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My bloody Soulmate

von

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Das erste, was ich merkte, war ein unglaublicher Schmerz in meinem Kopf. Stöhnend drehte ich mich auf den Rücken, spürte wie die Matratze sanft unter mir nachgab und sich die Decke auf mir bewegte, sich über mich zog. Irgendwie aber fühlte sich das alles etwas anders an. In der Hoffnung, der Schmerz würde abnehmen, massierte ich mir die Schläfen, während ich meine Augen immer noch nicht öffnete. Es war so dunkel. Bin ich etwa mitten in der Nacht wach geworden? Das konnte doch nicht sein. Langsam versuchte ich mich, an den gestrigen Abend zu erinnern. Wir hatten diese Feier. Ich hatte getrunken und das war mir extrem schnell zu Kopf gestiegen. Ich hatte mich normal mit Caleb unterhalten ... überraschender Weise. Und was noch dazu kam – Ich hatte all meine Erinnerungen wieder. Langsam öffnete ich die Augen und musste mich erst einmal an die Sicht gewöhnen. Zunächst war alles verschwommen, der Schmerz in meinem Schädel nahm zu und ich gab einen genervten Laut von mir. Ich vertrug anscheinend absolut keinen Alkohol.

Während ich mich aufsetzte, versuchte ich mich daran zu erinnern, was noch alles an dem Abend passiert war. Das hatte sich wenigstens in meinem Kopf festgesetzt bis zu einem Punkt, wo ich entweder tatsächlich dank des Alkohols einen Filmriss bekommen habe, oder ich einfach weggetreten bin. Ich fasste mir an die Brust, dort, wo mein Herz wie verrückt begonnen hatte, zu schlagen. Diese Gefühle waren wieder da. Ich spürte durch das Hemd hindurch, wie sich mein Puls immer weiter beschleunigte. Moment, was? Hemd? Ich blickte an mir herunter und bemerkte, dass ich weder das Kleid vom Vortag trug, noch meinen Schlafanzug! Geschweige denn, dass ich diese dunkelrote Decke besaß. Mit geweiteten Augen sah ich mich um und bemerkte jetzt erst, dass ich mich in einem riesigen Bett befand. Ich bereute es sofort, meinen Kopf so schnell gedreht zu haben, denn dieser fing wieder unkontrollierbar an zu pochen. Verdammt, ich war in Caleb's Zimmer! Wie war ich hier gelandet? Was war geschehen, nachdem ich weggetreten bin?! Erneut ging mein Blick auf das Hemd. Es war viel zu groß, um mir zu gehören, also war es wohl eindeutig seines. Hatte ich mir das selber angezogen? Oder hatte er das für mich getan? Aaah, so ein Scheiß!

"Man, jetzt hör auf, dir dermaßen den Kopf zu zerbrechen", murrte der Schwarzhaarige, welcher mit einem Tablett, auf welchem sich ein Glas Wasser befand, den Raum betrat. Was beschwerte er sich denn? Er hatte ja vermutlich die Nacht seines Lebens gehabt! "Deine Kopfschmerzen übertragen sich auf mich, du Dummkopf" Als hätte er meine Gedanken gelesen antwortete er mir, begab sich auf meine Seite und stellte das Tablett ab. Es war nicht zu dunkel in dem Raum, durch die Gardinen kam noch genug Licht hinein, um alles recht gut erkennen zu können, ohne meinen empfindlichen Augen und infolge dessen meinem Kopf noch mehr Schmerzen zuzufügen.

"Inwiefern übertragen sie sich auf dich?", fragte ich ihn und musterte die kleine Pille auf dem Tablett. Beides händigte er mir nicht lang später aus und deutete mir an, es zu mir zu nehmen. Ohne Widerworte gehorchte ich, in der Hoffnung, es würde sich um eine Schmerztablette handeln. Aber auch das Wasser tat mir ordentlich gut.

"Während Dornröschen geschlafen hat, hab ich ein bisschen Recherche betrieben" Sein Blick ging dabei auf den Nachttisch auf der anderen Seite des Bettes, wobei mir beim Folgen seiner Blickrichtung das Buch auffiel, was er bereits schon einmal mit in mein Zimmer genommen hatte. "Wir teilen uns einiges durch den Seelenbund. So spüren wir untereinander die Schmerzen. Dummerweise hat sich auch der Alkohol, den ich konsumiert habe, auf dich übertragen. Frag mich bloß nicht, wie das klappt."

