My bloody Soulmate von Thane ================================================================================ Ein Massaker. Der Boden war blutrot gefärbt. Die Jägerin war sich nicht sicher, ob der Kampf ihre Sicht vernebelt hatte, aber auch der Himmel hatte diese Farbe angenommen. Sie lag da, auf dem Boden, inmitten von Leichen. Passend, dachte sie sich nur. Bald würde sie wohl eh zu ihnen gehören. Wie oft hatte sie einstecken müssen? Wie viele Wunden zierten ihren Körper? Wie oft hatte sie nachgeladen? Die Waffe gewechselt? Nun lag sie nur noch da, das Blut ihrer Gegner trocknete bereits an ihrem Körper, während ihr immer Kälter wurde. Zwar hatte sie sich durchgekämpft, aber sie war doch nur ein Mensch unter Vampiren gewesen. „Du stirbst mir hier nicht weg, Jägerin“, zischte der Anführer neben ihr. Sein weißes Haar hatte eine leichte rötliche Farbe angenommen. Eigentlich hatte sie ihn als jemanden eingeschätzt, der sich von Kämpfen fern hielt. Aber wäre er nicht gewesen, hätte sie das Ende des Kampfes nicht miterlebt. Das war doch das Ende, oder? Da ich mich erholen sollte, beziehungsweise musste, wurde ich für die restliche Schulzeit freigestellt. Es stand mir ebenso frei, jederzeit zum Unterricht zu gehen, aber ich merkte selber, dass es mir dafür an Kraft fehlte. Die ersten Tage verbrachte ich noch im Bett, holte den Unterrichtsstoff der Tage dank den Notizen von Kira nach. Besuch gab es am Nachmittag. Ich hatte mich zwar im Krankenhaus schon so gut es ging erholt, aber die Nachwirkungen des Gedächtnisschwundes, ausgelöst von unserem Lieblingsvampir, schwächten mich noch. Ich konnte mich aber nicht beschweren. Wir würden uns alle im nächsten Jahr wiedersehen, lebten alle noch, mehr oder minder mit einem Trauma als Souvenir. Meine Mitbewohnerin nahm ihre Nahtoderfahrung nicht so stark mit, auch wenn sie mir gelegentlich von Albträumen berichtete. Ich im Gegenzug hatte ziemlich zu kämpfen, sodass es mich wunderte, dass man mich bislang nicht in psychiatrische Behandlung gesteckt hat. Caleb half mir meistens mit seiner Gabe und auch mein erster Auftritt nach einigen Wochen in der Klasse benötigte seine Unterstützung. Das Getratsche hatte sich schon gelegt, dennoch kam ich nicht um einige Fragen drum herum. Bis zu den Sommerferien wurde zum Glück alles ruhig. Und auch vier Jahre zogen in die Lande. In den ersten Sommerferien legte ich mir einen Nebenjob zu, um meinen Eltern nicht unnötig auf der Tasche zu liegen. Sie zahlten schon für meine Ausbildung, da wollte ich wenigstens so etwas Geld verdienen. So hatte ich einen Minijob in einem Bücherladen angenommen. Das gefiel meinem Vampir jedoch nicht. Er hatte gemeint, ich solle mich darauf konzentrieren, wieder zu Kräften zu kommen. Aber es ging mir bereits wieder gut, ich hatte mehrere Tage ohne Probleme durchgeschlafen. Für die Sommerferien kehrten wir natürlich immer nach Hause zurück. Sechs Wochen wollte und konnte keiner dort verbringen, da man die Zeit nutzte, um den Campus zu säubern und für das nächste Jahr herzurichten. Das hieß auch, dass wir uns vorübergehend voneinander verabschieden mussten. Während ich arbeitete, musste sich Caleb weiterhin auf sein Erbe vorbereiten. Kira hingegen machte einen riesigen Schritt nach vorn in ihrer Künstlerkarriere. Ihr wurde ein Job über die Ferien angeboten, welchen sie auch während der Schulzeit weiterführen könnte. Sie wurde Konzeptzeichnerin für eine Videospielfirma. Da konnte man glatt neidisch werden. Mit Sei stand ich nicht ganz so in