Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 5: Des Hexers Babysitter -------------------------------- Ich wusste nicht wie lange ich geschlafen hatte, aber es fühlte sich nicht lange an. Ich hörte wie die Tür geöffnet wurde und jemand in die Zelle trat. Ruckartig setzte ich mich auf. So schnell hatte ich nicht mit einem Besucher gerechnet. Ich blinzelte den Schlaf aus den Augen und beobachtete wie eine Wache einen Eimer in die Ecke stellte und auf die andere Seite der Tür eine Schalle, aus der ein Löffelgriff ragte. Dazu stellte er einen Krug. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Zelle wieder. Ich war so perplex, dass ich erst gar nicht reagieren konnte. Bevor ich überhaupt kapiert hatte, was gerade passiert ist, verhalten seine Schritte schon wieder und ich hörte die Tür am Ende des Ganges zufallen. Müde strich ich mir durch das Gesicht und stand langsam auf. Ich inspizierte die Gegenstände, die mir in die Zelle gebracht wurden. Der Eimer war wohl für die Notdurft gedacht, der Krug enthielt Wasser, was aber schon recht abgestanden roch und in der Schale war ein undefinierbarer Brei. Vielleicht sollte das Haferschleim darstellen. Ich beschloss das ich doch noch nicht so hungrig war, um dieses etwas herunter zu würgen. Vielleicht später, wenn ich wirklich hungrig war. Ich nahm nur ein paar vorsichtige Schlucke aus dem Krug. Zum einen schmeckte es nicht sonderlich und zum anderen wusste ich nicht, wie lange der Krug reichen musste. Sorgfältig stellte ich ihn wieder zur Seite und ging dann wieder zu meiner Schlafstelle. Nachdem ich es mir wieder halbwegs bequem gemacht hatte, horchte ich eine Weile auf meine Umgebung. Doch jegliches Geräusch, das ich hören konnte, stammte von mir. Mein Atem, das Schlucken hin und wieder und das rascheln im Stroh, das von meinen Bewegungen stammte. Es schien das ich vollkommen alleine war. Ob das nun gut oder schlecht war, konnte ich noch nicht beurteilen. Nach einer Weile driftete ich wieder in den Schlaf ab. Irgendwann beschloss mein Körper wohl das ich genug geschlafen hatte und ich wachte erneut auf. Ich kroch zu der Stelle wo ich den Krug hingestellt hatte, doch dort stand er nicht mehr. Verwundert schaute ich mich um. Er stand wieder an der Tür und die Schale war verschwunden. Es war jemand in der Zelle gewesen ohne dass ich es mitbekommen hatte, oh man, der hätte sonst was mit mir anstellen können, ehe ich wach geworden wäre. Das erinnerte mich ein wenig an das Biwak während meiner Grundausbildung. Einer der Ausbilder hatte eine Übungshandgranate in unser Lager geworfen und ich habe seelenruhig weiter geschlafen. Ich kicherte bei dem Gedanken, Geralt ist auch schon mal nur in Unterwäsche aufgewacht, weil er im Schlaf ausgeraubt wurde. Beziehungsweise es würde noch passieren. Ich weiß nicht ob ich so tief schlafen würde, aber es irgendwie witzig zu wissen, dass ein ach so wachsamer Hexer so leicht mit ein wenig Alkohol auszutricksen ist. Allerdings sollte man danach möglichst schnell und spurlos aus der Gegend verschwinden. Ich stellte noch einige Überlegungen an, aber viel brachte es mir auch nicht. Schließlich konnte ich schlecht einschätzen ob meine Anwesenheit das Geschehen hier verändert hat, oder ob es überhaupt wie in den Spielen abläuft. Nun zumindest konnte ich sagen, dass mir in den Spielen keiner begegnet war, der dort nicht hingehörte. Oder zumindest war mir keiner Aufgefallen. Aber mir war beim ersten Durchgang ja auch Gaunter O’Dimm nicht im Gedächtnis geblieben. Na hoffentlich blieb der mir fern, von dem wollte ich auf keinen Fall Hilfe. Nun doch durstig holte ich mir den Krug und trank einige tiefe aber doch schnelle Schlucke. Das Wasser war nicht besser geworden. Es war eindeutig abgestanden und schmeckte leicht holzig. Vermutlich wurde es hier irgendwo in Fässern gelagert, damit man nicht so häufig frisches holen musste. Mittlerweile zu wach um noch ein wenig zu dösen, schaute ich mich in der Zelle ein weiteres Mal um. Viel zu sehen gab es nicht. Da hätten wir meine Schlafstelle, den Eimer, den Wasserkrug und die Tür, selbstverständlich durfte man die Mauern nicht vergessen. Die Decke und der Fußboden bestanden ebenfalls aus Mauerwerk. Yeah was für eine Abwechslung. Im Spiel hatte Geralt bei seinem Aufenthalt in der Einzelhaft in Toussaint wenigstens eine Ratte, mit der er sich unterhalten konnte. Es gab noch nicht einmal Kerben in den Wänden, die ein anderer Gefangener hier hinterlassen hatte, entweder war man nicht so lange in der Zelle damit sich das lohnte oder es lag einfach daran, dass man einfach nicht erkennen konnte, wann der Tag aufhörte und der nächste Anfing. Da wäre es schwierig eine Strichliste über die Tage zu führen. Ich stand auf und stellte mich an das Gitter der Tür, um hindurch zu spähen. Allerdings konnte ich nicht viel sehen. Die Zellentüren, die sich links und rechts am Gang befanden, waren versetzt angeordnet, so dass sich die Gefangenen nicht direkt gegenübersehen konnten. Zwischen den Türen, an den Wänden hingen Fackeln, die den Gang und die Zellen beleuchteten. Von Wachen, bzw. anderen Menschen oder überhaupt ein lebendes Wesen war nichts zu sehen oder zu hören. Meine Rufe blieben ungehört. