I want to save you von Saedy ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Da war er also wieder, an diesem verhassten Ort, von dem er geglaubt hatte, ihn nie wieder sehen zu müssen – vor den Toren der unterirdischen Vampirstadt. Mikaela stand mit grimmig verschlossenem Gesichtsausdruck dort und starrte auf den Eingang. Dann zog er sein Schwert. Denn er hatte schon bemerkt, dass die Wachen auf ihn aufmerksam geworden waren. „Was, ist das nicht der Verräter?“, rief eine spöttisch klingende Stimme von der Seite. „Wie hieß er noch gleich?“ „Mika irgendwas...“, erwiderte eine zweite Stimme von der anderen Seite. „Ach ja, das war's“, stimmte der erste zu. Die Beiden waren blitzschnell und für menschliche Augen in ihren Bewegungen kaum wahrzunehmen. Jedoch war Mikaela schneller. Noch ehe sie verstanden, was hier passierte, hatte er sie in Stücke zerschnitten und sie zerfielen zu Staub. Das lag zum einen daran, dass er durch die ehemalige Vampirkönigin Krul Tepes zum Vampir geworden und damit stärker als gewöhnliche Vampire war und zum anderen daran, dass er in den vier Jahren, während er in der Vampirstadt gelebt hatte, kaum etwas anderes getan hatte, als den Schwertkampf zu üben. Und das hatte er so erbittert getan, wie kaum ein anderer. Ihm war ja auch nichts anderes geblieben, als die Hoffnung, Yuu vielleicht doch irgendwann wieder zu begegnen und ihn vor den Menschen, die Experimente mit ihm anstellten, zu retten. Dafür, und um irgendwann stark genug zu sein, die scheußlichen Vampire, die ihre Freunde getötet hatten und ihn selbst verwandelt, ihm dieses schreckliche Schicksal angetan hatten, zu vernichten. So kämpfte Mikaela erbittert und voller Hass und Verzweiflung weiter. Wenn er schon starb, wollte er so viele von diesen Monstern mit sich nehmen, wie er konnte. Wäre die ganze Situation nicht so schrecklich und traurig gewesen, hätte man fast diese Anmut und Geschmeidigkeit bewundern können, mit der sich der er sich durch die Vampirmenge kämpfte, es sah fast aus, wie ein leichtfüßiger Tanz, bei dem die anderen Vampire viel zu langsam reagierten. Das ging eine Weile so weiter, bis er direkt vor der Vampirstadt stand und auf einmal einige Adelige auftauchten. Diese waren nicht nur stärker und schneller, sondern auch besser bewaffnet und zwar mit einem Schwert, wie Mikaela selbst ebenfalls eines besaß, nämlich eines, das Blut trank. Genau dies wies er sein Schwert auch nun an zu tun, damit es stärker würde. So kämpfte er verzweifelt gegen die Adeligen und ein paar andere Vampire weiter. Er wusste, jeden Moment würde es so weit sein, sein Tod war sicher. „Für dich, Yuu-Chan“, flüsterte er und stach damit einem der Adeligen ins Herz, zog das Schwert zur Seite, womit dieser auseinander geschnitten wurde und zu Staub zerfiel. Damit hatte er aber auch seine eigene Deckung vernachlässigt, doch das war ihm jetzt egal. Nur so war er noch in der Lage, einen letzten dieser fiesen Adeligen mit in den Tod zu reißen. Und schon spürte er einen schrecklichen Schmerz in seinem Rücken, der ihn bewegungsunfähig machte. Das war es nun also gewesen. Er bedauerte nur eins: Dass er Yuu niemals wiedersehen würde. Und dass er ihn nicht mehr beschützen konnte. Er wartete nur noch auf den letzten, tödlichen Schnitt und kniff die Augen zu. „Halt halt, nicht so schnell“, rief da eine Stimme, die Mikaela eiskalte Schauder des Ekels den Rücken hinunterlaufen ließ. „Lasst ihn am Leben.