Kontakt wie mit den anderen beiden, da wir simpel und einfach vergessen hatten, Adressen auszutauschen oder unsere Tags durchzugeben. Über ein praktisches Programm, welches ich vor allem benutzte um mit meinen anderen Freunden in Kontakt zu bleiben und mit ihnen zu spielen, schrieb und redete ich nun mit den anderen. Der eine Vampir aber schien dafür doch etwas zu beschäftigt, das erfuhr ich zumindest von Kira. Das zweite Schuljahr verlief ohne Zwischenfälle. Gelegentlich hörten wir davon, dass eine Basis des Widerstandes aufgelöst werden konnte. Ihr Einfluss schwand immer mehr. Währenddessen tauchte die Vampirin, die etwas mit Caleb zu tun hatte, immer öfter auf. Erst in den darauffolgenden Sommerferien, in welchen ich erneut in dem Bücherladen arbeitete, stellte sie sich mir vor. Ich war gerade dabei, einige Bücher zu sortieren, welche unsere Kunden falsch zurück gestellt hatten. Es war nervig zu beobachten, manche taten es sogar absichtlich, das waren aber vorwiegend irgendwelche Jugendliche, die dachten, es wäre lustig. An einem Tag entdeckte ich den mir nur allzu bekannten schwarzen Schopf am Eingang, neben ihm die verzottelten braunen Haare der Vampirin. Sie zitterte, sah sich nervös um und verschwand fast hinter Caleb, als sie den Laden betraten. Sein breites Grinsen konnte ich bis zur Sci-Fi-Abteilung sehen. Meine Kollegen, mit denen ich eingeteilt war, musterten die Gäste mit großer Neugier und waren überrascht, als beide auf mich zukamen. „Heute nichts zu tun?“, fragte ich meinen Freund und stellte ein Buch zurück. Für manche Regale benötigte ich einen Hocker, um an die obersten Reihen zu gelangen. Das kam vor allem im Lager vor. „Ausnahmsweise nicht. Ich habe frei bekommen, weil jemand mit dir reden möchte“ Der Schwarzhaarige trat beiseite und schob den anderen, verstört wirkenden Vampir nach vorn. Die Frau stand da, wie ich sie vor zwei Jahren bereits einmal vor dem Tor gesehen hatte – Die Hände vor der Brust, eine umfasst die andere. Der Kopf leicht eingezogen, insgesamt eine ängstliche Körperhaltung. Ich wusste nicht ganz, was ich sagen sollte, also musterte ich sie kurz und hob zur Begrüßung meine Hand, da sie nicht wie jemand aussah, der viel auf Händeschütteln gab. Oder überhaupt den Mut dazu hatte. „Hallo …“, sprach sie leise, sah sich wie paranoid um, bevor sie mich anblickte und kurz die Augen weitete. „Du siehst ihm wirklich ähnlich“ Verwirrt blickte ich Caleb an. Wem sah ich ähnlich? „Was meinst du damit?“, fragte ich sofort nach, mein Interesse war geweckt. Als hätte ich sie gerade verbal geschlagen, zuckte sie zusammen. Was war nur mit ihr? Caleb wollte den Mund nicht aufmachen. „Uhm, ich sollte mich vielleicht erstmal vorstellen … Ich bin Leiah Claudine, Caleb’s Schwester“ Nervös kratzte sie sich hinter dem Ohr, kurz zuckte ein Auge von ihr. War sie verrückt? Sie hatte Anzeichen davon, dass sie psychisch labil war, durfte aber einfach so draußen herum laufen. Also durfte sie eigentlich keine Gefahr sein. „Dein Bruder war … damals mein Diener. Und … Seelenpartner“ Das musste ich erst einmal verarbeiten. Die Zahnräder in meinem Kopf ratterten. Mein Bruder war ebenfalls ein Seelenpartner einer Lecrune gewesen? Was für eine Verbindung hatten wir bitte zu dieser Vampirfamilie? Es erklärte natürlich, warum Caleb ihn kannte und warum er eine derartige Bitte an die Lecrunes gestellt hatte. Und irgendwie erklärte es auch, warum Yakeno und der Widerstand ihn kannte. Und als Seelenpartner eines Mitglied einer der führenden