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, inspizierte ich die Tür. Erstaunlicherweise befanden sich die Scharniere auf der Innenseite, also innerhalb der Zelle. Wenn jemand genügend Kraft in den Fingern hätte, könnte derjenige vermutlich problemlos die Metallnieten herausdrücken und so die Tür aushebeln. Aber bei den ganzen Gängen wäre es aber vermutlich zu unwahrscheinlich, dass man es unbemerkt aus dem Gebäude schaffte, ganz zu schweigen davon, es vom Schlossgelände und dann aus der Stadt heraus zu schaffen. Die Scharniere dienten wohl eher dazu, die Gefangenen zu verspotten. Die Tür an sich schien aus stabilen harten Holz zu sein, aber der Zahn der Zeit und die Feuchtigkeit hatten ihr schon leicht zugesetzt. An einigen Stellen splitterte das Holz leicht ab und wirkte leicht morsch. Mit viel Zeit, Ausdauer und festen Fingernägeln konnte man sicherlich sich durch das Holz arbeiten. Aber man stände vor demselben Problem, wie man unbemerkt entkommen könnte. Aus der Zelle zu kommen wäre im Notfall anscheinend nicht so schwer, brachte mir im Moment aber nicht viel. Ich wollte die Nilfgaarder ja überzeugen, dass ich unschuldig bin, ein Ausbruchsversuch, würde eher das Gegenteil beweisen. Außerdem hatte mein Bauchgefühl mir im Zelt von Cahir auch schon den richtigen Rat gegebenen, meiner Neugierde nicht zu folgen, dem entsprechend sollte ich jetzt auch erst mal auf den Ausbruchversuch verzichten. Während ich noch am Grübeln war, hörte ich wie die Tür am Gang geöffnet wurde. Schnell wich ich von der Zellentür weg, an die zurückliegende Wand. Schritte näherten sich und ich konnte das Klappern eines Schlüsselbundes hören. Durch das vergitterte Fenster in der Tür konnte ich sehen, wie einer der Wachsoldaten vor meiner Zelle stehen blieb. Er schloss die Tür auf und trat herein. Als er mich sah grinste er. „Nah hat die Prinzessin jetzt ausgeschlafen und ist jetzt hungrig? Pech gehabt, wer nicht aufisst bekommt nichts Neues.“ Höhnte er und kippte den Inhalt der Schüssel auf den Boden. Mein empörtes Gesicht brachte ihn zum Lachen. Als er beim Hinausgehen auch noch ganz zufällig den Wasserkrug umstieß, wollte ich mich auf ihn stürzen. Doch anscheinend hatte er damit gerechnet. Er packte mich und warf mich zu Boden, von unten sah ich wütend zu ihm hoch, was ihn scheinbar noch mehr anstachelte. Er gab mir einige heftige Tritte in die Rippen. „Ich habe dir doch bereits gesagt, mit Aufrührern machen wir hier kurzen Prozess.“ Sprach er zu mir und verließ dann endgültig die Zelle. Mit Tränen des Zorns und des Schmerzes in den Augen, krümmte ich mich am Boden, während mein Peiniger lachend den Gang hinunter lief. So ein Arsch. Vorsichtig tastete ich über meine Seite gebrochen schien nichts zu sein, aber es würde sicherlich weitere blaue Flecke geben. Mit Pech wären die Rippen vielleicht angeknackst. Ich hievte mich auf mein Lager und legte mich auf die verletzte Seite. Es tat zwar tierisch weh, aber falls ich doch bewusstlos werden sollte, würde ich so noch genügend Luft bekommen. Ich schwor mir, mir sein Gesicht zu merken, das würde er zurückbekommen. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann auf jeden Fall. Und dann würde ich keine Fesseln tragen und geschwächt sein. Um mich ein wenig abzulenken und meinen Geist beschäftigt zuhalten, fing ich an die Mauersteine zu zählen. Es mag zwar wie ein Klischee klingen, aber wenn man sonst nichts zu tun hatte, zählte man halt Steine. Das andere Klischee, anfangen mit Situps oder Liegestütze, konnte ich gerade aufgrund der Schmerzen nicht bedienen. Was ich allerdings nicht bedacht hatte, war das Steine zählen, denselben Effekt hatte wie Schäfchen zählen. Ich kam bis Stein 257, als der Sandmann mich fand. Mein Schlaf war sehr unruhig, ich konnte mich zwar an keinen Traum erinnern, aber die Muskelschmerzen und meine Rippen sagten mir, das ich ziemlich um mich geschlagen haben musste. Ich streckte mich langsam und sehr vorsichtig, meine Gelenke und Muskeln protestierten gegen die Bewegung und ich zischte schmerzlich. Jemand kicherte, erschrocken sah ich auf. Ein Wachsoldat stand in der Zellentür, er hatte mich scheinbar beobachtet, nachdem er neues Wasser und etwas zu Essen gebracht hatte. Wütend funkelte ich ihn an. Doch ihn schien das nicht zu interessieren, er hatte sich nur vergewissern wollen, dass ich die neuen Vorräte sah und ist dann gegangen. Den Eimer für die Notdurft hatte er auch getauscht. Das erleichterte mich ein wenig, denn die Frischluftzufuhr war doch recht begrenzt. So schnell es mir möglich war, schnappte ich mir die Schalle, zu meinem Erstaunen enthielt sie allerdings keinen Brei, den ich jetzt aber trotzdem gegessen hätte, sondern eine dicke Suppe. Sie war sogar heiß, so dass ich gezwungen war langsam zu essen. Wahrscheinlich war es aber besser, denn wenn ich auf leeren Magen geschlungen hätte, nachdem ich einige Zeit nur winzige Mengen an Wasser getrunken hatte, wäre mir wohl oder übel schlecht geworden. Und einen kranken Magen konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Vom Wasser nahm ich auch einige Schlucke, aber da ich immer noch nicht genau wusste in welchen Zeitabständen ich neues bekam, wollte ich mir etwas aufbewahren. Mit einer halbwegs vernünftigen Mahlzeit im Bauch, ging es mir schon etwas besser. Die leere Schüssel hatte ich zurück neben die Tür gestellt, den Krug mit Wasser aber vorsichtshalber mit zu meiner Schlafstelle, nicht das der Arsch wieder auf die Idee kam, den umzuschmeißen. Da ich mal wieder nicht wusste was ich tun sollte, schaute ich mich erneut in der Zelle um. Steine zählen wollte ich nicht schon wieder, ich wusste spontan auch nicht mehr, bis zu welchem ich gekommen bin. Ich müsste also wieder von vorne