My bloody Soulmate von Thane ================================================================================ Ächzend und keuchend wandte sie sich in ihrem Bett. Ihre Glieder schmerzten, ihr Kopf war zu schwer, um gehoben zu werden. Sie hörte Schritte, doch jedes Mal, wenn sie ihre Augen öffnete, blendete sie das Tageslicht. Sie war krank und sie hasste es über alles. Warum auch sie? Sie musste hinaus und kämpfen, nicht im Bett liegen und einen auf Mitleid tun! „Beweg dich nicht zu viel“, flüsterte eine ihr vertraute und ruhige Stimme. Sie konnte es nicht glauben. Hatte ihre Freundin tatsächlich einen dieser Blutsauger beauftragt, sich um sie zu kümmern? Die Jägerin versuchte, sich aufzusetzen, jedoch vergeblich. Sie sank in die Kissen zurück. Und während sie damit zu kämpfen hatte, ihre Krankheit auszukurieren, setzte sich an einer anderen Stelle die Geschichte fort … Wynne als Mitbewohnerin zu haben, hatte schon einige Vorteile. Nicht nur, dass ich als Probeleserin für 'Schwarze Nacht' eingesetzt wurde, mir blieben auch unangenehme Gestalten vom Hals. Und man erlebte natürlich jeden Tag etwas Neues. Am ersten Tag kam sie mir etwas angsteinflößend rüber, aber es stellte sich schnell heraus, dass sie eine sehr warmherzige Person war, selbst manchen Vampiren gegenüber. Es war nicht leicht, sie an diese zu gewöhnen. Vor allem nicht, wenn dieser Caleb Lecrune einem ständig Steine in den Weg warf und sich wie ein Dummdödel benehmen musste. Umso mehr überraschte es mich, als ich hörte, dass die beiden den Dienerschaftsvertrag unterzeichnet hatten. Vielleicht hatte meine Entscheidung sie ja beeinflusst ... Eine Woche zuvor hatte ich nämlich zugestimmt, Sei's Maid zu werden. Wir hatten uns zuvor schon einige Male außerhalb des Unterrichts getroffen und geredet. Das ganze hatte ziemlich interessant begonnen. Es machte mir Spaß, mich daran zu erinnern. Damals war Herbstanfang, wir hatten noch nichts von der Bluts-Dienerschaft gehört. Ich war auch noch mein verpeiltes und verträumtes Selbst, als ich die Gänge entlang lief und in meinem Kopf den letzten Unterricht durchging. Ich erinnerte mich noch genau, es war die Essenspause und wir hatten mehr Zeit im Freien. Da Wynne ausnahmsweise selber mal mit anderen Dingen beschäftigt war, wobei es sich um ein Wortgefecht mit Caleb handelte, in welches ich mich nicht einmischen wollte, machte ich mich allein auf den Weg zur Mensa, um mir etwas zu Mittag zu holen. Ich suchte mir dort eines der leichteren Gerichte aus, um nebenbei noch etwas Zeichnen zu können. Wie immer war der Saal immens gefüllt mit anderen Schülern, die sich unterhielten. Neva, eine meiner neuen Freundinnen, verbrachte diese Zeit meist noch draußen, so lange sie konnte. Sie war ein Sommerkind und liebte die Wärme, was ich von einem Vampir nicht erwartete. Vollkommen vertieft in eine meiner Zeichnungen, wobei ich nebenbei immer mal wieder einen Happen zu mir nahm, merkte ich nicht, wie sich Leute um mich herum unterhielten. Erst als es zu spät war – nämlich als einer von ihnen gegen mich knallte und ich dadurch extrem mit dem Stift verrutschte – hob ich meinen Kopf an und sah zu dem Verursacher. "Verzeihung!", entschuldigte sich ein schwarzhaariger junger Mann sofort. "Alles in Ordnung?" Ich betrachtete zunächst den Stift in meiner Hand, dessen Mine abgebrochen war, danach auf mein Blatt Papier, auf welchem nun quer durch das Gesicht des Charakters ein fetter Strich ging. "Ich war fast fertig ...", murmelte ich deprimiert. Das könnte nicht einmal ein Radiergummi mehr retten. Derjenige, der mit mir zusammengestoßen war, blickte ebenfalls auf den Zettel. "Oh je, das ist meine Schuld!" Immerhin sah er es ein. "Kann ich das irgendwie wieder gut machen?" "Das wird ziemlich schwer" Ich seufzte und legte meine Papiere beiseite. "Hab ich gesehen. Es tut mir wirklich leid. Sah aber trotzdem ziemlich gut aus" "Danke" Peinlich berührt steckte ich meine Sachen in die Tasche und wandte mich meinem Essen zu. Der Mann, der mit mir sprach, rang nach Worte, während er sich den Nacken rieb. Versuchte er etwa, sich weiter mit mir zu unterhalten? Ich nutzte die Zeit und musterte ihn so unauffällig wie möglich. Er hatte kurze schwarze Haare, welche ihm vollkommen verzottelt über die Augen hingen. Diese schienen trotz der versperrten Sicht darauf in einem violetten Ton hervor und konnten einen in ihren Bann ziehen. Seine blasse Haut ließ sie nur noch mehr herausstechen und als er mich angrinste, sah ich seine spitzen Zähne. Er war also ein Vampir. "Gefall ich dir?", fragte er mich und ich zuckte hochrot zurück. "Wa-wa-was? Ich hab nicht ... ich wollte nicht ...", stotterte ich zurück. Er lachte leise auf und hob die Hände, wollte mich wieder beruhigen. "Alles gut, tut mir leid. Das hab ich von Freunden aufgeschnappt. Ich wollte dich nicht ärgern" "Dir ist gerade genau das Gegenteil gelungen" Ich wich seinem Blick aus. Er schien nicht ganz wie der eingebildete Vampir in unserer Klasse zu sein, zumindest auf den ersten Blick nicht. Deswegen hatte mich diese Aussage aus dermaßen überrascht und ein wenig gekränkt. "Jedenfalls-", setzte er gerade an, wurde aber unterbrochen. "Ey! Sei!" Diese stimmte kannte ich. Yakeno, Neva's großer Bruder, kam auf uns zu. Nun schaute ich wieder neugierig hoch und begrüßte den Älteren. "Nanu, machst du dich jetzt an Jüngere ran, weil du in unserem Jahrgang keinen Treffer landen kannst?", neckte er den anderen, welcher diesmal rot um die Nase wurde. "I-Ich ... als ob! Sina hat mich gestoßen, ich bin gegen sie geknallt und hab ihre Zeichnung ruiniert" "Du hast wieder was gemalt, Kira?" So konnte man sich auch untereinander vorstellen. Yakeno war schon immer der gewesen, der laut auf Leute zuging und deren Namen rausposaunte. Ich blickte den anderen Vampir wieder an, welcher Yakeno bösartig, aber mit einem leicht roten Schimmer um die Nase anfunkelte. Sei hieß er also ... Und so lernte ich ihn kennen. Danach trafen wir noch weitere Male aufeinander, redeten gelegentlich, wobei er sich noch öfter für das ruinierte Werk entschuldigte und ich erfuhr, dass er in Yakenos Klasse ging. Er gab erst Ruhe, als ich ihm das neue Bild zeigte und meinte, es sähe nun besser aus und er habe mich vor einem Missgeschick bewahrt. Er sah mich überrascht an, während ich kicherte. Was mir auffiel, er war nicht gut darin, seine Haare zu machen. Manchmal sah ich, dass er sich die Mühe machte, und die Haare zurückkämmte. Wenn man ihm aber ein weiteres Mal am selben Tag über den Weg lief, war es wieder zerzaust und hing ihm ins Gesicht. Als Tochter einer Friseuse ärgerte mich das schon irgendwie. Irgendwann hielt ich es auch nicht mehr aus. "Also nun wirklich", sagte ich mitten während eines Gespräches über meine Möglichkeiten, meine Bilder online zu stellen und auch digital zu bearbeiten. "Deine Frisur sieht scheußlich aus!" Danach hielt ich mir die Hand vor den Mund und blickte ihn entschuldigend an. Er sah nur