Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 42: Teil 2: Auf ins Ungewisse ------------------------------------- Kapitel 36: Teil 2 auf ins Ungewisse Wir kamen jedoch ohne Probleme zurück nach Kaer Morhen. Zumindest war der Weg so ruhig gewesen, dass ich tatsächlich weggedöst war. Er trug mich bis in den Bergfried und zog daher einige Blicke auf uns. Erst am Tisch ließ er mich wieder runter. Kurze Zeit später setzten sich Letho und Mäussack zu mir, Letho schob mir einen dampfenden Becher rüber, „Eine kleine Belohnung“, meinte er. Neugierig sah ich erst in den Becher und strahlte ihn dann an. „Danke!“, grinste ich und klammerte mich an den Becher, obwohl ich mir sicher sein konnte, dass mir keiner der anderen ihn mir wegnehmen würde. Sie hatten ihre Abneigung zu Kaffee ziemlich deutlich gemacht. Letho schüttelte leicht den Kopf darüber, er verstand vermutlich auch nicht, dass ich das bittere Gebräu mochte. Mäussack hingegen schaute mich interessiert an. „Ah ja, der schwarze Bohnenaufguss. Ein seltener Genuss, nicht war?“, lächelte er. Erstaunt blinzelte ich ihn an und musste dann lächeln, es gab anscheinend doch jemanden in dieser Welt, der dieses Getränk mochte. „Leider ist es in Skellige zu kalt für diese Pflanzen, sie gedeihen dort nicht“, seufzte der Druide. Mit dem Anbau von Kaffee kannte ich mich nicht aus, daher konnte ich ihm keine Tipps geben. „Letho hat dir bereits gesagt, dass wir in zwei Tagen aufbrechen wollen?“, fragte er mich dann. Ich nickte, „Er erwähnte so etwas vorhin.“ „Gut, dann hat er dir sicherlich auch erzählt, welche Strecke wir nehmen werden?“, wollte er wissen. „Ähm nein hat er nicht, aber ich dachte, wir würden versuchen, in Blaviken ein Schiff zu bekommen?“, erwiderte ich und blickte fragend zu Letho. „Die Strecke würde Hjalmar leider nicht schaffen und wir haben keine Pferde. Leider reicht meine Magie nicht aus, um für uns vier, eure Pferde und die Ausrüstung ein Portal bis nach Skellige zu öffnen“, fing er an, ich runzelte die Stirn, ich mochte keine Portale, ich konnte Geralt da vollkommen verstehen. Sie waren mehr als unangenehm und gefährlich. „Aber einen Teil der Strecke können wir trotzdem mit Hilfe eines Portals zurücklegen. Wir müssen uns in die Nähe eines bestimmten Ortes begeben. Dort gibt es genug freies Chaos, mit dessen Hilfe ich ein stabiles Portal schaffen kann“, Letho nickte zu der Erklärung, doch ich runzelte die Stirn. Ich verstand nur die Hälfte von dem, was er damit sagen wollte. „Und zu einem ebensolchen Ort, werde ich uns portieren. Es ist wirklich ein glücklicher Umstand, das beide Orte so günstig für uns liegen. Wir müssen nur schauen, wie wir Hjalmar am besten bewegen. Er würde gerne bereits auf Krücken gehen, aber das ist noch viel zu früh“, meinte Mäussack. „Hm, ich wüsste da was, auf meinen Reisen habe ich Leute getroffen, die in einem Stuhl mit Rädern saßen, weil sie nicht mehr laufen konnten“, unterbrach Ciri unsere Planungen und setzte sich zu uns. „Ein Rollstuhl?“, fragte ich sie. „Hm, ja ich glaube, so wurden die genannt“, nickte Ciri. „Wie funktionieren die?“, wollte Mäussack wissen. „Es ist ein Stuhl, mit Armlehnen, vorne hat er zwei kleine Räder, die beweglich sind und hinten zwei große. An der Rücklehne sind zwei Handgriffe zum schieben“, beschrieb ich kurz. Letho runzelte die Stirn, vermutlich in dem Versuch es sich vorzustellen. Mäussack schien aber bereits eine grobe Vorstellung zu haben. „Hm, allerdings könnte es nicht so einfach sein, so etwas zu bauen“, warf er ein. Ich nickte, ich hatte hier noch keine Räder gesehen, die klein genug für so etwas wären, ganz zu schweigen, von Schrauben, Muttern oder Gewindestangen, um die Räder zu befestigen. „Vielleicht hat Onkel Vesemir etwas, das uns dabei helfen kann“, überlegte Ciri. „Ich werde ihn später fragen“, meinte Letho. „Gute Idee“, stimmte ich zu. „Wenn das nun erledigt ist, hast du kurz Zeit?“, wandte Ciri sich dann an mich. Fragend schaute ich Letho an, dieser nickte, „Geh ruhig, Ermion und ich werden die restliche Route durchplanen und ich kann es dir später erzählen.“ Kaum hatte Letho ausgesprochen, zog Ciri mich von meinem Sitzplatz, „Können wir in dein Zimmer? Ich würde gerne alleine mit dir sprechen“, fragte sie. „Natürlich, aber es ist nicht gerade ordentlich“, murmelte ich. Sie folgte mir in den Turm und ließ sich oben auf das Bett plumpsen. „Du schienst nicht überrascht zu sein, das die Wilde Jagd hinter mir her ist und du wusstest, dass sie hier her kommen würde, bevor Geralt mich überhaupt fand, ...“, fing sie an. Ich nickte, „Ja, ich wusste darüber Bescheid“, bestätigte ich ihr. „Und du weißt, dass ich durch die Welten reisen kann?“, wollte sie wissen. Wieder nickte ich. „Das war einer der Gründe, warum ich nach dir suchen wollte“, gab ich zu. „Du hast gehofft, ich würde dich nach Hause bringen können?“, riet sie meine Gedanken. Ich setzte mich zu ihr. „Ja“, seufzte ich. „Wie sieht deine Welt aus? Beschreib sie mir. Ich habe mittlerweile so viele gesehen, vielleicht auch die, aus der du kommst?“, bat sie mich. Ich lächelte traurig, sie war in meiner, wusste sie denn nicht, dass sie es war, die die Pest herbrachte? Sollte ich das Risiko eingehen, es ihr zu sagen? Ich war mir nicht sicher. „Ich denke, du könntest in meiner Welt gewesen sein. Yennefer hatte die Theorie entwickelt, dass sich das Portal nie ganz geschlossen hatte. Ich bin während meiner Reise hier, auf einige Dinge gestoßen, die aus meiner Welt stammten. Selbst hier in den Kellern von Kaer Morhen, habe ich solche Dinge gefunden“, erzählte ich. Neugierig sah sie mich an. „Meine Heimat ist technisch gesehen recht fortschrittlich, aber vermutlich nicht die fortschrittlichste, die du gesehen hast“, ich dachte dabei an die Welt, von der sie Geralt erzählt hatte. „Wir haben Flugzeuge und Autos, riesige Kraftwerke, die Energie erzeugen. Häuser, die hoch in den Himmel ragen. Es gibt weder Magie noch Monster. Nur Menschen“, beschrieb ich seufzend. „Aber bitte erzähle den anderen nicht davon, sie wissen nicht alle, woher ich komme. Außerdem musste ich mir kleine Geschichten ausdenken, um mein Wissen zu erklären. Die vollständige Wahrheit hätten sie niemals verstanden“, bat ich sie. Sie nickte, „Ich verstehe, was du meinst, Geralt wollte mir auch nicht glauben, als ich von einer der Welten erzählt habe.“ „Ich habe mehrer Welten gesehen, die ähnlich waren, wie deine Erzählung. Wir werden deine Heimat sicherlich finden. Aber erst nachdem wir die Wilde Jagd besiegt haben. Außerdem ist der weiße Frost eine Bedrohung, die ebenfalls erst vernichtet werden muss“, erwiderte sie. „Danke Ciri, aber ...“, wollte ich ansetzen. „Nein, bitte du musst verstehen, dass ich es vorher nicht machen kann. Die Gefahr, sie muss erst beseitigt werden“, unterbrach sie mich. „Ciri, ich verstehe. Aber ich glaube nicht, dass ich in meine Welt zurück möchte. Ich möchte hierbleiben. Auch wenn ich sehr dankbar für dein Angebot bin“, lächelte ich sie an. Sie sah erstaunt aus, „Oh, aber ich dachte, du wolltest wieder nach Hause, deswegen hattest du Geralt doch geholfen, nach mir zu suchen.“ „Ja, am Anfang wollte ich nach Hause. Aber jetzt nicht mehr. Außerdem war es dein Vater, der dafür sorgte, dass ich mit Geralt ritt“, erklärte ich ihr. „Ich hatte ursprünglich vor gehabt, alleine nach dir zu suchen. Auch wenn ich vermutlich nie die Nebelinsel gefunden hätte, aber irgendwann wäre ich bestimmt auf dich getroffen. Aber jetzt habe ich Letho, ich möchte ihn nicht verlieren und selbst wenn er mit in meine Welt kommen würde, nein, das möchte ich ihm nicht antun“, erzählte ich weiter. „Dann hast du Vesemir nicht nur gerettet, damit ich dir helfe?“, wollte sie erstaunt wissen. Ich runzelte die Stirn, „Wer hat so etwas behauptet? Nein, Vesemir hatte so einen Tod nicht verdient. Auch er soll ein glückliches Ende haben. Aber da ich wusste, was sein Tod auslöst, musste ich es so aussehen lassen, als wäre er Tod. Tut mir leid“, entschuldigte ich mich. „Es war ein Schock ihn so zu sehen, aber dann, Geralt hatte ihm gerade seine Klinge zurückgesteckt, als er anfing, sich zu bewegen. Regis war auch da und träufelte ihm schnell etwas in den Mund. Du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich war, als Onkel Vesemir die Augen öffnete. Und das Erste, was er tat, war über dich zu fluchen“, lachte sie zum Schluss. Ich schmunzelte, „Er bat mich, kurz bevor die Schlacht begann, keine weiteren Pläne zu schmieden, da er bereit war, im Kampf für seine Familie zu sterben. Er wusste zu dem Zeitpunkt ja nicht, dass meine Planung abgeschlossen und alles vorbereitet war. Allerdings wäre es ohne die Hilfe von Ves, Regis und Dettlaff nicht möglich gewesen.“ „Wenn du hierbleiben willst, heißt das, du wirst uns auch weiterhin im Kampf helfen?“, wechselte sie das Thema. Ich schüttelte den Kopf, „Ich weiß es nicht. Du hast ja gehört, das Letho und ich, Hjalmar und Mäussack nach Skellige begleiten. Allerdings sagt man aber auch, die Wege des Schicksals sind unergründlich. Wer weiß, wann und wie sich unsere Wege wieder kreuzen werden“, antwortete ich ihr. „Aber du könntest mit deinem Wissen doch bestimmt noch helfen“, entgegnete sie verwirrt. Ich lächelte sie an, „Dafür werdet ihr mich nicht brauchen, außerdem war Yennefer vermutlich so häufig in meinem Kopf, dass sie ganz genau weiß, was passieren kann. Nein, gerade für Letho ist es lebenswichtig, für eine ganze Weile aus den nördlichen Königreichen zu verschwinden. Und auf mich ist dein Vater vermutlich auch nicht sonderlich gut zu sprechen. Aber ich weiß, dass alles gut werden kann, hab Vertrauen in dich, deine Fähigkeiten und deine Freunde“, munterte ich sie ein wenig auf. Ich hatte nebenbei angefangen, unsere saubere Kleidung zusammen zu suchen und in die Satteltaschen zu verstauen. Nur die Kleidung, die wir die nächsten Tage bräuchten, ließ ich draußen. Ich fand sogar das, was ich gehofft hatte, ein schmales rosa Band. Während Ciri mich neugierig beobachtete, zog ich das vorhandene Band raus und fädelte das andere hinein. „Eine kleine Rache“, erklärte ich Ciri, die daraufhin kicherte. „Was meinte Gaetan eigentlich mit Aussetzern?“, fragte sie mich plötzlich. Erstaunt sah ich sie an. Ich legte das Hemd zur Seite, bevor ich ihr antwortete, „Ist nicht ganz so schnell zu beantworten“, murmelte ich, „wie du vielleicht mit bekommen hast, hatte ich mich abgesetzt, als Geralt nach Skellige wollte, um dort weitere Hinweise auf dich zu untersuchen. Ich hatte vor Uma, Avallac’h, beim blutigen Baron abzuholen und mit ihm hierher zu kommen. Unterwegs traf ich auf Hinweise, die auf Letho Hindeuteten. Es war wie eine kleine Schnitzeljagd, bis ich ihn fand. Nachdem ich ihm erklärt hatte, was in der Zwischenzeit passiert war, beschloss er, dass wir zusammen reisen würden. Ich war sehr erfreut darüber, denn ich fühlte mich schon da von ihm angezogen. Wir holten Uma und machten uns auf den Weg. Da Letho aber selbst noch etwas persönliches zu erledigen hatte, machten wir einen kleinen Umweg. Er war auf der Suche nach einem abtrünnigen Hexer, der einen seiner Begleiter aus Habgier ermordet hatte“, fing ich an zu erzählen, gespannt hörte Ciri mir zu. „Die Spur führte uns zu dem verlassen Hof Stacheier, Letho befahl mir, mit Uma draußen zu warten. Dies tat ich auch zuerst, doch nach einiger Zeit war von drinnen nichts mehr zu hören. Ich versuchte, mich in Geduld zu üben, aber weder Letho noch der andere Hexer kamen heraus, also wurde ich immer neugieriger und unruhiger. Ich schlich ihm hinterher und geriet direkt zwischen die Fronten der beiden. Sie befanden sich in einer Pattsituation. Dank meines Auftauchens kippte die Situation, zugunsten des anderen Hexers. Mit Axii zwang er mich zu ihm und er nutzte mich als Schutzschild. Er versuchte Letho nun zu erpressen.