“ „Aber Lord Ferid, er hat Lord Ceris getötet“, protestierte einer der anderen Adeligen, ohne die vielen anderen, niederen Vampire zu erwähnen, die er getötet hatte, als wären die es nicht wert. „Ja, ich habe es gesehen, tja, wie bedauerlich, da kann man nichts machen, was?“, tat Ferid die Sache ab, als wäre das nichts. „Aber der Kleine hier, den brauchen wir noch lebend. Er mag zwar nicht danach aussehen, aber er trägt das Blut unserer ehemaligen Königin in sich. Das brauchen wir noch. Ihr wisst doch, dass sie keine anderen Nachkommen hatte.“ „Was, dieser Abschaum von einem Verräter? Dann sollten wir ihn erst recht...“ „Na, na, so ist er aber doch viel wertvoller, oder viel mehr sein Blut ist es.“ „Nein, i- ich... tötet mich“, brachte Mikaela unter Aufbietung seiner letzten Kräfte hervor. „Oh, mal wieder so erpicht darauf, zu sterben, hm?“, summte Ferid und beugte sich über ihn. „Du faszinierst mich immer wieder. Obwohl du nun schon lange genug ein Vampir bist und wie ich sehe, inzwischen auch ein vollständiger und ich dich ganz gut zu kennen glaube, bist du immer noch so.... anders. Hm, was machen wir jetzt mit dir?“, überlegte Ferid, richtete sich wieder auf und hielt nachdenklich die Hand an sein Kinn. „Ach ja, werft ihn erstmal in unseren Kerker. Ihr wisst schon, in den, aus dem nicht mal adelige Vampire sich befreien können.“ „Nein!“, protestierte Mikaela. „Tötet mich!“, doch die anderen hörten nicht auf ihn. Stattdessen zog der eine das Schwert aus seinem Rücken und steckte stattdessen einen Holzpflock in sein Herz, der ihn endgültig lähmte. Das Bewusstsein verlor er aber nicht, so bekam er mit, wie ihn die Vampire aufhoben und in ihre unterirdische Stadt hineinschleppten. Sie schleppten ihn so weit hinunter und in so dunkle Gänge, dass ihm nichts davon bekannt vorkam. Und es war so dunkel, dass er selbst als Vampir mitunter Schwierigkeiten hatte, etwas zu erkennen. Doch es reichte, dass die anderen, die ihn trugen, keine Anstalten machten, Lampen zu entzünden. In einem dunklen Verlies angekommen, wurde Mikaela in eine feuchte, dreckige Zelle geworfen und mit einer Kette festgebunden, die, wie man ihm versicherte, selbst den stärksten Vampir davon abhielt, zu entkommen. Sie war nämlich aus einer mit Silber gemischten Legierung gefertigt, die auf der Haut brannte und seine Kräfte minderte. Den Holzpflock hatte man gnädigerweise entfernt. Natürlich versuchte Mikaela trotzdem, sich loszureißen, sobald die anderen Vampire ein Stück weit fort waren und er sich etwas erholt hatte. Er versuchte es so sehr, dass seine Handgelenke schmerzten wie Feuer. Aber das war ihm egal. Er hatte vorgehabt zu sterben und nicht auf ewig in einen Kerker eingesperrt zu sein. Was hatte dieser verdammte Ferid nur vor? Lag es wirklich an seinem Blut, dass er ihn behalten wollte? Oder wollte er ihn viel mehr quälen? Vielleicht hatte er aber auch etwas ganz anders vor... Viel später, Mikaela konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, nur, dass sein Blutdurst mittlerweile unerträglich geworden war, öffnete sich die Tür des Raumes, in dem seine Zelle lag. Sofort stieg ihm der Duft menschlichen Blutes in die Nase und er drehte sich, vollkommen von seinem Instinkt geleitet, um. „Hier, vielleicht deine Henkersmahlzeit, wer weiß?