"Magie", meinte ich nur, hob beide Hände und deutete vor meinem Gesicht eine halbkreisförmige Figur an, indem ich die beiden auseinander gleiten ließ. Caleb schmunzelte, sein Gesichtsausdruck verzog sich immer weniger, je mehr der Schmerz in meinem Kopf abnahm. Diese Sache mit dem Seelenbund war wirklich eigenartig. Er atmetete tief durch und setzte sich auf die Bettkante. Ich zog mir vorher sicherheitshalber die Decke bis zu meinem Schlüsselbein. Amüsiert hob der Vampir eine Braue und grinste mich an.

"Ich hab dir nichts angetan, keine Sorge" Hör auf, meine Gedanken zu lesen. Ich schnaubte genervt, konnte meine Neugierde aber nicht zurück halten.

"Wie bin ich überhaupt hier gelandet?" Caleb lehnte sich zurück, stützte sich mit den Händen auf der Matratze ab, um nicht ins Liegen zu kommen. Unterbewusst musterte ich ihn, seine Haare standen noch wilder in sämtliche Richtungen. Ausnahmsweise hatte er ein normales T-Shirt ohne diesen Nuttenausschnitt an, wodurch er doch recht dezent aussah. Auch auf dieser Seite trug er einen Ohrring, nur zog sich dieser mit einer zylinderartigen Form über seine Helix. Ob das wehgetan hatte?

"Bevor du mich hier noch in Grund und Boden starrst – Ich wollte dich zurück bringen, nachdem du auf mir eingeschlafen bist. Nur eine gewisse blonde Dame wollte mich nicht loslassen" Ich spürte mit einem Mal, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Bislang war mir das nicht einmal in meinem ganzen Leben passiert. Mir war noch nie etwas peinlich gewesen. Oder nicht in diesem Ausmaße. "Und zu deiner Beruhigung: Es ist nichts passiert. Ich bevorzuge es dann doch, dass meine Partnerin bei Bewusstsein ist" Mit einem süffisantem Grinsen beugte er sich nun zu mir, stützte sich mit einer Hand an der Bettlehne ab, sodass ich mich dazwischen gefangen vorfand. Ich hätte ihm natürlich dafür ins Gesicht schlagen können, aber ich hatte dieses Bedürfnis nicht mehr, ihm an die Gurgel zu gehen. Ich erwiderte einfach nur seinen Blick und sah, wie ein roter Schimmer über seine Augen huschte. Nanu, das kam mir aber sehr bekannt vor. "Immerhin will ich doch hören, wie du meinen Namen schreist .." Mir lief es eiskalt über den Rücken runter, jedoch nicht, weil es mir unangenehm war. Eine eigenartige Welle der Erregung durchfuhr mich, als er so zu mir sprach. Ohne weitere Worte sahen wir uns einfach nur an. Sprache wäre in unserem Fall auch vollkommen überflüssig gewesen. Ich versuchte, meinen Puls unter Kontrolle zu bringen, doch es fühlte sich so an, als würden nicht nur meine Gefühle in mir herum irren. Um meinen Kopf wieder klar zu bekommen, beschloss ich, ihn lieber von mir zu schieben. Das würde sonst noch in etwas enden, was ich definitiv noch nicht mit ihm haben wollte. Auch er atmete tief durch und richtete den Blick auf die dunkle Wand. Danach schwiegen wir uns eigentlich nur noch an ...
 

Mir entging Kiras Grinsen nicht, als sie mir Wechselsachen brachte. Und auch nicht dann, als ich zurück ins Zimmer kam. Beim Umziehen hatte ich die Möglichkeit gehabt, mich im Spiegel zu betrachten, welcher sich in Calebs viel zu großem Bad befunden hatte. Ich sah wirklich fürchterlich aus. Meine Haut war noch blasser als sonst, meine Augen unglaublich müde, als hätte ich die Nacht durch gemacht. Doch das störte mich nicht am meisten. Nein. Was mich störte, war die simple und einfache Tatsache, dass dieser vermaledeite verwöhnte Vampir eine Badewanne hatte.

"Ich kann's nicht glauben", sprach ich als ich das Bad verließ und absichtlich die Tür offen ließ, um hinein zu deuten. "Er hat eine verdammte Badewanne!" Während ich sah, wie Caleb nur verwirrt die Augenbrauen hob, reagierte Kira ebenso empört wie ich.

"Wie bitte?", hakte sie sofort nach und musste gleich sichergehen, ob ich auch keinen Humbug erzählte. "Tatsächlich! Was habt ihr eigentlich nicht?"

"Was ist denn schon groß dabei?", fragte der Schwarzhaarige deutlich genervt und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Mitbewohnerin und ich sahen uns beide nicht besonders begeistert an.

"Was ist schon groß dabei", wiederholte ich als erste und die Brünette stimmte mit ein.

"Was ist schon groß dabei."