“ Ciri sah mich geschockt an. „Keine Sorge, es ist trotzdem gut ausgegangen. In meiner Heimat gibt es mehrere waffenlose Kampfkünste, in einer wurde ich für einige Zeit unterrichtet. Damit konnte ich den anderen Hexer übertölpeln und Letho übernahm die Situation. Er schickte mich wieder nach draußen. Diesmal wartete ich wirklich, bis er hinauskam und machte mich auf einen riesen Anschiss gefasst. Doch als Letho raus kam, schwieg er nur. Ich entschuldigte mich sofort bei ihm, aber Letho schwieg weiterhin.“ Ciris Blick wurde fragend. „Als er endlich anfing, wieder mit mir zu sprechen, war ich wirklich geschockt. Er wollte, dass ich zurück nach Novigrad reite, und mich zu den Nilfgaardern begab, wie es dein Vater verlangt hatte, als er erfuhr, dass ich Geralts Seite verlassen hatte. Ich blieb die ganze Zeit in der Position sitzen, in der ich war, als ich das Haus verlassen hatte. Irgendwie hoffte ich, dass es Letho vielleicht doch nicht ernst meinte, doch er kam nicht aus dem anderen Haus zurück zu mir, selbst als es allmählich dunkel wurde. Mir wurde klar, dass ich es gründlich versaut hatte. Ich war wütend, wütend auf mich, dass ich mich nicht einmal an die einfachen Regeln von Letho halten konnte und so meine Chance bei ihm verspielt hatte. Um mir ein wenig Luft zu machen, schlug ich mit bloßen Fäusten gegen die Hauswand, bis ich bemerkte, dass der andere Hexer, der tot in dem einem Haus lag, einige Monster angelockt hatte. Da ich immer noch ziemlich aufgewühlt war, dachte ich mir, die Ghule wären eine gute Gelegenheit, meinen Frust und meine Wut raus zu lassen. Allerdings hatte ich mich wohl so sehr reingesteigert, dass ich nichts mehr mitbekam. Mein Verstand hatte sich einfach ausgeschaltet“, erklärte ich ihr. „Aber du bist hier und nicht in Novigrad, wie ging es weiter?“, wollte sie wissen. Ich nickte, „Letho hatte scheinbar den Kampf beobachtet und als er sah, dass ich immer noch kopflos auf die toten Monster einschlug, packte er mich und brachte mich so in die Wirklichkeit zurück. Er führte mich in das kleinere Gebäude, in dem er sich für die Nacht eingerichtet hatte, und versuchte zu erklären, warum er mich wegschickte. Damals verstand ich nicht, dass er einfach Angst hatte, was mit mir passieren könnte, wenn ich in die Hände von einem seiner Feinde gelange. Aber ich flehte ihn nur an, mich bleiben zu lassen. Es gelang mir ihn dazu zubringen, mir noch eine Chance zugeben“, beendete ich meine Erzählung. „Das meinte Eskel damit, er hätte die Ergebnisse gesehen“, vermutete Ciri. Ich nickte, „Ja, er kam dort entlang, als er auf dem Weg nach Kaer Morhen war“, nickte ich und fing an, mein Schreibzeug und anderes Kleinkram zu verstauen. „Aber warum meintest du, dass es für Letho lebenswichtig ist, dass ihr aus den nördlichen Königreichen verschwindet?“, wollte sie dann wissen. „Weil ich ein Königsmörder bin, dein Vater und alle anderen noch verbliebenen Könige lassen nach mir suchen“, antwortete Letho von der Treppe aus, ehe ich überhaupt ein Wort sagen konnte. Ciri und ich erschraken ein wenig, keiner von uns hatte mitbekommen, dass er sich näherte. „Aber warum hast du sie umgebracht? Die Könige meine ich“, wollte Ciri von ihm wissen. Letho zog eine Augenbraue hoch, „Das frag besser deinen Vater und wenn du schon dabei bist, könntest du ihn auch fragen, warum er mich nach den erledigten Aufträgen nun tot sehen will“, knurrte er. Ciri schaute ihn erschrocken an, „Mein Vater steckt hinter dem allem? Ich hätte es wissen müssen“, seufzte sie. Eilig stand sie vom Bett auf, als sich Letho näherte, „Ich sollte euch wohl erstmal lieber alleine lassen. Wir sehen uns später“, verabschiedete sie sich schnell und verschwand die Treppe runter. „Musste das sein?“, fragte ich meinen Hexer, während ich mich gegen ihn lehnte. „Hm, sie ist eine erwachsene Frau, sie kann mit einem solchen Wissen umgehen“, brummelte er. Ich seufzte, ja wahrscheinlich. Es war vermutlich besser, sie wüsste so viel, wie möglich, bevor sie sich entscheiden musste, aber würde dies ihre Entscheidung beeinflussen? Nicht nur die Situation im Turm, gegen den weißen Frost, sondern auch die, ob sie weiter ein Hexer bleibt oder ihren rechtmäßigen Platz auf dem kaiserlichen Thron einnimmt. „Denk nicht zu viel drüber nach“, riss mich Letho aus meinen Gedanken. Er lotste mich zum Bett, „Zieh dich aus und leg dich ins Bett, ich werde dich massieren, damit du morgen keinen allzu großen Muskelkater hast, und dann wird geschlafen. Vesemir hat für morgen früh noch eine letzte Lektion vorbereitet“, murmelte er an mein Ohr. Die Massage klang gut, aber die Aussicht auf noch mehr Theorieunterricht war nicht sonderlich verlockend. Ich war froh, als Vesemir endlich den Unterricht beendete. Mir schwirrte der Kopf von dem Wissen. Nicht nur die Menge, sondern auch der Inhalt, so genau, nein eigentlich hätte ich so was gar nicht wissen wollen. Es interessierte mich nicht ein Stück, wie sich Nekrophagen paarten, oder Ertrunkene in der Brunft klangen. Was hingegen interessant war, ist, dass auch männliche Bruxae häufig die Gestalt einer jungen Frau zur Tarnung annahmen, weil sie gelernt hatten, dass sie so deutlich harmloser wirkten. Es war also mehr als schwer zu erkennen, welches Geschlecht sie eigentlich hatten, aber im Kampf machte es eigentlich keinen Unterschied. Allerdings ließ ich vorsichtshalber das Mittagessen aus. Vesemir hatte mir zur Veranschaulichung einige Dinge gezeigt, die auf Kristallen gespeichert waren. Dafür hatte er sogar ein uraltes Megaskop aus dem Keller gekramt. Es reicht, an dieser Stelle zu sagen, es war teilweise mehr als unappetitlich mit anzusehen und ich wollte gar nicht so genau darüber nachdenken, wie die Hexer an diese Aufnahmen gekommen waren. Um mich von den Bildern ein wenig abzulenken, beschloss ich, nach draußen zu den Pferden zu gehen. Wir wollten morgen abreisen, daher wäre es gut, jetzt schon einmal die Reitausrüstung zu kontrollieren, falls doch noch etwas repariert werden musste, und die Pferde konnten ebenfalls eine gute Bürstenmassage vertragen. Auf dem Weg zum Unterstand konnte ich auch kurz bei Letho vorbei schauen, der sich um den improvisierten Rollstuhl für Hjalmar kümmern wollte. Ich fand Letho vor der kleinen Schmiede, er hatte auf einem kleinen Leiterwagen bereits eine Rückenlehne angebracht und es schien, als würde er gerade eine Deichselgabel anbringen. Allerdings war sie so schmal, dass kein Pferd hineinpassen würde. Er sah auf, als er mich kommen hörte. Ich runzelte die Stirn, es war für mich immer noch sehr ungewohnt, dass er sich seine Bartstoppeln nicht abrasierte. Ihm kam vor ein paar Tagen die Idee, sich für die Tarnung einen Bart wachsen zulassen. Nun ich wusste, wie er mit Bartstoppeln aussah, aber er hat sie sich spätestens nach zwei drei Tagen rasiert, ich konnte es mir noch nicht wirklich vorstellen, wie er mit Vollbart aussehen könnte. Sein Lächeln verblasste leicht und machte einem besorgtem Blick platz, „Was ist los Krümel? Geht es dir nicht gut?“, wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf, „Nein geht schon. Nur die Bilder, die mir Vesemir gezeigt hatte ...“, ich beendete den Satz nicht, sondern schüttelte mich leicht. Sein Blick wurde ein wenig weicher, „Wir mussten da auch durch“, versuchte er mich zu trösten. „Ich werde nie wieder einer Bruxa in die Augen schauen können“, maulte ich ein wenig. Jetzt zog er die Augenbraue hoch, „Das solltest du sowie so nicht tun“, rügte er mich. „Aber was ist, wenn wir Dettlaff mit jemanden aus seinem Rudel treffen würden, irgendwann?“, ich verschränkte die Arme vor der Brust. Der Hexer schüttelte nur den Kopf über meine Antwort. „Was hast du jetzt vor?“, wechselte er das Thema. „Kurz hier bei dir vorbeischauen und dann nach den Pferden sehen und die Reitausrüstung kontrollieren“, erzählte ich ihm. „Wie kommst du voran?“, fragte ich ihn. „Ganz gut, nur noch die Deichsel und einen Gurt für die Schultern, damit es sich leichter ziehen lässt. Mit ein paar Fellen dürfte Hjalmar es recht gemütlich haben, außerdem ist der Wagen groß genug, so das wir nicht alle Vorräte tragen müssen“, erklärte er mir. „Außerdem hat Vesemir uns eine Kiste gepackt, mit Werkzeugen und Nägeln. Die können wir vorerst gut auf dem Wagen transportieren und müssen nicht erst in Skellige versuchen, welches aufzutreiben“, er deutete auf eine Holzkiste, die in der Nähe stand. Ich nickte, das war wirklich nett von dem alten Hexer. Ich setzte mich auf eine Kiste, die neben dem Wagen stand. „Letho, was denkst du, in welchem Zustand wird euer Versteck sein?“, fragte ich zögerlich. „Vermutlich muss das Dach geflickt werden und einige Bretter an den Wänden ausgetauscht werden. Ich habe eher bedenken, wegen des kleinen Unterstands, er war schon in einem schlechten Zustand, als ich das letzte Mal dort war“, seufzte er. Fragend blickte ich ihn an. „Darin hatten wir das Feuerholz gelagert und Platz für die Pferde, falls ein Schneesturm aufkommt. Allerdings hatten wir damals meist keine Pferde und haben uns deswegen nicht wirklich drum gekümmert“, erklärte er. „Aber dann wird es auch keine Vorräte für die Pferde geben, oder?