anfangen. Viel weiter wie beim letzten Versuch, würde ich aber nicht kommen. Ich hatte ansonsten noch einige Steinsplitter und Stroh mit abgewetzten Decken zur Verfügung. Hm Decken mit losen Fäden, ich könnte vielleicht einige daraus ziehen und sie für irgendetwas anderes verwenden. Aber für was? Ich ließ meinen Blick erneut schweifen und er blieb auf dem Stroh haften. Ich erinnerte mich daran, wie wir mal im Kindergarten mit Stroh gebastelt hatten, mir fiel aber nicht mehr ein was wir gemacht hatten. Ich hatte also Stroh und ein paar Bindfäden, damit müsste ich etwas anfangen können, jetzt stellte sich nur noch die Frage was ich machen könnte. Zuerst zupfte ich vorsichtig einige Fäden aus der Decke. Ganz vorsichtig und nicht zu viele von einer Stelle, damit keine großen Löcher entstanden oder die Decke komplett zerfiel. Nachdem ich eine gute Handvoll hatte, wand ich mich dem Strohhaufen zu. Ich suchte mir Halme raus, die noch relativ gerade und gleichlang waren. Jetzt hatte ich einen Haufen Fäden und einen Haufen mit Stroh, aber in welche Form sollte ich sie bringen? Ich fing einfach mal an die Halme übereinander zulegen und zusammen zu knoten, bis sie die einfache Form wie ein Stern annahm. Oder auch wie die Schnitte in einer Pizza oder auf einer Torte. Ich machte einfach weiter und flocht noch mehr Halme hinein, bis es eine korbähnliche Form annahm. Das brachte mich auf eine Idee, diese würde mir und eventuell anderen, die in diese Zelle gesperrt werden würden etwas mehr Komfort bieten. Ich bastelte an einer zweiten Hälfte und passte sie einander an. Ich verband die beiden Hälften und füllte das ganze am Ende mit mehr Stroh. Jetzt hatte ich ein kleines Kissen. Allerdings war das verbinden der Hälften gar nicht so einfach. Eher das Gegenteil. Ich musste mich ziemlich darauf konzentrieren die Halme vernünftig einzuweben, damit das auch alles hielt so wie ich das wollte. Ich wollte gerade probe liegen, als ich Geräusche auf dem Gang hörte. Es musste eine ganze Menge Zeit vergangen sein, denn sonst würde nicht schon wieder jemand zu meiner Zelle kommen. Ich vermutete zumindest das derjenige zu mir kam. Ich hörte nur ein paar Stiefel und andere Gefangene gab es auf diesem Gang scheinbar nicht. Ich griff nach dem Krug um ihn zu der Schale zu stellen. Erstaunlicherweise war er leer. Entweder habe ich ihn unbewusst ausgetrunken oder er hatte einen Riss, wo das Wasser hinaus gesickert war. Es war beides Möglich, wobei ersteres wahrscheinlicher war, da ich keine Pfütze am Boden bemerkte. Ich hatte gerade den Krug abgestellt, als die Schritte vor der Tür stoppten, schnell wich ich wieder zurück. Den Wachsoldaten, der jetzt eintrat, kannte ich noch nicht. Vielleicht war er der, der hereinkam, während ich schlief. Er war größer und kräftiger gebaut, als es seine Schritte hätten vermuten lassen. Er trug die Haare recht kurz und war ordentlich rasiert. Im Gegensatz zu der Arschlochwache. Der sah recht schlampig und schmuddelig aus. „Wie lange muss ich noch hierbleiben und auf was weiß ich warten?“ wagte ich ihn zu fragen, als er die Tür öffnete. Ich bekam keine Antwort. Ich stellte noch einige andere Fragen, doch auch die wurden ignoriert. Er tauschte das Geschirr und verschloss die Tür hinter sich wieder. Egal wie sehr ich es versuchte, und ich schrie ihm sogar hinterher, als er den Gang zurücklief, aber er ignorierte mich einfach weiter. Vor mich hin grummelnd nahm ich mir mein Essen. Diesmal bestand es aus etwas Brot und Käse. Das Brot war zwar trocken, aber er Käse war gut. Er schmeckte ähnlich wie junger Gouda. Ich nahm abwechselnd einen Bissen vom Brot und dann einen vom Käse. Das tat ich solange bis ich alles aufgegessen hatte. Im Krug befand sich diesmal auch etwas anderes, statt abgestandenem Wasser enthielt er Milch. Es verwunderte mich ziemlich, aber ich hatte eindeutig nichts dagegen. Ich ließ mir die Milch schmecken und ließ nur wenig im Krug übrig. Die frische Milch schmeckte deutlich besser, als die entrahmte haltbare Milch aus dem Supermarkt. Ich hatte gerade aufgegessen, als sich irgendetwas in der Umgebung änderte. Zuerst konnte ich es nicht fassen, was es war und erst nach einiger Zeit fiel mir auf das es immer dunkler wurde. Schnell eilte ich zur Tür und beobachtete die Fackel, die sich gegenüber meiner Zellentür befand. Auch sie wurde immer dunkler bis sie mit einem kaum hörbaren zischen erlosch. Das durfte doch nicht wahr sein, diese Vollidioten hatten vergessen die Fackeln auszutauschen. Ich brüllte und schrie nach einer der Wachen, doch entweder hörte mich keiner oder es wollte mich einfach keiner hören. Frustriert rüttelte ich am Gitter in der Tür, doch natürlich änderte es nichts an der Tatsache, dass ich nun im stockdunklen saß bzw. stand. Vorsichtig tastete ich mich zu meinem Strohlager voran. Dort ließ ich mich nieder und machte es mir wieder einigermaßen bequem. Das gebastelte Kissen legte ich unter die Decke, auf der ich lag, damit ich nicht direkt mit dem Gesicht auf dem Stroh lag. Die andere Decke zuppelte ich über mir zurecht. Wenn ich schon im stockdunklen lag, konnte ich genauso gut versuchen etwas zu schlafen. Das stellte sich allerdings als schwieriger heraus als gedacht. Es war zu dunkel und zu leise. Wie lebendig begraben, schoss es mir durch den Kopf. Vermutlich würde es sich so ähnlich anfühlen. Irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein, wobei ich aber immer mal wieder hochschreckte, weil ich dachte ich hätte