zurück, nahm eine Strähne zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte diese in eine kurz anhaltende Locke. "Yep", stimmte er mir zu, "Aber ich bekomme sie nicht gebändigt. Und ich lass ungern jemanden daran rumwerkeln. Das ist irgendwie unangenehm" Ich runzelte nachdenklich die Stirn und versuchte, mich nicht auf seine verzottelte Mähne zu konzentrieren. Unangenehm? Es ziepte manchmal, wenn man Knoten in den Haaren hatte, sicher. Aber so unangenehm, dass man niemanden heranließ? Davon hatte ich noch nicht gehört. "Aber du wäschst sie doch, oder?" Vollkommen durcheinander dank meiner Aussage schreckte er kurz zurück und fuhr sich, als wöllte er etwas beweisen, durch die Haare. "Natürlich!", widersprach er nervös. "Ich hab nur ... einen empfindlichen Kopf" "Aaaah ja" Ich kicherte leise. "Darf ich kurz?" Ich deutete auf seine Haare. Er nahm die Hand runter, überlegte und nickte letztlich. Vorsichtig ließ ich meine Hand durch seine Haare gleiten. Im ersten Moment bemerkte ich keine Knoten, also lag es tatsächlich an einer empfindlichen Kopfhaut? Ich konnte mir die Frisur vorstellen, die ihm besonders gut passen würde. Und dann könnte man auch endlich seine Augen sehen. "Weißt du was? Ich mach dir deine Frisur", erklärte ich und stemmte zufrieden die Hände in die Hüfte. Dann würde mich das auch nicht mehr so ärgern! "Aber-" "Kein Aber! Ich mach das und damit basta. Wenn es weh tust, sag einfach und ich höre auf. Aber ich denke, ich bekomm das schon hin" Widerwillig gab er mir nach und führte mich in sein Zimmer. Das erste Mal, dass ich das Zimmer eines Vampirs betrat. Ich war begeistert und erstaunt zugleich. Es war so groß und geräumig, hier würde ohne Probleme eine kleinere Gruppe hinein passen! Ein wenig neidisch war ich zudem auch, obwohl es einsam sein musste, sich mit niemandem das Zimmer zu teilen. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich brauchte einfach mal jemandem zum Reden am Abend und war froh, dass ich Wynne dafür hatte. Leise bat ich ihn darum, sich einen Stuhl zu holen und einfach hinzusetzen. Währenddessen durchkämmte ich sein Bad nach einem Kamm oder einer Bürste. Mit dem Daumen fuhr ich über die Borsten und konnte mir sofort vorstellen, warum er so empfindlich war. Mit denen konntest du locker jemanden erstechen. Kurz entschuldigte ich mich und huschte zurück in mein Zimmer, um meinen Kamm zu holen. Den würde ich nämlich brauchen. Ich schnappte mir alles, was ich benötigen würde. Zum Festigen zur Sicherheit auch etwas Haarspray, da ich nicht wusste, wie widerspenstig seine Haare werden würden. Zuerst durchkämmte ich diese und beobachtete Sei dabei. Er hatte nervös die Augen geschlossen und zog die Augenbrauen zusammen, gewappnet, sollte es wehtun. Ob er mir sagen würde, dass es schmerzte? Er kam mir glatt wie jemand vor, der deswegen sogar schweigen würde. Vorsichtig fuhr ich mit dem Kamm immer wieder durch seine Haare, um diese zu glätten. Mit einer mit Wasser befüllten Sprühflasche befeuchtete ich seine Haare, um sie in Form zu bringen. Seinen Scheitel setzte ich dabei auf die rechte Seite, von mir aus gesehen. Dort verblieben die meisten kurzen Haare, während ich die längeren auf die andere Seite kämmte und somit seine Augen frei machte. Eine einzige Locke widersträubte sich meinem Tun und meinte, ihm wie eine kleine, schiefe Antenne zu geben. So sah er zum einen Teil zwar ernst, zum anderen aber auch wieder verspielt aus. Zwar nicht ganz das, was ich