Familien wurde man natürlich zum Ziel dieser Organisation – So wie ich eben. Eine Weile unterhielten wir uns, eher langsam, da Leiah große Probleme damit hatte, offen zu sprechen. Jedoch kam irgendwann meine Chefin auf mich zu und ermahnte mich, wobei Caleb einsprang und ihr eine Karte entgegen hielt. Sie staunte nicht schlecht, als sie herausfand, dass ich mit den Lecrunes in Verbindung stand. Für den Tag war ich also gerettet, aber auch nur, weil ich mit dem Erben und seiner Schwester sprach. Nach diesem Tag wurde ich sowas wie eine Betreuerin für die ältere Vampirin. Sie hatte große Probleme sich zurecht zu finden. Ich wurde auch aufgeklärt, warum: Verlieren Vampire ihren Seelenpartner, macht sich nicht nur eine Leere in ihnen breit. Sie werden wahnsinnig, viele nehmen sich dabei das Leben, weil sie es ohne ihre andere Hälfte nicht aushalten. Es gibt aber eine Spekulation über das Thema Reinkarnation. Sollte ein Seelenverwandter wiedergeboren werden, müsste das Band wieder hergestellt sein. Das konnte bislang nur nicht bewiesen werden und man nutzte Leiah als eine Art Experiment. Die Arme tat mir leid. Ich geriet in Panik, als sie ihren ersten Anfall hatte. Inzwischen wurde ich immer öfter in das Anwesen der Lecrunes eingeladen, welches nicht ganz so groß war, wie ich angenommen hatte. Die Frau schien mit einigen Dienern die Schultage über allein dort zu wohnen, nur gelegentlich sahen Ärzte nach ihr. Aber wenn sie einen Anfall hatte, musste schnell jemand zur Stelle sein. Das erste Mal, als ich dabei war, erstarrte ich fast zu Stein. Es passierte ganz plötzlich. Wir wollten gerade zurück auf ihr Zimmer, ich musste langsam wieder nach Hause und mein Heimweg war nicht besonders kurz, auch wenn ich gefahren wurde. Mitten im Gang aber brach die Vampirin schreiend zusammen, raufte und riss sich Haare aus, was ihre Frisur erklärte. Wenn sie von ihren Haaren ablassen konnte, kratzte sie wie wild über ihre Oberarme, bis sie durch ihre Haut hindurch war und das Blut langsam hinunter lief. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wie angewurzelt stand ich da, konnte mich keinen Millimeter bewegen, während Leiah sich auf den Boden krümmte, schrie und kreischte, gelegentlich lachte. Tränen bildeten sich in ihren Augen, bevor Caleb ihr zur Hilfe eilen konnte. Er hatte bereits Hilfe geholt, als er sich zu ihr hockte und sie in den Arm nahm, ihr beruhigend über den Rücken streichelte. Eine wirklich rührende Geste, wenn man im Nachhinein darüber nachdachte. Aber mich verstörte der Anblick der armen Frau. Und sie musste das alles nur durchmachen, weil man testen wollte, ob Reinkarnationen existierten. Später erfuhr ich noch von meinem Freund, dass sie das Anwesen sichern mussten, sodass die Arme sich nicht das Leben nehmen konnte. Das ganze wurde von den Ärzten und einigen Wissenschaftlern überwacht, gelegentlich musste man sie dazu zwingen, Blut zu sich zu nehmen, da sie sonst sterben würde. Mir gefiel die Sache vorne und hinten nicht. Ich gewöhnte mich zwar nach und nach an die Angelegenheit, es verstörte mich weniger, aber gleichzeitig regte es mich auch immer mehr auf, warum man ihr etwas derartiges antun musste. Die Jahre über half ich also dabei, dass man sich um Leiah kümmerte. Als Schwester ihres Seelenpartners bekam ich wohl schnell einen besonderen Platz in ihrem Herzen, denn Caleb meinte, dass es sehr selten war, dass sie lachte. Und ich musste sagen – Wir lachten nicht nur zusammen, wir redeten mit der Zeit auch viel mehr als