“ Mit diesen Worten warf ihm ein Vampir ein kleines Mädchen in die Zelle, das schreiend in die andere Ecke des Raumes rannte und sich dort zusammen kauerte. Das hätte ihr aber auch nichts genützt, denn die Kette, die Mikaela festhielt, war lang genug, um sie trotzdem zu erreichen. Er starrte das Mädchen mit großen Augen an. Auch das noch! Die ganze Situation und dieser Blutdurst, waren schon schlimm genug. Aber das sie ihm jetzt auch noch ein Mädchen in die Zelle setzten. Mikaela schluckte und zwang sich, den Blick abzuwenden. Er schaute zu Boden und schlug hielt seine Fäuste vor die Augen, versuchte, an etwas anderes zu denken, oder einfach an gar nichts. Trotzdem stieg ihm der Duft des Blutes verführerisch in die Nase und wurde beinahe unerträglich. Wie lange würde er noch widerstehen können? Wie lange, bis er sich endgültig in ein Monster verwandelte und ein unschuldiges Mädchen fraß? Wenn er wenigstens die Möglichkeit hätte, sich zu töten! Das wäre immer noch besser gewesen, als diesem Mädchen etwas anzutun. Nach einer Weile begann Mikaela zu zittern. Sein ganzer Körper bebte vor Hunger, vor Verlangen nach Blut. Nur nicht hinsehen, nur nicht hinsehen und nicht dran denken, beschwor er sich selbst. Denk an was Schönes, denk an... Yuu. Bei dem Gedanken und dem Bild, das vor seinem inneren Auge erschien, musste er trotz der schlimmen Situation unwillkürlich lächeln. „Na so was, das Vieh lebt ja noch?“, stellte viel später – es kam Mikaela wie eine Ewigkeit vor – eine fremde Stimme fest. „Und du, hast dich selbst gebissen?“, wunderte der Vampir sich. „Na, na, so was macht man doch nicht!“ Mikaela hob den Kopf und löste seine Zähne aus der Hand, in die er sich gebissen hatte. Nur durch den Schmerz und den Geschmack seines eigenen Blutes, war es ihm möglich gewesen, sich davon abzuhalten, das Mädchen zu beißen. Er würdigte den unbekannten Vampir kaum eines Blickes, schaute wieder zu Boden, während er dahockte und die blonden Locken sein Gesicht fast verdeckten. „Du willst also kein Blut trinken? Willst du sterben, oder was? Nun, vielleicht weißt du es ja noch nicht, aber selbst wenn du es schaffst, der Versuchung zu widerstehen, sterben wirst du trotzdem nicht, du wirst bloß den Verstand verlieren und dich in einen blutrünstigen Dämon verwandeln. Ha, ha! Na ja, mal sehen, wie lange du das aushältst! Das muss ich Lord Arin erzählen!“, amüsierte er sich und verschwand. Mikaela ließ wieder den Kopf auf den Arm sinken, der auf seinen Knien lag und schloss die Augen. „Duuu“, kam auf einmal eine zögerliche, leise Stimme. „Willst du wirklich kein Blut trinken?“, fragte das Mädchen, das sich offenbar ein Herz gefasst hatte. Mikaela blickte überrascht auf und blinzelte. „Nein, aber ich halte es nicht mehr lange aus, also komm mir bloß nicht zu nahe.“ „Komisch, alle Vampire wollen doch Blut trinken... Warum du nicht?“ Er seufzte: „Weil ich niemanden verletzen will. Ich will kein Monster sein.“ „Ah, und was hast du bis jetzt getrunken? Ich dachte, Vampire können nur Blut trinken.“ Der junge Vampir nickte. „Ein guter Freund von mir, hat mir sein Blut gegeben.“ „Ach so. Hm. Schade, dass du nicht auch ohne Blut leben kannst. Du scheinst ganz in Ordnung zu sein, im Gegensatz zu den anderen Monstern.