im Kopf hatte, aber es gefiel mir trotzdem. Fertig legte ich alles beiseite und beschloss, kein Haarspray zu verwenden. "So. Tat das weh?", fragte ich ihn, nachdem ich wieder auf Abstand gegangen war. Verwundert tätschelte er seinen Kopf, ich ermahnte ihn jedoch mit einem Zischen, es nicht zu oft zu tun. Mit Hundeblick sah er mich entschuldigend an. "Nein, tat gar nicht weh", beantwortete er meine Frage und lächelte mich an. "Wie hast du das gemacht?" "Ich hab dein Mördergerät durch einen ordentlichen Kamm ersetzt" So einfach war das eben. Ich zeigte ihm die Zinken und verglich diese mit seinem eigenen Kamm. Als er so wie ich über die Spitzen fuhr, merkte auch er, dass er wohl nicht nach dem besten gegriffen hatte. "Oh", machte er Vampir nach diesem Erkenntnis. "Ja. Oh. Dein Glück, dass ich zwei davon habe. Ich geb dir einen davon" Damit legte ich einen Kamm von mir in sein Bad. Das Mordinstrument warfen wir weg und winkten ihm auch nicht hinterher. So dachte ich zumindest, hätte ich das Problem gelöst. Als ich ihn das nächste Mal antraf, war jedoch alles wieder beim Alten. Ich sprach ihn darauf an und er meinte, dass er nicht in der Lage sei, sich die Haare so zu machen, wie ich es getan hatte. Ich machte ihm den Vorschlag, es für ihn zu übernehmen. Nie hätte ich gedacht, dass jemand so glücklich darüber sein könnte, dass ein anderer die Haare für einen kämmt. Aber irgendwie war es ja auch ganz süß. Ich fand mich mittlerweile dazu hingezogen, mit dem Vampir zu reden. Wynne wusste davon nichts, weil ich meist die Zeit nutzte, die sie brauchte, um mit Caleb Lecrune zu reden, um mich davon zu stehlen. Wie eine heimliche Affäre. Ah! Böser Kopf! Aus! Die Zeit kam, da wurden wir über die Bluts-Dienerschaft aufgeklärt. Nun kam es dazu, dass sich vermehrt Vampir und Mensch zusammen taten, um diesen Vertrag einzugehen. Es war profitabel für beide natürlich, darin bestand kein Zweifel. Meine Freundin hasste es natürlich, was ich aber auch nachvollziehen konnte. Wenn man Vampire nicht leiden konnte, war das ganze schwer zu verarbeiten. Was mir aber Angst machte, war die Tatsache, ob mich jemand fragen würde. Bislang hatte noch keiner von den Vampiren irgendwelches Interesse an mir gezeigt. Ich hatte auch mit niemandem gesprochen außer Neva, Yakeno und Sei. Und gelegentlich auch Caleb, aber das war eher flüchtig und ich wollte auch schnell weg. Er war mir irgendwie unangenehm mit seiner Art. Und ich stand unter dem Einfluss von Wynne, welche sich mindestens einmal die Woche mit ihm stritt, auch wenn sie es nicht zugeben will. Immer öfter fanden wir uns in der Gesellschaft von Neva, ihrem Bruder und dessen Klassenkamerad. Inzwischen hatte sich meine Mitbewohnerin auch an alle drei gewöhnt und sprach normal mit ihnen. Sie war zwar noch immer verkrampft und vorsichtig, aber das konnte man ihr nicht anrechnen. Am Anfang hatte sie Neva ja nicht einmal mit Vornamen angesprochen. Mit Sei verbrachte ich leider in den großen Pausen immer weniger Zeit, da er lernen musste. Er hatte meistens ein Problem mit dem Stoff und ich wünschte, ich könnte ihm helfen. Immerhin bei der Auffrischung von dem, was er aus dem ersten Jahr hätte mitnehmen müssen, konnte ich ihn etwas unterstützen. Dafür war er sogar dankbar. Mittlerweile war es für uns zumindest vor der Schule zum Ritual geworden, dass ich ihm seine Haare machte. Immerhin da konnte ich mit ihm reden, sogar recht ungestört, da ich ihn dafür in seinem Zimmer antraf. Ich