit nahm er ihn beim Arm und zog ihn mit sich. Mikaela folgte überrascht. Was hatte sein Freund auf einmal vor? Nachdem sie einige Treppen in dem alten Haus hinauf gegangen waren, gelangten sie zum Dachboden. Dort führte eine Holztreppe mit offenen Stufen, die halb wie eine Leiter wirkte, hinauf. Mikaela schaute skeptisch hinter Yuichiro her, der schon dabei war, nach oben zu klettern. „Na komm!“, forderte dieser ihn auf und wandte sich um. „Das habe ich vorhin entdeckt als wir das Haus nach versteckten Feinden abgesucht haben.“ Der Vampir seufzte innerlich, folgte ihm aber ohne Widerspruch. Oben angekommen, kämpften sie sich erstmal durch einen Berg aus Staub und Dreck. Yuichiro hustete und Mikaela hörte kurz auf zu Atmen. Dann öffnete Yuichiro eine Luke im Dach und kletterte dort kurzerhand hinauf. Sein blonder Freund schaute ihm perplex nach. Was sollte das werden? Schnell folgte er ihm – er wollte schließlich nicht, dass Yuichiro noch vom Dach fiel, vor lauter Leichtsinn. Das wäre ihm durch aus zuzutrauen. „Ist das nicht wunderschön?“, wollte Yuichiro wissen, der sich auf das Dach gesetzt hatte und zu den Sternen hinaufschaute. Mikaela schaute hoch und staunte nicht schlecht, als er sah, dass heute Nacht der Himmel so klar war, dass man tausende von Sternen sehen konnte. Das ganze Band der Milchstraße zog sich über den Himmel und machte seinem Namen alle Ehre. Das erinnerte Mikaela an die seltenen Gelegenheiten, bei denen er die Vampirstadt hatte verlassen dürfen und ebenso zum Himmel hinaufgeschaut hatte. Damals hatte er an Yuichiro gedacht, sich gefragt, was wohl mit ihm passiert war, wie es ihm ging – ob er überhaupt noch am Leben war. Er hatte sich vorgestellt, wie sein geliebter Freund wohl lebte, was er machte und ob er glücklich war, ob er noch an ihn dachte. Was er wohl von ihm halten würde, wenn er wüsste, dass er als Vampir weiterlebte. Ob er ihn noch mögen würde. Und jetzt war er hier mit ihm, Yuichiro war immer noch sein Freund, seine Familie und mehr noch, sein Geliebter, ließ ihn sogar sein Blut trinken. Etwas, was er in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet hatte. Er wollte nicht, dass das kaputt ging, weil er wegen eines abscheulichen Vampirs nicht mehr in der Lage war, Yuichiro das zu geben, was er brauchte. Er musste sich irgendwie zusammenreißen. Langsam ging er zu seinem Freund und ließ sich neben ihm nieder. „Ja, das ist es“, stimmte er zu. Eine Weile saßen sie so da und betrachteten nur den Himmel, bis Yuichiro auf einmal eine kalte Hand auf seiner fühlte. Er wandte den Blick vom Horizont ab und zu dem Vampir hin, sah ihn fragend an. „Du hast Recht, da ist noch mehr...“, begann er, sah dabei aber weiter geradeaus. Wenn er das erzählte, wäre er bestimmt nicht in der Lage, Yuichiro in die Augen zu schauen. „Ich hab mich nicht einfach nur erschrocken, weil du mich angefasst hast. Es hat mich nur an das erinnert, was in der Vampirstadt passiert ist. Plötzlich ist alles wieder hochgekommen. Ehe ich wusste, was ich tue, bin ich aufgesprungen und geflüchtet. Dabei weiß ich doch, dass du mir nie etwas tun würdest. Ich bin so ein Dummkopf, tut mir leid“, senkte er den Kopf. Er bemerkte nicht, wie Yuichiro ihn aus schockgeweiteten, grünen Augen anstarrte. „D-du meinst doch nicht...? Du willst doch nicht sagen, dass... Das einer von diesen dreckigen Vampiren dich... angefasst hat, oder...“, Yuichiros Stimme versagte zum Ende hin. „Ja“, erklärte Mikaela. „Tut mir leid Yuu-chan. Ich... du musst mir glauben, ich wollte das wirklich nicht. I-ich war einfach zu schwach..., wieder mal.“ Er schwieg, obwohl er eigentlich vorgehabt hatte, seinem Freund endlich alles zu erzählen, aber irgendwie... war das gar nicht so einfach. Plötzlich fasste ihn Yuichiro bei den Armen und drehte ihn zu sich, zwang ihn, ihn anzusehen. „Mika... Mika, sieh mich an! Sag was! Was ist passiert? Hat dich einer von diesen Mistkerlen... ver-vergewaltigt?