“, hakte ich nach. Er schüttelte den Kopf, „Das bisschen, was noch dort war, wird entweder völlig verschimmelt oder von Wildtieren gefressen worden sein. Aber keine Sorge, ich werde Getreide für sie besorgen und unter den Bäumen ist es geschützt genug, dass sie dort noch etwas finden“, beruhigte er mich gleich. Ich seufzte, es wird nicht einfach für die Pferde, aber sie sind deutlich robuster als die hochgezüchteten Sportpferde aus meiner Heimat. Obwohl ich mir bei Tetris nicht ganz sicher war, schließlich stammte er aus einer Nilfgaarder Zucht und kannte vielleicht gar keine harten Winter. „Hey, keine Sorge, wir kriegen das hin. Hab ein bisschen Vertrauen“, schreckte Letho mich aus meinen Gedanken hoch. Ich nickte, „Ich versuch es“, murmelte ich. „Gut, dann geh die Pferde ein wenig verwöhnen und ich mach hier fertig“, schickte er mich los. Ich gab ihn einen Kuss und machte mich dann auf den Weg zu den Pferden. Die Pferde freuten sich, mich zu sehen, doch als sie merkten, dass ich weder Karotten noch Äpfel dabei hatte, wandten sie sich wieder ihrem Heu zu. Ich ging hinüber zu der Ausrüstung, ich prüfte jeden Riemen und jede Schnalle, wie erwartet war alles in Ordnung. Ich wischte nur ein wenig Staub ab und machte mich dann daran Tetris und Kiran zu bürsten. Ihr Fell war voller Staub und loser Haare, da niemand es für nötig hielt, sie gründlich zu striegeln. Ich bemerkte gar nicht, wie lange ich mich mit den Pferden beschäftigte, bis Letho mich zum Abendessen abholte. Es dämmerte bereits, als ich die Striegel und Bürsten wegräumte und mir am Brunnen schnell noch die Hände und Arme wusch. Eskel hatte sich um das Essen gekümmert, es war wirklich gut. Sollte er irgendwann nicht mehr als Hexer arbeiten können, sollte er darüber nachdenken, Koch zu werden. Selbst aus den wenigen Zutaten, die hier zur Verfügung standen, hatte er mal wieder ein kleines Festmahl gezaubert. Die Stimmung war trotz des baldigen Abschieds ungetrübt. Wobei ich mir aber auch denken konnte, dass einige recht froh darüber waren, das Letho und ich verschwanden. Allerdings verabschiedete ich mich bald für die Nacht, wenn ich es nicht täte, würde ich wohl wieder mit den Hexern versacken, aber im Gegensatz zu Letho, machte mir ein Kater schon etwas aus. Schließlich wollte ich am nächsten Morgen nicht vor lauter Kopfschmerzen oder Übelkeit aus dem Sattel fallen. Nachdem ich mich diesbezüglich durchsetzen konnte und die Männer alleine ließ, packte ich noch schnell die letzten Sachen in unsere Satteltaschen und legte mich dann schlafen. Der nächste Morgen kam schneller als gedacht, obwohl ich durchgeschlafen hatte, fühlte ich mich, als sei ich eben erst ins Bett gekrochen. Unauffällig sorgte ich dafür, das Letho wirklich das Hemd mit dem Rosa Bändchen tragen musste und machte mich für den Tag fertig. Ich nahm meine Satteltaschen schon mit runter und fing an, ein schnelles Frühstück für alle vorzubereiten. Letho brauchte für seine Verhältnisse ziemlich lange, bis er nach unten kam und ich befürchtete schon, er hätte meine kleine Rache schneller gefunden als erhofft, doch dem Grinsen, der anderen nach, als er endlich aus dem Turm kam, war meine Befürchtung umsonst gewesen. Roche musste sein Lachen, sogar als Husten tarnen, während die anderen ein Grinsen unterdrückten, als Letho sich mit an den Tisch setzte. Lethos fragender Blick machte es uns nicht leichter, aber zum Glück konnten wir uns noch eine kurze Weile mit dem Frühstück ablenken. Als sein Blick immer fragender und verwirrter wurde, brach Yennefer unser schweigen, „Es ist zwar nicht meine Farbe, aber ich muss sagen, rosa steht dir Letho“, kicherte sie. Auch die anderen konnten ihre ernsten Gesichter nicht mehr aufrecht halten. „Krümel?“, seine Stimme klang schon beinahe wie ein knurren. „Ja?“, blinzelte ich ihn betont unschuldig an. „Was meint die Zauberin?“, wollte er von mir wissen. „Ich habe absolut keine Ahnung“, grinste ich und sammelte schnell das benutzte Geschirr ein, um es in die Küche zu bringen. Den Abwasch konnte ich in Ruhe erledigen, ehe Letho in der Küche auftauchte. Er lehnte sich so in den Türrahmen, dass ich nicht an ihm vorbei kommen konnte. „Also Krümel?“, wollte er wissen. Schnell drehte ich ihm den Rücken zu und stellte das Geschirr weg. Er trug immer noch das rosa Band und wie immer hatte er sein Hemd mit einer ordentlichen Schleife gebunden, daher fiel es mir äußerst schwer, ihn nicht die ganze Zeit belustigt anzugrinsen. Doch es war scheinbar keine gute Idee, ihn so lange zu ignorieren. Ich hatte gerade den letzten Teller weggestellt, als ich quiekend versuchte wegzuspringen. Der große Hexer hatte sich angeschlichen und kitzelte mich nun. „Letho bitte, stopp!“, bettelte ich. „Erst wenn du sagst, was los ist“, brummte er an mein Ohr. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mich von seinen Händen zu befreien. Doch natürlich brachten meine Befreiungsversuche nur wenig und so lag ich relativ schnell lachend und nach Luft japsend auf dem Boden. „Vergiss es Letho, wenn sie nichts sagen will, wird sie es auch nicht so schnell“, hörte ich jemanden von der Tür aus sagen. Erstaunt sahen Letho und ich dorthin. Zu meiner Verwunderung war es Triss. „Ich frage mich nur, wie sie dich dazu gebracht, eine Rosa Schleife zu tragen“, grinste sie. „Eine was?“, fragte Letho sichtlich verwirrt, während ich die Zauberin finster anstarrte. Mit wenigen Handbewegungen hatte Triss einen Spiegel heraufbeschworen und hielt ihn dem Hexer hin. Er blickte mich durch den Spiegel mit hochgezogener Augenbraue an, ehe er seufzte. Im nächsten Moment dachte ich erst, ich könne meinen Augen nicht trauen als Letho die Schleife richtete, statt sie rauszuziehen. Dann strich er sich noch mal über seine Glatze, so als ob er sich seine Haare richten wollte und drehte sich dann wieder zu mir um. „Ich nehme an, die habe ich mir für die Sache im Keller verdient?“, fragte er mich grinsend. Ich konnte nur nicken, während Triss den Kopf schüttelte und die Küche wieder verließ. Egal, was sie mit dieser Aktion erreichen wollte, es schien nicht funktioniert zu haben. „Es wird langsam Zeit, geh bitte nachschauen, ob du auch wirklich alles eingepackt hast“, bat mich der Hexer nach einigen Momenten. Seufzend nickte ich, auf der einen Seite freute ich mich wirklich darüber, bald zeit alleine mit Letho zu verbringen, aber auf der anderen Seite, war ich nicht wirklich begeistert den Winter über in Skellige zu verbringen. Allerdings wäre der Winter hier in den blauen Bergen vermutlich nicht wesentlich gemütlicher. Also lieber den Winter alleine mit Letho zu verbringen, als noch so einen Unterricht wie am Vortag mit Vesemir. Während ich die Treppe hoch eilte, konnte ich Letho leise lachen hören, beinahe als hätte er meine Gedanken erraten. Einige Zeit später waren wir alle versammelt, nur Letho fehlte noch. Mäussack und Hjalmar verabschiedeten sich gerade von allen, genau wie ich. Ich war gerade bei Roche angekommen, „Pass auf dich auf, die Zukunft hält noch Großes für dich bereit, aber du kannst dich immer auf Geralt verlassen“, flüsterte ich ihm zu, als ich ihm die Hand reichte. Er nickte mir zu und ergriff meine Hand, „Ich werde über Letho schweigen“, versprach er mir, was mich erleichtert lächeln ließ. Dann zog Ves mich in ihre Arme, „Pass auf Roche auf, es wird die Zeit kommen, in der, der Adler fällt und Temerien wird euch dann brauchen“, hauchte ich ihr ins Ohr. Mit großen Augen sah sie mich an und ich nickte nur. Sie hatte verstanden, was ich meinte. Auch von den Hexern verabschiedete ich mich mit einer Umarmung, wobei ich Geralt eine Phiole in die Hand drückte. „Behalt sie bei dir, du könntest sie brauchen“, zwinkerte ich ihm zu. Es war ein Trank, Schwertwal um genauer zu sein. Wenn der Kampf in Skellige so verlief wie im Spiel, war es nur zum Vorteil, wenn er ihn hatte. „Pass auf Ciri auf, lass den Funken nicht erlöschen“, mahnte ich ihn noch leise. Der Hexer runzelte die Stirn, „Fängst du jetzt auch an, in Rätseln zu sprechen?“, beschwerte er sich. Ich schüttelte den Kopf, „Nein, aber genauer kann ich nicht werden. Aber du kannst Ciri vertrauen, außerdem kann auch ein Temperament ziemlich hitzig sein“, deutete ich noch an, in der Hoffnung, der Weißhaarige würde es verstehen, doch aktuell sagte sein Gesichtsausdruck das Gegenteil. Er verstand mich nicht, noch nicht. „Lass nicht mit deinem Training nach, bei unserem nächsten Treffen, werde ich die Fortschritte selbst prüfen“, mahnte Vesemir mich freundlich, als ich mich von ihm verabschiedete. Ihm und den anderen konnte ich keine hilfreichen Ratschläge geben, so gern ich auch wollte, über ihre Zukunft konnte ich nur raten. Ich war gerade dabei Hjalmar und Mäussack nach draußen zu folgen, als Letho nach mir rief, „Krümel, du hast was vergessen!“ Bevor ich mich jedoch umdrehen konnte, um zu erwidern, dass ich garantiert alles eingepackt hatte, drückte er mir schon einen Hut auf den Kopf. Ein schielender Blick nach oben und ich wusste, welcher Hut das war. „Mano, ich hatte mich schon gefreut, dass jemand der anderen die Sachen ins Feuer geworfen hatte, als ich sie nicht mehr hier unten liegen sah!“, maulte ich. „Wir müssen durch Nilfgaardgebiet und die Tarnung hat sich bereits bewährt“, entgegnete Letho ruhig, während er mir den Mantel gab. Die anderen sahen uns skeptisch an, während Letho mir in die Hexenjägerkluft half. Grummelnd richtete ich den Hut, ich wollte das Zeug nicht schon wieder tragen, auch wenn die anderen mittlerweile wussten, dass es sich wirklich nur eine Tarnung war. „Behalte diesen Gesichtsausdruck und jeder wird dir deine Rolle sofort abkaufen!“, konnte ich Gaetan lachen hören. Mit einer obszönen Geste in seine Richtung wollte ich mich nun wirklich auf den Weg nach draußen machen, allerdings wurde ich erneut aufgehalten. „Warte, ich habe hier noch was“, hielt Triss mich auf. Ich drehte mich zu ihr um und sie hielt mir ein kleines Säckchen entgegen. Neugierig nahm ich es entgegen. „Gib das Letho, er wird schon wissen, was er damit anstellen kann“, zwinkerte sie. Vorsichtig öffnete ich den Beutel und verengte meine Augen, als ich den Inhalt erkannte. Eine Wurzel, eine ganz bestimmte. „Viel spaß euch beiden!“, lachte sie nun. „Du!....“, knurrte ich und hielt ihr drohend den Zeigefinger vor die Nase, doch sie schien das nicht sonderlich zu beeindrucken. „Nimm das Demeritium aus meinem Gesicht!“, entgegnete sie und schlug meine Hand weg. In dem Moment rief Letho nach mir und ich wandte mich nun endgültig dem Ausgang zu. „Verdammte Hexe, schade das der Henker ihr nur die Fingernägel gezogen hatte!“, knurrte ich leise vor mich hin. Während ich von den anderen nur ein überraschtes Keuchen hörte, bekam ich von Vesemir einen Verweis. „So was will ich hier nie wieder hören, ist das klar?!“ Seine Worte waren eindeutig und mit einem geseufzten „Ja Vesemir“, schloss ich die Tür hinter mir. Die Drei warteten bereits draußen auf mich, Hjalmar saß gemütlich auf seinem Karren, während Letho sich bereit machte ihn zu ziehen. Mäussack saß auf Lethos Pferd. Daher prüfte ich noch schnell die Schnallen meiner Ausrüstung und schwang mich dann auch in den Sattel. Gemeinsam verließen wir die Festung, unten am Weg ließ ich noch einmal meinen Blick zurück schweifen. Ab jetzt wusste ich nicht mehr, was auf uns zu kommen würde. Natürlich wusste ich, dass der letzte Kampf gegen die Wilde Jagd später auf Skellige stattfinden würde, aber würden wir das mitbekommen? Oder die Sphärenkonjunktion, die Ciri und Avallac‘h auslösen würden? Ich würde nur abwarten können und schauen, was die Zukunft für uns bereit hielt. Wie sagte man so schön, abwarten und Tee trinken. Auch wenn Letho den Karren zog, kamen wir nur recht langsam voran, der Pfad war schon lange nicht mehr für Karren oder Kutschen breit genug. Hoffentlich gab sich das, sobald wir das Tal verlassen hatten. Dort gab es richtige Wege und nicht nur selten genutzte Trampelpfade. Dadurch das wir relativ langsam vorankamen, gönnte Letho uns keine wirkliche Pause, nur einmal kurz, damit die Pferde etwas am Fluss trinken konnten und auch das erste Nachtlager schlugen wir erst weit nach der Dämmerung auf. Wir banden die Pferde nicht fest, sie würden zum einen nicht weit wegwandern und zum anderen würden sie kommen, wenn wir sie rufen. Während Mäussack die Wunde von Hjalmar kontrollierte, fing Letho einige Fische und ich suchte das Feuerholz zusammen. Glücklicherweise stieß ich dabei auf keine Monster, die im Unterholz umherstreiften. Mit den Armen voll mit mehr oder weniger trockenem Holz kam ich ins Lager zurück. Das Holz ließ ich neben der vorbereiteten Feuerstelle fallen und Mäussack machte sich dran, das Feuer zu entfachen. Da Letho scheinbar immer noch mit dem Fischen beschäftigt war, machte ich mich daran, unsere Schlafstätte vorzubereiten, und setzte mich anschließend auf die Decken. „Alanya? Komm her, wir müssen etwas für morgen vorbereiten“, riss mich Mäussack aus meinen Gedanken. Erstaunt sah ich zu ihm rüber. Er hatte einige Kräuterbündel vor sich ausgebreitet und auch Hjalmar hielt bereits einige der Kräuter in der Hand und schien sie mit einem Faden zu umwickeln. Neugierig ging ich zu den beiden rüber. „Hier, such dir einige Kräuter aus und forme daraus eine kleine Puppe, so wie Hjalmar es gerade macht“, erklärte der Druide. Eine Puppe, aus Kräutern? Ich runzelte die Stirn, wofür sollten wir so etwas brauchen? „Man merkt, dass du nicht von hier bist“, lachte der Druide leise. „Jedes Kind kennt dieses Ritual, aber das macht nichts, ich zeige dir, wie man es macht“, sprach er dann milde zu mir. Widerwillig nickte ich und setzte mich zu den beiden auf den Boden. „Nimm dir ein paar der Kräuter, such dir die aus, die deiner Meinung nach am besten passen“, wurde ich angewiesen. Da ich aber nicht wusste, was er damit meinte, sie sollen passen, nahm ich wahllos einige heraus. Ich kannte die Kräuter zwar, aber ich wusste nicht, wofür wir sie brauchten, und machte mir daher keine großen Gedanken drüber. „Eine interessante Auswahl“, kommentierte der Druide, als ich mein Bündel in der Hand hielt. Schulterzuckend sah ich zu ihm rüber, „Was mache ich jetzt damit?