konnte schon sagen, dass ich mich mit ihm besser verstand als mit Neva, was vermutlich auch an seiner zuvorkommenden Art lag. Manchmal, als Entschädigung, bot er mir an, meine Tasche zu tragen. Sie war zwar nicht schwer, aber welcher Mann tat das heutzutage noch? Die Ferien hatten begonnen und wieder saß ich bei ihm und machte ihm die Haare, wie gewohnt. Gerade, als ich fertig war, alles wegräumte und zur Tür hinaus verschwinden wollte, nahm er mich am Handgelenk und hielt mich auf. Ich drehte mich zunächst nicht um, da meine Gesichtsfarbe der einer Tomate glich. Was war denn nun in ihn gefahren? Ich atmete ein paar Mal durch und sah ihn letztlich an. "H-Hab ich was ve-vergessen?", stotterte ich heraus und verfluchte mich für meine Aufgeregtheit. "Hättest du etwas dagegen, meine Bluts-Maid zu werden?" Das kam aus heiterem Himmel! Ich sah ihn erstaunt an und konnte schwören, wieder rot zu werden. Ich sollte was? Seine Bluts-Maid? Ich hatte schon gehört, er habe keine, aber dass er sich überlegen würde, mich zu nehmen ... "Wieso denn?", fragte ich und diesmal war er es, der stotterte. "Ähm ... na ja. Hast du nicht bemerkt, wie die anderen dich zum Teil angestarrt haben? Die Ju- Die Vampire, meine ich. Du hast ein sehr begehrtes Blut, Finea" Gegen Ende des Satzes wurde er leiser und ruhiger, fast verführend. Aber ich musste darüber nachdenken. Ich konnte mich nicht sofort dafür oder dagegen entscheiden. "Ich ... Lass mich darüber nachdenken, okay?", bat ich ihn und lächelte ihn zuversichtlich an. Er ließ mein Handgelenk los, nickte kurz und ließ mich dann auch gehen. Vor der Tür klappte ich fast zusammen. Meine Beine gaben fast nach und mein Herz schlug mir bis in die Kehle. Sei Kentaro Yarias, einer der Adligen der Schule, der nicht an diesem System teilnehmen wollte, hatte mich gefragt – mich – ob ich seine Bluts-Maid werden will! Ich brauchte eine Weile, um mich bewegen zu können, ohne jederzeit gegen etwas zu laufen. Das alles war so aufregend, aber gleichzeitig bekam ich auch Angst. Ich wusste immerhin nicht, ob es wehtat. Wie sehr. Und wie viel er brauchen würde, wenn ich zustimmte. Es kam, wie es kommen musste: Ich stimmte zu, erzählte auch Wynne davon, welche Kentaro sofort drohte. Sie war wie eine beschützerische Mutter, oder große Schwester. Es war irgendwie rührend, aber manchmal brauchte sie das auch echt nicht zu tun. Sie wusste nicht, dass ich mit ihm schon länger zutun und dadurch auch ein gewisses Vertrauen zu ihm aufgebaut hatte, aber das musste sie auch nicht wissen. Immerhin akzeptierte sie ihn mit der Zeit und er wurde fester Bestandteil unserer Gruppe. Wir unterstützten uns gegenseitig. Und ich nahm auch meinen Mut zusammen, ihn zu fragen, wie das mit dem ersten Mal beißen eigentlich ist. Ich verstand auch so gar nicht, warum er so nervös wurde, als ich es fragte! Stotternd erklärte er mir dann, dass es gar nicht so schlimm war. Angeblich hätten die Vampire der friedlichen Seite über die Jahre ein körpereigenes Gift entwickelt, was dem 'Opfer' eine Art Glücksgefühl bescherte. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen, bis er mich dann das erste Mal nach meinem Blut fragte. Ich zögerte und er meinte, er könne auch auf Konserven zurückgreifen. Damals schüttelte ich den Kopf und machte meinen Hals frei. Er musterte mich, sah erst zu meinem Handgelenk und dann meinem Hals. Tief atmete er durch, legte eine Hand an meine Wange, um meinen Kopf zu stützen. Kurz darauf, daran erinnere ich mich genau, spürte ich zunächst seinen warmen Atem an der Haut meines Nackens und seine einzelne, verwirrende Strähne kitzelte meine andere Wange. Ich hätte beinahe gekichert, doch das wurde im Keim erstickt, als er vorsichtig zubiss. Ich spürte sofort, wie das Gift wirkte. Mein gesamter Körper wurde wärmer, ich atmete scharf ein, um nicht ausversehen einen Laut von mir zu geben. Fast kippte ich von ihm weg, doch da legte er auch schon eine Hand auf meinen Rücken und drückte mich an sich. Mein Herz schlug schneller, vor Aufregung, Nervosität ... Begierde? Das lag bestimmt an dem Gift, das durch meine Venen schoss. Ich schloss die Augen und wartete ab, während ich versuchte, nicht ausversehen laut zu werden. Um es besser zu unterdrücken, biss ich mir fast meine Unterlippe blutig. Aber wer hätte auch gedacht, dass es so eine Art von Gift war? Es wirkte wie ein Aphrodisiakum. Also, wenn man mit einem Vampir schlafen wollte, hätte man definitiv kein Problem, auf seine Kosten zu kommen. Nach einer quälenden Weile, ich hatte bereits begonnen, mich an seinem Oberteil festzuhalten, zog er seine Zähne zurück und verschloss die Wunde – Indem er mit der Zunge darüber ging! Als ob es um mich geschehen wäre, erschauderte ich und stieß ein Keuchen aus. Aaah ... Mist. Peinlich berührt versteckte ich mein Gesicht in seinem Oberteil, als ich mich halbwegs wieder bewegen konnte. "Verdammt. Alles in Ordnung?", fragte er mich besorgt, jedoch ebenfalls etwas gequält. Ob er annahm, dass ich weinte? "Alles gut ... das ... war nur peinlich", gestand ich, immer noch nicht in der Lage, den Kopf zu heben. Ich spürte, wie auch er mit seinem Atem zu kämpfen hatte und dass sein Herz raste. Er war wohl nicht dazu gekommen zu atmen, als er von mir getrunken hatte. Mir hingegen war schwummrig und ich hatte das Gefühl, sobald er mich loslassen würde, fände ich mich auf dem Boden wieder. "Mir ist verdammt schwindlig ...", meinte ich nach einer Weile, als dieses Gefühl einfach nicht abebbte. Kentaro zog scharf die Luft ein und hievte mich auf sein Bett, wo ich mich hinlegen durfte. "Ich hab vielleicht etwas zu viel genommen", meinte er und fasste mir auf die Stirn. "Tut mir leid. Ich hol dir gleich was zu trinken. Bleib liegen" Ich nickte ihm nur schwach zu und sah, wie er aus dem Zimmer verschwand. Kurz darauf hörte ich, wie er die Zimmertür schloss. Seufzend fasste ich mir an den Hals. Die Stelle, an der er mich gebissen hatte, war noch immer warm ... angenehm warm. An dem Abend kümmerte er sich um mich, bis dieses Schwindelgefühl mich verließ. Vorher ließ er mich auch gar nicht aufstehen. Ab da wurde es irgendwann aller zwei Wochen zur Gewohnheit, dass er von mir trank. Das Gefühl machte mir nach einer Weile auch nichts mehr aus, ich begrüßte es ... aber es wurde gleichzeitig auch intensiver. So sehr, dass ich fast mich selber vergessen hätte. Es war auch einiges passiert. Wir hatten Informationen zusammen getragen und gleichzeitig wieder verloren. Da ich aber Caleb mal beim Arbeiten zugesehen habe und die Notizen selber gelesen hatte, hatte ich alles noch in meinem Kopf. Das würde ich ihnen aber noch nicht sagen. Eine ganze Woche lag ich ans Bett gefesselt im Zimmer. In der Zeit verreisten Wynne und Kentaro, wodurch ich nur Neva hatte, welche sich um mich kümmerte. Was mich aber freute: Meine Mitbewohnerin war auf mich zugekommen und hatte mich darum gebeten, eine Karte der Schule zu zeichnen. Ich war glücklich, dass