etwas gehört. Hoffentlich würden die schnell bemerken, dass ich kein Licht habe, sonst würde ich verrückt werden. Ich bildete mir ein, dass mich Insekten beißen würden, oder anderes Ungeziefer über mich kriecht, dabei war es nur das Stroh, das durch die Decke stach und die Decke, die etwas rutschte. Als ich das nächste Mal hochschreckte hörte ich wirklich etwas. Übernächtigt rieb ich mir die Augen und versuchte den Geräuschen auf den Grund zu gehen. Da ich nichts sah, konzentrierte sich meine Wahrnehmung auf das Hören und so konnte ich Dinge hören, die ich vorher nur unbewusst war genommen hatte. Es waren Schritte, die ich hörte, allerdings so leise und dumpf, dass sie nicht vom Gang kommen konnten. In der Ferne hörte ich das Klappern eines Schlüssels und dann das Öffnen einer Tür. Es schien die Tür zum Gang gewesen zu sein, denn jetzt konnte ich die Schritte deutlicher hören. Auch hörte ich wie jemand leise vor sich hin fluchte, sobald die Tür sich geöffnet hatte. Der Schein einer einzelnen Fackel und eilige Schritte näherten sich mir. Wie vermutet hielten sie vor meiner Zelle, ich versuchte etwas zu erkennen, doch das Licht brannte in meinen Augen. Kurz überlegte ich, um wie viel unangenehmer das für Geralt sein müsste, wenn er eine Katze getrunken hatte, verwarf die Gedanken aber wieder schnell, schließlich hatte ich gerade meine eigenen Sorgen und Probleme. Um meine Augen zu schützen drehte ich den Kopf leicht weg und hob eine Hand, damit meine Augen im Schatten lagen. So bekam ich zuerst nicht mit, wer meine Zelle betrat. „Alanya? Ist alles in Ordnung mit dir?“ wurde ich von einer ziemlich bekannten Stimme gefragt. Meine Muskeln spannte sich an und ich verengte verärgert meine Augen und drehte mich demonstrativ von meinem Besucher weg. Es war Cahir, der mich angesprochen hatte. Ich hätte auch trotzig die Arme vor der Brust verschränkt, wenn ich nicht noch immer Fesseln trug. Der hatte Nerven, natürlich war nicht alles in Ordnung. Wenn er versucht hätte mir vorher zu helfen, dann wäre jetzt vielleicht alles in Ordnung, aber so sicherlich nicht. Er trat näher an mich heran, „Hey komm schon, sieh mich an.“ Bat er mich. Doch jedes Mal, wenn er versuchte sich vor mich zu stellen, drehte ich mich wieder weg. Als er dann auch noch versuchte mich an der Schulter festzuhalten, riss ich mich los. Allerdings war meine Bewegung so plötzlich und ruckartig, dass ich schmerzhaft auf zischte als sich meine geprellten Rippen zurückmeldeten. Dadurch hatte er es geschafft sich vor mich zu hocken und mich an beiden Schultern fest zu halten. „Was ist passiert? Wer hat sich nicht an die Regeln gehalten?“ wollte er von mir wissen. Ich schnaubte nur auf seine Frage, war ja klar, selbst jetzt wo er hätte beweisen können, dass er nicht nur berufliches Interesse an mir hat, sondern auch freundschaftliche, versaute er es mit seiner Frage. Natürlich ging es ihm nicht um mich, sondern mal wieder nur um Denjenigen, der die Befehle missachtete. Männer! Er zog mich hoch und drängte mich leicht zur Tür. „Komm schon, ich soll dich woanders hinbringen. Man erwartet uns schon.“ Beeilte er sich zu sagen, als ich versuchte mich gegen die Bewegung zu stemmen. Gefangen zwischen meiner Wut auf ihn und meiner Neugierde, hatte er ein Kinderspiel mich durch die Gänge zu lotsen. Jedoch führte er mich nicht wie angenommen nach oben, sondern noch eine weitere Treppe nach unten. Hier waren die Gänge deutlich schmaler, aber je weiter wir gingen, desto sauberer wurden sie auch. Er führte mich durch einige verschlossene Türen bis sich die Umgebung etwas änderte. Die Steine in den Mauern waren ordentlicher behauen und platziert. Die Luft wirkte wärmer und frischer außerdem wurde der Gang jetzt durch Laternen und nicht mehr durch Fackeln erhellt. Cahir führte mich schweigend die Treppen rauf, er hatte es scheinbar aufgegeben mit mir ein Gespräch anzufangen. Hier und da stießen wir auf Wachsoldaten, die alle vor Cahir salutierten. Als wir dann an einigen Wandteppichen und Holztruhen vorbeikamen, wurde mir klar, dass wir uns jetzt im Schloss aufhalten mussten. Im Nachhinein schien es logisch, dass die Gebäude auf dem Schlossgelände unterirdisch mit einander verbunden waren. Allerdings drängte sich mir immer mehr die Frage auf, wohin ich gebracht werden würde. Ich war kurz davor mein Schweigen zu brechen, als Cahir vor einer schweren Holztür stoppte und klopfte. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis die Tür von innen geöffnet wurde. Eine ältere Dame in einem einfachen Kleid öffnete die Tür. Sie hatte graumeliertes Haar, ihr Rücken war leicht gebeugt und ihr Gesicht wirkte unter den Falten recht freundlich. „Ah Master Cahir, ich habe schon auf euch gewartet. Komm meine Liebe, wir haben noch viel zu tun.“ Begrüßte sie erst meinen Begleiter und zog dann mich in den Raum, mittlerweile völlig verwirrt stolperte ich ihr hinterher. Wer war die Frau und was wollte sie von mir. Mittig im Raum blieben wir stehen, Cahir war uns gefolgt. „So und jetzt nur noch die Fesseln.“ Forderte sie resolut von Cahir. Verwirrt schaute er sie an, „Was für Fesseln?“ fragte er. „Na die, die junge Dame trägt, solange sie diesen hässlichen Schmuck trägt können wir nicht anfangen.“ Wies sie Cahir zurecht. Anfangen womit, fragte ich mich im Stillen. „Oh ja, ja. Natürlich.“ Er kramte schnell nach dem Schlüssel und ließ ihn in der Eile beinahe fallen. Die Frau blickte ihn gutmütig an und schüttelte den Kopf leicht. Sie murmelte etwas vor sich hin, was sich stark nach etwas anhörte wie „Die heutige Jugend.