früher. Ich durfte sogar manchmal Kira mit einladen, wir unternahmen ein paar kleinere Ausflüge, immer in Begleitung mit einem ausgebildeten Bodyguard von Leiah, und kümmerten uns um die Vampirin. Meine gute Freundin machte es sich dabei zur Aufgabe, ihre Haare zu richten. Noch immer hatte sie den Tick, es nicht sehen zu können, wenn jemand eine zerstörte Frisur hatte. Da war es klar, dass sie sich darum kümmern würde. Leiah öffnete sich uns zweien und obwohl sie ihre Anfälle noch immer hatte, nahmen diese nach und nach ab. Ihre Offenheit ging sogar so weit, dass sie es schaffte, vor mir ein Geheimnis zu haben. Dass etwas ausgeheckt wurde, merkte ich. Sie konnte sich das Kichern nicht verkneifen und wurde manchmal ganz leise von Kira ermahnt. Es waren bereits die vierten und letzten Sommerferien. Nach diesen würden wir unser letztes Jahr an der Schule antreten. Sei hatte seinen Abschluss bereits und wurde offiziell in seiner Arbeitswelt vorgestellt. Wie ich zudem mitbekommen hatte, möchte er den Eid seiner Familie gegenüber den höheren Familien neu schwören, doch diesmal den Lecrunes gegenüber. Als baldiges Oberhaupt der Yarias-Familie war es sein gutes Recht, immerhin war ihr Dienst den Familien gegenüber freiwillig und er könnte selber wählen, wem er dienen wollte. Kira wurde auf der Feier bei Sei’s Einstieg ebenfalls vorgestellt – Als zukünftiges weibliches Oberhaupt der Familie Yarias. Die Arme war vor dem Publikum puterrot angelaufen. Um ihr einen Antrag zu machen, bat der Vampir Caleb und mich um Hilfe. Sie durfte davon nichts erfahren, weswegen ich sie ablenken musste. Verdacht schöpfte sie keinen, immerhin hatte ich ihr angeboten, ihr dabei zu helfen, die Gabe weiter auszubauen. Sie hatte nicht sonderlich viel Training die Jahre über gehabt, aber manchmal wurde sie bei besonders schlimmen Fällen um Hilfe gebeten. Das schwierigste war, das Vertrauen der Person dabei zu bekommen, damit sie einen auch an die Erinnerungen lassen. Da tat mir Kira schon leid, aber die Brünette war eine sanfte Persönlichkeit und das merkten die meisten Patienten auch recht schnell. Bei mir übte sie, den Zugriff zu bekommen und die Gedanken anzuordnen. Derjenige, der sie zerstören konnte, war zum Glück hinter Schloss und Riegel und momentan in Betreuung, da er komplett den Verstand verloren hatte. Seine Schwester äußerte sich damals nicht dazu, hatte nur enttäuscht den Kopf geschüttelt, sonst aber nichts von ihrer fröhlichen Art abgelegt. Das ganze endete darin, dass ich eine Nachricht bekam, mit Kira zurück zu kehren. Sei empfing uns am Eingang zu seinem Heim, doch ich verabschiedete mich zusammen mit Caleb, um die beiden nicht zu stören. Mein Vampir erzählte mir auf dem Weg nach Hause, dass der andere Erbe den Garten so hergerichtet haben wollte, wie Kira es einmal auf einer ihrer Zeichnungen illustriert hatte. Sie fantasierte gerne über die verschiedensten Dinge, das wusste ich bereits. Auch über so etwas, aber diese Zeichnungen versteckte sie meist so schnell wie möglich. Sei musste sie also inzwischen so gut kennen, dass er ihre Verstecke finden konnte. Interessant! Die ganze Aktion gab mir natürlich auch zu denken. Ich wurde bereits den Familien und deren Untergebenen als Freundin und Seelenpartnerin von Caleb vorgestellt. Da ich noch ein Mensch war, würde mein Eintritt in ihre Gesellschaft schwieriger verlaufen und ich hatte dem Schwarzhaarigen auch klipp und klar gesagt, dass ich bis zu meinem Abschluss nicht verwandelt werden möchte. Er hatte