"Was ist schon groß dabei" Und so ging es noch eine Weile weiter, bis Caleb die Nase voll hatte, uns aufscheuchte und bat, das Zimmer zu verlassen. Nun ja, zumindest Kira scheuchte er nach draußen, mich hielt er noch kurz auf und musste unbedingt einen Kommentar zu meiner Aufregung abgeben.

"Vielleicht können wir uns ja irgendwann mal die Badewanne teilen, hm?", säuselte er verführerisch. Von der Größe her wäre das sogar tatsächlich möglich, wenn man es von der nüchternen Seite betrachtete. Aber das tat weder der Vampir vor mir, dessen Augen gefährlich glänzten, noch ich in dem Moment, sodass ich auf seine Flirterei einging: "Wenn du brav bist, lässt sich das sicher einrichten"

Baff blickte er mich an. Um ihn noch etwas weiter zu necken, fuhr ich mit den Fingerspitzen von Zeige- und Mittelfinger über seine Wange und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, bevor ich Kira zurück in unser Zimmer folgte. Es fühlte sich doch recht gut an, ihn auf eine neue Art und Weise zu necken. Vor allem, da er es nicht gewohnt war, dass ich es auf diese Art und Weise zurück gab.
 

"Also, du musst mir alles erzählen.", meinte Kira und setzte sich auf die Couch in unserem Zimmer. Um es nicht zu still sein zu lassen, hatten wir beschlossen, uns von einwenig Musik berieseln zu lassen, welche nun den Hintergrund untermalte, sodass keine Totenstille bei uns herrschte. "Wie kommt es dazu, dass ihr euch nicht mehr gegenseitig anfahrt?" Sie musste schon eine Vermutung haben, immerhin war sie gut darin, eins und eins zusammen zu zählen. Es wunderte mich nur, dass Caleb ihr noch nichts erzählt hatte. Sie war immerhin noch wach gewesen, als er versucht hatte, mich hier abzuliefern. Umso breiter war ihr Grinsen natürlich, da sie gesehen haben musste, wie ich an ihm hing. Ich zögerte nicht lang und setzte mich zu ihr. Es war mir schon recht peinlich, vor allem da ich mir jetzt durchaus bewusst war, weswegen ich mich so zu ihm hinezogen fühlte. Und was noch peinlicher war, es störte mich nicht. Ich wusste, dass ich bei ihm gut aufgehoben war.

"Ich erinnere mich an alles", fasste ich kurz und knapp zusammen. "An wirklich alles." Kiras Augen fingen an vor Tränen zu glänzen, als sie sich auf mich stürzte und in eine Umarmung schloss. Ihr musste ein Stein vom Herzen fallen, vor allem da es jetzt endlich jemanden gab, der darüber reden konnte, wer aus dem Widerstand hier der Drahtzieher war. Deswegen hatte Yakeno auch seit geraumer Zeit nicht mehr die Schule besucht. Er ging allem aus dem Weg, um nicht aufzufallen.

"Oh Gott, Wynne. Ich bin so verdammt froh" Ich schloss sie in meine Arme, strich ihr zur Beruhigung über den Rücken. In ihrem Kopf musste sich fürchterliches abgespielt haben. Ich konnte es mir nur zu gut vorstellen, vor allem da auch meine Gedanken noch vor kurzem in Scherben lagen. Es hatte geschmerzt, sich nicht an die Wahrheit erinnern zu können, tatsächlich zu wissen, wer Freund und Feind war, obwohl man eine gewisse Verbundenheit zu Leuten spürte, die man nicht mehr so kannte wie vorher. Der Bund. Er wurde für eine kurze Zeit aufgehoben, das wusste ich. Ich hatte für eine gewisse Zeit dieses Ziehen in Calebs Richtung nicht, wusste nicht, wie er sich fühlte, was in ihm vorging. Und nun übertrug sich all das auf mich. Es hatte schon begonnen, als er am Boden war und mich fast gegen seinen Willen gebissen hatte. Es hatte das Band erneuert. Und meine zurückgekehrten Erinnerungen verstärkten diese Gefühle nur noch.

"Eines kannst du mir glauben", sagte ich leise und streichelte Kira über den Kopf. "Der Wichser wird dafür zahlen, was er dir angetan hat" Ich hatte mich an die Bilder einnert, an Kiras verstörtes und misshandeltes Gesicht.