“ Cahir nahm mir die Handfesseln ab und hängte sie an seinen Gürtel. „Gut, gut. Jetzt lasst uns alleine Master Cahir.“ Forderte sie. „Aber ich soll sie beaufsichtigen.“ Entgegnete er. Die Frau, irgendeine Zofe, vermutete ich, stemmte die Hände in die Hüfte. „Oh nein! Das könnt Ihr getrost vergessen. Das ist eine Dame und kein dahergelaufener Bandit. Ich diene dem Kaiser schon seit er als kleiner Junge durch die Gänge geflitzt ist, ich werde wohl mit ihr fertig werden, wenn es sein muss. Also jetzt raus.“ Wenn sie ein Nudelholz oder eine Bratpfanne zur Verfügung gehabt hätte, hätte sie damit Cahir sicherlich aus dem Raum gejagt. Seinem Blick nach zu urteilen, wusste er das auch. „Gut in Ordnung, aber wenn etwas ich warte ich vor der Tür.“ Gab er nach. Die Zofe lächelte, „Ganz genau, vor der Tür. So lange ich hier bin wird kein Mann einer fremden Dame beim Baden und ankleiden zu schauen!“ Damit schloss sie Tür hinter Cahir. Ich sah mich in dem Raum um, er war groß, aber gemütlich. Die Fenster waren mit Vorhängen abgedunkelt und überall standen Kerzen. Die Zofe schob mich durch eine kleine Tür in den nächsten Raum, dort warteten drei andere Frauen. „So meine Lieben wir haben viel zu tun.“ Sie klatschte in die Hände und die drei jüngeren Frauen machten sich kichernd an die Arbeit. Eine holte Handtücher heraus, die andere suchte etwas in einer Kommode und die dritte kippte heißes Wasser in die bereit stehende Wanne. Ein angenehmer Geruch nach Lavendel und Zitrone verbreitete sich im Raum. „Na worauf wartest du? Zieh dich aus!“ forderte sie mich auf. Ich drehte mich zu ihr um, „Was, aber warum? Was soll das alles?“ wollte ich von ihr wissen. Sie runzelte die Stirn, „Willst du etwa so vor den Kaiser treten?“ Ich schnappte nach Luft. „Den Kaiser?“ fragte ich, sie nickte nur. „Aber, aber das geht nicht. Ich kann nicht, …“ sie schob mich weiter Richtung der Wanne. „Und wieso kannst du nicht?“ wollte sie von mir wissen. Ich überlegte kurz. „Na ich weiß doch gar nicht wie.“ Sie lachte und die drei anderen auch. „Deswegen bist du doch hier. Wir bereiten dich darauf vor. Aber die Zeit wird knapp, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, also hopp, hopp, raus aus den Lumpen.“ Sie hatte recht, so wie ich aussah und wahrscheinlich auch roch, konnte ich niemals vor den Kaiser treten. Geschweige mich irgendwo im Palast blicken lassen. Die Wache würde mich im hohen Bogen in die Gosse werfen. Widerwillig schälte ich mich aus der Kleidung. Als ich das Hemd auszog schnappten die drei, die sich hinter mir im Raum befanden, nach Luft und fingen sofort an zu tuscheln. Sie hatten wohl die Prellung an meinen Rippen gesehen, oder … verdammt, ich hatte meine Tätowierung vergessen. So wie sie standen mussten sie den Drudenfuß in seiner ganzen Pracht sehen können, der sich unter meinem Nacken befand. Ich sollte es eigentlich gewohnt sein, denn wenn ich im Sommer ein Top trug, wechselten manche Leute, die hinter mir liefen, teilweise die Straßenseite. Viele dachten aufgrund des Pentagramms, das ich ein Teufelsanbeter bin. Dabei stand es bei mir auf zwei Spitzen und nicht auf einer. Es machte mich trotzdem wütend. Schnell griff die älteste Zofe ein und rief die Mädchen zur Ruhe. Die drei gingen wieder ihren Aufgaben nach. Ich schmiss das schmutzige Hemd zur Seite und machte mich daran meine Schuhe und die Hose auszuziehen. Leider klebte diese an der Wunde, so dass ich den frischen Schorf mit abzog. Zum Glück blutete es nicht wirklich, nur ein paar Tropfen liefen das Bein hinab. Maeve, so hieß die ältere Frau, sah das Blut allerdings. Sie unterbrach ihre eigene Arbeit und besah sich die Wunde. Der Bereich um die Naht war gerötet und wirkte wärmer als das umgebene Gewebe. Und man sah deutlich, dass es eine hässliche Narbe geben wird. Vielleicht vergleichbar, mit der Narbe von Eskel, die er von seinem Überraschungskind in Kaer Morhen erhielt. Nur das sich meine auf dem Oberschenkel befand und nicht im Gesicht. Sofort rief sie einem der Mädchen zu, einen speziellen Tee und eine Heilsalbe zu besorgen. Die Angesprochene flitzte sofort los. Nachdem die Untersuchung der Wunde abgeschlossen und ich komplett ausgezogen war, stieg ich rasch in das warme Wasser, der Wanne. Es war schon beinahe zu heiß für meinen Geschmack, aber ich spürte wie sich meine verkrampften Muskeln bereits etwas entspannten. Die beiden verblieben Mädchen, wuschen mich und meine Haare unter den strengen Augen von Maeve. Dem Badewasser konnte man ansehen, dass ich in letzter Zeit wenig Gelegenheit hatte um für meine Körperpflege zu sorgen. Ich sollte mich dann in die Wanne stellen und wurde dann mit eiskaltem Wasser übergossen. Prustend schnappte ich nach Luft. Es ist klar, dass sie das dreckige Wasser von mir abspülen wollten, aber warum mit so kalten Wasser? Auf meine Frage hin, wurde gesagt es sei gut für die Haut und es würde meinen Körper in Schwung bringen. Na danke, jetzt befinde ich mich schon in dieser Welt und trotzdem ist den Einwohnern die Kneippkur bekannt. Frierend und zitternd stieg ich aus der Wanne, die Arme um meinen Oberkörper geschlungen. Schnell wurde ich in ein Handtuch gewickelt. Als sie mir dann auch noch die Haare trocknen wollten, reichte es mir. Ich schnappte mir das Handtuch aus ihren Händen und rubbelte meinen Kopf selber trocken. Da ich jetzt ja kurze Haare trug, waren sie schnell trocken und meiner Meinung nach reichte ein bisschen Kopfschütteln um die Frisur in Ordnung. Allerdings widersprach dies der Meinung der Kammerzofe. Ich wurde, immer noch nur in ein Handtuch gewickelt, vor dem Frisiertisch gesetzt und man drückte mir eine Tasse mit übe riechendem Tee in die Hand. „Komplett austrinken. Das hilft dein Blut zu reinigen und somit der Wundheilung.