My bloody Soulmate von Thane ================================================================================ Das neue Schuljahr brach über uns herein. Überraschend war es nicht, immerhin hatten wir uns Tage vorher schon darauf vorbereitet. Als Abschlussjahr hatten wir weniger theoretische Stunden, sondern mehr praktische, welche uns auf das Leben in einer Gesellschaft mit Vampiren vorbereiten sollte. Die vorherigen fünf Klassen wurden inzwischen zu zweien zusammen gelegt, man spürte also, dass es schwierig wurde. Dieses Jahr sollte nicht anders werden, immer öfter sahen wir Cécilia im Unterricht, welche die Übungen leitete. Als Lehrerin für Etiquette hatte sie die beste Erfahrung dafür, wobei viele Lehrer auch schon alleinig auf ihr eigenes Können vertrauten und sie nur noch zu Rate zogen, wenn sie gar nicht mehr weiter wussten. Im letzten Jahr wurde uns ein neues Fach vorgestellt: Rassenkunde. Verwirrt hatten wir die Brauen zusammengezogen. Wir sollten doch eigentlich bereits so gut wie alles über einander wissen. Doch wurden wir eines besseren belehrt, als wir erfuhren, dass es hierbei nicht nur um Menschen und Vampire, sondern darüber hinaus ging! Ich war positiv überrascht. Also war es tatsächlich so, dass noch andere Wesen unsere Welt besiedelten. Am ersten Tag hatte ich ein wenig durch das Buch geblättert und einige interessante Rassen entdeckt, darunter Gestaltenwandler und Engel. Engel! Ich konnte gar nicht glauben, dass diese reinen Wesen unter uns weilen sollten. Müssten sie mit den Wesen der Nacht nicht verfeindet sein? Es wunderte mich, dass es da keine Konflikte gab, welche sich auf unsere normale Welt übertrug. Rassenkunde war nicht das einzige, was uns vorgestellt wurde. Nicht nur, dass vor 3 Jahren mein Ex an diese Schule gekommen war – Was am ersten Tag ein ziemliches Drama gegeben hatte, da Caleb sich an mich kleben musste – nein. Wir bekamen im aller letzten Jahr einen neuen Mitschüler. Er war groß und gut gebaut, hatte mittellange dunkelbraune Haare und goldenen Augen. Sein Blick huschte kurz über die Klasse, er lächelte uns – seine neuen Klassenkameraden – an, bevor er sich vorstellte. „Mein Name ist Vincent Rannoch. Ich bin bereits 27 Jahre alt, dementsprechend eigentlich nicht mehr im Alter für diese Schule. Jedoch erlitt ich kurz vor meinem Abschluss einen furchtbaren Rückschlag mit meiner Krankheit, weswegen ich gezwungen wurde, mich für einige Jahre zurück zu ziehen. Mir wurde es nun endlich erlaubt, meine Ausbildung hier zu beenden. Ich hoffe, wir werden gut miteinander klar kommen“ Vampire und Krankheiten? Davon hatte ich noch nie etwas gehört. Dieser Mann kam mir sehr verdächtig vor, doch eigentlich sollten wir nicht mehr in Gefahr schweben. Er setzte sich auf den einzigen freien Platz neben Neva. Diese drehte sich kurz zu Kira und mir um, hob beide Hände und zeigte mit einem breiten Grinsen beide Daumen nach oben. Da war wohl jemand begeistert, einen scharfen Sitznachbarn zu haben. Ich verdrehte nur die Augen und lachte in meine Handfläche, während meine Nachbarin sich eine Hand gegen die Stirn schlug. So war Neva eben. Unsere erste richtige Unterrichtsstunde in Rassenkunde ließ nicht lange auf sich warten. Da Fächer wie Geschichte und alte Sprachen immer weiter nach hinten rückte, hatten wir mehr Zeit, um uns um das Unerkundete zu kümmern. Und das interessierte mich wirklich unglaublich. Wie wir lernten, gab es neben uns noch einige andere Rassen. Unser erstes, sehr kurzes Thema waren die Werwölfe. In den Legenden der Menschen