“, wollte ich wissen. „Schau wie Hjalmar es macht, binde den Faden so um das Bündel, das es am Ende aussieht wie eine kleine Puppe“, erklärte er mir. Also schaute ich dem Rothaarigen zu, wie er dort werkelte. Nachdem ich mir sicher war, das Prinzip verstanden zu haben, nach dem er arbeitete, versuchte ich es ihm gleich zu tun. Es war wirklich nicht meine beste Arbeit, aber am Ende hielt ich etwas in der Hand, das minimal an eine Strohpuppe erinnerte, nur eben aus Kräutern. „Und nun?“, fragte ich den Druiden. „Jetzt hältst du sie so nah bei dir, wie es geht. Bis morgen Abend wird sich so eine kleine Bindung zwischen dir und der Puppe aufgebaut haben, das wird für das Ritual morgen Abend nötig sein“, erklärte er mir. Seufzend steckte ich das hässliche Ding in die Tasche. Was das wohl für ein Ritual werden wird? Und warum morgen? Und warum sollte ich daran teilnehmen? Ich besaß doch keinerlei Magie. Aber das konnte Mäussack vermutlich gar nicht wissen und wenn ich ihn daraufhin weisen würde, kämen von ihm vermutlich nur fragen, die ich ihm nicht beantworten wollte. Es reichte das Letho, Eskel, Vesemir, Ciri und Yennefer wussten, wo ich her kam. Was Avallac’h wusste oder zu glauben wusste, konnte ich nicht sagen und war mich auch nicht wirklich sicher, ob ich es wissen wollte. Wer weiß, was der sich alles für Geschichten ausmalte, oder auch Geralt, seine Idee, ich käme aus Serrikanien, lachhaft. So in Gedanken versunken hatte ich gar nicht mitbekommen, das Letho mit den Fischen zurückkam und sie sogar schon über die Glut gehängt hatte. Erst als er mir einen reichte, wurde ich mir meiner Umgebung wieder bewusst. „Alles in Ordnung bei dir?“, wollte der große Hexer wissen. Abwesend nickte ich, während ich einige Gräten aus dem Fleisch zupfte. „Ja, alles gut, war nur in Gedanken versunken“, murmelte ich. Letho setzte sich neben mich und legte mir eine Hand auf mein Bein, „Was beunruhigt dich?“ Ich seufzte, „Der Verlauf der Geschichte hat sich bereits ziemlich stark geändert, ich kann nicht mehr sagen, was nun auf uns zukommt“, gab ich leise zu. „Das ist doch nicht schlimm, es ist sowieso nicht gut, ständig über die Zukunft Bescheid zu wissen“, wollte er mich beruhigen. „Aber manchmal würde es das Leben deutlich einfacher machen. Hättest du den Deal mit Emhyr gemacht, wenn du gewusst hättest, dass er nicht vorhat ihn einzuhalten?“, entgegnete ich. Er blieb eine Weile still, schien zu überlegen, ehe er mit den Schultern zuckte, „Ich weiß es nicht, er hätte sicherlich einen anderen Weg gefunden, mich und die anderen dazu zubringen“, murmelte er. Ich blickte über das Feuer zu den beiden Skelligern, sie schienen sich auch leise zu unterhalten. „Iss den Fisch und dann leg dich schlafen, wir wollen morgen recht früh weiter“, meinte Letho noch und widmete sich dann selbst seinem Essen. Ich runzelte die Stirn, was hatten sie alle mit dem morgigen Tag? Ich musste irgendwas verpasst haben, aber ich wollte auch nicht nachfragen, ich würde es ja morgen schon noch sehen. Nachdem wir alle unserer Abendessen verspeist hatten, machten wir uns fertig fürs Bett. Letho schürte das Feuer noch einmal und legte dann seine beiden Kurzschwerter griffbereit, ehe er zu mir unter die Decke schlüpfte. Gefühlt hatte ich nicht lange geschlafen, als Letho mich auch schon wieder weckte. Es war noch dunkel und daher war ich ziemlich irritiert, als er sagte, ich müsse aufstehen, da wir weiter wollen. Mehr schlafend als wach, machte ich mich abmarschbereit. Warum zum Teufel mussten wir mitten in der Nacht weiter? Wir wurden definitiv nicht verfolgt und eigentlich sollten wir auch noch nicht in Zeitnot sein. Schließlich waren wir gerade mal einen Tag unterwegs. Wir kamen genauso schnell oder eher langsam voran, wie am Tag zuvor und wieder wollte Letho die Pausen so kurz wie möglich halten. Nur mit einem Unterschied, er behielt ständig die Sonne im Blick, genauso wie Mäussack und hin und wieder schienen sie sich wortlos zu verständigen, bis der Druide das Wort ergriff, „Ich denke, es wird langsam Zeit Letho.“ Zeit wofür? Ich hatte wohl laut gedacht, denn Letho lachte leise, „Die Vorbereitungen für den Abend Krümel“, grinste er gutmütig. Doch daraus wurde ich immer noch nicht schlau. Letho ging noch eine Weile weiter und schien nach einem geeigneten Platz zu suchen. Er hielt bei einem Felsvorsprung an, der in eine kleine Höhle mündete. Vorsichtshalber prüfte er den Unterschlupf, aber er war unbewohnt so, dass wir uns hier niederließen. Entgegen der Gewohnheit banden wir die Pferde diesmal fest, auf meine Frage hin meinte Letho bloß, es sei nur zur Vorsicht. „Sollten wir nicht langsam genug Holz für ein Feuer haben?“, fragte ich Letho, als wir beide mittlerweile mit Holz beladen waren. „Heute brauchen wir doch ein größeres Feuer, für das Ritual. Ermion wird es durchführen“, tat er meinen Einwand ab. So langsam störte es mich wirklich, dass ich nicht wusste, wovon alle sprachen. „Auch wenn es jetzt vielleicht dumm klingt, aber was verdammt ist heute?“, wollte ich von ihm wissen. Er blieb stehen und drehte sich zu mir um. „Das weißt du nicht?“, fragte er mich ganz erstaunt. „Nein, weiß ich nicht. Warum reiten wir gestern bis in die späte Nacht, nur um heute sehr früh weiter zu ziehen, um dann heute weit vor der Dämmerung anzuhalten. Und jetzt sammeln wir soviel Holz, als würdest du einen Scheiterhaufen errichten wollen, nein ich weiß verdammt nochmal nicht, was heute ist!“, fluchte ich. „Ganz ruhig Krümel, heute sollte man alles Negative meiden. Heute ist Velen, das Herbst-Äquinoktium. Das Ritual später ist ein wichtiger Bestandteil der feierlichen Tradition. Dafür brauchen wir ein großes Feuer, als hopp, auf dem Rückweg können wir auch noch etwas mehr Holz sammeln“, erklärte er kurz. Seufzend bückte ich mich nach einem weiteren trockenen Ast, der auf dem Boden lag und machte mich dann dran Letho zum Lager zurück zu folgen. Wir machten diesen ganzen Aufstand wegen einem heidnischen Feiertag? Ich hätte Letho nie für jemanden gehalten, der sich so etwas widmete. „Ähm Letho, wieso heißt dieser Tag wie der Sumpf in Temerien?“, wollte ich dann noch wissen. „Oh Krümel, es ist anders herum, du solltest dich eher fragen, warum der Landstrich wie dieser Tag heißt“, lachte er. „Und warum wurde der Sumpf danach benannt?“, hakte ich dann nach. Doch er schüttelte den Kopf, „Niemand kann heute noch sagen, wer und warum er damit angefangen hatte, aber vielleicht bekommst du morgen früh eine Idee davon, außerdem besteht der Landstrich Velen nicht nur aus Sumpf“, lenkte er ab. Er wollte mir also nicht antworten. Dann musste ich wohl selbst antworten finden. Aber vermutlich würde es nur so was werden wie die heidnischen Feiertage in meiner Welt. Früher hatten sie mal eine große Bedeutung, aber heutzutage waren sie nicht mehr wichtig. „Sehr gut, ihr seid zurück, die Sonne wird bald untergehen“, begrüßte uns der Druide. Ich legte das Holz aus meinen Armen, zu dem Stapel von Letho, der gleich damit begann, es aufzuschichten. Er hatte scheinbar tatsächlich vor, ein sehr großes Feuer zu errichten. Nur wenig Holz ließ er liegen, um das Feuer später in Gang zuhalten. „Ah, sehr gut, danke dir Letho“, murmelte Mäussack, als das Grundgerüst für das Feuer stand. „Dann werde ich anfangen“, fuhr er fort und zog einiges aus seinen Taschen und kniete sich vor die Feuerstelle. Als ich mich an den Hexer wenden wollte, um zu erfahren, was der Druide jetzt machen würde, hielt er sich einen Finger vor die Lippen. Die Geste war eindeutig, ich sollte ruhig sein. Der Druide fing an, leise vor sich hinzumurmeln, hin und wieder goss er etwas über das Holz oder streute ein Pulver hinein. Außerdem mischte er irgendetwas in einer kleinen Holzschale zusammen. Nach einiger Zeit wurde es uninteressant, ihm zuzuschauen, und ich warf meinen Hut auf meine Schlafmatte und machte mich daran den dicken Ledermantel auszuziehen. Ich konnte es mir jetzt auch genauso gut bequem machen, das Feuer würde groß genug werden, um die kleine Höhle ordentlich warm zu halten, da konnte ich den Mantel auch ablegen. Nachdem Mäussack einige Zeit ruhig geblieben war, holte mich Letho zum Feuer. „Ich hoffe, auch wenn du nicht über das Ritual bescheid, weißt, das Ermion dir gestern bei den Kräutern geholfen hat?“, flüsterte er mir zu. Ich nickte und zog die kleine Puppe hervor. „Gut, wir sind jetzt vollständig, dann lasst uns anfangen“, begann der Druide ruhig zu sprechen. „Heute sind Tag und Nacht gleich, heute endet etwas und etwas Neues beginnt. Die Erde beginnt zu schlafen und wir bedanken uns bei ihr, für das, was sie uns im Frühjahr und im Sommer gegeben hat. Wir danken für die Ernte und. ...