"Er hat es auch bei mir versucht", murmelte Kira leise in meine Halsbeuge und schluchzte auf. "Es hat nicht funktioniert. Warum auch immer. Es wollte nicht. Etwas ließ nicht zu, dass ... dass meine Erinnerungen sich beugen. Er schlug mich aus Wut." Sie redete, als wäre dieses Siegel, was auf den Worten über ihn lag, endlich gelöst. Sie tat mir so leid. Sie konnte mit niemandem darüber reden und ich wusste nicht mehr, was geschehen war. Ich wusste ja nicht einmal, was genau er mit ihr angestellt hatte. Aber es muss grausam gewesen sein, denn er war nicht gerade schwach. Ich rief mir den Schmerz ins Gedächtnis, als er mich fast erschlagen hatte. Ich ging nicht K.O., aber es hatte geschmerzt wie verrückt. Doch dafür würde er büßen. Diese Rache stand ganz oben auf meiner Liste. Da rückte sogar die Tatsache in den Hintergrund, dass ich herausfinden wollte, was mein Bruder mit dem ganzen Zeug zu tun hatte. Yakeno hatte ihn erwähnt, Caleb kannte ihn. Klar, er war hier auf die Schule gegangen, aber so, wie Neva's Bruder reagierte, musste auch er eine größere Rolle gespielt haben.

Ich schaffte es, Kira zu beruhigen. Dies beinhaltete zwar einen Gang zur Caféteria und einen kleinen Einkauf von Trinkschokolade, aber das war es mir Wert. Über die Monate hatte ich herausgefunden, dass meine Mitbewohnerin nämlich eine Schwäche für Süßigkeiten hatte, so wie es auch bei Pin der Fall war, weswegen ich damit sogar recht gut umgehen konnte. Als ich ihr die warmgemachte Schokolade hinhielt, wischte sie sich die Tränen weg und nahm es mit einem 'Danke' an.

"Das Zeug schmeckt immer noch nicht gerade gut", murmelte sie in ihren nicht vorhandenen Bart und musterte ihr Getränk, welches sie trotz ihrer Kritik verzehrte. Ich zuckte hingegen nur mit den Schultern und nahm wieder meinen Platz neben ihr auf der Couch ein.

"Vielleicht hätte ich extra Zucker rein machen müssen"

"Ja, Karies kümmert es wenig, wie eklig das Zeug schmeckt" Sie schmunzelte etwas, auch wenn ihre geröteten Augen noch immer diesen Schmerz inne hatten. "Obwohl Zucker in dem Fall sogar helfen würde. Glaub ich zumindest"

"Nur nicht, dass du dann hyperaktiv wirst und durch unser Zimmer rennst wie ein aufgescheuchtes Huhn"

"Ja, für 10 Sekunden, bevor ich vor Atemlosigkeit umkippe" Wir kicherten, zu einem herzhaften Lachen konnten wir uns beide nicht aufrappeln. Die Stimmung war immer noch erdrückend, lockerte sich aber nach und nach.

"Da fällt mir was ein ..", fing ich nach einer kurzen Gesprächspause an und erinnerte mich an etwas, was ich noch mit Caleb sogesehen 'besprochen' hatte. Wir hatten uns zwar eine Ewigkeit angeschwiegen, aber bevor er Kira holen gegangen war, hatte er da etwas recht interessantes erwähnt. "Sei war gestern Abend noch bei dir?" Ich schien den Nagel auf den Kopf zu treffen, denn kaum hatte ich die Frage ausgesprochen, verschluckte sich Kira an ihrem Getränk. Erschrocken klopfte ich ihr auf den Rücken, konnte mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. Die Röte in ihren Augen ging langsam zurück, dafür wanderte sie aber in ihre Wangen.

"Woher-"

"Caleb"

"Bastard" Sie hustete noch ein paar Mal, klopfte sich dabei auf die Brust. Das war das zweite Mal in zwei Tagen, dass sie sich so extrem verschluckt hatte. "Er ist ... über Nacht geblieben"

"Ich sag dir, wenn ihr das Bett kaputt gemacht habt, helfe ich dir nicht, das den Direktoren zu erklären und ein Neues aufzubauen"

"Wynne!", stieß sie entsetzt aus, der Röte in ihrem Gesicht nach zu urteilen war das ein wirklich heikles Thema für sie. Ob nun etwas an meiner Aussage an der Wahrheit gekratzt hatte oder nicht, war eine andere Frage. Aber ich konnte mir schlecht vorstellen, dass der Vampir hier gewesen ist und die beiden nur geredet haben. Kira wollte mit dem Thema nichts weiter zu tun haben, wich nicht nur meinen Blicken aus, sondern versteckte sich auch hinter der Tasse mit der braunen Brühe darin. Nun ja, zumindest so lang, bis sie ihre scharfe Zunge wiedergefunden hatte.

"Tu du mal nicht so unschuldig. Du hast bei Caleb übernachtet"

Ich stockte kurz, fasste mich aber definitiv schneller als sie. "Er hat mich ... kaum angerührt. Meinte. Mit stockbesoffenen wöllte er nichts anfangen"

"Und du warst gestern echt hackedicht"

"Vielen lieben Dank für deine aufmunternden Worte", meckerte ich sie an, scherzweise.