handelte es sich hierbei um mutierte Angehörige unserer Rasse, welche sich bei Vollmond gegen ihren Willen in Wölfe verwandelten. Literatur hatte diese Wesen bereits auf alle mögliche Arten und Weisen auseinander genommen. Hier behandelten wir nun, dass Werwölfe durchaus die Möglichkeit hatten, ihre Verwandlung zu kontrollieren. Es war aber so, dass sie ihre wahre Stärke nur bei Vollmond bekamen. Und diese Transformation in einen vollwertigen Wolf konnte man sich gleich mit in die Haare schmieren. Diese Wesen konnten auf zwei starken Hinterläufern stehen und ihre vorderen Pfoten wie Hände und Waffen benutzen. Ihre Krallen und Zähne waren unglaublich stark und konnten sich mit Leichtigkeit durch Knochen schneiden. Zu ihren Schwächen gehörte, wie in den Legenden, Silber. Sei es nun ein Geschoss, was am praktischsten war, um einen Werwolf sofort auszuschalten, oder simpler Schmuck, welcher auf ihrer empfindlichen Haut brannte. Leider war es schon so, dass die Aufzeichnung des letzten verbliebenen Werwolfs viele Jahrhunderte zurück lag und man davon ausging, dass diese Rasse ausgestorben war. Schade eigentlich, ich hätte gerne einen getroffen. Es hieß sogar, dass sich Werwölfe und Vampire gar nicht so stark bekriegten, wie man es immer geschrieben sah. Sie verstanden sich auf einer geschäftlichen Ebene sogar sehr gut, doch ihre Wandlung machte vielen anderen Wesen Angst, weswegen sie oft Opfer von Tötungen und Jagden wurden, vor allen im Dunklen Zeitalter. Ich betrachtete besonders die Zeichnungen an den Seiten. Werwölfe sahen wirklich bedrohlich aus, wie langgezogene richtige Wölfe, welche auf ihren Hinterpfoten standen. Es stand geschrieben, dass sie über 2 Meter groß werden konnten, was ziemlich beeindruckend war. Der Neue in unserer Klasse fing ziemlich schnell an, sich in unsere Vierergruppe einzumischen. Es war nicht so, dass irgendjemand von uns ihn nicht mochte, ziemlich im Gegenteil sogar. Er war ein sehr sympathischer Geselle, aber die Sache mit der Krankheit gab mir zu denken. Ich wartete nicht darauf, konfrontierte ihn damit sogar direkt, um ihn aus dem Konzept zu bringen, sollte er das ganze nur erfunden haben. Er aber erwiderte meine Frage mit einem vorsichtigen Lächeln und hob die Hand, welche von einem Handschuh bedeckt war. Das war mir vorher gar nicht aufgefallen. „Um ehrlich zu sein, hatte oder habe ich die Sonnenkrankheit“, erklärte er. Sonnenkrankheit? Das klang nach einer sehr schlechten Erfindung meiner Meinung nach. Jedoch schaltete sich mein Verlobter schnell ein, indem er das Wort erhob. Er musste mein Misstrauen dem Neuen gegenüber spüren. „Die Sonnenkrankheit ist eine extreme allergische Reaktion auf die Sonne, zurück zu führen auf unsere früheren Tage, als unsere Haut sich noch auflöste, wenn wir zu lange in der Sonne waren. Einige Nachkommen der Urvampire haben eine Tendenz dazu, an der Sonnenkrankheit zu leiden. Das bedeutet, dass sich die Haut auf den Status von vor vielen tausend Jahren wie zurück setzt und wieder dermaßen empfindlich dem Sonnenlicht gegenüber wird. Sollte man in der Zeit nach draußen gehen, stirbt man schneller, als man sich retten kann“ So war das also mit dieser Sonnenkrankheit. Die ganze Angelegenheit mit ihrer Immunität und Empfindlichkeit der Sonne gegenüber war sowieso ganz eigenartig. Als junger Vampir, so galt man bis zum 15. Lebensjahr als Vampir, hatte Kira diese Probleme noch nicht so extrem, vor allem da sie früher ein Mensch gewesen war. Es hieß zwar, dass es auch genau anders herum ausgehen könnte, aber