sie sich auf mich verließ und meine Hilfe wollte. Ich fühlte mich nützlich und das nicht im nahrhaften Sinne. Ich nutzte die Zeit um mich auszukurieren, aber auch gleichzeitig, um mit den ersten Umrissen zu beginnen. Wenn Neva im Zimmer war legte ich die Arbeit meist beiseite, da Yakeno sie begleitete. Wynne hatte mich nach ihrem ersten Tag Abwesenheit gewarnt, ihn im Auge zu behalten. Mit Kentaro schrieb ich auch gelegentlich und merkte dabei, dass er mir tatsächlich unglaublich fehlte. Ich mochte es nicht, mich nur per Text mit ihm zu unterhalten. Und ich fragte mich gleichzeitig, wer ihm nun seine Haare machte. Ob er jemand anderen da ran ließ? Dieser Gedanke stimmte mich ein wenig eifersüchtig und verursachte einen Stich in meiner Brust ... Bei ihrer Rückkehr konnte ich den anderen Stolz die Karte präsentieren, bei welcher Yakeno ungewollt mehr mitgewirkt hatte, als er wollte. Wir waren die ersten Stellen auch abgelaufen und hatten die Informationen vervollständigt, bevor Wynne krank ans Bett gefesselt wurde. Die Arme. Wenn es sie erwischte, dann richtig. Sie konnte sich vor Fieber kaum regen und redete zum Teil im Schlaf. Sie musste fürchterliche Albträume haben, denn sie ging in ihrem Unterbewussten so weit, Caleb um Hilfe zu bitten. Da sie nun verhindert war, machte ich es mir selber zur Aufgabe, alle Verstecke noch einmal abzugehen. Kentaro leistete dabei Gesellschaft und passte auf, dass uns niemand bei unserer Arbeit störte. "Wie viel wissen wir schon?", fragte er und blickte auf den Plan. "Wir sind auf drei Orte runter. Einen habe ich schon mit Wynne abgeklappert, bevor sie umgefallen ist. Zum zweiten müssen wir jetzt", erklärte ich ihm und bog um die Ecke. "Ist sie jetzt allein?" Ich kicherte leise und sah ihn an. "Nein. Ich hab dafür gesorgt, dass Caleb sie gesund pflegt. Momentan ist sie sowieso dermaßen im Fieberwahn, dass sie kaum etwas mitbekommt." Es war auch irgendwo ein Teil Rache mit enthalten, dafür, dass sie mich immer neckte und wegen meiner Größe aufzog. Okay, neben Kentaro war ich wirklich nicht gerade groß, ich reichte ihm knapp bis zu den Schultern. Aber er war ja auch nicht gerade winzig! Als wir ankamen, legte ich meine Tasche und den Plan ab. Neugierig blickte ich mich um und bat den Schwarzhaarigen darum, die andere Seite abzuklappern. Ich ging die Sache an, wie Wynne es tun würde: Mit der Faust klopfte ich die Wände ab um zu prüfen, ob sich dahinter etwas befand. Vollkommen konzentriert schreckte ich auf, als ich hinter mir ein 'Uffz' höre, woraufhin ich mich umdrehte und Kentaro auf dem Boden vorfand. "Alles in Ordnung? Was machst du denn da unten?", fragte ich ihn, während er aufstand. Ich wollte ihm helfen, aber das hätte wahrscheinlich nicht so gut geklappt. "Ich bin über irgendwas gestolpert", meinte er und betrachtete den Fleck in seiner Hose. "Na super. Grasflecken im Winter. Vielen Dank" Geschneit hatte es noch nicht, aber das würde es bald, so kalt wie es schon wurde. Und wir wollten immerhin auch weiße Weihnachten hier haben! Obwohl viele Schüler, entgegen der Empfehlungen der Direktoren, nach Hause gefahren sind. Gemeinsam gingen wir der Ursache seines Stolperns auf den Grund und fanden heraus, dass unter all dem Gras sich ein falsches Stück befand, das sich sehr gut an den Rest anpasste. Irgendjemand musste es versäumt haben, den Teil wieder ordentlich zu verschließen, sodass man darüber stolpern konnte. Kentaro hob den gefälschten Teil und wir legten