“, ich hörte vorerst nicht weiter zu, es war also etwas wie ein Erntedank fest, bloß urtümlicher. Als Letho merkte, dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders war, stieß er mich in die Seite, ich sollte weiter zuhören. „Wie es die Götter verlangen, werden wir diesen Abend in Ruhe und Stille verbringen. Wir werden unsere Gedanken auf unsere Dankbarkeit, Ängste und Wünsche konzentrieren, bis das Feuer erloschen ist“, als ob es ein Stichwort gewesen ist, entzündete Letho das Feuer. Wenn ich so etwas nicht kannte, hätten mich die grünen Flammen sicherlich beeindruckt, aber solch ein Firlefanz kannte ich aus dem Larp. Da gab es die ein oder andere Hexe, die gerne mal ein Pülverchen ins Feuer warf und somit die Flammen verfärbte. Wenn dieses Ritual den anderen nicht so wichtig gewesen wäre, hätte ich wohl demonstrativ gegähnt. Letho und Hjalmar senkten bedächtig die Köpfe, während Mäussack noch ein wenig in der kleinen Holzschale rührte, und Wasser hinzu goss. Die Flammen züngelten immer höher und die Sonne war nun gänzlich untergegangen, „Es ist Zeit für die Opfergabe, werft eure Kräuter in das Feuer und trinkt dann aus der Schale, dies wird euch helfen, für heute Abend die nötige Ruhe zu finden. Auch soll es heute Nacht euch ruhig schlafen lassen“, sprach der Druide leise. Er warf als Erster seine Kräuterpuppe ins Feuer und nahm dann einen Schluck aus der Schale, er reichte sie an Hjalmar, der es ihm gleich tat. Auch Letho warf seine Puppe ins Feuer, lehnte die Schale aber ab, er meinte er würde heute Nacht über uns wachen. Dann war ich in der Reihe, ich warf das Kräuterbündel ins Feuer und nahm zögernd die Schale von Letho entgegen. „Trink ruhig“, flüsterte er mir zu. Skeptisch blickte ich in die Flüssigkeit, es sah ziemlich unappetitlich aus und roch auch so. Die Konsistenz war ziemlich zäh und machte es schwer die Flüssigkeit zu schlucken. Der Geschmack machte es nicht besser. Immer noch schluckend, reichte ich Mäussack die Schale zurück, der den restlichen Inhalt ins Feuer kippte. Es gab sogar eine kleine Stichflamme, was zum Teufel hatte ich da gerade getrunken? Jetzt war es still, keiner gab noch einen Mucks von sich, sie schienen alle in ihren Gedanken versunken zu sein. Auch das Knacken und Knistern des Feuers wurde immer leiser. Verwirrt schaute ich auf, nein, das Feuer brannte immer noch genauso groß wie am Anfang. Ich versuchte mich auf die Dinge zu konzentrieren, wie es der Druide angewiesen hatte, doch es wurde immer schwieriger. Irgendwann hörte ich das Feuer überhaupt nicht mehr und auch alles andere war still, ich hörte nur noch meinen eigenen Atem. Als jedoch auch meine Sicht anfing, verschwommen zu werden, fing ich langsam an, mir wirklich sorgen zu machen. Ich blickte zu Letho, dieser schien in tiefer Meditation versunken zu sein und auch die anderen saßen noch ruhig am Feuer. Vorsichtig tastete ich nach Letho, „Letho, irgendwas stimmt nicht, ....“, versuchte ich verständlich zu machen. Besorgt blickte er mich an, ehe er aufstand. Er half mir, selbst aufzustehen, und führte mich zu meiner Schlafmatte. „Schhh, alles gut. Das erste Ritual kann manchmal ziemlich überwältigend sein. Leg dich hin und versuche, dich zu entspannen. Der Trank von Ermion sollte die Albträume fernhalten“, erklärte er sanft und leise, aber ich hörte ihn nur wie aus weiter ferne. Er zog mir noch die Stiefel von den Füßen und half mir, mich bequem hinzulegen. Dann deckte er mich zu und ging zu seinem Posten am Feuer zurück. Es wurde wieder Still um mich herum und mein Kopf fühlte sich an, wie in Watte gepackt. Nicht nur meine Sicht wirkte wie verschwommen, sondern auch meine Gedanken. Daher schloss ich meine Augen und ließ meine Gedanken schweifen. Ich saß auf einer Wiese, umgeben von einigen Tieren. Die warme Sonne schien auf uns herunter. Die Wölfe lagen träge im Gras und abwesend streichelte ich die riesige Schlange, die sich auf meinem Schoß zusammen gerollt hatte, während ich einen Blumenkranz flocht. In der Nähe stand ein Baum, in dessen Schatten ein Fuchs saß. In seinem Geäst saß ein Rabe, der sich scheinbar mit einer Fledermaus unterhielt. Auch ein Bär war nicht weit. Ich blickte lächelnd auf, als sich eine Löwin und eine große dunkle Katze näherten, sie schlossen sich den Wölfen an. Die Löwin kuschelte sich an den weißen Wolf, während die Katze sich mit ein wenig abstand niederließ. Ich kicherte, als die Schlange mich mit ihrer Zunge an meinem Hals kitzelte, „Lass das Letho!“, beschwerte ich mich leise. Doch plötzlich änderte sich die friedliche Stimmung. Wie aus dem nichts waren schwarze Wolken aufgezogen. Alarmiert waren die Wölfe aufgesprungen, schienen aber in ihrer Bewegung eingefroren zu sein. Letho zischte warnend über meine Schulter, was mich dazu veranlasste, mich umzudrehen. Ich ließ die Blumen aus meinen Händen fallen, als ich sah, wer dort stand. „Solche Freude, solch eine Wärme und Herzlichkeit. Wie enttäuschend, wie langweilig!“, höhnte der Mann. Ich hielt Letho fest, zum einem, um zu verhindern, dass er auf den Mann zu glitt und zum anderen vielleicht etwas Trost zu finden. Ich fühlte mich, als würde sich eine eiskalte Hand um mein Herz legen. „Was ... was willst du?“, stotterte ich unbeholfen. „Sollte dir das nicht selbst klar sein?“, stellte er die Gegenfrage. Zögerlich schüttelte ich den Kopf und verfestigte den Griff um die Schlange. „Oh, dabei warst du so vielversprechend am Anfang“, der Mann klang enttäuscht. „Es hat mir wirklich Spaß gemacht, dich zu beobachten, Weiße Rose. Deine Streitereien mit Geralt, die Interaktion mit diesem Hexenjäger, wie hieß er noch gleich? ... Ah ja, Caleb Menge. Dein verzweifelter Versuch, diesen alten Hexer zu retten. Aber jetzt, sieh dich an“, sprach er leise. „Was willst du damit sagen?“, wollte ich besorgt wissen. Der Mann grinste, „Du bist unnötig geworden, genauso langweilig, wie die anderen, die ich hier her geholt habe, obwohl ich zugeben muss, dass du doch deutlich länger durchgehalten hast.“ Er kam auf mich zu und Letho, der sich aus meinem Griff gewunden hatte, glitt zwischen uns und richtete sich drohend auf. Wie eine Kobra hatte er seinen Nackenschild verbreitert und zeigte drohend seine Zähne. „Ich hatte wirklich überlegt, einfach über deine langweilige Entwicklung hinwegzusehen, dich deinem Glück zu überlassen, wie du es dir gewünscht hattest, aber du wolltest mir meinen zukünftigen Champion abspenstig machen“, er deutete auf den weißen Wolf. „Außerdem hast du einen Teil meiner Handelspartner vertrieben, das kann ich nicht ungestraft lassen, das verstehst du doch, nicht wahr?“, bei der Frage hatte er blitzschnell nach der Schlange gegriffen. „Nein! Lass ihn, bitte!“, flehte ich den Meister der Spiegel an. Doch er grinste nur und verfestigte seinen Griff um Lethos Hals. „Es ist deine Schuld!“, höhnte der Mann. Letho wand sich in dem Griff, versuchte nach dem Arm zu schnappen, doch er konnte sich nicht befreien. „Bitte, nicht ihn! Töte mich, aber nicht ihn! Bitte!“, flehte ich schluchzend. „Wo wäre denn da deine Strafe?“, fragte er mich. Lethos Bewegungen wurden immer langsamer, bis er schlaff in dem Griff hing, seine Augen trüb. Lachend warf der Mann mir die tote Schlange entgegen. Mittlerweile war es stockdunkel um mich herum geworden, auch die anderen waren verschwunden. Ich hockte alleine, mitten in der Dunkelheit vor der toten Schlange, nur das Lachen von Gaunter war noch zu hören. Ich schluchzte und griff vorsichtig und zärtlich nach Letho und zog ihn an meine Brust, „Es tut mir leid, es tut mir leid!“, schluchzte ich in die ewige Dunkelheit hinein. Schluchzend schreckte ich auf und wollte nach Letho greifen, um sicherzugehen, das er gesund neben mir lag, doch der Platz neben mir war leer. „Letho!“, panisch sah ich mich um. Ich hörte eilige Schritte und konnte dann Letho sehen, der auf mich zu kam. „Krümel, alles gut, ich bin hier“, beruhigte er mich gleich. Besorgt musterte ich ihn, ehe ich ihn in eine Umarmung zog, „Dir geht es gut?“, wollte ich wissen. „Ja Krümel mir geht es gut, egal was du gesehen hast, es war nur ein Traum“, versicherte er mir. „Du warst tot und dann lagst du eben nicht neben mir“, schluchzte ich leise an seinen Hals. „Es war nur ein Traum, die Nacht des Äquinoktiums endet immer in Albträumen, deswegen hatte Ermion den Trank gemacht, er sollte sie eigentlich verhindern“, wunderte er sich ein wenig. Ich schluckte, „Ich hätte das Ritual vielleicht ein wenig ernster nehmen sollen, ich dachte, es wäre irgendein Humbug, wie in meiner Welt, dabei weiß ich doch, das Magie hier real ist“, gab ich zu. „Es ist in Ordnung, Krümel. Wenn du das nächste Mal bei so etwas Zweifel hast, sprich vorher mit mir“, bat er mich. Ich nickte an seiner Schulter. „Hattest du auch Albträume? Lagst du deswegen nicht hier bei mir?“, wollte ich dann wissen. „Nein, ich war die ganze Zeit vor der Höhle und habe euch bewacht. Du hattest ja gemerkt, wie der Trank eure Sinne beeinträchtigt“, erzählte er. „Du kannst dich noch ein bisschen hinlegen, Ermion und Mäussack schlafen auch noch“, schlug er vor und deutete mit dem Kopf zu den beiden. „Nein, ich denke nicht, dass ich jetzt noch einmal einschlafen könnte“, murmelte ich. „Gut, aber sei leise und weck die anderen nicht, wenn du dich fertig machst“, mahnte er mich noch. Ich nickte und ließ ihn unwillig los. Ich blickte ihm noch nach, wie er wieder nach draußen ging. Es war noch dunkel, trotzdem entschloss ich mich, aufzustehen. Ich könnte Letho draußen am Feuer Gesellschaft leisten. So leise wie möglich suchte ich nach meinen Stiefeln und wickelte dann die Decke um mich. So folgte ich dann dem Hexer aus der Höhle. Draußen setzte ich mich neben ihn und lehnte mich an ihn. Mit seinem Arm um mich döste ich doch noch einmal weg. Letho weckte mich sanft, als auch die anderen wach waren und wir frühstücken konnten. Da wir aufgrund des Rituals gestern kein Abendessen hatten, fiel das Frühstück ein wenig großzügiger aus. Wir aßen in Ruhe und machten uns dann wieder auf den Weg. Die nächsten Tage verliefen ähnlich, mit der Sonne standen wir auf und zogen weiter und zur Dämmerung suchten wir uns eine geeignete Stelle für ein Nachtlager. Wann immer es möglich war, versuchte Letho zu fischen oder zu jagen, um unsere Vorräte möglichst lange zu schonen. Noch hatten wir Glück mit dem Wetter, aber man merkte mittlerweile schon, dass der Herbst Einzug gehalten hat. Die Nächte wurden langsam merklich kühler, ein guter Grund, um mich nachts in die Arme von Letho zu kuscheln. Als wir das Tal endlich verließen, sah ich nachdenklich in die Richtung von Aeed Gynvael. Ob die Najade noch in dem Weiher wohnte, oder hatte sie sich eine neue Heimat gesucht, so wie sie es zu Dettlaff gesagt hatte? Was war mit dem kleinen Örtchen, war dort noch alles ruhig und der Junge? Würde er tatsächlich Verderbnis bringen? Doch die anderen ließen mich nicht lange grübeln. Sie lenkten mich mit verschiedenen Themen ab, so das auch die Reise nicht ganz so langweilig wurde. Das eine Mal hatte ich mich sogar den ganzen Tag mit Mäussack über Kaffee unterhalten. Er war ganz fasziniert davon, wie viele verschiedene Arten von Kaffee es in meiner Heimat gab und wie selbstverständlich er im Alltag geworden ist, dass man ihn an fast jeder Ecke kaufen konnte. Oder ein anderes Mal hatte Hjalmar versucht mich davon zu überzeugen, welche Vorteile ein Kampf mit einer Axt ist. Aber ich kämpfte weiterhin lieber mit meinem Schwert. Letho hatte sogar am Taleingang die Spuren des Reiters ausmachen können, doch außer das sie ziemlich alt waren und das Pferd vermutlich keine Eisen trug, konnte er nichts weiter daraus erfahren. Dass wir das Tal jetzt verlassen hatten, bedeutete aber auch, das wir jetzt achtsamer sein mussten. Wir wussten nicht, wie weit sich die Kriegsfront verlagert hatte oder wo sich nilfgaardische Agenten rumtrieben. Daher hatte Letho seine Kapuze stets auf, auch wenn er mit seinem Bart kaum noch zu erkennen war, seine Narbe war doch sehr einprägsam und vermutlich gab es auch nirgends eine zweite