“ Mikaela blickte sie überrascht an. Dann seufzte er. „Nein, täusche dich da nicht, ich bin genauso ein Monster wie die anderen. Ich... wünsche mir nur, es wäre nicht so. A- aber es ist leider unmöglich, ich kann nie wieder ein Mensch sein. Auch wenn... Yuu-chan – mein Freund – gesagt hat, dass es ihm egal ist, dass ich ein Vampir bin. Es ist doch, letztlich nicht egal. Ich komme nicht gegen meine Natur an. Deshalb solltest auch du niemals einem Vampir trauen, egal wie harmlos oder nett er erscheint.“ Daraufhin schwieg das Mädchen nachdenklich. Schließlich meinte sie: „Das tut mir leid, dass du kein Mensch sein kannst.“ Mikaela schaute überrascht auf und lächelte dann. „Ich hoffe, du kommst hier raus.“ „Ja“, sagte sie traurig. Eine Weile schwiegen sie. Mikaela fiel auf, dass es nicht mehr ganz so schlimm war, den Blutdurst zu ertragen, seit er mit ihr gesprochen hatte. War das die Ablenkung, oder lag es daran, dass er sich einfach so an den Hunger gewöhnt hatte, dass er ihn nicht mehr so stark spürte? Eine kleine Ewigkeit schien vergangen, als wieder Bewegung in den Kerker kam und nun ein anderer Vampir eintrat. Er schaute nicht auf, ließ seinen Kopf weiterhin auf dem Arm ruhen, es war ja doch egal, ein Vampir wie der andere! Und er war nicht in der Lage, etwas zu tun. „Du bist also der Vampir, der kein Blut trinken will?“, beugte der Mann sich neugierig hinab, versuchte einen besseren Blick zu bekommen. Mikaela reagierte nicht. „Interessant, hm, mein Freund sagte, du wärst ein ganz Hübscher, aber man kann ja nichts von dir sehen, wenn du dich da so zusammenkauerst. Na, was ist, willst du nicht mit mir sprechen?“ Der Mann wartete einen Augenblick, aber es kam keine Reaktion von dem Gefangenen. „Weißt du, ich kann dich nämlich hier raus bringen, wenn du willst.“ Nun hob er doch den Kopf, blickte den anderen aber nicht an. „Das wird Ferid sowieso nicht zulassen.“ „Ach, was, Ferid, ah, ha! Weißt du, er mag zwar Einfluss haben, aber ich bin auch nicht ganz ohne, also... das ist kein Problem! Lass das mal meine Sorge sein! Die Frage ist doch nur, was du bereit bist dafür zu tun? Und na ja, erst mal, bevor ich überhaupt daran denke, das zu tun, muss ich sehen, ob mein Freund recht hatte! Steh mal auf und zeig dich! So kann man ja gar nichts von dir sehen.“ Was meinte der Vampir nur? Na ja, es war auch egal. Eigentlich hasste Mikaela es, auf die Befehle von Vampiren zu hören, aber wenn dieser ihn hier wirklich rausbringen konnte, dann war das die Gelegenheit, vielleicht doch noch zu sterben. Außerdem würde er dann das Mädchen nicht verletzen. Deshalb stand er auf und trat nach Vorne. Der Vampir, den er dabei nun erblickte, hatte langes, dunkelblaues Haar, rote Augen, wie alle anderen auch, ein hübsches Gesicht und sah aus, als hätte sein menschlicher Alterungsprozess mit ungefähr 30 gestoppt. Dabei trug er eine Art grau glänzenden Anzug, der nur aus einem Teil mit Trägern zu bestehen schien und darunter ein blaues Hemd und machte so einen recht vornehmen Eindruck. Aber Mikaela wusste, bei Vampiren täuschte das immer – nach Außen hin sahen sie meistens ungewöhnlich gut aus, aber Innen waren sie verfaulende Dreckstücke, Monster eben. „Oh, na sieh mal einer an“, klatschte der Vampir die Hände zusammen. „Mein Freund hatte recht, du bist ja ein ganz Hübscher! Zwar etwas verdreckt und ramponiert und ziemlich ausgehungert, aber das kriegen wir schnell wieder hin.