“ Befahl mir Maeve. Ich rümpfte die Nase. Der Tee roch wie alte Socken und noch schlimmer. Er schmeckte nach eingeschlafenen Füßen, wie man so schön sagte und ich musste mir mehrmals das Würgen verkneifen. Am liebsten hätte ich den Tee weggekippt, aber das traute ich mich dann doch nicht. Während ich den Tee hinunterwürgte, kämmte mir die eine meine Haare, die andere suchte scheinbar einige Kleidungsstücke aus dem Schrank, während die dritte sich um die Entsorgung des dreckigen Wassers und meine alte Kleidung kümmerte und das alles unter den wachsamen Augen vom Maeve. Sie hatte sich auch um meine Wunde gekümmert. Etwas Salbe drauf und ein neuer Verband. Schließlich hatte ich den Tee ausgetrunken und meine Haare lagen ordentlich, so dass wir endlich zum ankleiden kommen konnten. Als ich jedoch sah, was sie mir herausgesucht hatten, wollte ich mich weigern. Sie hatten tatsächlich ein Kleid bereitgelegt. „Ich ziehe kein Kleid an!“ rief ich sofort. Maeve stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Und was willst du sonst tragen? Nackt kannst du schlecht vorm Kaiser auftauchen.“ Tadelte sie mich wie ein kleines Kind. „Ich werde lieber nur das Handtuch tragen, als ein Kleid anzuziehen.“ Weigerte ich mich weiter. Sie schüttelte den Kopf. „Und wo wäre da der Unterschied?“ setzte sie mein Argument außer Kraft. Ich errötete, sie hatte recht. Dieses Kleid hatte sogar deutlich mehr Stoff, als das Handtuch. „Aufgrund deiner Rippenprellung haben wir sogar extra eines rausgesucht, bei dem du kein Mieder tragen musst. Dabei hatte Lady Yennefer ein ganz anderes Kleid vorgesehen.“ Erklärte sie mir. Ich konnte ahnen, das Yen mir wahrscheinlich eher etwas Extravagantes rausgesucht hatte. „Aber was ist an meiner eigenen Kleidung auszusetzen? Nicht die, die ich vorhin trug, sondern die, die mir abgenommen wurde, zusammen mit meinen ganzen anderen Besitztümern? Sie entsprachen sogar den nilfgaarder Wappenfarben.“ Versuchte ich es noch mal. Maeve reichte mir neue Unterwäsche, in die ich schnell schlüpfte, während sie mir antwortete. „Das mag sein Liebchen, aber die Kleidung ist nicht hier, so dass ich sie beurteilen könnte und am Hofe tragen Damen sowieso Kleider.“ Resigniert gab ich nach, es hatte ja doch kein Sinn weiter zu diskutieren. Sie gab Zeichen, das mir eines der Dienstmädchen ins Kleid helfen solle. Das war eigentlich gar nicht so schlecht, da ich mich nur eingeschränkt bewegen konnte und das Kleid hinten nur eine leichte Schnürung hatte. Das Kleid bestand aus feinen Leinen oder Baumwolle. Schafswolle konnte ich ausschließen, dafür war der Stoff zu dünn und nicht kratzig genug. Es war schwarz mit weißer Borte an den Kanten. Außerdem hatte es einen weiten eckigen Ausschnitt. Über den Ausschnitt runzelte ich die Nase, denn man sah so leider die Narbe über meiner linken Brust, wo ich als Kind in Kontakt mit einer Antilope gekommen war und die Verbrühungsnarben konnte man auch etwas erkennen. Durch meine Weißfleckenkrankheit hatte ich auf den Schultern auch Narben von Sonnenbränden, da meine Haut nach Verletzungen kein Melanin mehr einlagerte. Überall am Körper hatte ich solche Stellen, vor allem an den Händen und den Schultern. Selbst kleinste Mückenstiche blieben daher häufig sichtbar. Das Kleid war an Armen und Oberkörper eng und weitete sich nach unten hin, ähnlich wie ein A-Linien Kleid mit Trompetenärmeln. Zu dem Kleid gehörte ein weißer Y-Gürtel. An den Füßen trug ich einfache Lederschuhe, die auf dem Fußrücken verschnürt wurden, sie fühlten sich fast so an, als ob ich lederne Socken tragen würde. Ich schaute mich im Spiegel an, mein Busen füllte das Kleid gut aus, allerdings passten mein breites Kreuz nicht unbedingt zu der Erscheinung. Meine Haare waren ordentlich und glänzten im Kerzenlicht. Nur meine Narben im Dekolleté, die Platzwunde und die blauen Flecke im Gesicht, die mittlerweile eine kränkliche gelbe Färbung angenommen hatten, passten nicht dazu. Aber beim Puder blieb ich hartnäckig, sollte der Kaiser doch sehen, was seine Wachen und Soldaten taten. Das einzige was ich erlaubte war ein wenig Kajal und Lidschatten. „Gut was jetzt?“ wollte ich wissen. Maeves lächeln ließ mich schlimmes ahnen. „Ganz einfach Etikette.“ Ich stieß ein seufzen aus. „Nein, nein. Das gehört sich nicht. Damen ziehen keine Grimassen. Stell dich gerade hin, Kopf erhoben.“ Wies sie mich an. Nun, dies war einfach zu machen. Ich musste mich nur immer wieder selbst daran erinnern. Ich richtete mich auf und zog meine Schultern nach hinten. „Schon besser. Jetzt zeig mir deinen Knicks.“ Forderte sie mich auf. Ich beugte leicht meine Knie. Doch Maeve war damit nicht einverstanden. „Gegenüber von einfachen Adel mag das Genügen, aber nicht vor dem Kaiser. Sarria, zeig ihr wie das geht.“ Befahl sie einem der Dienstmädchen. Diese nickte und führten einen tiefen Knicks vor. „Das rechte Knie beugen, den linken Fuß hinter den rechten, wobei der Fußrücken den Boden berührt, das linke Knie leicht nach außen und den Rücken gerade.