das war wohl eher seltener der Fall bei Verwandelten. Geborene hatten öfter eine stärkere Empfindlichkeit und Babys sollte man im Allgemeinen eine Weile lang von der Sonne so gut wie möglich fernhalten, bis Tests gemacht wurden. Das ganze klang so unnötig kompliziert, dass ich es mir nach meiner Verwandlung noch viel weniger vorstellen konnte, mit Caleb ein Kind zu kriegen. Ich hätte unglaubliche Angst davor, das Kind wegen einer Dummheit zu verlieren! Zum Glück waren seine Eltern bislang nicht auf das Thema gekommen. Das lag vermutlich auch daran, da sie selber bis zu ihrem ungefähren 200. Lebensjahr nicht an Nachwuchs gedacht hatten. Diese Zahlen waren immer noch unglaublich für mich. Ein Mensch war schon sehr alt, wenn er an die 100 heran kam. Von 200 oder höher konnten wir nur träumen. In aller Ruhe zogen sich die ersten Monate dahin, wir lernten viel über die anderen eher unbekannten Rassen, zu welchen auch Gestaltenwandler, Dämonen und Elfen zählten. Der Grund für die Vermischung der Rassen war bislang noch nicht geklärt, es soll jedoch gewisse Wesen, unbekannte Wesen, geben, die darüber Bescheid wussten. Doch diese konnten aufgrund ihrer Tarnung noch nicht ausfindig gemacht werden. Vincent lebte sich indessen sehr gut in unsere Klasse ein. Er wurde schnell zum Musterschüler, was einige andere Klassenkameraden zwar aufregte, aber diesem sympathischen und freundlichen Bündel an Vampir konnte man nicht böse sein. Das ganze kam mir aber auch immer seltsamer vor. Mit diesem Gefühl war ich nicht allein, auch Neva meinte zu mir, sie könne meinen, er habe ein Geheimnis vor uns. Caleb, der sowieso aufgegeben hatte, meinem Sturkopf zu widersprechen, seufzte auf meine Annahme nur hin. Sollte sich etwas bewahrheiten, würden wir es sowieso herausfinden. Bei aller Herrgotts Namen, wir hatten eine mörderische Operation aufgelöst. Oder zumindest dabei mitgeholfen, und das hatte auch schon sehr viel Wert. Unser Klassenkamerad hatte auch von der Geschichte gehört, die sich wie verrückt vor allem in der oberen Schicht der Vampire herumgesprochen hatte. Und zu dieser sollte er angeblich auch gehören. Der Winter war wieder da und es war Zeit, uns langsam auf unsere Prüfungen vorzubereiten. Da wir die Abschlussklassen waren, hatten wir ein kürzeres Schuljahr und dementsprechend mehr Stress. Was das Ganze noch verschlimmerte war ein Aushang in der Schule: Das Betreten des linken Flügels ist für die nächste Woche untersagt. Der Unterricht für die Klassen wird in die übrigen leeren Räume, die Cafeteria und den Saal verlegt. Das kam ziemlich plötzlich, auch unsere Lehrer standen verwirrt vor dem Anschlagbrett und musterten den ausgedruckten Zettel. Es gab keinen bekannten Grund dafür, am Vortag war alles noch beim besten gewesen. Vincent, welcher dafür bekannt war, immer ein paar Minuten zu spät zu kommen, erschien ebenfalls bei unserer kleinen Gruppierung bestehend aus Kira, Neva, Caleb und mir und musterte kurz den Zettel. „Oh“, meinte er nur, schien von und allen aber nicht sonderlich überrascht. Oder er war einfach gut darin, es zu kaschieren. Er kratzte sich mit einem Finger an der Wange, bevor er sich uns zuwandte und die Schultern nach oben zog. „Das klingt nicht gut“ Da musste ich ihm zustimmen. Wäre etwas gewesen, hätte Caleb es als erster erfahren und ich sofort daraufhin. Aber in letzter Zeit kam es mir so vor, als würden sich innerhalb dieser Mauern immer mehr Geheimnisse aufbauen, in die wir einfach nicht eingewiesen wurden. Und das wiederrum störte nicht nur