"Gern geschehen", säuselte sie zurück und nahm einen Schluck von ihrem Getränk. Nun, ihre Aussage ließ mich aber nachdenken. Würde sich zwischen diesem eingebildeten Vampir und mir jetzt etwas ändern?
 

Die Monate vergingen und ehe wir uns versahen, war es nicht nur mitten im Frühling, sondern wir befanden uns zum Teil auch schon im Prüfungsstress. Die ersten hatten wir bereits hinter uns, Diener und Maids waren aus einer Prüfung sogar ausgeschlossen, mussten dafür aber eine andere ablegen. Miss Legrand war froh gewesen, endlich wieder die alte Wynne im Unterricht begrüßen zu dürfen. Ich war mir jedoch nicht ganz sicher, ob ich so glücklich darüber war, da ihre Erwartungen an mich exponentiell gestiegen sind. Eine Sache hatte sich geändert: Caleb gehörte nun zu denjenigen, die ihren Blutsdiener oder ihre Blutsmaid vom Unterricht abholten. Es war noch etwas eigenartig zwischen uns, wir neckten uns weiterhin, beleidigten uns nicht weniger, sprangen uns aber nicht mehr gegenseitig an den Hals. Zu meinem Geburtstag hatte er doch sogar tatsächlich mitgeholfen, an einer Überraschung zu arbeiten. Und in der Klasse? Es blieb den anderen nicht verheimlicht, dass sich etwas geändert hatte. Während wir uns früher immer so gut es ging aus dem Weg gingen oder wir uns angifteten, fand sich der Schwarzhaarige nun öfter bei Kira und mir am Tisch ein, kam mir besonders Nahe, indem er die Arme um meine Schultern legte oder seinen Kopf auf meinen, manchmal sogar beides. Lernen taten wir im vierer Pack: Meine Mitbewohnerin, mein Vampir, Neva und ich. Manchmal baten wir Klassenkameraden um Hilfe, manchmal halfen wir ihnen. Wir hatten zwar kein enges Verhältnis mit den anderen, jedoch seit dieser Projektarbeit wollte unsere Klasse beweisen, dass sie die beste war. Und wenn auch nur einer aus der Reihe tanzte, oh Junge, der konnte was erleben.

Alles in allem konnte ich mich eigentlich nicht beschweren, auch wenn die Prüfungen wirklich übertrieben ätzend waren. Man hatte uns natürlich gewarnt und auch zu Beginn des Schuljahres gesagt – Viele werden es hier nicht weit schaffen und einige werden vielleicht sogar schon nach dem ersten Jahr entweder gehen müssen oder von den Eltern abgeholt werden. Und ich war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass beides hoffentlich nicht für mich der Fall war. Caleb musste so oder so bleiben, er würde lediglich sitzen bleiben, aber so dumm war der Vampir nun auch wieder nicht. Kira, nun ja, sie hatte da ja ihre tolle Begabung, die ihr nachhalf. Einzig und allein Neva blieb ein Mysterium, da sie sich nie wirklich auf den Stoff konzentrieren konnte. Niemand von uns nahm es ihr übel. Wir hatten sie in Kenntnis gesetzt: Yakeno war der gesuchte Anführer der Spitzel und momentan war er auf der Flucht. Als wir ihr es erzählt hatten, wurde ihr Gesicht ausdruckslos und sie starrte zu Boden.

"Ist das also so", murmelte sie, strich sich dabei eine Strähne aus dem Gesicht.

"Leider, ja", meinte Kira mitleidig und legte eine Hand auf die Schulter ihrer vampirischen Freundin.

"Glaub mir, wenn wir dir sagen, dass es auch uns verstört hat, als wir es erfuhren", sprach ich. Es war nicht aufheiternd, dafür war ich bei Neva nicht geschaffen. Ein Schmunzeln entwich der Rothaarigen.

"Ich hätte es mir auch denken können" Sie lächelte uns an, traurig, nicht ihr bekanntes überdrehtes und fröhliches Lächeln. Wir wussten alle nicht, was wir sagen sollten. Sie nahm es besser auf als wir gedacht hatten, aber die Verarbeitung dieser Nachricht war nicht leicht für sie. Zudem kam noch, dass ihr Vater anscheinend die Firma in den Ruin trieb, während sie nur daneben sitzen und zuschauen konnte. Mich würde es in den Wahnsinn treiben. Sie aber blieb ruhig, aber in ihrem inneren tobte ein unglaublicher Sturm.