meine Entscheidung akzeptiert, doch das hielt mich nicht davon ab, nervös zu werden. Die Vorstellung seiner und meiner Wenigkeit fand nämlich ebenso in den vierten Sommerferien statt, also ein Jahr, bevor ich verwandelt werden sollte. Ungefähr. Seine Eltern schienen zuversichtlich, seine Schwester ebenso. Ich aber hatte meine Zweifel, auch wenn ich mich sogesehen behauptet hatte. Es war kein Geheimnis unter den Familien, dass wir als Gruppe den Widerstand stellen konnten. Zwar hatte das STT dann alles übernommen, aber wir hatten zu den wichtigsten Schritten beigetragen. Und zur Hölle, ich habe gegen deren Anführer gekämpft! Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, von allen Vampiren akzeptiert zu werden, allein aus dem Grund, weil ich eben noch ein Mensch war. Ich könnte viel zu einfach sterben und die Lecrunes für viele Jahre ohne einen Erben zurück lassen. Doch das würde Caleb nicht zulassen. Um Caleb der Gesellschaft der Nacht vorzustellen, wurde auf deren Anwesen - nicht in dieser Party-Villa, welche ich in den letzten Jahren auch öfter besucht hatte – gehalten. Es wurden dementsprechend weniger Leute eingeladen, nur die Personen in den wichtigen Positionen und nahe Freunde sowie Verwandte. Dementsprechend stand es auch mir frei, Kira und Neva einzuladen, welche es sich an dem Abend zur Aufgabe machten, mich herzurichten. Als ich vor den beiden fliehen wollte, hielt mich dabei Xenia Lecrune auf, welche mir für diesen Abend ein Outfit zusammengestellt hatte. Ein schwarz-rotes Kleid, wie kaum anders zu erwarten von dieser Familie. Es hatte keine Träger und musste dementsprechend eng geschnürt werden, dafür aber war es lang genug, sodass ich in flachen Schuhen laufen durfte, ohne dass es auffiel. Als Teil der Gastgeber musste ich entsprechend auftreten, darum kümmerten sich Kira und Neva, welche meine Haare und mein Make-Up übernahmen, als wären sie Angestellte. Das Anwesen war ebenfalls hergerichtet wurden und war kaum wieder zu erkennen. Das sonst so dunkle Interieur wurde zum Anlass festlicher und heller gestaltet. Die Gäste erschienen in den verschiedensten Farben, sogar Leiah putzte sich heraus und wie ich mitbekommen hatte, war das ein sehr seltener Anblick. Angesichts der Tatsache jedoch, dass man Caleb nun den höchsten Vampiren vorstellen würde, machte es aber auch Sinn, dass sie sich aus ihrem Zimmer begab. Als Maid stand ich eher hinten, beobachtete das ganze Geschehen vorsichtig und versuchte herauszuerkennen, ob es Probleme geben würde. Wir standen auf einer Art Bühne, wohl eher eine schnell abbaubare Erhöhung, von welcher aus die Familienmitglieder nacheinander eine Rede hielten und den jungen Vampir in ihren Kreisen willkommen hießen, ihre Erwartungen an ihn preisgaben und auch ihre Freude äußerten, dass er sich die letzten Jahre so gebessert hatte. Manchmal wurde auch ich erwähnt, mir wurde für meine Hilfe gedankt und man hoffte darauf, dass ich auch nach dem Abschluss an der Akademie meinen Dienst in der Familie fortführen würde. Ich schluckte zwar schwer, nickte den anderen dennoch mit einem Lächeln zu. Ich durfte mir nicht anmerken lassen, dass mir das Herz in die Hose rutschte. Als letztes trat nun auch Caleb nach vorn, ganz in seiner feierlichen Tracht, die Haare ordentlich gekämmt und im Nacken zusammengebunden, Piercings entfernt bis auf den Federohrring und natürlich im Anzug. Man musste schon zugeben, dass ihm dieses edle Aussehen äußerst stand. „Man könnte mich jetzt wohl als einen Erwachsenen in dieser Welt betrachten, was? Mit 23 Jahren. Fällt euch ein bisschen spät ein, nicht?