mich. Auch mein Vampir hatte seinen Missmut mir gegenüber zugegeben. Dass etwas im Busch war, erfuhren wir aber bald. Der Unterricht im Saal zog sich hin wie zäher Kaugummi, dafür ersehnten wir die Pausen umso mehr. Diese verbrachten wir meist zusammen entweder in der Cafeteria, auf dem Flur oder dem Hof, obwohl es momentan ziemlich kalt war. Ich beneidete die Vampire darum, Temperaturen nicht so wahrzunehmen wie Menschen. Kira hatte mit gegenüber auch zugegeben, dass es wirklich angenehm war, sich nicht mehr individuell an die Jahreszeiten anpassen zu müssen. Als wir gerade wieder im Hof saßen und uns über die letzte Stunde unterhielten, erschienen mehrere weiß gekleidete Gestalten am Eingangstor. Sie vermischten sich fast mit dem Schnee, ihre eisblauen zu Schlitzen verengten Augen sahen starr nach vorne. Sie wartete darauf, dass ihnen jemand das Tor öffnete, sie selber fassten das kalte Metall nicht an sondern ließen ihre Hände in dem jeweils anderen Ärmel ihrer Kutte, mit deren Kapuze sie ihr Haupt bedeckten. Es waren fünf an der Zahl und einer unserer Lehrer rannte herüber zum Tor, um dieses so schnell wie möglich zu öffnen. Er verbeugte sich vor ihnen. Wichtige Gäste? Sie hatten sich anscheinend nicht angekündigt, sonst hätte man sie am Tor bereits erwartet. Ich sah zum Schulgebäude, die Direktoren kamen gerade angerannt und blieben neben uns stehen. Xenia blickte uns an, deutete auf Caleb und mich und meinte nur im strengen Ton, dass wir ihr ins Büro folgen sollten. Ihr Mann hingegen eilte herüber zu unserem Lehrer und geleitete die fünf eigenartigen Gestalten über den Schulhof. „Weißt du, was los sein könnte?“, fragte ich Caleb im Flüsterton, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Also hatte man ihn auch nicht eingeweiht. Ich war gespannt, was uns nun erwarten würde. Den schweren und lauten Schritten der Direktorin nach zu urteilen, vor allem der Schnelligkeit nach, in welcher wir zum Büro gebracht wurden, musste es sich um etwas ernstes handeln. Außerdem hatte sie keinen Ton zu uns gesagt, sodass wir nun erwarteten, endlich aufgeklärt zu werden. Im Büro setzte Xenia sich hinter ihren Schreibtisch und fuhr sich mit einem Seufzen mit beiden Händen durchs Gesicht. Das Auftauchen der Fremden musste sie ordentlich gestresst haben. Ich überlegte, zu fragen was los sei, unterließ es aber letztlich und verließ mich darauf, dass wir es sowieso gleich erfahren würden. Nach einer Handbewegung der Direktorin, mit welcher sie auf das Sofa hinter uns deutete, setzten wir uns. Nach und nach wurden Stühle in den Raum geschafft um den Besuchern ebenfalls genügend Sitzplätze zu bieten. Nicht lang nachdem der letzte Stuhl gebracht wurde, betrat Antoine mit den fünf Fremden das Büro. Mit einer flüssigen Bewegung schlängelte er sich an den Stühlen vorbei, bot den Herrschaften an, sich zu setzen, was sie auch prompt taten. Einige Blicke fielen auf Caleb und mich, doch davon ließ ich mich nicht einschüchtern. Sie versuchten es, wollten uns womöglich loswerden. Sie wussten wohl nicht, wenn sie gerade vor sich hatten. Miss Lecrune legte beide Hände mit den Fingern ineinander verschränkt auf den Tisch und lächelte die Fünf schwach an. „Was verschafft uns die Ehre?