wie diese. Auch ich hatte vorsorglich meinen Hut tief ins Gesicht gezogen, wann immer wir andere Leute trafen. Wir waren schon beinahe zwei Wochen unterwegs, als wir endlich die Ausläufe des Liksela erreichten. Wir hatten unser erstes Ziel also bald erreicht. Ban Ard. Wir hatten unser Nachtlager am Fuße eines Hügels aufgeschlagen und ich war gerade dabei, wie üblich das Feuerholz zusammen zu suchen, als ich in der Ferne etwas sah. Ich konnte den fernen Schein eines Lagerfeuers erkennen. Vorsichtig legte ich das bereits gesammelte Holz ab und schlich mich langsam näher. Glücklicherweise trug ich immer noch mein kleines Teleskopfernglas an meinem Gürtel. Ich suchte mir eine geeignete Stelle und zog es aus seiner Gürteltasche. Verdammte scheiße, ging mir als Erstes durch den Kopf, als ich erkannte, wer dort lagerte. Ein großer Trupp oder eine kleine Gruppe Nilfgaarder hatte dort ihre Zelte aufgeschlagen. Ich versuchte, mir alles möglichst genau einzuprägen, als ich unweit von mir etwas hörte. Da stolperte jemand durchs Unterholz und fluchte laut. Auch wenn er ziemlich betrunken klang, kam mir die Stimme bekannt vor. Ich ging ein wenig in Deckung und suchte die Umgebung mit meinen Augen ab. Leider hatte ich keine Schöllkrautblätter, daher brauchte ich um einiges länger, um den Schemen zwischen den Bäumen zu erkennen. Ich musterte das Gesicht, es war mir eindeutig bekannt. Vermutlich sollte ich lieber Letho Bescheid sagen und mir von ihm helfen lassen, aber so eine Situation käme vermutlich nie wieder. Aber noch war der Soldat zu nah an seinem Lager, seine Gefährten könnten ihn hören und schnell zur Hilfe eilen, ich musste ihn noch ein wenig weglocken. So leise wie möglich zog ich den Hut und auch den Mantel aus. Die würden jetzt nur stören. Mein Fernglas verstaute ich wieder. Leise schlich ich durch das Unterholz, in die Richtung, in die ich den Soldaten locken wollte. Von dort aus machte ich ein wenig auf mich aufmerksam. Ich brach absichtlich einen Ast, ging nicht schnell genug in Deckung, so das er immer mal wieder etwas von mir sah, bis ich ihn auf eine Lichtung gelockt hatte. Grinsend wartete ich auf ihn, an einem Baum gelehnt. „Kennst du mich noch?“, begrüßte ich ihn, als er endlich auf die Lichtung stolperte. Taumelnd blieb er stehen und sah sich verwirrt um, bis er mich entdeckte. „Du, ... du bist diese Hexe, die Cahir verzaubert hat. Wegen dir wurde ich aus der Garde des kaiserlichen Beraters geworfen!“, knurrte er, aber dann fing er an, wie wild zu grinsen. „Aber jetzt hab ich dich und kriege meinen alten Posten zurück und vorher werden wir noch ein bisschen spaß haben, jetzt ist kein Cahir da, der uns unterbrechen könnte“, lallte er. Auch ich grinste, er hatte da ein paar entscheidende Faktoren übersehen. Ich war weder gefesselt, noch durch schlechte Ernährung geschwächt. Er war betrunken und ich nicht. Ich trug meine Rüstung und er sah aus, als wäre er aus dem Bett gefallen und hätte sich nur seine Hose angezogen. „Komm, gib mir einen Kuss und ich werde es nicht allzu schmerzhaft für dich machen“, forderte er von mir. Ich lachte ihn aus, „Einen Kuss? Den musst du dir schon holen!“, erwiderte ich. Der Nilfgaarder stapfte sogar direkt auf mich los. Ich stieß mich vom Baum ab und machte mich bereit, ihn gebührend zu empfangen, ich schloss meine Faust um einen kleinen Kiesel, den ich unterwegs aufgesammelt hatte. Wenn das mit einem Feuerzeug funktionierte, wieso nicht auch mit einem Stein, der ähnliche Ausmaße hatte. Er hatte sogar die Frechheit, seine Lippen für einen Kuss zu spitzen, als er nur noch einen Schritt entfernt war. Ich holte aus und traf ihn gezielt im Gesicht, sofort heulte der Soldat auf, aber auch ich zischte vor schmerz und schüttelte meine Hand. Verdammt, hoffentlich tat dem Kerl das mehr Weh, als mir. Da dem Kerl allerdings Blut aus der Nase lief und meine Haut an den Knöcheln nicht aufgeplatzt war, ging ich davon aus. „Oh du verdammte Schlampe, komm her, dir werd ich es zeigen!“, fluchte der Soldat, während er sich die Nase hielt. Er hatte sich schneller wieder aufgerappelt, als ich erwartet hatte, doch er griff nicht zu seiner Waffe, die noch an seinem Gürtel hing. Er ging mit bloßen Fäusten auf mich zu. Sehr gut, wütende Gegner machten schneller Fehler, ich musste nur aufpassen, dass mir nicht dasselbe passierte. Ein Aussetzer wäre jetzt vollkommen das falsche. Ich wich einigen seiner Faustschläge aus, bis er über einen dicken Ast am Boden stolperte. Ich nutze die Chance und sah mich nochmal schnell um, schließlich wollte ich nicht selbst über irgendetwas fallen. Doch ich hatte den Soldaten zu lange aus den Augen gelassen und das rächte sich jetzt. Er hatte den Ast, über den er gestolpert war, aufgehoben und hieb damit nach mir. Da ich mich aber gerade umdrehte, erwischte er mich nur an der Schulter, aber auch das war nicht unbedingt ein Schmetterlingskuss. Ich konnte gerade noch so reagieren und ausweichen, als er erneut mit dem Ast nach mir schlug. „Na, ist dir dein Lachen jetzt vergangen?“, höhnte er, als er mich letztendlich doch traf und ich zu Boden ging. Leicht benommen schüttelte ich den Kopf und versuchte, mich wieder aufzurappeln. Doch da traf mich auch schon ein Tritt in die Seite, verdammt, warum eigentlich immer dieselben Rippen. Irgendwann würden die tatsächlich noch brechen. „Ist das alles? Du trittst wie eine alte Frau auf dem Sterbebett“, keuchte ich und hielt mir die getroffene Stelle. Noch ein Tritt, diesmal in den Bauch. Meine Rüstung schützte leider nicht wirklich gegen stumpfe Gewalteinwirkung. „Wegen was lässt der Kaiser mich eigentlich suchen?“, wollte ich schnaufend von dem Kerl wissen, in der Hoffnung ihn so ein wenig abzulenken. Es schien zu wirken, unauffällig konnte ich das Messer aus meinem Stiefel ziehen und mich dann auf den Rücken rollen, damit ich besser Luft holen konnte. „Landesverrat und Spionage. Die hätten dich in Wyzima lieber gleich aufknüpfen sollen, hätte uns einigen Ärger erspart!“, knurrte er. „Landesverrat?“, fragte ich ihn ungläubig. „Ja, schade dass sie dich lebend haben wollen, aber wir können trotzdem vorher noch ein bisschen spaß haben, nicht wahr?“, grinste er, als er sich mir wieder näherte. „Meine Mutter hat zwar optisch gewisse Ähnlichkeiten mit Emhyr, aber das macht mich noch lange nicht zu einem Nilfgaarder!“, mit dem letzten Wort hieb ich mit dem Messer nach ihm, als er sich zu mir runterbeugen wollte. Schreiend sprang er zurück, ich hatte ihn im Gesicht getroffen. Schnell stand ich vom Boden auf und zog mein Schwert. Langsam sollte ich das Ganze hier beenden, bevor der Kerl doch von jemanden vermisst wird und ein Suchtrupp losgeschickt wird. „Oho, das kleine Mädchen will wirklich spielen, steck das Ding lieber weg, bevor du dir noch weh tust“, höhnte der Soldat, als sein Blick auf meine Klinge fiel. „Du hast etwas Entscheidendes übersehen, ich trage nicht nur die Rüstung wie ein Hexer, ich wurde auch von einigen trainiert“, klärte ich ihn auf. Zuerst schien er lachen zu wollen, aber mein ernstes Gesicht verriet ihm wohl, das ich es ernst meinte, und er zog selber sein Schwert. Er schien auch auf einmal viel nüchterner zu sein, vielleicht verdrängte das Adrenalin die Wirkung vom Alkohol ein wenig. Der Kampf hätte vermutlich länger gedauert, wenn der Mann vor mir, seine vollständige Ausrüstung an hätte und nüchtern gewesen wäre, aber auch so dauerte er mir zu lange. Viel zu viel Zeit, um auf sein Verschwinden aufmerksam zu werden. Schnell wischte ich mein Schwert an seiner Kleidung sauber und zog den toten Körper in eine Senke, wo ich ihn mit Blättern und trockenen Ästen abtarnte. Als ich mich auf den Weg zurückmachte, wurde mir klar, dass aber auch meine Abwesenheit nicht unbemerkt geblieben war. Ich hatte fast den Ort erreicht, wo ich meine Sachen zurückgelassen hatte, als ich Letho rufen hörte. Verdammt, er würde die anderen Soldaten noch auf uns aufmerksam machen. Daher beeilte ich mich, zu ihm zu kommen. „Psst, nicht so laut, Levi!“, zischte ich, als ich mir sicher war, dass ich in Hörweite war. Das raschelnde Laub verriet mir, dass er mich tatsächlich gehört hatte und nun auf mich zu eilte. „Kannst du mir mal verraten, wo du warst? Warum hast du deine Tarnung abgelegt?!“, fing er auch schon gleich an, bevor er mich überhaupt erreicht hatte. „Psst, nicht so laut. Nicht weit von hier lagern einige Nilfgaarder“, versuchte ich erneut ihn dazu zubringen leiser zu sein. „Und gerade dann ziehst du den Mantel aus?“, er stockte, als er mich richtig sehen konnte, „Was ist passiert?“, wollte er sofort wissen. „Nicht hier“, wollte ich ihn beschwichtigen und nahm ihm, meinen Mantel und den Hut ab. Widerwillig folgte er mir. Ich konnte ihm deutlich ansehen, dass er die Sache lieber direkt klären würde. Aber so würde das Risiko noch größer sein, das uns die Nilfgaarder zufällig fanden. „Du hast sie gefunden?“, wurden wir begrüßt, als wir unser kleines Lager erreichten. „Was ist passiert?“, wollte Mäussack wissen, als im Feuerschein das Blut in meinem Gesicht sichtbar wurde. „Hatte ein bisschen Spaß mit einem Nilfgaarder“, zuckte ich mit den Achseln, als ich mich setzte. Letho hatte sich in der zwischen Zeit einen Wasserschlauch und ein sauberes Tuch genommen und hockte sich vor mich. Er hatte mein Kinn gefasst und dirigierte meinen Kopf so, das er mein Gesicht besser inspizieren konnte. „Keine Sorge, das wenigste davon ist mein eigenes Blut“, wollte ich ihn beruhigen, doch es schien eher das Gegenteil zu bewirken, er verengte seine Augen ein klein wenig weiter. Jetzt nicht mehr ganz so sanft, machte er sich daran, das Blut zu entfernen und die kleine Platzwunde an meiner Schläfe zu untersuchen. „Au!“, beschwerte ich mich bei ihm. „Muss nicht genäht werden, die sollte so verheilen“, entgegnete er nur. „Was hast du dir dabei nur gedacht? Du siehst ein Lager der Nilfgaarder und kommst dann auf die Idee, einen von ihnen anzugreifen? Und das auch noch ohne deine Tarnung, was wäre, wenn du ihn nicht alleine erwischt hättest? Oder sie nach ihm suchen und dich dabei entdecken?“, warf er mir vor. „So war das doch gar nicht“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. „Ach nein? Danach sah es aber verdammt nochmal aus!“, fluchte er. „Hast du sonst noch Verletzungen?“, wollte er dann wissen. „Nur ein paar Prellungen“, verneinte ich. Letho stand auf und ging in die Richtung, aus der wir vor kurzem gekommen waren. „Wo gehst du hin?“, fragte ich ihn schnell. „Verhindern, dass sie die Leiche finden oder Spuren, die sie bis hierher folgen können!“, knurrte er und marschierte weiter. „Aber das hab ich doch schon gemacht, sie werden ihn nur mit Hilfe eines Spürhundes oder einem guten Fährtenleser finden“, murmelte ich kleinlaut. Doch Letho hörte es nicht mehr. „Er hat sich wirklich sorgen gemacht, als du nicht zurückkamst“, durchbrach Mäussack die Stille. „Es ist wirklich nicht gut, die Nilfgaarder zu provozieren, nur um ein bisschen Spaß zu haben, vor allem wenn sie nach dir suchen lassen“, rügte er mich. Ich gab nur ein „Hmm“, von mir. „Ach hör nicht auf die. Die haben wohl vergessen, wie es ist Jung zu sein“, versuchte Hjalmar mich aufzumuntern. „Ich wäre gerne dabei gewesen, hab auf Kaer Morhen gesehen, dass du einiges drauf hast, zusammen hätten wir bestimmt das Lager ordentlich aufmischen können“, fuhr der Rothaarige fort. „Hjalmar!