Um uns nicht allzu überfordern, hatten wir immer zwischen zwei Prüfungen eine Woche Ruhe, um uns auf die nächsten zwei vorzubereiten. In dieser Woche fand der Unterricht zwar noch statt, aber er war verkürzt gehalten und unsere Pausen verlängert. Man wollte uns die Chance geben, zu lernen und nicht durchzufallen. Sozusagen diejenigen, die sich wirklich dahinter klemmten, hatten einen Vorteil. Außer man hatte von sich aus einen genetischen Boni, wobei mein neidischer Blick immer wieder auf Kira fiel.

"Glaub bloß nicht, ich würde das nicht bemerken", meinte die Brünette als wir in unserem Zimmer saßen und unsere Ordner für Geschichte und Sprachen durchgingen. "Ich kann nichts dafür"

"Das ist mir klar", meinte ich und blätterte herüber zu den Informationen der neuen Ordnung. "Hilft mir trotzdem nicht, weniger neidisch zu sein"

"Sieh es so – Ich kann euch Pappnasen besser helfen!" Sie kicherte und diesmal war Caleb es, der beleidigt schnaubte.

"Pappnasen?", hinterfragte er mit hochgezogener Braue und lehnte sich an mein Bett.

"Du bist sowieso die größte von allen, keine Sorge", beschwichtigte ich ihn und tätschelte seinen Kopf, woraufhin er mich anfunkelte. Ich grinste nur zurück, was darin resultierte, dass er mich am Handgelenk packte und quer über seinen Schoß zog.

"Caleb!", schrie ich auf und schlug ihm auf die Brust.

"Das hast du davon", summte er mir ins Ohr, nachdem er sich zu mir gebeugt hatte, damit ich mich auch ja nicht aufrichten konnte.

"Ich bitte euch – Macht das in einem eigenen Zimmer, aber nicht vor meinen Augen!", jammerte Kira sofort rum und verdeckte ihr Gesicht mit ihrem Hefter. Ich hingegen konnte mich nicht so leicht verstecken, versuchte mit aller Kraft, diesen Vampir von mir loszuwerden, während sich meine Wangen leicht verfärbten. Caleb nutzte den Moment, dass meine Mitbewohnerin nicht zusah und stahl sich einen Kuss von meinen Lippen, um mich zum Schweigen zu bringen. Und ja, das tat er wirklich jedes Mal. Genervt seufzte ich auf und gab Ruhe, sodass er mich endlich auch wieder aufsetzen ließ.

"Seid ihr endlich fertig?", meckerte die Brünette. Lachend sprach der Schwarzhaarige sie frei, doch zu viel Lernen kamen wir nicht mehr. Es war Samstag und jeder wusste, was das hieß: Wir setzten uns zusammen und tüftelten weiter herum, wie wir gegen den Widerstand vorgehen konnten. Da wir nun wussten, dass wir Yakeno finden mussten, war es zum einen einfacher, zum anderen aber auch schwieriger. Der schmierige Vampir war untergetaucht und hatte sich in all den Monaten nicht mehr in der Schule blicken lassen. In mir ist die Hoffnung aufgekeimt, er würde uns endlich in Ruhe lassen, dafür geschahen aber immer noch zu viele eigenartige Dinge. In der Zwischenzeit, kurz vor den Prüfungen nämlich, hatten wir noch einmal eine Woche Ferien, nach welchen erneut Schüler verschwanden und bis jetzt war keiner von ihnen lebend oder tot wieder aufgetaucht. Jeder hoffte natürlich darauf, dass man sie lebend wiederfinden würde. Die Direktoren hatten bereits vom Rat aus eine Suche angeordnet. Diese Anfrage wurde aufgrund der Umstände zum Glück nicht ignoriert, wobei ich mich fragte, ob es die Familien tatsächlich so viel kümmerte. Wie viel wussten sie von den anderen Vorfällen und dass die verschiedenen Diener und Maids von ihren Kindern entführt wurden?

Ein Update bei den Familien gab es außerdem. Zumindest bei einer von ihnen – Die Silvestris hatten das Oberhaupt gewechselt. Der Vater von vier Kindern hatte das Zepter an seinen ältesten Sohn Jonathan abgegeben, welcher uns nur wenige Wochen später mit seiner Maid an unserer Schule besuchte. Etwas an den beiden fand ich immer noch eigenartig, aber ich konnte es schlicht und einfach nicht deuten. Lexa, wie sie uns schließlich vorgestellt wurde, schritt mit einer vollkommen anderen Eleganz als wir Maids neben ihrem Herren her. Sie zeugte von Stolz. Sie hatte der Familie wohl schon seit langer Zeit gedient. Gleichzeitig entgegnete Jonathan ihr mit einer unglaublichen Wärme, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass irgendeiner der Silvestris etwas im Schilde führen könnte. Eine korrupte Familie könnte ihren Nachwuchs niemals zu solcher Freundlichkeit erziehen. Und diese war nicht gefälscht, das hätte ich gemerkt.