“, fragte sie mit einem leicht genervten Unterton, die die anderen gekonnt ignorierten und sofort zur Sache kamen. Derjenige, der uns vorher hinter dem Tor schon gemustert hatte, erhob seine Stimme. „Ich würde doch von den mächtigen Vampiren erwarten, dass sie ihre Angelegenheiten schnell und leise klären“, zischte er die Direktoren an. „Mitarbeiter von uns verschwinden und tauchen tot wieder auf. Ich dachte eigentlich, dass ihr euer Problem vor vier Jahren geklärt hättet“ Xenia kniff sich in den Nasenrücken und wollte antworten, doch der andere sprach einfach weiter: „Wir haben langsam die Nase voll, Xenia. Eure Freunde konnten uns keine Auskunft geben. Wir wollen, dass ihr diesen Fall so schnell wie möglich klärt und eure ‚Opposition‘ aus dem Weg schafft, sonst kappen wir nicht nur jegliche Stränge mit euch, sondern werden beobachten, wie ihr in der nächsten Ecke verrottet, wie die Werwölfe“ Die Frau neben ihm kicherte mit vorgehaltener Hand. „Die großen und mächtigen Vampire sterben aus wie die Werwölfe. Wie peinlich ist das denn! Dabei sind sie momentan doch fast die Spezies, die neben den Menschen am meisten vertreten sind!“ Ich konnte sehen, wie der Direktor sich anstrengte, nicht laut zu werden. Bei ihm platzte ja fast eine Ader, so sehr hielt er sich gerade zurück. Er stand hinter seiner Frau an der Wand gelehnt, die Arme verschränkt und starrte die Fünf nur an. „Entschuldigung“, mischte ich mich nun ein, immer noch unwissend, um was es eigentlich ging. „Könnte man uns mal verraten, was hier gerade abgeht?“ Der kleinste von den reinen Wesen drehte sich zu mir um. Seine eisblauen Augen blitzten auf und eine Strähne seines weißblonden Haares fiel ihm ins Gesicht. Das mit dem Rein war wirklich kein bisschen untertrieben. „Ihr habt jemanden zu diesem Gespräch mitgenommen, der nichts von alldem weiß? So langsam frage ich mich doch, wie tief ihr ‚Oberen‘ gesunken seid“ „Wir wollten sie davon fernhalten“, konnte Xenia nun endlich auch mal sagen und schnaubte wütend. „Sie haben bereits genug durchgemacht in dieser Angelegenheit. Falls ihr es wissen wollt: Das sind unser Sohn Caleb und seine Verlobte Wynne, die zwei, welche eigenhändig gegen de Widerstand vorgegangen sind“ „Aaah …“, machte nun der Kleinste und kratzte sich am Kinn. „Also die Frau, die sich immer entführen ließ und ihr Gedächtnis zerstört bekam und der junge Vampir, der mit körperlicher Stärke nichts gegen einen psychisch Labilen ausrichten konnte.“ In mir platzte gleich etwas. Ich wollte diesen vorlauten Idioten anbrüllen, doch stattdessen konzentrierte ich mich darauf, Caleb zu beruhigen. Auch er kochte vor Wut, wäre diesen eingebildeten Blödel sogar angesprungen, doch das hätte uns in diesem Moment nicht geholfen. Ich schnappte mir seine Hand und hielt sie so fest es mir möglich war, damit er nicht plötzlich aufsprang und ein Blutbad verursachte. Der Junge musste seine Wut spüren, denn er schnaubte nur mit einem hämischen Grinsen und drehte sich wieder um. Was für Arschlöcher! „Jedenfalls“, fing Xenia wieder an und wandte sich diesmal an uns. „Wie es scheint, gibt es ein Problem mit dem Widerstand“ „Um genau zu sein“, unterbrach der Anführer der Fünf sie ungehobelt und drehte sich diesmal ebenfalls zu uns um, um uns anschauen zu können. Er schnalzte kurz mit der Zunge, bevor er fortfuhr. „Euer sogenannter Widerstand fängt an, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Wir beschäftigen keine Vampire, nur Menschen, weswegen es uns gehörig gegen den Strich geht, dass ihr schlicht und einfach zu dumm seid, den Anführer auszumachen, wenn ihr bereits mehrmals die Geheimverstecke ausfindig machen konntet. Wie lange arbeitet ihr schon daran, sie auszurotten? Vier Jahre. Und ihr habt keinerlei Fortschritt gemacht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ihr unfähig seid, euch um