“, mahnte der Druide, doch der ließ sich nicht beirren. „Sobald diese dumme Verletzung geheilt ist, werde ich dich zu einer ordentlichen Rauferei einladen, was sagst du? Das wäre doch sicherlich spaßig.“ Ich grinste über seine Begeisterung für einen guten Kampf. „Also komm schon, erzähl mir von dem Kampf“, bat er mich dann. Ich fasste kurz zusammen, was geschehen war, doch der Rothaarige schüttelte den Kopf, „Das Erzählen musst du unbedingt üben, und lass bei solchen Geschichten weg, das dein Gegner betrunken oder ohne Rüstung war“, belehrte er mich. „Ich soll also lügen?“, fragte ich ihn skeptisch. „Nein, nein. Von Lügen hat keiner was gesagt, du sollst du Geschichten ausschmücken und dafür unwichtige Details weglassen“, erwiderte er. „Und wo liegt da der Unterschied?“, lachte ich. Kopfschüttelnd erhob ich mich, „Ich geh mich hinlegen“, murmelte ich und ging zu meiner Schlafmatte. Mit dem Wissen, das die Nilfgaarder nicht mehr weit entfernt waren, zog ich nur Stiefel und Rüstung zum Schlafen aus. Hoffentlich hätten wir das Gebiet bald hinter uns gelassen. Etwas später wurde ich wieder wach, Letho war zurück und unterhielt sich leise mit den anderen. Er drehte sich zu mir um, so als würde er meine Blicke spüren, aber ich drehte mich demonstrativ auf meine andere Seite und zeigte ihm meinen Rücken. Allerdings wurde so das Liegen deutlich unangenehmer, auf Prellungen lag es sich nun mal nicht gut. Das Aufstehen am nächsten Morgen war nicht wirklich angenehm, ich war noch ziemlich müde und gefühlt tat mir alles weh, vor allem die Prellungen am Oberkörper. Auch zwischen mir und Letho herrschte noch Anspannung. Ich wollte die Situation nicht zu verschlimmern und in einem streit enden lassen, daher sprach ich ihn nicht an. Auch er schien schweigen vorzuziehen und so sprachen wir das nötigste. Im Laufe des Tages trafen wir immer mal wieder auf Patrouillen der Nilfgaarder. Sie sahen uns mehr als skeptisch an und hielten uns sogar teilweise auf. Nur wenige Nilfgaarder sprachen die gemein Sprache, so das es tatsächlich am einfachsten war, so zu tun, als würde man sie nicht verstehen. Es machte sogar fast spaß, sie zu veralbern, indem ich ihnen irgendwelche Dokumente vorhielt, die sie eh nicht lesen konnten, und irgendwann gaben sie es genervt auf und ließen uns durch. Zum Glück konnten wir am Abend bereits in der Ferne die Lichter von Ban Ard sehen. Morgen hätten wir unser erstes Ziel also erreicht. Das hieße auch, in wenigen Tagen wären wir zurück in Novigrad. Welch große Freude. Später als wir zur Nachtruhe gingen, legte Letho eine Hand auf meine Seite. Immer noch leicht schmollend, versuchte ich der Berührung zu entgehen. „Krümel, ... Alanya, hör mir bitte zu“, bat der Hexer mich leise. „Ich hätte dich fragen sollen, warum du dieses Risiko eingegangen bist und nicht dir direkt Vorhaltungen machen sollen, aber du musst mich auch verstehen. Du kamst vom Holz sammeln nicht wieder, als ich nach dir suche, finde ich einen Teil deiner Kleidung und dann dich verletzt. Es hätte so viel passieren können. Später als ich sein Gesicht sah, ahnte ich, warum du es getan hast. Er war einer von denen aus deinen Zeichnungen, nicht wahr?“, erklärte er sich. Ich drehte mich zu ihm um und zog eine leichte Grimasse, dass Prellungen aber auch immer so weh tun mussten. „Ja, es war einer von denen, mir wäre es auch lieber gewesen, wenn du in der Nähe gewesen wärst, aber diese Chance wollte und konnte ich mir nicht entgehen lassen. Er wollte sich an mir vergehen und dort im Wald auch, wenn er die Chance bekommen hätte. Wer weiß, wie vielen Frauen er schon etwas angetan hat“, erwiderte ich genauso leise. „Ich hab mir einfach sorgen gemacht und du bist manchmal so leichtsinnig“, seufzte Letho. „Ich bin nicht leichtsinnig“, widersprach ich, doch er zog nur eine Augenbraue hoch, daher beschloss ich, das Thema zu wechseln. „Wusstest du, dass ich scheinbar ein Nilfgaarder Bürger geworden bin?“, erzählte ich ihm. „Bitte was?“, wollte er überrascht wissen. Ich zuckte mit den Schultern, „Das hab ich auch gedacht, als ich es hörte. Wie es aussieht, lässt mich der Kaiser wegen Landesverrats und Spionage suchen, aber für diese Anklage müsste ich ja eigentlich Nilfgaarder sein“, überlegte ich. Lethos Augen wurden bei jedem Wort größer, „Du hältst dich ab sofort von den Soldaten fern, keine Alleingänge mehr!“, wurde er ernst. Ich runzelte die Stirn, „Aber wieso auf einmal?“, wollte ich von ihm wissen. „Du hältst dich von ihnen Fern, ist das klar? Du gehst keine Risiken mehr ein!“, forderte er streng. „Aber, ...“, versuchte ich eine Erklärung zu bekommen, doch er schnitt mich direkt ab. „Kein aber, das ist mein völliger Ernst, beim ersten Versuch aus meiner Sicht zu verschwinden, binde ich dich zu Hjalmar auf den Karren!“, machte er deutlich. Wütend drehte ich ihm wieder den Rücken zu, er hätte sich doch wenigstens erklären können. Meine Wut über diese Aktion hielt auch die nächsten Tage noch an. Wir hatten zwar am nächsten Abend Ban Ard erreicht, doch zu meinem Erstaunen betraten wir die Stadt nicht. Mäussack führte uns ein Stück an der Stadt vorbei, bis wir einen alten megalithischen Bau erreichten. Es erinnerte mich ein wenig an Stonehenge in meiner Welt. „Dies ist ein uralter magischer Platz, selbst vor der ersten Konjunktion hatten die ersten Völker hier Rituale praktiziert, obwohl es keine Magie gab. Daher ist dieser Ort stark aufgeladen und wir mir helfen ein stabiles Portal zu errichten“, erklärte der Druide. Während er alles vorbereitete, um das Portal zu öffnen, gönnten wir uns eine kleine Pause. Da Mäussack ein Druide und kein wirklicher Magier war, auf diesen Unterschied bestand er, konnte er nicht mit einem einfachen Spruch ein Portal öffnen. Doch als ich sah, was er da machte, musste ich grinsen, es erinnerte ein klein wenig an die Ritualkreise, die man im Larp meist mit Mehl auf den Boden zeichnete. Nachdem Mäussack eine Weile Freya und die Naturgeister angerufen hatte, öffnete sich tatsächlich ein Portal, so das wir uns bereit machten, hindurch zu gehen. Letho schien hin und her gerissen zu sein, in welcher Reihenfolge wir durch das Portal treten sollten. Zum einen wussten wir nicht, was uns auf der anderen Seite erwarten würde und andererseits, wollte er nicht, dass ich nach ihm durchging, da hier jeder Zeit, nilfgaardische Soldaten auftauchen konnten. Am Ende ging ich trotzdem zuerst mit den beiden Pferden hindurch und Letho folgte mir direkt mit dem Karren und Hjalmar, Mäussack folgte als letztes. Auf der anderen Seite kamen wir an einer Küste raus, nicht Skellige, wie ich immer noch gehofft hatte. Allerdings konnte ich auch nicht sagen, wo wir waren. „Wir sind in Temerien, dort hinten ist Gors Velen und dort im Meer liegt Thanedd“, erklärte Mäussack, als er bemerkte wie ich mich immer wieder um sah. Mit diesen Informationen konnte ich grob unsere Position auf einer mentalen Karte festmachen. Dort auf der Insel wurde Geralt damals sein Bein so stark gebrochen, dass er heute immer noch Probleme damit, überlegte ich, als ich auf das Meer hinaus blickte. „Dann reisen wir doch nicht bis nach Novigrad? Aus dieser Gegend fahren doch sicherlich auch Schiffe nach Skellige?“, fragte ich hoffnungsvoll, doch Mäussack schüttelte den Kopf, „Nein, in dieser Jahreszeit legen keine Schiffe von Bremervoord nach Skellige ab, durch die Stürme ist es viel zu gefährlich, an den Drachenhauern vorbei zusegeln und in Cintra ...“, der Druide wurde von Letho unterbrochen, „Auf dem Weg nach Cintra würdest du dich nur in den Brokilon verirren.“ Schnaubend drehte ich ihm den Rücken zu und verschränkte die Arme vor der Brust, eine hohe Meinung hatte der Herr heute mal wieder von mir. Als würde ich das Risiko eingehen wollen, in den Wald der Dryaden zu reiten. Still folgte ich den dreien, als wir nach einem geeigneten Nachtlager suchten. Die Luft hier war ganz anders, als in den Bergen, es roch nach Meer und es war noch nicht ganz so kühl. Der Wind trug das Rauschen des Meeres mit sich und ich kam nicht umhin, immer mal wieder auf das Meer zu blicken. Später, als wir am Feuer saßen, sprach Hjalmar mich an, „Was ist los mit dir und Letho? Ist etwas vorgefallen?“ Ich zuckte mit den Schultern, „Er verhält sich so komisch, seitdem ich ihm erzählt habe, was ich von dem Nilfgaarder Soldaten erfahren habe. Das ich wegen Landesverrats gesucht werde“, erklärte ich ihm. Der Rothaarige zog eine Augenbraue hoch, „Ich dachte, du kämst nicht aus Nilfgaard?“, wollte er wissen. Ich nickte, „Tue ich auch nicht, daher weiß ich nicht, was Letho so aufregt, schließlich stimmt diese Anklage nicht und kann daher auch nicht verurteilt werden.“ „Ich werde mal mit ihm reden“, schlug Hjalmar vor. „Danke, aber das brauchst du nicht“, lehnte ich ab. Als ich später mich zum schlafen zurückgezogen hatte, konnte ich die leisen Stimmen von Hjalmar und Letho hören, doch sie flüsterten so leise, das ich nicht verstand, worüber sie sprachen. Ich war schon halb am Schlafen, als Letho sich zu mir legte. Er schlang einen Arm um mich und zog mich an seine Brust. „Ich mach mir Sorgen um dich, ich will doch nur, dass du in Sicherheit bist“, murmelte er an meinen Nacken. Seufzend kuschelte ich mich an ihn und schlief dann wirklich ein. Die angespannte Situation zwischen Letho und mir normalisierte sich mit den Tagen langsam wieder, hier gab es zwar auch Nilfgaarder Truppen, aber nicht in dem Ausmaß, wie an der Front und daher konnten wir ihnen besser ausweichen. Nach und nach begegneten wir auch Hexenjägern, sie beäugten mich misstrauisch, vermutlich aufgrund meiner Begleitung, aber noch wurden von ihnen nicht angesprochen oder aufgehalten. „Was ist da vorne los?“, wollte Mäussack auf einmal wissen. Er lief vor uns, er hatte sich am Morgen geweigert sich aufs Pferd zusetzen, da er meinte, er könne nicht mehr sitzen und wolle lieber wieder zu Fuß gehen. Ich blickte auf und sah ein Stück vor uns auf dem Weg eine Menschenansammlung und einen Mann auf einem Wagen stehen. Seiner Armbewegungen nach, schien er der Menge vor ihm etwas zu erzählen. „Vermutlich ein Prediger des ewigen Feuers“, knurrte Letho angewidert. Ich kniff die Augen zusammen, um besser erkennen zu können, was da vorne los war. „Er trägt aber nicht die typischen Roben, wie die Prediger“, erwiderte ich. Wir kamen der Ansammlung immer näher und es schien tatsächlich nicht der Feuerkult zu sein, das Banner zeigte nicht die Fackel. Dafür allerdings ein Symbol, das mich an ein Lagerfeuer erinnerte. Ich sprach einen Hexenjäger, der sich gerade angewidert durch die Menschenmenge gekämpft hatte, „Was ist da los?“, wollte ich von ihm wissen und beugte mich leicht zu ihm runter. „Du hast davon noch nicht gehört?“, fragte er überrascht. Ich schüttelte den Kopf, „War längere Zeit unterwegs“, erklärte ich knapp. „Der neue Kult spross vor einigen Wochen wie aus dem Erdboden. Nennen sich des Feuers wärme. Predigen etwas von Gleichheit und verunglimpfen die ewige Flamme“, spuckte der Hexenjäger. „Was?!