“ Mikaela warf ihm einen giftigen Blick zu. „Nein, wie süß, er ist sauer auf mich!“, kicherte er daraufhin. „Also, was willst du?“, ihm schwante schon Übles. „Ach, mach dir darüber erst mal keine Gedanken, das wirst du noch früh genug erfahren. Bis dahin... Nun, ein bisschen wirst du dich schon noch gedulden müssen“, mit diesen Worten wandte er sich um. „Ach ja, und... genieße lieber deinen Snack, du siehst total ausgehungert aus. Wir wollen doch nicht, dass du dich zwischenzeitlich in einen Dämon verwandelst!“ Mikaela wandte den Blick ab. Das würde er sicher nicht tun. Einige Zeit später hatten ihn einige andere Vampire gepackt und in einen anderen Teil der unterirdischen Stadt geschleppt. Mikaela war mittlerweile so stark geschwächt, dass er sich kaum bewegen, geschweige denn, wehren, konnte. Dort wurde er in einen großen, elegant, aber altmodisch eingerichteten Raum geworfen, zu Füßen des blauhaarigen Vampirs. „Da ist er, Lord Arin“, kommentierte einer der Vampire, die ihn hergebracht hatten, damit verschwanden sie und ließen Mikaela mit ihm allein. „Oh, du siehst ja vollkommen zerstört aus? Sag bloß, du hast nichts getrunken? Nein? Wah,... was für eine Selbstbeherrschung. Ich bewundere das ja, aber das geht doch nun wirklich zu weit. Du musst was trinken, du kannst dich ja kaum noch bewegen.“ „Das ist egal“, richtete sich Mikaela langsam wieder auf und kam dann auf unsicheren Füßen zum Stehen. Es sah aus, als würde er jeden Moment umkippen, aber sich um keinen Preis etwas anmerken lassen wollen. Das gelang aber nicht besonders gut. „Ach, wirklich? Na ja, mir ist es aber nicht egal. Weißt du was, ich hab da was für dich!“, rief der Vampir. Mit diesem Worten ging er durch eine offene Tür und holte irgendetwas. Was es war, wurde Mikaela einen Augenblick später gewahr, als ihm der Duft frischen Blutes in die Nase stieg. Er richtete seinen Blick auf das Glas, wie hypnotisiert. Ehe ihm bewusst wurde, was er da tat, oder auch nur an Widerstand denken zu können, hatte er das Glas schon an sich gerissen und in einem Zug geleert. Als er fertig war und auf das leere Glas in seinen Händen starrte, kam er wieder zu sich. Oh, nein! Wie hatte ihm das nur passieren können? „So ist's gut!“, tätschelte ihm Lord Arin auf den Kopf, oder versuchte es zumindest, da Mikaela im letzten Moment auswich. „Oh, du kannst dich wieder bewegen. Gut, dann geh jetzt ins Bad, wasch dir den Schmutz ab und zieh die Sachen an, die ich für dich hingelegt habe. Mikaela warf ihm einen bösen Blick zu. Die ganze Sache hier gefiel ihm nicht. Aber er beschloss, dass es besser war, erst mal das zu tun, was der Andere sagte, bis er eine Gelegenheit fand, sich zu töten, oder irgendwie zu entkommen. Außerdem war ja nichts schlimmes dabei, sich zu waschen und neue Klamotten anzuziehen. Fand er jedenfalls, bis er die Kleidung nach seinem Bad genauer unter die Lupe nehmen konnte und feststellte, das die doch sehr ausgefallen war. Oder besser gesagt, mehr frei ließ, als bedeckte. Mikaela starrte den Fetzen, wie er ihn insgeheim nannte, böse an. Da war ihm seine Vampiruniform doch lieber, auch wenn die mittlerweile einige Löcher hatte und ziemlich verdreckt war, bedeckte sie doch mehr, als dieses, man konnte es wohl kaum Kleidungsstück nennen, Teil. Hatte er bis jetzt noch Hoffnung gehabt, dass er sich täuschte, wurde ihm nun vollkommen klar, was das hier werden sollte. Und es gefiel ihm überhaupt nicht. „Na, gefällt es dir nicht?