Gefahren zu kümmern, die eure Rassen betreffen“ Dumm. Unfähig. Mir entwich ein animalisches Knurren vor Wut und diesmal war es mir auch zu viel. „Weder sind wir zu dumm, noch unfähig. Eine Gefahr auszumachen, die sich jahrelang im Untergrund halten konnte, ist nicht einfach und erfordert viel Übung. Wir hatten eine wichtige Fährte, haben sogar einige wichtige Mitglieder ausschalten können. Dass sich deren angeblicher Anführer jedoch im Verborgenen hält, woher sollten wir das bitte wissen? Keiner von uns ist mit der beschissenen Gabe der Vorhersehung gesegnet“ „Ihr habt einen Hacker“, meinte der Mann und deutete auf Caleb, „Und ihr wollt mir erzählen, dass ihr es nicht geschafft habt, herauszufinden, wer der Anführer ist und wo er sich aufhält? Ich dachte, ihr hättet es schon einmal in ihr System geschafft“ „Weil sie es zugelassen haben“, gab Caleb zu, doch das erzielte nicht den gewünschten Effekt. Die Besucher fingen lauthals an zu lachen und wiederholten seine Worte mit einem hämischen Unterton. Sie machten sich über meinen Verlobten lustig! Bevor er etwas machen konnte, stand ich bereits auf meinen zwei Beinen. „Wer oder was auch immer ihr bescheuerten eingebildeten Arschlöcher seid, ihr habt nicht das Recht mit uns umzuspringen wie ihr wollt. Es ist eine Angelegenheit der Vampire und Menschen und wenn ihr zu dämlich seid, um eure Mitarbeiter zu schützen, solltet ihr wohl mal selber über eure eigenen beschränkten Fähigkeiten nachdenken. Ihr wisst um die Gefahr und lasst dennoch zu, dass man diejenigen, die für euch arbeiten, angreift, verschleppt und tötet. Eure eigene Unfähigkeit könnt ihr nicht auf uns abwälzen, denn anstatt nur daneben zu stehen und zuzusehen, wie andere versuchen, die Probleme zu beseitigen, könnte man in Zusammenarbeit denjenigen unter die Arme greifen und zur Abwechslung mal zu helfen. Wir können nicht überall sein und alles überwachen. Wir tun unser bestmögliches, aber auch wir haben limitierte Ressourcen und daran müssen wir uns halten. Und wenn ihr Wichser das weder einsehen noch akzeptieren könnt, dann verkriecht euch wieder in die Spelunke, aus der ihr gekommen seid und haltet eure verdammte Fressen, anstatt uns dumm anzugehen“ Ich konnte sehen, wie sich ein Schalter innerhalb des Fremden umlegte und sein Blick von eisig zu tödlich wechselte. Xenia hatte inzwischen einen panischen Ausdruck auf dem Gesicht und als sich der Gast erhob und mit enormer Schnelligkeit vor mir stand, wollte sich Antoine schon einmischen. Doch zu mehr kam der Fremde kaum, denn auch Caleb erhob sich und stellte sich schräg vor mich, als unser Gegenüber seine Hand hob. Ich zuckte nicht zurück. Es war eine leere Drohung, ein Test, das konnte ich sehen. „Fass sie an und ich brech‘ dir jeden einzelnen Knochen in deinem Körper“, drohte mein Verlobter und starrte auf den kleineren Mann hinunter. Mit seiner Größe von 1,94m überragte er die meisten anderen seines Geschlechts, das hatte er von seinem Vater geerbt. Das half auch dabei, angsteinflößender zu wirken und diesen eingebildeten Nichtsnutz zurück schrecken zu lassen. Er schnaubte und musterte uns ausgiebig, ohne etwas zu sagen. Dann wandte er sich zur Direktorin um. „Die beiden übernehmen später die Familie?“, fragte er ohne einen bestimmten Unterton, wohl nur rein aus Eigeninteresse. Die Frau nickte eher zögerlich, woraufhin der Blick des Reinen wieder auf uns fiel und er die Arme vor der Brust verschränkte. Seinen Blick erwidernd tat ich es ihm gleich. „Ihr habt Mumm, euch uns so entgegen zu stellen. Einer Rasse, die mächtiger ist als ihr“, meinte er. „Und ihr habt Glück, dass es mich beeindruckt hat, mehr als es mich verärgerte. Wir geben euch noch eine Chance. 