"Wynne Luria Amand, wenn ich mich recht entsinne", hatte er mich angesprochen und mir seine Hand angeboten. Mit einem Lächeln wartete er darauf, dass ich diese zu einem Händeschütteln annehme und da ich weder unfreundlich sein noch ihn enttäuschen wollte, nahm ich seine viel größere Hand an und lächelte leicht unbeholfen zurück. Ich konnte mit solchen freundlichen Vampiren immer noch nichts anfangen. "Du hast es dem Alten Harrison damals wirklich gezeigt." Ich rieb mir meine Hand, sein Griff war wirklich fest gewesen und ich hätte schwören können, dass er mir beinahe die Hand ausgerissen hatte. Er entschuldigte sich natürlich dafür, erntete sogar von Caleb dafür einen warnenden Blick, wobei ich ihm mit dem Ellebogen in die Rippen stieß. Momentan stand Jonathan noch über ihm, auch wenn der Mann das alles lockerer nahm, als man es vermutlich sollte.

Die Sache mit dem Widerstand konnten wir mit ihm sogar besprechen. Er gab uns eine Informationen aus eigenen Ermittlungen und im Gegenzug zeigten wir ihm das, was wir herausgefunden hatten. Es war keinem im Rat ein Geheimnis, was wir taten. Auch den Dirketoren nicht. Sie hatten uns mit einer Warnung gehen lassen, sahen es als Möglichkeit an, um zu testen, wie ihr Sohn mit der Situation zurecht kam, obwohl es gefährlich war. Jedenfalls standen wir nun regelmäßig mit Silvestri in Kontakt und tauschten neugewonnene Informationen aus. Da er am längeren Hebel saß, konnte er Detektive auf die Suche nach Yakeno schicken, doch jedes Mal, als sie eine Spur fanden, entwich er ihnen wie ein Aal. Es war zum Mäusemelken. Wir hatten nicht die Freiheiten, die wir brauchten, um eigenen Ermittlungen weiter nachzugehen, so blieben uns nur unsere Sitzungen an den Samstagen, die wir uns extra dafür freihielten. Sogar Caleb bekam keine Aufgaben mehr, wobei das mehr an den Prüfungen lag als daran, dass seine Eltern nun Bescheid wussten.

Wir hatten bis zu den Sommerferien nur noch wenige Monate. Es war bereits Ende April, doch kam es uns noch wie eine halbe Ewigkeit vor, bis wir die nötige Freiheit erhalten würden. Und bis dahin konnte alles mögliche passieren. Damit uns nichts zustößt, haben es sich Sei und Caleb zur Aufgabe gemacht, uns zwei regelrecht zu eskortieren. Es war eigenartig, gleichzeitig aber auch angenehm, sich in Sicherheit zu wissen. Wir standen zu 90 Prozent sehr hoch auf ihrer Liste, vor allem da ich mir sehr gut vorstellen konnte, dass Yakeno mittlerweile wusste, dass meine Erinnerungen wieder da waren.
 

Die nächsten Prüfungen waren geschafft, doch noch stand kein Ergebnis fest. Wir würden erst in einem Monat von den Auswertungen hören und müssten bis dahin geduldig warten, was den meisten fast ihren Verstand kostete. Viele hatten Angst, ihren Platz an der Akademie zu verlieren, dazu gehörte zum Teil auch ich. Ich war eine mittelmäßige Schülerin bislang gewesen, war dem Unterricht so gut es ging gefolgt, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass es nicht ausgereicht hatte. Die Gesichter meiner Lehrer sagten mir nichts, sie hatten sich über all die Jahre eine gute äußerliche Fassade angelegt, sodass es nicht auffiel, wenn sie besorgt um einen Schüler waren oder wussten, dass einer es nicht schaffen würde. Meine Geschichte kam auch nur schleppend voran, wobei ich die Updates auf die Wochen nach den Prüfungen verschieben musste, da ich mich aufs Lernen konzentrieren wollte. Auch meine Freunde aus meiner Heimatstadt mussten kürzer treten, was den meisten nicht wirklich gefiel. Es war so oder so schon schwer gewesen, mit ihnen in Kontakt zu bleiben und ich hatte außerdem noch meinen Rang in dem Spiel verloren, aber ich hatte leider wichtigeres zu tun. Dabei ging es nicht nur um meine schulische Karriere, sondern auch darum, die Probleme mit der Opposition des Rates zu lösen. Denn als eine Maid der Lecrunes war das auch mein Problem, wie ich mehrmals mitbekommen musste.