“, scherzte er zur Einleitung und die Gäste kicherten leise. „Aber sei’s drum. Vor einigen Jahren hatte ich nicht einmal Lust, irgendwann hier vorne zu stehen und später sogar die Verantwortung meiner Eltern zu übernehmen. Und jetzt bin ich doch da und habe nicht das Bedürfnis, wegzurennen und das alles hinter mir zu lassen. Ich kann aber auch nicht sagen, dass ich diese Wandlung ohne Hilfe durchgemacht habe. Um ehrlich zu sein hat mir meine Maid und Freundin dermaßen Feuer unter dem Hintern gemacht, dass ich keine andere Wahl hatte als mich mit dem Thema zu befassen. Mir wurde klar, dass die Arbeit nicht einfach werden würde. Aber ich weiß nun auch, dass ich das alles nicht alleine machen muss“ Er drehte sich zu mir, ich stand nicht weit hinter ihm, mein Blick ging ebenfalls auf ihn, weg von den Gästen. Ich hatte ihm schon vor einer ganzen Weile gesagt, dass ich seine Familie nicht im Stich lassen würde. Und dass er sich ohne mich doch sowieso langweilen würde. „Deswegen hoffe ich doch, dass du uns weiterhin erhalten bleibst. Mir jedoch nicht als Maid, sondern als Frau“ Moment … was? Mein Herz setzte für einen Moment aus und dem Grinsen in seinem Gesicht nach zu urteilen musste ich ihn nicht nur überrascht anstarren, sondern auch rot angelaufen sein. Er drehte sich vollends zu mir, blickte auf mich herunter, während er mit einer Hand in seine Jackentasche griff und eine kleine Box hervorholte. Oh nein, das tat er doch nicht wirklich! „Schau doch nicht so“, meinte er mit einem Schmunzeln. „Ich möchte dich hiermit fragen, ob du mich heiraten willst“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also, eigentlich wusste ich es ja schon, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Perplex sah ich kurz zu der Box, die er nun öffnete und mir einen schmalen Ring mit einer eingravierten Rose offenbarte. Das Familiensiegel der Lecrunes. Meine Hände zitterten, alles um uns herum wurde still. Als Seelenpartnerin von Caleb stand meine Entscheidung zwar schon fest, aber es auszusprechen … darauf wartete er gerade. Vorsichtig nahm er meine Hand und strich mit den Daumen über meinen Handrücken. Er musste meine Aufregung gerade spüren. „Ich …“, kam es aus mir heraus, bevor ich den Kopf schüttelte, damit mir endlich wieder Worte in den Sinn kamen. „Natürlich will ich das!“ Ich lachte leise, beobachtete noch, wie er mir den Ring ansteckte und wie auffällig er auf meiner Haut aussah, bevor ich dem größeren Vampir um den Hals fiel. Dieser Idiot! Ich hörte Applaus, doch die Gäste blendete ich aus. Vor den Augen der anderen gab er mir noch einen Kuss, um das Ganze zu besiegeln. Ich war nun offiziell mit Caleb Lecrune verlobt und ein weiterer Schritt in meine Zukunft war getan. Den Abend über nahmen wir Glückwünsche entgegen, sogar Leiah umarmte mich und freute sich darauf, mich bald als Schwägerin begrüßen zu dürfen. Es dauerte für mich eine ganze Weile, bis ich überhaupt realisierte, was passiert war. Doch selbst so, selbst als sein Seelenpartner und seiner Verlobten hieß es noch lange nicht, dass die vampirische Gesellschaft mich ohne Kritik anerkannte. Das größte Problem war für sie tatsächlich, dass ich noch ein Mensch war. Ich war noch in Gefahr, eines einfachen Todes zu sterben. Doch das würde mich nicht davon abhalten, das letzte Jahr an der Akademie als Mensch abzuschließen. Und das könnte meinetwegen kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)