eine seltsame kleine Aushöhlung frei. "Was ist das?" Ich betrachtete das metallene Ding am Boden des Hohlraumes. "Ein USB-Port. Das muss es sein", stellte er fest und sah sich kurz um. Noch hatte uns keiner gesehen. "Wie kann das es sein?", fragte ich verwirrt und ungläubig. Was sollte man mit einem USB-Port anfangen? "Na überleg mal. Du brauchst nur einige Daten auf dein mobiles Telefon zu laden, verbindest dich mit dem Port und überträgst alles darüber. So können sie auch auf Aufträge zugreifen. Ich könnte wetten, es ist Passwortgeschützt" Ach so ... das leuchtete ein. Vorsichtig legten wir die Abdeckung wieder drauf und kehrten zurück, um den Ort auf der Karte zu Vermerken. Es gab jedoch nur ein Problem: Diese war weg! "Verdammt!", fluchte ich. Mir war Wynnes Warnung vollkommen entgangen. Ich sollte das Ding doch immer bei mir haben! Jemand musste uns verfolgt und auf den richtigen Moment gewartet haben, anders konnte ich es mir nicht vorstellen. Nun musste ich meiner Mitbewohnerin beichten, dass wir die Karte verloren hatten. "Keine Sorge", meinte Kentaro und legte eine Hand liebevoll auf meinen Kopf. Warm lächelte er mich an und versuchte, mich aufzumuntern. "Wir haben doch immer noch dein schlaues Köpfchen" Das stimmte .. aber damit konnten die anderen doch nichts anfangen. Ich seufzte, traurig und wütend über meine eigene Dummheit und Unachtsamkeit. Irgendwie musste ich es wieder gutmachen. Mir kam am nächsten Tag auch die Idee. Ich schnappte mir Notizblock und Stift und eilte zu Kentaro, um ihn zu fragen, ob er Zeit hätte. Leider war dem nicht so – Er musste lernen und sich auf eine Nachprüfung vorbereiten. Neva konnte ich nicht fragen, da sie wieder nach Hause gefahren war und Caleb war anderweitig beschäftigt. Na gut, da musste ich eben allein ran. Ich begab mich zu der Stelle vom Vortag und legte mich auf die Lauer. An einem unentdeckten Ort wartete ich darauf, dass sich jemand zu dem toten Briefkasten begeben würde, und würde mir das Aussehen gut notieren. Ich erwartete jedoch nicht, dass sich jemand an mich anschleichen könnte. Meine eigene Naivität verfluchend kämpfte ich dagegen an, als ich von hinten gepackt und weggezerrt wurde. Eine Weile ertrug es mein Angreifer, bis er mir ein Tuch auf mein Gesicht drückte. Dann dauerte es nicht mehr lang und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, tat mir alles weh. Ich spürte langsam, dass ich saß ... und dass meine Hände und Füße gefesselt waren. Ächzend versuchte ich, die Seile um meine Gelenke zu lösen, doch hätte ich mir gleich denken können, dass ich mir dabei nur die Haut aufscheuern würde. Oh je, das war gar nicht gut. Vor Angst begann mein Herz, schneller zu schlagen. Ich wusste nicht, wo ich war. Es war dunkel, doch erkannte ich durch das Licht von draußen, welches durch einen kleinen Spalt in den Raum gelangte, dass es nicht gerade weitläufig ging. Es gab keine Fenster oder diese waren gut verschlossen und verdeckt. Meine Panik steigerte sich, als ich Schritte hörte. Kurz darauf erblickte ich einen Schatten am Spalt, kurz bevor ich hörte, wie etwas aufgeschlossen wurde. Das Licht wurde angeschaltet und zunächst kniff ich die Augen zusammen, nicht gewohnt an diese plötzliche Helligkeit. Als sich mein Sichtfeld langsam vor mir auftat, da ich mich an das Licht gewöhnte, blickte ich die Person an, die den Raum betreten hatte. Meine Augen weiteten sich vor Schock. "Du ..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)