“ Yuichiro brachte es kaum fertig die Frage zu stellen. Er mochte sich gar nicht vorstellen, wie fürchterlich es erst für Mika gewesen sein musste, das durchzumachen. Nach kurzem Zögern, nickte Mika leicht, traute sich aber immer noch nicht, ihm in die Augen zu schauen. Yuichiro schaute ihn entsetzt an. Sein Mika, hatte so etwas Furchtbares durchmachen müssen? Nach dem ersten Moment des Schocks, traten ihm auf einmal Tränen in die Augen. Zuerst wollte er ihn in die Arme nehmen, ihn trösten, aber dann fiel ihm wieder ein, wie geschockt sein Freund auf seine letzte Berührung reagiert hatte. Das war zwar etwas ganz anderes als eine Umarmung gewesen, aber trotzdem war er sich unsicher, ob Mika das jetzt wollen würde. So saßen sie einem Moment schweigend voreinander. Der junge Vampir fragte sich, warum sein Freund gar nichts sagte, bis er ein Schuchzen vernahm und verwundert hochschaute. Überrascht stellte er fest, dass Tränen aus dessen Augen flossen. „D-das ist ja furchtbar, Mika!“, wischte er sich über die Augen. „Das tut mir so leid. Sag mir, wer das war und ich bring den Mistkerl um, das schwör ich dir!“ Er zitterte förmlich vor Trauer und Wut. „D-das hab ich schon getan“, erklärte Mikaela ganz überrascht von der Reaktion seines Freundes. „Das ist zu schade, ich hätte diesen....“, hier folgte eine Reihe von Schimpfwörtern, die Mika in Erstaunen versetzten... „am liebsten mit meinem Schwert zerstückelt und zwar so langsam und grausam, dass er sich gewünscht hätte, lieber zu sterben und tausend Mal bereut hätte, was er dir angetan hat! Ach ja, und vorher hätte ich ihn natürlich in der Sonne aufgehängt und schmoren lassen!“ So redete er noch eine ganze Weile weiter, in der Mika ihn nur erstaunt anstarrte. Bis er nicht mehr anders konnte und auflachte. Seinen Yuu-chan so aufgeregt und enthusiastisch, mit wütend funkelnden Augen zu sehen, war ein zu amüsanter Anblick. Hätte ihm vor fünf Minuten jemand erzählt, er würde gleich wieder lachen, oder auch nur in naher Zukunft, hätte er diesen für verrückt erklärt. Yuichiro schaute ihn auch entsprechend überrascht an und unterbrach seine Rede. „Yuu-chan, du... bist wirklich einmalig“, kicherte Mika. Unter normalen Umständen wäre Yuichiro jetzt beleidigt gewesen, aber so war er nur total erleichtert, dass sein Freund wieder lachen konnte. „Aber, sag mal, wieso sagst du, dass es dir leid tut und dass du zu schwach warst? Das war doch nicht deine Schuld! Ich weiß doch, dass du so etwas nie freiwillig zugelassen hättest!“ Mikaela wandte den Blick ab. „Na ja, es ist nur..., das ich wieder einmal versagt habe. Ich meine, ich konnte nicht mal mir selbst helfen, wie soll ich dann jemals stark genug werden, dich, oder andere zu retten, wenn ihr mich braucht? Es würde doch nur wie damals bei unserer Flucht enden, als alle wegen mir...“, stockte er. „Hey, das..., so denkst du doch nicht wirklich, oder?“, erwiderte Yuichiro entsetzt. „Das ist doch nicht deine Schuld gewesen! Und außerdem bist du nicht schwach! Im Gegenteil! Du bist einer der stärksten Menschen – und jetzt Vampir – den ich kenne. Wie kommst du nur auf so einen blöden Gedanken?“ „So siehst du mich, Yuu-chan?“, schaute Mika ihn überrascht an. „Ja, natürlich!“, erwiderte der aus entschlossen funkelnden, grünen Augen. Auf einmal blinzelte er selbst überrascht, als er plötzlich seinen blonden Freund im Arm hatte, der sich offenbar mit Vampirgeschwindigkeit bewegt hatte und nun an seiner Schulter schluchzte. Diesmal waren es allerdings mehr Tränen der Erleichterung, so als wäre ein Stein von seinem Herzen gefallen, der ihn die ganze Zeit nicht nur belastet, sondern auch unglaublich geschmerzt hatte. „Hey, hey!“, machte Yuichiro tröstend und begann, ihm über die blonden Locken zu streicheln. „Das, was du durchmachen musstest, muss furchtbar gewesen sein. Wenn du darüber reden willst, bin ich für dich da, okay? Aber auch wenn nicht, verstehe ich das. Nur, fühl dich bitte nicht weiter schuldig, weil du zu schwach gewesen wärst, oder so ein Quatsch! Das ist nicht deine Schuld, nicht im Geringsten. Das ist nur die Schuld dieses Monsters. Das darfst du nie vergessen, okay?“ „Hm“, machte Mikaela, unendlich erleichtert, dass Yuichiro ihn nicht von sich stieß und verharrte noch eine Weile schweigend an seiner Schulter, bis die Tränen allmählich verebbten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)