“ Erklärte Maeve nebenher. Das klang kompliziert. Mein erster Versuch endete beinahe damit, dass ich stolperte und fiel. Ich konnte mich gerade noch so fangen. „Gleich nochmal. Das rechte Knie beugen, den linken Fuß hinter den rechten, wobei der Fußrücken den Boden berührt, das linke Knie leicht nach außen und den Rücken gerade.“ Ja, das war eindeutig komplizierter als die Verbeugung die Geralt machen musste. Gefühlt mehrere hundert Mal später war Maeve einigermaßen zu frieden. Aber damit war das Thema Etikette noch lange nicht durch. Ich musste noch die Umgangsformen und verhalten lernen, dass sich in der unmittelbaren Umgebung zum Kaiser schickte. Zum Glück ließ sie die Tischmanieren weg, schließlich wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass ich zusammen mit dem Kaiser speisen würde. Apropos Tischmanieren, glücklicherweise erhielt ich zwischendurch eine kleine Mahlzeit, da der Unterricht doch eine ganze Zeitlang andauerte. Es war ein einfaches Mahl, wie es auch jeder Bedienstete im Schloss erhielt. Etwas gekochtes Gemüse und ein wenig sehniges Fleisch. Aber es war warm und deutlich besser als nichts. Dazu gab es frisches Wasser mit etwas Saft vermengt. Nachdem Maeve der Meinung war, ich wüsste nun alles Notwendige, ließ sie mich die Regel erneut wiederholen und den Knicks vorführen. „Gut Liebes, ich denke mehr können wir nicht schaffen. Denk an das was ich dir beigebracht habe und der Kaiser fordert immer Respekt, egal von wem oder in welcher Situation auch immer. Bringe mich nicht in Verlegenheit.“ Ich nickte einfach nur und prüfte erneut meine Haltung. Es passte soweit alles, aber so langsam stieg meine Nervosität. Die Tür öffnete sich und Mererid, der Kammerdiener des Kaisers, kam gefolgt von Cahir in den Raum. „Der Kaiser wird ungeduldig, er erwartet die Dame.“ Eröffnete er gleich. Maeve nickte, „Nun gut, Liebchen, das ist Mererid, er wird dich nun zum Kaiser führen.“ Ich atmete tief durch. „Dann sollten wir seine kaiserliche Majestät nicht warten lassen.“ Antwortete ich. Ich hoffte ich bekam meine Nervosität in den Griff, denn sonst könnte es ziemlich peinlich werden. Und wer würde sich schon gerne vor einem Kaiser blamieren. Mererid, der Kämmerer, ging vor ich folgte ihm und uns schloss sich Cahir wieder an. Er sollte wohl verhindern, dass ich sonst was anstellte oder versuche zu fliehen. Weil ja nicht genügend Wachen auf den Fluren standen. Wir gingen schweigend durch den Palast, doch jeder Höfling, an dem wir vorbeikamen, fing sofort an zu tuscheln. So wie die Dienstmädchen am Morgen. „Ich hoffe die Dame weiß sich dem Kaiser gegenüber zu benehmen! Es reicht das der Hexer die Hofetikette ignoriert hat.“ Unterbrach Mererid die Stille. „Die Dame wird einen Knicks machen und nur Sprechen, wenn die Dame dazu aufgefordert wird.“ Näselte er weiter. „Natürlich, ich bin schließlich keine Wilde.“ Antwortete ich zuversichtlich. Geralt war also schon beim Kaiser gewesen und hatte keinen guten Eindruck hinterlassen. Hoffentlich war der Kaiser jetzt nicht zu sehr verstimmt. Allerdings fragte ich mich immer noch, warum ich ihn persönlich zu Gesicht bekommen würde. Er führte mich eine geschwungene Treppe hoch und dann durch eine Tür, wir befanden uns jetzt im Thronsaal. Es war beeindruckend, auch wenn überall Baugerüste standen, mit Arbeitern darauf, die die Buntglasfenster reparierten. Der Raum wurde von dem Thron des Kaisers dominiert. Ich folgte dem Kämmerer durch eine weitere Tür auf einen Gang, der von nilfgaarder Rüstungen gesäumt war. Es war sicherlich so gewollt, wie die Rüstungen wirkten, einschüchternd. Jetzt war es nicht mehr weit und mir wurde vor lauter Nervosität leicht übel. Nur noch die kleine Treppe hoch und wir standen vor dem Zimmer des Kaisers. Ich schluckte den Klos in meinem Hals runter, als Mererid die Tür öffnete. Wir traten ein, immer noch gefolgt von Cahir. Im Raum befanden sich einige Adelige und Yennefer. Der Kaiser saß hinter seinem Schreibtisch. „Verbeugt euch vor seiner kaiserlichen Majestät, Deithwen Addan yn Carn aep Morvudot, die weiße Flamme, die auf den Grabhügeln seiner Feinde tanzt, Kaiser von Nilfgaard, Herr von Metinna, Ebbing, Gemmera, Souverän von Nazair, Vicovaro, König von Cintra, Erbe von Ard Skellig und An Skellig, Hohepriester der großen Sonne, Emhyr var Emreis.“ Intonierte Mererid. Sobald der Kämmerer mit seiner Vorstellung anfing, ging ich in den Knicks und blieb in dieser Position. Meinen Blick hielt ich nach unten gerichtet. Obwohl ich den Blick aller Anwesenden auf mir spüren und das flüstern der Adeligen hören konnte. Erst als der Kaiser alle hinaus schickte richtete ich mich wieder auf, allerdings geriet ich leicht ins Taumeln, stürzte aber zum Glück nicht. Die letzten Wochen haben mir eindeutig nicht gut getan und so langsam ließ mein Körper mich das auch spüren. Yennefer stand in meiner Nähe und ich schaute kurz zu ihr hinüber. Ihren Blick konnte ich nicht deuten, er konnte entweder zweifelnd oder auch anerkennend sein. Der Kaiser, mit seiner auffälligen Römernase, sah die Zauberin finster an. „Ich hatte doch deutlich gesagt, lasst uns alleine, war das so schwer zu verstehen, Zauberin?“ fragte er sie. Sein Ton sprach allerdings eine andere Sprache, er erwartete keine Antwort von ihr. „Aber eure Majestät, …“ fing Yen an unterbrach sich allerdings schnell selber. Der starre Blick Emhyrs sprach Bände. Ich schluckte als Yennefer den Raum verließ und ich mit dem Kaiser alleine war. Er musterte mich. „Du erstaunst mich, ich hätte erwartet das ein Spion seine Gefühle nicht so offensichtlich im Gesicht trägt.