6 Monate, dann ist der ganze Mist geklärt. Wenn nicht, kappen wir jegliche Verbindung zu euch und somit auch einige Ressourcen, die ihr von uns bezieht.“ Das klang nach einer gefährlichen Drohung, auch wenn ich nicht ganz wusste zu welchem Ausmaße sie den Vampiren finanziell und materiell unter die Arme griffen. Der Anführer machte eine Handbewegung nach oben und gab für die anderen damit das Kommando, sich zu erheben, als die Tür zum Büro aufging und eine weitere Person den Raum betrat. Als wir sahen, um wen es sich handelte, staunten Caleb und ich nicht schlecht. „Die Bombe ist gesichert und entschärft. Fingerabdrücke konnten leider nicht gefunden werden und meine Visionen zeigen nur eine vermummte Gestalt. Sie müssen langsam wissen, dass ich Euch helfe“, sprach Vincent und stockte kurz, als er uns, seine Klassenkameraden, erblickte. „Oh. Shit. Hab ich jetzt was ausgeplaudert, was ich nicht hätte tun sollen?“ Xenia schüttelte den Kopf und erhob sich von ihrem Platz. „Alles gut, Vincent. Wir haben sie mehr oder minder nun eingeweiht und unsere Gäste haben uns dabei geholfen“ Der Braunhaarige wandte seinen Blick von uns ab und auf die fünfer Gruppe vor ihm, welche gerade drauf und dran war, endlich wieder zu gehen. Ein leichtes, wenn auch neckendes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Roland. Was für eine Freude, dich wieder zu sehen“, begrüßte er den Anführer offen und grinste ihn nun an. Der andere hingegen sah sein Gegenüber nur genervt an und seufzte. „Vincent Rannoch. Wieso wundert es mich nicht, dir hier zu begegnen? Und da dachte ich schon, mein Tag könnte nicht schlimmer werden“ „Och, redet man so mit einem alten Freund?“ „Wenn ich könnte, würde ich dir die Kehle rausreißen“, knurrte sogenannter Roland. „Wenn wir uns nun entschuldigen dürften, wir haben noch wichtige Geschäfte zu erledigen. Immerhin hat uns eine gewisse Dame angefahren, die Sicherheit unserer Mitarbeiter zu gewährleisten“ Oh, er würde das tatsächlich durchziehen? Punkt für ihn, aber das machte ihn dennoch um keinen Deut sympathischer. Ohne ein Wort der Verabschiedung gingen die Gestalten einfach wieder, begleitet von zwei Lehrern, welche wohl eher sicher gehen sollten, dass die Fünf das Gelände auch tatsächlich verließen. Erschöpft ließ sich die Direktorin zurück auf ihren Stuhl fallen. „Ich hasse diese Wesen“, meinte sie genervt. „Und du“ Damit sah sie mich an und deutete mit dem Zeigefinger auf mich. „Du hast uns fast um unsere Existenz gebracht. Wir hatten Glück, dass Roland so ein Arschloch ist“ Wohl Glück im Unglück, konnte man sagen. Vincent sah nur verwirrt zwischen uns her, er hatte ja die gegenseitigen Ansprachen verpasst. Was mich aber wieder auf einen wichtigen Punkt brachte: „Moment mal … eine Bombe?!“ Der Braunhaarige grinste schief und blickte zu Xenia. Diese erteilte ihn mit einem Abwinken die Erlaubnis, darüber zu sprechen. „Der Grund, warum der linke Flügel gesperrt werden musste. Es befand sich irgendwo dort in den Gemäuern eine Bombe, die hochgehen sollte. Es dauerte allerdings, bis wir sie gefunden und unscharf gemacht hatten, da sie anscheinend nun jemanden haben, der meine Gabe blockt“ „Was für eine Gabe?