Als Belohnung für die absolvierten Prüfungen – ob nun erfolgreich oder nicht sei dahin gestellt – bekamen wir ein paar Tage Schulfrei. Das betraf hiebei nicht nur das erste Schuljahr, sondern alle beisammen, wobei sich das fünfte als erstes schon bald auf die Ergebnisse freuen konnte. Sie beendeten ihr Leben an dieser Akademie und für sie würde es nun außerhalb weitergehen. Mit einem Abschluss hier hätten sie damit einen viel leichteren Start. Einige von ihnen würden auch weiterhin ihrem Herren oder ihrer Dame dienen, sodass sie noch eine andere Art der Unterstützung erwarten konnten. Ich konnte noch gar nicht daran denken, was ich nach meiner Zeit hier machen würde. Ich wollte schon immer Autorin werden, jedoch als Maid einer Ratsfamilie und noch dazu Schicksalspartner von Caleb stand ein anderes Schicksal vor mir. Noch dazu war die Frage, ob ich es bis dahin überhaupt überleben würde, da die Sache mit Yakeno noch immer nicht geklärt war.

Während unserer freien Zeit beschäftigten wir uns natürlich wieder mit unserem bekannten Feind. Seit einigen Tagen jedoch hatten wir das Problem, uns nicht mit Silvestri in Verbindung setzen zu können. Als wäre er vom Erdboden verschwunden konnte niemand ihn kontaktieren, selbst die Direktoren nicht. Sorge keimte in uns auf, ebbte aber auch wieder ab, als er wenige Tage später auf dem Campus der Schule erschien, zusammen mit einer anderen mir doch recht bekannten Gestalt. Der brünette Mann, welcher uns vor einigen Monaten einmal besucht hatte, um sich herumführen zu lassen, kam mit dem Verlobten der Nocta-Dame, auf deren Geburtstag wir waren, in das Büro der Direktoren, in welches wir kurz bevor beodert wurden.

"Wir haben vor kurzem einen Anruf von Mister Silvestri erhalten", meinte Mister Lecrune und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er verschränkte die Finger ineinander, musterte uns mit einer gefährlichen Kälte im Blick, welche weder mir noch Caleb etwas anhatte, immerhin waren wir bereits daran gewöhnt. Jonathan bedankte sich dafür, dass er selbst mit dieser kurzfristigen Ankündigung freundlichst empfangen wurde, was Miss Lecrune wiederrum mit einem Lächeln abwunk. Schnauben trat der blonde Mann nach vorne, sichtlich genervt von dem Verhalten der anderen und der Zeitverschwendung, wie er es nannte.

"Lass uns zum Punkt kommen, verdammt", fauchte er den Älteren an, welcher mit einem Mal von seinem Lächeln, was mir im übrigen sehr distanziert vorkam, zu einer sehr ernsten, gar traurigen Miene wechselte.

"Stimmt. Wir sind nicht für einen netten Besuch und einen kurzen Tratsch hier", meinte er und seufzte schwer, setzte sich dabei auf das Sofa, welches die Direktoren in ihrem Büro hatten. Caleb und ich sahen uns verwirrt an, keiner von uns konnte sich denken, was sie von uns wollten. Wir wussten jetzt zwar, warum Jonathan die Tage über nicht erreichbar gewesen ist, aber wieso ist er nun auf unserer Schule aufgetaucht? Verwirrt wandten wir unsere Blicke an ihn, woraufhin er auch endlich damit rausrückte, weswegen sie hier waren.

"Unsere Frauen werden seit mehreren Wochen vermisst und wir wissen, dass der Widerstand dahinter steckt"

Und wir sollten ihnen nun dabei helfen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Narudia
2018-12-11T13:42:20+00:00 11.12.2018 14:42
huhu,

Hachja wieder ein sehr schönes kapitel. es ist interessant zu sehen wie die Verhältnisse besser und näher zusammenrücken zwischen den einzelnen Charakteren wie sie offener mit ihren gefühlen und wünschen auch vor aussenstehenden umgehen. den noch ist das mit der seelenverwandschaft wohl ganz akzeptiert zwischen mensch und Vampir. und ich bin auch sehr neugierig, was wynnes bruder damals auf der schule getrieben hat woher yakeno ihn so gut kennt und was aus ihm geworden ist? ist er der mensch den wynne durch Vampire verloren hat? mit tut auch neva leid. aber sie hat es in gewisser weise recht gut aufgenommen was mit ihrem bruder ist und das er auf der flucht ist. müsste sie ihn nicht mehr hassen? er hat ihr den bluts-diener genommen und auch da hatte sich eine art liebe angedeutet womöglich hat er ihr also ihren seelengefährten genommen bevor sie sich dessen ganz bewusst werden konnte?

wie es nun wohl weitergeht?

lg narudia


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