“, entfuhr es mir ungläubig. „Ja und König Radovid lässt uns nicht gegen sie vorgehen, spricht davon, dass sie keine Bedrohung seien, nur irgendwelche Spinner!“, fluchte er weiter. „Danke, ich will dich nicht weiter aufhalten“, beendete ich das Gespräch. Mit einem mürrischen Nicken ging der Hexenjäger weiter. „Scheiße!“, fluchte ich, als der Mann weg war. Mit hochgezogener Augenbraue schaute Letho mich an. „Ich glaube Avallac’h hatte recht“, grummelte ich. Ich hoffte wirklich, dass ich mich täuschte, dass es nichts mit dem Verrückten zu tun hatte, den ich bei meinem letzten Besuch in Novigrad traf. „Was meinst du?“, wollte Hjalmar wissen. Ich zog meinen Hut so tief ins Gesicht, wie es möglich war, ohne das es meine ganze Sicht behinderte, „Das ich mich hoffentlich täusche“, murrte ich und trieb Tetris wieder an. Die Zügel von Kiran wickelte ich fest um meine Hand, damit er im Gedränge nicht gleich verloren ging. Wir hatten die Ansammlung fast erreicht, als der Blick des Predigers in unsere Richtung fiel. Er verstummte und starrte unsere kleine Gruppe finster an. „Seht ihr diesen Frevel?! Der Verfechter des ewigen Feuers hat zwei Pferde und lässt doch alten Mann laufen und der junge Bursche lässt sich auf einem Karren durch die Gegend ziehen, als wäre er ein König! Das ist nicht das, was das Feuer von uns verlangt! Die Prophetin selbst sagte zu mir, wir sollen unseren nächsten Lieben, wie uns selbst! Wir sind alle gleich und sollen auch so handeln! Niemals werden sie in das Reich des Feuers aufgenommen, niemals werden sie dem Fluch ihrer Strafe entgehen! Wer auch immer die Worte der Prophetin missachtet, wird auf ewig zu einer niederen Existenz verdammt!“, hetzte der Prediger. Ich schnappte nach Luft, das hatte ich niemals gesagt, der Mann war wirklich verrückt. Die Menge musterte uns. Viele warfen Mäussack und Letho mitleidige Blicke zu, während sie Hjalmar und mich mit purem Hass anstarrten. Einige griffen nach dem Druiden und wollten, dass er Pause macht, doch er riss sich los. „Lasst mich, ich geh freiwillig zu Fuß, ich will nicht reiten!“, fuhr er sie an. „Der arme Mann, er ist schon ganz verwirrt, gebt ihm was zu trinken!“, forderte der Prediger. Von überall wurden nun Wasserschläuche und Becher mit Wasser Letho und Mäussack hingehalten, doch sie lehnten ab und wir versuchten weiterhin, durch die Massen zu kommen. Die Pferde wurden langsam unruhig und schnappten nach den Armen, die ihnen zu nahe kamen. Ich versuchte mein bestes, die Pferde ruhig zu halten, doch Kiran wurde immer unruhiger, er stieg sogar und schlug aus. Um das schlimmste zu verhindern, ließ Letho den Karren stehen und eilte zu seinem Pferd, mit einem Axii beruhigte er ihn schließlich. Die Menge keuchte und wich ängstlich zurück, als sie bemerkten, dass er ein Hexer war. „Keine Angst! Seht ihr den nicht, dass der Hexer versklavt wird? Wie ein Ochse muss er den Karren ziehen! Wir brauchen die Hexer nicht zu fürchten, sie schützen uns!“, wurde der Prediger laut. Hjalmar wurde es langsam wohl auch ein wenig viel und erhob nun seinerseits die Stimme, „Urteilt ihr immer so vorschnell? Ich würde gerne selbst laufen, aber ich kann es nicht!“ Die Menschenmasse verstummte, als er die Felle von seinem amputierten Bein zog. Endlich konnten wir die Ansammlung durchqueren. „Was waren das für Verrückte? Die sind ja noch dämlicher als das ewige Feuer selbst! Wer kommt bloß auf solche Ideen?!“, fluchte der Druide, während er sich seine Kleidung richtete. „Ich“, antwortete ich ihm leise und kleinlaut. „Aber so habe ich ihm das nie gesagt!“, versuchte ich mich zu verteidigen. „Was?“, entfuhr es Mäussack und Hjalmar gleichzeitig. Ich seufzte, „Erinnert ihr euch an das Gespräch, das mit dem vermeintlichen Geheimnis des ewigen Feuers. Es war dieser Prediger, dem ich es erzählt hatte. Ich wusste doch nicht, was er damit machen würde und wie er meine Worte verdreht!“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. Erkenntnis spiegelte sich in ihrem Blick wieder, als sie sich an meine Erzählungen erinnerten. Obwohl es noch hell war, hatte keiner von uns Lust, erneut so einer Meute zu begegnen, daher suchten wir uns eine abgelegene Stelle, an der wir unser Lager aufschlagen konnten. Das Erste, was ich dort machte, war die verdammte Hexenjäger Kluft aus zu ziehen und auf einen Haufen zu werfen. „Krümel?“, fragte Letho verwirrt. „Ich will, dass du sie verbrennst, wir sind nah genug an Oxenfurt und Novigrad, so das jederzeit jemand merken könnte, dass ich diese Kleidung gar nicht tragen dürfte. Ich werde ab jetzt einfach meinen Umhang tragen und die Kapuze aufsetzen“, forderte ich von ihm. „Außerdem könnte uns jemand erkennen und wissen wollen, was denn aus Uma geworden ist“, setzte ich nach. Seufzend gab er nach und entzündete den Haufen mit einem gezielten Feuerstoß. „Danke“, ich gab ihm einen Kuss auf die Wange. Während die anderen die Zeit bis zum Abend mit ruhigen Gesprächen verbrachten, hatte ich mich zurückgezogen. Ich dachte über das nach, was geschehen war und was vielleicht noch auf uns zu kam. Nicht nur wegen des neuen Kults, sondern generell. Aber mir viel noch etwas anderes ein, würde Dijkstra mit Geralt noch sprechen, oder hatten sie es bereits getan, ohne das ich es mitbekam? Wenn ich mich richtig erinnerte, hatte er Geralt ursprünglich direkt nach der Abreise von Triss auf seine Hilfe beim zukünftigen Attentat angesprochen. Aber ich war dort und so kam es nicht zu dem Gespräch. „Was ist los Krümel?“, wandte sich Letho später an mich. Ich zuckte mit den Schultern, „Ein ziemliches Chaos hab ich da angerichtet oder?“ „Du konntest es nicht vorher wissen, was passiert“, entgegnete er mir. „Ich hätte aber besser überlegen sollen. Es ist was anderes, wenn ich durch meine Worte vielleicht einen Streit herauf beschwöre oder so etwas!“, ich wedelte mit dem Arm in die Richtung, in der der Prediger vorhin stand. „Ich hatte die Hoffnung, vielleicht etwas mehr Freundlichkeit unter die Menschen zu bringen und nicht einen neuen Fanatiker, der meine Worte verdreht“. „Mach dir nicht zu viele Sorgen, solche Spinner bleiben meist nicht lange“, Letho klopfte mir sacht auf die Schulter. „Und wenn doch? Wenn sie noch radikaler werden?“, machte ich mir Vorwürfe. „Dann ist es nicht deine Schuld“, versuchte er mich zu beruhigen. Dann beugte er sich näher an mich, „du versklavst mich also?“, grinste er an mein Ohr. Ich brauchte kurz, bis ich merkte, dass er mich ablenken wollte. „Nun manchmal, aber das ist etwas, das wir vertiefen können, wenn wir ganz für uns alleine sind, meinst du nicht auch?“, lächelte ich zurück. „Natürlich“, nickte er und ich gab ihm einen Kuss. „Ich freue mich schon drauf“, zwinkerte ich ihm zu. „Ich mich auch, aber bevor die Zeit der kalten Nächte vor dem Ofenfeuer genießen können, liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Wir müssen Feuerholz schlagen, Vorräte anlegen, vielleicht das Dach und die Wände flicken, ...“, zählte er auf. Ich lachte leise, „Hm, aber so lange eure Hütte noch steht, denke ich, wir werden es schaffen. Zur Not müssen wir uns halt ein Iglu bauen, Schnee wird es wohl reichlich genug dafür geben.“ Da Letho aber nicht wusste, was ein Iglu ist, erzählte ich ihm, was ich darüber wusste. Während ich mich an ihn kuschelte. Burg Krähenfels und Oxenfurt hatten wir ohne Zwischenfälle hinter uns lassen können. Burg Krähenfels und dem blutigen Baron konnten wir großräumig umgehen und durch Oxenfurt mussten wir dieses Mal nicht durch. So konnten wir auch dem nilfgaardischen Grenzposten entgehen und mussten nur durch den der Redanier. Lindenthal und Maulbeertal hatten wir auch gemieden, zu schnell hätte uns dort jemand erkennen können. Und auch wenn uns Dolores gebeten hatte, vorbei zu schauen, mieden wir das Anwesen. Zum einen drängte uns die Eile, noch ein Schiff zu finden, das unser mitnahm und zum anderen konnten wir nicht wissen, ob nicht wer anderes dort seine Zelte aufgeschlagen hatte. Und nun lag Novigrad direkt vor uns. Wir standen vor dem Tor und warteten darauf, eingelassen zu werden. Erneut mussten wir unsere Namen nennen, die mit den auf einer Liste abgeglichen wurden. Ich war froh, das Letho sich nicht geweigert hatte, ein Stück Stoff als Kopftuch zu tragen, um seine auffällige Narbe zu verdecken, denn die Wachen bestanden darauf, das wir unsere Kapuzen soweit lüfteten, dass sie unsere Gesichter sehen konnten. Letztendlich wurden wir hineingelassen und verabredeten mit Mäussack, dass wir uns am Hafen treffen würden. Er würde in der Zeit einen Kapitän suchen, während Letho und ich auf dem Markt noch einige Lebensmittel besorgten. Die Stadt war voller Wachen, deutlich mehr als sonst und auch die Hexenjäger schienen ziemlich angespannt zu sein. Erst später wurde mir klar, dass es vermutlich an der Anwesenheit von Radovid lag. Sein Schiff ankerte im Hafen. Es würde also bald keinen König mehr geben, sollte sich Dijkstra wirklich an Geralt gewandt haben. Ob Thaler noch bei den Trollen festsaß? Vermutlich, denn sobald Geralt ihn fand, stand das Attentat kurz bevor. Ich schüttelte den Kopf, nein, in dieser Angelegenheit würde ich mich nicht weiter einmischen, das hatte ich schon zu genüge. Es wäre nun allein Geralts Entscheidung, wie weit er sich damit reinziehen lässt. Für ihn würde es so oder so gut ausgehen. Ich ließ mich von Letho weiter über den Markt ziehen oder wartete am Rand und passte auf die Pferde auf. Als wir endlich alles hatten, was Letho brauchte oder von dem er sagte, wir würden es brauchen, war es schon spät und wir eilten zum Hafen. Er wartete bereits ungeduldig auf uns. „Da seid ihr ja endlich. Der Kapitän wollte schon ohne euch ablegen“, begrüßte er uns. Ich blickte noch einmal zu dem majestätischen Schiff, das am anderen Ende des Hafens ankerte und schüttelte den Kopf. Letho drückte dem Kapitän die geforderten Münzen in die Hand und dann machten wir uns daran, die Pferde zu verladen. Ich war schon öfters auf Schiffen gewesen, keine Frage, aber diese hatten einen Rumpf aus Stahl gehabt, dieses hier war komplett aus Holz und mich beschlich ein mulmiges Gefühl, als die Planken unter den Hufen der Pferde knarrten. Wir mussten die Pferde in den letzten Winkel des Frachtraums bringen, dort gab es ein kleines Gatter, in dem schon einige Schafe und Ziegen standen. Glücklicherweise mussten wir sie nicht festbinden, ich wollte mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, ... nein nicht drüber nachdenken, wies ich mich selbst gedanklich zurecht. Wir würden heile auf den Inseln ankommen. Wir nahmen unsere Ausrüstung von den Pferden und einer der Männer zeigte uns unsere Kammer. Ich zog die Nase kraus, als ich sah, dass sie ebenfalls im Frachtraum war. Sie war winzig klein und es lag nur eine Matratze auf dem Boden. Es wirkte beinahe, als wäre es eine kleine Zelle, für einen meuternden Matrosen. Wir bekamen nicht mal einen Schlüssel für die Tür. Meinem Gefühl folgend, verstaute ich alles Wertvolle ganz unten in einer der Satteltaschen. Lieber einmal zu viel vorsichtig zeigen, als später mit leeren Händen dazu stehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)