“, stocherte ich weiter herum. Vincent lachte leise auf und hob eine Hand. „Ich kann in die Vergangenheit sehen. Per Berührung“ Einen Moment mal, das kam mir stark bekannt vor. Ich blickte Caleb an, suchte nach Hilfe in dieser Angelegenheit, da ich hoffte, dass er wusste, was gerade in meinem Kopf vorging. Er aber blickte mich nicht an, seine Aufmerksamkeit galt Vincent, welchen er nicht aus den Augen ließ. Er musste es auch mitbekommen haben. Diese Gabe kam uns gefährlich bekannt vor. „Ich … werde auch Ran genannt“, gab er uns schließlich den letzten Hinweis und bei uns beiden machte es gleichzeitig Klick, während ich hätte schwören können, dass unsere Kinnladen nach unten gefallen sind. „Der Ran, der uns geholfen hat, das Versteck zu stürmen?“, fragte Caleb sofort nach und Vincent nickte uns zu. Er lehnte sich lässig neben die Tür an die Wand und kratzte sich nachdenklich am Hals. „Ich wurde hier stationiert, da wir Hinweise bekommen haben, welcher beinhaltete, dass die Akademie erneut im Ziel des Widerstandes steht. Diesmal wollen sie wohl präziser vorgehen“ „Es gibt also noch immer Spitzel“, meinte Caleb und fuhr sich genervt durch die Haare. Vincent nickte ihm missmutig zu. Jetzt war raus, was man vor uns geheim gehalten hatte, Zwei Dinge sogar: Zum einen, dass der Widerstand immer noch große Probleme machte. Zum anderen, dass Vincent zu dem Special Task Team gehörte, eine Elite an Vampiren, welche für den Kampf gegen andere ihrer Spezies ausgebildet wurden. „Und wer waren diese Vollidioten von eben?“, fragte ich nun auch nach, da ich es einfach wissen wollte. Diesmal antwortete unser schweigsamer Direktor. „Engel. Sie halten sich für etwas Besseres, da sie Lichtgeborene sind und damit natürliche Feinde der Wesen der Nacht, also uns. Vor einigen Jahrhunderten haben wir aber einen Vertrag geschmiedet, welcher Frieden bewahren soll, solang wir die jeweils andere Partei aus unseren Angelegenheiten heraushalten. Deswegen gab es gerade dermaßen Stress“ Engel also. Ich hätte nicht gedacht, so schnell welche kennen zu lernen. Ich hätte auch nie gedacht, dass Wesen, welche als Boten Gottes bezeichnet wurden, so eingebildet sein konnten. Ich wunderte mich, ob es so etwas wie Gott vielleicht tatsächlich gab oder ob die Engel eine ganz andere Herkunft hatten. Vielleicht würde sich das alles noch klären. Es war nicht einfach, unsere nächsten Schritte zu besprechen. Da wir nun ein Zeitlimit hatten, wurden wir stark eingeschränkt und gleichzeitig gestresst. Vincents Fähigkeit gab uns zwar einen Vorteil, aber wie wir erfuhren, hatte der Widerstand jemanden, der seiner Gabe entgegen wirken konnte. Das erschwerte die ganze Situation wieder. Der Tote Briefkasten wurde entfernt, einen Neuen würden wir kaum ausmachen können, da das Gelände nun besser überwacht wurde. Deswegen wunderte es die Direktoren auch, wie jemand es geschafft hatte, eine Bombe im Schulgebäude zu installieren. Es war gut, dass niemand außer uns davon wusste. Es wurde nur Panik bei den Schülern auslösen. Es löste ja sogar eine leichte Panik in mir aus, da ich nicht wusste, was für Anschlägen wir uns noch gegenüber stellen mussten. Unterbewusst schmiegte ich mich an Caleb, damit ich mich sicherer fühlte. Wir würden nicht einmal Kira und Neva darin einweihen können, denn sonst würden wir sie nur unnötig in Gefahr begeben. Deswegen hatten bislang Caleb und ich auch nichts davon erfahren: Da wir bereits viel durchgemacht hatten, wollte man es uns ersparen, noch einmal mit dem Thema in Berührung zu kommen. Nun waren die Direktoren aber der Meinung, dass wir ihnen womöglich von Nutzen sein konnten. Stellte sich nur noch die Frage, inwiefern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)