“, grinste Lord Arin, der plötzlich hinter ihm aufgetaucht war und Mikaelas nackte Rückseite von oben bis unten musterte. Der junge Vampir gab sich unbeeindruckt und warf Arin wieder nur einen bösen Blick zu, aber innerlich wurde ihm ganz übel. Dann wandte er sich wieder um und griff demonstrativ zu seiner Vampiruniform, zog sich diese über. „Also, wenn das so ist, ich hab auch noch was anderes. Bevor du noch diesen verdreckten Fetzen anziehst, schau doch mal in den Schrank!“, forderte Arin ihn auf. Mikaela blickte überrascht zu ihm hin. Der wollte ihn gewähren lassen, obwohl er nicht gehorcht hatte? Wahrscheinlich war hier irgendetwas faul. Bestimmt hingen in diesem Schrank nur solche Klamotten. Trotzdem ging er hin und sah nach. Währenddessen bemerkte er, dass Arin das Bad glücklicherweise wieder verließ. Überraschenderweise fand er etwas Ordentliches zum Anziehen: Eine weiße Hose und ein blaues Hemd, die beide etwas zu groß waren, aber die Hose zog er mit einem schwarzen Gürtel fest und steckte das Hemd in die Hose, so ging es. Dabei fiel sein Blick in den Spiegel und er starrte das Gesicht an, das ihm so fremd geworden war. Dieses Gesicht eines scheußlichen Vampirs mit roten Augen und aus dem leicht geöffneten Mund herauslugenden Fangzähnen. Dazu die Haare, die ihm wirr ins Gesicht fielen und nur den Vorteil hatten, dass sie seine hässlichen, spitzen Ohren verdeckten. Yuu-chan, was hast du nur in mir gesehen, dass du mich so akzeptiert hast, wie ich bin?, dachte er mit einem traurigen Lächeln in den Spiegel. Das du mich so magst wie ich bin, obwohl ich jetzt nur noch ein hässlicher Vampir bin. Das kommt mir immer noch vor wie ein Wunder. Mikaela schloss die Augen und dachte an Yuu. Dann atmete er tief ein, wappnete sich innerlich gegen das Kommende und wandte sich um. Nur damit ihn im nächsten Moment der Blutdurst erneut mit voller Wucht traf und er erstarrte. Er hatte eben nur ein Glas getrunken, dabei war er am Verdursten gewesen. Und jetzt, wo er sich wieder ein wenig erholt hatte, schien der Durst nur um so stärker geworden zu sein. Nein, er schüttelte den Kopf. Nicht dran denken, nur nicht dran denken. Er raffte sich zusammen und machte einen Schritt, aber im nächsten Moment schwankte er. Irgendwie kam er zur Tür und lehnte sich dagegen. Ich darf keine Schwäche zeigen, sagte er sich. Mit diesem Gedanken atmete er tief durch und versuchte sich zu sammeln. Dann drückte er die Türklinke hinunter und trat hinaus. „Oh, hübsch“, stellte Lord Arin fest, der dort auf dem roten Sofa saß und irgendwie gelangweilt wirkte. „Ein bisschen groß, aber trotzdem niedlich. Hm, wie alt bist du wohl? Noch nicht so alt, oder? Auch wenn man das bei unsereins nie so genau sagen kann, aber du machst einfach nicht den Eindruck, als hättest du schon viel gesehen. Du wirkst so.... frisch. Hahaha“, schlug er sich auf die Oberschenkel. „Und unerfahren..., unschuldig, willst das Vieh nicht verletzen..., du bist noch nicht über deine Menschlichkeit hinweg.“ Jetzt hatte er einen nachdenklichen Blick und musterte Mikaela. „Auf welchen Gebieten du wohl noch unschuldig bist? Wollen wir es herausfinden?“ Mikaela erstarrte zur Salzsäule. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)