“ Ich erbleichte, „Eure kaiserliche Majestät, ich bin kein …“ er unterbrach mich. „Versuch nicht mich anzulügen!" knurrte er und zog seine Augenbrauen zusammen. „Ich habe die Berichte und Dokumente gelesen. Ich weiß sie zu deuten!“ fuhr er mich an. „Eure kaiserliche Majestät, ich schwöre Euch, ich bin nicht hier um, …“ wieder unterbrach er mich. „Das weiß ich, denn wenn es so wäre, würdest du nicht hier stehen, sondern am Galgen baumeln. Aber die Zauberin hatte mir auch interessante Dinge erzählt.“ Enthüllte er. Ich wollte gerade zu einer Frage ansetzen, als er mich mit einer Geste wieder zum Schweigen brachte. „Anhand der Texte, die ich gelesen habe, denke ich das du nützlich sein könntest. Ich habe eine Aufgabe für dich, wenn du sie zufriedenstellend bewältigst, denke ich darüber nach, dir die Ressourcen für eine Heimkehr zu Verfügung zu stellen.“ Er stand auf und ging zum Fenster. „Eine Aufgabe, Eure Majestät?“ fragte ich ihn, während er mir den Rücken zu drehte. „Ja, ich habe dem Hexer eine heikle Aufgabe anvertraut, er soll meine Tochter finden und hierherbringen. Während ich darauf vertraue, dass er sie findet, bin ich mir aber nicht sicher, dass er sie anschließend auch hierherbringt. Ich kann ihm also nicht vertrauen, dass er in meinem Interesse handeln wird. Ich habe entschlossen das er deswegen im Auge behalten werden muss.“ Erklärte er mir freimütig. Das war neu, dachte ich mir, im Spiel ging Geralt sofort los um die Suche zu beginnen, aber was war meine Aufgabe dabei. Yennefer konnte ihn doch sehr gut im Auge behalten und auch sofort persönlichen Bericht erstatten. Schließlich wäre es für sie eine Leichtigkeit über große Strecken per Portal zu reisen. „Ich verstehe nicht ganz Eure Majestät, ihr habt fähige Magier und Zauberinnen, die diese Aufgabe sicherlich wie ein Kinderspiel aussehen lassen können. Was habe ich damit zu tun, ich kann keinerlei Magie wirken, falls Euch das Jemand erzählt haben sollte, ich versichere Euch, er hat sich geirrt.“ Ich war verwirrt. Er drehte sich zu mir um, ein unheilvolles Lächeln auf seinen Lippen. „Ganz einfach, meine Magier sind nicht entbehrlich genug, um jede Minute auf den Hexer aufzupassen, sie haben andere Aufgaben. Du hingegen bist sehr entbehrlich, also wirst du den Hexer begleiten, du kannst scheinbar kämpfen, kennst verschiedene Schriften und du kennst dich laut deinen Texten ebenfalls ein wenig mit Magie aus. Das dürfte ausreichen.“ Meine Augen wurden bei jedem seiner Worte größer und ich musste schlucken. Oh je, ich saß ziemlich in der Tinte. Fast sämtliche Fähigkeiten, die ich hatte, bezogen sich auf LARPs, dabei ging es nie wirklich um Leben und Tod, ganz im Gegensatz zu dieser Welt. Nur ein falscher Schritt und du würdest von einem Monster gefressen oder von Banditen ermordet. Mein Zögern schien dem Kaiser allerdings nicht zu gefallen. Misstrauisch musterte er mich, „Das dürfte doch sicherlich kein Problem sein und nur ein kleiner Preis, für eine mögliche Heimkehr, oder muss ich doch davon ausgehen, dass du andere Gründe für dein hier sein hast?“ warf er mir indirekt vor. Schnell schüttelte ich den Kopf, „Nein Euer kaiserliche Majestät. Kein Problem, allerdings hätte ich ein paar bedenken.“ Zögerte ich immer noch ein wenig. Der Kaiser nahm eine kleine Kiste aus einer Schublade. Daraus entnahm er einige Pergamente und einen kleinen ledernen Beutel. Er schob über den Schreibtisch in meine Richtung. „Das dürfte kein Problem sein, diese Dokumente und das Gold werden die Suche erleichtern. Außerdem wartet im Stall ein Pferd auf dich und deine Ausrüstung erhältst du später von Mererid.“ Ich besah die Dokumente, es enthielt Passierscheine für jegliche Situation, ein Schreiben, das bestätigt das der Inhaber auf kaiserlicher Mission ist und Unterbringung sowie Kost einfordert, eine Karte mit Markierungen und Namen auf der Rückseite. „Die Karte zeigt stille Briefkästen und die Namen Kontaktleute. Ich verlange regelmäßige Berichte, jede Kleinigkeit egal wie unwichtig sie erscheint will ich wissen. Durch die Briefkästen oder Kontaktleute wirst du die Berichte an mich weiterleiten. Die Privilegien gelten natürlich nur solange wie ich Ergebnisse erhalte. Verstanden?“ Ich nickte betäubt, Emhyr hatte wirklich an alles gedacht. Blieb nur noch mein Bedenken zu meinen Kampffähigkeiten, aber dafür hatte ich dann wohl Geralt an meiner Seite. „Ich werde mein Bestes geben, Eure Majestät.“ Bestätigte ich, definitiv würde ich mein Bestes geben, den ganz einfach Emhyr war aktuell meine beste Chance einen Weg nach Hause zu finden, er könnte mir die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Also würde ich erst einmal nach der Pfeife des Kaisers tanzen und so etwas, wie ein Babysitter oder Kindermädchen für einen Hexer spielen. „Gut, Mererid wird dich draußen empfangen.“ Er bedeutete mir zu gehen. „Vielen Dank Eurer Majestät.“ Ich knickste noch einmal zum Abschied und drehte mich zur Tür. Als ich diese beinahe erreicht hatte, sprach der Kaiser mich noch einmal an. „Alanya, ich erwarte Ergebnisse! Und zwar schnellst möglich.“ Ich nickte, „Selbstverständlich Eurer Majestät.“ Damit verschwand ich aus dem Raum. Als die Tür hinter mir zu fiel, lehnte ich mich mit dem Rücken an die und atmete tief durch. Als Mererid sich räusperte, richtete ich mich wieder auf. „Die Dame wird mir folgen.“ Sprach er und ich folgte ihm den Gang zurück Richtung Thronsaal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)